Gefangen von D-Rabbit ================================================================================ Kapitel 3: Eine Geschichte -------------------------- Die Sonne stand im Zenit, ihre Strahlen warfen sich auf die Stadt als gäbe es nur diese eine. Pino lag im Schatten einer der grossen Parusbäumen. Sie waren die Grössten, die es auf der Welt gab und einer stand bei ihnen im Garten. Im normal Fall liebte er die Sonne, aber das haute war einfach übertrieben. Müde wälzte er sich von der rechten auf die linke Seite. „Zu heiss…“, er trank einen Schluck Wasser aus einem Behälter, denn er vom Haus mit in den Garten genommen hatte. Wasser ran ihm den Hals hinab, über seine Oberkörper und verdampfte noch auf dem Weg zum Boden. Bevor er noch einmal ansetzen konnte, hörte er ein Geschrei; es kam vom Dach. Neugierig schaute er nach oben, hinauf zu Luke und hätte beinahe den Behälter fallen lassen, als er dann die zweite Person sah schenkte er sich wieder ein Glass Wasser ein, lehnte sich zurück und bestaunte das Dach Szenario. Ein ihm unbekannter Mann rannte auf das Dach raus und blieb abrupt stehen. Dann kam der zweite, er war beinahe nackt, sah man mal von seinen Unterhosen ab und schrie den anderen Lauthals an! „Ich hab gesagt, ES TUT MIR LEID!!“ Der andere antwortete zuerst nicht. „Was ist!?“, wütend ballte Loin die Faust. „Du hast mich geschlagen!“ „Ich hab geschlafen!“ „Hast du nicht! Warum sagst du nicht einfach, dass ich verschwinden soll!“ Pino konnte selbst von unten sehen, wie es in Loin brodelte. Er trank einen Schluck aus seinem Glass. Schön kühl. „Na und!? Ich kann dich nicht einfach auf die Strasse stellen! Du würdest verrotten!“ „Vielleicht ist das besser als bei dir zu wohnen!“ Harter Schlag unter die Gürtellinie, ging es Pino durch den Kopf. Loin stand einfach nur verdutzt da und schwieg. „Ich werde keine Nacht länger bei dir schlafen!“ „Die, die du bei mir verbracht hast, hast du alleine bei mir verbracht! Schon vergessen?“ „Wie könnte ich, sie war das schönste, was ich je erlebt hatte, jedenfalls der Schlaf - bis du kamst!“ „Du konntest dich unter meine Decke kuscheln! Bist mir sogar mit deinem Sack angekommen! Kratzbürste!“ „Wollt ihr euren Streit nicht lieber auf dem Boden weiter führen? Es könnten sonst einige auf euch aufmerksam werden. Oder noch besser, ich gebe euch Geld und ihr lasst eure Wut, euren Zorn und eure Liebe in einem heissen Liebesspiel in einem Gästehaus oder ähnlichem aus? Wie wäre es?“, Pino lächelte und fügte noch etwas lauter hinzu, „Ich wusste ja schon immer, dass du auf Männer stehst, Brü-“, ein Ziegelstein brachte ihn zum Schweigen. „Dich hat niemand gefragt, Bruder!“ Pino grinste und rieb sich den Kopf, sein Blick fiel auf das Wurfobjekt. „Böser Ziegel“, er wandte sich wieder den anderen beiden zu, „Wer ist der Bursche eigentlich?“ Robin ergriff die Situation und sprang in den Garten – natürlich nicht direkt, er wollte sich ja nicht die Beine brechen, sein erstes Ziel war das kleine Vordach, dann der Garten. Vor Pino baute er sich auf und neigte leicht den Kopf. „Ich heisse Robin und war bei Loin zu Gast“ „Dann sei nun in meinem Haus Willkommen, ich bin Pino, Loins älterer Bruder und bei mir darfst du wohnen, solange du willst, hast dein eigenes Bett und ich werde dich nicht anfassen“ „Ich habe ihn nicht angefasst!