Genesis von Prospera (Eine Galaxia-Saga) ================================================================================ Kapitel 2: Freundschaft ----------------------- Wie zu erwarten war der Geburtstag der Zwillinge zum Nationalfeiertag erklärt worden und als sie einige Wochen später im Palast getauft wurden waren Vertreter aus der gesamten Allianz zu dem großen Bankett geladen. Im Ballsaal feierte man ausgelassen, während im die Königsfamilie selbst sich nur kurz zeigte und dann ins Palais zurückkehrte, um dort mit einem kleinen Kreis enger Freunde ein Abendessen zu genießen. Am Kopf der langen, goldenen Tafel saß die Präsidentin, in einer Krippe neben ihr die beiden Kinder mit je einer Amme, die aufmerksam etwas abseits standen um bei auch nur einem Anzeichen von Unmut der Mädchen zur Stell zu sein. Zur Rechten der Präsidentin saß der Hohepriester, zu ihrer Linken saß Galaxia. Dann war der Senator von Aragas vertreten, seine Familie bei ihm, der Senator von Nemesis mit einem kleinen Teil seiner sehr großen Familie – namentlich seine kleine Tochter Esmeraude, des Senators Schwester Garnet und ihr Gatte sowie deren Sohn Rubeus, des Senators Bruder der König Apollos, seine Gemahlin die Königin Diamanta, beider Söhne Diamond, der in Galaxia’s Alter war, und Saphire, der nur ein paar Monate älter war als die Zwillinge. Und dann der Senator von Euphe und zugleich König von Kinmokusei mit den beiden ältesten seiner sieben Kinder – Sohn Rasu und Tochter Kakyuu. Drei Plätze waren noch leer als der Salat aufgetischt wurde und kurz darauf erreichte Fluxon Senator Baron Harkon mit seiner Familie das Palais. Harkon war ein feister Mann mit weißem Bart und kahlem Kopf und seinem Gesicht entstellt von einer hässlichen, großen Narbe. Seine Gemahlin die Baroness Guiselle war eine große, dürre Frau mit schwarzem Haar, schmalen Lippen und hohlen Augen. Und beider Sohn Lucien war drahtig und blass, wenig älter nur als Galaxia. Die Präsidentin erhob sich augenblicklich und lachte. „Harkon!!“, verkündet sie begeistert. Baron Harkon war ein Freund der Präsidentin gewesen seit beide in die Politik geraten waren – was praktisch von Kindesbeinen an war. Der feiste Politiker lachte donnernd und marschierte an der Tafel vorbei um die Präsidentin mit einer Umarmung zu begrüßen. Galaxia war er schon unsympathisch. Ein Mann in Militäruniform zu einer Tauffeier, das konnte ja nichts werden. „Orilliana, schön wie eh und je, genau das richtige Gesicht um es auf unsere Münzen zu prägen.“, meint er charmant. Galaxia rollte schon die Augen. Orilliana kichert fast schon albern, plötzlich zurück versetzt in ihre Jugend. „Setzt euch, wir wollten gerade anfangen.“ Meint sie und weist auf die freien Plätze gleich an der Seite der Königsfamilie. Harkon saß direkt neben dem Hohepriester, sein Sohn wiederum neben Harkon und die Baroness neben Galaxia. Das essen wurde serviert und die Präsidentin erhob sich, Ihr mehrlagiges, Jadegrünes Kleid raschelte bei jeder Bewegung. „Treue Freunde. Lasst uns anstoßen. Auf die gemeinsame Zukunft. Und auf Orion und Aurora.“ Meint sie und hebt ihr Glas. Alle taten es ihr nach, verkündeten die Namen der Zwillinge und tranken darauf. Dann begann man still mit Goldbesteck auf feinen Porzellantellern zu klimpern. Nach einer Weile dann sah Galaxia von ihrem Teller auf. „Baron, wie haltet ihr es mit der Aufnahme neuer Sub-Systeme in die Allianz?