Die Chroniken von Khad-Arza - Das Imperium der schwarzen Sonne von Linchan (Zweites Buch) ================================================================================ Kapitel 28: Die Aufgabe der Sieben ---------------------------------- Karana fuhr aus dem Schlaf hoch. Er wusste nicht, was ihn geweckt hatte; eigentlich konnte er sich gar nicht erinnern, dass er geschlafen hatte. Es war dunkel in der Familienhütte und er spürte eine klamme Kälte in seinem Inneren, obwohl er unter der warmen Felldecke seines Schlaflagers lag. Unwillkürlich fasste er nach seinem linken Arm, aber der Schmerz war verschwunden. Der Verband, den seine Mutter darum gewickelt hatte, um zu verhindern, dass er wie sein Vater sämtliche Haut und alles Fleisch bis auf die Knochen weg kratzte, als würde das irgendetwas bringen, fühlte sich rau an unter seinen Fingern. „Du bist wach.“, hörte er Ianas vertraute Stimme neben sich und drehte langsam den Kopf in die Richtung, aus der sie kam. Seine Frau hockte neben ihm auf dem Schlaflager, lehnte gelassen an der Wand der Hütte und betrachtete mit einer Intensität ihr geliebtes Kurzschwert, das Erbe ihres Vaters, als würde sie es anbeten. Karana wusste, dass diese Waffe ihr Ein und Alles war, es war das einzige Erinnerungsstück an ihren vor Jahren verstorbenen Vater und sie hütete es noch besser als ihre eigenen Augäpfel. Aber in den letzten Tagen hatte sie es selbst dafür unverhältnismäßig oft angestarrt und war immerzu tief in Gedanken versunken, ohne dass sie ihm jemals anvertraute, was sie so beschäftigte. Aber er verübelte es ihr nicht... vermutlich war er ihr keine Hilfe, er hatte selbst genug am Hals. „Hab ich lange geschlafen?“, murmelte er und versuchte benommen sich zu erinnern, ob er ernsthaft geschlafen hatte. Sein Kopf war leer... bis auf die Erinnerung an die grauenhaften Schmerzen, die kamen und gingen, so, wie es Ulan Manha in den Kram passte. Erneut fasste er nach seinem Arm und grübelte darüber, dass der Schmerz des Fluchmals wirklich komplett verschwunden war. Das für sich war recht eigenartig, in den vergangenen wenigen Tagen, die Karana das Mal schon trug, waren sie immer präsent gewesen, meistens so dumpf, dass sie kaum wahrzunehmen gewesen waren, aber immer noch deutlicher als jetzt. „Ein wenig.“, antwortete Iana auf seine Frage, „Der Morgen ist angebrochen. Die anderen sind schon auf.“ Sie steckte ihre heilige Waffe zurück an ihren Gürtel, ehe sie sich aufrappelte und in Karanas Richtung sah. „Wie geht es dir?“ „Gut...“, murmelte er, als er sich auch aufsetzte und sich ein paar Mal nachdenklich durch die Haare fuhr. „Verblüffend gut, meine ich. Es ist seltsam... der Schmerz ist komplett verschwunden.“ Iana schwieg und musterte ihn eingehend. „Wo sind alle?“, fragte er dann weiter und hörte sie seufzen. „Dein Vater ist auf der nächsten Krisensitzung mit den anderen Königen. Jetzt, wo Sagal aus dem Nichts wieder aufgetaucht ist, nachdem er tagelang spurlos verschwunden war, wollen sie wohl so etwas wie einen Plan entwickeln, was zu tun ist, wenn die Imperialisten sich auf uns stürzen. Deine Mutter und Schwester müssten irgendwo draußen herumlungern und Zoras ist noch vor der Dämmerung mit deiner Tante, ein paar Spionen und Yarek aufgebrochen nach Norden, um Scharans Versteck zu suchen.“ „Was?!“, entfuhr es Karana, „Meinen die das ernst?! - Die können ihn nicht zu Brei schlagen, ich habe es doch selbst versucht!“ „So, wie ich es verstanden habe, wollen sie ihn gar nicht angreifen, sondern bloß orten, und wenn es nach Plan läuft, merkt Scharan gar nicht, dass sie da waren. Zoras ist schließlich derjenige, der ihn mit Emo und irgendeinem zuyyanischen Spinner in den Bergen am Rand des Tals gesehen hat. Irgendwie war die Rede von einem Raumschiff und einer Batterie oder so, sie wollen nur herausfinden, was die da eigentlich treiben.“ Karana beunruhigte die Vorstellung; nicht ernsthaft, weil er sich ausgerechnet um Zoras Derran sorgte... der war ihm wirklich herzlich egal. Aber allein die Gedanken an Ulan Manha machten ihn nervös und er raffte sich knurrend auf, um die Hütte gefolgt von seiner Gemahlin zu verlassen. Draußen begrüßte ihn als erstes sein schwarzer Hund und wuselte um seine Beine, aber Karana konnte ihm nur wenig Beachtung schenken. Er wusste nicht, was es war, das ihn so aufwühlte... die Verwirrung über den wegbleibenden Schmerz im Arm oder die Erinnerung an Manha, der sie alle so gnadenlos schikanierte... irgendetwas in seinem Inneren war in Alarmstellung, als er auch die Blicke der anderen am Kochfeuer fing, die dort saßen. Seine Mutter lächelte ihn wohlwollend an, aber was ihm eher ins Auge stach war die Seherin, die ebenfalls am Feuer hockte und jetzt ihre violetten, seltsamen Augen auf ihn und Iana richtete, ihr Blick bohrend wie eine Pfeilspitze. „Du spürst es, nicht?