“, brauste Loin auf, er sah sich böse um und knurrte irgendetwas. Pino lächelte, es war ein Lächeln, dass vieles wusste – zu vieles. Robin sah Pino an. Er sah seinem Bruder sehr, sehr ähnlich… beinahe wie Zwillinge, er warf Loin einen Blick zu, es mussten Zwillinge sein. Doch sie hatten eine ganz andere Ausstrahlung; Loin wirkte kindlich, draufgängerisch und unhaltbar. Pino strahlte das genaue Gegenteil aus, Gelassenheit, Erwachsensein und er wirkte auch brav. Nein, dachte Robin, er war nicht brav, er setzte dies gerne zur Schau, der brave, liebe Sohn, doch hinter seinem Lächeln verbirgt er so manche dunkle Sache, er könnte der Anführer irgendeiner Rebellion sein und zur Gleichen Zeit der Berater des Königs, den er fällen will. Er konnte Dinge gut verbergen, doch es gab Leute die wussten davon, oder jedenfalls einer; Loin. Robin wurde sich dieser Tatsachen innert Sekunden bewusst und wusste auch, dass Loin einem niemals einen Dolch in den Rücken rammen würde, wenn man gerade nicht hinsieht – bei Pino könnte das dagegen der Fall sein. Eine interessante Bruderschaft, der den alle für brav und lieb hielten oder halten mussten, war ganz bestimmt, der Schlimmere. „Du denkst viel, erkennst viel und sagst doch nichts“, Pino lächelte, wieder dieses wissende Lächeln. Robin kam es vor wie Pino einfach in ihm Lesen konnte, er musste das Buch noch nicht einmal aufschlagen, er lass durch den Deckel hindurch. So einem Menschen war er noch nie begegnet, Gnade demjenigen Gott, der einen solchen Menschen als Feind hat. Ich will ihn jedenfalls nicht als Feind! „Ich sehe, setzte zusammen, vermute und denke“ Loin hob eine Augenbraue und musterte die beiden – seine Wut war verflogen. Pino wandte sich an seinen Bruder, „Da hast du dir einen klugen Hund geholt, mein Kleiner.“ Sie sahen sich alle an, jeder schwieg und ging seinen eigenen Gedanken nach. Der erste, der den Mund aufmachte, war Loin. „Er ist nicht mein Hund. Er ist mein Freund“, dabei warf er Robin einen vielsagenden Blick zu, „und ich wäre froh, wenn wir beide in deinem Haus schlafen könnten, mein Zimmer ist ja noch immer vorhanden.“ „Das dürft ihr natürlich, ich werde euch auch ein zweites Bett reinstellen lassen.“ „Ich muss aber noch weiter, ich kann nicht für immer hier bleiben“, warf Robin ein, es kam ihm vor wie als würden die beiden alles über ihn hinweg entscheiden, ohne ihn zu fragen oder einzuweihen. Er hasste das! „Das habe ich auch nicht erwartet“, meinte Pino schnell. „Gut“ „Aber was hast du denn sonst vor?“ Sie sahen sich an, Pinos Augen bohrten sich in die Seinen. Es war wie ein kleiner Kampf und er verlor ihn schon nach wenigen Sekunden. „Meine Familie retten“ „Interessant, dass hatte ich auch einmal vor, dann haben sie uns weggejagt“, etwas flammte kurz in seinen Augen auf, verschwand aber so schnell wieder, dass sich Robin nicht sicher, ob es überhaupt aufgetaucht war oder es nur eine Einbildung gewesen ist. „Meine Familie würde das nie tun. Sie sind die Ärmsten, die es gibt und werden gefangen gehalten, gefangen in der Hölle!“ „Die Minen, vermute ich“, seine Stimmte war kalt geworden, eisig um genau zu sein. Loin zuckte nur leicht zusammen. Hatte er nicht auch schon komisch reagiert, als ich es ihm gesagt habe, woher ich komme?, dachte Robin interessiert. Er nickte um Pinos Frage zu beantworten, wobei es mehr eine Feststellung war. „Glaub mir, es gibt noch mehr Höllen, die Stadt mag von aussen lieb und gut erscheinen, doch es täuscht, wenn ich ehrlich zu dir sein will, vertraue einem Bettler oder einem Dieb mehr als einem Lord. Sie sind hinterlistig.