Frei sein. von Jessa_ (Dein Leben ist mein größter Wert.) ================================================================================ Kapitel 11: Mauern und Masken ----------------------------- Kapitel 11: Mauern und Masken du die gesehen? Ich find die toll diese Masken. Die sind total interessant; weil wir alle irgendwann mal eine tragen. [Eric Christian Olsen als Marty Deeks] Kakashi stand mit Iruka um halb Sieben auf, sie tranken gemeinsam den Kaffee, den Kakashi gekocht hatte, als Iruka duschen war. Danach verabschiedete der Hatake seinen Lebensgefährten mit einem Kuss und als dieser fort war, legte er sich noch einmal ins Bett. Er schlief eine Stunde, döste noch eine Weile länger und ging duschen. Mit feuchtem, in ein Handtuch gewickeltem, Haar kochte er den Kaffee erneut auf und trank eine zweite halbe Tasse mit Zucker. Er fragte sich nicht wie viele Tassen Itachi heute Morgen wohl schon getrunken hatte, aber an vielen Tagen tat er dies. Heute galten seine Gedanken dem jungen Mann im Nebenzimmer und wie er ihm den Tag so angenehm wie möglich gestalten konnte, ohne ihn die ganze Zeit in Ruhe zu lassen, außer in den Momenten in denen er ihn bemutterte. Das war nicht Sinn und Zweck dessen, dass er ihn mit zu sich genommen hatte. Kakashi wollte sowohl seine Seele ein Stück weit heilen – auch wenn er es nicht so benennen würde – wie auch dafür sorgen, dass man Sasuke für einen freien, selbst bestimmenden Mann hielt, dessen Wege sich mit Itachis gekreuzt hatten und der aus einem freien Willen heraus entschieden hatte, ihn eine Weile lang zu begleiten. Aber dieses Bild gab Sasuke noch lange nicht her. Noch war er wie ein scheues Tier, das zurückzuckte, sobald man es berührte oder nur ansah. Aber er hatte – das hoffte Kakashi – einen Funken Vertrauen zu ihm gefasst, sodass es nicht mehr vollkommen unmöglich war, Sasuke mit viel Einfühlungsvermögen und einer Menge Hilfe in ein oder zwei Wochen dahin zu bringen, dass man nicht bemerkte, dass Sasuke sich selbst nicht als freien Menschen betrachtete. Doch das musste Schritt für Schritt passieren, ohne Sasuke zu überfordern. Aber sie durften sich nicht zu lange Zeit lassen. Kakashi trank einen letzten Schluck Kaffee und linste auf die Uhr. 9.30 Uhr – etwa – stellte er fest und schob den Stuhl zurück. Er klopfte nicht an die Tür des Arbeitszimmers, weil Sasuke darauf noch keinen Wert legte und weil er ihn womöglich nur mehr erschrecken würde, als sein Selbstwertgefühl zu stärken. All dies tat er nicht intuitiv, er dachte darüber nach, bemühte sich. Leise trat er näher an die Schlafcouch und bückte sich runter. Er glaubte es könnte förderlich sein, wenn er nicht über Sasuke lehnte oder wie eine Statue vor ihm aufragte. Sich auf eine Höhe mit dem Liegenden zu begeben würde ihm vielleicht Sicherheit schenken. Kakashi streckte eine Hand aus und noch eher er den jungen Sklaven vollständig an der Schulter berühren konnte, öffneten sich dessen Lider und er zuckte zurück wie jenes verschreckte Tier, mit dem der Hatake ihn zuvor verglichen hatte. „Ruhig, ruhig“, machte Kakashi und zog seine Hand zurück, nur um in der Hocke zu verweilen. Sasuke senkte seinen Blick auf das Laken, seine Schultern spannten sich an und trotzdem zitterte die Hand, die unter der Decke hervorlugte. Eine Weile wartete Kakashi, das Zittern der Hand ließ nach, doch den Blick hielt der Junge weiterhin gesenkt und sein Körper blieb unter Spannung. Kakashi bemerkte, dass er, so wie er dort auf dem Boden hockte, dem jungen Sklaven die Möglichkeit nahm aufzustehen. Vielleicht glaubte Sasuke nicht liegen bleiben zu dürfen, nachdem man ihn weckte. Deswegen erhob sich Kakashi, trat aber mit gleichem Schritt zurück, um Sasuke nicht weiter zu ängstigen. Just in dem Moment, in dem Platz auf dem Boden vor der Couch war, schob sich der Junge von jener um sich auf den Boden zu knien. Ein winziger Laut des Schmerzens kam über seine Lippen, den Kakashi sofort dazu veranlasste, sich zu ihm nieder zuhocken und ihm zu sagen, er müsse nicht knien. Solle nicht knien. Sasuke konnte dem Befehl nicht sofort nachgehen. Noch erinnerte er sich nicht an all die neuen Regeln die der Hatake und dessen Lebenspartner am Tag zuvor aufgestellt hatten und er wusste nicht, was Kakashi nun von ihm erwartete. Sollte er aufstehen, sich auf den Boden setzten oder sich gar zurück ins Bett legen? Aber er musste eine Entscheidung treffen. Auch wenn es für Sklaven ungewöhnlich war, selber zu entscheiden, brachte man es ihnen für solche Situationen bei. Sie hatten schlicht andere Kriterien als freie Menschen. Sklaven entschieden nicht nach persönlichen Empfindungen oder danach wie sie etwas gerne hätten, sondern danach was ihr Master wohl von ihnen erwartete oder wünschte. Da Kakashi zurückgetreten war, war es unwahrscheinlich, dass er erwartete, dass Sasuke sich zurück ins Bett begab. Gleichzeitig blieb der Mann aber nun in einer Hocke, was eigentlich klar machte, dass Sasuke nicht aufzustehen hatte. Ein Sklave hatte nie über einem Höhergestellten zu verweilen. Deswegen war ihr Platz auf dem Boden auf den Knien oder wenn der Herr ebenfalls kniete, soweit nach vorne gebeugt, dass die Nase den Fußboden berührte. Doch selbst dann wäre Sasuke noch auf den Knien und das wollte der Hatake nicht, weswegen Sasuke sich dafür entschied, sich auf den Hintern zurück zusetzten. „Gut gemacht“, lobte Kakashi und fragte: „Erinnerst du dich noch an die Dinge die ich dir gestern gesagt habe? An… deine neuen Regeln?“ Sasuke zuckte, erstarrte für ein paar Sekunden, aber dann kamen die Erinnerungen zurück und er nickte. Ja, er erinnerte sich. Er durfte sich frei bewegen, er durfte frei sprechen, es würde keine Strafen geben. „Ja“, sagte er, verschluckte das Sir, war aber immer noch der Auffassung die ganze Sache war zu gut, um wahr zu sein. Irgendwo gab es vielleicht doch eine Falle und man wartete nur darauf, dass er in sie tappte, um ihn nur härter zu bestrafen. Aber bis dahin gab es eben keine andere Möglichkeit als so gut wie möglich zu versuchen, den Anforderungen Kakashis zu genügen – und hoffen, dass all das keine Falle war, konnte er währenddessen ja doch. „Gut“, entschied Kakashi und erhob sich. „Ich hatte geplant, dir gleich ein bisschen die Stadt zu zeigen. Du kannst duschen gehen, wenn du möchtest; aber du musst nicht. Ich lass dich jetzt in Ruhe und wenn du im Bad fertig bist, kannst du dir etwas aus der Reisetasche zum Anziehen raussuchen und zu mir in die Küche kommen. Einverstanden, Sasuke?“ Was sollte er darauf schon antworten? Er würde nicht widersprechen. „Ja“, sagte er deswegen schlicht, bemerkte, dass Kakashi daraufhin zu der Reisetasche ging und eine kleinere Tasche aus jener zog, die er ihm gab. Dann ging er gefolgt von Sasuke in den Flur. Der Junge sah ihn in die Küche verschwinden, bevor dieser ins Badezimmer ging. Sasuke linste zur Dusche. Er fühlte sich nicht dreckig und er hatte kein Verlangen nach einer kalten Dusche. Zum einen befürchtete er, dass Kakashi eine ebenso komplizierte Dusche hatte wie sein Herr, zum anderen wusste er gar nicht, ob er überhaupt etwas anderes durfte als kalt duschen. Deswegen wusch er sich mit den Händen das Gesicht und unter den Achseln imd trocknete sich mit seinem Shirt, weil er sich nicht traute ein Handtuch zu benutzten. Er putzte Zähne mit der Zahnbürste aus der Tasche, die Kakashi ihm in die Hände gedrückte hatte und spülte sie anschließend ordentlich aus. Schließlich erleichterte er sich, wusch seine Hände mit ein bisschen Seife, stellte sicher, dass er alles sauber und ordentlich hinterließ und begab sich zurück in das Zimmer, in dem er hatte schlafen dürfen. Dort hockte er sich zu der Tasche hinab, verstaute die kleinere und zog eine Jeans und ein T-Shirt mit langen Ärmeln sowie Unterhose und Socken heraus, die er gegen die Sachen tauschte, die er zum Schlafen angehabt hatte. Nicht wissend, was er mit