“, fragte sie kryptisch wie immer und Karana zog die Schultern hoch, während Iana neben ihm brummte und den Hund zu vertreiben versuchte, der jetzt sie ansprang. „Die Zeit ist gekommen. Die Zeit der Sieben.“ Karana schauderte – er kam nicht zu einer Antwort, weil es in dem Moment unmittelbar vor ihm einen kurzen Knall gab und aus dem Nichts seine Tante zusammen mit Zoras und Yarek auftauchte. „Ah, Karana, guten Morgen.“, grüßte sie ihn, als wäre nichts los, und er fuhr japsend zurück, als so plötzlich einfach drei Menschen vor seiner Nase standen. „Du stehst da gefährlich, Junge, ich hätte uns fast auf dich drauf teleportiert.“ „Und?!“, rief Asta vom Feuer herüber und schien besorgt über die Neuigkeiten, die der Erkundungstrupp bringen könnte, „H-habt ihr es... gefunden?!“ „So in der Art.“, versetzte Yarek gelassen und Karana starrte ihn an. „Wie, in der Art?! Habt ihr Scharans Quartier in den Bergen gefunden oder nicht?!“ „Wie gesagt, in der Art.“, wiederholte der rothaarige Söldner, „Das Lager haben wir gefunden, es war nur keine Menschenseele mehr da.“ Darauf erntete er Schweigen von allen, die zugehört hatten. Ryanne kicherte und malte mal wieder Totenköpfe in die Erde. Alle anderen starrten die Neuankömmlinge verblüfft an. Schließlich sprach Simu, der sich erhob. „Wie, keiner war da?“ „Die Stelle, wo Zoras Manha mit Emo gesehen hat damals, war nicht weit vom Lager, das Lager war in einer Höhle.“, sagte Yarek, „Sie wies noch deutliche Spuren von Behausung auf, aber kein Mensch war da. Wir haben die ganze verdammte Umgebung abgesucht, da war kein Arsch.“ „Ob sie umgezogen sind?“, wunderte sich Tayson verhalten, „Vielleicht haben sie ja gemerkt, dass wir ihnen auf die Schliche kommen.“ „Sie waren noch nicht lange fort.“, schnarrte Zoras, der seine riesige Hellebarde in den Boden rammte wie eine Flagge, mit der er dieses Territorium zu seiner Eroberung erklärte, „Den verlassenen Feuerstellen nach zu schließen. So kurz, wie sie weg gewesen sind, können sie nicht weit gekommen sein, wir haben jeden Winkel der Berge abgegrast.“ „Teleport vielleicht?“, riet Simu scharfsinnig, „Ulan Manha hat in seinem Gefolge einen Geisterjäger gehabt, es ist nicht auszuschließen, dass er auch hochkarätige Telepathen oder Heiler hat. Und einen Zuyyaner, wie du sagst.“ „Wir haben noch einen Ort gefunden, hinter den Bergen, außerhalb des Tals.“, erwiderte Zoras darauf, „Ein gigantischer, karger Platz wie eine verlassene Baustelle. Wenn sie ernsthaft ein Raumschiff gebaut haben, wie es in dem Gespräch damals klang, dann haben sie es da gemacht. Aber weder von einem fertigen Schiff noch von Arbeitern war etwas zu sehen, nur ein paar Materialreste und Spuren am Boden, dort, wo das, was sie da gebaut haben, gestanden haben muss.“ Er griff in seinen schwarzen Umhang und förderte ein paar Handtellergroße Metallplatten zu Tage, die er Simu und den anderen vor die Füße warf. „Solche Reste zum Beispiel. Und die Spuren, die wir gesehen haben, waren gigantisch groß. Ob sie nun ein Schiff oder eine Kampfmaschine gebaut haben, es war gewaltig groß. Sicher so groß wie ganz Holia, verdammt.“ Karana spürte sein Unbehagen wachsen bei den Ausführungen seines Schwagers, der jetzt irgendwie auch sein Bruder war, was er geflissentlich ignorierte. „Wenn sie ein Schiff gebaut haben... ein Raumschiff, meine ich, vielleicht sind sie damit abgehauen?“, überlegte Neisa, die sich ihrem Gemahl jetzt auch zuwandte und nicht minder verblüfft wirkte als die anderen. „Und wohin?“, wunderte sich Zoras, „Vielleicht finden sie ja eine erträglichere Welt, die sie unterwerfen können, die etwas wärmer ist, oder was?“ Darauf hatte niemand eine Antwort. Allein die Seherin trällerte in aller beklemmenden Stille vor sich hin, während sie liebevoll einen Schädel nach dem anderen in die Erde zeichnete und offenbar nicht als makaber oder merkwürdig empfand, was sie da machte. „Ich sage ja, die Zeit der Sieben ist jetzt gekommen.“, flötete sie guter Laune, „Hat Chenoa dir gar nichts gesagt, Yarek, als du ihr treuer Lakai warst? Solltest du es nicht... wissen?“ Jetzt schenkte sie dem rothaarigen Mann ein dämonisches Grinsen, welches Yarek wie eh und je eiskalt mit einem desinteressierten Blick erwiderte. „Wenn du glaubst, ich wüsste irgendetwas Brauchbares, überschätzt du Chenoas Gutherzigkeit. Wovon sprichst du, Ryanne?“ Alle Blicke wandten sich auf sie und Karana spürte eine unterschwellige Wut auf sie in sich; wie jetzt, sie wusste irgendetwas über das, was sie alle beschäftigte, und sagte kein Wort? „Ich habe das Schiff gesehen in meinen Träumen.“, erklärte Ryanne der Yalla achselzuckend, als spräche sie über das Wetter. „Die Tari Randora... den Schlüssel zur Welt der sieben Götter.“ „Ähm – was?!“, japste Zoras dann, als alle schwiegen, „Ich verstehe kein Wort von dem was du redest!