Everything I do von Dahlie (Molly Weasley & die Liebe) ================================================================================ Kapitel 9: Der Weihnachts-nicht-zauber. --------------------------------------- - Fünf Tage vor Weihnachten –     Gryffindor gewann gegen Hufflepuff 420 zu 390. Eddie Redford fing den Schnatz, aber das Jägertrio Weasley, Ronson, Curtis ballerte den Quaffel unaufhörlich Richtung Tore.     Geschlagen und zutiefst deprimiert hockte Luciane, kurz Lucy Weasley, nach der vernichtenden Niederlage am Frühstückstisch. Sie fühlte sich schlecht, gedemütigt und hatte das Gefühl sich einen schmerzhaften Zacken aus der Krone gebrochen zu haben. Obwohl der Sieg von Gryffindor knapp bemessen war, störte sie an allererster Stelle das Hufflepuff noch viel höher verloren hätte, wenn Eddie Redford nicht für sein Haus den Schnatz gefangen hätte. Natürlich hatte Lucy bereits das eine oder andere Spiel verloren, aber seit sie Slytherin im Herbst geschlagen hatten, war sie eisern davon ausgegangen, dass es ihr auch gelingen würde ihren Cousin den Rachen zu stopfen. Doch James verstand sein Handwerk. Ihr blieb sie hoffen, dass nach Weihnachten Ravenclaw die Löwen besiegte. Ansonsten war Hufflepuff fast raus aus dem Pokalrennen. Vielleicht sollte sie beim ernsthaften Scamander einmal horchen, schließlich wollte sie ihn sowieso noch fragen, ob er die Weihnachtsfeier mit ihr zusammen besuchen würde. Während Lucy weiter schweigend in ihre Tasse Tee rührte, saß neben ihr ihre beste Freundin Annie Cooper und besah sich ihre Fingernägel. Für die zierliche Blondine mit dem schnittlauchglatten Haar war es unvorstellbar wegen eines Quidditchspiel Trübsal zu blasen. „Nun hör schon auf dich selbst zu bestrafen, Luce“, sprach Annie gelangweilt und Lucy strich sich durch das lange dunkle Haar. Sie wusste, was folgen würde und wurde in ihrer Vorahnung nicht enttäuscht. Annie reckte das Kinn und in Richtung Ravenclawhaustisch. „Du solltest deine Zeit viel eher darin investieren Scamander für dich einzunehmen, denn für mich sieht es so aus, als hätte er an jedem anderen Mädchen in Hogwarts mehr Interesse, als an dir.“ Lucy stöhnte frustriert auf und hob den Kopf. Nun beobachtete sie, wie ihr Schwarm, der überaus korrekt Schulsprecher und Kapitän der Ravenclaws, bepackt mit Unterlagen und Schulbücher auf ihre Schwester zusteuerte. Hilfsbereit, wie Molly nun einmal war, stand sie sofort auf um ihm zu helfen. Innerlich spürte Lucy erneut Eifersucht in sich aufkeimen. Sie mochte Molly sehr, immerhin war sie ihre große und überaus liebe Schwester, die sich um sie kümmerte, zuverlässig war und bei jedem Unglück zu ihr hielt. Ihr Verhältnis war entspannt und eigentlich sehr harmonisch, zumindest in den Ferien. Wenn sie in Hogwarts waren, dann ging jeder seinen eigenen Weg. Doch Lucy wusste, wenn sie in Schwierigkeiten stecken würde, dann fand Molly einen Weg sie dort heraus zu holen. Trotz aller positiven Aspekte konnte die Hufflepuff den Neid in sich nicht unterdrücken, denn ihre Schwester war all das, was sie gerne verkörpern würde. Sie hatte schönes, dunkelrotes Haar, ein Gesicht voller Sommersprossen und scheinbar gelang es ihr spielend die schulischen Anforderungen zu bewältigen. Molly schien überhaupt nicht zu begreifen, dass sie weasleytypisch auffiel. Jeder schenkte ihr Aufmerksamkeit, ob jetzt aus Missgunst über ihre Strenge oder aus Freundlichkeit, wegen ihrer Hilfsbereitschaft. „Sieht ganz so aus, als würde Scamander sich mit deiner Schwester gut verstehen“, durchbrach Annie die Stille. Lucy sah sie gelangweilt an: „Rede keinen Unsinn, er versucht nur mit ihr zusammen zu arbeiten. Sie ärgert sich oft genug über ihn und seine schroffe Art.“ Ein Lächeln glitt über die rot geschminkten Lippen der Hufflepuff. Schließlich mochte sie gerade den abweisenden und kühlen Charakterzug. Er spielte den Unnahbaren und genau dies zog sie an. Lucy liebte es, seine ernste Miene zu betrachten und genoss die seltenen Augenblicke, in denen sie sah, wie er sich durch das geordnete Haar strich oder sich ein Lächeln über sein Gesicht schlich. Leider waren solche Momente selten und laut Molly so häufig, wie ein Sternschnuppenschauer. Lucy griff zur Obstschale und verhinderte so die ersten Kalorien. Da sie nicht sehr groß war, achtete sie penibel darauf, was sie aß und das sie nicht dicker wurde. Warum hatte sie nicht den Stoffwechsel ihrer Cousine Roxanne, oder zumindest den von Dominique? Beide aßen schließlich ohne einem schlechten Gewissen, wobei Erste eher fraß als aß. „Ich werde ihn schon dazu bekommen, mit mir zur Weihnachtsparty zu gehen.“ Sie klang zuversichtlich, spätestens nach dem Mittagessen würde sie im Büro der Schulsprecher vorbei schauen. Molly würde sicher in der Bibliothek über ihre Hausaufgaben brüten und ihren drei Regeln Sweet, Smart & Sexy nicht in die Quere kommen. „Den Gang kannst du dir sparen“, sprach eine männliche Stimme und Annie rollte sofort genervt mit ihren Augen. Leicht schnippisch antwortete die Blondine: „Dich hat niemand eingeladen, Weasley. Verbrauch' die Luft wo anders.“   Statt sich angesprochen zu fühlen, ließ sich Hugo gegenüber seiner Cousine am Hufflepuff-Tisch nieder. Sofort verkrampfte sich Lucy's Magen und sie bat Annie höflich, sie beide alleine zu lassen. Dies ließ sich ihre beste Freundin nicht zweimal sagen. „Bevor ich mir einen Loser-Virus einfange, suche ich lieber freiwillig das Weite“, gab arrogant kund und stand auf. Erst nachdem Hugo Annie amüsiert nachgesehen hatte und Lucy ihn gespannt anblickte, erbarmte sich der Weasley. Er musterte seine Gegenüber. „Was willst du, Spätzünder?