Dark Circle von Darklover ================================================================================ Kapitel 23: 23. Kapitel ----------------------- Ryon hatte keinerlei Skrupel besessen, seinen Freund und Arzt aus dem Bett zu holen, damit er sich um Paiges Verletzungen kümmern konnte. Er selbst, zog sich in sein Badezimmer zurück, nachdem er seine Begleiterin nun wieder in sicheren Händen wusste. Er musste sich unbedingt das Blut abwaschen. Selbst jetzt noch, schmeckte er den metallischen Geschmack im Mund und so wie Tennessey ihn angesehen hatte, war ihm wohl auch noch etwas davon am Mundwinkel hängen geblieben. Von seinen Händen ganz zu schweigen. So eine Sauerei kam heraus, wenn er einmal einen Tag lang an nichts Böses dachte. Zum Glück hatte man ihn erst angegriffen, als die Kinder schon verschwunden gewesen waren. Dennoch, die Sache mit dem Teddybären war ganz und gar geplant gewesen. Immerhin war er nicht der Typ, der alles und jeden vom Boden aufhob, das seinen Weg kreuzte. Schon wieder nackt, aber dieses Mal alleine, stieg er unter den heißen Wasserstrahl der Dusche und spülte sich erst einmal den Mund gründlich aus. Bis er nichts mehr von diesem Bastard schmecken konnte. Allerdings war er sich nicht so sicher, ob er den penetranten Geruch jemals wieder vollständig aus der Nase bekommen würde. Eine Weile stand Ryon einfach nur so da und starrte ins Leere, während das heiße Wasser den Rest übernahm. Er fragte sich, was heute mit Paige passiert war. Wie hatte der Mann sie so manipulieren und verletzen können, ohne dass sie sich dagegen wehrte? Anfangs hatte es sogar den Anschein gehabt, als hätte sie sich zu dem Kerl hingezogen gefühlt. Vollkommen absurd, aber der Eindruck war da gewesen. Wenn er die Augen schloss, fielen ihm auch wieder andere Dinge von dieser Nacht ein. Wie sich ihre Hände um seinen Hals geschlungen hatte. Ihr Schluchzen, das Zittern ihres Körpers. Bisher hatte Ryon Paige noch nie weinen gesehen und auch wenn er sie für keine harte Frau hielt, so hatte er doch erkennen können, dass auch starke Frauen durchaus Trost brauchten. Allerdings war das eine einmalige Sache gewesen. Das schien auch sein Tier zu wissen, denn es gab Ruhe. Drängte sich ihm nicht auf, sondern hatte sich von selbst wieder zurück gezogen und zugleich die Gefühle mit genommen, die das Streicheln bei ihm ausgelöst hatte. Als würde das Tier sie nur für sich alleine haben wollen und dort, in der Verbannung an diesem dunklen Ort daran zehren und sie pflegen. "Es tut mir leid, Paige. Aber jemanden wie dich habe ich noch nie behandelt." Paige zuckte nur leicht, als Tennessey mit einer Pinzette eine ihrer Schuppen leicht anhob, um zu sehen, wie fest sie noch saß. "Schon ok, Doc... Autsch, die ist noch dran." Nach einer Weile ging er dazu über die Verletzungen mit Tupfern und ein wenig Alkohol zu desinfizieren. Selbst der Schnitt an ihrer Seite musste nicht genäht werden. Die einzige Gefahr war, dass sich die abgebrochenen Schuppen unter der menschlichen Haut entzünden würde. "Und? Willst nicht wissen, was passiert ist?" Paige drehte den Kopf, um den Arzt anzusehen, der in einem weißen Hemd über ihr lehnte und gerade einen frischen Tupfer beträufelte. „Hm… Lass mich raten. Ihr seid angegriffen worden. Dich hat es ganz schön erwischt und unser Katerchen hat das Unvorstellbare getan und seit langem Mal wieder seinen Pelz übergestreift. Liege ich soweit richtig?“ Tennessey hatte genau das Blut um Ryons Mund gesehen. Als Mann würde er niemals jemanden beißen, aber als Tier sah die Sache schon ganz anders aus. Der Arzt tupfte vorsichtig die verletzten Schuppen und die Wundränder ab. Hoffentlich reichte das aus, um keine Entzündung aufkommen zu lassen. Aber er hatte für solche Fälle immer Antibiotika im Haus. Die Frage war nur, in welcher Menge er sie Paige verabreichen sollte. Dort, wo Ryon mit seinem schnell verbrennenden Stoffwechsel fast die dreifache Dosis brauchte, könnte ein Wesen wie Paige nur die Hälfte von der üblichen Menge vertragen. Nun, falls es wirklich so weit kam, würde er einfach klein anfangen. „Erzähl mir, waren es die Leute, vor denen wir uns hier im Haus verstecken?