Destiny von Lupie (MidnightBreed-Saga) ================================================================================ Kapitel 5: Besprechungen ------------------------ Nachdem Joyce begeistert berichtet hatte, wie es bei Dante und Tess gelaufen war, schlief sie auf dem Sofa bei Niko und Renata ein. Den Mantel des italienischen Stammesvampires hatte sie an sich gekuschelt und benutzte ihn teilweise als Kopfkissen und teilweise als Decke. Im Wohnzimmer schauten Renata und Niko sich an. „Wie soll es mit ihr Weitergehen?“, fragte Renata besorgt und deckte das Mädchen mit einer Decke zu. Den Mantel wollte sie ihr lassen. Dante hatte nichts dagegen, dass sie ihn behielt und Joy hatte ihn nicht mehr aus der Hand gelegt, sie schien ihn wirklich zu mögen. Niko musterte das schlafende Mädchen kurz und seufzte. „Ich weiß es nicht ... Ich bin dafür, dass wir den anderen Bescheid sagen und alles besprechen“, meinte der russische Stammesvampir, während er den Arm um die Taille seiner Gefährtin legte und sie an sich zog. Kurze Zeit später hatten sich alle Ordensmitglieder im Techniklabor versammelt. Sie saßen um einen großen Tisch herum und schauten einander schweigend an. Es herrschte gedrückte Stimmung, denn die Anderen hatten ihre nächtlichen Streifzüge auf die nächste Nacht verschieben müssen. Jede Nacht gingen die Stammeskrieger raus, auf der Suche nach Rouges. Wahnsinnige, von Blutgier getriebene Stammesvampire fielen unschuldige Menschen an und schlachteten sie regelrecht ab. Um das zu verhindern, jagten die Ordenskrieger ihre Artgenossen, um ihre Rasse und die der Menschen zu schützen. „Jetzt zieht nicht so lange Gesichter! Es geht hier um das Mädchen, also reißt euch zusammen!“, sagte Renata nachdrücklich, nachdem sie aufgestanden war. Es war kaum zum aushalten. Da gingen sie mal eine Nacht nicht raus und sie schauten als hätte man ihnen an Weihnachten ihre Geschenke wieder entrissen, die sie schon halb ausgepackt hatten. „Eigentlich hatte ich Hunger, aber das ist ins Wasser gefallen, dank euch“, meinte Rio, der mit verschränkten Armen, angelehnt auf seinem Stuhl saß. Bei seinen Worten bedachte er seine Gefährtin mit einem bedeutsamen Blick. Diese wurde fast augenblicklich rot und haute gegen seinen Arm. „Lass die Scherze“, zischte sie ihm leise zu und sah ihm aus dem Augenwinkel tadelnd an. Der Stammesvampir lachte und scherzte mit Dylan herum, bis ihn Lucan zur Ordnung rief. Der Gründer des Ordens erhob sich und blickte einen nach dem anderen Stammesvampiren lange und eindringlich an. „Wir müssen uns überlegen, was wir mit dem Mädchen machen. Gideon hat herausgefunden, dass ihre Eltern tot sind. Zwar hat sie noch einen Bruder, aber der sitzt in der Nervenklinik.“ Darauf herrschte Schweigen. Joyce' Bruder John war kurz nach ihrer Entführung in die Irrenanstalt eingewiesen worden, weil er von Vampiren und der Apokalypse sprach. Natürlich glaubte ihm niemand – was für die Stammesvampire ein wahres Glück war. Keiner stellte sich gern vor, was passierte, wenn man ihre Rasse entdecken würde ... Sicher würde es so sein wie bei der Hexenverbrennung; Jagd, Panik und Tod. „Was wenn wir ihren Bruder einfach mal besuchen? Ich glaube nicht, dass er verrückt ist“, sagte Dylan, unterbrach damit die Stille und wandte sich Savannah zu. Die Afroamerikanerin hatte sich bisher rausgehalten und saß etwas abseits von den anderen. „Savannah, was hälst du davon?