Die Chroniken von Khad-Arza - Das Imperium der schwarzen Sonne von Linchan (Zweites Buch) ================================================================================ Kapitel 12: Pläne ----------------- „Ich kann diese Welt nicht leiden. Sie ist zum Kotzen!“ So schimpfte der Meister, während er grantig auf einem modrigen, alten Sessel saß und sich von einer Sklavin die Fußnägel richten ließ. Henac Emo verdrehte die Augen. „Ja, diese Welt kann niemand leiden, glaubt mir. Ihr seid nicht der Einzige.“ „Ich korrigiere mich, du Made, sie ist nicht nur zum Kotzen, sie ist absolut abscheulich! Und es ist unwürdig, dass ich hier in dieser Schabracke sitze auf vergammelten Möbeln, ich hätte lieber mit Ghia explodieren sollen!“ „Oh ja, das wäre gut gewesen...“, murmelte die Lianerin zu seinen Füßen grantig und Emo musste schallend lachen, als der Mann wutentbrannt nach der blöden Nuss trat. Die Frau war geschickt genug, um auszuweichen. „Wie kannst du es wagen, du dreckige Hure?! Sei froh, dass ich dich mitgenommen habe, ich hätte dich auch verrecken lassen können wie diverse deiner Artgenossen! Mach weiter, und wehe, du schneidest mir in den Zeh, dann drehe ich dir den Hals um!“ „Der Tod wäre würdiger als diese Drecksarbeit...“, seufzte die Frau und Emo prustete hinter vorgehaltener Hand über die aufmüpfige Sklavin, die den Meister fuchsteufelswild machte. Jetzt riss der sich aber zusammen, holte tief Luft und lehnte sich dann genüsslich zurück, ehe er sie schäbig angrinste. „Anders überlegt, ich gönne dir nicht den Tod, stattdessen lasse ich dich es mir besorgen. Ist das besser?“ Jetzt schauderte die Lianerin und zischte, um sich lieber gehorsam ihrer Arbeit zu widmen. Ulan Manha warf einen Fetzen des Sesselbezugs nach Emo, der wieder angefangen hatte zu lachen. „Ja, du bist auch gleich dran, hör auf, so behindert zu lachen, bist du hirnkrank?!“ Emo kicherte nur amüsiert. „Ich habe nur meinen Spaß, Meister.“ „Der wird dir gleich vergehen, ich sorge dafür, dass du vor Schmerzen stöhnst. - Hau ab, Sklavin, verpiss dich, das reicht jetzt, ich will meine Ruhe!“ Die Lianerin erhob sich bebend und verließ wortlos den Raum, zweifelsohne froh über die plötzliche Entlassung. Als die knarrende, morsche Tür des Raumes ins Schloss gefallen war, zog der Jüngere seinen Strumpf und seinen Schuh wieder an, ehe er empört brummte. „Irgendwie komme ich nicht richtig voran, seit wir hier sind.“, versetzte er dann und Emo räusperte sich, sich das Lachen jetzt verkneifend. „Statt in einem Palast, wie es mir zusteht bei meinem Blut, wohne ich in einem baufälligen, verschimmelten Schuppen in dieser verblödeten Stadt, dieser elende Schimmel schlägt mir auf die Lunge, wenn ich verrecke, sind die verdammten Zuyyaner Schuld.“ „Ich glaube, mit diesen Problemen haben alle zu kämpfen, Meister.“ „Super. Und ich huste hier vor mich hin, während diese Bastarde, die ich zerfetzen will, fröhlich vor sich hin leben und ich nichts dagegen tun kann... nicht, solange diese Stadt nicht an die Gletscher fällt. Und selbst danach wird es schwierig. Kann nicht irgendwer den alten Sagal und diese Nutte von Beraterin ausschalten? Die wissen mir zu viel, sie sehen zu viel und sie sind beide schneller als ich. Ich habe ja die Hoffnung, dass sie sich gegenseitig umbringen, so, wie du das schilderst, scheinen Sagal und Chenoa Jchrrah ja gegeneinander zu arbeiten. Du solltest Puran mal nahelegen, dass er seinen treuen Wachhund Sagal noch mehr gegen diese Nutte aufhetzen soll, vielleicht hilft das ja.“ „Und angenommen, Dasan Sagal und Chenoa Jchrrah wären weg; was dann?