Ein Steckbrief zum Vernaschen von Lasagne (mit dem Feuer spielt man nicht) ================================================================================ Kapitel 13: Der letzte Atemzug ------------------------------ Am nächsten Morgen wurde ich von einem wunderbaren Geruch geweckt. Offensichtlich wurde in meiner Küche gekocht. Müde schloss ich wieder die Augen, schreckte jedoch dann hoch. Jemand kochte in meiner Küche! Unter Ächzen und Stöhnen kam ich auf die Füße und wankte schließlich in die Küche. Was sich mir allerdings da für ein Anblick bot, mag ich garnicht sagen. Belassen wir es einfach dabei, dass ich mehr als geschockt war, denn meine Küche hatte gestern noch ordentlich ausgesehen. Jetzt, da Akihito darin herum werkelte, tat sie es nicht mehr. „Was zum Henker machst du da, verdammt?“ Aki wirbelte herum. „Ach. Guten Morgen, Katie!“ „Du sollst mich doch nicht so nennen!“ „Ja ja, ist schon gut.“ Er winkte ab. „Ich mach dir Frühstück.“ Misstrauisch schielte ich an ihm vorbei. Was da auf dem Herd stand, sah nicht wirklich genießbar aus. „Nimm es mir jetzt bitte nicht übel, aber ich glaub nicht, dass die Welt schon bereit ist für … was soll das überhaupt sein?“ „Rührei mit Gemüse.“ Ich wollte dem Strahlen das sich bei diesen Worten auf seinem Gesicht ausbreitete ja keinen Dämpfer verpassen, aber dennoch … „In einem Topf? Hättest du das nicht vielleicht lieber in einer Pfanne machen sollen?“ „Ach, ich dachte, ich probier mal was Neues aus.“ Gut gelaunt widmete er sich wieder seinen fragwürdigen Kochkünsten, während ich nur skeptisch daneben stand. „Warum machst du solche Experimente eigentlich nicht zu Hause?“, fragte ich vorsichtig und beschaute mir die schwarze, blubbernde Masse, die langsam aus dem Topf kroch. „Weil ich nicht mehr in die Küche darf, um da was aus zu probieren, ohne dass mich Tami tötet.“, erwiderte Akihito lachend. Konnte ich mir lebhaft vorstellen. „Was hat denn hier gerade so gut gerochen?“ „Ach, dass war mein Frühstück.“ Tatsächlich stand auch ein kleinerer Topf auf dem Herd in dem sich offenbar eine klare Gemüsesuppe befand. „Du willst ernsthaft einer Schwangeren mit einer zäh vor sich hin blubbernden Masse konfrontieren, während unweit von dem Zeug etwas Essbares steht? Muss Tami davon wissen?“, fragte ich, wohl wissend, dass diese eine Drohung immer zog, egal worum es ging. „Nein nein! Warte mal! Wir könnten die Suppe doch auch einfach teilen. Wer wird denn da zu extramen Maßnahmen greifen?“ Hastig schaltete Akihito Herd aus und versuchte mich durch sein erzwungenes Lächeln zu beschwichtigen. Nachdem wir die klebrige, schwarze Masse mitsamt Topf in den Mülleimer vor der Tür verbannt hatten, begannen wir zu frühstücken. „Sag mal, wie kommt es eigentlich, dass du heute für mich kochst und nicht Tami?“, fragte ich. „Naja, sie hatte so viel zu tun, da hab ich mich halt angeboten es zu machen.“ „Und verwandelst unschuldiges Essen in ein gruseliges, atmendes Ding.“, sagte ich und nickte verstehend. „Hey! Dass konnte ich doch nicht ahnen.“, empörte sich Aki. „Ist ja schon gut.“ Ich hob abwehrend die Hände und aß dann noch einen Löffel Suppe. „Nur gut, dass du nicht auch noch das Obst verarbeitet hast, dass dir Tami mitgegeben hat.“ „Oh, eigentlich wollte ich auch noch Obstsalat machen.“, sagte Aki und lächelte mich treuherzig an. „Du lässt ja wohl besser die Finger davon. Nicht, dass das Obst auch noch als schwarzes Gebräu im Müll landet.