“ Etwas überrascht blickte die Blonde auf. „Was? ... Also, du glaubst nicht, dass er verrückt ist? Wenn er es nicht war, als er eingewiesen wurde, dann ist er es jetzt ... Und wieso müssen wir darüber nachdenken, was mit Joyce passiert? Ich finde, wir sollten sie bei uns behalten. Mira ist auch bei uns und freut sich sicher über eine Freundin in ihrem Alter“, antwortete die Dunkelhäutige. Stille folgte. Savannah empfand solch ein Schweigen immer als unangenehm. Wieso überlegten sie überhaupt? Dieses Mädchen hatte keinen, abgesehen von einem verrückten Bruder, doch was nützte der? Sie brauchte die Hilfe des Ordens und ein Zuhause! „Sie braucht richtige Eltern. Wir geben sie in die dunklen Häfen. Dort hätte sie genug Gleichaltrige“, sagte Tegan monoton, der an einer Wand lehnte und die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Der Gen-Eins war von allen der furchteinflößendste, doch Savannah ließ sich von ihm nicht ängstigen, denn sofort fuhr sie auf. „In die dunklen Häfen? Du weiß genau, was die von uns halten und jetzt willst du Joy dort hinschicken? Du hasst sie! Außerdem hätte sie dort auch keine richtigen Eltern!“ Erst als Gideon an ihrer Seite war und einen Arm um ihre Schultern gelegt hatte, beruhigte sie sich wieder und bemerkte, dass sie immer lauter geworden war. „Beruhige dich bitte“, sagte er leise und sanft an ihrem Ohr. „Es interessiert nicht, ob ich sie hasse oder was sie von oder wir von ihnen halten! Fakt ist, dass das Mädchen hier nicht bleiben kann!“ „Wieso kann sie nicht bleiben? Mira ist auch hier!“ „Mira hat Renate, Das Mädchen hat keinen!“ „Joyce hat mich!“, schrie sie auf, wobei sich ihre Augen mit Tränen füllten. Mit geröteten Wangen und schnellen Atem wischte sie sich über die Augen. Sie wandte sich von Tegan ab und vergrub das Gesicht in Gideons Halsbeuge. Wieso war die blonde Stammesgefährtin so aufgebracht? Natürlich war es traurig, Joyce gehen zu lassen, fast allen war die Kleine ans Herz gewachsen. Tegan hatte sie ja nicht mal kennen gelernt! Lucan beobachtete die Situation mit grimmigem Blick. Ihm gefiel die ganze Sache hier nicht und das Problem war, er hatte das Mädchen einmal gesehen, als sie gefunden wurde. „Savannah ... Beruhige dich. Würdest du dir meinen Vorschlag einmal anhören?“, fragte das Oberhaupt des Ordens mit ruhiger Stimme. Die Angesprochene hob den Kopf und schaute über die Schulter zu ihm, wobei sie aber dicht an ihren Gefährten geschmiegt blieb. „Was für einen Vorschlag?“, fragte sie, während sie sich die Tränen von den Wangen strich und Tegan kurz einen Blick zuwarf. Der Gen-Eins schaute warnend zu Lucan, doch der ließ sich nicht beirren. „Ich schlage vor, das ich mir die Kleine mal ansehe ... Dabei kann ich sie gleich mal fragen, wie sie sich hier so fühlt, okay?“, fragte er und lächelte sogar etwas. Erleichtert und überrascht nickte Savannah und meinte, dass Joyce im Moment bei Renata und Niko im Quartier schlief. Die kurzhaarige Stammesgefährtin erklärte, dass sie das Mädchen zu ihm bringen würde, wenn sie wach war. Tess schaute Savannah hinterher. Es hatte sie ziemlich mitgenommen, ihre Freundin so zu sehen. Noch nie war sie so außer sich gewesen, die Sache musste sie wirklich aufgewühlt haben. „Geh du schon mal vor okay, Süßer?“, meinte Tess zu ihrem Gefährten, immer noch schaute sie der Blonden hinterher. „Hm? Wieso?“, fragte Dante neugierig und folgt ihrem Blick. Als er Savannah erblickte, erhellte sich seine Miene. „Ah, verstehe. Geh ruhig, bis später.“ Er drückte ihr noch einen Kuss auf die Lippen und ging davon. Sofort machte Tess sich daran, ihrer Freundin zu folgen. „Savannah! Warte mal kurz!“, rief sie und lief schneller, doch durch ihren großen, runden Bauch fiel ihr das schwerer. Die Angesprochene blieb gleich stehen und schaute zu ihr. Als sie die Schwangere sah, zog sie eine Augenbraue in die Höhe, murmelte Gideon etwas zu und kam zu ihr. „Alles in Ordnung, Tess?