“, seufzte der Geisterjäger und raufte sich die schwarzen Haare. „Wer muss zuerst dran glauben, der tattrige Kaiser?“ „Hmm. Gute Frage, aber keine schlechte Idee, vermute ich. Was wäre ich für ein furchteinflößender Mann, wenn ich den Imperator von Zuyya zu Fall brächte? Die anderen würden doch automatisch kriechen.“ Emo beobachtete das verzerrte Grinsen auf dem Gesicht des Jüngeren, das seine eigentlich hübschen Züge zu einer abscheulichen Grimasse machte. Er schauderte selbst beim Anblick der spitzen Eckzähne, ehe er den Blick lieber abwandte, weil die Gedanken an den Fluch, den dieser Mann durch seine dämonischen Zähne beherrschte, ihm eine Gänsehaut über den Rücken jagten. Scharan war ein brutaler Mann... und er fürchterlicher Sadist. Er fragte sich manchmal, wie er hier rein geraten war... es war wohl von Geburt an seine Bestimmung gewesen, diesem Tyrannen zu Füßen zu fallen... genau wie sein Vorfahre Denmor Emo einem anderen Tyrannen zu Füßen gelegen hatte, der seinen Clan dazu verdammt hatte, auf ewig in dieser Stellung zu bleiben... am Boden kriechend. Henac Emo konnte sich so etwas wie Stolz nicht erlauben in seiner Position; es hätte ihn umgebracht, denn kriechen musste er ja trotzdem, mit oder ohne Stolz. Der schneidende Schmerz, der durch seinen Körper fuhr, ließ ihn zischen und wütend empor starren, um Scharan vor sich stehen zu sehen, der sich zu ihm herab beugte, während er auf der Fensterbank saß, und ihn aus den grünen Augen angrinste. „Tut es weh?“, fragte er scheinheilig und der Schmerz verdoppelte sich, ohne dass Manha sich gerührt hätte. Er steuerte das Schmerzmal allein mit seinem Willen, es war ein fürchterlicher Zauber, der jeden noch so mächtigen Magier unterwarf... nicht einmal König Lyra würde dem standhalten, da war Emo sicher. Er zog zischend die Beine an wie eine Frau, die sich vor einem Vergewaltiger schützen wollte, und fixierte Manhas Gesicht. „Zur Genüge, ja, Meister, Ihr könnt jetzt aufhören.“ „Du hörst mir aber nicht richtig zu und das macht mich leicht zornig.“, erklärte der Jüngere kalt, und der Schmerz stach ihn wie ein gutes Messer und ließ ihn keuchen. Er widerstand der Versuchung, nach dem Fluchmal zu fassen, es verminderte die Schmerzen ja doch nicht und sah nur albern aus. „Es verärgert mich überdies noch immer, dass wir Purans Kinder nicht zu fassen gekriegt haben... das gefällt mir nicht, sie sind gefährlich.“ Emo zischte und drehte errötend den Kopf zur Seite, als der Mann vor ihm näher kam und ungalant in seinen Schritt fasste. „Es sind nur Gören, Meister. Was macht Euch an ihnen Angst?“ „Garantiert nicht ihre furchteinflößende Erscheinung.“, spottete Ulan Manha grantig, „Nein, viel gefährlicher als Papa Puran sind ihre Seelen! Ich habe es dir gesagt – seine Tochter hat verschiedene Augen. Wenn es ist, wie die Geister es prophezeit haben, und die Seherin Salihah Einfluss auf Neisas Geist hat, haben wir ein Problem. Wobei mich der Gedanke... an sie wirklich erregt, weißt du?“ „Und deswegen fummelst du mich an, während du an sie denkst.“ „Salihah hätte mir zu Füßen liegen sollen!“ Die Stimme des Mannes hatte sich verändert und Henac Emo schnaufte, als der Mann seine Hose losließ und stattdessen an seiner eigenen zu nesteln begann. „Sie... gehörte an meine Seite und du weißt das, und sie wird für ihren Verrat bluten, ich werden sie zerreißen und sie wird mich anflehen, gnädig zu sein, bevor ich ihr das erlösende Ende gewähre! Sieh mich an, du elender Hurensohn! Oh ja, ich werde sie haben, wie es mir zusteht, diese kleine Nutte, und es wird gut sein...