Trauma von Zofenluder ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Monotones Piepsen. Das war alles, was Jan hörte. Ein Piepsen, gefolgt vom nächsten, ununterbrochen. Jan stöhnte leise auf, verzog das Gesicht beinahe angewidert. Hinter seinen geschlossenen Lidern zuckten Blitze durch das tiefe Schwarz, in welchem er sich befand. Als ob er wüsste, was ihn erwarten würde, sollte er die Augen nun öffnen, ließ er es vorerst lieber bleiben. Lieber erst mal die Gedanken ordnen. Was war passiert? Wo war er? Wie spät war es? Und warum zur Hölle dröhnte sein Schädel so…. so wie Bela es immer beschrieb, wenn dieser nach einer durchzechten Nacht aufstand? Jan konzentrierte sich auf das Piepsen, atmete erstmals tief durch, versuchte, seinen schmerzenden Körper zu fühlen. Der haarsträubende Geruch von Desinfektionsmittel, gemischt mit dem seichten Duft von Tod und Verderben, ebenso wie das Piepsen und die unzähligen Verbände, die er um seinen Körper fühlte, ließen ihn langsam verstehen. Krankenhaus. Er war im Krankenhaus. Und mit einem Mal schossen die jüngsten Erinnerungen durch seinen Kopf. Jene Erinnerungen, die er hatte, bevor er in diese endlose Dunkelheit fiel. Es war nicht so, dass man sein ganzes Leben im Schnelldurchlauf an sich vorbeiziehen sieht, wenn man in so einer Situation ist. In so einer Situation? Genauergesagt befand Jan sich gerade in einer Scheißsituation. Nämlich in seinem Auto, welches den Baum am Straßenrand gerade sehr liebevoll umarmte. Das war das, was Jan merkte. Das, und dass Bela neben ihm blutüberströmt war. Dass es totenstill war. Dass es Nacht war. Und dass es ewig dauerte, bis die Rettungskräfte endlich kamen, und sie aus dem Autowrack befreiten. Erneut stöhnte Jan auf. Seine Kopfschmerzen brachten ihn beinahe um. Durch seine geschlossenen Lider drang Licht, vermutlich von einem Fenster in der Nähe seines Krankenbettes oder einer Lampe in geringer Entfernung. Jan wusste genau, dass seine Kopfschmerzen ins Unermessliche steigen würden, sollte er die Augen nun öffnen. Jedoch konnte er den Reflex bald nicht mehr unterdrücken, so blinzelte er mit einem Mal, war einen Moment blind vor Helligkeit. Erst nach einigen Sekunden, die ihm wie Stunden vorkamen, legte sich der riesige Schmerz und die bunten Punkte, die in seinem Blickfeld tanzten, verschwanden auch ganz langsam. Sein Blick huschte umher, blieb dann aber sogleich hängen. Noch bevor Jan auch nur daran denken konnte, zu fragen, was zur Hölle hier los sei, kam man ihm zuvor. „Na, Sackgesicht?“ Farin blinzelte. „Was zum…“ „Na, was starrst du mich denn so an? Als hättest du ‘nen Geist gesehen.“ Bela lachte. Farin nicht. Dieser blinzelte nur erneut, starrte Bela, der vollkommen unversehrt, ganz in schwarz gekleidet, neben dem Bett saß, an. „Warum… bist du nicht… ich meine… du hast… da war… da war so viel Blut…“, stammelte er beinahe hilflos, musterte Bela, um irgendeinen Hinweis auf eine Verletzung zu sehen. Doch nichts. Bela war quietschfidel. Und das passte Farins Verstand absolut nicht ins Konzept. Immerhin war der Drummer vor wenigen Stunden noch zwischen Armaturenbrett und Baumstamm eingeklemmt, wenn nicht sogar beinahe zweigeteilt. Vielleicht aber hatte Farin monatelang im Koma gelegen, abgeschieden von der Außenwelt? Vielleicht waren in der Zeit Belas Verletzungen soweit verheilt, dass er nun wieder aussah wie eh und je? Ja, das war es wohl… Farin sah auf, als die Tür aufschwang und ein Arzt, komplett in Weiß, das Zimmer betrat. „Herr Vetter…“ Der Arzt blätterte einen Moment in seinen Unterlagen, prüfte dann stumm und routiniert die Zahlen und Daten auf den verschiedenen Monitoren, an denen Jan hing, eher er sich an den Blonden wandte. „… wie fühlen Sie sich?