diesen anfangen sollte, behielt er sie bei sich, als er sich zu Kakashi in die Küche begab. Dieser musste bei Sasukes Anblick schmunzeln, obwohl es ihm Leid tat. Der Junge konnte nichts dafür, dass er unsicher da stand, mit Klamotten in den Händen und einem fragenden Blick, den er nicht verstecken konnte. Natürlich wusste der Junge weder, was er mit den Klamotten tun sollte, noch in welche Position er sich nun zu begeben hatte oder was von ihm verlangt wurde. Kakashi hatte nicht mal zu hoffen gewagt, dass Sasuke so was schon am ersten Morgen selber bestimmte. Deswegen nahm der Hatake ihm die Klamotten aus der Hand, warf sie eilig in einen Wäschekorb im Bad und kam zurück in die Küche. Sasuke hatte sich an Ort und Stelle auf dem Boden niedergelassen. Wenigstens kniete er nicht, stellte Kakashi fest, bedeutete ihm aber dennoch, doch lieber auf dem Stuhl Platz zu nehmen. Kakashi schob ein Glas Mineralwasser auf den Tisch, bedeutete Sasuke zu trinken, bevor er ihn fragte, ob er frühstücken wollte. Sasuke schluckte. Er hatte sein Leben lang gelernt, dass er nichts zu wollen hatte und wenn man ihn nach seinen Wünschen gefragt hatte, waren es Fallen gewesen. Aber Kakashi stellte ihm keine Falle. Er versuchte ihm dabei zu helfen, seinem neuen Herrn zu genügen. Doch dafür musste er mitarbeiten. Dafür musste er was tun. Er hatte wenigstens zu versuchen eine Entscheidung zu treffen. Selbst wenn er dafür bestraft werden sollte, hatte er es eben auch hinzunehmen. Eine andere Option sah Sasuke nicht. Und Hunger hatte er sowieso. Deswegen sagte er leise ja, obwohl er es selbst Schuld war, dass er hungrig war und wusste, dass es anmaßend war zu bejahen, nachdem er das Abendessen gestern verschmäht hatte. „Super. Ich bin auch am Verhungern“, sagte Kakashi stattdessen mit einem schmunzelnden Unterton und begann Brot zu toasten und Eier zu kochen. Käse, Wurst und Gurkenscheiben stellte er auf den Esstisch und als alles fertig war, setzte er sich zu Sasuke. „Greif zu“, bot er an und wies auf die Lebensmittel. Scheu streckte Sasuke die Hand aus. Es war eine Art Befehl, oder nicht? Er hatte nichts zu befürchten. Richtig? Das Toast legte er auf das Brettchen, das Kakashi vor ihm auf den Tisch gelegt hatte. Er linste auf die anderen Lebensmittel. Er würde Wochen bei den Eltern seines neuen Herrn verbringen und diese mussten glauben, dass er ein freier Mann war. Freie Menschen scheuten sich nicht ihr Toast mit Käse zu belegen. Aber sollte er das jetzt schon so handhaben? Sollte er wirklich einfach nach einer Scheibe Käse greifen? Sasuke zwang sich nicht tief durchzuatmen um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und griff vorsichtig nach dem Käse. Eine Scheibe legte er sich auf das Toast, doch bevor er abbiss, wartete er ab. Noch wäre sein Vergehen nur, dass er etwas berührt hatte, was er nicht zu berühren hatte. Würde er davon jetzt essen, wäre es ein weiterer Verstoß gegen die Regeln, die sein halbes Leben lang gegolten hatten. Als er nicht von Kakashi hörte, außer dessen eigenen Kaugeräusche, wagte Sasuke es, den Blick ein Stück weit zu heben. Er schaute Kakashi nicht in die Augen, aber er bat stumm um Erlaubnis, essen zu dürfen, weil er sich beinahe denken konnte, dass Kakashi eine solche Frage nicht hören wollte, sich aber eh nicht getraut hätte zu fragen. Sein Glück war es, dass Kakashi seine stumme Frage verstand und nicht ungehalten reagierte, sondern ihm ebenfalls stumm bedeutete zu essen. Also tat Sasuke das und auf Kakashis Anmerkung aß er eine zweite Scheibe mit Käse und löffelte das Ei aus dem Eierbecher neben dem Brettchen und als alles aufgegessen war, war er das allererste Mal seit langer langer Zeit wirklich satt. Mit vollem Magen saß er auf dem Stuhl und hatte sich sogar ein bisschen in die Rückenlehne gelehnt und obwohl er den Blick gesenkt hielt, sah Kakashi das er – für den Moment jedenfalls – zufrieden war. Und diese Zufriedenheit mochte der Hatake. Sie war eine Art Belohnung und ein Beweis, dass er irgendetwas richtig machen musste im Umgang mit Sasuke. OO OO OO OO OO OO OO OO Itachi war spät aufgestanden und duschen gegangen, um den Schlaf aus seinen Augen zu vertreiben, der letzte Nacht auch erst spät zu ihm gekommen war. Lange hatte er wach gelegen und gegrübelt – über Dinge, die nichtig waren und über die er schon lange nicht mehr nachgedacht hatte. Aber auch über Dinge, die er nie vergessen würde, die er aber immerzu verdrängte und über jene er glaubte schon längst hinweg zu sein. Was er vergaß war, dass das menschliche Hirn kein Computer war. Es hatte keine löschen-Taste. Ein gesundes Gehirn vergaß so was nicht. Es verdrängte, um den Körper zu schützen, in dem es innewohnte und um der Seele, von der alle immerzu redeten, die Möglichkeit zum heilen zu geben. Itachi Seele war geheilt, ein Stück weit. Das ließ sich nicht vermeiden in all den Jahren. Und es war ihm nur recht. Keine wollte mit einer kaputten Seele rumlaufen. Aber viel hatte auch nicht heilen können, weil Itachi sich des Redens verweigert hatte. Seine Eltern hatten alles getan, was sie hatten tun können. Sie waren nicht Schuld, dass er war, wie er nun mal war. Aber solange niemand seine äußerste Hülle durchbrach, war er okay. Er war kein Kind mehr. Nicht mehr das Kind von damals. Und selbst wenn ihn solche Nächte hin und wieder fast um den Verstand brachten, kam er schnell wieder in Ordnung. Oft brauchte es nur eine gute Dusche, einen starken Kaffee und ein bisschen Ablenkung. Deswegen entschied sich Itachi Hidan zu besuchen, zu dem er eh in den nächsten Tagen hin gemusst hätte. Hidan hatte schon für seine Frau, die auch seine Sklavin war, gefälschte Papiere besorgen lassen. Sie brauchte schließlich einen Pass, eine Krankenversicherung und andere Unterlagen, die dazu beitrugen, dass niemand dahinter kam, wer sie wirklich war, wenn Hidan das nicht wollte. Er hatte eine gute Summe Geld bezahlt, dass Konan nicht nur die Papiere bekam, sondern auch in allen Behörden in den Computern auftauchte. Er hatte ihr ein Leben gekauft. Und genau das hatte Itachi auch für Sasuke getan. Er musste es nur noch abholen. OO OO OO OO OO OO OO OO Kakashi wies auf den Gurt, woraufhin Sasuke danach griff und sich anschnallte. „Gut, tu das immer, sobald du in einem Auto bist. Auch wenn niemand dir das sagt. Es kann dein Leben retten.“ Kakashi meinte es ernst. Obitos Frau, Rin, hatte vor vielen, vielen Jahren einen Autounfall, bei der ihr der Gurt ohne Zweifel das Leben gerettet hatte. Und damit hatte er auch Obito und ihm das Leben gerettet, denn Kakashi konnte nicht behaupten, dass einer von ihnen beiden zu dem Zeitpunkt hätte ohne sie weiterleben können. Dafür war die Sache damals noch zu frisch gewesen – die andere Sache, bei der sie fast Itachi verloren hatten. Kakashi riss sich von diesen Gedanken los und bedeutete Sasuke ihn aufmerksam anzusehen. „Wir werden ein bisschen durch die Gegend fahren und du kannst ruhig aus dem Fenster schauen, so viel du möchtest, aber es wäre auch gut, wenn du wirklich etwas darauf achtest, wie ich das mache mit dem Auto.“ Itachi hatte ihn vorhin angerufen und gesagt, wenn er Sasuke schon mit zu sich geschleppt hatte, solle er ihm wenigstens das Autofahren beibringen – das hätte auch in seinem Zeitplan gestanden. Schlecht fand Kakashi das nicht. Autofahren konnte etwas sein, woran Sasuke Spaß hatte es zu lernen. Und wenn er es dann erst mal konnte und Kakashi ihn ohne Anweisung fahren ließ, musste er manchmal in sekundenschnelle eigene Entscheidungen treffen, was – so hoffte der Hatake – ihm etwas Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen geben konnte. Autofahren konnte vielleicht eine Sache sein, die Sasuke ein Stück weit frei machte. Kakashi wusste das. Itachi vielleicht auch. Sonst würde er nicht wollen, dass Sasuke, dessen Aufgabe es war, einen freien Mann darzustellen, es lernte. Und Sasuke würde es hoffentlich früh genug raus finden, denn das Gefühl ein bisschen frei zu sein, würde ihm gut tun. Kakashi bewegte seinen Audi aus der Parklücke und steuerte die Straße entlang. Er wollte Sasuke zunächst die Innenstadt zeigen, in der auch die Agentur Itachis und seine Apotheke ihre Räumlichkeiten hatten. Kakashi warf einen Blick zu Sasuke und bemerkte dessen zweifelnde Miene. Er hielt an der Ampel und lächelte aufmunternd. „Das ging etwas schnell, huh?