“ Hugo grinste breit, sie würde sich Silvester einen neuen Spitznamen für ihn ausdenken müssen, immerhin waren sie dann wieder gleich alt. „Ich bin hier um meinen Lohn einzufordern. Deine Knechtschaft bis zum Ende des Schuljahres.“ Lucy stocherte in ihrem Obstsalat herum und fragte desinteressiert: „Und was willst du? Soll ich deine Hausaufgaben machen?“ – „Weder noch“, wehrte der Gryffindor ab und lehnte sich schließlich vor. „Ich will eine Art Dienstleistung verlangen.“ Augenblicklich verschluckte Lucy sich an einem Stück Apfel und sah ihren Cousin fassungslos an, sofort verfärbten sich ihre Wangen rot und erst da begriff Hugo, wie man seine Worte aufgefasst hatte. Lachend wehrte er ab: „Nicht so eine Dienstleistung, bewahre, Onkel Percy würde mich vierteilen, solltest du ihm so einen Frosch aufbinden.“ Um dies zu unterstreichen schüttelte er noch zur Verstärkung den Kopf. „Nein, ich möchte viel eher ein wenig von deinem Glanz abbekommen.“ „Von meinem Glanz?“, Lucy blinzelte, obwohl er sie irritierte, war sie dennoch interessiert und gespannt, was genau er damit nun meinte. Als wenn er sich an seinem eigenen Haustisch befinden würde, griff Hugo zu einem Brötchen und erklärte: „Na ja, du bist beliebt und vor allem auffällig. Ich werde einfach an deinem Rockzipfel hängen und dir ein wenig Gesellschaft leisten.“ – „Das ist alles?“, harkte sie nach und glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Hugo dachte nach: „Es ist schon Strafe genug, dass du mich ertragen musst. Lass dir nur die Laune nicht vermiesen.“   Die Forderung von Hugo klang in ihren Ohren so harmlos, dass Lucy irgendwo einen Harken vermutete. Erst als er bestimmte, dass sie zusammen zur Weihnachtsparty gehen würden, wurde ihr klar, was das für ihre nächste Zeit bedeuten sollte. Nämlich, dass sie keinerlei Chance hatte Lorcan näher zu kommen. Es sei denn sie ließ sich etwas einfallen. Wie von selbst verzogen sich Lucys Lippen zu einem Lächeln. Sie würde Hugo schneller loswerden als dieser Quidditch sagen konnte. Er würde schon früh genug merken, dass ihr Umfeld absolut nicht zu ihm passte. Neben Annie war sie auch regelmäßig mit Robert Bloom unterwegs, einem Sechsklässler, der für Hufflepuff als Jäger flog und regelmäßig auf Rockjagt ging. Annie schmachtete ihn an und Lucy war sich im Klaren darüber, dass ihre beste Freundin nicht die Einzige war. Sie selbst interessierte sich nicht für blonde Locken und zarten Gesichtszüge. Ihre Vorlieben tendierten eher zu älteren Jungen, die mit Verantwortung umgehen konnten und zur Wortkargheit neigten. „Von mir aus darfst du mich stalken, aber versprich dir nicht zu viel davon“, sprach Lucy gelangweilt und drehte eine Haarsträhne zwischen ihren Fingern. Ihr Blick glitt kurz zum Ravenclawtisch und sie drückte gerade noch rechtzeitig einen Seufzer. Ohne, dass sie auch nur einen Ton gesagt hatte, sprach Hugo mit vollem Mund: „Vergiss es, nicht deine Liga.“ Verdattert starrte Lucy ihn an, fast schon empört öffnete sie den Mund. Was erlaubte sich dieser Spätzünder? Sie war nicht jemandes Liga? Noch bevor sie etwas sagen konnte, hob Hugo bereits die Hand und machte deutlich, dass er gehen würde. Was vielleicht auch besser für ihn, denn Lucy tastete bereits nach ihrem Zauberstab. Niemand, wirklich niemand beleidigte sie auf solch eine Art und Weise. Sie bekam, was sie wollte und zwar immer. Hugo würde sie dies auch noch beweisen!     - - -     Immer wieder ging Molly die Liste für das Fest am verbotenen Wald durch und überprüfte alles doppelt und dreifach. Sie wollte ihrem Amt gerecht werden und außerdem plagte sie das schlechte Gewissen. Die Weasley hatte das Gefühl nicht richtig vorbereitet zu sein. Am liebsten wäre sie am Stichtag noch einmal am See und verbotenen Wald entlang spaziert und hätte alles zum x-ten Mal überprüft. Erst, als Scamander-Perfekt sie mit einem strengen Blick am Mantelkragen packte und sie ihrer besten Freundin übergab, hörte sie auf sich verrückt zu machen. Dominique zog sie ins Doppelzimmer, schubste sie aufs Bett und reichte ihr eine halbvolle Flasche mit Goldstaubschnaps. „So, du atmest jetzt tief durch und trinkst!“ Molly nickte automatisch und tat kopflos was die Blondine verlangte. Erst als ihre Kehle brannte und sie hustete, wischte sie sich die Tränen aus den Augenwinkeln. „Boah, spinnst du?“ Dominique öffnete ihren Kleiderschrank und drehte sich um, sie strahlte gut gelaunt. „Die Frage ist, spinnst du? Hör auf am Zauberstab zu drehen, die Party wird schon cool, immerhin beschweren sich die Vertrauensschüler seit Anfang Dezember stündlich bei Goni.“   Molly ließ sich rückwärts auf ihre Matratze fallen und starrte an die Decke. In der linken Hand hielt sie noch immer die Flasche und spielte mit dem Gedanken erneut einen großen Schluck zu nehmen. Wieso zum Teufel hatte Lysander ausdrücklich drauf hingewiesen, dass sie ein Date miteinander hatten? Jetzt war sie nur noch nervöser, als sie es sowieso schon war. „So, so“, Dominique zog wieder die Aufmerksamkeit an sich und warf ein paar Klamotten zu Molly aufs Bett. „Was habe ich gehört, du hast ein Date mit Lysander?“ „Ja“, war ihre knappe Antwort. Worauf hatte sie sich da nur eingelassen? „Dann fang an dich hübsch zu machen.“ Sofort hob die Rothaarige den Kopf und betrachtete die warmen Klamotten. Draußen schneite es seit Stunden leicht, zwar würde der Punsch sie warm halten, aber sie sollte sich besser nicht nur an halbstarken Alkohol halten. Zwei paar warme Stiefel, Pullover, Jeans und ihren geliebten azurblauen Mantel später, spürte sie die hartnäckige Bürste ihrer Freundin in ihrem dichten Haar. „Aua!