“ Der Wahnsinn im Gesicht des Mannes ließ seine grünen Augen glimmen wie die einer wilden Bestie und Emo fuhr zusammen, als er an dem Jüngeren herunter sah und die Gedanken an Salihah Lyra, Purans längst tote Großmutter, ihn augenscheinlich sexuell erregten, sodass er bereits hart war, während er nur über sie sprach. Er wusste, dass er sich auf dünnes Eis begab, wenn er jetzt sprach... aber auch Manha war nur ein Mensch und kein Gott. „Wenn du an Neisa willst... oder Salihah, die in ihrem Geist lebt... musst du an deinem Liebling vorbei, das weißt du, oder? Und ich meine nicht Puran...“ Er beobachtete die Veränderung in Scharans Gesicht, als er inne hielt und blöd guckte. „Ich meine Zoras Chimalis.“ Im nächsten Moment hatte er Manhas Hand an der Kehle, er packte ihn und stieß ihn mit einem wutverzerrten Keuchen gegen das dreckige Fenster hinter sich, er zischte ihn an wie ein geiferndes Raubtier und seine Augen durchbohrten ihn so voller Abscheu, dass Emo bereits glaubte, er würde ihn jetzt umbringen... der Schmerz des Fluchmals flammte in ihm auf zur Strafe und er keuchte, ehe Manha sprach. Er musste sich augenscheinlich wirklich zusammenreißen, um vor Hass nicht durchzudrehen. „Du wagst es, seinen... Namen auszusprechen!“, knurrte er, „Ich denke... er heißt jetzt Derran?“ „Und dennoch ist es derselbe Geist. Der Geist des Führers des Chimalis-Clans, der Geist des Mannes, der... dir deine Salihah weggenommen hat. Es muss wirklich Wille der Geister sein, dass Neisa so auf ihn steht... ich hab sie gesehen, wie sie zu ihm gerannt ist. Ich hab sie gesehen, wie sie unter ihm gelegen hat... ich glaube, die Geister ihrer Vorfahren finden das beide ziemlich gut, dass die beiden zusammen kommen auf diese Weise... lustig, oder?“ Ulan Manha schien das nicht lustig zu finden; er stieß den Älteren angewidert von sich, spuckte ihm grantig vor die Füße und trat knurrend zurück. „Dann werden sie beide brennen... sie alle... werden brennen, oder sie knien vor mir und flehen mich an, sie am Leben zu lassen...!“ Er hob seine Hand und ließ darin eine vor Wut züngelnde, zischende Flamme entstehen, die den finsteren Raum erleuchtete und das Gesicht des Mannes mit dämonischen Lichteffekten versah. Er zeigte ein diabolisches Grinsen. „Und das gilt auch für dich, Emo... wenn du mich nicht ausreichend befriedigst. Und ich... spreche jetzt nicht von sexueller Befriedigung, du Hund.“ Ihr Gespräch wurde von einem verhaltenen klopfen an der morschen Tür unterbrochen – und obgleich das Klopfen so zaghaft gewesen war, gab es der Tür den Rest und mit einem Knarren fiel sie aus den Angeln und mit einer aufwirbelnden Staubwolke zu Boden, sodass es krachte. Scharan fuhr herum und ließ sein Feuer verschwinden, während Emo sich seriös stellte und den Kragen seines Umhanges zurecht rückte, ebenfalls zur Tür sehend, in der einer der Jungs stand und jetzt hüstelnd auf die Tür starrte. „Vollidiot!“, blaffte Manha den jungen Kerl an, „Was willst du, Yatli?!“ „Ähm – ups?“, machte der Besagte hustend, „Ich wusste nicht, dass-... ach, was soll's, ich, ähm, störe ungern, Meister, aber Yamuru hat gesagt, er würde gerne mit Euch sprechen... er ist gerade zurückgekommen.“ Emo zog die Brauen zusammen bei der Erwähnung des zwielichtigen Zuyyaners. Er mochte ihn nicht, diesen jungen Knilch... er mochte Zuyyaner sowieso nicht, sie waren allesamt Bastarde und hatten behinderte Haarfarben... aber dieser eine stieß ihn irgendwie besonders ab. Vielleicht, weil er so zwielichtig war und Emo nicht einschätzen konnte, auf wessen Seite er wirklich stand... dabei war ihm doch schon der Posten des zwielichtigen Verräters vorbehalten. Frechheit. „So, hat er das gesagt, ja?