“, er nahm noch einen Schluck Wasser. „Und was die Familie angeht, ich kenne die Minen, von innen wie von aussen. Ich bin auch geflohen, mich gab damals meine Familie weg, weil ich komisch war als Kind. Dann erschien eines Tages mein Vater in den Minen, bei ihm war mein Bruder, wir sahen uns, Vater bekam das nicht mit.“, Pino sah Loin an und dieser nickte kaum merklich, so als wolle er ihm das weitersprechen erlauben. „Loin erzählte mir, wie er die Familie hasse, wie sehr er sich wünschte, dass ich endlich wieder zurückkommen würde oder er würde Vater und Mutter töten. Ich war damals elf Jahre alt. Sein Zorn steckte mich an, seinen Mut Vater davon zu rennen, in die Minen zu kommen und mich zu suchen, unter all diesen Kindern, ich war überwältigt und wusste, dass er der einzige war, dem ich vertrauen konnte, nebst den Kindern. Er meinte, ich sei der bessere Denker, wäre es schon immer gewesen und einige Sekunden später stand er nackt vor mir, streckte mir die Kleider entgegen und meinte, er würde es auch aushalten, hier zu arbeiten, wenn ich es auch geschafft habe. So tauschten wir die Rollen. Zu Hause musste ich rausfinden, dass die Minen gar nicht so schlecht waren. Wir wurden immer geschlagen ja, doch wir erhielten Nahrung, hatten Freunde und eine riesige Familie, doch im eigenen Heim war dies nicht so. Die Mutter betrog den Vater, dieser trank sich jeden Abend in den Abgrund und fiel Mutter her. Ich wollte ihr einmal helfen, danach konnte ich drei Wochen nichts sehen, lag im Bett und weinte, meine Augen waren blau, ich konnte von Glück reden, dass ich überhaupt jemals wieder etwas sah. Mutter hatte sich nie dafür bedankt, dass ich ihr helfen wollte, im Gegenteil, sie schrie mich immer an, wenn sie in mein Zimmer kam, sie meinte, ich sei ein Nichtsnutz, sie schäme sich so etwas wie mich zur Welt gebracht zu haben! Sie würde mich auch in die Minen schicken, genau wie meinen Nutzlosen Bruder.“ Loin setzte sich ins Gras und sagte nichts, lauschte nur den Worten seinen Bruders und machte sich wohl eigene Gedanken, dachte an seine Erfahrungen bei den Eltern und in den Minen. Pino fuhr fort. „Ich war ein Jahr ausserhalb der Minen und jeden Tag an dem ich draussen war, wünschte ich mir damals, wieder zurück zu kehren. Am Anfang hasste ich sogar Loin, denn ich dachte, dass er mit mir gewechselt hat, damit er sich von unseren Eltern erholen konnte. Eigentlich ein gemeiner Gedanke, doch ich war zwölf. Zu dieser Zeit entschloss sich Vater wieder einen Besuch in der Mine zu machen. Ich sah meine Chance von zu Hause zu fliehen, zurück ins Paradies, nein, nicht Paradies, aber etwas Besseres als bei den Eltern. Loin war grösser geworden, stärker und er hatte Menschen um sich geschart. Ich musste erkenne, was ihm gelang, war mir nie gelungen, eine feste Familie stand um ihn herum, ich hatte zu meinen Zeiten auch dazugehört, doch konnte ich die anderen nie beschützen, machte nie den Mund auf um mich gegen die Wächter zu wehren, er hatte das getan, weil es nicht so schlimm war, wie wenn Vater einem schlug oder auspeitschte. Ich vergass den Tausch, er wollte auch nicht, er hatte sich mit mir getroffen und meinte, ob ich einen