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Failnal Phantasie - RESET

von

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Prolog

Das Casting des Grauens
 

Zu einer Zeit als allen Lebewesen das Universum noch völlig unbekannt war, aber man dennoch irgendwie wusste, dass man Teil eines großen Ganzen war, gab es eine Welt, die sich diese Erkenntnis auf die Fahne geschrieben hatte. Die Welt nannte sich „Stücken“ und ihre Kontinente hießen nach jeder erdenklichen weiteren Umschreibung dieses Wortes.

Die Welt war friedlich, sehr friedlich, um nicht zu sagen stinkend langweilig. Diese Dauerharmonie ging den Verwaltern der Kontinente irgendwann so gegen den Strich, dass sie ein Casting ausriefen, um einen lokalen Bösewicht zu finden. Doch ihre Bemühungen waren nicht von Erfolg gekrönt. Alle Kandidaten verfügten nicht über die benötigten Eigenschaften. Statt „Vollkörper-Rüstung“ kamen die meisten Teilnehmer in einer „Vollkörper-Kruste“ und verkündeten stolz, dass sie sich extra für das Casting seit mehreren Wochen nicht mehr gewaschen hatten.

Die Teilnehmer, die sich in der Kategorie „Schöner Jüngling mit psychopathischen Anwandlungen“ beworben hatten, waren schon mit dem Wort „Schön“ überfordert und so dachten sie, dass eine verwelkte Blume in ihrem Haar sie schön machen würde.

Schlussendlich blieb nur noch die Kategorie „Frau“, die eine einzige Bewerbung zählte.

Damit hatten Verwalter ihren Bösewicht. Entschuldigung, ihre Bösewichtin. Diese bekam als Starterset einen riesigen Stapel Visitenkarten, den sie an die Bevölkerung von Stücken zu verteilen hatte, und ein Handbuch mit dem Titel „Wie werde ich Bösewicht/-in in 10 Tagen“. Dazu noch ein gruseliges Schloss mit massig Fallen, denn irgendwo mussten die zukünftigen Helden, die man jetzt zwangsläufig auch benötigte, hingehen um die Bösewichtin zu besiegen. Doch das absolute Highlight war „DER KNOPF“. „DER KNOPF“ sah eigentlich aus wie eine normale Fernbedienung mit nur einem Knopf drauf, aber dieser eine Knopf sollte die mächtigste Waffe der Bösewichtin werden!!!
 

Am fünften Tag ihrer Vorstellungsreise kam die Bösewichtin auf dem Kontinent Abschnitt an, wo sie mit einer großen Feier empfangen wurde. Fast die gesamte Bevölkerung von Abschnitt hatte sich in der Hafenstadt Tropfen versammelt, um sich den armen Tropf anzusehen, der jetzt die Harmonie auf Stücken stören sollte. Fast die gesamte Bevölkerung? Ja, fast die gesamte Bevölkerung.

Ein kleines Dorf war versehentlich nicht mit Einladungen zur Feier versorgt worden und lebte von daher seinen gewohnten Alltag. Natürlich wurde dem Verwalter von Abschnitt dieser Fehler gebeichtet und die Bösewichtin musste die extra für sie organisierte Feier verlassen, um auch den Ausgelassenen ihre Visitenkarte zu überreichen.

Damit nahm das Unheil seinen Lauf. Denn gerade als die Bösewichtin eine ihrer Visitenkarten dem Bürgermeister des Dorfes überreichte, ertönte unter ihrem Schuh ein übel klingendes Knacken, dem ein markerschütternder Schrei folgte.

“Haaaaraaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaald!!!!! Neeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin!!!!“

Verwundert sah die Bösewichtin unter ihren Schuh und erblickte eine zertretene Schnecke. Im gleichen Moment wurde sie zur Seite gestoßen und ein junger Mann kniete vor der Schnecke, das Gesicht von Tränen überströmt. Vorsichtig hob der Mann den Schneckenmatsch vom Boden auf und betastete liebevoll die Überbleibsel. Dann schenkte er der Bösewichtin seinen stärksten Todesblick und sagte mit verrotzter, nasaler Stimme: „Das wirst du mir büßen! Du hast meinen Freund getötet!“

Prompt drückte ihm die Bösewichtin eine Visitenkarte in die Hand mit dem Schneckenmatsch. „Wenn du mich suchst, in zwei Wochen bin ich da zu finden. Zuerst muss ich mich weiter vorstellen gehen.“

Ganz lässig wandte sich die Bösewichtin zum Gehen und keiner hielt sie auf, denn das Zertreten dieser Schnecke hatte alle dermaßen eingeschüchtert, dass sie nicht erpicht darauf waren zu sehen, wozu was diese Frau noch fähig war.

Kaum war sie gegangen und der Mann hatte die Visitenkarte aus dem Schneckenmatsch entfernt, änderte sich schlagartig das Wetter und ein gewaltiger Regenschauer zog über das Land. Von den Regentropfen noch einmal kurz zum Leben erweckt, streckte die Schnecke ihr eines Auge, durch einen Unfall besaß sie nämlich nur noch eines, dem Mann entgegen, um es dann tödlich getroffen fallen zu lassen und endgültig zu versterben. Ein weiteres markerschütterndes „Haaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaraaaaaaaaaaaaaaaaaaaaald“ hallte durch das Dorf, ehe der Regen ebenso plötzlich aufhörte, wie er begonnen hatte und alle Dorfbewohner, außer dem jungen Mann, sich wieder ihrer Arbeit widmeten.

Die Bösewichtin bekam davon nichts mit, sie war längst wieder unterwegs, um weiter Schrecken und ihre Visitenkarten zu verteilen.

Ein geborener Held?

Kapitel 1: Ein geborener Held?
 

Nach Haralds Tod (zur Erinnerung: Harald ist die Schnecke, die im Prolog zertreten wurde) war der junge Mann, der anscheinend keinen Namen hat, zu Tode betrübt. Am liebsten wäre er seinem Freund, der Schnecke, gefolgt, doch fiel im partout nicht ein, wo er einen so gewaltigen Schuh herbekommen sollte, um sich unter ihn zu legen. Also blieb er brav in seinem Zimmer, wie es ihm seine Mutter befohlen hatte und trauerte. Zwar hatte er der Bösewichtin Rache geschworen, doch wie sollte er diese vollziehen? Das Hauptquartier der Bösewichtin war auf einem anderen Kontinent und dazu würde sie die nächsten Tage dort nicht anzutreffen sein. Was also tun?

In seiner Verzweiflung bemerkte der junge Mann, der jetzt einfach mal Dleh heißt, seinen obligatorischen besten Freund nicht, der seit über einer Stunde Steine durch das Zimmerfenster Dlehs warf, um auf sich aufmerksam zu machen. Dieser bemerkte ihn erst, als sein Zimmer, welches im ersten Stock lag, sich durch das Gewicht der Steine ins Erdgeschoss verlagerte.

„Dleh“, sprach der obligatorische beste Freund, der dank seiner Magierausbildung sich in Roben aus Kartoffelsäcken kleiden durfte, „der Bürgermeister erwartet dich. Komm, lass uns eilen und ihn nicht warten.“

Damit packte er Dleh grob am Arm und schleifte ihn hinter sich her, bis zum Haus des Bürgermeisters. Dieser erwartete die beiden Freunde auch schon. Mit bedeutungsschwerer Stimme begann er zu sprechen.

„Dleh, du, der du einen solch herben Verlust erlitten hast, warst dennoch in der Stunde der Not so mutig, der Bösewichtin, die deinen Freund Harald auf dem Gewissen hat, die Stirn zu bieten. Du bist ein wahrer Held und auserkoren, gegen die Bösewichtin ins Feld zu ziehen. Doch bedenke, dass du es nicht alleine schaffen kannst. Du wirst Freunde benötigen, denn du hast selbst gesehen, wie grausam die Bösewichtin ist. Vergiss außerdem nicht, die Wirtschaft unserer schönen Welt am Leben zu erhalten, indem die häufig in Waffen-, Rüstungs- und Itemläden, sowie Gasthöfen ein- und ausgehst. Das Dorf hat für deine Reise gesammelt und wir möchten dir diesen Beutel mit Lebensmitteln überreichen, damit du auf deiner langen und gefährlichen und vermutlich tödlichen Reise nie Hunger leiden musst. Der Segen des Dorfes ist mit dir. Nun ziehe los und lass dich hier nicht wieder blicken, bevor du nicht siegreich warst oder tot bist. Mögen die Götter dir hold sein.“