“ fragt sie. Der Baron sah auf, spülte seinen Mund mit einem Schluck Wein und rang sich dann ein Lächeln ab, als müsse er sich dazu zwingen vor einem Kind Respekt zu haben. „Nun, ich bin mehr der Soldat, aber ich denke je größer eine Allianz ist, desto größer wird auch ihr Einfluss und desto solider die Position. Sollte es zum Konflikt mit benachbarten Galaxien kommen will ich unsere Galaxis lieber geeint wissen.“ „Aber was ist mit der Wirtschaftslage? Einige der kleineren Sub-Systeme sind noch lange nicht auf dem wirtschaftlichen Niveau großer Systeme. Ich denke gerade Systeme wie Euphe werden dem zustimmen. Soviel ich weiß haben die Steuerumstellungen dort zu großen Staatsschulden geführt.“, bemerkt Galaxia. Der Senator von Kinmokusei nickt schwach. „Ich fürchte da hat die Prinzipessa Recht…“ „Ich bin kein Wirtschaftler aber meiner Meinung nach muss jedes System selbst sehen wie es sich über Wasser hält. Die Allianz verteilt schließlich keine Almosen.“, murrt Harkon. „Aber welchen Vorteil hat es dann, mehr Systeme in den Vertrag zu integrieren wenn diese am wirtschaftlichen Ruin enden und keinerlei signifikanten Beitrag zum Erhalt der Allianz beisteuern können?“, hakt Galaxia nach. Es folgte peinliche Stille. „Ich muss meine Tochter entschuldigen. Ihr mangelt es an Erziehung.“, entschuldigt sich die Präsidentin. „Und mir mangelt es an Zeit.“ „Sie hat Interesse an Politik, daran ist nichts verwerflich. Immerhin soll sie in der Zukunft unsere Präsidentin werden.“, meint der Senator von Euphe zustimmend. „Zu einem guten Politiker gehört allerdings auch Disziplin und Diplomatie, daran scheint es unserer Prinzipessa noch ein wenig zu mangeln.“, fügte er lächelnd hinzu. „Ihr sagt Disziplin, ich sage Duckmäuser. Ihr sagt Diplomatie, ich sage Hinterlist.“, meint Galaxia kühl. „Galaxia.“, mahnt die Präsidentin. Harkon aber lacht nur. „Offenbar hat diese Senshi-Lehrerin eurer Tochter einige Anti-Autoritäre Flausen in den Kopf gesetzt.“, bemerkt Harkon, der sich offensichtlich leicht auf den Schlips getreten fühlte. Aber niemand beleidigte Papyllon in Galaxia’s Gegenwart. Sie wand sich dem feisten Senator kühl zu. „Ihr sagt Anti-autoritär, ich sage demokratisch.“ „Der Senat ist die demokratische Instanz dieser Allianz.“, korrigiert die Präsidentin. „Ah. Wie viele Volksentscheide gab es denn in den Systemen jüngst, wenn es um Senatsbeschlüsse ging?“, hakt Galaxia nach. Wieder gefolgt von peinlichem Schweigen. „Das dachte ich mir…“ „Na, jedenfalls ist es gut, das ich jetzt hier bin und der Prinzipessa ein wenig Ordnung beibringe.“, meint schließlich Harkon. Galaxia sah wie sein Sohn leicht das Gesicht verzog. Als bemitleide er sie dafür, dass sie nun auch diese Schule besuchen musste. Schließlich legte sie die grüne Serviette beiseite. „Mutter, ich fühle mich erschöpft, bin ich wohl von den nächsten Gängen entschuldigt?“, fragt sie höflich. Die Präsidentin sah empört auf. „Galaxia, reiß dich zusammen!“, zischt sie. „Du bist ein wenig blass, Kleines. Schnapp etwas frische Luft.“, lenkt ihr Vater jedoch ein. Dann zwinkert er. „Ich bringe dir den Nachtisch auf dein Gemach.