“ Paige stemmte sich trotz Protest ihrer verletzten Seite auf die Ellenbogen hoch, um den Arzt gerade heraus ansehen zu können. Seine Antwort hörte sich seltsam an. Nicht sicher, ob sie es als Angriff oder doch etwas anderes werten sollte, kräuselte Paige die Stirn und ließ sich jedes Wort noch einmal auf der Zunge zergehen. Dennoch wurde sie nicht schlau aus dem Seitenhieb, den ihr Tennessey verpasst hatte. Noch nie hatte Paige so etwas auf sich beruhen lassen. Immerhin konnten die meisten Dinge gleich aus dem Weg geräumt werden, ohne dass sie sich zu einem Streit ausweiteten, wenn man nur früh genug darüber sprach. "Warum hört es sich giftig an, wenn du das sagen? Haltest du es denn für... falsch? Dass er sich verwandelt und mich gerettet hat, meine ich." Es hatte sich auch so angehört, als wäre für Tennessey überhaupt kein anderer Ausgang des Ganzen möglich gewesen. Als wäre ihm schon seit Langem klar, dass Ryon sich irgendwann gezwungen fühlen würde sein Tier heraus zu lassen. Und Paige war daran Schuld. Dass er das allerdings als etwas Schlechtes ansah, verstand sie nicht einmal im Ansatz. Ryon konnte doch über längere Zeit ohne seinen Tiger gar nicht leben. So hatte Paige das Verhältnis der Wandler zu ihrem Tier jedenfalls immer verstanden. Der eine kam nicht ohne den Andern aus. Und trotzdem... Auf einmal fühlte sich Paige noch schlechter als schon die ganze Zeit zuvor. Bei dem kurzen Spurt zum Auto und auch danach, hatte ihr ihre eigene Nacktheit belegt mit Scham auf der Seele gebrannt. Das war ihr schon lange nicht mehr passiert. Aber nachdem, was der Magier hatte mit ihr anstellen können... Noch dazu vor Ryons Augen... Auch jetzt noch konnte Paige nicht verhindern, dass sie sich innerlich vor Ekel schüttelte und leicht rot wurde. Auf der Heimfahrt hatte Tyler wieder für die Unterhaltung sorgen müssen, da Paige ihm dabei nicht unter die Arme greifen konnte und Ryon wieder zum gewohnten Schneemann mutiert war. Sie fragte sich nach der Reaktion des Doktors auf diese Geschichte, ob Ryons Freunde das Gefühl hatten, Paige mache alles nur noch schlimmer. "Hör zu, Tennessey. Uns allen bleibt immer noch die Option offen, dass ich verschwinde." Sie zog das Hemd wieder zu, das sie seit ihrer Ankunft anbehalten hatte. Tyler hatte ihr außerdem eine ihrer eigenen Hosen mitgebracht, über die sie mehr als dankbar gewesen war. Vor Ryon nackt herum laufen zu müssen, war schlimm genug, da mussten die anderen beiden das nicht auch noch erleben. "Aber du hast Recht. Diejenigen, die uns überfallen haben, gehörte zu denen, die mir ans Leder und Ryon an sein Amulett wollen. Es war verdammt knapp und wir sind der Obermagierin viel zu nahe gekommen." Ein Seufzen entrang sich den Tiefen ihrer Brust. Sie schaffte es immer noch nicht, zu dem Mann aufzusehen, der gerade noch ihren Körper verarztet hatte. "Ryon und ich haben einen Deal. Ich werde ihm helfen diesen Zirkel zu zerstören. Damit sollten wir beide dann in Frieden leben können." Beim letzten Satz schaffte sie es nun doch ihren Blick zu heben und den Augen ihres Gegenübers zu begegnen. Seltsam, dass sie ihm das sagte, wo er doch vor ein paar Stunden noch darum gebeten hatte, dass sie im Haus blieb. Naja, mehr Ai, als Paige selbst. "Sobald das passiert ist, kann jeder seiner Wege gehen." Tennessey blickte überrascht hoch. „Hat es sich für dich giftig angehört? Dann tut es mir leid. Meistens rede ich ziemlich nüchtern über Dinge, die Ryon betreffen. Warum sich großartig aufregen, wenn es letztendlich sowieso nichts bringt.