Ehe sich Dleh versah, hielt er den Beutel mit den Lebensmitteln in der Hand, wurde aber gleichzeitig von den Dorfbewohnern ergriffen und ohne Umschweife aus dem Dorf geworfen. Er hörte seine Mutter noch etwas sagen wie: „Und ich dachte aus dem Jungen wird nie etwas.“ Dann schlug man ihm die Dorftore vor der Nase zu. Dleh war bleich vor Entsetzen. Noch nie hatte er das Dorf verlassen. Er hatte sogar geglaubt, dass es außerhalb des Dorfes nur Nichts geben würde und jetzt saß er mitten auf einer kleinen Wiese, auf der vereinzelt Blumen blühten und starrte die Dorftore an. Irgendwie hoffte er, dass es sich die Dorfbewohner noch anders überlegen und ihn wieder hineinlassen würden. So blieb er sitzen, beobachtete mal die Tore, dann Käfer die von den Blumen gefressen wurde, eine Nudistenhochzeit und andere Kuriositäten, so dass ihm nicht auffiel, wie die Sonne langsam verabschiedete und es Nacht wurde. Dann öffneten sich endlich die Tore und Dleh sah sich gerettet, doch wurde er schwer enttäuscht. Es waren nur die beiden Kerle in der Tierhautkleidung, die jeden Abend verschwanden und jeden Morgen zurück kehrten und die Tore wurden hinter ihnen direkt wieder verschlossen.

„Ey, was machst’n du noch hier? Solltest du nicht losziehen, die Bösewichtin konkret in ihre Schranken zu weisen“, fragte der eine der beiden Typen. „Falls du wieder ins Dorf willst. Vergiss es, Alter. Du kommst hier nimmer rein! Also mach die Fliege“, sagte der andere und da verstand Dleh endlich. Er war im Dorf nicht mehr erwünscht. Durch Haralds Tod hatte er seinen sozialen Status verloren und musste nun im Nichts sich eine Existenz aufbauen. So entfernte er sich mit hängendem Kopf von den Dorftoren und trat ein in die finstere Baumansammlung, die vor ihm lag. Mehrfach stieß er sich den Kopf und rutschte ungünstig Abhänge hinunter, so dass jeder ihn für das Opfer eines Monsterangriffes halten würde, der ihn zu Gesicht bekam.

So geschah es am nächsten Morgen. Dleh hatte es auf wundersame Weise bewerkstelligt, sich halbwegs lebendig durch die Baumansammlung zu bewegen. Doch brach er kurz nachdem er sie hinter sich gelassen hatte erschöpft zusammen.
 

Zu seinem Glück kam eine Nonne des Weges, die in der Kunst der magischen Heilung bewandert war. In ihren Händen heilten Dlehs Wunden und seine Müdigkeit war auch wie weggeblasen. Wieder bei Bewusstsein wollte er der Nonne danken, hatte aber keine Ahnung wie der sie ansprechen sollte. „Du kannst mich Dörte nennen“, sagte die Nonne, um es ihm leicht zu machen, „meine Güte, die Monster müssen dich ganz schön genudelt haben, damit du solche Verletzungen in so nem winzigen Wald bekommst. Hast du denn gar keine Waffen dabei?“