“, empörte sie sich, doch Dominique begann schon die langen Haare zu flechten. Am Ende betastete Molly vorsichtig die Flechtkunst und sah ihre beste Freundin durch den Spiegel erstaunt an.   Dominique winkte gelassen ab und sprach: „Gern geschehen.“ Dann warf sie sich auf ihr eigenes Bett und kramte nach einer Zeitschrift. Verwirrt betrachtete Molly sie und fragte: „Willst du nicht zur Weihnachtsfeier?“ – „Nein“, gab die Blonde zu. „Ich habe keine Verabredung und mir ist ehrlich gesagt auch nicht nach Kälte.“ Irgendetwas in Molly war höchst alarmiert, aber anstatt nachzufragen, beließ sie es dabei. In Jahrelange Freundschaft hatten sie gelehrt, dass ihre Cousine darüber sprechen würde, wenn es so weit war. Nachbohren brachte nichts. Dominique zog immer ihr eigenes Ding durch, da war es egal, ob man ihr mit allen Mitteln reinreden wollte, am Ende tat sie sowieso, was sie selbst für richtig hielt. Oft hatte sich Molly schon gewünscht ein bisschen Entschlossenheit von ihrer Freundin zu übernehmen, denn sie selbst ließ sich viel zu oft und zu schnell bequatschen. Um ihre Cousine nicht weiter zu nerven sprach sie: „Danke, ich bringe dir Mandeln mit, okay?“ Die Blonde nickte und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. „Viel Spaß.“ Sie zwinkerte: „Und das du mir artig bist.“   Empört streckte Molly ihr die Zunge raus und ergriff ihre weißen Ohrenschützer. Gewiss würde sich James wieder über sie lustig machen, aber ihr war es egal. Immerhin konnte man so Dominiques wunderbare Flechtkunst betrachten und sie selbst hatte warme Ohren. Eilig verließ sie schließlich den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws und stolperte die große Treppe herunter. Am Fußende erblickte sie ihre Begleitung für den Abend. Lysander sah aus wie immer, lediglich eine große dicke Strickmütze verdeckte seinen kompletten Kopf. Er grinste sie breit an und sie musste es unweigerlich erwidern. „Zu spät, Weasley!“, zog er sie heiter auf und legte einen Arm um ihre Schulter. Kompromisslos zog er sie mit sich und Molly wäre erneut fast gestolpert. „Wir haben einen strengen Zeitplan, verehrte Schulsprecherin!“ Verwirrt sah sie zu ihm auf und kurz war ihr, als würde sie in das Gesicht ihres Schulsprecherpartners blicken. Erst als sich ein breites Grinsen über seine Lippen zog und der Ausdruck aus seinem Gesicht verschmitzt wurde, wurde ihr klar, dass sie eindeutig Lysander neben sich hatte. „Zeitplan? Lass hören.“   Sie traten nach draußen, sofort fuhr ein eisiger Wind in ihr Gesicht und Molly entdeckte viele kleine Grüppchen, die sich auf machten, die Wiese zu stürmen. Die Lichte, die den Weg leuchteten schienen die Sterne widerzuspiegeln und die großen, vereinzelten Lagerfeuer wurden bereits fleißig besucht. Mehrere Buden mit warmen Getränken priesen ihre Ware an auf einer kleinen Bühne, umgeben von Schnee und Lichterketten, tanzten bereits ein paar Schüler mit heiterer Miene. Auf dem großen See konnte man Schlittschuh fahren und auf der anderen Seite sausten Erst- und Zweitklässler mit Schlitten herunter. Von weiten erkannte Molly, das der verbotene Wald von magischen Lichtern beleuchtet wurde, zumindest ein kleiner Teil davon. Der Spaziergang durch den Wald sollte ein Highlight für Pärchen, oder auch Freunde werden.   „Ich will zuerst eine große Tasse Kakao mit Marshmallows trinken, dich mit Punsch abfüllen und dann genehmigen wir uns was zu Essen, vielleicht Feuerkartoffeln?“ Die Augen des Scamanders glänzten. „Schlittschuh fahren wäre cool, denn du siehst nicht aus, wie eine Schlittenfahrerin.“ Molly stieß ihn in die Seite, denn um ehrlich zu sein, sie konnte wirklich nicht auf Eis laufen. Immer, wenn die Weasleys und Potters Weihnachten zusammen gekommen waren, waren sie zum Schlittschuh fahren aufgebrochen. Doch sie hatte sich immer lieber am Rand bei ihrem Vater aufgehalten. Molly erinnerte sich, als wäre es erst gestern gewesen, wie sie die Hand ihres Vaters gehalten hatte und ihren Cousinen und Cousins neidisch dabei zusah, wie sie ihre Runden gezogen. Sie selbst war genau einmal auf dem Eis gewesen und hatte sich dabei so wehgetan, dass sie sich nie wieder drauf wagte.   „Und der krönende Abschluss macht der verbotene Wald, was meinst du?“ Die Weasley rückte die Ohrenschützer wieder zurecht und zeigte sich einverstanden: „Aber alles bitte ohne Stoppuhr, oder hast du dir penibel einen Zeitplan erstellt?“ – „Für wen hältst du mich? Wir können froh sein, wenn wir beide heute Nacht den Weg ins Schloss zurück trappen können, ohne das wir Umwege wegen mangelnden Orientierungssinns machen.“ „Oder kotzend über irgendeinen Zaun lehnen“, erinnerte ihn Molly, schließlich war ihr erstes Date alles andere als fantastisch gewesen. Sie rutschte aus und gerade noch rechtzeitig hielt Lysander ihr die Hand hin. Statt sie danach wieder los zu lassen, hielt er sie fest und zum ersten Mal an diesem Abend schluckte Molly. Es war komisch seine Hand zu halten, auch wenn sie beide Handschuhe trugen. Doch bevor auch nur die Chance da war, dass sich eine unangenehme Stille zwischen ihnen breit machte, sprach Lysander heiter: „Was habe ich heute morgen von den Vertrauensschülern erfahren? Wir hätten tanzende Veela-Bräute auf der Bühne haben können, aber du hast dein Votum eingelegt?“   Lachend verzog sie das Gesicht und tat, als wäre sie empört: „Bist du irre? Niemals würde ich solch ein primitives und hormongestörtes Verhalten unterstützen. Was meinst du was hier los gewesen wäre?