“ „Ich glaube, das geht nicht nur dir so.“, entgegnete Simu unwirsch, als sich alle Blicke auf die Seherin legten, die tief seufzte und weiter Schädel malte. Sie warteten einen Moment darauf, dass sie sich erklärte – dann hob sie plötzlich den Kopf und starrte verdutzt in die Runde. „Hey, was glotzt ihr mich alle so an wie die Aasgeier?! Hab ich was im Gesicht? Wer seid ihr überhaupt?“ Die anderen warfen sich Blicke zu, die Bände sprachen, und Karana schnaubte, als Zoras vor unterdrücktem Zorn bebend und leise vor sich hin fluchend der Versammlung den Rücken kehrte und samt seiner Waffe davon stampfte, vermutlich, um sich daran zu hindern, seine Wut an Unschuldigen auszulassen. Er konnte den Mann seiner Schwester einmal verstehen... „Manchmal habe ich das Gefühl, sie gaukelt uns nur was vor und spielt absichtlich immer dann die Dumme, wenn es ernst wird.“, grollte er und spürte die anderen ihm größten Teils stumm zustimmen. Allein Yarek stöhnte genervt und zog eine neue Kippe aus seiner Manteltasche. „Nein, das glaube ich nicht... sie ist dafür geboren worden, die Frau ohne Erinnerungen zu sein. Die Sehkraft frisst ihr echtes Bewusstsein auf und diese Augenblicke, in denen sie uns so dumm und zurückgeblieben vorkommt, sind die einzigen Momente, in denen ihr Bewusstsein darum kämpft, nicht gefressen zu werden... unter fähigen Sehern soll Wahnsinn ja verbreitet sein, mich wundert es wenig.“ Der Himmel grollte. Zoras grollte innerlich genauso, als er in einiger Entfernung aus der verlassenen Anhöhe hockte, auf die er sich meistens zurückzog, wenn er gereizt war, und das Lager so von oben herab beobachtete. Sagal und Karanas Vater kamen von der Versammlung zurück und offenbar gab es ein wenig zu erzählen, da vor den Hütten auf dem Hügel wieder alle versammelt standen und redeten. Mit einem nervösen Murren griff er den Stab seiner Waffe fester und spürte das bedrohliche Grollen des blutigen Himmels. Es war nicht ernsthaft der Zorn über die Marotten der beknackten Fannerin, die ihn aufwühlten... es war, wie sie zu Karana gesagt hatte. „Du spürst es, oder? Dass die Zeit gekommen ist...“ Er spürte es auch. Mit seinem ganzen Bewusstsein spürte er die Veränderung, die in der Luft hing, so greifbar, dass er glaubte, er würde sie sehen können, wenn er sich genug anstrengte. Die Geister wisperten in seinem Kopf und sprachen von Schicksal... von Bestimmungen, die erfüllt werden mussten. Und von Tod und Schatten. „Du siehst mitgenommen aus. So wird es uns allen noch gehen, glaube ich. Dieser Moment, in dem wir glauben, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein, die uns vorherbestimmt wurde... uns Sieben.“ Er fuhr herum bei der plötzlichen Stimme hinter sich und war völlig verblüfft – er hatte mit einigen gerechnet, aber nicht mit ihr. „Thira Jamali?!“ „Leibhaftig und in Farbe.“, erklang die nächste ihm bekannte Stimme darauf und Zoras erhob sich rasch, als neben Thira Chenoa auftauchte. Himmel – Thira hatten sie alle ja ewig nicht gesehen. Seit Chenoa sie unter ihre Fittiche genommen hatte, um sie auszubilden, waren Monde vergangen... seitdem hatte keine Menschenseele die grünhaarige Zuyyanerin mehr gesehen. Sie war fast unverändert, als sie jetzt vor Zoras stand, genauso groß wie er und die blutroten Augen starr auf sein Gesicht gerichtet, ohne auch nur zu blinzeln. Er sah zu Chenoa, die ebenfalls nicht verändert wirkte. „Thira hat diesen Punkt jetzt überwunden dank des Studiums, das sie absolviert hat, und jetzt kommen die Dinge wohl ins Rollen, wie ich sehe. Scharan ist verschwunden?“ Zoras senkte die Brauen und seufzte dann. Er fühlte sich unbehaglich in Chenoas Gegenwart; dass er keine Gefühle für sie hatte wäre eine Lüge gewesen, er hatte durchaus welche, wenn auch keineswegs romantischer oder gar erotischer Natur, obwohl er definitiv nie die Nacht vergessen würde, in der er sich so hemmungslos mit ihr vereint hatte auf Tharr. Diese Frau war in sein Leben gekommen und hatte alles auf den Kopf gestellt, und trotzdem verspürte er Ehrfurcht vor ihr, sogar ein gewisses Maß an Vertrauen, das er gar nicht logisch erklären konnte. Sein Verstand sagte ihm, dass ihr zu trauen gefährlich war, aber sein Bauchgefühl ließ es ihn trotzdem tun... „So scheint es. Weißt du, wo er hin ist?“ „Vermutlich aufgebrochen mit der zweiten Tari Randora. Scharan und seine Schakale sind... nicht länger Zuyyas Problem, sondern ab jetzt das der Sieben. So... will es das Schicksal.“ „Ich hasse dein kryptisches Gerede. Kannst du nicht einfach mal deutlich sprechen, Chenoa? Was willst du, bist du gekommen, um zu plaudern?“ „Nein.“ Es war Thira, die antwortete, und Zoras sah sie verblüfft an, als sie lächelte. „Wir sind gekommen, um euch alle zu unterrichten, was... das genaue Schicksal der Sieben ist. Jetzt ist es Zeit... dass wir aufbrechen.