“, schnarrte Scharan vor ihm, der noch immer zu seinem trotteligen, jungen Handlanger sah, „Dann bring ihn her, und zwar rasch! Und richte ihm aus, er hat hier nicht nach mir zu verlangen! Wenn, dann verlange ich nach ihm, und wenn er nicht brav ist, tue ich es auf eine Weise, die ihm sicher nicht gefällt... obwohl, er hat lila Haare. Wer lila Haare hat, kann doch nur schwul sein. Nicht, dass ich ihm noch einen Gefallen tue, diesem Dreckskerl.“ Der Mann mit den violetten Haaren und den unheimlichen, verschiedenen Augen hatte sich als Yamuru Chihnii Mirrhtyi vorgestellt, als er Ulan Manha zum ersten Mal begegnet war. Er hatte ihm Unterstützung zugesagt und dem Schamanen seine Dienste angeboten, was an und für sich immer gut war; Ulan Manha war jedoch nicht wirklich überzeugt von der Aufrichtigkeit dieses kleinen Aufschneiders. Yamuru Mirrhtyi war ein blutjunger Knilch, der sicher gerade eben das Mannesalter erreicht hatte, im Gesicht war er definitiv noch ein halbes Kind. Sein Körper machte keinen kräftigen Eindruck, er war ziemlich dünn und ausgemergelt, aber seine Kleidung und seine Haare verschafften ihm die Erscheinung eines verwöhnten, reichen Kerls; egal, wie schlecht die Zustände der Welt sein mochten, Yamurus Frisur saß immer, seine Haare waren immer gerichtet und aalglatt, als hätte dieser Kerl den ganzen Tag nichts anderes im Kopf als seine Frisur. Jetzt betrachtete der Meister seinen seltsamen, fragwürdigen Handlanger von Zuyya von oben bis unten, als er zu ihm in den staubigen Raum trat. Er selbst hatte sich wieder auf den schimmligen Sessel gesetzt, so war Yamuru zwar größer als er, aber er fühlte sich dennoch in der Machtposition wie der Chef einer mächtigen Fabrik von Ghia. In seinen Händen hielt der Zuyyaner zusammengerollte Pergamente. „Ich denke, Herr, dass wir uns mal über die langfristige Zukunft unterhalten sollten.“, begann er dann höflich und Ulan Manha schnaufte. „Ah, tatsächlich. Wo hast du dich herumgetrieben?“ „Ich habe einen Grundriss des Palastes des Imperators mitgebracht.“, sagte der Jüngere guter Laune und hielt dabei die Pergamente hoch, „Der wird Euch nützen. Nun, beginnen wir doch am Anfang.“ „Ich bitte darum, du Schnösel. Komm auf den Punkt.“ „Diese Welt ist am Arsch.“ Der Zuyyaner sprach sonst meistens höflich und wohlbedacht; wenn man ihn zwang, sich zu beeilen, konnte er aber durchaus sehr salopp werden, hatte Scharan gemerkt, und er musste flüchtig grinsen. „Sie wird sterben über kurz oder lang, und wir alle mit ihr. Die einzige Hoffnung dieser Welt – die einzige Hoffnung von Khad-Arza, Herr – liegt in den Sieben. Ich erzählte bereits von der Legende... und ich erzählte davon, dass es ihre Aufgabe sein muss, eine neue... Welt zu schaffen. Eine Welt fern von Zuyya, mit einem Projekt, das in Vergessenheit geraten ist hier im Imperium. Ein Projekt, dessen Namen Chenoa nicht auszusprechen wagt, weil jeder, der sich damit identifiziert, vom Kaiser geschlachtet wird... so wie meine Familie oder der Mann meiner Tante, Jamali.“ Scharan brummte ungeduldig. „Sehr schön, was hat das mit uns zu tun?“ „Nun... Chenoa Jchrrah – reizende Dame, ich habe sie irgendwie noch nie gemocht – ist offenbar nicht gewillt, mir Informationen zu ihren Sieben zu geben. Sonst würde ich darüber ja mehr sagen...“ „Nein, bitte nicht!“, stöhnte der Schamane genervt, „Du redest jetzt schon zu viel, kurz und knapp, Yamuru! Ich kenne die Sache mit den Sieben, Purans Gören und so weiter! - Was ist das für ein Projekt?“ „Das Projekt der Trias.“, erklärte der Zuyyaner triumphierend und erntete von Manha und Henac Emo, der noch auf der Fensterbank saß, dämliche Gesichter. „Das... was?