“ Galaxia lächelt schwach, erhebt sich formvollendet und neigt das Haupt leicht zu den Gästen, die sich alle erhoben hatten aus Respekt vor der Prinzipessa. Sie alle verneigten sich und Galaxia verließ den Saal. Sie eilte den Korridor entlang, wo milder Wind schon wehte je näher sie den Palastgärten kam. Dann endlich trat sie hinaus in die ruhige, milde Nacht, sternenklar war der Himmel, die zwei Monde standen prall am Himmel wie die großen Augen einer Eule, die irgendwo im Garten leise murmelte. Galaxia öffnete die Riemchen ihrer grünen Lackschuhe und zog sie aus, öffnete die Schnüre der Korsage und ließ auch diese Fallen, wodurch ihr grünes Kleid ein wenig außer Form fiel. Sie zog die vielen Nadeln aus ihrem Haar und den Zierrat, der aus Blumen und Perlennetzen bestand. Ihr war als hätte das alles ihre Lunge eingeschnürt und endlich konnte sie wieder frei atmen. Sie fieberte, das spürte sie, ihre Stirn war buchstäblich in Flammen, sie hatte Kopfschmerzen und das Gefühl als wären all ihre Muskeln zum zerreißen gespannt, die Nervenenden lagen blank, ihre Haut schien zu brennen. Sie lief über das weiche Gras, spürte die einzelnen Halme zwischen ihren Zehen, den milden Herbstwind in ihrem Haar. Herbst schon. Wie lange war Papyllon schon fort? Sie spazierte eine gute Stunde durch den Garten bevor sie schließlich an die Stallungen kam. Dort war es schon still, die meisten Pferde schliefen fest, der Stallmeister saß noch draußen an einem Tisch, rauchte eine Zigarre und trank ein Glas braunen Alkohol. Seine Haut war gegerbt von der Sonne, er roch nach Heu und Rauch aber hatte noch immer das fröhliche Blitzen das sie kannte in seinen Augen. „Ah, Prinzipessa. Ihr seid aber spät noch draußen. Gibt die Präsidentin nichts einen Empfang?“, fragt er und nickt hinüber zum Zentralpalast, wo Scheinwerfer in den Himmel strahlten und Musik hinüber wehte. Dort feierten der Senat und die Gäste die Taufe der Zwillinge. „Schon.“, meint Galaxia leise. Der Stallmeister legte die Zigarre in einer Metallschale ab. „Ihr seht aus als bedrückt euch etwas? Darf ich euch eine Empfehlung machen?“, fragt er. Galaxia nickt und der Stallmeister kommt näher. Im Verschwörerton fuhr er fort. „Aber kein Wort zu eurer Mutter.“ „Kein Piep.“, bestätigt Galaxia. Der Stallmeister grinst. „Astra ist auch noch wach. Und ich bin sicher sie würde sich über einen kleinen Ausritt freuen.“, flüstert er. Galaxia kichert aufgeregt. Sie betraten die Stelle, taten so als würden sie etwas streng Verbotenes tun. Was sie auch taten, aber dennoch war es nur ein Spiel für beide. Die königlichen Ställe waren größer als so manches Eigenheim in Zero City. Es gab an die dreihundert Boxen, geräumig und ordentlich, für die gestriegelten und gepflegten Pferde der Palastgarde. Sie waren fast alle tiefschwarze Hengste, wunderschöne Geschöpfe, groß und schlank. Es gab ein paar Fleckige, kleinere Pferde, ein paar Ponys. Und Astra. Astra war eine schneeweiße Stute mit seidiger Mähne, kurzen aber starken Beinen und großen, dunklen liebevollen Augen. Als Lieblingspferd der Prinzipessa hatten sie und die kleine Starlight besonders schöne Boxen. Starlight schlief bereits tief und fest, Astra lief noch auf und ab in ihrer Box, wieherte leise als sie den