“ Er zuckte nur mit den Schultern und begann die schmutzigen Mullbinden zu verräumen. „Um ehrlich zu sein, es hat mich einfach erstaunt, dass er nach all der Zeit sich endlich wieder einmal gewandelt hat. Zugegeben, die heutige Situation muss für euch beide ganz schön gefährlich gewesen sein. Da kann man schon einmal eine Ausnahme machen, aber früher hat er sich lieber zusammen schlagen lassen, als auch nur daran zu denken, sich den Pelz über zu streifen. Ich war einfach überrascht, das ist alles und bin natürlich froh, dass auch du mehr oder weniger wohlbehalten wieder Zuhause bist.“ Der Arzt lächelte sie freundlich an, ehe er dazu überging seine Instrumente zu reinigen. Allerdings hielt er schon einen Augenblick später wieder inne und starrte auf seine Finger. „Unter uns gesagt, ich denke, das war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ryon ist schon so lange entzwei gerissen, dass es mich langsam aber sicher nicht mehr gewundert hätte, wenn er nie wieder Nachhause gekommen wäre. Wenn ich da so an seine letzten Aufträge denke und das ganz ohne Unterstützung seines Tiers…“ Er schüttelte den Kopf und machte mit dem Reinigen weiter. Wie gesagt, wenn er Ryons Handeln inzwischen nicht so nüchtern betrachten würde, es würde ihm alles viel zu nahe gehen und den Stress wollte er sich in seinem Alter nicht mehr antun. Ein leises Seufzen entkam ihm. Was er wohl noch so alles mit diesem Kerl mitmachen musste? „Paige, natürlich bleibt es dir immer überlassen, das Haus jederzeit zu verlassen und dein eigenes Leben zu führen. Genauso wie Ai, wenn das alles vorbei ist. Aber bis dahin lass dich bloß nicht von unserem mürrischen Kater verscheuchen und der Rest dieses bunt zusammen gewürfelten Haufens, ist ganz froh, Damen im Haus zu haben. Du kannst dir die Langeweile vor eurem Erscheinen kaum vorstellen.“ Mit leisem Geklirre verstaute er seine Instrumente in der großen ledernen Arzttasche und schloss sie sorgfältig, ehe er sie an ihren Platz in einem Regal zurück stellte. Tennessey zog sich einen Hocker heran, den er ab und zu brauchte, wenn das Verarzten einmal länger dauerte und sein alter Rücken die Tortur nicht mehr so ganz mitmachen wollte. Mit einem leisen Laut der Erleichterung ließ er sich darauf sinken, stützte die Arme auf seinen Oberschenkeln ab und legte sein Kinn auf seine Hände, während er eine nachdenkliche Miene aufsetzte. „Was ich dich schon länger fragen wollte … glaubst du denn, dass das Amulett verflucht ist? Ich meine so richtig, wie es dieser Crilin behauptet hat? Denn um ehrlich zu sein, obwohl ich Ryon in den letzten Jahren eher seltener gesehen habe, so war er doch nie kränklich oder sonst irgendwie vom Pech verfolgt. Entweder wirkt der Fluch nicht bei ihm, oder es gibt gar keinen. Denn eines steht für mich fest, Marlene – seine Gefährtin – ist eines natürlichen Todes gestorben. Sehr jung zwar, aber bei Verbindungen zwischen Mensch und Übernatürlichem kann es schon einmal vorkommen, dass der Wunsch nach Kindern tödlich endet. Vor allem, wenn die Mutter der vollkommen menschliche Teil dieser Verbindung ist. Es war Schicksal, kein Fluch. Da bin ich mir sicher.“ Auch die letzten Sätze waren sachlich und nüchtern geblieben, aber in seinen wachen Augen lag Traurigkeit, während er an jene Tage zurück dachte, die zwei Leben gekostet, aber dafür einen Freund gebracht hatten. Warum es gerade dieser Mann, mit genau diesem Schicksalsschlag geworden war, konnte sich Tennessey nicht genau erklären. In seinem Beruf hatte er schon viel schlimmere Schicksale gesehen und doch hatte ihn gerade dieses eine nicht mehr los gelassen. Vielleicht hatte es einfach so sein sollen. "Das ist es also..." Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauchen. Paige hatte die Knie an ihren Körper gezogen und ihre Arme darum geschlungen, während Tennessey ihr diese Frage gestellt hatte. Aber nicht nur das, wie nebenbei hatte er ihr auch endlich offenbart, welches andere Leben Ryon unbedingt aufwiegen wollte. Wenn möglich, sogar mit seinem eigenen. "Es gab ein Baby." Allein der Schmerz in den Augen des Arztes verriet ihr, dass sie Recht gehabt hatte mit ihren Vermutungen. Also war Marlene bei der Geburt gestorben? Und auch das Kind? "So, wie du es erklärst, kann ich mir endlich vorstellen, warum Ryon so ist, wie er ist. Er denkt, dass es nicht passiert wäre, wenn er nur ein Mensch wäre." Ohne wirklich auf eine Reaktion zu warten, legte sie ihr Kinn auf ihren Knien ab und starrte ins Leere. Zuerst konnte sie gar nicht wirklich nachdenken. Zwei Augenpaare standen ihr dafür viel zu deutlich vor ihrem Bewusstsein. Ryons schwarze, matte Pupillen, die niemals auch nur unter einer Emotion zittern wollten... Und die des Tigers, die sie groß und mit einem Anflug von Erstaunen angesehen hatten, als sie ihn gestreichelt hatte. Das Tier musste nach Zuwendung völlig ausgehungert sein. Und es war - auch wenn Ryon das nun schon seit Jahren versuchte - nicht von dem Mann zu trennen. Also musste es auch ihm so gehen? "Dann hatte es absolut nichts mit mir zu tun... Er hat nur geschnurrt, weil... jemand da war.", sagte sie ganz allein zu sich selbst. In diesem Moment bekam sie überhaupt nicht mit, dass noch eine andere Person im Zimmer war. Es war also doch noch nicht ganz vergessen gewesen. Eigentlich hatte sie es sich nicht eingestehen wollen. Dass ihr diese Umarmung, das Schnurren und auch das Geschenk auf ihrem Hotelbett noch nachhingen. Wäre es nicht so gewesen, sie hätte trotz der Rettungsaktion nie zugelassen, dass er sie in Tränen aufgelöst sah. Selbst in Form des Tigers nicht... Verwirrung machte sich in ihr breit, darüber ob ihr die neue Erkenntnis, in den Tunneln hätte es einfach irgendwer sein können, der Ryons Panzer etwas anknackste, etwas ausmachte. Doch da war nur ein kleiner Stich, den sie bereits kannte. Mit einem tiefen Atemzug schob sie die Erinnerungen zur Seite und widmete sich der Frage, die man ihr gestellt hatte. Etwas neben der Spur, sah sie den Doktor von der Seite an und begann sofort zu sprechen, bevor er auch nur im Geringsten auf ihr Schweigen oder ihr Gemurmel eingehen konnte. "Um ehrlich zu sein, habe ich mir darüber auch schon Gedanken gemacht. Ryon trägt das Amulett schon über Jahre hinweg und ihm ist nichts zugestoßen." Mit den Bildern des Käfigkampfes im Gedächtnis fügte sie hinzu: "Obwohl er es durchaus herausgefordert hat. Also nein, ich glaube nicht, dass es verflucht ist. Zumindest nicht so, wie Crilin und er es annehmen. Hmmm..." Nun schwang sie ihre Beine von der Untersuchungsliege und ließ die Füße baumeln, während sie weitersprach. "Schon in mehr als einem Schriftstück, das ich zu diesem Amulett gelesen habe, wird eine zweite Seite erwähnt. Ähnlich gestaltet wie Ryons Amulett, aber irgendwie... gegensätzlich. Wenn ich es bei der kryptischen Ausdrucksweise der alten Dokumente richtig verstanden habe. Inzwischen bin ich der Meinung, dass es ein Zweites gibt." Sie sah in Tennesseys Augen, der ihr aufmerksam zuhörte. "Es könnte sein, dass es wirklich so simpel ist. Zwei Amulette. Gut und böse. Und ich denke, dass Marlene so gut bescheid wusste, dass sie Ryon niemals das Falsche geschenkt hätte. Nenn es weibliche Intuition, Doc, aber selbst wenn ich Ryon nicht kenne und seine Gefährtin noch weniger... Nur der gute Teil der beiden Amulette kann bei ihm gelandet sein." Tennessey hörte sehr genau Paiges Worte, die sie eher zu sich selbst gesagt hatte, als zu ihm, weshalb er auch darauf nicht reagierte. Außerdem, manche Dinge sollte Ryon selbst klar stellen, wenn es sein musste. Immerhin war der Mann erwachsen und brauchte keinen Vormund, der ihm ständig alles vorkaute, auch wenn man manchmal den Eindruck gewinnen könnte, so wenig redselig, wie er sich des Öfteren gibt. Aber schließlich war ja auch das nicht Tennesseys Problem, sondern Ryons. Paiges These, dass es zwei Amulette gab, war interessant. Noch dazu ein gutes und ein böses. Allerdings