“, fragte Scharan dann doof. „Die Trias ist eine Maschine, die uns die neue Welt bringen wird.“, sagte Yamuru, „Und um hinzugelangen zu dieser Maschine... brauchen wir dummerweise die Tari Randora.“ „Langsamer!“, empörte der Meister sich, „Die was brauchen wir?! Wie, eine Maschine, was ist bitte eine Tari Randora?!“ „Entscheidet Euch, Ihr wolltet es kurz und knapp.“, sagte der Mann vor ihm kalt, „Als man die Trias schuf vor diversen Jahren, brachte man sie fort von Zuyya... man versteckte sie, denn das Projekt war ein geheimes Projekt. Sie ist irgendwo in den Weiten des Alls versteckt; und um das All durchqueren zu können, benötigen wir ein Raumschiff. Und die Tari Randora ist zufällig eins... und nicht irgendeins, sondern das einzige, das diese Fahrt überdauern kann. Sie wurde allein zu diesem Zweck gefertigt... sie ist quasi die Schwester der Trias.“ Jetzt tauschten die beiden Schamanen einen kurzen Blick. Scharan richtete sich in seinem Sessel etwas auf und räusperte sich, ehe er seine Gedanken sortierte und sprach. „Also noch mal – du sagst, wir sollen uns ein Raumschiff schnappen, Zuyya verlassen und diese Trias suchen?“ „So sieht es aus; wenn Ihr eine Welt haben wollt, die nicht krepiert. Stellt Euch vor... eine Welt, die Ihr selbst... die Eure nennen könnt. Ist es nicht das, was Ihr wollt? Herrscher der Welt sein? Ich habe...“ Er hob jetzt die freie Hand ohne Pergamente und ließ darin seine grün glimmende Seelenkugel erscheinen, „Ich habe in der Reikyu... Dinge gesehen, Meister. Wenn wir leben wollen... wenn Ihr herrschen wollt, ist das Eure Fahrkarte. Dieses Imperium zu unterwerfen hat wenig Sinn, denkt Ihr nicht? Ich denke, der Kaiser wird sowieso sterben...“ Er grinste, als er seine Kugel wieder verschwinden ließ; Scharan war froh darum, er fürchtete die Seelenkugeln der Zuyyaner heimlich. Sie waren gefährliche Waffen... sie waren Gegner, gegen die er nichts ausrichten konnte, nicht mal mit seinem Fluch, der das Fluchmal erzeugte. Der Braunhaarige brummte und raufte sich die Haare. „Es ist eine Überlegung wert...“, murmelte er, „Das ist doch sicher ziemlich kostspielig in der Zeit. Wie kommen wir an diese Tari Randora?“ Er sah wieder in Yamurus Gesicht und der hielt ihm jetzt die Pergamente entgegen, dabei lächelnd. „Gar nicht.“ „Willst du mich verarschen?!“ „Die Tari Randora steht auf dem Hohen Berg. Auf dem Gipfel, der östlich von Ahrgul liegt und in den Himmel ragt; dort liegt sie und ist dummerweise Eigentum des Kaisers persönlich. Das denkt er jedenfalls... er hält sie für ein Geschenk Kataris und lässt sie schwer bewachen. Wer es wagt, sie zu berühren, ist des Todes... daran ist ja Akando Jamali krepiert, er hat es versucht und sie haben ihn geschnappt und hingerichtet. Und nicht nur der, der es wagt, die Tari Randora zu berühren, wird erschlagen, nein, alle, die ihm je nahe gestanden haben, sind gleich mit des Todes. Deshalb habe ich ja den Plan des Palastes mitgebracht... im Palast liegen... ohne das Wissen des Kaisers... die Baupläne des Schiffes, die aus der Zeit von Chenoas Vater stammen. Das heißt, wenn wir die Baupläne haben... ist es nicht sonderlich schwer, eine zweite... Tari Randora zu schaffen.“ Wiederum erntete er Schweigen. „Nicht schwer? Ein Raumschiff zu bauen, einfach so?“, mischte Emo sich skeptisch ein, „Woher das Material?“ „Dafür sorge ich, keine Sorge. Ich habe mich in den letzten Wochen sehr ausgiebig mit dem Bau von Raumschiffen beschäftigt... und ich besorge Sklaven, die für uns bauen. Profis, Schiffsbauer, denen ich den Willen so verdrehe, dass sie tun, was ich verlange. Der Motor eines Raumschiffes läuft... mit einer einzigen Endlosbatterie.