“ Aki seufzte. „Vielleicht hast du Recht.“ Eine Weile hörte man nur das leise Klappern von Besteck. „Sag mal wie lange dauert's eigentlich noch bei dir?“ Ich schaute ihn verständnislos an. „Na, bis zur Geburt.“ „Ach so.“ Ich trank einen Schluck Tee, ehe ich antwortete. „ Ich bin jetzt etwa auf der Mitte des siebten Monats. Also noch fast zwei Monate.“ „Machst du denn auch schön deine Schwangerschaftsgymnastik?“ Ich verschluckte mich an einem weiteren Schluck Tee. „Woher weißt du von meiner Gymnastik?“, fragte ich mit Tränen in den Augen und hustete. „Tami hat es mir erzählt.“, sagte Aki und klopfte mir vorsichtig auf den Rücken. „Ja. Ja, ich mach auch meine Übungen.“ Nachdem er mir noch einige peinliche Fragen gestellt hatte und wir zusammen den Abwasch gemacht hatten, verabschiedete sich Akihito und ich hatte erstmal meine Ruhe. Naja, jedenfalls fast. Dann kam nämlich Nana angesprungen und kratzte mit einem Bein an der Haustür. Der Schatz brachte mir doch tatsächlich die Post! „Das haben sie dir also auch beigebracht.“ Ich war überrascht, was man den Tieren alles beibringen konnte und kraulte Nana nachdenklich das Deckhaar, während ich meine Post durchsah. Doch außer der einen oder anderen blödsinnigen Werbung war nichts dabei. Auch keine Zeitung. Merkwürdig, dachte ich und riss die Werbungen in der Mitte durch. Normalerweise bekam ich sie doch, auch wenn ich etwas außerhalb des Dorfes wohnte. Stirnrunzelnd beschloss ich hinunter ins Dorf zu gehen, um zu sehen, ob ich nicht eine Zeitung auftreiben konnte. Doch als ich am Fuße meines kleinen Hügels ankam, musste ich zu meinem Erstaunen feststellen, dass die Zeitungen blitzartig weggepackt wurden, sobald ich in Sichtweite kam. Murrend und vor mich hin schimpfend ging ich zu Cara, in der Hoffung, dass sie mir etwas Neues erzählen würde. Doch weit gefehlt, denn Cara ertrank geradezu in Arbeit. Da blieb für einen kleine Plausch mit mir natürlich keine Zeit. Sie nickte mir nur kurz zu und wuschte dann von einem Tisch zum Nächsten. Auch Kumiko brachte nicht mehr als ein Lächeln zu stande, als sie mich sah. Mit noch schlechterer Laune als zu dem Zeitpunkt als ich das Wirtshaus betreten hatte, verließ ich es wieder. „Du weißt doch, dass die Leutchen hier ein bisschen komisch sind.“, sagte Takota, während er eine große Kiste von seinem Schiff hievte. „Ja schon. Vielleicht bild ich mir das ja auch nur ein.“, sagte ich und seufzte schweren Herzens. „Wann isses eigentlich so weit?“, fragte Takota mit leuchtenden Augen. „In knapp zwei Monaten.“, erwiderte ich. „Hach, ich fühl mich, als würd ich Opa werden.“ Takota lachte und setzte sich dann neben mich auf die Bank. „Kommt mir vor als hätte ich dich erst gestern in Water Seven kennen gelernt.“ „Jetzt hörst du dich wirklich so an wie ein alter Mann.“, sagte ich grinsend. „Tja, was soll ich machen? Es ist halt wie es ist. Du wirst bald zwanzig und ich geh schon stark auf die Vierzig zu.“ Er seufzte theatralisch und brachte mich damit zum Lachen. „Jetzt hörst du dich an wie Akihito!“ „Wir waren einfach zu oft zusammen was trinken.“, sagte Takota schulterzuckend. „Apropos zusammen, was ist eigentlich mit deinem Herzbuben? Meldet der sich denn noch regelmäßig?“ Da hatte er einen wunden Punkt getroffen. „Nein. Diesen Monat hat er sich noch garnicht gemeldet.