“ Während sie auf das Lagerfeuer zusteuerten, bemerkte Molly ihren besten Freund, der zusammen mit einer niedlichen Hufflepuff scherzte. Für einen kurzen Augenblick hatte sie das Gefühl, dass Dominique sich im Zimmer eingeschlossen hatte, weil sie Eifersucht empfand. Aber das war ein unsinniger Verdacht, denn ihre beiden Freunde verhielten sich wie immer, stritten miteinander und warfen sich hübsche, gemeine Kosenamen an den Kopf. Molly blinzelte und erkannte Mirabelle Hayes. Sie war nett, unauffällig und ein Jahr unter Fred. Bislang hatte sie die beiden noch nie vorher zusammen gesehen und fragte sich, wie sie überhaupt miteinander in Kontakt gekommen waren. Allerdings würde sie sich heute nicht den Kopf darüber zerbrechen und wandte sich wieder ab.   Etwa zwölf Meter hinter ihnen brach eine kleine Truppe von vier Leuten auf. Lucy zupfte an ihrem kurzen Jeansrock herum, neben ihr sah Annie sie empört, wenngleich fast schon schockiert an. „Du hast ihn mitgebracht?“, zischte die Blondine und Lucy rollte mit den Augen. Rechts von ihr trappte Robert Bloom entlang und strich sich durch das dunkelblonde lockige Haar: „Mal ehrlich, musstest du uns so den Abend verderben?“ „Hallo?“, sprach Hugo von hinten. „Falls es euch entgangen ist, ich bin anwesend.“  Annie und Robert drehten sich um und erdolchten ihn mit Blicken, während Lucy lediglich seufzte. Sie hatte ihrem Cousin versprochen ihn mitzunehmen und tada, hier waren sie. Lucy zog die flauschige Stickmütze tiefer in den Nacken und sah sich nach dem Objekt ihrer Begierde um. Von Lorcan Scamander konnte sie vorerst nichts entdecken, lediglich ihre eigene Schwester und Fred schienen in Sichtweite. Die dunkelhaarige Hufflepuff drehte sich zu den anderen dreien um: „Hört mal zu, wir sind hier um unseren Spaß zu haben, also hört auf hier herumzustänkern.“   Hugo hob versöhnlich die Hände und wieder einmal fiel Lucy auf, dass er so gar nicht in ihr Umfeld passte, denn er trug die bunten selbstgestrickten Handschuhe von Grandma Weasley und die schiefe, dazu passende Mütze. Seine Jacke schien etwas abgenutzt und seine Jeanshose am Ende ausgefranst. Viel Mühe gab sich Hugo demnach nicht mit seiner Erscheinung. Neben Annie und Robert wirkte er blass und fast unsichtbar. „Wie wäre es, wenn ihr Kerle uns etwas zu Trinken organisiert und wir beide suchen uns einen hübschen Platz zum sitzen?“, Lucy hackte sich bei Annie ein. Während Robert die Augen rollte und Hugo seufzte, sahen sich beide knapp an und zogen dann los zum ersten Kessel. Die Schlage war lang und Hugo rieb sich die Handflächen. „Sklaventreiber.“ – „Genau wie ihre Schwester“, stimmte Robert automatisch zu und erneut linsten sich beide von der Seite an. Dann schwiegen sie.   Vor ihnen lachte eine Truppe von Mädchen, hinter ihnen quatschte ein Pärchen und die Stille zwischen ihnen wurde unangenehm. Hugo vergrub die Hände in seiner braunen Jacke. Sein Nebenmann ließ den Blick gleiten. Ehrlich gesagt hatte sich der Weasley nie viel mit den besten Freund seiner Cousine beschäftigt. Er wusste nur, dass er von einigen Mädchen ziemlich angeschmachtet wurde. Immerhin hatte man in Geschichte der Zauberei genug Zeit tratschenden Weibern zu zuhören. Er selbst hatte Bloom eigentlich immer als langweilig abgestempelt und vielleicht war er es auch. „Ganz ehrlich?“, durchbrach schließlich Goldlöckchen die Anspannung: „Die gesamte Veranstaltung riecht heftig nach Pärchenhölle.“ Er vergrub die Hände ebenfalls in seiner Manteltaschen und wirkte im Gegensatz zu Hugo wie ein Geschäftsmann. Komischer Weise musste der Weasley ihm grinsend zustimmen: „Pass auf, dass sie dich nicht in den verbotenen Wald zerren, dort schwappt der Kitsch über.“ Robert stöhnte frustriert und gestand: „Eulenscheiße! Annie hat mir das Versprechen abgerungen, dass ich mit ihr dort durchgehe!“ Mit der Hand fuhr er sich über das Gesicht und Hugo konnte den Missmut durchaus verstehen.   Der Weasley sah zum Wald, dann huschte eine Idee durch einen Kopf. Er wandte sich an den blonden Hufflepuff und sprach: „Wenn ich dir sage, dass wir den verbotenen Wald etwas aufmischen könnten, sodass kaum jemand freiwillig einen Fuß hinsetzt, würdest du mir dann helfen und-!“, er zuckte knapp mit den Achseln. „-na ja mir ein Alibi geben, wenn ich eins brauche?“ Hugo sah, wie Roberts Mundwinkel zuckten. Noch elf Leute standen in der Schlange vor ihnen, so schnell würden sie keine Tasse Punsch bekommen. „Weißt du, Weasley, ich glaube, ich würde dich sogar ein bisschen beim umplanen unterstützen“, er zog seinen Zauberstab aus dem Mantel und Hugo war überrascht. Positiv überrascht, verstand sich. „Dann Mal los“, murmelte der Dunkelhaarige und sie stahlen sich aus der Schlange. Als Hugo kurz den Blick gleiten ließ, bemerkte er, dass seine Cousine bei einem Pulk Mädchen stand. Vorerst würde niemand sie missen. Geübt tauchte er zusammen mit Robert in der Menge unter und machte sich auf, die Feier etwas aufzumischen.   - - - Der warme Kakao in ihrem Magen machte sie ruhiger und Molly umschloss die Tasse mit beiden Händen. Noch immer hatte Lysander einen Arm um sie gelegt und sie vernahm den angenehmen Geruch von Minze und Zimt, ganz so als hätte er vor ihrem Date noch Plätzchen gegessen. Zusammen standen sie vor dem Lagerfeuer und genossen die klassische Weihnachtsmusik, die der Chor von Hogwarts anstimmte. „Wieso wolltest du eigentlich mit mir hier hin?“, fragte Molly schließlich und machte sich aus seinen Arm los. Lysander breitete die Arme aus und verschüttete dabei fast die Hälfte seines Kakaos auf dem weißen Mantel einer Slytherin die ihn direkt anzickte. Doch daran störte er sich nicht. Er grinste zufrieden und sprach: „Wieso nicht?“ – „Das ist keine Antwort“, meinte Molly und er holte tief Luft, aber statt auf ihre Frage einzugehen, ergriff er nur ihre Hand und zog sie wieder mit sich. Molly stolperte hinter ihm her und verzog erstaunt das Gesicht. „Lysander, komm schon. Du kannst nicht immer nur ausweichen!