„Nur diesen Beutel mit Lebensmitteln“, antwortete Dleh verlegen und hielt ihn Dörte hin. Nach einem kurzen, aber kraftvollen Schnuppern verzog Dörte das Gesicht. „Kein Wunder, dass die Monster dich so zugerichtet haben, das riecht ja nicht mal ansatzweise essbar!“ „Wirklich? Aber alles in meinem Dorf riecht so. Die Stallungen, die Felder, die Latrinen, das Essen und sogar die Körperbehaarung des Bürgermeisters. Riecht das Essen hier etwa anders“, fragte Dleh sehr erstaunt. „Ich möchte nie dein Dorf besuchen, nachdem, was du da erzählst. Nun gut, vielleicht, wenn es grundgereinigt worden und mit fässerweise Lufterfrischer begossen worden ist, dann könnte ich es mir vielleicht sogar vorstellen.“

„Was ist Lufterfrischer? Ach, ich bin übrigens Dleh.“
 

„Das zeige ich dir, wenn wir im nächsten Dorf angekommen sind, Dleh. Aber jetzt sollten wir gehen. Wer weiß ob die Monster nicht die Witterung aufgenommen haben, nachdem du ihnen entkommen bist.“
 

„Aber ich…“, setzte Dleh an, um das Missverständnis aufzuklären.
 

„Kein aber. Komm schon. Ich bin doch eine wesentlich nettere Gesellschaft, als irgendwelche glitschigen Ungetüme, oder“, zwinkerte Dörte und Dleh blieb nichts anderes übrig als der Nonne zu folgen.
 

Wenige Stunden später erreichten sie das nächste Dorf und dass auch noch ohne Feindkontakt, wie Dörte Dleh erstaunt mitteilte. Der Beutel musste sie fern gehalten haben oder jemand anderes hatte sie vorher schon platt gemacht. „Sieh mal Dleh, da vorne ist die Pension.“ Dörte zeigte auf ein aus Holz gebautes Haus, an dem ein großes Schild hing.
 

„Ruhe in… Teilen? Was soll das denn heißen“, fragte Dleh verstört, „ich will noch nicht sterben!“
 

„Aber, aber, keine Panik. Das ist die Pensionskette, hier auf dem Stück unserer Welt. Sie heißt „Ruhe in“ und dann der jeweilige Ortsname. Da wir uns gerade in Teilen befinden, lautet der Name eben „Ruhe in Teilen“. Da ist nichts Schlimmes dabei. Habt ihr in eurem Dorf etwa keine Pension?“
 

„Nein, bei uns wohnen alle bei ihrer Mama. Wir brauchen keine Pension.“
 

Dörte starrte ihn an und grummelte dann eine unverständliches „Luxuskind“.
 

Doch das hörte Dleh nicht. Er war viel zu beschäftigt Teilen zu erforschen. Dörte hätte ihn beinahe aus den Augen verloren, wenn er nicht vor einer Patisserie stehen geblieben und nun die feilgebotenen Waren besabbern würde. „Dörte, sieh mal. Schoko-Schnecken! Die erinnern mich an Harald“, sagte Dleh und verzog plötzlich das Gesicht, „Haaaaraaaald. Warum nur?!?“
 

Dörte verstand die Welt nicht mehr. Wer oder was war ein „Harald“ und wieso erinnerten gerade Schoko-Schnecken Dleh daran? Und warum heulte der jetzt wie ein Baby und zog den Zorn des Verkäufers auf sich?
 

„Ey, was angefasst, angesabbert oder sonst irgendwie verunreinigt wird, muss auch gekauft werden“, sagte eben dieser, als Dleh die vierte Schoko-Schnecke berotze.
 

„Schon, gut, wir nehmen sie, packen sie sie bitte ein“, sagte Dörte und suchte währenddessen nach etwas, womit sich Dleh die Nase putzen konnte.
 

„Das macht dann vier Kupfer Stücken“, sagte der Verkäufer und hielt Dörte beide Hände hin.
 

In der einen die eingesauten und eingepackten Schoko-Schnecken, die andere leer, dass Geld erwartend. Rasch zahlte die Nonnen, nahm die Tüte und Dleh und zerrte diesen außer Sichtweite. „Dleh, höre bitte auf zu weinen. Was ist denn passiert? Was haben dir diese köstlichen Schoko-Schnecken von Schoko-Bo getan, dass du jetzt einen Weltuntergang erlebst“, wollte Dörte wissen und suchte wieder nach etwas, mit dem sich Dleh die Nase putzen konnte.
 