“ Er überließ Scharan die Papiere mit den Palastplänen und griff in seine Manteltasche, um einen schmalen, zylinderförmigen Gegenstand zu Tage zu fördern. Die Endlosbatterie war etwa fünf bis sechs Zoll lang; die beiden Enden waren mit Gold eingefasst, während der Hauptkörper des Gegenstandes aus Glas war... in dem Glas waberte eine glimmende Substanz, halb flüssig, halb gasförmig, und der Schimmer der Substanz ließ Scharan unwillkürlich schaudern; als er die Batterie länger ansah, hatte er plötzlich das Wispern der Geister in seinem Kopf, die von Tod sprachen – und sie riefen nach ihm. Er schüttelte die Stimmen schaudernd ab und senkte grimmig die Brauen, als er zu Yamuru hinauf sah, sich von dem gruseligen Anblick der Batterie lösend. „Ist das eine?“, fragte er kalt, und der Zuyyaner nickte. „Endlosbatterien haben den Vorteil, dass ihre Energie endlos währt. Eine einzige Batterie hält die Maschine des ganzen Schiffes für immer am Laufen. Ich nahm mir die Freiheit, schon mal eine mitzunehmen, als ich die Schiffsbauer besuchte. Nun, Meister... ein Befehl von Euch und ich besorge... die Arbeiter, das Material und den Ort, an dem wir die zweite Tari Randora bauen können, ohne dass der Kaiser uns... in die Quere kommt. Oder Chenoa... oder sonst jemand.“ Scharan musterte den Burschen eine Weile schweigend, sah dann wieder auf die Pläne des Palastes und dann erneut in Yamurus Gesicht. „Sprich.“, sagte er dann langsam, „Was... bewegt dich dazu, uns das alles zu sagen? Was hast du davon, uns überleben zu lassen, uns hier zu retten? Wenn uns das alle rettet, warum sagst du es nicht dem Kaiser oder Chenoa oder denen, die... sich dem Guten verschrieben haben? Warum tust du das... gerade für uns? Du bist doch nicht scharf darauf, in einer anderen Welt von mir regiert zu werden.“ Der Zuyyaner sah ihn ernst an und lächelte dann unerschütterlich. „In der Tat nicht, aber den Preis nehme ich in Kauf. Ich... will überleben. Das ist alles, Herr. Wie ich das schaffe oder mit wessen Hilfe, spielt keine Rolle. Ich muss überleben, weil ich es jemandem versprochen habe. Das ist mein einziger Grund.“ „Aber du hättest dir die Hilfe von angenehmeren Genossen holen können. Oder Leuten die Seelen verdrehen können... damit sie für dich arbeiten. Warum unterstellst du dich meinem Befehl, wenn du so etwas vermagst?“ „Ich bin nicht sonderlich begabt in der Seelenkontrolle.“, sagte Yamuru feixend, „Auf die lange Reise zur Trias könnte ich das nie aufrecht halten. Ihr seht, ich brauche also schon Menschen, die mir freiwillig helfen... und so, wie ich Euch brauche, braucht... Ihr mich. Da Chenoa mich verrät... sehe ich nicht ein, mich an sie oder all ihre Schäfchen zu wenden, die sie kontrolliert und für ihre Zwecke benutzt... wie die Sieben.“ Ulan Manha sah ihm lange in die verschiedenen Augen und wusste nicht recht, wie weit er ihm trauen sollte... der Kerl war seltsam. Und er erzählte Dinge, die ihm nicht gefielen... und dennoch hatte er recht. Er brauchte ihn... wenn er hier weg wollte, brauchte er ihn. Der Gedanke war demütigend, ausgerechnet auf einen Zuyyaner angewiesen zu sein. „Dann geh.“, sagte er so resignierend, „Geh und such dein Material und die Männer. Ich lasse dann meine Leute die Pläne besorgen, die wir brauchen. Und sag mir noch eins – du sagtest, diese Trias... diese Maschine sei versteckt. Weißt du, wo sie ist?“ „Nein.