“   „Das habe ich auch nicht vor“, gab er zu. „Aber vorher lasst uns noch ein bisschen was unternehmen.“ Da er direkt auf den großen See zusteuerte, verkrampfte sich Molly. Schlittschuh fahren, Merlin bitte, bitte nicht. Am Stand reichte Lysander ihr die weißen Schuhe und man teilte ihm mit, dass meine seine Größe nicht mehr vorrätig hatte und er zum Schloss hoch musste. Molly war mehr als erleichtert darüber, dass Merlin ihr Zeit verschaffte. Sie versprach ihren Begleiter am See auf ihn zu warten. Mit den schweren Schuhen in der einen Hand und der Tasse Kakao in der anderen, ließ sie sich am Ende alleine auf einer Bank am See nieder und begann ihre Stiefel auszuziehen. Bislang hatte sie eigentlich Spaß gehabt, denn die Unterhaltung mit Lysander war schrecklich unkompliziert. Zwar ging ihre Meinung bezüglich der Rangordnung, was Eismäuse und Kotzpastille anging weit auseinander, aber das war ein kleines Übel. Ansonsten war er ein wirklich angenehmer Begleiter. Mit Witz und Charme ließ er keine Stille aufkommen und eigentlich freute sich Molly auf den Gang durch den verbotenen Wald. Einige Mädchen hatten bereits am Lagerfeuer davon geschwärmt.   Als sie die Schlittschuhe schnürte, musste sie ihre Handschuhe ausziehen. Frustriert steckte Molly sie sich in die Manteltasche und kämpfte sich auf die Beine. Unsicher und böse schwankend stampfte sie durch den Schnee und versuchte vorsichtig aufs Eis zu gleiten. Ihre Beine zitterten, ihr Körper spannte sich an und sie versuchte nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Es war noch genauso schlimm, wie sie es in Erinnerung hatte. Sie hob den Kopf und sah die anderen leichtfüßig über das Eis tanzen. Neid keimte in ihr auf und Molly begann diesen dummen Vertrauensschüler dafür zu hassen, der diese bescheuerte Idee von Eislaufen durchsetzte. Wer brauchte den Mist schon? Sie jedenfalls nicht! Vielleicht hätte sie Lysander auch einfach nur sagen müssen, dass sie nicht Schlittschuh laufen konnte. Sie wollte anhalten, wusste jedoch nicht wie und dann rutschte ihr auch noch ein Handschuh aus der Jackentasche. Mit wackeligen Beinen und ordentlich schwankend wollte sie sich bücken, doch die Betonung lag bei wollte.   Langsam, fast in Zeitlupe beugte sie sich vor und natürlich verlor sie das Gleichgewicht. Molly stürzte. Sofort kniff sie die Augen zusammen und wartete auf den Schmerz. Stattdessen zog sie erschrocken die Luft ein, denn ein Arm hatte sich um ihre Hüfte geschlungen und hielt sie vom Sturz ab. Vorsichtig half ihr jemand wieder auf die Füße und als er um sie herum fuhr, hob ihr Retter den Handschuh auf und reichte ihn ihr. Molly sah in das Gesicht von Lorcan Scamander, er blickte sie ein wenig verblüfft an. „Besonders elegant stellst du dich nicht an.“ Sie nahm den Handschuh aus seiner Hand und brummte: „Ach halt doch die Klappe!“ Just in diesem Moment ruderte sie erneut mit den Armen und wäre beinahe auf ihren Hintern gelandet, doch ihr Schulsprecherpartner erwies sich als Gentleman. Er fasste unter ihre Achseln und schob sie langsam Richtung Rand. „Wie ich hörte, hast du ein Date mit meinem Bruder.“ Beim Klang seiner Stimme sah sie über ihre Schulter direkt in sein Gesicht. Molly räusperte sich: „Ja und?“ – „Hältst du das für klug?“ Eine berechtigte Frage und eigentlich hätte sie diese prompt mit ‘nein’ beantwortet, aber heute schwieg sie. „Molly!“ Sie sah wieder nach vorne und erkannte ihre Begleitung. Lysander glitt gekonnt auf sie zu und Lorcan schob sie wackelig vor, sodass sie direkt in die Arme des Slytherins segelte. Lysander fing sie auf und Molly hielt sich an ihm fest. „Merlin sei dank, endlich bist du da. Ich hätte mich fast langgelegt.“ Da ihre Begleitung nicht reagierte, sah sie zu ihm auf und erschreckender Weise war sein Gesicht ernst. Sie kam sich vor, als hätte sie sich zwischen die Fronten geworfen. Gleichzeitig verwirrte sie diese stumme Kampfansage. Bislang hatte sie noch nie erlebt, dass sich die Zwillinge irgendwie gestritten hatten, oder nicht gut aufeinander zu sprechen waren. Trotz aller Unterschiede hatte sie oft genug beobachten können, wie sie trotzdem an einer Stange zogen. Ohne, dass die beiden Jungen auch nur ein Wort miteinander wechselten, wandte sich Lorcan schließlich ab und ließ sie stehen. Die stumme Auseinandersetzung, die aus Blicken bestand, war vorbei, doch für Molly noch immer ein Schock. Die Scamander's stritten nicht. Sie hielten zusammen. Im Normalfall. Genauso wie Rose und Hugo, wie Fred und Roxanne, wie Albus und Ja- nein, die Potter's schlugen sich regelmäßig die Köpfe ein, das konnte man nicht vergleichen.   „Sag mal“, begann Molly, da sich Lysander immer noch nicht regte und seinem Bruder nach starrte. „Habt ihr euch gestritten?“ „Nein“, wehrte der Slytherin ab und sah auf sie herunter. Der Ausdruck auf seinem Gesicht änderte sich. Er grinste wieder und kurz darauf kreischte Molly auf, denn er hatte sie losgelassen und sie ruderte prompt mit den Armen. Vorbei war der Moment, in dem sie sich noch hatte andere Sorgen machen können. Stattdessen ließ sie sich von Lysander ärgern, schließlich sogar über das Eis schieben und reihte sich mit ihm in eine Polonaise ein. In dieser halben Stunde hatte Molly das Gefühl, einen ganzen Liter Wasser vor Schweiß zu verlieren. Obwohl sie Spaß hatte, war sie auch froh, wo das Abenteuer wieder vorbei war. Ihre Füße schmerzten, als sie schließlich aus den Schlittschuhen herausschlüpfte und ihre eigentlichen Stiefel fühlten sich plötzlich sehr leicht an ihren Füßen an. Als Lysander die Schuhe wegbrachte, fragte sie sich, wie seine to-do-Liste für den Abend noch aussah. „Du siehst nicht besonders glücklich aus“, stellte Lysander schließlich fest, als sie an einem Stand die Mandeln für Dominique kaufte. Überrascht sah Molly ihn an und hatte sich gerade entscheiden wollen, eventuell eine Zuckerstange anzuordnen. „Ich bin nur etwas kaputt, weil ich mir viel Sorgen darüber gemacht habe, ob das Experiment etwas wird.