„Harald…. Harald war mein bester Freund. Die Bösewichtin hat ihn getötet“, schluchzte Dleh und zog immer wieder die Nase hoch.
 

„Die Bösewichtin hat deinen besten Freund getötet? Wie schrecklich! Aber wieso erinnern dich ausgerechnet „Schnecke“ an ihn? War er so langsam“, fragte Dörte verwirrt.
 

„Harald war eine Schnecke! Eine ganz besondere. Mit nur einem Auge. Dass andere hat er verloren, als er mich vor einer fiesen, menschenfressenden Maus gerettet hat. Mein bester Freund und mein Held!“
 

„Verstehe.“ Dleh hatte also eine Schecke als Freund, aber diese war von der Bösewichtig getötet worden und das sagte jetzt was genau? Dörte war verwirrt. Dieser Typ, anscheinend nur mit dem Beutel und dem stinkenden Inhalt bewaffnet, wollte jetzt was in dieser Welt? „Dleh, erkläre mir bitte, warum du in diesen gefährlichen Zeiten dein Dorf verlassen hast. Mein Kopf arbeitet, aber kann es nicht verstehen.“
 

„Er muss Rache für Harald nehmen, denn er ist der Einzige, der durch die Bösewichtin einen herben Verlust erlitten hat“, ertönte da plötzlich eine Stimme. Während urplötzlich Nebel aufzog und so einen furchtbar dramatischen Effekt hervorrief, putze Dleh sich seine Nase in dem Beutel. Aus dem Nebel heraustrat ein Mann, der nicht älter als Dleh zu sein schien und einen…
 

„Entschuldigung, ich will ja nicht unhöflich sein, aber wer sind sie und was haben sie da an“, fragte Dörte entsetzt. Der Nebel, der nun seinen Job erledigt hatte, verzog sich und auch Dleh konnte nun sehen, wer da vor ihm und Dörte stand.
 

Zumindest erkennen, doch nachdem der Mann mehrere Minuten lang Dörtes Frage nicht beantwortet hatte und Dleh sich partout nicht erinnern konnte, fragte er sicherheitshalber auch noch mal. „Wer sind Sie bitte?“
 

„Dleh, du undankbarer Klotz“, wetterte der Mann, der zu Dörtes wiederholtem Erstaunen eine Robe oder ähnliches aus Jute trug, „wie kannst du mich, deinen BESTEN Freund einfach vergessen. Nach allem was wir durchgemacht haben?!?!“
 

Dlehs Augen fingen an zustrahlen. „Harald? Bist du es wirklich? Du bist wieder da und auch noch als Mensch!“
 

„ICH bin NICHT Harald, du undankbare Kröte. Ich bin es, Obli fan Knofi! Dein bester Kumpel, seitdem du in die Windeln gemacht hast! Wir haben alles geteilt! Die Brust unserer Mutter, die einzige Hose die du besitzt, die Angel, die wir vom Bürgermeister bekommen haben, obwohl wir keine Fischgründe in der Nähe unseres Dorfes haben! Dein Freund! Der vor Jahren wegging, um Magie zu studieren, der, der dich nach Haralds Ableben zum Bürgermeister geschleift und deine Verbannung, äh, Mission unterstützt hat! Der, der jetzt vor dir steht, um dir bei eben dieser Mission zu helfen! Und der schwer enttäuscht ist, dass du innerhalb so kurzer Zeit eine so heiße Schnecke aufgerissen hast“, sagte der Mann, der nun als Obli bekannt war.
 

„Schnecke… aufgerissen… tot…. Harald!!!!“
 

„Du Trottel! Er hatte sich gerade beruhigt“, zischte Dörte und massierte sich die Schläfen um die aufkeimende Migräne in Schach zu halten.
 

„Was hab ich denn gesagt“, fragte Obli verwirrt.
 

„Das Wort mit Sch und aufreißen.“
 

„Ich hab niemandem die Schei…“
 

„Nicht DAS Sch-Wort, sondern das S-c-h-n-e-c-k-e-Wort“, fauchte Dörte.
 

