Frei sein. von Jessa_ (Dein Leben ist mein größter Wert.) ================================================================================ Prolog: Prolog: Die Ware Mensch ------------------------------- Prolog: Die Ware Mensch Es ist ein Markt, und es zählen nur die Preise. Es ist die Rede von Angebot und Nachfrage, von Profiten, Kostendämpfung und Bedarfsanpassung. Von Arbeitsteilung, Nachschub und internationalen Verbindungen. Alles ganz normal, so scheint es, wie Produktion und Handel nun mal in einer überwiegend marktwirtschaftlich organisierten Welt funktionieren. Nur – es geht nicht um ganz normale Waren, es geht um Menschen. [Ausschnitt aus einem FOCUS-Artikel] Die Dämmerung wirkte dieserorts dunkler als in der Stadt, die immerzu von Leuchtreklamen und Straßenlaternen erhellt wurde. Während hier die Sonne unterging, versank auch das weite Feld in tiefer Dunkelheit. Einzig der Schotterweg, der zu dem einzigen Gebäude weit und breit führte, wurde von den näherkommenden Autoscheinwerfern erleuchtet. Der Fahrer musste unwahrscheinlich nah an das große Gebäude heranfahren, um beim Aussteigen den Weg dorthin ausmachen zu können. Gemeinsam mit seinem Begleiter wagte er sich heran. Immer näher zum Licht hin, dass zwei kleinen Laternen neben den stabilen Holztüren, entsprang. Sie betätigten die Türglocke, warteten und hörten Schritte, bevor ihnen geöffnet wurde. Ihnen war der Mann nicht geheuer. Aber verschwiegen waren sie hier. Und Verschwiegenheit war gut. Bei ihrem Vorhaben war sie es allemal. „Herein, herein.“ Gekünstelt freundlich, ein Funkeln in den gelblichen Augen zuviel und eine bleiche Hand, die die Tür hinter ihnen schloss. „Wir haben Sie schon erwartet.“ „Bringen wir die Sache schnell hinter uns, Orochimaru.“ Er hieß wahrscheinlich nicht wirklich so, benutzte diesen Namen – die Schlange – nur als Tarnung, aber dem jungen Mann war es gleich. Einen anderen Namen kannte er nicht. „Natürlich, Mr. Uchiha. Hier draußen ist die Nacht dunkel und beunruhigend. Aber keine Sorge. Einer meiner Männer wacht natürlich über ihren Wagen. Folgen sie mir.“ Ein kurzer Wink mit beringten Fingern. Sie folgten der Schlange durch die Gänge, vorbei an verschlossenen Türen und Treppen, die hinauf führten. Vor der einzigen, die hinunter führte, machten sie halt. Orochimaru betätigte die vielen Lampen, die ihnen den Weg weisen würden und bedeutete seinen Gästen ihm zu folgen. Die Kellerräume waren groß. Größer als die Fläche des Gebäudes an sich. Sie lagen unter der Erde, über die sie gefahren waren und unter den Feldern, die die Dunkelheit verschluckte. Hinter verschlossenen Türen lagerte die Ware. Die Ware Mensch. Warum tu ich das?, fragte sich der Uchiha in einem Moment der Schwäche. Die Schlange schloss eine der vielen Türen auf, Metall klirrte und das Holz knarrte. Hinter der Tür lag ein kleiner Raum. Graue Wände, dünne Matratzen auf dreckigem Betonboden und drei Jungen, in Lumpen gekleidet, an Fußketten zur Mitte des Raumes gekettet. Das Bild, obwohl der Uchiha wusste, was er tat, erschreckte ihn. Er hatte geglaubt, man würde wenigstens den Schein einer gute Pflege waren. Stattdessen zeigte man ihm die nackte Wahrheit. Er sah den ängstlichen Blick des Blonden nicht. Er mochte keine blonden Jungs, er nahm ihn folglich kaum wahr. Blickte weiter zum zweiten Jungen. Er hatte die Hautfarbe von Milchkaffee, seine dunklen Haare lockten sich auf dem Schädel und die Augen schienen tief, aber der Uchiha wollte ihn nicht. Es war etwas an seiner Art. Die Art wie er da saß; zu… Er konnte es nicht beschreiben, dennoch wusste er, dass der Junge nicht der Richtige für seinen Plan war. Er würde sicherlich nicht kooperieren. Seine Augen wirkten abgeklärt. Wahrscheinlich war es das. Dieser Junge hatte seinen eigenen Willen. Sicherlich nicht auf eine aufsässige Art, denn er benahm sich und hielt den Blick gesenkt und schwieg. Doch der Uchiha konnte nicht anders als in diesem Fall auf seine Menschenkenntnis zu vertrauen, die ihn äußerst selten im Stich lies. Es war die Ähnlichkeit zu seinem Ex-Freund, die ihn dazu brachte, auch den dritten Jungen ausführlich zu mustern. Er sah von alle dreien am jüngsten aus. Die andern beiden waren kaum mehr Jungen, obwohl er sie so titulierte. Auch dieser hier musste schon ein