“ Wäre in seinem Kopf nicht eine Geräuschkulisse, die einer verrücktgewordenen Punkband auf diversen Drogen nicht unähnlich war, wären seine Kopfschmerzen wohl auch kleiner. Dann wäre er vielleicht auch in der Lage gewesen, eine Augenbraue zu heben. Was für eine Frage. Wie sollte es ihm gerade schon gehen? „Blendend. Absolut blendend.“, murmelte er nur bitter, keuchte leise, beim Versuch, sich aufzusetzen. „Bleiben Sie liegen, um Himmels Willen. Sie sind gerade eben erst aus der Narkose erwacht, strengen Sie sich bloß nicht an!“ Nun gelang Farin der Versuch, Herr über seine Gesichtsmuskulatur zu werden, doch. „Was…?“ Der Arzt lächelte sachte, zog einen Stuhl an das Bett, ließ sich darauf sinken, nahm keinerlei Notiz von Bela, der stumm in den Hintergrund getreten war. „Sie können sich wohl nicht mehr erinnern, was? Vor gut 2 Stunden sind Sie und Ihr Freund eingeliefert worden. Sie haben auf der vereisten Fahrbahn die Kontrolle über Ihren Wagen verloren und sind von der Straße abgekommen. Sie haben anscheinend einen riesigen Schutzengel. Sie sind mit wenigen Brüchen und einigen Platzwunden davongekommen. “ „Das... das kann nicht sein…“ Vor zwei Stunden? Das war doch unmöglich. Verständnislos sah er zwischen dem Arzt und Bela, der sich dreist im Zimmer eine Zigarette anzündete, hin und her. „Und warum… ist Dirk… so unbeschadet davongekommen? Da.. da war so viel Blut…“, stammelte er erneut. Sein Schädel dröhnte. Der Arzt sah ihn einen Moment verständnislos an, atmete dann tief durch. „Hören Sie, Sie sollten sich wirklich ausruhen. Die Schmerzmittel sind ziemlich stark und Sie wirken noch ziemlich verwirrt…“ Jan schüttelte den Kopf, worauf ihn ebenjener mit einem Schmerz, der sich von den Augen hoch über die Stirn, zurück in den Nacken zog, daran erinnerte, dass er dies bloß unterlassen sollte. „Was ist mit Dirk…?“ „Herr Felsenheimer… er hat es nicht geschafft. Er erlag vor einer Stunde seinen Verletzungen auf dem OP-Tisch. Wir konnten nichts mehr tun. Es tut mir aufrichtig leid.“ Bela schnaubte verächtlich, blies den blassblauen Rauch aus, grinste schief. „Am Arsch tuts dir Leid, Wichser.“, schmunzelte er und trat hinter den Arzt, schnippte ihm gegen das Ohr. Jan setzte an, etwas zu sagen. Wollte den Arzt auf Bela aufmerksam machen. Wollte ansprechen, dass das ein riesen Irrtum sein musste, da Bela ja bei ihm im Zimmer stand und eine gottverdammte Zigarette rauchte. Doch er ließ es bleiben, als er sah, wie Bela einfach durch den Arzt hindurchschritt und sich einfach zu Jan auf das Bett setzte, ihm durch die Haare wuschelte. „Na? Kommt dein Superhirn nun nicht mehr mit?“, grinste der Schwarzhaarige und nahm genüsslich einen Zug von seiner Zigarette. Dies war der Moment, in dem Farin erneut ohnmächtig wurde. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- „Bist du dann soweit?“ Farin sah auf, sah zu Rodrigo, der in der Tür stand, ihn musterte. Ein Seufzen. Nein. Er war nicht soweit. Er würde nie soweit sein. Dennoch nickte er nur, erhob sich vom Bett, strich sich das Sakko glatt, strich sich durch die Haare. Ein prüfender Blick in den Spiegel, ein mehr oder weniger zufriedenes Nicken. Er sah beschissen aus. Genauso wie die letzten Wochen, seitdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Seine Verletzungen waren großteils gut verheilt, nur innen drinnen sah es anders aus. Farin sprach nicht mehr. Die Sache mit Bela ging ihm einfach zu nahe. Es war nicht so, dass er nicht sprechen wollte, oh nein. Liebend gerne würde er Rodrigo anschreien, ihm seinen Kummer mitteilen, ihm erzählen, ihn fühlen lassen, wie absolut beschissen es ihm ging, seitdem Bela weg war. Aber nein, irgendwas in ihm sträubte sich dagegen. Hinderte ihn daran, auch nur einen Mucks zu machen. Da Rodrigo kein Mann großer Worte war, verstanden sie sich auch stumm. Farin lebte bei Rodrigo, bis es ihm wieder besser ging. Darüber war der Blonde auch ziemlich froh, denn zuhause… zuhause würde er sich nur an Bela erinnern. Rodrigos Wohnung war kalt, beinahe steril und penibel ordentlich, genau das, was ihn nicht an Bela erinnern konnte. Halbherzig versuchte er, den Stofffetzen, der eigentlich eine Krawatte sein sollte, in ebenjene Position zu bringen, doch vergeblich. Wie oft musste er sich schon eine Krawatte binden? Die Ereignisse konnte er locker an beiden Händen abzählen. „Na komm her.