Plan hätte, wie wir hier rauskommen und er entschuldigte sich, dass er mich in diese Hölle geschickt hatte, er hätte gedacht, die Minen seien schlimmer, doch er war überrascht gewesen, wie schön es sein konnte, mit anderen Kindern zu spielen und mit ihnen zu lachen. Die Wächter waren zwar lästig, aber es gab auch Momente, in denen sie lachten und einem nicht schlugen sondern meinten, man habe etwas gut gemacht. Ein halbes Jahr später brachte ich Vater dazu noch einmal in die Minen zu gehen, er meinte, es wäre eine grossartige Idee, warum er sich am Schmerz anderer so belustigen konnte, verstand ich einfach nicht. Gemeinsam mit Loin und ein paar anderen Kindern riefen wir Chaos hervor und konnten fliehen. Ich muss sagen, ich hätte niemals gedacht, das es funktioniert, alle Wächter liefen an diese eine Stelle, selbst die auf der Mauer waren damit beschäftig den raufenden Kindern zuzusehen, als sich auf ihre eigentliche Arbeit zu konzentrieren. Loin, ich und die anderen flohen, auf dem Weg begegnete ich noch Vater, doch dieser erkannte keinen von uns, wir trugen beide Säcke und ich hatte mein Gesicht in Russ getunkt um nicht erkannt zu werden, doch der eigene Vater?“ Pino schüttelte den Kopf. „Wie wir dann wirklich noch entkamen weiss ich nicht mehr, es ist wie weggeblasen. Wir standen wohl irgendwie unter Schock… oder ähnlichem.“, er zuckte nur mit den Schultern. „Vor wie langer Zeit war das?“, kaum hatte Robin die Frage gestellt, kam ihm in den Sinn, dass es etwa vor vier Jahren gewesen sein musste, sie waren Zwillinge, Pino hatte dies mit zwölfeinhalb vollbracht, und Loin meinte gestern Abend zu ihm, er sei siebzehn Jahre alt, so musste Pino genau gleich alt sein. „Vor vier Jahren“, antwortete der Gefragte. „Damals war ein riesen Aufstand und einer der Jungen hielt den Kopf hin… und damals… damals verschwand ein Junge, mit dem ich mich immer sehr gut verstanden habe… in der Nacht zumindest.“, sein Blick wanderte zwischen Loin und Pino hin und her. War es möglich, dass einer von ihnen…? „War es Balad? Ich hoffe nicht.“ Robin sah Pino entsetzt an. „Balad? Nein, Hayek war es, wobei sich alle sicher waren, dass er nicht dazu in der Lage gewesen sein kann, wir vermuteten, dass es eben Balad war.“ „Er hat nur einen kleinen Teil dazu beigetragen, aber hauptsächlich war ich es mit Loin. Wie geht es Balad den? Immer noch so aufstachelnd und mutig?“ Robin schüttelte den Kopf; „Nein, er hat seinen Mut verloren, nun ist er ein Hund ohne Zähne, er wird nicht mehr beissen, sondern nur noch vor seinen Herren im Dreck kriechen.“, Robins Hände wurden zu Fäusten. Wut stieg in ihm auf. Er konnte nur nicht genau sage, auf wenn er wütend war. Pino sah ihn entgeistert an und hackte nach. „Wieso hat er seinen Biss verloren?“ „Sie haben ihn kastriert…“ „Wann?“ „Vor etwa vier bis fünf Monaten, so genau kann ich das nicht sagen, warum interessiert es dich, wann er kastriert wurde?“ Pino lachte und trank wieder etwas Wasser, er leerte das Glas und füllte noch einmal nach. „Weil ihr euch irrt, er wurde nicht vor so kurzer Zeit kastriert.“ „Woher willst du das wissen?