“ fragte er und bekam ein zögerliches Nicken, gefolgt von einem leisen: „Ja“, und einer ebenso leisen Entschuldigung zu hören. “Keine Sorge“, beschwichtigte Kakashi, fuhr bei Grün weiter und sagte: „Wenn du fährst, erklär ich dir alles ganz langsam und Schritt für Schritt. Und vergiss nicht, es wird unter gar keinen Umständen Strafen geben.“ Sasukes Augen weiteten sich, aber das sah Kakashi nicht, weil der Junge das Gesicht vor ihm versteckte, indem er seinen Kopf gesenkt hatte. Sasuke hatte geglaubt es würde wieder einen Test geben, so wie den vor zwei Tagen, bei dem er seine Antworten auf ein Blatt schreiben musste. Aber er sollte Autofahren... das war hirnrissig! Seit wann brachte man Sklaven das Autofahren bei? Sasuke schluckte. Er wollte das nicht. Autofahren sah so kompliziert aus. Es war sicherlich leichter etwas kaputt zu machen, als überhaupt den Wagen zu starten. Sasuke wusste doch gar nichts übers Autofahren. Und selbst wenn Kakashi sagte, es würde unter keinen Umständen Strafen geben, konnte Sasuke das nicht glauben. Wenn er mit dem Wagen in einen anderen rein knallte oder wenn er ihn versehentlich irgendwo gegen fuhr und ihn verkratzte oder zerbeulte erwartete ihn sicherlich eine Strafe. Sasuke wusste es nicht sicher, aber er konnte sich vorstellen, dass ein Auto mehr kostete als er gekostet hatte. Sasuke wusste nicht wie viel Geld die Schlange für ihn verlangt hatte. Er wusste aber von den älteren, schon mehrmals verkauften Sklaven, dass Käufer für einen der ihren, wenn sie dessen erste Besitzer waren, bis zu 50.000 Euro zahlten. Ab dem zweiten Verkauf sanken die Preise, die die Schlange für einen Sklaven bekam. Dann waren es je nach Zustand der Ware noch 75% bis 65% des Originalpreises, beim Dritten etwa die Hälfte und ab dem Vierten sicherlich nur noch einen Bruchteil des ersten Preises. Was Sasuke nicht wusste, war dass selbst dieser Bruchteil, der meist noch um die 12.000 Euro betrug, fast ein zehnfaches dessen war, was es die Schlange kostete einen Sklaven 20 Jahre lang so zu versorgen, wie er versorgt worden war. Und was er auch nicht wusste war, dass Itachi für ihn wirklich einen Betrag von fast 50.000 gegeben hatte und noch mal knapp die Hälfte für die Papiere, die er in jenem Momente abholte. „Was ist los, Sasuke?“, wollte Kakashi wissen. Er hatte damit gerechnet, dass Sasuke sich über die Erlaubnis hinauszuschauen freute. Stattdessen starrte er gebannt auf den Boden, seit Kakashi erwähnt hatte, dass er auch mal fahren sollte. „Ich hab Angst, Sir“, brach es aus Sasuke raus, ehe er nachdenken konnte. Aber als er nachdachte, verstummte er erschrocken. Das war so unangebracht gewesen. Shit, bei der Schlange hätte es dafür ohne Zweifel ein paar mit dem Stock gegeben, um ihn daran zu erinnern, dass solche unbedachten Äußerungen nicht aus seinem Munde zu kommen hatten. Sasuke biss sich auf die Unterlippe. Sollte Kakashi ihn schlagen, konnte so kein Schmerzenslaut zu hören sein. Das war gut. Die meisten mochten es nicht, wenn der Sklave solche Laute von sich gab. Und oft wurden die Strafen ein wenig milder, wenn der Sklave tat, was der Herr mochte. Also wollte Sasuke artig sein. Er mochte keine Schmerzen, aber er wusste, dass er eine Strafe verdient hatte. Er hätte eben nicht so offen reden dürfen. Trotzdem hoffte er so sehr, dass die Strafe keine sein würde, die ihm Schmerzen brachte und als sie weiterfuhren, ohne das Kakashi ausholte, um ihn zu prügeln, glaubte Sasuke fast er könnte vielleicht einer solch schmerzhaften Strafe entgehen. Er versuchte sogar positiv zu denken, versuchte zu glauben seine Strafe könnte etwas sein, wie der Entzug einiger Mahlzeiten oder die Tatsache, dass er für ein paar Nächte statt auf der Schlafcouch auf dem Boden schlafen müsste. Es würde ihn hungrig und von der Nacht steif zurücklassen, und vielleicht wäre er auch traurig, aber alles war besser als Prügel. Als Kakashi in eine Parkbucht fuhr und dort hielt, kam all die Angst zurück. Seine Hoffnungen waren umsonst gewesen. Sasuke hatte eben gesagt, er habe Angst und es war nicht gelogen gewesen, aber jetzt... Sasuke drängte die Tränen zurück, die zu fließen drohten. Ich hab Angst. Ich hab so Angst, war das einzige, an das Sasuke noch denken konnte. Den Motor ließ Kakashi laufen, aber er schaltete in den Leerlauf und zog die Handbremse an, wobei er Sasukes heftiger werdendes Zittern bemerkte. Kakashi sah, wie der Junge sich in den Sitz drückte und wie sich sein Gesicht verhärtete. Er fürchtete sich. Das war nicht Kakashis Absicht gewesen. „Du weißt, dass ich dich nicht schlage, stimmt’s?“, fragte der Hatake, verschränkte die Arme und blickte Sasuke ins Gesicht. Als der Junge stumm blieb, schüttelte Kakashi den Kopf. „Ich erwarte eine Antwort“, sagte er ernst. „Solange du mir nicht antwortest, geht das hier nicht weiter.“ Sasuke überwand sich nicht sofort zu antworten, obwohl Kakashis Worte einem Befehl nahe kamen. Der Junge zupfte an dem Saum seines Shirts, ohne es kaputt zu machen, während er langsam zu einer ehrlichen Antwort ansetzte, zu der er sich eigentlich nie getraut hätte: „Ich weiß, dass … du das gesagt hast, gestern und heute wieder, aber ich … kann mich darauf nicht verlassen.“ Sasuke wurde ein Leben lang beigebracht, dass er so nicht zu sprechen hatte. Er duzte Kakashi, der ihm so viel höher gestellt war und er gab zu, dass er dessen Worten keinen Glauben schenkte, obwohl ein Sklave darüber gar kein Urteil zu fällen hatte. Aber hier erwartete man von ihm nicht, dass er sprach wie ein Sklave. Hier sollte er einen freien Mann darstellen und vielleicht kamen seine Worte annähernd an das heran, was jemand sagen würde, der frei war. Außerdem tat es gut, so zu reden, auch wenn er sich immer noch sehr ängstigte vor dem, was Kakashi ihm antun konnte. Es war ihm als stieße er Luft aus, die er ein Jahrzehnt lang oder länger in sich behalten hatte, indem er Worte sagte, die unter anderen Umständen – mit einem anderen Mann an seiner Seite – nie seinen Mund hätten verlassen dürfen. „Das verstehe ich“, räumte Kakashi ein. „Ich bin dir ein Fremder und ich kann mir vorstellen, dass es in deinem Leben bisher nicht sonderlich jemanden gegeben hat, auf dessen Wort zu dich verlassen konntest, aber ich kann nicht mehr tun als dir wieder und wieder mein Wort zu geben, darauf, dass es keine Strafe und keine Schläge geben wird. Nicht von mir, nicht von Iruka und soweit ich es verhindern kann, auch nicht von Itachi oder von sonst irgendwem.“ Kakashi stoppte und wiederholte: „Ich bin dir ein Fremder und ich werde dir vielleicht auch immer ein Fremder bleiben, aber es wäre mir eine Freude, wenn ich dir helfen könnte. Ich kann nicht verlangen, dass du mir auch nur ein bisschen vertraust, aber ich kann dich darum bitten.“ Sasuke hatte sich beruhigt, während der Hatake gesprochen hatte und er würde ihm so gerne glauben. Das was Kakashi sagte, klang so schön. Es würde keine Schmerzen mehr geben und er würde jemanden haben, dem er vertrauen konnte, aber es war so schwer zu glauben. So schwer zu vertrauen, wenn man so wie er aufgewachsen war. Nach einer Weile, warf Kakashi einen Blick zu und lächelte. „Können wir weiter?“, fragte er und fragte eigentlich, ob Sasuke wieder okay war. Sasuke nickte. Er war zwar nicht okay, aber er war besser, und sie konnten weiter. „Ja“, sagte er deswegen und weil er es gewohnt war, immer wenn er etwas gefragt wurde, mit möglichst wenigen Worten zu antworten. „Gut. Dann gehen wir das jetzt ganz locker an, hm? Wenn du möchtest, schaust du ein bisschen darauf wie ich das mache mit dem Auto, wir schauen uns die Innenstadt an und später gibt’s dann Eiscreme. Kennst du Eiscreme?