“ Rodrigo lächelte sachte und trat zu Jan, legte die Hände an seine Brust, löste den wirren Knoten, band ihm fließend und geschickt sekundenschnell einen perfekten Knoten. Farin sah zu ihm hinab, lächelte schwach, nickte dankbar, löste sich aber sogleich wieder. „Komm, lass uns fahren.“ Und Farin nickte. Normalerweise würde Farin ja nicht in die Kirche gehen. Er glaubte nicht an Gott, jetzt noch weniger, aber… was sollte er tun? So saß er, neben Rodrigo, ganz hinten in der Kirche, hörte halb zu, was der Pfarrer zu erzählen vermochte. Man hatte von ihm erwartet, dass er eine Trauerrede hielt, doch unmöglich. Er hatte sich wortwörtlich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Was sollte er groß sagen? Bela war mehr als ein Freund. Ein Verwandter. Seelenverwandter. Etwas verband sie, was nicht mit Worten zu beschreiben war. Und Farin war Farin, er gab sich mit nichts halbem zufrieden. Alle, die sich heute hier versammelt hatten, wussten, wie die Beziehung zwischen Bela und ihm war, warum also darüber sprechen? Farin starrte den Hinterkopf des Mannes vor sich an, sein Blick war erschreckend leer und glasig. Doch er konnte nicht nach vor sehen. Konnte nicht auf den Sarg blicken, auf den Pfarrer, der wohl glaubte, dass seine Worte irgendwie den Schmerz linderten, den er gerade so verspürte. Farin schloss die Augen, atmete bebend durch, als… „Du wirst doch wohl nicht heulen?“ Er zuckte so stark zusammen, dass Rodrigo ihn fragend anblickte. Doch was Rodrigo wohl nicht sah, war Bela, der lässig neben Jan auf der Bank saß und ein Bein über dem anderen geschlagen hatte. Farin musterte den Verstorbenen von der Seite. Ja. Er war wohl verrückt. Anders ließ es sich nicht erklären. „Oh man. Was fürn hässlicher Holzklotz, in den ihr mich gesteckt habt.“ Bela grinste schief und lehnte sich zurück, kaute abwesend auf einem Kaugummi herum. „Und ich dachte, dass man für den Grafen wenigstens etwas Edles nimmt. Aber nein, hab ich mich wohl mein kurzes Leben lang in meinen Freunden getäuscht.“ Farin bebte. Diese Stimme, wie sehr hatte er sie vermisst. Diese kratzige, dunkle Stimme, die leicht brach, wenn Bela lachte. Farin lächelte schwach, atmete zittrig durch. Seit dem Vorfall im Krankenhaus hatte er ihn nicht mehr gehört, war auch ganz froh darüber. Nach einigen Tagen glaubte er, er habe das im Koma geträumt. Aber anscheinend war es nicht so. „Hörst du überhaupt zu, man? Hey, ich sterbe nur einmal, lass dir das nicht entgehen!“ Bela grinste schief, tätschelte Farins Knie, musterte ihn mit solch einem Lachen in den Augen, wie Farin es nur bei Bela kannte. „Ich meine, wenn du mich schon killst, solltest du auch aufpassen, was man so über mich labert.“ Das Beben wurde stärker und Rodrigo besorgter. „Alles okay?“, fragte der Chilene leise. „Ja, Jan. Alles okay?“ Bela grinste. „Möchtest du rausgehen?“ „Ach, Rodrigo, zuvorkommend wie eh und je. Ihn vermisse ich auch ganz schön. Na, Süßer?“ Bela lehnte sich über Farin hinweg und musterte Rodrigo aus nächster Nähe. „JETZT HALTET DOCH ENDLICH MAL EURE VERDAMMTE KLAPPE, HERRGOTT NOCH MAL!!!!!