Stallmeister und Galaxia näher kommen sah. Er öffnete die Tür und Galaxia trat ein. Die schöne Astra kam näher und neigte den Kopf hinunter zu Galaxia, um sich streicheln zu lassen. „Hallo Schöne…“ meint sie leise. Der Stallmeister bereitete schon den Sattel vor, einen sehr leichten, mit nur leichtem Zaumzeug – mehr um Galaxia Halt zu geben als um Astra unter Kontrolle zu halten. Er wusste die Prinzipessa war eine formidable Reiterin und besonders Astra lag völlig auf einer Welle. Die Stute betrachtete Galaxia als ein Teil ihrer Familie seit das Mädchen bei der Geburt von Starlight geholfen hatte. Kaum war sie gesattelt war Galaxia auch schon auf den Rücken ihrer Stute geklettert. „Seht aber zu das ihr in einer Stunde wieder hier seid.“, mahnt der Stallmeister. „Versprochen.“, meint Galaxia nickend. Der Stallmeister legt der Prinzipessa einen schweren, warmen Reiterumhang über und öffnet die Stalltür. Galaxia, die niemals die Sporen geben würde und auch jetzt mit nackten Füßen in ihren Steigbügeln stand, lehnte sich vor und flüsterte ihrer Stute etwas ins Ohr. Und schon trabte Astra los. Gemütlich zum Ausgang des Stalles und fiel dort in einen schnelleren Schritt, kurz darauf in den Galopp, der Stallmeister sah zu wie sie auf den weiten Ebenen um den Palast verschwanden. Der Zentralpalast von Zero lag weit außerhalb der Stadt auf den weiten grünen Ebenen. Im Süden lag die Stadt, im Norden die Weiten, dann Wälder, Berge und Schluchten. Die nördliche Hemisphäre des Zentralplaneten war weitestgehend unwirtlich – es gab vulkanische Regionen, stürmische Gebirgsketten, tobende Meere und Wälder in denen wer weiß was hauste. Sie wusste dass sie dort nicht hin durfte. Sie ritt eine weite Runde zum Rand der Wälder. Und dort sah sie den Schatten. Hinter sich, ein schnelles, schwarzes Pferd, sicher einer der Hengste aus den Palastställen. Er holte schnell auf. Aber Galaxia hatte nicht die Absicht, sich einfangen zu lassen. Schon gar nicht von der Garde. Sie schmiegte sich eng an den starken Nacken ihrer Stute, die sich fast stromlinienförmig streckte und so schnell wurde das der Wind fast schnitt. Doch der andere Reiter ließ nicht locker, kam näher, langsam aber stetig. Und war schließlich fast gleichauf, sodass er ihr in die Zügel greifen konnte. Sie wollte lenken, doch der Reiter zog die Zügel herum, Astra war irritiert und zog abrupt herüber. Der schwarze Hengst war so überrascht davon, dass er stolperte und samt Reiter in den Staub stürzte. Galaxia gewann die Kontrolle zurück und wollte weiter reiten, aber schließlich lenkte sie ein und kehrte zu dem gestürzten Reiter zurück. Langsam blieb sie bei ihm stehen, sah hinunter. Und erkannte, dass es kein Mitglied der Garde war. Es war ein blasser, dünner Junge mit wirrem dunklem Haar. Lucien Harkon, Der Sohn des Barons. „Was soll das?! Warum folgst du mir?!“, fragt Galaxia aufgebracht. „Ich konnte euch nicht einfach wegrennen lassen.“, murrt der Junge und setzt sich auf. Beide knie waren aufgeschürft, ebenso eine Handfläche und sein Kinn. Galaxia schnaubt und steigt hinunter von Astras Rücken. Sie zog ein kleines Messer aus ihrer Satteltasche und schnitt damit streifen vom Saum ihres Rockes. Dann setzt sie sich zu dem Jungen und verbindet seine Hand vorsichtig. „Ich wollte nicht wegrennen.