„Schabracke?“
 

Dörte seufzte schwer. „Ich sehe, du verstehst mich nicht und ich habe auch keine Lust, dieses Thema noch auszuweiten. Dleh, Gerotze wird eingestellt, Obli oder wie auch immer, komm mit oder lass es bleiben, aber ich will jetzt in der Pension ein heißes Bad nehmen und das werde ich auch bekommen. Also: Abmarsch!“
 

Wenig später betraten sie den Gasthof „Ruhe in Teilen“ und bestellten beim Wirt drei Zimmer.

„Ein Zimmer kriegt ihr, mehr ham wa nicht“, sagte jedoch der Wirt, was besonders Dörte sehr missfiel.

Aber es war nicht zu ändern. Die drei stiegen die Treppe zum einzigen Zimmer hinauf und betraten dies.
 

„Nur ein Bett“, stellte Obli mehr fragend fest.
 

„Ein Bett“, erwiderte Dleh.
 

„EIN Bett“, sagte Dörte schockiert.
 

„Wir können drum spielen, wer in der Mitte liegen darf“, schlug Obli vor und hoffte inständig, dass dies nicht Dörte sein würde.
 

„Nichts da. Ihr beiden schlaft auf dem Boden. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf und dafür ein Bett“, wetterte Dörte und ließ sich so gleich auf dem umkämpften Möbelstück nieder.

Dleh und Obli guckten kurz bedeppert, nahmen die Situation dann aber so an und suchten sich gemütliche Plätzchen auf dem Boden.

„Wollt ihr euch etwa nicht mehr waschen, ihr Ferkel“, fauchte Dörte, gab beiden einen Tritt und verschwand ins Bad.

„Frauen“, knurrte Obli und hielt sich die Seite.

Dleh hingegen stand auf und folgte Dörte ins Bad.

„Was machst du denn da“, rief ihm ein schockierter Obli nach, doch Dleh ignorierte ihn.
 

Im Bad sah Dleh etwas glänzendes und stellte fest, dass es sich dabei um Dörtes Kleidung handelte.

„Wieso glänzt die“, fragte er sich laut, tat es dann aber als unwichtig ab und ging angezogen zur einzigen Badewanne.

Von Dörte war nichts zu sehen. Dleh zuckte mit den Schultern und setzte sich in voller Montur ins heiße Wasser.

„Was machst du Depp da“, hörte er dann plötzlich Dörtes Stimme fragen und drehte sich um.

Vor ihm stand Dörte, nackt und in aller Glorie. Zuerst fiel Dleh auf, dass Dörte einen sehr kleinen Busen hatte. Nun, eigentlich gar keinen, aber dafür um so mehr Muskeln. Langsam ließ er den Blick sinken und erschrak.
 

„Du….du…“, stotterte er.
 

„Ich was“, fragte Dörte.
 

„Du bist ein MANN!!!“
 

„Ja und? Hab nie das Gegenteil behauptet“, antwortete Dörte.
 

„Du trägst einen Rock! Und Stöckelschuhe!“
 

„Der Rock ist schön luftig und es gibt keine besseren Wanderschuhe als Stöckelschuhe“, sagte Dörte trocken.
 

„Aber, aber, aber....“, presste Dleh hervor, während er nach Luft schnappte.
 

„Nichts aber und raus aus der Wanne! Man badet nicht mit der Kleidung, man zieht sie vorher aus. Wenn wir wegen die morgen später loskommen als geplant, nur weil deine Klamotte noch nicht trocken ist, dann läufst du nackt. Haben wir uns verstanden“, zischte Dörte und hob den schockierten Helden mit einer Hand aus dem Wasser.

Der nickte nur und flüchtete aus dem Zimmer zurück zu Obli.
 

„Warum bist du so nass? Warum ist dein Gesicht so rot? Warum fängt gerade deine Nase an zu bluten“, fragte Obli argwöhnisch.

„Dörte, Bad, nackt, MANN“, sprach der Angesprochene und ruderte dabei wie wild mit den Armen.

„Ah ja. Na wenn du meinst. Ich schlafe jetzt“, sagte Obli desinteressiert und war postwendend eingeschlafen.