“ „Nein.“ Sasuke wusste was Eis war. Im Winter fror das Wasser an den Feldern hinter dem Haus der Schlange manchmal und ihm hatte man gesagt, das wäre Eis. Gefrorenes Wasser. Aber er wusste nicht was Eiscreme sein sollte. Und wenn er ehrlich war, wollte er es auch nicht wirklich wissen, denn wenn das Wasser gefroren war, war es immer eisig in den Räumen, in denen er sein Leben verbracht hatte. Kakashi sah das Unbehagen in Sasukes Gesicht. „Ich schätze, es wird dir schmecken. Es eine Eisdiele nicht weit von hier, die wirklich gut ist und ziemlich viele verschiedene Sorten hat.“ Das war was zu Essen? Ehrlich?! Sasuke runzelte, ohne es zu merken, die Stirn. Er hätte nicht gedacht, dass Eiscreme etwas war, was man aß. Aber jetzt konnte er sich nur noch weniger was darunter vorstellen. War es trotzdem was Gefrorenes? Kakashi hielt wieder an einer Ampel, lächelte Sasuke zu, woraufhin dieser sich ein bisschen entspannte, sich aber auch daran erinnerte, dass er lieber schauen sollte, wie Kakashi fuhr, anstatt sich über Eiscreme den Kopf zu zerbrechen. Also schaute Sasuke nun, wie Kakashi lenkte, wie er schaltete und wie er auf die Straße achtete. Er lauschte den Geräuschen des Autos und schaute auch auf die Straße. Das mit den Ampeln verstand er. Wenn eine Grün leuchtete durfte man Fahren, leuchtete sie Rot hielt Kakashi. Es gab Schilder mit Pfeilen, mit Bildern oder mit Wörtern und sie alle schienen Kakashi irgendwas zu sagen, denn an manchen Stellen fuhr er anders als an anderen und das konnte nur an den Schildern liegen, oder? Schließlich fuhren auch die anderen Autos langsamer, wenn am Straßenrand ein Schild angebracht war auf dem die große 30 stand. „Du bist sehr aufmerksam, Sasuke“, lobte Kakashi, dem nicht entging, wie sehr sich Sasuke auf das Fahren und die Schilder konzentrierte. „Aber wenn du Fragen hast, dann frag mich ruhig. Du musst nicht auf alles selber eine Lösung finden.“ Das mochte Sasuke. Er lernte gerne, aber es war hart auf eigene Lösungen zu kommen, wenn es um Dinge ging, die er kaum kannte. Er wusste, dass es ihn Überwindung kosten würde zu fragen. Aber ging es nicht darum? Wenn er einen freien Mann spielen sollte, musste er sich überwinden. Dann musste er über seinen eigenen Schatten springen. Und er wollte das nicht nur für diese Sache, er wollte das auch für sich, stellte er plötzlich fest. Er hatte immer davon geträumt irgendwann einmal – und wenn es nur für eine Weile war – wirklich zu leben. Vielleicht konnte das die Chance sein, auf die er so gehofft und gewartet hatte. Sasuke, mit einem Funken neuen Mutes, schaute wieder hinaus und war aufmerksam. Er achtete auf das Auto in dem er saß und auf die anderen, die neben und vor ihnen auf den Straßen fuhren. Er schaute auch in den Außenspiegel, beobachtete die Autos hinter ihnen und ließ zu, dass sein Kopf begann eigene Ideen zu entwickeln, wie das funktionieren mochte mit dem Autofahren und den Regeln, die wohl alle auf den Straßen befolgten. Kakashi hielt an einer Kreuzung ohne Ampel, weil ein Fahrzeug von Rechts kam. Er spürte Sasukes fragenden Blick, aber erklärte nichts. Noch wollte er dem Jungen Zeit geben zu fragen. Und zu seiner großen Überraschung tat Sasuke das; leise und unsicher, aber er fragte: „Warum hast du da angehalten?“ „Du hast sicher schon die Ampeln und Schilder bemerkt oder?“, stellte Kakashi die Gegenfrage. „Ja.“ „Die Ampeln und ein paar der Schilder regeln die Vorfahrt. Das heißt, sie regeln, welches Auto aus welcher Richtung zuerst fahren darf, damit keine Unfälle passieren. Wenn es keine Vorfahrtregelnden Schilder und keine Ampeln gibt, gilt die Regel rechts vor links. Vorfahrt hat der, der aus der Straße Rechts von mir kommt. Deswegen hab ich gehalten.“ „Oh“, verließ es Sasukes Mund, ohne dass er es verhindern konnte. Das war schon echt kompliziert. Aber er würde sich das merken. Ampeln und einige Schilder regeln die Vorfahrt. Vielleicht eines von denen mit den Pfeilen, fragte er sich, und beschloss darauf zu achten. Und Rechts vor Links, das würde er sich merken. „Es klingt alles komplizierter, als es ist, glaub mir“, beschwichtigte Kakashi, dem selber aufgefallen war, dass es eine ganz schön komplexe Antwort auf eine solch schlichte Frage gewesen war. Er wollte Sasuke nicht überfordern, aber er glaubte sie seien auf dem richtigen Weg. Denn obwohl Sasuke eben einer dieser Momente gehabt hatte, von denen sicherlich noch mehr kämen, eben weil er so groß geworden war, wie er war, glaubte Kakashi er könne den Jungen dahin bringen, dass er sich ein Stück weit frei und mutig fühlte und dass er das auch vor Itachis Familie ausstrahlen konnte. OO OO OO OO OO OO OO OO Hidan fuhr, mit Itachi auf dem Beifahrersitz, über Landstraßen und später durch ein Stadtgebiet, bis er an dem Hinterhof ankam, an dem er auch schon vor einem Jahr sein Auto geparkt hatte. Für ihn war es kein Unding gewesen, damals, jemanden zu finden, der ihm Papiere fälschte. Sein eigener Vater hatte immer Menschen besessen und schon dessen Eltern hatten ihr Hauspersonal mehr wie Sklaven, als wie Angestellte behandelt, weswegen er es nie anders gekannt hatte, nie Skrupel empfand, wie er mit seiner Frau umging und nie einen Gedanken daran verschwendet, wie ungewöhnlich es doch war, jemanden zu kennen, der einem solche Papiere fälschte. Er fand es auch nicht Unrecht, was Itachi tat, hatte er ihn ja selbst auf diese Idee gebracht. Deswegen war es eine Selbstverständlichkeit – ein Freundschaftsdienst – dass er ihn begleitete. Der Mann der die Papiere fälschte war italienischer Abstammung und zum Schein betrieb er einen Laden für venezianische Masken, in dessen Hinterzimmer er Gelder annahm und Leben verkaufte. Itachi betrat hinter Hidan den Laden und während dieser sie und ihr Anliegen zu erkennen gab, blieb der Uchiha bei einem der Regalen mit den Masken stehen und schaute sie an. Ein paar von ihnen, so wusste er von Hidan waren vollkommen ohne Wert. Schlechte Duplikate, einige nur aus Pappmasche. Andere waren einen Haufen Geld wert, aber die lagerte der geldgeile Dreckskerl, wie Hidan den Fälscher nannte nicht hier vorne. Sie hingen im Hinterzimmer als Deko an den Wänden, stellte Itachi fest, als sie den Raum betraten. Der Italiener ließ sich hinter einem Schreibtisch nieder und öffnete eine Schublade. Er musste seine Gäste nicht im Auge behalten, um sicher zu gehen, in keiner Gefahr zu schweben. Dafür sorgte der Schrank von einem Mann, der neben der schweren Tür an der Wand lehnte. Itachi ließ sich dadurch jedoch nicht davon abbringen auch die teuren Masken so anzusehen, wie er die billigen Kopien geschaut hatte. Er sah den Unterschied, obwohl er kein Kunstkenner war. Aber die edlen Stoffe, die glänzenden Steine, die filigrane Arbeit zeigte den Wert dieser Masken, zu denen er sich so seltsam hingezogen fühlte. Er gab sich nicht die Schwäche seine Hand zu heben und mit den Fingern über eine besonders schöne zu fahren, aber er besah sie intensiver. Sie war aus weißgoldenem Grundmaterial, an dessen Rand dunkelblaue Seide angebracht war. Die Maske würde die obere Gesichtshälfte bedecken und durch die schwarzen Federn die rundherum dicht angebracht waren auch die untere und die Haare. Itachi kannte den Karneval von Venedig aus seiner Kindheit. Seine Eltern waren zu der Zeit gerne in die Lagunenstadt gereist, weil seine Mutter sie geliebt hatte. Obwohl er das letzte Mal vor fast fünfzehn Jahren da gewesen war, sah er die Männer und Frauen, eingewickelt in dicke Stoffmäntel und pompöse Kostüme, mit ihren bedeckten Gesichtern vor seinem inneren Auge. Er wusste nicht mehr ob er die Maskenmenschen damals gruselig oder schön gefunden hatte. Wahrscheinlich beides. Heute fand