“ Sie schritten unter den bunten Lichterketten hindurch, die ein kleines Zelt darstellten. „Normalerweise feiern wir Weihnachten immer in der großen Halle, aber ich dachte, es wäre schöner, ein Fest zu haben, wo auch Schüler dabei sind, die am heilig Abend nach Hause fahren.“ Musik hallte zu ihnen herüber. „Außerdem gab es schon so viele Bälle, es war Zeit für etwas Neues.“ „Von den Slytherins hab' ich nur Gutes gehört, es sind alle froh ihre Festkleidung jetzt zur Abwechslung mal im Schrank zu lassen.“ Plötzlich hielt Lysander inne und Molly brauchte einen Moment, bis sie begriff, warum. Die Musik hatte sich geändert und es erklang das Intro für eine längere Runde Scottish Country Dance. Sofort stürmten die beiden zur Bühne und stellten sich auf. Molly verspürte ein seltsames Gefühl im Magen, schließlich hatte sie das letzte Mal maskiert mit Lorcan getanzt und das Resultat am Ende hatte ihr nicht unbedingt gefallen. Heute hatte sie jedoch nicht genug Punsch intus, um sich derart gehen zu lassen, außerdem traute sie Lysander diese Dreistigkeit nicht zu. Natürlich war er frecher, lauter und direkter, aber sie glaubte nicht, dass sie ihn so schlecht einschätzte, wie Lorcan. Übertrieben tief verbeugte sich Lysander auf der Holzbühne, dann war das Intro vorbei. Molly hatte sich hastig neben zwei Fünfklässlerinnen eingereiht. Sie fand, dass man Reels, allgemein Scottish Country Dance's, viel zu selten tanzte. Lysander tanzte anders als sein Bruder, er führte fester, einstudierter, aber auf seine Art auch gut. Bevor Molly sich versah, landete sie jedoch in den Armen von James. Dieser grinste sie breit an, doch an seinem roten Gesicht erkannte sie, dass ihn das Tempo anstrengte. „In Begleitung hier?“, fragte sie und James grinste breit: „Ja, in der meines besten Freundes.“ Molly drehte den Kopf und erkannte Brandon Wood, wie dieser sich mit den Frauenschritten abmühte und musste lachen. „Hat er eine Wette verloren?“ - „Nein, nur sein Maul zu weit aufgerissen.“ Das konnte sie sich bei Brandon sogar gut vorstellen. Er war nie zu überhören, für sein erst labern-und-dann-denken bekannt und niemand, der sich allzu logisch verhielt. Nach dem dritten Lied zog Lysander sie zur Seite, gerade rechtzeitig, denn Molly spürte bereits Seitenstiche. Er reichte ihr kurz darauf an einem runden Tisch mit roten Schleifen geschmückt, einen Krug Kürbissaft. „Was steht nun auf deiner Liste?“, fragte Molly und er grinste von einem Ohr zum anderen. „Wir suchen das Lagerfeuer auf, dort kuschelst du dich ganz fest an mich und-“, er beugte sich weiter vor. Molly, die neugierig geworden war, tat es ihm gleich. Dann spürte sie fast schon seinen Atem auf der Wange und eine Gänsehaut überkam sie. Seine Hand schob die Ohrenschützer von ihrem Platz. Molly hielt die Luft an. Konnten unausgesprochene Tatsachen so nervös machen? Ihre Wangen prickelten, als er mit dem Daumen drüber strich. „-und dann würde ich mich zu dir runter beugen und-!“ „Entschuldigt, dass ich euer trautes Zusammensein störe, aber wir haben ein Problem.“ Molly's Körper verkrampfte sich und während sich Lysander gelassen wieder zurücklehnte, brannten ihre Wangen nun vor Scham. Sie sah, dass es Fred genauso peinlich war. Er kratzte sich an der Nase und griff nach Molly's Arm. „Tut mir leid, Scamander, aber wir haben ein Problem am Verbotenen Wald.“ Dann zog er Molly ruppig mit sich, sodass sie beinahe den Krug Kürbissaft verschüttet hätte. Sichtlich verstimmt sah sie Fred an, doch dieser räusperte sich lediglich. „Das ist kein Witz, wir haben wirklich ein Problem, sämtliche Vertrauensschüler sind schon ausgerückt, damit die Lehrer das nicht merken und das Fest beendet wird.“ Sie stampften durch den Schnee und Panik durchflutete Molly: „Was ist passiert?“ Sofort wurde ihr Schritt schneller und sie tastete in ihrem Mantel nach ihrem Zauberstab. „Irgendjemand hat den Zauber durcheinander gebracht, den Scamander und du auf einen Abschnitt des Walds gelegt habt. Die Märchenbox, die in der Mitte steht und für die Illusionen zuständig ist, scheint total verwirrt zu sein“, erklärte Fred atemlos. „Statt für Romantik zu sorgen, scheint sich Halloween zu wiederholen.“ Ellie Lewis und Colin McBounte, zwei Vertrauensschüler der siebten Klasse aus dem Hause Hufflepuff standen bereits am Waldrand und sorgten durch einen Schutzzauber dafür, dass 'Buhu' rufende Gespenster an einer unsichtbaren Schutzwand abprallten. Lewis wirkte seltsam unordentlich und McBounte auch nicht ganz bei der Sache. Molly vermutete, dass auch sie bei einem Date gestört worden waren, eventuell auch bei einem gemeinsamen. „Die Märchenbox spuckt bunten Nebel und pustet die Fackeln und Lampions aus, die wir im Wald verteilt haben“, informierte Lewis knapp und McBounte setzte hinzu: „Das muss alles vor einer halben Stunde angefangen haben.“ Amber Blythe, eine elegante Slytherin und ebenfalls Vertrauensschülerin dampfte an. Sie wirkte sichtlich verstimmt, wahrscheinlich hatte sie sich einen freien Abend versprochen. „Ist da noch jemand drin?“ - „Scamander ist vor ein paar Minuten rein“, fiel Fred ein. „Ansonsten ist niemand mehr herausgekommen und alle die rein wollten, wurden aufgehalten.