“ Sie versammelten sich um das Kochfeuer vor Lyras Familienhütte. Neben den Sieben waren auch alle anderen Bewohner dieser Hütte und der Nachbarhütte dabei und es interessierte sie alle, was Chenoa zu sagen hatte – endlich mal, nachdem sie seit Monden vor sich hin vegetierten und sich fragten, was eigentlich geschehen würde. Die Beraterin des Kaisers ergriff in absoluter Seelenruhe das Wort. Tayson fragte sich stumm, ob sie jemals etwas anderes als seelenruhig war; und er fragte sich, warum ihn die Angelegenheiten der Sieben überhaupt interessierten. Er gehörte nicht dazu... er war nur ein bedeutungsloser Mitläufer, der zufällig mit Karana befreundet und deswegen hierher gekommen war. Er vermied es, Neisa anzusehen, während sie um das Feuer saßen und Chenoa sprach. Sie anzusehen machte ihn immer noch zornig... erst recht, wenn sie wie immer neben Zoras Derran hockte... der jetzt ihr Ehemann war. Und kein Schwein hatte sich noch länger um das geschert, was Neisa ihm, Tayson, angetan hatte. Außer Asta. „Meine Vorfahren haben einst ein Projekt entwickelt, das zur Evakuierung in Notzeiten gedacht war. Wenn Katari der ganzen Welt zürnt, müssen wir weglaufen, hieß es. Weglaufen und... uns eine neue Welt suchen. Kurzum, wir werden Zuyya aufgeben.“ So sprach die Beraterin des Kaisers und erntete verblüfftes Schweigen. „Wie jetzt?“, machte Karana irgendwo. Chenoa fuhr fort. „Das Projekt nannte sich Trias-Projekt. Die Tari Randora, das Raumschiff, das mein Vater gebaut hat, wurde eigens für diesen einen Zweck geschaffen. Und die Aufgabe der Sieben ist es, sie zu benutzen, um die Trias zu finden... die Maschine, die fähig ist, uns eine neue Welt zu erschaffen, in der wir leben können.“ jetzt herrschte Grabesstille und Tayson konnte nicht umhin, die blauhaarige Frau fassungslos anzustarren, wie es auch alle anderen außer Thira taten. Und die Seherin, addierte er noch, als sein Blick Ryanne streifte, die vor sich hin trällerte und Totenköpfe in die Erde malte. Langsam wurde sie wirklich debil. „W-was... was meint Ihr damit, eine Maschine, die eine Welt... erschafft?“, war es tatsächlich Asta, die zuerst wieder sprach, und Chenoa schenkte ihr und Tayson, der neben ihr hockte, einen forschen Blick. „Das, was ich gesagt habe. Die Trias erschafft einen Planeten.“ „Moment – sowas ist möglich?!“, entfuhr es König Puran Lyra auf der anderen Seite des Lagerfeuers, „Wollt Ihr uns veräppeln?!“ „Das sind Zuyyaner, die sowas gebaut haben, mein König.“, warf Dasan Sagal schulternzuckend ein, der auch nicht sonderlich überrascht aussah, „Wundert es Euch ernstlich?“ Tayson konnte nur den Kopf schütteln bei der Vorstellung, dass Zuyyaner fähig waren, ganze Planeten zu erstellen. Die Bewohner des blauen Mondes waren unheimlich... auf Tharr hatten Zuyyaner grundsätzlich als furchteinflößende Bestien gegolten. Jetzt spätestens wusste der junge Mann, wieso. Diese Bastarde erschaffen Planeten aus dem Nichts. Sie... können verdammt noch mal nach Belieben Gott spielen. „Und... die Sieben sind also deshalb auserwählt worden, damit sie... in ein Raumschiff steigen, diese Maschine suchen und einen neuen Planeten schaffen können, damit alle hier von Zuyya fliehen können, ja?“, fragte Zoras Derran argwöhnisch und Tayson unterdrückte den Zorn in sich, wenn er nur die Stimme dieses arroganten Mistkerls hören musste. Chenoa beantwortete die Frage mit einem stoischen Nicken. „Und das... fällt dir jetzt ein, Chenoa?!“ „Nein, es fiel mir schon viel früher ein, lediglich gab es keinerlei Möglichkeit, die Aufgabe auch auszuführen, weil diverse... Hindernisse im Weg standen.“ „Der Imperator.“, schlussfolgerte Yarek Liaron schlau, „Er dachte, die Tari Randora wäre sein persönliches Schiff. Er hätte uns gar nicht ran gelassen – wie man an Akando Jamalis Versuch damals vor elf Jahren gesehen hat, wäre das nicht gut ausgegangen.“ „Du bist so scharfsinnig.“, sagte Chenoa mit leichtem Sarkasmus, schien es aber irgendwie nicht böse zu meinen, was Tayson nicht ganz begriff. „Warum hat man den Kaiser nicht einfach vorher getötet?!“, empörte sich Zoras weiter, „D-das ist doch absolute Zeitverschwendung, unsere Aufgabe ist es, mit einem verdammten Raumschiff durch die Gegend zu gurken und ein einziger Mann war fähig, das um Monde hinauszuzögern, allein dadurch, dass er gelebt hat?!“ „Es gab etwas, das der Imperator hatte, das wir dafür brauchen.“, sagte jetzt Thira mit derselben, ätzenden Seelenruhe. „Die Batterie, die die Tari Randora betreibt. Wenn man ihn vorher getötet hätte, hätte niemand jemals gewusst, wo die Batterie steckt, denn einen Toten konnte man schlecht fragen. Wir mussten sie zuerst finden.“ „Ich denke, Scharans Schakale haben den Imperator getötet.“, schnaubte Puran Lyra nicht sehr überzeugt, „In Wahrheit wart Ihr das?!