“, murrt sie. „Warum reitet ihr dann mitten in der Nacht als wäre der Teufel hinter euch her?“, hakt Lucien nach. „Ich musste den Kopf frei kriegen.“, meint Galaxia schwach. Obwohl es schon stimme. Sie war weggerannt. Aber mit der vollen Absicht, auch wieder zurück zu rennen. Sie konnte doch nicht Astra von ihrer kleinen Starlight trennen. „Ich verstehe, dass ihr unter Druck steht. Man erwartet viel von euch. Aber ihr könnt nicht einfach gehen. Ihr werdet gebraucht.“, meint Lucien, seine Stirn in ernste Falten gelegt. Galaxia sah auf. Es war ihm völlig ernst. Also wurde auch sie ernst. Und ein wenig defensiv. „Du hast keine Ahnung von meinem Leben. Tu nicht so als wüsstest du, irgendwas davon wie schwer es ist.“, schnappt sie. „Ihr habt meinen Vater gesehen.“, meint Lucien kurz angebunden. „Und du hast keine Ahnung wie es ist, die Tochter der Präsidentin zu sein. Du hast keine Ahnung wie es sich anfühlt immer wie eine Enttäuschung angesehen zu werden.“ Einen Augenblick saßen sie schweigend auf dem staubigen Boden, die Pferde bei einer nahen Grasstelle, verstanden sich prächtig. Nach einem langen schweigen fing Lucien schließlich die Hand der Prinzipessa, die noch immer dabei war, seine Hand zu verbinden (sie war darin nicht besonders gut, aber tat ihr Bestes). „Ihr seid keine Enttäuschung. Niemand denkt das von euch. Alle glauben an euch, alle glauben das ihr eine großartige Präsidentin sein werdet.“, meint er. Galaxia schnaubte. Er aber lächelte. „Das einzige was euch zurückhält, Prinzipessa… seid ihr selbst.“ „Schlauberger.“, murrt Galaxia. „Ihr seid einsam, oder nicht?“, fragt er leise. Sie sah auf. Wollte eigentlich wütend werden über eine solche Aussage. Aber als sie einen völlig ernsten, fast besorgten Gesichtsausdruck sah blieb ihr der Ärger im Hals stecken. Er hatte Recht. Sie war entsetzlich einsam. Papyllon war die einzige Freundin gewesen, die sie hatte. Sie kannte keine anderen Kinder ihres Alters und die Bediensteten des Palastes behandelten sie natürlich mit gewisser Distanz. Wirkliche Freunde… hatte sie keine. Mit Ausnahme vielleicht des Stallmeisters. „Ihr habt niemanden?“ Langsam, ganz langsam schüttelte sie den Kopf. Lucien lehnt sich vor und legt ihr die unverletzte Hand auf die Wange. „Ich weiß, wie sich das anfühlt. Aber ihr könnt nicht aufgeben, nicht innehalten, Ihr werdet gebraucht.“ „Das sagt sich so leicht.“, murrt Galaxia. Lucien lächelt. „Ihr seid nicht mehr allein. Ihr habt einen Freund. Mich.“, meint er überzeugt. Galaxia zögerte einen Moment, dann rang sie sich ein Lächeln ab und nickt. Ein Wildfremder, der sich genug dafür Interessierte was geschah um ein Pferd zu stehlen und sie einzuholen. Und genau das sprach er auch mit einem Grinsen aus. „Hey, wir haben schließlich schon zusammen Pferde gestohlen. Wie viel enger kann eine Freundschaft noch werden?“, meint er grinsend. Galaxia lacht ein wenig verzweifelt, als wollte sie eigentlich weinen. Und sehr zu ihrer Überraschung rückte Lucien näher und umarmte sie. Eine Nähe die sich die meisten nicht wagten. Zu viele fürchteten ihre Mutter oder hatten Respekt oder fanden sie seltsam. Nichts davon schien Lucien zu irritieren. Sie saßen lange so, Arm in Arm, er streichelte ihr Haar und Galaxia versuchte zu verbergen, dass ihr Tränen über die Wangen liefen, aber er wusste es. Er schwor sich das niemals jemandem zu erzählen. Als die Pferde plötzlich abrupt aufsahen und die Ohren alarmiert anlegten wichen die beiden auseinander. „Was ist los, Astra?