“ Mit einem Mal gingen sämtliche Fackeln am Waldrand aus, es war ruhig. Die Gespenster schienen sich ins Innere zurückzuziehen. Die verschwommenen, milchigen Gestalten mit den hässlichen Fratzen mussten nun wirklich nicht über das weihnachtliche Fest rauschen. „Wunderbar“, beschwerte sich Amber Blythe und reichte Molly einen Kompass. „Ich habe heute offiziell frei, da ich mich mit meinem Haus anlegen durfte, weil wir die Veela's nicht bewilligt bekommen haben, erinnerst du dich, Weasley?“ Molly stöhnte frustriert, nahm den Kompass, sprach: „Lumos“ und stampfte in den Wald. Es war so dunkel, dass sie die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Immer wieder stolperte Molly über eine Wurzel und je weiter sie ging, umso mehr verschwand das leichte Licht, dass von den Vertrauensschülern aus ging, da sie ihre Zauberstäbe nun auch zumindest in den Wald hinein leuchten ließen. Viel brachte es ihr jedoch nicht. Dichter schwarzer Nebel kroch um ihre Füße herum und verschluckte jede kleine Helligkeit. Sollte sie je herausfinden, wer dafür verantwortlich war, den würde sie bei lebendigen Leib die Haut abziehen. Irgendwo heulte ein Wolf. Zumindest glaubte sie das, auch wenn ihr Verstand ihr entgegen brüllte, dass es im verbotenen Wald keine Wölfe gab. Sie hatten extra ein genehmigtes Stück genommen. Wesen hielten sich hier nicht auf. Etwas streifte ihren Kopf und Molly fuhr hektisch herum. Nichts war zu sehen. Etwas flatterte. Dann hörte sie etwas knistern und automatisch ging sie schneller. In der einen Hand hielt sie den Kompass fest und in der anderen den erhobenen Zauberstab. Es wurde seltsam kalt. Ihre Hände fühlten sich taub an. Molly hatte das Gefühl im Kreis zu gehen. Dann sah sie etwas. Ein milchiges Gespenst, oder auch ein Geist kreuzte ihren Weg. Buhu. Feucht glitt es durch sie hindurch und ließ einen Blick in seine hässliche Fratze zu. Ihr wurde leicht übel. Was danach geschah, war jedoch noch viel schlimmer, als ein unkuscheliges Gespenst. Die Magie ihres Zauberstabes schien beeinflusst zu werden, denn plötzlich flackerte das Licht, wie ein Gewitter. Molly blinzelte immer wieder. Sie wiederholte sich hilflos indem sie einen Lumos-Zauber nach dem nächsten sprach, aber ihr Zauberstab blinkte blöd weiter, so als würde sie in einem Unwetter stehen. Dann sah sie es. Einen Mann mit einer rauschenden Kettensäge, einem entstellten Gesicht, so groß, wie ein halber Troll, der in großen Schritten auf sie zukam. Die Kettensäge jaulte auf, er roch nach faulen Eiern und Molly rutschte buchstäblich das Herz ins Höschen. Irgendwo trat sie rein und als Molly fahrig runter schaute, glaubte sie in einer Pfütze aus Blut zu stehen. Sie tat schließlich das einzige, zudem sie noch fähig war. Sie rannte. Und zwar irgendwo hin. Der Kompass war unwichtig, anders, als die Angst, die ihr nun im Nacken saß. Durch die Fehlfunktion ihres Zauberstabes sah sie nicht, wohin sie lief. Büsche rissen an ihrer Kleidung, Wurzeln waren im Weg und irgendwann verlor Molly den Boden unter den Füßen und sie rollte einen kleinen Abhang herunter. Ihr Knie schmerzte, eine Schramme zog sich über ihre Wange, aber das war ihr egal. Blind lief sie durch heulende blöde Geister, bis sie ein Griff um ihren Fußknöchel zum Fall brachte. Immer mehr Hände schienen aus dem Boden zu wachsen, seltsam realistisch wirkend. Dabei beruhte die Märchenbox lediglich auf Fantasie und Einbildung, aber in diesem Moment dachte Molly nicht daran. Sie riss sich von den Händen los, immer wieder. Tränen schossen ihr in die Augen und sie wollte schreien. Stattdessen wirkte ihre Kehle wie zugeschnürt. Erneut fiel sie, der Schnee war kalt, aber er brachte sie auch nicht wieder zu Besinnung. Stattdessen klopfte ihr Herz wild und sie verlor den Kopf. Dann wurde es plötzlich hell. Die Fackeln gingen wieder an und erhellten den Wald. Die Lampions sorgten für eine romantische Atmosphäre und der graue Nebel verschwand. Stattdessen schneite es sanft und der Schnee färbte sich leicht rosa, dann wechselte er in zartes blau, schließlich in ein frühlingshaftes grün. Ein weißes Schneekaninchen hüpfte an ihr vorbei, links von ihr gingen zwei Frauen aus dem viktorianischen Zeitalter spazieren, ihnen folgte ein eleganter Reiter, hoch zu Ross mit einem Zylinder. Molly bebte, noch immer raste ihr Herz. Dann sah sie nach rechts und erkannte Lorcan Scamander, wie er die Märchenbox in der Hand hielt, sie eine klassische Musik spielte und die Magie wieder getarnt als eine feine Feenstaubschicht heraussprudelte. Er ließ seinen Zauberstab sinken und stellte die Box wieder ab. In diesem Moment war Molly unendlich erleichtert und dankbar dafür, dass er immer so kühl und rational handelte. Noch nie war sie so froh gewesen ihn zu sehen. „D-Danke“, stotterte sie mit brüchiger Stimme und erst da schien er sie zu bemerken. Molly beeilte sich, wieder auf die Beine zu kommen, aber durch die Panik und ihrer schrecklichen Angst, schwankte sie. In wenigen Schritten war er bei ihr und half ihr auf. Obwohl er nicht einen Ton gesagt hatte, fühlte sich Molly schrecklich beschämend. Sie hatte sich erbärmlich geschlagen, als es darauf ankam und er war Zeuge dessen geworden, wie wenig sie qualifiziert war, sich um solche Dinge zu kümmern. Lorcan zog sie auf die Beine und hielt ihre Hand fest, ganz so, als schien er zu ahnen, dass sie erneut das Gleichgewicht verlieren würde, wenn er ihr den Halt nahm. Er wartete, bis sie sich beruhigt hatte, ihr Atem wieder gleichmäßig ging, dann zog er sie auf einen kleinen Pfad, den sie Stunden vorher aus kleinen Steinen hergestellt hatten. Ohne Schwierigkeiten fanden sie den Weg hinaus und wurden freudig von den Vertrauensschülern empfangen. Nach einem kurzen Wortwechsel ließen Ellie Lewis und Colin McBounte neue kleine Grüppchen hinein. Was die Störung der Märchenbox ausgelöst hatte, konnte niemand sagen und Molly wollte es auch nicht mehr wissen. Wichtig war, dass der verbotene Wald kein Ort des Schreckens mehr war. An der Waldgrenze hatte Lorcan ihre Hand losgelassen und direkt vermisste Molly irgendwie die Führung. Die ganze Zeit hatte Lorcan nicht ein Wort gesagt und jetzt, wo sie durch den Schnee stampfen, zurück zum See, wo die Buden aufgebaut waren und wo sich der Mittelpunkt des Festes befand, hatte Molly ein seltsames Gefühl. Sie schluckte und fragte: „Bist du irgendwie sauer oder so was?