er den Gedanken interessant, sich unter einem dunklen, dicken Seidenmantel und hinter einer solchen Maske zu verstecken. In solch einem Aufzug konnte man sich nicht schwach fühlen, richtig? Auch nicht, wenn man gerade ein Leben kaufe. OO OO OO OO OO OO OO OO Kakashi hatte Sasuke durch die Straßen der Innenstadt geführt, nachdem er das Auto in einer Tiefgarage in der Nähe seiner Apotheke geparkt hatte. Von dort aus waren sie bis zu Itachis Agentur gelaufen und Kakashi hatte ihm allerhand erklärt. Er hatte die Ampeln erklärt, als sie an einer wartet, ohne zu wissen, dass Sasuke die schon verstanden hatte, als sie mit dem Auto an ihnen gehalten hatten. Kakashi erklärte ihm, was eine Apotheke überhaupt war, als er feststellte, dass Sasuke das gar nicht so genau wusste. Er erzählte auch, was Itachi beruflich machte und war überrascht, dass Sasuke es zu verstehen schien, nachdem er auch erklärt hatte, was Werbung überhaupt war. In der Stadt gab es schließlich genügend Beispiele. Die Plakate an den Hauswänden, die in den Schaufenstern und auch die im Internetbrowser seines Smartphones, die er ihm zeigte. Kakashi erklärte, was eine Pizzeria war und was eine Bäckerei und viele andere Geschäfte und Läden an denen sie vorbeigingen, die erklärte er auch. Es war ein bisschen viel für Sasuke, aber er versuchte sich zu merken, was welcher Laden verkaufte und hoffte vor Itachis Familie niemals durcheinander zu bringen das man Brötchen beim Bäcker und Shampoo in der Drogerie bekam. Gleichzeitig stellte er fest, dass solche Kleinigkeiten alles kaputt machen konnten. Er musste höllisch vorsichtig sein und er musste sich Mühe geben. Ein Fehler vor Itachis Eltern und es war sicherlich vorbei mit dem Ich-Spiele-Einen-Freien-Mann-Spiel, dass Sasuke gar nicht mehr so schrecklich fand. Denn er ging durch die Straßen auf einer Höhe mit Kakashi, er schlief auf einem Sofa, er bekam so gutes Essen und er durfte sprechen und fragen und sich ein Stück weit selbst entdecken. So merkwürdig und unsicher er sich dabei noch immer fühlte, so großartig und überwältigend war es auch. Er wollte nicht das es vorbei war, bevor er sich entscheiden konnte, ob es gut oder schlecht war, was er hier erlebte. Wenn er wieder zurück im Haus der Schlange war und auf seinen nächsten Käufer wartete, wollte er wenigstens diese eine Sache wissen. Kakashi nahm ihn mit in die Bücherei und ließ ihn sich umschauen. Er behielt ihn im Auge, besorgte zwar die Bücher, die er für Iruka besorgen musste, stellte aber sicher, dass er Sasuke nicht wie ein Hündchen an einer imaginären Leine mit sich zog. Es war okay, wenn Sasuke sich zwei Regale weiter die Buchrücken anschaute, solange er in seinem Blickfeld blieb. Kakashi stellte sicher, ihm Platz zu geben und erlaubte ihm im Vorbeigehen zu einem anderen Regal, dass er die Bücher auch herausziehen und aufschlagen dürfe, wenn sie ihn interessierten. Er selber gab sich als Beispiel, zog recht wahllos ein Sachbuch über Schiffbau raus und blätterte darin herum, während er Sasuke weiterhin im Blick behielt. Der Junge las eine Weile lang weiter nur die Titel der Buchrücken, ehe er sich traute, über den ersten mit seinen Fingern zu fahren. Er machte dabei ein Gesicht, als tue sich ihm eine völlig neue Welt auf und vielleicht war es auch so. Die Freiheit zu entscheiden, welche Bücher er berührte und welche nicht zeigte ihm vielleicht etwas, was er nie zuvor gesehen hatte. Sasuke konnte mit Kakashis vorheriger Erlaubnis nun entscheiden, in welches Buch er reinschauen wollte und somit konnte er auch entscheiden, welche Sätze er las und was er lernte. Ihm blieben vielleicht nur Minuten dies zu tun, aber es war etwas, dass ihn frei machte. Sasuke zog die Ärmel seines Shirts runter, die hoch gerutscht waren, als er über den Buchrücken gefahren war. Er mochte es, den Stoff auf seinen kompletten Armen zu spüren, auch wenn es warm war und die meisten Menschen um ihn herum kurzärmlige Sachen trugen. Sasuke fuhr über eine Reihe Bücher, als würde er darauf warten, dass sich eines so anfühlte, als wolle es von ihm herausgezogen werden. Denn er war noch nicht bereit selber zu entscheiden. Deswegen nahm er die Hand runter und blickte zu Boden. Er war hier fertig. Er war einfach noch nicht bereit. „Du kannst noch weiterschauen, wenn du möchtest“, bot Kakashi an. „Wir haben Zeit.“ Sasuke hob seine Hand nicht wieder, aber er sagte auch nichts. Es war keine direkte Frage gewesen, er musste also nicht antworten, und obwohl er jetzt trotzdem antworten durfte, tat er es nicht. Was hätte er auch sagen sollen? „In Ordnung. Dann gehen wir zur Kasse und bezahlen. Wenn du diese Woche noch mal herkommen möchtest, kannst du mir das sagen und wir fahren noch mal her, einverstanden?“ „Ja“, sagte Sasuke, weil es das Höflichste war. Er glaube jedoch nicht, dass er Kakashi darum bitten konnte, selbst wenn er es wollte. Er folgte Kakashi zur Kasse und zupfte erneut das dunkle Shirt zu Recht. Er fühlte sich sicherer, wenn die Ärmel auch seine Handrücken bedeckten. „Du magst das Shirt, hm?“, fragte Kakashi, als sie in der Warteschlange an der Kasse standen. „Ja.“ Sasuke meinte es ernst. Er würde es noch lieber mögen, wenn die Arme noch ein Stück länger wären und er nicht an ihnen ziehen müsste, damit sie seine Fingerknöchel bedeckten. Aber das würde er niemals sagen. So was hatte er gar nicht zu denken. Er sollte froh sein, dass Kakashi ihm erlaubte Kleidung zu tragen. Kakashi, der von dieser Art Oberteil nur eines eingepackt hatte, schlug vor: „Wir können dir davon noch ein oder zwei holen, wenn du die magst, mit den langen Armen.“ Er hatte zwar auch einen dicken Pullover und eine Stoffjacke eingepackt, aber die waren zu warm für dieses Wetter. Die dünnen, langarmigen Oberteile, wie das was der Junge trug, mussten gerade noch okay für diese Temperatur sein und Sasuke schien es wirklich zu mögen. Solche Shirts waren auch nicht wirklich teuer, weswegen es kein Problem war, ihm noch welche davon zu besorgen. Deswegen bezahlte Kakashi die Bücher für Iruka und ging mit Sasuke in ein Bekleidungsgeschäft einen Block weiter. Auch hier erlaubte er Sasuke wieder sich umzuschauen, aber der Junge war scheuer und blieb näher an seiner Seite, was vielleicht an den Menschen lag, die sich hier in größerer Anzahl tummelten als vorher in der Buchhandlung. Der Hatake machte halt an einem Verkaufsregal, das voller langarmiger Shirts in den verschiedensten Farben war. Er erlaubte Sasuke sich eine Farbe auszusuchen, die er gerne mochte. Der Junge zeigte auf ein dunkelgrünes und zog es auf Kakashis Anweisung hin heraus. Kakashi der sah, dass das Oberteil recht groß für Sasukes mageren Körper war, wollte es ihm dennoch nicht wieder wegnehmen. Schließlich hatte der Junge es selbst ausgesucht und Kakashi wollte ihm nicht die Möglichkeit nehmen, es wenigstens anzuprobieren. Ob er es nicht doch zu groß fand, konnte er ihn dann immer noch fragen. Also schickte er Sasuke in die Umkleide und wartete in einem der Sessel davor, bis der Junge in dem weiten, dunkelgrünen Shirt heraustrat. Die Ärmel fielen locker über die Handrücken und die ersten Fingerknöchel. Das Shirt war wirklich ziemlich weit und auch ein Stück zu lang, aber Sasuke schien sich wohl zufühlen. Das war es, was es Kakashi einfach nicht möglich machte zu fragen ob er nicht eines in einer oder zwei Nummern kleiner nehmen wollte. Wie wichtig war es denn ob ein Oberteil genau passte, wenn es Sasuke glücklich machte. „Möchtest du es haben?“, konnte er daher nur noch fragen. Als Sasuke begann auf seiner Unterlippe herumzukauen und über den Stoff des Shirts zufahren, als würde er etwas unheimlich Kostbares berühren, war sich Kakashi nicht gänzlich sicher ob sein vorher so zuversichtliches Lächeln nicht eine Spur mitleidiger wurde. Er sah, dass Sasuke es haben wollte, aber er verstand auch, dass er auf die Frage nicht einfach mit Ja antworten konnte. Weil er ein Sklave war und die meiste Zeit über immer noch wie einer dachte. Und Sklaven hatten nichts zu wollen, dass prügelte man ihnen ein, seit sie klein waren. „Na komm. Zieh dich wieder um und dann gehen wir zur Kasse.