“ Mit einem Satz stand Farin, verließ so schnell es seine Verletzungen zuließen, die Kirche, ignorierte die verstörten, verwirrten, teils vorwurfsvollen, teils mitfühlenden Blicke der Trauernden, ließ Rodrigo und Bela wo sie waren und stieß die schweren Holztüren auf, trat nach draußen. Mit einem herzzerreißendem Heulen sank Farin auf die Knie, sank in den Schotter vor der Kirche und fing an zu weinen. Es war kein Weinen wie im Film, nein. Es war ein heiseres, angsteinflößendes und herzzerreißendes Weinen. Eines, welches nur von einem Menschen kommen konnte, der die Liebe seines Lebens, den Sinn und die Hoffnung verloren hatte. „Mach dir nicht ins Hemd, ey.“ Farin zitterte, wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht, blickte langsam auf. Sah Bela in die Augen. Mit einem sachten Schmunzeln auf den Lippen ging Bela vor ihm in die Hocke, strich ihm durch die Haare. „Is ja gut, Großer.“ Bela war nie gut darin, die richtigen Worte in solchen Momenten zu finden. Normalerweise war Farin immer derjenige, der Bela trösten musste. Doch in wenigen Momenten war es umgekehrt. Damals, in jungen Jahren, als Farin von seiner ersten großen Liebe verlassen wurde. Oder vor 2 Jahren, als seine Mutter starb. Oder als sein Hund das Zeitliche segnete. Da war auch Bela für ihn da. Meistens waren es ungelenke Worte, simple, abgedroschene Phrasen, doch Farin halfen sie, weil er wusste, dass sie von Herzen kamen. Bela war in solchen Situationen nicht besonders wortgewandt, eher im Gegenteil. Er setzte auf Körpernähe, strich Farin über den Rücken, durch die Haare, gab ihm einen freundschaftlichen Kuss, ließ ihn einfach an sich lehnen. So auch jetzt. Belas Lächeln ließ Farins Herz zerspringen. Langsam strich Bela ihm durch die Haare, kraulte seinen Nacken sanft. „Ich glaube, ne Tasse Tee und eine Runde Schlaf würde dir guttun, mh?“ Farin nickte langsam. Ja. Schlafen. Bela hatte wohl recht… So schloss er die Augen, sank komplett zusammen und kippte zur Seite. Kapitel 3: ----------- Und wieder war es so weit. Farin brummte leise, sein Schädel dröhnte so unglaublich, war kurz davor zu explodieren. Nur schemenhaft konnte er sich erinnern, was passiert war. Das Begräbnis. Belas Begräbnis. Farin zog scharf die Luft ein, seine Lungen rasselten dabei. Gott, er fühlte sich, als wäre er überfahren und durch einen Fleischwolf gedreht worden. Seit Wochen, seit dem Unfall, hörte er Stimmen. Oder zumindest die eine von Bela. Immer wieder sprach er mit ihm, brachte ihn schon an seine Grenzen. Farin war in den letzten Wochen kurz davor durchzudrehen. Wie oft hatte Rodrigo sich angesprochen gefühlt, als Farin es nicht mehr aushielt und Bela anschnauzte? Er sollte sich bei dem Chilenen entschuldigen… Farin lächelte müde und versuchte die Augen zu öffnen. Doch das war schwieriger als es schien. Das grelle Licht der Deckenlampe hier im Krankenzimmer blendete ihn, der sterile Geruch brannte in seiner Nase und löste eine schier unerträgliche Übelkeit in ihm aus. „So schnell sehen wir uns wieder, mh?“ Farin zuckte zusammen. Nein, er brauchte die Augen gar nicht zu öffnen, Belas Stimme war unverwechselbar. Diese dunkle, etwas kratzige und höchst amüsierte Stimme. „Bela… Lass mich in Ruhe…“ Ein amüsiertes Schnauben. „Süßer, ich bin gar nicht hier. Bin nur in deiner Fantasie. Du alleine kannst mich verschwinden lassen. Ziemlich abgedreht, mh? Du verlierst gerade den Verstand, Jan.“ Er konnte das Grinsen in Belas Stimme hören. „Am liebsten würde ich dir nun in die Fresse hauen.“, murmelte Farin, musste aber trotz allem schwach lächeln. „Würde halt nix bringen, mh?“ Bela schnaubte und setzte sich an den Bettrand, strich Farin langsam durch die Haare. „Sieh mich an.“ Farin schüttelte nur sachte den Kopf, hielt die Augen geschlossen. „Na komm. Lass mich deine schönen Augen sehen, Baby.