“ Ganz unvermittelt blieb Lorcan stehen und drehte sich zu ihr um. Seine Miene war so wie immer, kühl und gelassen zugleich. Statt ihre Frage zu beantworten, stellte er eine Gegenfrage: „Wirst du meinen Bruder weiterhin daten?“ Damit überrumpelte er sie und Molly stotterte verwirrt: „D-Das weiß ich nicht. E-Er hat gefragt und ich d-dachte mir es könnte lustig werden.“ Lorcan sah sie einfach nur schweigend an, dann drehte er sich um und stampfte weiter durch den Schnee. Molly sah ihm verwirrt nach. Sie konnte nicht sagen, ob er wirklich sauer war, oder sie sich das alles nur einbildete. Eigentlich konnte sie sich nicht vorstellen, dass es Lorcan tatsächlich missmutig stimmte, schließlich hatte sie keine Regel gebrochen und Lysander war auf sie zugekommen. Das ihr das Date überhaupt nicht wie ein echtes Date vorkam, konnte sie ihm schlecht nachrufen. Natürlich flirtete Lysander mit ihr, aber es war neckisch, so wie James es manchmal mit Rose und Lucy machte. Molly wurde zwar rot, wenn er so reizende Sprüche lieferte, aber ihr fehlten die Schmetterlinge. Prinzipiell konnte sie Lysander nur schwer ernst nehmen. Es war eher so, als würde sie mit einen guten Freund ausgehen. Anders als mit Fred, natürlich, aber es war witzig und heiter. Plötzlich und völlig unverhofft spürte sie in ihrem Magen einen Kloß, der sich äußerst unangenehm anfühlte. - - - Lorcan stampfte drei Stunden später erschöpft und müde die Treppen, welche zur Großen Halle führten, hoch. Er wollte nur noch ins Bett. Seine Glieder waren durchgefroren. Außerdem sehnte er sich danach endlich seine Ruhe zu haben. Vor einer halben Stunde hatte er noch Lucy Weasley bei sich gehabt. Das kleine Persönchen war sehr bestimmt, wenn es darum ging ihren Willen durchzusetzen und schließlich hatte er sich tatsächlich erbarmt mit ihr zu tanzen. Leider nicht nur einmal, sondern zweimal, dreimal – er hatte die Übersicht verloren. Es war nicht so, dass er Lucy nicht mochte, im Gegenteil, sie war niedlich, humorvoll und aufmerksam, aber eben auch sehr direkt und langsam wurde er das Gefühl nicht mehr los, dass sie sich ihn tatsächlich als nächste Beute ausgesucht hatte. Das war eindeutig etwas, worauf er verzichten konnte. Er öffnete gerade seinen Mantel und zog sich die Mütze vom Kopf, als er Nikotin roch. Sein Blick ging nach links und er erkannte sein Spiegelbild, wie es auf einer Fensterbank herumlümmelte und an einem Stängel zog. Lysander grinste ihn hocherfreut an. Lorcan stöhnte und sah sein Bett in weite Ferne rücken. „Zwinge mich nicht, zu der späten Stunde noch mit dir zu diskutieren“, sprach er ruhig. Lysander streckte die Beine aus und legte den Kopf leicht schief: „Kann es sein, dass du schlechte Laune hast?“ - „Nein, ich bin furchtbar müde und will nur noch ins Bett. Hättest du also was dagegen, wenn wir das Gespräch morgen führen?“ Leider hatte der Slytherin kein Mitleid und rutschte von der Fensterbank. Unbeirrt schritt Lorcan nun die Wendeltreppe hoch, die zum Gemeinschaftsraum führen würde. Leider folgte Lysander ihm und Lorcan hoffte, dass der Türklopfer in Form eines Adlers, eine leichte Frage stellte. Mit halben Ohr hörte er dem Ding zu, mit dem anderen Ohr versuchte er Lysander's Geplapper zu ignorieren. „Ich date sie weiter, nur für's Protokoll großer Bruder.“ - „Mach doch.“ Statt sich provozieren zu lassen, gähnte Lorcan nur, erst als Lysander einen Schritt auf ihn zumachte und ihn direkt ansah, begriff Lorcan, dass es seinem Bruder ernster zu sein schien, als er bislang vielleicht geahnt hatte. Lysander's Stimme klang wie ein Versprechen: „Ich werde sie dir wegnehmen und es wird leichter sein, als einem Kind den Besen zu klauen.“ Dann klopfte er Lorcan auf die Schulter und wünschte eine gute Nacht. Lorcan sah ihm nach und gerade als Lysander fast verschwunden war, sprach er: „Du weißt selbst, dass es nicht richtig ist mit ihr zu schlafen und das ganze als lockere Affäre zu verkaufen, denn selbst du musst zugeben, dass es so ganz und gar nicht deine Art ist.“ Schweigend sah Lorcan auf den Türklopfer, dann erinnerte er sich an die Frage und antwortete: „Es nennt sich Täuschung.“ Die Tür glitt auf, doch zu der Müdigkeit gesellte sich nun noch Ratlosigkeit, aber auch Eifersucht und Hilflosigkeit. Mittlerweile bereute Lorcan es, Lysander von der Affäre erzählt zu haben, denn obwohl er für seinen Bruder die Hand ins Feuer legen würde, so war ihm die Einmischung des Jüngeren verhasst. Lysander hatte ihn nicht zu manipulieren und das würde er seinem Bruder schon noch klar machen. Außerdem war Molly intelligent genug, um zu wissen, was sie tat und was eben nicht. Als er ins Zimmer trat, hörte er Geoffrey schnarchen und warf seine Kleidung achtlos auf den Stuhl. Lorcan ließ sich fallen und schloss die Augen, sobald sein Kopf das Kissen berührte. Seine Hand tastete auf die Stelle neben sich und schmerzhaft wurde ihm bewusst, dass er sie vermisste, obwohl er im Moment nun wirklich sauer war. Ob auf Lysander, Molly oder auf sich selbst, konnte er im Augenblick nicht bestimmen. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)