“ „Nein, keineswegs. Die Leute von Manha haben uns damals zufällig in die Hände gespielt.“, erwiderte Chenoa, „Da sie jetzt aber selbst losgeflogen sind mit ihrer zweiten Tari Randora, dürfte uns das wenig kümmern.“ „Moment – dahin sind die abgehauen?!“, fragte Karana, „S-sie haben sich ein... Schiff gebaut und sind selbst los, um diese Trias zu finden?! W-wieso sitzen wir dann noch hier?!“ „Weil sie ohne die echte Tari Randora mit der Trias nichts anfangen können.“, erwiderte Thira unbekümmert, „Zweifelsohne werden wir ihnen auf dem Weg zur Trias begegnen... und sie am Hals haben. Ich schätze, sie warten darauf, dass wir mit der echten Tari Randora aufbrechen, um sie uns wegzunehmen, oder so. Einfach wird es sicher nicht, aber wir haben den Vorteil, vorher zu wissen, was uns erwartet.“ „Entschuldige, ich weiß das nicht!“, empörte sich Zoras Derran, „Ich bin in meinem ganzen Leben ein einziges Mal mit einer Fähre gefahren, und zwar vor Tharrs Explosion hierher! Ich habe absolut keine Ahnung, wie so ein Schiff funktioniert und erst recht nicht, wie wir nach dieser Trias suchen sollen!“ „Das Steuern übernehme vorerst ich, ich habe das ausgiebig studiert in der Zeit bei Chenoa.“, zuckte Thira mit den Schultern und Tayson schnaubte. „Das stellt ihr euch aber einfach vor... weißt du denn, wo du die Trias suchen musst, Thira?“ Die Grünhaarige sah ihn blöd an. „Im All.“ „Das... hilft uns jetzt aber extrem weiter.“, stellte Zoras Derran fest, und Tayson musste ihm definitiv recht geben, egal, wie sehr er ihn verabscheute. Thira seufzte. „Ich habe einen Anhaltspunkt, den wir zuerst anlaufen müssen. Eine Gegend, die sich Karanyi-Nebel nennt. Die Trias wurde von meinem Großvater geschaffen. Er hat sie eigens an den Ort gebracht, an dem sie jetzt ist, und gut versteckt, damit die hörigen Imperialisten sie nicht finden. Wir Zuyyaner sind mit der Raumschifffahrt bewandert, Zoras, ich weiß, wie man die Tari Randora steuert und die Planeten oder Systeme orten kann, die man sucht.“ Die anderen sahen einander konfus an. „Und wenn es doch dein Großvater war, hat er nicht... zufällig irgendwas hinterlassen, wo er dir sagt, wo er diese Trias versteckt hat?“, wunderte sich Karana, „Ich meine, das nützt doch niemandem, wenn sie weg ist und keiner sie finden kann.“ „Ich kann sie ja finden.“, behauptete Thira, „Im Karanyi-Nebel werden wir Antworten bekommen, Karana. Wir sollten gleich morgen aufbrechen; die Tari Randora steht auf dem Hohen Berg nahe Ahrgul mitten in den Gletschern, die die Stadt überrollt haben. Und wir sollten Ulan Manha und seine Tari Randora Zwei nicht zu lange alleine da draußen lassen.“ Als wäre sie jetzt fertig und alles geklärt sah sie aus, als wollte sie aufstehen, aber König Lyra hielt sie empört auf, indem er das Wort ergriff. „Einen Moment mal, junge Dame. Ich kenne mich nicht so gut in dieser Technik aus, aber hast du nicht gesagt, ihr braucht eine bestimmte Batterie? Die, nach der Zoras' Beobachtungen zu Folge auch Manha gesucht hat... und jetzt ist er weg und der Kaiser ist tot, und wo ist diese Batterie?“ Zur Antwort griff Chenoa unter ihren Umhang und förderte das fragwürdige Objekt zu Tage. Tayson starrte es an; er hatte nie zuvor eine echte Endlosbatterie gesehen, er kannte die Dinger nur aus Schulbüchern und wusste, dass die Zuyyaner sie für alle Maschinen benutzten. Ihre Energie währte ewig, hieß es, und erschöpfte niemals. Und jetzt hielt Chenoa so ein Ding in der Hand, vielleicht wenig länger als seine eigene Hand lang war, zylinderförmig, an den Enden Vorrichtungen aus komplizierten Windungen, an denen die Batterie angebracht wurde; die Mitte bestand aus einer gläsernen Röhre, in der ein gallertartiges, schwach glimmendes Zeug waberte. Was genau es war, wollte er lieber nicht wissen... für ihn sah es aus wie Kotze von Gespenstern. „Hier ist sie.“, behauptete Chenoa, „Die Batterie der Tari Randora speziell ist ein Unikat, eine Spezialanfertigung extra für dieses Projekt. Ohne sie funktioniert das Projekt nicht. Da der Kaiser die Tari Randora als sein Eigentum betrachtete, hat er sie wohl ausbauen lassen und an sich genommen, um zu verhindern, dass jemand damit flieht, für den Fall, dass es jemand schaffen sollte, an den Wachen vorbei zu kommen.“ Puran Lyra war noch nicht zufrieden. „Gut, und wenn diese lebenswichtige Batterie hier ist – womit fährt dann Manhas Schiff?“ Tayson fand, das war eine gute Frage. „Mit einer gewöhnlichen Endlosbatterie, schätze ich.“, sagte Chenoa, „Ich sagte ja, ohne die echte Tari Randora kommen sie nicht weit, die echte zu stehlen vermochten sie aber nicht, also haben sie sich eine eigene gebaut und verlassen sich darauf, dass die echte Tari Randora bald startet und sie ihr nachjagen können.“ „Das... d-das ist doch dann ein reines Himmelfahrtskommando!