Dleh, dem immer noch die Nase blutete und dessen Kleidung vor Nässe triefte, tat es ihm spontan gleich. Er würde morgen genügend Gelegenheit haben darüber nach zu denken.
 

Der nächste Morgen kam, die Vöglein zwitscherten fröhlich in den Bäumen und das Niesen eines großen Tieres weckte sanft alle Schlafenden in der Pension. Dörte war schon etwas länger wach, einkaufen gewesen und verpasste den Nieser nur um Minuten. Dleh hingegen hing an der Zimmerdecke und versuchte sein rasendes Herz zu beruhigen. Seine Kleidung war immer noch nass. Zwar nicht mehr triefend, aber jeder andere hätte es dennoch als unangenehm empfunden. Obli hingegen saß auf dem Boden und putze sich seine laufende Nase in das Bettlaken.
 

„Wegen dir haben mich die Rotzmonster angefallen“, wetterte er Richtung Decke und nieste noch einmal.
 

„Warum ist das meine Schuld“, fragte Dleh ahnungslos und überlegte ob er die Deckenlatte einfach loslassen sollte.
 

„Du mit deiner nassen Kleidung hast sie angelockt und mich haben sie angefallen! Übernimm die Ver....Ver...abredung...Ver...anstaltung... Ja, übernimm die Veranstaltung dafür!“
 

„Okay“, sagte Dleh und lies sich fallen.

Das Bett, klüger als Obli und Dleh zusammen, wich gerade so noch aus und blieb daher heile. Was man von Dleh nicht behaupten konnte.
 

„Aua, mein Arm“, jammerte der und hielt sich seinen linken großen Zeh.
 

„Das ist nicht dein Arm“, korrigierte Obli und schnäuzte sich wieder die Nase am Laken.

In diesem Moment betrat Dörte das Zimmer und verspürte sofort das dringende Bedürfnis es wieder zu verlassen.
 

„Was ist denn hier passiert?“
 

„Dleh hat mich den Rotzmonstern überlassen“, klagte Obli.
 

„Ich hab mir den Zeh gestoßen und jetzt tut mir mein Arm weh“, sagte Dleh wehleidig.
 

Dörtes rechtes Auge zuckte spastisch.
 

„Nein, ich frage nicht, was ihr beiden angestellt habt. Aber ich finde es auch nicht gerade berauschend nach einer Nacht in einer Pension, die erholsam sein sollte und nach der alle GESUND sein sollten, magische Heilung wirken zu müssen. Haltet jetzt einfach den Rand und lasst mich machen.“

Die beiden Invaliden taten wie geheißen und Dörte konnte den Zauber wirken.
 

„NICHT PATENTIERTES POTENZMITTEL“, brüllte die Nonne und blaue, körnige Magie umgab sie alle.
 

„Toll, mein Ohr tut nicht mehr weh. Dafür ist es jetzt ganz hart“, sagte Dleh verwundert.
 

„Die Rotzmonster sind fort“, freute sich Obli und hickste.
 

„An dem Zauber muss ich scheinbar noch arbeiten“, grummelte Dörte und zog sich den Rock zurecht.

Nach einer kurzen Weile des Schweigens, welche nur durch Oblis Schluckauf unterbrochen wurde, hatten alle einen Plan gefasst.

„Wir sollten uns heute weiter Richtung Meer bewegen, wenn wir zur Bösewichtin wollen, um Rache zu nehmen“, sagte Dörte, „sind alle damit einverstanden?“

Die anderen beiden nickten und waren erstaunt, wie gut ihr Plan Dörte einfach machen zu lassen funktioniert hatte.

„Dann steht auf und lasst uns endlich gehen! Ich will noch vor der Dunkelheit in Brösel sein. Sonst sind alle Pensionen überfüllt!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: abgemeldet
2011-11-07T17:04:16+00:00 07.11.2011 18:04
ENDLICH!!!

Freu mich schon auf die folgenden Kapitel! XD

gez. Dleh aka. abgemeldet

PS: Schon abonniert ;P


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