“ Traurig ließ ich mich gegen ihn fallen. „Ach, Kopf hoch, Mädel. Du wirst schon noch von ihm hören.“, sagte Takota tröstend und legte einen Arm um meine Schulter. Doch er irrte sich, denn auch in der folgenden Woche kam keine Nachricht von Ace. Rein garnichts! Es war zum aus der Haut fahren! Ich wollte schon das kleine Medallion öffnen, das ich um den Hals trug und in dem ich die Vivre Card aufbewahrte, die Ace mir gegeben hatte. Doch dann zögerte ich. Vielleicht wollte ich garnicht nachsehen. In den ganzen Monaten davor hatte ich auch kaum an den kleinen Zettel gedacht, warum also jetzt Gedanken daran verschwenden? Und doch... Plötzlich strich einer der Zwillinge von innen an meinen Rippen entlang. Ganz leicht, so als wollte er mich beruhigen. Automatisch legte ich meine Hand dahin, wo ich die Hand meines Kindes spürte, die da blieb wo sie war. Vielleicht war doch alles gut. Mit besserer Laune machte ich mich auf den Weg zu Takota, um ihn an meine Freude teilhaben zu lassen, denn er flippte immer direkt aus, wenn er merkte, wie eines meiner Kinder sich bewegte. Doch die Stadt war wie ausgestorben. Auch als ich am Hafen ankam, war keine Menschenseele zu sehen. Verwirrt und mit schwindender guter Laune, ging ich zu Cara und hoffte, dass wenigstens dort jemand war. Als ich die Tür zum Schankraum öffnete bekam ich Angst und zwar aus Luftmangel. Die Leute standen so dicht gedrängt, dass ich nicht einmal zwischen ihnen hindurch gepasst hätte, wenn ich nicht schwanger gewesen wäre. Doch so war ein Durchkommen schlicht unmöglich. Just in dem Moment, als ich mich fragte warum zum Teufel alle hier zusammen gekommen waren, ohne mir etwas zu sagen, entdeckte man mich. „Verdammt! Wer von euch hat die Tür nicht abgeschlossen?“ „Bringt Kate hier raus!“ „Schnell, bringt sie hier weg!“ Alle riefen durcheinander und da bemerkte ich die Leinwand, die aufgestellt worden war und auf der sich mir ein Kriegsschauplatz bot, wie ich es noch nie gesehen hatte. Dann hörte ich nur noch einen Schrei. Einen einzigen Namen. Ace! Ich sah wie sich einige die Hände vor die Münder schlugen und Kumiko in Tränen ausbrach. Die Hände derer, die mich noch versucht hatten nach draußen zu zerren, wurden schlaff, sodass ich mich losreißen konnte. Dann wurde mir erst bewusst, was ich dort sah. Den Tod von Ace! Doch da waren da auch schon wieder die unzähligen Hände, die an mir zogen. Ich schrie, weinte und schlug um mich, doch sie ließen einfach nicht los. Ich wollte doch nur zu ihm. Irgendwie! Und gerade als ich mich fast befreit hatte, wurde die Kette von meinem Hals gerissen. Wie in Zeitlupe sah ich, wie das Medallion auf dem Boden aufschlug, sich öffnete und der Zettel, den Ace mir gegeben hatte und der bis auf einen winzigen Schnipsel herunter gebrannt war, sich ins Nichts auflöste. Ich spürte wie mein Herzschlag aussetzte und nur wie durch eine Watteschleier bekam ich mit, dass etwas Feuchtes an meinem Bein herunter lief. Als ich herunter sah, schnürte sich mir die Kehle zu, denn was ich da sah war rot. Rot wie Blut. Plötzlich wurden die Schreie um mich herum immer leiser und die Schatten, die mich langsam umkreisten immer dunkeler, bis ich nichts mehr sah. Das Einzige was ich noch hörte war mein eigener Herzschlag. Dann wurde auch er immer leiser und hörte schließlich ganz auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)