“, Robin warf Loin einen fragenden Blick zu doch dieser schüttelte nur stumm den Kopf und sah weiter seinen Bruder an. Robin fragte sich, ob das was Loin nicht miterlebt hatte auch für ihn neu ist, oder ob er seinem Bruder einfach immer lauschte, wenn er diese Geschichte erzählte. „Weil wir gemeinsam kastriert wurden. Wir waren im selben Raum, weinten, bluteten und Schrien zu zweit, weil wir einen kleinen Aufstand angezettelt hatten. Jeder andere wäre nicht kastriert worden, doch sie Wächter erkannten unser Feuer und wussten, wenn sie uns nicht zu bändigen versuchten, dann würden sie mit uns eines Tages böse auf den Kopf fallen; sie fürchteten uns schon mit sieben Jahren, Balad war bereits zwölf.“ „Aber nach dem letzten Aufstand, den er angezettelt hatte, schleppten sie ihn mit, er grinste breit und als er zurückkam, war er ruhig, sonderte sich etwas von der Gruppe ab und beantwortete kaum Fragen. Wir liessen ihn dann in Ruhe, liessen ihm seine Ruhe. Wenn es nicht die Kastration war, was war es dann?“ Loin zuckte zusammen und sah den beiden anderen in die Augen, Angst machte sich in den seinen breit. „Was ist dir in den Sinn gekommen, Bruder?“ „Ich habe es nur einmal gehört, ein Wächter hatte mit einem anderen Witze gemacht als sie mich wieder einmal erwischten. Sie meinten, wenn das so weiter geht, werde ich nicht nur kastriert sondern auch vollkommen entmannt.“, er sah zu Boden. Robin zog scharf seine Luft ein und setzte sich neben Loin auf das Gras. „Sie haben ihn vollkommen entmannt, ja das wäre eine Möglichkeit, doch dann hätte er jetzt nichts mehr zu verlieren.“, Pino verstand es nicht. Robin zitterte und dachte an Balad, es wäre eine Möglichkeit gewesen. Es würde einiges erklären, aber haben sie das wirklich getan? „Ich werde ihn besuchen.“ Die beiden anderen warfen sich viel sagende Blicke zu. „Du willst ihn besuchen?“, Loin klang so, als zweifle er an Pinos verstand. „Ja.“, er stellte eine weitere Frage, die für Robin bestimmt war, „Was war dein Ziel, nach dem du ausgebrochen bist? Was willst du unbedingt tun?“ „Meine Familie befreien.“ „All die armen Kinder, die in den Minen leben müssen, zu essen haben, trinken bekommen, sogar ein Arzt schaut ab und an vorbei. All sie müssen gerettet werden richtig?“ „Ja“ „Wenn du sie draussen hast, was machst du denn?“ „Ich lasse sie gehen…“, er war über die Ausfragerei irritiert, was bezweckte Pino damit. „Du lässt sie in die Stadt, alleine, ohne Freunde, ohne Halt, keine Familie, kein Geld, kein Essen, guter Plan… so sterben sie nicht etwas unterernährt, aber ernährt in den Minen, nein sie verhungern qualvoll in den Strassen der Stadt, das ist sehr weit überlegt, muss ich zugeben.“ Robin spürte wie er rot wurde, soweit hatte er nicht gedacht. Dann wurde er über Pino wütend, der Junge war jünger wie er, aber es kam ihm so vor, als wäre der andere viel älter. Wieso wirkte Pino so erwachsen? Wie konnte das sein? Er versuchte die Wut zu verdrängen. Es war eine schlechte Eigenschaft und machte einem oftmals Blind für die wahren Tatsachen, zum Beispiel diese, dass Pino Recht hatte. Was würde aus den Kindern auf der Strasse werden? „Was schlägst du vor?“ Ein Grinsen überzog das Gesicht des Jüngeren. „Lass mich mit Balad reden, lass ihn die Kinder aufrütteln und sieh zu wie die Mine fällt.“ „Dann sind wir wieder beim gleichen Punkt! Was wird aus den Kindern?