“, fragte sie gleich und ihre Miene zeigte Besorgnis. Die Stammesgefährtin lächelte sie an und nickte. „Ja, keine Sorge, mit geht es gut ... Ich habe mir nur Sorgen gemacht und wollte kurz mit dir sprechen“, erklärte sie, nahm die Hand der Anderen und schlenderte mit ihr los. „Du hast dich gerade ziemlich aufgeregt nicht? Auch jetzt bist du noch aufgewühlt ... Machst du dir so sehr Gedanken um Joyce? Also, wer macht es nicht, doch na ja, ich habe dich noch nie so erlebt“, erklärte Tess, dabei runzelte sie etwas die Stirn. Sie traute sich erst gar nicht ihre Freundin anzusehen. Wer weiß, wie es für sie klang ... vielleicht wie ein Vorwurf? Die Stammesgefährtin hakte sich bei der Schwangeren ein und schmiegte sich etwas an sie. „Es ist lieb, dass du dir Sorgen machst, aber es geht mit gut. Ich möchte das Joyce bei uns bleibt ... Sie hat so viel schrecklies erlebt ... Ich will ihr zeigen, dass das Leben auch schön sein kann. Dass es nicht nur böse Menschen gibt, die ihr etwas antun wollen“, erklärte Savannah mit einem leichtem Flehen in der Stimme. Tess schaute sie besorgt an, während sie den Korridor entlang gingen. Ihre Freundin war sehr niedergeschlagen, schaute mit gerunzelter Stirn zu Boden. Sie konnte die Dunkelhäutige verstehen, wer würde sich das denn nicht für Joyce wünschen? Und sie glaubte auch, dass Savannah es selbst machen wollte, damit sie auch einfach die Gewissheit hatte, dass für das Mädchen richtig gesorgt war. Oh sie wäre wirklich eine sehr liebevolle Mutter, davon war die Schwangere überzeugt. „Wie wäre es, wenn wir abwarten? Mal sehen was Lucan sagt …Wenn er sich wirklich dazu Endscheiden sollte, Joyce wegzugeben, tun wir Frauen uns einfach zusammen, ganz einfach! Wenn Joyce geht, dann gehen wir auch! Dann können die Männer gar nichts mehr machen“, sagte Tess, während sie aufmunternd grinste. Sofort hob Savannah den Kopf und schaute sie überrascht an. „Wirklich?“ „Na klar! Die Mädels werden mitmachen, weil sie Joyce ins Herz geschlossen haben, da bin ich mir sicher!“ Ihre Freundin blieb stehen und zog die Schwangere eng an sich – soweit es ging. Grinsend erwiderte sie die Umarmung und freute sich, dass sie ihrer Freundin helfen konnte. „Wollen wir es lieber gleich mit den anderen besprechen? Nur falls Lucan sich dagegen entscheidet?“, fragte Savannah, die plötzlich voller Energie wirkte. Leise lachend stimmte Tess zu und zusammen gingen sie die anderen zusammen trommeln. Als alle versammelt waren, liefen sie zusammen in den Gruppenraum der Frauen. Der Raum war mittelgroß und überschaulich eingerichtet. Es standen mehrere Leptops auf dem Gruppentisch, an dem alle sechs Stammesgefährtinnen Platz fanden. Des weiteren gab es überall an den Wänden Aufzeichnungen, die darauf schließen ließen, dass sich die Frauen gern an den Fällen und Problemen ihrer Männer beteiligten. „Also? Erzählt mal, worum genau es geht“, sagte Renata, die sich als letzten zu den Frauen an den Tisch setzte. Sofort begann Savannah zu berichten, auch hier war deutlich zu erkennen, mit wie viel Energie und Motivation sie an diese Sache ran ging. Das Mädchen war ihr wichtig und die, die Joyce schon kennen gelernt hatten, waren Savannahs Meinung. Sie musste es gut haben und am besten hier beim Orden! „Okay, ich bin dabei! Auf jeden Fall!“, kam es begeistert von Gabrielle. Nach ihr stimmten auch nach und nach die anderen ein. Natürlich gab es hier und dort ein Zögern, weil sie befürchteten, ihren Männern wäre das egal, doch so waren sie nicht. Nachdem das klargestellt wurde, gab es keine Einwände mehr. Das Mädchen blieb, oder sie, die Gefährtinnen gingen mit ihr! Erleichtert lehnte sich Savannah zurück. Sie war so erleichtert! Sie hatte natürlich auch Zweifel gehabt, ob die anderen das überhaupt wollten ... Ob sie ein zweites Kind stören würde, doch so war es nicht. „Gut! Jetzt müssen wir noch nur darauf warten, das Lucan sich entscheidet ... Hoffentlich bald.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)