junger Mann sein, aber seine Züge waren weich und sein Körperbau zierlich. Die dunklen Haare waren nicht wirklich kurz, aber sie waren auch nicht zu lang, ließen ihn nicht weibisch erscheinen. Sie kümmerten sich also doch im geringen Maße um die Jungs. Aber das änderte nichts daran, dass die nackten Arme des Dunkelhaarigen und seine blassen Beine dreckig waren und über der Augenbraue prangte eine kleine Wunde. Seine Kleider waren fleckiger und kaputter als die der anderen beiden. Dennoch war es kein Mitleid, das den Uchiha seinen Entschluss fällen ließ. Es war auch nicht so, dass er seinem Ex hinterher trauerte. Alles, bloß das nicht. Nur so kaufte man ihm die ganze Geschichte einfach besser ab. Und darum ging es doch. Das man ihm ohne viele Fragen glaubte. Und wie würde das besser funktionieren, als wenn er sich einen Jungen nahm, der nach außen hin, seinem bevorzugten Typ entsprach. Der Uchiha zeigte schlicht auf den Jungen, wollte sich nicht länger als nötig in diesem Keller aufhalten, der stank und trotz der vielen Lichter düster war. Er sah noch aus dem Augenwinkel, wie die Schlange seinem Auserwählten Handfesseln umlegte, ehe er die Fußkette löste. Er sah auch die aufgeplatze Lippe des jungen Mannes. Aber ob sie vor Trockenheit oder von Schlägen aufgeplatzt war; dass sah er nicht. Die Schlange schloss die Tür wieder hinter sich, zog den Jungen mit hinauf und geleitete den Uchiha und seinen Begleiter in ein großzügig eingerichtetes Büro. Dort kettete er den Jungen in der Ecke an, würdigte ihn keines Blickes mehr und wandte sich den Unterlagen zu. Er schrieb den Namen des Schwarzhaarigen an die richtige Stelle, den festgesetzten Kaufpreis und allerlei Informationen die er von seinem Kunden benötigte. Sie setzten Unterschriften, zahlten Gelder und tauschten Unterlagen und besiegelten somit Verträge. Der Junge – laut Unterlagen war sein Name Sasuke, kein eingetragener Hintername – gehörte nun ihm. Mit dem gereichten Schlüssel löste der Uchiha die Kette vom Ring in der Wand. Sasuke folgte ihm ohne zu bocken, mit gesengtem Blick und schweigend blieb er stehen, als die Schlange und sein neuer Herr und der Begleiter einander verabschiedeten. Die Luft draußen zauberte eine Gänsehaut auf seine nackten Arme. In so kurzer Zeit hatte sich sein Körper an die wärmeren Temperaturen im Erdgeschoss gewöhnt, dass es ihm in der lauen Sommerluft – sie hatten doch Sommer, oder? – kalt war. Dennoch nutzte er die Zeit, die die Männer brauchten, um unbemerkt tief Luft zu holen. Solange war er nicht mehr an der frischen Luft gewesen. Sie näherten sich dem Wagen und innerlich hoffte er so sehr, sie würden ihn nicht in den Kofferraum steckten. Die Älteren in den Kellern erzählten Gruselgeschichten über die Käufer und davon, wie sie ihre Ware behandelten und transportierten. Erleichtert und beinahe dankbar war er, als der Begleiter seines neuen Herrn die Tür zur Hinterbank öffnete und ihm mit störrischer Miene bedeutete einzusteigen. Sasuke eilte, er wollte sich nicht schon ganz zu Anfang Ärger einhandeln. Zu tief saßen die Schauergeschichten, die sein halbes Leben begleitet hatten. Der erste Teil der Fahrt verlief gänzlich ruhig. Die Männer schwiegen, keine Laute der Umgebung traten ins Innere des Wagens und Sasuke schlang schon bald beide Arme um seinen mageren Leib. Nach einer Stunde, in der er ausschließlich auf seinen Schoss und die nackten Füße gestarrt hat, wagte er hinaus zu blickten. Mit jedem Meter, den sie sich von seinem alten Zuhause entfernten, fiel eine Last von seinen Schultern, doch gleichzeitig baute sich eine neue auf. Es war die Ungewissheit. Er wusste nicht, was ihn erwartete. Und keiner der Männer richtete das Wort an ihn, sie unterhielten sich schlicht in leisem Ton. Es war wirklich, als transportierten sie Ware. Der Wagen fuhr durch eine beleuchtete Innenstadt. Das erste grelle Licht brachte Sasukes Augen beinahe zum Tränen, so sehr brannte es. Er war nur das Dämmerlicht des Kellers gewohnt. Etwas anderes kannte er kaum mehr. Und diese leuchtenden Schilder schon gar nicht. Sie hielten auf einem Parkplatz und Sasuke wartete gehorsam darauf, dass jemand die Kette nahm, die mit seinen Handfesseln verbunden war. Es war der Begleiter seines neuen Herrn, der dies tat. Sie folgten dem