Die Engelstrilogie von Drifter ================================================================================ Kapitel 1: Bartreffen --------------------- Stroboskoplichter. Sich in Trance tanzende Körper. Bassgefühlter Techno, der hämmernd aus den Boxen dröhnte. So laut, dass man sein Gegenüber nicht mehr verstehen konnte. Aber die meisten Menschen waren sowieso nicht hier, um zu reden. Die auf der Tanzfläche suchten was zum Vögeln, während die an der Bar sich einfach nur bewusstlos saufen wollten. So auch der Mann auf dem Barhocker, der vor sich auf dem Tresen bereits zwei leere Whiskeyflaschen stehen hatte. Er war alleine und wollte es auch sein. Weder interessierten ihn die Frauen, die sich nach ihm umdrehten, noch sonst jemand, der mit ihm trinken wollte. Er war nicht schwul. Er hätte jede Frau im Saal nehmen können und wäre nicht mal ins Schwitzen gekommen, aber sie interessierten ihn einfach nicht. Sie alle bemerkten, dass eine Art Schimmer hinter ihm war. Als ob etwas Unsichtbares an seinem Rücke war, aber sie schrieben diesen Eindruck dem Alkohol zu. Keine von ihnen bemerkte die schwarzen Federn, die zu seinen Füßen lagen. Er wollte einfach nur allein sein. Trotzdem, oder gerade deswegen setzte sich eine Frau neben ihn. Sie hatte lange, blonde Haare und war perfekt gebaut. Schon fast zu perfekt. Die Frau schien schon fast von innen zu leuchten. Sie bildete mit ihrem weißen, eng geschnittenen Kleid einen starken Kontrast zu seinen dunkel gehaltenen Klamotten. Auf einmal schienen jegliche Geräusche leiser zu werden. Sie waren noch da, aber für diese beiden Personen waren sie wie ausgeblendet. „Hallo Asaziel.“ Ohne hinzusehen ließ Asaziel den Kopf auf die Theke knallen und sagte lallend: „Da denkt man, man könnte sich in Ruhe besaufen und dann das. Was willst du, Eli’el?“ Für den Namen brauchte er tatsächlich mehrere Anläufe. Sie blickte ihn groß an. „Aber…Bist du etwa betrunken? Aber das geht doch gar nicht. Du kannst doch gar nicht betrunken werden.“ Er neigte den Kopf auf dem Tresen und blickte sie mit einem geschlossenen Auge an. Kein leichtes Unterfangen. Er konnte ihre schneeweißen Flügel deutlich erkennen. Die Menschen ignorierten sie. Schließlich zwang er seinen Kopf nach oben. Etwas unbeholfen stützte er seinen Ellenbogen auf die Theke und legte seinen Kopf in seine Hand. „Doch, ich kann.“, sagte er schleppend. „Ansonsten hätte das alles hier doch gar keinen Sinn.“ Zur Unterstreichung seiner Worte ließ er seine andere Hand Kreisen, ohne zu bemerken, dass er noch ein Glas darin hatte. Als er das Glas an den Mund hielt, musste er enttäuscht feststellen, dass sich sein Drink ohne ihn davongemacht hatte. Als er nachschenken wollte, merkte er, dass er keine Reserven mehr hatte. Unter Mühe wollte er den Barkeeper auf mich aufmerksam machen, aber Eli’el hielt ihn zurück. „Bitte nicht. Komm schon, wir brauchen dich nüchtern.“ Er runzelte die Stirn. „Wer ist wir?“ „Naja, ER. Du weißt schon. Ich bin in seinem Auftrag hier. Ich soll dir eine neue Mission geben.“ Sofort prustete Asaziel los. Er lachte, was der Alkohol zu bewirken schien, denn richtig nach lachen war ihm eigentlich nicht. „ER? Ich soll für IHN einen neuen Auftrag übernehmen? Eli’el, oh, du süße, scharfe, kleine naive Eli’el.“ Bei einigen der Worte wurde sie leicht rot. „Ich war der letzte Engel des Todes. Ich habe den Ägyptern ihre zehn Plagen gebracht, ist mir scheißegal, was in diesem Wälzer steht, das war ich. Ich war erste Sahne in dem, was ich tat. Deswegen hatte er mir den Auftrag gegeben, die ultimative Aufgabe der damaligen Zeit zu bewältigen. Ich sollte alle, restlos ALLE Nephilim zur Strecke bringen. Das habe ich auch gemacht und zwar im gaaaanz großen Stil. Mit einer Sintflut.