“ Der Hatake hoffte, dass Sasuke wusste, was eine Kasse war und dass er verstand, dass Kakashi ihm das Shirt nicht wieder wegnehmen wollte. Deswegen winkte er ab, als Sasuke ihm mit trauriger Miene das Oberteil zurückgeben wollte. Er hatte also doch nicht komplett verstanden. Aus diesem Grund bedeutete er Sasuke mit zur Kasse zu kommen und das Shirt auf den Tresen zu legen. Nachdem die Kassiererin das Oberteil gescannt und in eine Tüte gepackt hatte, zahlte Kakashi und reichte Sasuke die Tragetüte um ihm zu zeigen, dass das Shirt jetzt wirklich seins war. Sasuke wusste wie das mit dem Kaufen und Verkaufen bei freien Menschen funktionierte. Er wusste, dass man sich in den verschiedensten Läden das nahm oder vom Verkäufer geben lies, was man haben wollte und dann einen bestimmten Betrag zahlte, um es zu besitzen. Sasuke wusste das so genau, weil er schließlich ähnlich verkauft und gekauft wurde wie das Oberteil in der Tüte, die er trug. Sein Herr hatte ihn ausgewählt, so wie er nun dieses Shirt ausgewählt hatte. Der Unterschied bestand schlicht in der Menge des Geldes und, aber so hatte Sasuke nie denken dürfen, in dem eigentlichen Wert. Denn jeder Menschenrechtler würde ihm nun einen eindringlichen Vortrag darüber halten können, wie viel mehr Wert Sasuke, als ein lebendes Wesen, besaß, im Vergleich zu einem einfaches Stück Stoff. Aber Sasuke wollte nicht mehr daran denken; er mochte das Shirt. Er folgte Kakashi aus dem Geschäft bis auf die Einkaufsstraße, wo der Hatake ihm zulächelte. „Jetzt holen wir uns erstmal ein Eis“, beschloss Kakashi und wies Sasuke den Weg zu der Eisdiele, von der er stundenlang schwärmen konnte. Der Ältere bestimmte die Richtung und Sasuke folgte ihm ohne komplett zu ihm aufzuschließen. Er hatte gelernt nie auf gleicher Höhe mit einem Master zu gehen oder gar ihm oder andern freien Menschen im Weg zu stehen. Kakashi sah er für die Zeit, die er bei ihm verbrachte als seinen Master an. Deswegen blieb er einen halben Schritt hinter ihm zurück. Keinen ganzen, weil es durch den Autolärm der Hauptstraße laut war und aus Angst Kakashi konnte denken, er bliebe so weit zurück um unbemerkt zu fliehen. An der Eisdiele angekommen, wies Kakashi auf die Eistheke und fragte Sasuke ob er schon wüsste, welche Sorte er mochte. „Nein“, antwortete dieser und zwang sich nicht zu sagen er nehme das, was Kakashi ihm zu geben bereit war. „In Ordnung, dann setzten wir uns rein. Wir haben Zeit.“ Der Hatake glaubte, dass Sasuke sich vielleicht besser entscheiden konnte, wenn er die Eisbecher als Bild in der Karte sah, als wenn er nur die Farben des Speiseeises in der Eistheke sehen konnte. Deswegen suchte Kakashi einen Platz in einer schönen Ecke der Eisdiele und reichte Sasuke die Karte. Hier konnten nicht zu viele Menschen ihnen zusehen und zuhören, sodass sich Kakashi nicht darum sorgen musste, dass Sasuke etwas sagte, dass für andere, für freie Menschen befremdlich klang. Er konnte hier ganz er selber sein. Konnte ehrlich sein und sich einen Eisbecher aussuchen oder zugeben, wenn er sich nicht entscheiden konnte. Auch dafür fänden sie eine Lösung. Sasuke blätterte durch die Karte, nachdem Kakashi es ihm erlaubte, aber er konnte sich für keinen Eisbecher entscheiden. Von vielen Dingen, die er las, wusste er zwar, was es war, aber nicht wie es schmeckte. Aber er wollte Kakashi nicht enttäuschen, weswegen er die Karte noch einmal rückwärts durchschaute. Ihm war bewusst, dass er auch beim zweiten Durchsehen nichts finden würde, was er wirklich kannte. Wie auch, wenn er sein halbes Leben nicht viel anderes gegessen hatte als Haferbrei und Vitamintabletten. „Haben Sie schon gewählt?“, hörte Sasuke eine Frau sagen, die an ihrem Tisch stand. Sie trommelte mit einem Bleistift leise auf dem Block in ihrer Hand und lächelte ihnen beiden zu. „Ich nehme einen Nussbecher, den habe ich schon ewig nicht mehr gegessen“, meinte Kakashi, beäugte Sasuke kurz, aber als der Junge nicht sagte, wollte der Hatake daraus keine Szene machen, sondern orderte stattdessen für ihn: „Und für ihn hätten wir gerne einfach ein paar ganz winzige Kugeln verschiedener Sorten wenn das geht? Er kann sich, verständlicherweise, nicht entscheiden, nachdem ich ihm von den verschiedensten Eissorten vorgeschwärmt hab, die Sie hier verkaufen.“ „Natürlich. Das können wir machen, schätze ich“, sagte die Dame, lächelte weiter und fühlte sich geschmeichelt, schließlich half sie auch manchmal bei der Produktion des Eises mit. Das Kokoseis, das eines der hier meist gewählten Sorten war, war ihre Spezialität in der Herstellung. Nach einigen stillen Minuten kam die Bedienung zurück. Sie stellte zuerst den Nussbecher vor Kakashi und dann einen Dessertteller mit sechs verschiedenen Kügelchen, die in etwa gemeinsam die Menge von zwei normalen Kugeln ergaben. Sasuke schaute das Eis eine Weile lang an, nachdem die Bedienung gegangen war, doch Kakashi bemerkte es und riet ihm, dass Eis zu probieren bevor es schmolz. Also griff Sasuke nach dem Löffel und wählte eine Sorte aus, die er zuerst probieren wollte. Die Eiskugel war samtrosa in der Farbe und schmeckte süß. Sasuke mochte das und schmeckte beim zweiten Bissen auch etwas anderes raus als die Süße. Es war irgendwie ein bisschen... wie konnte er das nennen? Fruchtig. Ja, fruchtig. Er hatte zwar noch nie diese Frucht probiert, glaubte er, aber manchmal konnten sie in den Feldern etwas von dem Obst nehmen, dass an den Bäumen und Sträuchern wuchs, und das essen anstatt des Haferbreis, wenn sie mit ihren Aufsehern zu weit vom Haus entfernt gewesen waren. „Das ist Erdbeereis“, sagte Kakashi leise, der in diese Eisdiele fast jede Sorte nur vom Sehen alleine zuordnen konnte. Sasuke nahm den letzten Löffel dieser Kugel, genoss den Geschmack einen Moment, bevor er sich das zweite Kügelchen aussuchte. Dieses Mal war es sehr weiß und sauer und Sasuke glaubte recht genau zu wissen, dass es Zitrone war, weil Zitronen sollten sauer sein, hatte er gehört. Kakashi der Sasuke das Gesicht verziehen sah, lachte und meinte: „Das ist Zitroneneis. Ich mag’s eigentlich ganz gerne hier, weil es wirklich nach Zitrone schmeckt, aber wenn es dir zu sauer ist, musst du das nicht essen.“ Sasuke genoss es die Wahl zu haben. Er mochte diesen stark saueren Geschmack nicht und lies die Reste des Zitroneneis auf dem Teller zurück, um die dritte Sorte zu probieren. Diese sah recht ähnlich aus wie das Zitroneneis, nur etwas dunkler, mehr gelb, weswegen er das schlimmste befürchtete, aber sehr erleichtert war, als der Löffel nicht sauer schmeckte, sondern süß und komplett anders, als beide Sorten zuvor, weswegen Sasuke glaubte, dass das was er probiert hatte kein Fruchteis war. „Das ist Vanille“, sagte Kakashi leise und fragte dann: „Weißt du was Vanille ist?