“, rief Zoras, „Das heißt, wenn wir losfahren, sitzen die uns gleich im Nacken und wir servieren uns denen auf dem Silbertablett?!“ „Wenn wir denn losfahren.“, machte Simu, „Was machen die, wenn wir beschließen, hier zu bleiben?“ „Das werden wir nicht und das wissen sie, das ist natürlich ungünstig für uns.“, räumte Thira unbekümmert ein, „Was immer sie da an Leuten haben, irgendwer hat definitiv nicht wenig Ahnung von der Aufgabe der Sieben – und von allem drum herum. Und vom Trias-Projekt.“ Alle schwiegen. König Puran Lyra raufte sich nervös die Haare. „Können wir... irgendetwas tun, um Manha aufzuhalten und die Sieben zu schützen, Chenoa?“ „Nein.“, sagte sie frei heraus, „Wenn sie die Atmosphäre verlassen, sind sie auf sich gestellt. Sie haben Yarek.“ „Na toll.“, stöhnte der Rothaarige und Tayson schauderte bei dem Gedanken, dass der Kerl ab jetzt die komplette Verantwortung trug. Unsicher ballte er seine Fäuste und spürte Astas verstörten Blick auf sich ruhen, ohne sie anzusehen. „Wir haben hier unseren eigenen Feind, Majestät.“, fuhr die Beraterin ruhig fort, „Die Imperialisten. Während die Sieben die Trias suchen, sollten wir... die Imperialisten dezimieren, soweit wir das vermögen, dann sind wir sie auf dem neuen Planeten los.“ „Also sieht es jetzt wie folgt aus: Wir ziehen los, suchen die Trias, schlagen irgendwie Manha in die Flucht, bauen einen neuen Planeten und kommen zurück, um euch alle einzusammeln und zur neuen Welt zu bringen.“, kombinierte Simu ernst und alle sahen ihn stirnrunzelnd an. Chenoa nickte. „So sieht es aus.“ „Wie lange soll das dauern?“, fragte Karana, „Jahrzehnte?“ „Ihr habt fünfundfünfzig Tage, bis ihr aufbrechen müsst, um zurück zur Zuyya zu kommen. Fünfundfünfzig Tage, das sind fast zwei Monde, in denen ihr die Trias finden, Manha ausmerzen und die neue Welt schaffen müsst.“ Tayson verschluckte sich an seinem eigenen Speichel. „W-wie, nur zwei Monde?! Das... klingt nach nicht viel!“ „Das ist verdammt wenig.“, addierte Zoras Derran grantig, „Ich weiß ja nicht, wie weit diese Trias weg ist und so... aber was mich viel mehr beschäftigt ist die Frage, wieso... wir sieben, Chenoa.“ Alle sahen ihn an und die blauhaarige Frau verengte die gelben Augen. „Ich meine... wenn die Aufgabe ernsthaft ist... mit einem Raumschiff zu fliegen und eine Maschine zu suchen... wieso wurden dann nicht sieben Zuyyaner ausgewählt, die sich mit sowas auskennen? Ich weiß weder über Maschinen, noch über Endlosbatterien, noch über dieses Projekt irgendetwas außer dem, was ihr gerade erzählt habt. Und ich wage zu behaupten, dass es den fünf anderen, allen außer Thira, auch so geht... oder so ähnlich. Irre ich mich, Karana?“ Karana öffnete den Mund und schien ihm aus Prinzip widersprechen zu wollen, sagte dann aber doch nichts... natürlich hatte er recht, selbst Tayson war das klar. „Weil es nicht in erster Linie um die Reise an sich geht.“, machte Chenoa langsam, „Es tut mir leid, ich kann dir... auch nicht ernsthaft sagen, warum ihr sieben es seid. Es war der Wille der Mächte der Schöpfung und... vielleicht findet ihr auf der Reise heraus, was der Grund ist. Ihr sieben... vereint die Seele von Khad-Arza. Das Blut aller drei Welten, die einst ein Ganzes waren... was sie wieder sein werden. Das ist alles, was ich weiß, Zoras.“ Darauf gab es nichts weiter zu sagen. „Morgen in der Dämmerung brecht ihr auf. Nehmt die Seherin mit, sie kann euch zur Tari Randora teleportieren.“ Damit war es beschlossen. Es gab nicht viele Worte der Verabschiedung. Yarek beobachtete den Rest des Tages über, wie die anderen sich vorbereiteten. Sachen packten, die wenigen, die sie besaßen, Vorkehrungen trafen, aufzubrechen. Er hatte nicht viel zu tun. Er hatte sein Hab und Gut bereits zusammengebunden. Eigentlich bestand es auch bloß aus seiner Masamune, seiner Decke, Zigaretten und einer Ration Proviant. Er hockte etwas entfernt vom Feuer, als der Abend kam und die anderen noch immer beklommen beschäftigt waren. Es wurde wenig gesprochen... niemand wusste, ob sie sich wiedersehen würden. Die Aufgabe könnte scheitern... wenn nicht an Scharan, dann an zu knapp bemessener Zeit. Wenn sie scheiterten, egal auf welche Weise, würde die Zuyya sterben... und mit ihr all jene, die sie hier zurück ließen. Das Wetter wurde schlechter... und da es nicht so aussah, als würde sich die Asche in der Luft endlich mal auflösen und Zuyya wieder Licht bringen, würde diese Welt in einiger Zeit elendig vergehen. Es wuchsen keine Pflanzen mehr, es lebten kaum noch Tiere. Die Zivilisation war am Ende und Yarek fragte sich, ob das bisschen natürliches Material, sei es zum Essen oder zum sonstigen Leben, das es auf Zuyya noch gab, wohl so lange reichen würde, wie sie brauchten. „Na?