“, fragt Galaxia besorgt. „Was ist das da?“, fragt Lucien und deutet auf eine… keiner von beiden vermochte so wirklich es zu benennen. Aus den Ebenen rollte eine dunkle Wolke an, ein tiefes Grollen aus ihrem Innern, wie Donner, und rote Blitze zuckten in ihrem Innern. Heißer Wind wehte die Wolke voran, so heftig das sie nach Luft schnappten. Lucien sprang auf und zog Galaxia auf die Füße. „Wir müssen weg!!“ „Astra!!“, rief die Prinzipessa. Ihre Stute sprang zur Stelle, Galaxia schwang sich auf ihren Rücken, Lucien auf seinen schwarzen Hengst und sie galoppierten. Die Lichter des Palastes waren weit entfernt und die dunkle Wolke schien an Geschwindigkeit aufzunehmen, brüllte hungrig als wollte sie die beiden unbedingt verschlingen. Galaxia sah zurück. Und sah noch wie sich die Dunkelheit über ihnen auftürmte und dann krachend über sie ein brach. Sie waren augenblicklich in tiefste Finsternis gehüllt, nur zerrissen von roten Blitzen. Astra scheute panisch, Galaxia wurde von ihrem Rücken geschleudert und fiel in etwas. Sie sah auf, sah eine Monstrosität aus Dunkelheit, schwarze Klauen schlossen sich um ihre Arme und ein riesiges schwarzes Maul riss auf, schwarze Zähne aus Dunkelheit entblößt und rot glühende Augen. Galaxia schrie auf und gerade da tauchte Lucien auf, sein Hengst trat die Bestie, die in dunklen Rauch zerplatzte. Lucien zog die Prinzipessa auf das Pferd vor sich und riss die Zügel herum. Sie mussten fliehen. Doch im nächsten Moment spritzte Blut und der Hengst sackte unter ihnen zusammen. Lucien und Galaxia stürzten hart auf den Boden, wichen schockiert von dem zerfetzten Körper des Pferdes zurück. Die schwarze Kreatur baute sich vor ihnen auf, umzuckt von roten Blitzen, die nur gelegentlich überhaupt die Situation erhellten. Es herrschten grässliche Geräusche, wildes Brüllen und Toben. Lucien hatte Galaxia fest in die Arme geschlossen und war ziemlich sicher sie würden hier sterben. Die Bestie griff an, er stieß die Prinzipessa fort und wurde mit voller Wucht von der Klaue getroffen, Blut spritzte und Lucien sackte leblos zusammen. Galaxia schrie auf, hörte sich selbst seinen Namen schreien als sie an seine Seite stürzte. Sie drehte ihn auf den Rücken. Die rechte Hälfte seines Gesichts war völlig zerfetzt, aber er atmete. Wieder und wieder sagte sie seinen Namen, fast schon wie ein Gebet. Und fand sich wieder im Schatten der Kreatur. Sie sah die langen Krallen auf sie niederschnellen. Dann ein weißer Blitz, ein kläglicher Schrei. Blut spritzte in ihr Gesicht und sie konnte doch nicht wegsehen als Astra zusammensackte. Reglos lag das weiße Pferd vor ihr, langsam färbte sich alles um sie rot vom Blut. Irgendetwas in Galaxia war in diesem Moment zersprungen. Vielleicht eine Kette die etwas beschützen sollte. Aber was genau das war wusste sie da noch nicht. Es ging alles so schnell. Sie hatte das Gefühl als würde sie von innen heraus in Flammen stehen und war plötzlich umgeben von einem so hellen Licht das nicht einmal