“ „Ja, Vanille ist ein Gewürz, das ursprünglich aus Mittelamerika kommt und heute mehr auf den Inseln des ähm… indischen Ozeans angebaut wird“, sagte Sasuke wie einstudiert. Kakashi fand es traurig. Er hatte gehofft, Sasuke würde sagen, er kenne Vanille. Kenne es, weil er es schon gegessen habe, als Pudding oder als Gewürz in der Milch. Kakashi erinnerte sich einen Moment lang an seine Mutter, die starb, als er neun gewesen war. Noch heute hatte er manchmal den Geschmack ihrer selbst gemachten Vanillemilch auf der Zunge, die sie ihm mit einem Lächeln auf den Lippen eingegossen hatte. Dass Sasuke nie eine solche Mutter gehabt hatte, war ein Desaster. Eine die ihm Vanillemilch eingoss, ihm Gutenachtgeschichten erzählte und mit ihm an den Strand fuhr, um Muscheln zu suchen und nasse Füße zu bekommen. All das hatte Kakashi gehabt, wenn auch nicht für eine Lebenszeit, sondern nur für ein paar Jahre. Aber für Sasuke hatte es das nicht gegeben. Er hatte nicht die Möglichkeit von ein paar Jahren ein ganzes Leben zu zehren. Das stimmte Kakashi traurig. Das nächste Eis, was Sasuke probierte war hellgrün und schmeckte nussig, aber nicht wie die Nüsse, die er das ein oder andere Mal mit dem Obst auf den Feldern gegessen hatte. Es schmeckte nicht so herb, aber Sasuke wusste nicht ob das daran lag das die Nüsse von damals dreckig und manchmal nicht mehr ganz so frisch gewesen waren. „Das ist Pistazie“, sagte Kakashi, fragte dieses Mal aber nicht ob der Junge das kannte. Er wollte nicht wieder solch eine traurige Geschichte hören. Aber nach einer Weile sah er, dass Sasuke das Eis zwar sehr gut schmeckte, er aber immer noch nicht genau zu wissen schien, was Pistazien waren. Sasuke fand immer noch dass das Eis nussig schmeckte, aber er wusste nicht ob Pistazien Nüsse waren. Er glaubte das Wort schon mal gehört zu haben, da war er sich eigentlich ganz sicher, aber momentan wusste er nicht, wozu man Pistazien zählte. Dabei wusste er in der Theorie eigentlich recht gut, was welche Lebensmittel waren, da er seiner Zeit zum Kochen ausgebildet wurde und ihm somit, wie einigen anderen Sklaven, von den Frauen viel über die Herkunft und die Zubereitung von bestimmten Lebensmitteln beigebracht werden sollte. Nur probieren hatten sie die meisten Dinge davon nie dürfen. „Weißt du nicht, was Pistazien sind?“, fragte Kakashi, der dann doch ein schlechtes Gewissen hatte, solche Dinge nicht zur Sprache zu bringen. Selbst das Wissen was Pistazien waren, konnten Sasuke schließlich helfen, ein freier Mann zu sein. „Nicht ganz“, antwortete Sasuke unbeholfen aber ehrlich: „Ich bin mir nur nicht mehr sicher ob Pistazien Nüsse sind.“ „Oh… ich denke schon, ja. Wobei ich das auch nicht genau weiß“, musste Kakashi zugeben. Nun, Pistazien standen im Supermarkt immer bei den Nüssen, richtig? Aber waren sie welche? Das war schließlich manchmal nicht Offensichtlich, denn auch Erdbeeren waren eigentlich Nüsse. Sasuke mochte es, dass Kakashi ihm Dinge erklärte. Er hatte immer schon gerne gelernt und das hier war Lernen auf eine angenehme Art und Weise, denn momentan verspürte Sasuke nicht die Sorge gestraft zu werden. Jedenfalls nicht vordergründig. Er genoss es die verschiedenen Eissorten zu probieren und gerade das Pistazienbällchen, von dem er gerade den letzten Löffel gegessen hatte, schmeckte ihm sehr gut. Das nächste Eisbällchen war wieder weiß und wieder befürchtete Sasuke, es schmecke wie Zitrone, aber als er probierte stellte er erstaunt fest, dass es erneut ein komplett anderer Geschmack war. Es war der mildeste Geschmack bis her, sehr erfrischend und … fein irgendwie, aber gerade deswegen hatte Sasuke keine Ahnung was es für eine Sorte war. Als Kakashi ihm sagte, dass es Kokosnusseis war, dass er probierte, war es nicht so, als wüsste Sasuke nicht was eine Kokosnuss war, er wusste nur nicht wie sie schmeckte. Nachdem er den letzten Rest vom Kokoseis gegessen hatte, legte er den Löffel beiseite. Auf dem Teller lag neben dem Rest Zitroneneis noch eines der winzigen Bällchen, aber das sah wie Schokoladeneis aus und deswegen würde Sasuke es nicht anrühren. Er traute Kakashi zwar, dass es keine Falle war, aber die Kellnerin hatte nicht wissen können, dass wenn ihnen eines verboten war zu essen im Haus der Schlange, dann war es Schokolade in allen Variationen. Sasuke schauderte. Wie oft hatten sie einen von ihnen und auch schon oft ihn selbst mit diesem so süß und stark riechenden Lebensmittel gelockt und dann doch gestraft. Nein, Sasuke würde es nicht essen, auch nicht wenn Kakashi es ihm erlaubte. Er würde nie in seinem Leben Schokolade essen, einfach weil die Schläge zu tief steckten. „Magst du nicht mehr?“, fragte Kakashi und fand es eigentlich schade, weil gerade das Schokoladeneis es war, was die größte Faszination auf Kinder bewirkte. In so vielen Dingen war Sasuke noch ein Kind. Einfach weil er schon als Kind ins Haus der Schlange gekommen war und aus allen Möglichen Quellen und aus gesundem Menschenverstand konnte Kakashi sagen, dass Kinder die in solchen oder ähnlichen Verhältnissen aufgewachsen waren, oft in einigen Punkten nicht wuchsen. Auch Sasuke steckte mit Sicherheit in einigen Aspekten noch in den Kinderschuhen und in anderen in den Ängsten seiner Kindheit, aber das war in Anbetracht der Verhältnisse völlig normal und Kakashi machte ihn dafür nicht verantwortlich. Himmel, in Afghanistan hatte er junge Männer gesehen die im Krieg aufgewachsen waren, aber mit Stofftieren in ihrem Betten lagen, während die Hütte nebenan von einer Bombe getroffen wurde und er hatte Männer aus seiner Einheit gekannt, die Nachts geheult hatten und sich nichts sehnlicher wünschten als ihre Mutter bei sich zu haben, die ihnen über den Kopf strich und ihnen sagte, dass sie gute Jungen waren. Als Kakashi von der Sprengfalle am Straßenrand getroffen wurde und er nach einem Moment der Ohnmacht das Bewusstsein wiedererlangt hatte, hatte er nichts lieber gewollt, als wieder in den Armen seiner Mutter zu liegen und von keinen Sorgen der Welt etwas zu wissen. Deswegen war es für ihn keine Frage, dass Sasuke in so vielen Dingen noch ein Kind war, denn er selber der gut aufgewachsen war, behütet und geliebt, hatte solche Momente erlebt. Sasuke war nicht aufgewachsen wie ein normales Kind in der westlichen Welt. Er hatte nicht mit Spielzeug spielen und keine Schokolade probieren dürfen, er hatte keine Fehler zu machen und wenn er doch welche gemacht hatte, war es ihm nicht erlaubt gewesen aus ihnen zu lernen. Er wurde bestraft auf eine der schmerzhaftesten Arten. Er hatte nicht selbst lernen können zwischen richtig und falsch zu unterscheiden, da ihm immer gesagt worden war, was sie zu tun hatten. Keinen Kindern kann man auch sagen, was sie tun sollen und im besten Fall tun sie das dann auch. Weil Mama oder weil Papa das sagte und Kinder bis zu einem gewissen Alter lebten von dem Urvertrauen in diese beiden Personen. Aber normale Kinder lernten eben auch in einem gewissen Alter selber zu entscheiden, was sie tun wollten und sie lernten gleichzeitig mit den Konsequenzen zu leben, dass hatte Kakashi am eigenen Leib erfahren. Aber Sasuke, in der Art wie er aufgewachsen war, war nie über den Zeitpunkt hinaus gekommen, in dem ihm genau gesagt wurde, was er zu tun und zu lassen hatte und danach lebte er, auch wenn er mittlerweile ein erwachsener Mann war. Kakashi wollte mit all dem, was er dachte keinesfalls sagen, dass Sasuke dumm war. Er war weitaus klüger, als Kakashi im ersten Moment vermutet hatte und Kakashi war der festen Überzeugung, dass Sasuke auch irgendwann für sch selber Entscheidungen treffen und auch zu ihnen stehen konnte, aber noch war er nicht so weit. Noch war Sasuke in vielen Punkten viel mehr ein Kind als andere Achtzehnjährige. „Es ist den Sklaven im Haus der Schlange nicht erlaubt, Schokolade zu essen“, sagte Sasuke leise und förmlich. „Nun, du bist nicht mehr da. Du … kannst es also ruhig probieren“, meinte Kakashi unbeholfen. Es wunderte ihn. Warum war Schokolade so ein großes Ding? Alles andere was in den Eissorten verarbeitet war, schien Sasuke vorher auch noch nicht probiert zu haben, aber das hatte er probiert. Nur die Schokolade nicht und die ganz bewusst nicht. „Was ist der Unterschied?“, fragte Kakashi. „Zwischen der Schokolade und allem anderen, meine ich.“ „Das andere gab es einfach nicht, außer wenn wir kochten, aber da wussten wir, dass wir es nicht essen dürfen. Schokolade war anders.“ „Warum?