“, fragte er die Seherin dumpf, die neben ihm hockte und ausnahmsweise einmal nicht im Dreck malte. Sie saß ganz starr da und starrte ins entfernte Feuer. Ob sie fror wusste er nicht... zittern tat sie nicht, obwohl sie für die Wetterverhältnisse einfach zu wenig Kleidung trug. Dass sie nicht längst erfroren war, wunderte ihn irgendwie... aber sie war eben die Seherin. Sie war anders... und merkwürdig. Vielleicht war sie unsterblich und die Kälte konnte ihr nichts anhaben. Yarek hätte das, musste er sich eingestehen, nicht mal mehr überrascht. „Siehst du in die Zukunft, Ryanne? Siehst du, ob die Mission gelingen wird?“ „Ich sehe Schatten.“, erklärte sie, was nicht viel sagte; Schatten sahen sie alle. Immer und überall. „Das Schicksal der Götter... liegt jetzt in ihren eigenen Händen.“ „Wieso sprichst du von Göttern?“, wunderte er sich und sie zeigte nur ein kryptisches Lächeln, ohne ihre Augen vom Feuer zu lösen. „Na... sind sie das nicht? Die Götter von Khad-Arza... die das Leben zurückbringen sollen, wo hier nur Tod herrscht?“ Darauf hatte er keine Antwort. Er wäre auch nicht zum Antworten gekommen, denn da hörte er Schritte, die auf ihn zu kamen. Als Yarek den Kopf hob, sah er verblüffenderweise Tayson und das rosahaarige Bauernmädchen kommen. Abgesehen davon, dass er mit ihnen in derselben Hütte lebte, seit sie in Suyuhhr waren, hatte er nie etwas mit ihnen zu tun gehabt. Was sie jetzt wollen könnten, war ihm schleierhaft... bis Tayson sprach. „Wir werden euch begleiten auf eurer Reise. Ich weiß, wir gehören nicht zu den Sieben, aber... Ryanne tut das genau genommen auch nicht. Sie kommt mit, weil sie nützlich ist. Wir... werden auch nützlich sein, denn je mehr wir sind, desto besser.“ „Wer sagt dir, dass das besser wäre?“, fragte Yarek ihn verblüfft. „Und wieso sagst du das mir und nicht den Sieben?“ „Weil du ihr Beschützer bist und die Verantwortung trägst.“, entgegnete Tayson leise und senkte unsicher den Kopf. „Willst du Scharans Männer alleine fertig machen, wenn sie euch angreifen? Und so, wie ich das verstanden habe, wird daran kein Weg vorbei führen, wenn sie die Trias wollen... dann brauchen sie die Batterie. Und die haben wir.“ Das war richtig. Yarek musterte den jungen Mann eine Weile schweigend. „Du denkst also, ich schaffe es nicht alleine, und willst mir den Rücken frei halten, sehe ich das richtig?“ Der Söldner erhob sich und putzte sich den Staub vom Mantel, um mit Karanas Kumpel auf gleicher Höhe zu sein. „Sei nicht albern, Yarek.“, sagte Tayson ernst, „Du magst ein brillanter Krieger sein, aber niemand kann es mit hunderten zugleich aufnehmen. Was hast du zu verlieren? Deinen Stolz, oder was?“ „Zum Beispiel. Ich würde heulen, wenn ich mir ausgerechnet von dir den Arsch retten lassen müsste.“, erwiderte der Rothaarige. „Ich hab auf Tharr gesehen, dass du mit dem Schwert umgehen kannst. Und du bist unkaputtbar, das ist in der Tat nützlich. Hast du eine Ausbildung gemacht?“ „Ich habe beim Tischler gelernt.“ „Das meine ich nicht. Hast du eine Kampfausbildung gehabt? Ich habe seit meinem siebten Lebensjahr kaum was anderes gelernt.“ Tayson musterte ihn verblüfft und schüttelte dann den Kopf. „Ähm, nein, ich... mach es so, wie es mir in den Kopf kommt.“ „Hackst also wahllos alles kaputt, was dir in den Weg kommt.“, schlussfolgerte der Söldner grinsend, ehe er ihm einen weiteren Blick schenkte und sich dann wieder hinsetzte. „Dann übe, das zu kontrollieren. - Aber was will deine Freundin dabei?“ Er sah auf Asta und wie die junge Frau verlegen den Kopf senkte. „Kannst du irgendwas, Frau? Wie kannst du nützlich sein? Sag jetzt bitte nicht als Matratze, das hat glaube ich niemand von uns nötig. Höchstens Tayson, ah, das macht Sinn.“ „Alter, sei nicht so ein Hurensohn...“, grollte Tayson errötend, während Asta nach Luft schnappte. „Ich – kann alles lernen, was ihr brauchen könnt! Ich könnte Essen machen. Ich könnte mir von... d-der Zuyyanerin zeigen lassen, wie man steuert, damit sie es nicht alleine tun muss – sie muss doch sicher auch mal schlafen, oder? Ich will... nicht alleine hier bleiben.“ „Du bist nicht alleine.“, räumte Yarek verblüfft ein, „König Puran bleibt doch auch hier, hat er dich nicht in Schutz genommen? Du kannst seinen Frauen beim Kochen helfen. Im Ernst, was... willst du denn auf einem Raumschiff? Hast du keine Angst? Das wird kein Betriebsausflug, weißt du?“ Die Frau nickte. „Das weiß ich. Aber ich habe bisher nur wie ein Schmarotzer hier gelebt und wurde von allen beschützt – ich bin es euch schuldig, etwas nützliches zu tun. Vor allem Tayson und Simu... die mir beide schon das Leben gerettet haben. Und Zoras, in gewisser Weise, weil er meinen Vater getötet hat.“ Yarek musste hohl lachen. „Himmel... du bist ja eine richtig rachsüchtige Schlampe, was? Den Mann ehren, der deinen Vater getötet hat... und ich dachte, sowas können nur Zuyyaner.