Geräusche oder Zeit hindurch dringen konnten. Die schwarze Schattenkreatur brüllte auf als sie spektakulär in Rauchschwaden zerfetzt wurde, die dunkle Wölke löste sich wie ein Schwarm Insekten auf. Das Licht um Galaxia implodierte in einer Schock-artigen Energiewelle, fegte über den Planeten, legte alle Systeme in der Stadt lahm. Doch davon bekam Galaxia nichts mehr mit. Sie war zu diesem Zeitpunkt schon bewusstlos neben Lucien zusammen gebrochen… Sie blinzelte benommen und irritiert. Desorientiert. Sie war umgeben von Licht und lag auf einem weichen Bett. Erst nach einem Moment erkannte sie das Bett und den Raum. Ihr Schlafgemach im Palais. Die Fenster standen offen, Sonnenlicht und milder Wind spielten mit den leichten, weißen Gardinentüchern. Sie wand den Kopf und sah in einem Sessel ihren Vater sitzen, leicht am dösen. „Vater…“, flüstert sie. Augenblicklich war der Hohepriester aufgesprungen und hinüber gesaust an ihre Bettkante, wo er sich setzte und ihre Hand nahm. „Galaxia… Glühwürmchen… du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt…“, meint er lächelnd. Es war abgerungen, das konnte sie sehen. Er sah müde aus – blass und mit schatten unter den Augen, hatte sich wohl schon seit ein paar Tagen den Kopf nicht mehr rasiert denn darauf hatte er einen dünnborstigen roten Haarflaum. „Was ist passiert?“, fragt Galaxia leise. Sie erinnerte sich an kaum etwas. Nur an… Astra. „Du warst weggelaufen, wir wussten nicht wo du warst. Und dann… gab es einen gewaltigen Energiestoß. Die ganze Elektronik von Zero war schlagartig abgestürzt, es war heilloses Cha-“, er zögerte, dann änderte er die Formulierung. „Es war Tohuwabohu. Als wir alles notdürftig wieder hergestellt hatten haben wir die Quelle des Elektromagnetischen Impulses triangulieren lassen. Und dort haben wir dich gefunden.“ Galaxia hört schweigend zu, Energie Impuls… elektromagnetisch… lahm gelegte Geräte… Sie erinnerte sich an die schwarze Wolke. Und dann schnappte sie nach Luft. „Lucien!“, keucht sie schockiert auf. „Es geht ihm gut. Er hing an einem dünnen Fädchen, aber er ist wieder auf den Beinen. Nur…“ Noch bevor der Hohepriester ausreden konnte wurde die Tür zu ihrem Gemach geöffnet und eine Zofe ließ den Jungen herein. Er hatte einen Arm in einer Schlinge, eine Hand im Gips und die rechte Hälfte seines Gesichtes war aufwendig bandagiert. Aber er lächelte und in seinen blauen Augen lag große Erleichterung. „Morgen.“, grüßt er und kommt näher. Der Hohepriester machte etwas Platz während Galaxia sich mühsam aufsetzte. Sie hatte kaum Kraft, nur Wille. „Lucien…“, flüstert sie, als der malträtierte Junge sich auf die Bettkante setzt. Sie hob zögerlich die Hand und legte sie auf seine verbundene Wange. „Es tut mir so leid… das ist alles meine Schuld…“, flüstert sie, schluchzte, kämpfte gegen bittere Tränen in ihrer Kehle. Aber Lucien lächelte nur und nahm ihre Hand. „Mein Gesicht für dein Herz. Das finde ich fair.“, meint er. Galaxia war einen Moment völlig perplex. Dann aber machte sie einen Satz nach Vorne und hatte ihn fest umarmt. Er schloss die müden Augen und erwiderte die Umarmung. So saßen sie lange. Galaxia Noah Elyssian und Lucien von Harkon waren Freunde geworden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)