“ Farin schnaubte leise und versuchte das Schmunzeln zu unterdrücken. Wow, selbst als Geist brachte Bela ihn noch in den schlimmsten Situationen zum Lachen. Mit einem schweren Seufzen öffnete Farin ganz langsam die Augen, verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Das erste, was er sah, war Bela, der ganz knapp über ihm lehnte, mit diesem typischen Grinsen auf den Lippen. „Siehste, geht ja.“ „Halt die Fresse.“ „Hey, sei mal ein bisschen netter zu Toten, ja?“ Farin seufzte erneut. Langsam musterte er Bela, zum ersten Mal seit er… naja, seit er ihm in dieser Form erschien. Er hatte ihn immer so gut wie möglich ignoriert. Jedes Mal, wenn Farin duschen war oder ein Bad nahm, saß Bela in seinem Bad auf der Waschmaschine und sah ihm schmunzelnd zu. Jedes Mal, wenn Farin aufwachte, saß Bela an seinem Bett und blätterte in nem Comic. Verdammt, er konnte ja nicht mal mehr unbeobachtet pinkeln gehen! „Ich hab Kopfschmerzen…“ „Ich weiß.“ Und seit Wochen war es das erste Mal, dass Bela nicht spöttisch oder amüsiert klang. Nein, viel eher sanft und verständnisvoll. „Hätte ich auch, wenn ich so nen Unfall gehabt hätte wie du. … Moment, den hatte ich ja auch, nur bin ich dabei gestorben!“ Puff, das Verständnis war weg, stattdessen fand das Grinsen seinen Weg zurück zu Bela. „Arsch. Blöder, dämlicher…Geisterarsch.“ Bela musste lachen, Farin schmunzelte unweigerlich. „Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich als Zombie zurückgekommen werde? Süßer, dann wäre ich auch jeden Tag bei dir gewesen, aber nur, um dein Superhirn auszusaugen.“ Farin grinste müde und sah zu Bela auf. Blickte in dessen grüne Augen, die leuchteten wie eh und je. Er versank schier in ihnen, konnte nicht verhindern, dass ihm die Tränen kamen. „Ich vermisse dich... ich vermisse dich so unglaublich…“, flüsterte er mit belegter Stimme und atmete zittrig. „Scheiße, ich habe noch nicht einmal realisiert, dass du… tot bist, weil du jeden Tag hier bist. Ich… ich.. kann nicht mehr. Dirk, bitte…“ Doch Bela lächelte nur. Ganz sanft und zart. „Ich verfluche mich jeden Tag dafür, dass das passiert ist. Ich hasse mich so sehr dafür, dass ich noch lebe. Dass es dich erwischt hat. Dass... dass ich dich umgebracht habe.“ „Du hast mich nicht umgebracht. Jan, die Straße war glatt, es war dunkel. Du hast keinerlei Schuld daran.“ „Dennoch… und weißt du, was am schlimmsten ist? Ich kann mich nicht mal aufhängen, weil ich nicht die Kraft dazu habe.“ „Und find mal nen Dachbalken, der weit genug oben ist, damit du dich nicht kniend erhängen musst.“ Farin schnaubte leise und strich sich die Tränen weg, schluchzte mit einem leisen Lachen auf den Lippen. „Erschießen kommt für dich auch nicht in Frage. Wer würde die ganze Sauerei wegmachen? Roddi spielt sowieso schon Mädchen für alles, dann noch Blut und Gehirnmatsch wegmachen? Der würd dich wiederbeleben um dich nochmal umbringen zu können.“ „Bela…“ Dirk verstummte und schmunzelte sachte. „Immer noch Kopfschmerzen?“ Farin nickte sachte. Bela lächelte und sah auf ihn hinab, legte die Hand an seine Wange und strich mit dem Daumen sachte über seinen Wangenknochen. „Würde ich auch bekommen, von diesen scheiß Maschinen hier.“ Farin hörte das monotone Piepsen gar nicht mehr, so oft hatte er es schon gehört. Stumm sah er zu Bela auf, genoss dieses Gefühl seiner Haut an seiner, beruhigte sich etwas. „Jan…“ Farin schluckte hart. „Weißt du… ich wollte dir an diesem Abend zuhause eigentlich noch etwas sagen…“ Bela lächelte sachte, lehnte sich etwas weiter vor. Aus nächster Nähe sah er in Farins glänzende Augen, ehe er die seinen schloss. „Ich liebe dich.“ Und als ihre Lippen sich zu einem Kuss fanden, endete das nervtötende Piepen der Maschine. Stattdessen trat ein langgezogener, schriller Alarmton ein, der erst endete, als die Ärzte den Tod des Blonden bestätigten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)