“ Sie sagte nichts dazu, schrak aber auch nicht scheu zusammen, was er fast erwartet hätte, und Yarek seufzte, fuhr sich durch die roten Haare und wandte sich wieder Ryanne und dem Feuer zu. „Tut was ihr nicht lassen könnt. Aber ich beschütze euch nicht, sieben sind mir fürs erste genug.“ Damit war das Thema für ihn erledigt und er hörte noch, wie Asta sich bedankte und Tayson irgendetwas murmelte, ehe sie beide gingen. „Lügner.“, kicherte Ryanne und er starrte sie an, als sie ihm ihren milchigen Blick zu wandte und ihn blöd angrinste. „Wie bitte?“, brummte er missgelaunt. „Wieso Lügner?“ „Du würdest sie doch trotzdem beschützen.“, gluckste sie, „Um dir selbst zu beweisen, dass du es kannst. Dass du... jetzt gut genug bist, im Gegensatz zu damals.“ Er verengte die blauen Augen zu schmalen Schlitzen. Der Gedanke, dass ein Blick in seine Seele sie seine Kindheit sehen ließ, behagte ihm überhaupt nicht. Nicht, dass er etwas zu verbergen gehabt hätte... aber es fühlte sich falsch an, wenn Leute darum wussten, ohne dass er es ihnen je erzählt hatte. „Halt die Schnauze, du Hure.“, sagte er so nur kaltherzig zu ihr und versuchte, ihr Kichern zu ignorieren. In der Nacht wurde es eisig. Leyya schmiegte sich dicht an ihren Gemahl, mit dem sie das Schlaflager teilte, und umschlang mit ihren schlanken Armen liebevoll seinen Bauch. Puran rührte sich kaum. Er war noch wach, das erkannte sie, obwohl sie hinter ihm lag und sein Gesicht nicht sehen konnte; davon abgesehen war es stockfinster in der Hütte. Sie fröstelte; obwohl es unter der Felldecke und an den Körper ihres Mannes gekuschelt warm war, fühlte sie sich kalt und schutzlos. Sie hatte sich schon lange nicht mehr so an ihn geschmiegt... nicht, seit er Pakuna geheiratet hatte. Er hatte ihr zwar beteuert, dass er nicht auf diese Weise Gefühle für sie hatte und dass er unter Garantie nicht mit ihr zu schlafen gedachte, aber Leyya hatte sich immer noch nicht an den Gedanken gewöhnt, ihren Mann mit jemandem teilen zu müssen. Sie mochte Pakuna... es war keine richtige Eifersucht, die sie erfüllte, und sie vertraute Puran ja, wenn er sagte, er würde nicht mit ihr schlafen... dennoch machte es sie unruhig und hatte sie wochenlang dazu veranlasst, ihm bockig den Rücken zu kehren in der Nacht, egal, wie sehr er sich um sie bemüht hatte. Es war ihr zunehmend schwer gefallen, ihn zu ignorieren, es war ja nicht so, dass sie gerne darauf verzichtete, mit ihm Liebe zu machen... und jetzt, wo sie plötzlich wussten, dass ihre Kinder morgen aufbrechen würden auf eine Reise, die ihnen vielleicht den Tod brächte, schaffte sie es nicht mehr, sich bockig zu stellen. Sie hatte Angst um ihre Kinder... und den einzigen Trost gab es in Purans Armen, das war immer so gewesen. „Was... denkst du, Liebster?“, flüsterte sie leise, um niemanden der anderen in der Hütte zu wecken; falls die anderen nicht ohnehin auch wach lagen und nachdachten, so wie sie. „Ich mache mir... Sorgen.“ „Ich weiß.“, sagte Puran dumpf. Sie schmuste sich sanft an seinen nackten Rücken und küsste ihn, als würde das ihm oder ihr helfen. „Manha allein den Kindern zu überlassen macht dir Angst... oder, Puran? Wir wissen, was er... angerichtet hat in der Vergangenheit.“ „Und dennoch haben wir keine Wahl. Mir ist schlecht vor Angst, Leyya.“ Sie seufzte bekümmert und ließ nach der Ansage seinen Bauch lieber etwas locker. „Was immer du tust, Puran, ich bin bei dir und stehe hinter dir. Das weißt du.“ „Wir haben unsere eigene Schlacht zu schlagen... so, wie die Sieben ihre haben. Die Anhänger des ermordeten Kaisers werden vermutlich kommen und uns die Hölle heiß machen. Ich... bin als König für das Überleben meiner Landsleute verantwortlich, Liebes. Ich sollte... stark genug sein, das alles zu schaffen. Die Leute zu beschützen, meinen Kindern und den anderen zu vertrauen, dass sie es heil zurück schaffen... aber wenn ich hier so liege, ist alles, was ich spüre, diese ätzende Kälte und die schlechten Zeichen der Geister. Die Zeiten werden... nicht schöner, Leyya.“ Sie schwieg darauf und wusste, dass er recht hatte. „Du kannst... Manha nicht töten, Puran. Du hast dir geschworen, nie wieder einen Menschen zu töten... und die einzige Chance, Kelars Geist loszuwerden... und für dich und Karana, das Mal loszuwerden... ist Manhas Tod. Es ist richtig, dass es... nicht mehr in unseren Händen liegt, oder?“ Puran antwortete ihr lange nicht. Sie wusste, dass sie versuchte, sich in Sicherheit zu reden... sich die Sorgen auszureden, die sie trotzdem plagen würden, sobald ihre Kinder außerhalb ihrer Sichtweite wären. Als ihr Mann sprach, war es nur ein leises Wispern in der Finsternis. „So scheint es... da uns die Hände gebunden sind, Leyya.“ __________________ Yeaahhrrr, letztes Kapitel! Dödöööhhh >o