“ „Es gibt, nicht weit von hier, einige Dörfer, sie sind klein, brauchen aber einige Arbeiter, ich habe den Leuten dort schon oft geholfen und ich denke, die Frauen dort würden sich darüber freuen, wenn neue Männer kämen, sie würden bestimmt auch die Mädchen aufnehmen und mit ihnen weiter Dörfer erstellen, einige werden dann vielleicht ausziehen, wenn sie genug alt waren oder wissen, dass sie in ein anderes Gebiet wollen. So werden wir es machen, ich werde ihnen die Möglichkeit geben, ein eigenes Leben aufzubauen, zuerst mit der Hilfe anderer Menschen, dann werden sie für sich selbst sorgen können.“ Loin sah seinen Bruder schräg an. Zuvor, war er nie grosse Schritte gegangen um die Kinder zu befreien oder hatte er das nur nicht mitbekommen? Sein Bruder war immer der gewesen, der es wichtig fand, dass er einen guten Eindruck in der Bevölkerung hinter liess, er hatte ihn ausgeschickt um die Reichen zu bestehlen, damit sie sich dieses Haus leisten konnten und so sah es aus, als wäre er der Sohn einer reichen Familie. Andere Adlige haben ihm sofort Einladungen geschickt, damit er an ihren Bällen teilnahm, Loin musste dabei immer den Diener spielen, aber so erfuhr er vieles. Pino gab das Geld oft aus für irgendwelche Menschen, von den Dörfern hatte er auch schon gehört, doch nie hatte er erfahren, dass sein Bruder diesen Menschen dort geholfen hatte. Wie weit, hatte er all das vorher geplant? War Robin auch geplant oder war er ein zu guter Zufall? Es musste ein Zufall sein, denn es wäre doch ein zu grosses Risiko, dass der Mann dann tatsächlich in dem Haus landet, in dem er und Pino wohnen, dass hätte dieser nicht planen können. Er sah die beiden an. Es stand wohl fest, sie würden die Kinder dort rausholen. Er sah hinauf in den blauen Himmel, keine Wolke weit und breit. Möge uns das Glück hold sein! Wobei er sich mehr Gedanken um Robin und seinen Bruder machte, wie um sich selbst, er hatte das Familienerbe in sich, er war verflucht, er war ein lebender Toter. Eigentlich hatte das jeder aus der Familie, ausser Pino. Keiner wusste jedoch warum. Loin dachte kurz an seinen Vater; eine Verachtungswürdige Person. Pino stand auf, trank sein Glas in einem grossen Schluck aus und ging ins Haus. „Er war es nicht, aber du…“, beinahe hätte Loin, in Gedanken versunken, nicht begriffen, dass Robin mit ihm redete. „Was?“ „Du hast mich immer in der Nacht in den Arm genommen und mich getröstet, hast immer gesagt, ich solle mich nicht fürchten, auch ich würde einmal rauskommen.“ Loin lächelte und nickte. „Dann bin ich abgehauen, doch ich habe dir Leila geschickt, ich sagte ihr, sie solle gut auf die Acht geben, du seist zwar älter als ich, aber du wärst noch ein richtiges Kind. Ich habe mich immer gewundert, wie du dieses Kind in dir aufrecht halten konntest. Und was die Aufstände angeht, dass niemand jemals geglaubt hat, Hayek hätte den Aufstand angezettelt und doch wart ihr verwirrt, weil er die Schuld auf sich nahm, dass lag an einer Wette mit mir. Stur wie er war, wollte er nicht glauben, dass ich und Pino länger als einen Tag draussen bleiben könnten, ich erhöhte seine Wette auf zweit Tage, wollte ihm eine kleine Chance geben, obwohl ich meinem Bruder blind vertraute und wenn er meinte, wir könnten fliehen, dann können wir das auch. Unsere Wette war, falls wir innert zwei Tagen wieder in den Minen waren, nahm ich die Schuld auf mich, wäre dies nicht der Fall, würde er sich am dritten Tag stellen.“ Loin grinste und schloss kurz die Augen. Robin tat es ihm gleich. Er fühlte sich irgendwie… zufrieden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)