“, hackte Kakashi nach und sah Sasuke zusammenzucken. Dieses Mal hatte der Junge mehr wie ein freier Mensch gesprochen und nicht genau eine Antwort auf die Frage gegeben und unter anderen Umständen wäre Kakashi mächtig stolz gewesen, aber jetzt wollte er nur wissen was so anders an Schokolade war im Haus der Schlange. „Ich weiß nicht“, gab Sasuke resigniert zu. Normalerweise wurden sie gestraft, wenn sie Dinge nicht wussten, die sie wissen sollten. „Schokolade war etwas, womit die Aufseher und lockten und wenn wir sie nehmen wollten oder davon probieren, dann schlugen sie uns. Vielleicht war es Training. Ich weiß nicht genau, Sir. Entschuldigt bitte…“, brabbelte Sasuke leise und ängstlich. Er wollte nicht bestraft werden und gerade fühlte er sich wieder so sehr wie ein Sklave, obwohl ihm vor wenigen Momenten der Gedanke für eine Weile frei zu sein, gar nicht mehr so weit weg gewesen schien. Kakashi hingegen sah nun auch die erwachsene Seite in Sasuke, denn auch in so vielen Punkten war Sasuke viel erwachsener als andere Jungen in seinem Alter. Er hatte so viel erleben und durchstehen müssen. So viel mehr und so viel härtere Dinge als Andere mit achtzehn Jahren. Selbst das was Itachi passiert war und was Kakashi in seiner Jugend getan hatte, war damit nicht zu vergleichen. „Ich zwinge dich nicht, Schokolade zu essen, aber ich werde nicht zulassen, dass dir irgendjemand weh tut, weil du sie probierst.“ Sasuke machte dennoch keine Anstalten das Eis zu löffeln, weswegen Kakashi nickte. Er wartete einen Moment und bedauerte, dass er nicht die richtigen Worte kannte, um Sasuke davon zu überzeugen, dass es völlig in Ordnung war, Schokolade zu essen. „Hör zu“, musste er dann aber noch leise und eindringlich sagen: „Ich werde unter keinen Umständen zulassen, dass dir jemand aufgrund von Essen weh tut. Essen ist, was es ist. Wir werden dem nicht mehr und nicht weniger Wichtigkeit zusprechen, als es hat. Wenn du Hunger hast, kannst du essen. Wenn du etwas nicht magst, lässt du es stehen. Wenn dir etwas besonders gut schmeckt, dann sag es ruhig. Alles ist okay, verstanden? Essen ist Essen und kein Grund oder Mittel dich zu strafen.“ Sasuke nickte. Das hörte sich schön an und eigentlich hatte Kakashi den Wahrhaltsgehalt dessen ja schon bewiesen. Aber auch wenn Sasuke Kakashi wirklich gerne glauben wollte, das Schokoladeneis konnte er einfach nicht essen. Vielleicht irgendwann, wenn er schon eine Weile lang einen freien Mann gespielt hatte und die Schrecken seiner Kindheit für einen Moment vergessen könnte, würde er auch Schokolade essen. Aber noch war er einfach nicht so weit. Was Sasuke dabei nicht wusste, war die Tatsache, dass er, indem er auf sich und seinen Körper hörte und auch tat was gut für ihn war, ein großer Teil der ersten Mauer bröckelte. Einer der Mauern die ihn gefangen hielten. Fallen würde sie bald, die erste Mauer. Noch eher als Itachis Maske, denn Sasuke wollte frei sein, wenn auch nur für eine Weile, weil er sich auf mehr Freiheit zu hoffen nicht traute. Itachi war noch weit davon entfernt wirklich frei zu sein. Weil er anders als Sasuke nicht mal realisierte, dass er gefangen war, in den Geistern seiner Vergangenheit und überhaupt. Wenn er einmal verstand was ihn wirklich so tief unten und weit hinten hielt konnte er schnell, viel schneller als Sasuke, frei sein. Weil man ihm fast schon sein ganzes Leben lang zeigte, dass er geliebt wurde. Und weil er nur eine Maske trug und nicht von unzähligen Mauern umschlossen war, die es zu durchbrechen und zu erklimmen galt. OO step backward OO Itachi OO Sie waren wieder in Italien. Einen ganzen Sommer lang, dabei waren sie seit Jahren nicht mehr hier gewesen und seine Eltern hatten sich quasi verliebt in ein Land auf der anderen Seite des Mittelmeers. In den vergangenen vier Jahren waren sie jeden Sommer in einem anderen Teil Spaniens gewesen. Sie waren sechs Wochen lang von einer kanarischen Insel zur anderen gereist und hatten die Schönheit und Vielfältigkeit der Kanaren genossen. Die Ferien im Jahr darauf hatten sie aufgeteilt. Drei Wochen lang Luxus, Sternehotels, weiße Strände und große Städte und drei andere Natur, alte Bauernhäuser, süßlicher Rotwein in den Mündern seiner Eltern und gemütliche Herbergen am Füße der Pyrenäen. Einen Jahr später hatten sie einen Sommer lang in Andalusien Pferde gesehen, auf Fischerbooten gesessen und Fußballstadions besucht. Und im letzten Jahr waren sie auf den Balearen gewesen und seine Eltern hatten wie hypnotisiert die hübschen Villen in Gènova bewundert. Damals hatten sie schon ein Haus in Italien gehabt, dass mehr eine Hütte an einer einsamen Stelle des Gardasees war. Das Haus hatte Mikoto noch vor seiner Geburt in einem Moment der Rührung gekauft. Itachi vermutete, dass es sie so an die Hütten ihrer Heimat im Allgäu erinnerte. Aber sie waren nie in diesem Haus gewesen um Urlaub zu machen. Sie hatten jemanden der alle paar Wochen danach schaute. Wenn sie an den Gardasee fuhren, wie in diesem Sommer, mieteten sie einen hübschen, großzügigen Bungalow und nur selten besuchten Fugaku und Mikoto das Haus mit ihren Söhnen. Heute war keiner solcher Tage. Itachi saß unter dem Schatten eines Baumes und schaute seiner Familie beim Urlaubmachen zu. Obito und Rin planschten im See. Ihr Lachen trug der Wind zu ihm. Shisui turtelte mit Mädels. Er war letzten Sommer volljährig geworden und liebte sie alle, die Mädchen. Und sie schienen es ihm nicht übel zu nehmen. Sein Vater war in eine deutsche Zeitung vertieft. Auch im Urlaub musste er genau wissen, was in der Welt und besonders in seiner Heimat vor sich ging. Aber bald würde er die Zeitung beiseite legen und seine Frau massieren. Das tat er manchmal im Urlaub. Im Süden war er viel mehr ein Gentleman. Itachi war im Süden nicht anders, als sonst wo in dieser kalten, trostlosen Welt. Er planschte nicht im Meer. Schon seit der Sache vor fünf Sommern nicht mehr. Er flirtete nicht mit Mädchen und feierte nicht mit seinen Brüdern. Er saß am Wasser und starrte soweit er konnte. Sie ließen ihn. Sie alle ließen ihn. Weil er das ganze Jahr über funktionierte. Er ging zur Schule, er traf Leute aus seiner Klasse, er machte Sport und saß nie am Ufer der Ostsee, nur um zu schauen. Im Sommer ließen sie ihn. Sie wussten – und hofften hofften hofften – dass es mit den Jahren besser werden würde und er ganz von selber auch im Sommer in Ordnung sein konnte. Sie hatten schließlich alles in ihrer Macht stehende getan und taten es noch immer, um sicherzustellen, dass die Sache von damals nicht sein ganzes Leben bestimmte. Alle paar Wochen gingen sie mit Itachi zum Psychologen und selbst der sagte, dass sie bald nicht mehr kommen mussten. Denn es war schon Jahre her und Itachi machte riesige Fortschritte. Er war ein starker Junge, schon immer, und genauso war es immer nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er alles verarbeitet hatte. Sie alle wussten nicht, was ein guter Schauspieler Itachi war. Sie wussten nicht, dass er nur echt war, wenn er weit, weit weg in die Ferne blickte. Dann ließ er seine Maske sinken, die er sich das ganze Jahr über so mühsam aufbaute, und in den ersten Tagen des Sommers hoffte er, es würde jemand kommen, der nicht Familie war, und ihn verdammt noch mal hochziehen. Aber die Tage vergingen und vergingen, ganz plötzlich war es schon Mitte des Sommers und er saß immer noch da und starrte. _____________________________________________ Hallo, es hat wieder so lange gedauert, bis ein neues Kapitel online ist, aber es ist auch wieder ein langes Kapitel. Ich hoffe, dass das die Wartezeit ein bisschen wieder gut macht und ich hoffe auch, dass ihr auf das nächste Kapitel nicht wieder so lange warten müsst, schließlich fangen nächste Woche die Sommerferien in meinem Bundesland an. Das Zitat am Anfang des Kapitels ist aus der dritten Staffel von NCIS L.A, es müsste die 11. oder 12. Episode gewesen sein und als ich Deeks das hab sagen hören, musste ich direkt an Itachi denken :) Außerdem bin ich ein absoluter NCIS L.A- Freak und muss einfach ein Zitat davon in meiner Fanfiction haben :D Liebe Grüße Jessi ;) ____________________________________________________ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)