Schwarzhaarigen durch einen Hausflur und eine Treppe hinauf, wieder durch eine Tür und schon standen sie in einem Flur mit hohen Decken, weißen Wänden und Türen, sechs an der Zahl. Sie passierten die Wohnungstür und noch bevor sie ganz ins Schloss fiel, übergab der silberhaarige Begleiter die Kette. Er verschwand hinter einer der Türen. Der dunkelhaarige Herr zog ihn an der Kette ein Stück zu sich und öffnete eine weitere Tür, die in einen Baderaum führte. Sasuke kannte solche Sanitäranlagen nicht. Sie wurden alle paar Wochen mit einem Schlauch abgespritzt und erleichtern durften sie sich zweimal am Tag in ein Plumpsklo im Keller. „Wasch dich. Und brauch nicht zu lange“, hörte er die Stimme seines neuen Herrn. Sie wirkte nicht wirklich freundlich. Aber auch nicht boshaft. Sasuke wollte sein Glück nicht austesten. Sobald der Mann die Tür hinter ihm schloss, drehte er am Wasserhahn des Waschbeckens. Kühles Wasser kam aus dem Rohr und weil er nicht wusste, an welchem Knopf es wärmer wurde, entschied er dass die Temperatur genügte. Es war immer noch wärmer, als das Wasser, das er kannte. Er wusch sich mit den Händen übers Gesicht, weil er keinen Lappen hatte und zog sein ausgeleiertes und viel zu weites Shirt aus, wusch sich den Oberkörper, schrubbte über Arme und Beine und zum Schluss hielt er seine Hände unter den Wasserstrahl, um auch diese zu reinigen. Ein bisschen Blut war an ihnen. Hoffentlich waren die Wunden an Braue und Lippe, die während der Fahrt leichten Schorf gebildet hatten, nicht komplett wieder aufgeplatzt. Er wagte einen Blick in den Spiegel und schaute alsbald wieder fort. Er konnte den Anblick seiner Selbst nicht ertragen. Als er seine Finger danach anschaute, sah er zum ersten Mal seit Jahren keinen Dreck unter den Nägeln. Er hielt seinen Kopf unter den Wasserstrahl. Schon zu lange lief er mit juckender Kopfhaut herum. Wenigstens wusste er, dass er keine Läuse hatte, seine Haare waren einfach nur fettig. So gut wie nur irgendwie möglich rubbelte er sie mit den Händen trocken, bevor er sein Oberteil wieder über zog. Er spürte die kalten Wassertropfen im Nacken, die seinen Rücken hinunterliefen, aber das ignorierte er, ebenso wie das leichte Pochen an Braue und Lippe und die anderen Stellen seines Körpers, die schmerzten. Und genauso wie er seine trockene Kehle ignorierte. Eigentlich hätte er vor ein paar Minuten Wasser bekommen. Zwar altes, abgestandenes und manchmal auch dreckiges, aber wenigstens etwas was seine Kehle nässte und den quälenden Durst löschte. Er öffnete die Tür von innen, trat in den Flur, schloss sie hinter sich und wusste nicht wohin. Er konnte nicht einfach an irgendeine Tür klopfen. Das verbot ihm seine Erziehung. Er kniete sich in eine Ecke und irgendwann – schon bald, wie es ihm schien – sackte sein Körper zur Seite und eingerollt, mit nassen Haaren und müden Gliedern döste er einfach, ohne das selbst seine Erziehung was dagegen tun konnte, weg. _____________________________________________________ Meine neue Geschichte. Was soll ich groß sagen nach diesem Prolog? Er spricht für sich, denke ich. Ich weiß nicht genau, wie solch ein Menschenhandel wirklich aussieht. Ich kenne die Versionen von K11 und anderen Pseudofernsehsendungen oder in seltenen Fällen auch ernstere, realitätsnähere Reportagen. Ich kenne einige wenige Ausschnitte aus Berichten in Zeitschriften und Online-Magazinen zu diesem Thema. Aber alle diese Beschreibungen sind so vielfältig, wie fast jede Straftat auf dieser Erde vielfältig ist. Es ist nur so, dass ich dieses Thema sehr interessant finde und mir diese Menschen, die das erleiden müssen, unheimlich Leid tun. Dennoch kann ich im Bezug auf diese Story beruhigen: Sie wird zwar ihre heiklen und auch düsteren und sehr ernsten, traurigen Momente haben, aber sie wird ebenso glückliche Stunden für Haupt- und Nebencharakter beinhalten, sowie ich versuche ein bisschen Romantik und Humor einzubauen, um keinen der Leser und auch mich nicht, mit dieser Story zu erdrücken. Ich hoffe, ihr konntet dem Prolog etwas abgewinnen, was euch gefallen hat, und schreibt mir eine Rückmeldung, wenn ihr Lust habt. Bis zum nächsten Kapitel Jessi ;) _____________________________________________________ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)