passte da etwas nicht ganz ins Bild und das teilte er ihr auch unumwunden mit. „Ich frage mich jedoch, wenn Ryon das gute Amulett hat, was ich durchaus auch glaube, denn Marlene war eine sehr gründliche Frau, die so gut wie nie Fehler machte…“ Wie auch, wenn man Hellsehen konnte? Aber den eigenen Tod hatte sie nicht gesehen… Oder etwa doch? Der Arzt räusperte sich kurz. „Wie auch immer, auf jeden Fall, wenn Ryons Schmuckstück gut ist, wie kommt es dann, dass die letzten drei Vorgänger, von denen wir wissen, offenkundig vom Pech verfolgt waren? Zwei davon sind sogar tot, soweit ich mich noch erinnern kann. Das gibt mir ein Rätsel auf.“ Eines, über das er sicher noch eine Weile nachdenken würde, aber nicht mehr heute. Es war schon spät und sie alle gehörten ins Bett, wo Ryon wohl definitiv schon war, um sich vor Erklärungen zu drücken. Wirklich, manchmal war der Kerl schlimmer als ein Kleinkind! „Also, Paige. Ich kenne mich zwar nicht sehr gut mit deiner Anatomie aus, aber wenn du dich irgendwie unwohl fühlen oder sogar Fieber bekommen solltest, dann gib mir bitte sofort Bescheid. Vielleicht müssen wir dann mit Antibiotika nachbehandeln. Am besten wäre es ohnehin, wenn du dich ein paar Tage lang schonen würdest, bis alles halbwegs gut verheilt ist. Ein paar Hexenhintern kannst du später sicher auch noch genügend vermöbeln.“ Er zwinkerte ihr lächelnd zu und stand dann auf, um sie zur Tür zu begleiten. „Schlaf dich heute ruhig so lange wie möglich aus. In diesem Haus gibt es zu jeder Tages- und Nachtzeit etwas zu essen. Du musst dir deshalb also keine Gedanken machen.“ Er öffnete die Tür, um sie aufzuhalten und wünschte ihr eine gute Nacht, doch da hielt er sie noch einmal zurück. „Und bitte vergiss nicht, dass Ai und du hier seid, ist für diesen Haushalt eine Bereicherung. Alleine, wenn ich da so an Tyler denke…“ Sein Mund verzog sich zu einem wissenden Lächeln. „Lass dirauf jeden Fall keinen anderen Eindruck aufzwingen. Ihr seid willkommen. Jederzeit. Solange ihr wollt.“ Paige hob eine Augenbraue und stieß sich vom Tisch ab, um mit nackten Füßen auf dem Boden zu landen. "Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Du hast Recht, wenn es das gute Amulett ist, müssten das schon sehr viele Zufälle sein. Oder etwas, das ich noch nicht nachvollziehen kann." Es war wirklich ein Rätsel, wie es der Arzt so schön formuliert hatte, das sie noch zu lösen hatten. Und nicht das Einzige - zumindest was Paige anging. Sie war einigermaßen froh, dass Tennessey sie mit diesen doch sehr aufmunternden Worten aus seinem Behandlungszimmer begleitete. Von seinen letzten Sätzen ganz zu schweigen. "Doc, wenn du so weiter machst, wirst auch du eine Umarmung von mir kassieren. Egal, ob du schnurrst, oder nicht.", meinte sei keck und schenkte ihm dann aber nur ein Lächeln, bevor sie sich umdrehte und in ihr Zimmer ging. Vorsichtig, einerseits um Ai nicht zu wecken und andererseits, um ihre Seite nicht zu schwer zu belasten, setzte sie sich zunächst auf's Bett, um dann die Beine unter die weiche Decke zu ziehen. Eine Weile lag sie noch wach, den Blick aus dem Fenster in den Sternenhimmel gerichtet und dachte nach. Über Ryon, seine Gefährtin und das Baby. Er konnte noch nicht sehr alt gewesen sein. Vielleicht Anfang zwanzig? Verdammt früh für eine Familie. Und es würde immer viel zu früh sein, eine zu verlieren. Über diese schweren Gedanken, die zumindest ihre eigene Rolle in diesem Haus und Ryons Umgebung verdrängten, schlief sie schließlich ein. Im Traum verfolgten sie die Ereignisse des Tages. Unruhig warf sie sich immer wieder hin und her, hatte das Gefühl, an diesem penetrant süßlichen Geruch ersticken zu müssen, bis sie mit offenem Mund und schweißbedeckt aufwachte. Es war noch dunkel draußen. Noch nicht wirklich Zeit aufzustehen. Und was hatte ihr Arzt gesagt? Sie solle sich ausruhen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)