“ Er lachte blöd. „Alle Kinder der Engel sind umgekommen und seitdem dürft ihr nicht mehr rumhuren. Das Einzige, was dich noch als Frau auszeichnet sind deine Titten.“ Sein Lachen wurde lauter. „Ich bin der letzte Engel, der noch einen Schwanz zwischen den Beinen hat.“ Jetzt konnte er sich nicht mehr halten und rutschte fast vom Hocker. Eli’el war ganz rot geworden. „Bitte, das muss doch nicht so laut sein.“ „Warum nicht? Es kann uns doch eh keiner hören. HE LEUTE! ELI’EL HAT KEINE FO…“ „ASAZIEL!“ Gleichzeitig hatte sie ihm eine gehörige Ohrfeige gegeben, die ihr sofort wieder leid tat. Sie hielt die Hände vor den Mund. Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass er recht gehabt hatte. Es hatte tatsächlich niemand davon Notiz genommen. Asaziel setzte sich auf den Hocker. Die Ohrfeige hatte ihm den Alkohol aus dem Kopf geschlagen. Sein Blick war klar und seine Stimme auch. Das hätte er jederzeit alleine geschafft. Er hätte sich nur entschließen müssen, nüchtern zu sein, aber er wollte nicht. Niedergeschlagen sah er die zwei leeren Flaschen und das Glas. Dann drehte er sich auf dem Hocker, dass er ihr gegenüber saß. „Vielen Dank. Zwei Stunden Arbeit ruiniert.“ „Entschuldige. Aber warum machst du das?“ „Oh bitte.“, entfuhr es ihm verärgert. „Du kennst doch das Nephilim-Fiasko. Ich habe drei Millenia gebraucht. 3000 Jahre, bis ich die letzten drei Mischlinge gefunden hatte, die meiner Flut entkommen waren. Und du weißt, dass ich erst nach Hause darf, wenn ich ALLE Nephilim getötet habe. Das war SEIN Befehl. Endlich finde ich Ulyamoth und bringe ihn zur Strecke. Auch Kragamore entkommt mir nicht mehr. Aber nur Sekunden, bevor ich Neetor töten kann, kommt ER persönlich und begnadigt den Kerl. Gleichzeitig macht er es mir damit unmöglich, nach Hause zu kommen. Warum glaubst du wohl, mache ich das hier? Frustration. Aber wie soll ich von einem Engel erwarten, dass er das Wort kennt. Der Schwanz ist nicht das Einzige, was ich euch voraus habe. Ich bin der einzige Engel mit einer Seele. Freier Wille und die Fähigkeit alles zu Fühlen, was Menschen fühlen. Himmel, genau genommen bin ich doch das Gleiche wie sie.“ Mit „Sie“ meinte er die Nephilim. Er atmete tief durch und sah Eli’el an. „ER persönlich hat mich um meine Heimkehr betrogen. Und da erwartest du allen Ernstes, dass ich ihm helfe?“ Eli’el sah beschämt zu Boden. Nach einer Weile sah sie ihn an und sagte: „Ich verspreche dir, dass du nach dem nächsten Auftrag nach Hause darfst. Ich gebe dir mein Wort.“ Sie stand auf. „Wenn du also wirklich heim willst, dann triff mich an dem Ort, an dem wir das erste Mal die Erde betreten haben. Wenn du aber lieber in Selbstmitleid ertrinken willst, sei mein Gast. Tudelu.“ Sie winkte ihm zum Abschied und kaum war sie in der Menge verschwunden, kamen die Musik und der ganze Lärm zurück. „Lass auf dem Weg hinaus die Tür nicht deinen hübschen Hintern treffen.“, brüllte er ihr hinterher, aber es war nutzlos. Er hatte es selber nicht gehört. Asaziel drehte sich zur Theke und betrachtete sich im Spiegel, der hinter der Bar angebracht war. Dort konnte er problemlos seine pechschwarzen Flügel sehen. Aber er konnte sie auch so sehen, denn nur die Menschen können sie nicht sehen. Nur vor den wahrhaft Gläubigen und denen, die Engel und Dämonen bereits getroffen haben, konnten sie ihre Flügel nicht verstecken. Er blickte sich selbst ganz tief in die Augen und machte sich bereit, sich wieder zu besaufen. „Ach Scheiße.“, sagte er murrend, was aber niemand hörte. Er stand auf, steckte sich eine Zigarette in den Mund, zog daran und sie entzündete sich von alleine. Asaziel ging, ohne zu bezahlen. Der Barkeeper würde sich sowieso nicht an ihn erinnern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)