“, machte der Zuyyaner grinsend, der sich halb abdrehte, dabei die unheimliche Batterie einsteckte und die Ruhe selbst war, „Darüber... hätte ich dann als nächstes mit Euch gesprochen. Um die Trias zu finden... brauchen wir meine Cousine. Das erschwert leider... einiges, um nicht zu sagen alles.“ „Deine Cousine?“, fragte Emo scharf, und Yamuru wandte sich ihm aalglatt zu. „Thira... Jamali, die Tochter von Akando, der vom Kaiser geschlachtet wurde bei dem Versuch, die Trias selbst zu suchen. Sie ist die Einzige... die die Trias finden kann, ich bin mir nicht sicher, ob sie das überhaupt selbst weiß. Und Thira Jamali gehört, wie wir wissen, zu den auserwählten Sieben... und steht damit nicht nur zufällig unter dem Schutz von Kisaras König, bei dem sie wohnt, sondern auch unter dem Schutz von Chenoa Jchrrah... und an der vorbeizukommen dürfte schwer werden... wenn nicht gar unmöglich.“ „Dieses Detail hättest du früher erwähnen können.“, meinte Scharan mit einem aufgesetzt fröhlichen Lächeln, „Du Arsch. Und jetzt?!“ „Wir schalten König Puran aus und holen sie uns.“, seufzte Emo, „So, wie es ohnehin geplant ist.“ „Dann bleibt immer noch Chenoa.“, sagte Yamuru, „Ich vermute, dass Ihr sie nicht einfach, wie war das, ausschalten könnt. Sie sieht zu viel.“ Scharan zischte, als er sich erhob und sich abermals grantig die Haare raufte. „Nun.“, machte er, „Wir werden sehen. Wenn Ahrgul fällt... fällt das Imperium. Und dann werde ich einen Weg finden, diese Bastarde zu zerfetzen... allen voran Klein-Puran... und Karana. Und Salihah... die jetzt Neisa heißt, diese Schlampe, die es gewagt hat... mich zu demütigen. Und am Ende werden sie knien und sich wünschen... sie hätten niemals zugelassen, dass ich... gedemütigt werde!“ Die Nächte auf Zuyya waren eisig; noch eisiger als es die Tage waren, und Ulan Manha hatte es verblüfft, dass es so verdammt kalt werden konnte auf dieser Welt. Als Kind hatte er in Dokahsan gelebt, im Norden von Kisara... dort waren die Winter auch grausam gewesen, in dem kleinen Dorf, in dem er aufgewachsen war, waren immerzu Menschen im Winter verhungert oder erfroren. Und dennoch erschien ihm der ferne Winter seiner Kindheit nicht so grausam wie der ewig anhaltende auf Zuyya... nicht einmal der eine Winter vor so vielen Jahren, der sein Schicksal für immer verändert hatte, übertraf in seiner Furchtbarkeit diesen hier... nicht einmal dieser Tag, an dem er dem König von Lyrien begegnet war... diesem Mann, der da mitten im eisigen Winter im Sterben gelegen hatte. Damals hatte er als dummer Bauernjunge von gerade zehn Sommern nicht gewusst, dass er der König von Lyrien gewesen war... der große, mächtige Kelar Lyra, der Tyrann, Vater von Tabari, dem Großherzigen, und Großvater von Puran, dem Genie. Und diese eine, schicksalhafte Begegnung von einem kleinen Bauernsohn und dem gefallenen, sterbenden König hatte so viel verändert, als der wütende Kelar entschlossen hatte, als letzte Tat seines Lebens noch das dumme Kind zu ermorden, das dummerweise zur falschen Zeit am falschen Ort aufgetaucht war... und dann hatte er die Zähne gesehen. Ulan war damals gestorben und wieder auferstanden, davon war er der festen Überzeugung; denn alles, was nach diesem Tage geschehen war, unterschied sich so grundlegend von allem, was vorher gewesen war. Und allein den Geistern, die ihm gnädig waren, verdankte er es, dass er die Wahrheit erfahren hatte über jenen Tag... dass er erfahren hatte, wen er da sterbend gefunden hatte. Und was für ein Schicksal es gewesen sein musste, das seine Mutter bei seiner Geburt veranlasst hatte, ihn ausgerechnet Ulan zu nennen; nach den Vorfahren ihres Vaters, von dem sie nie gewusst hatte, dass er ihr Vater gewesen war. Er hatte seine Mutter nie wieder gesehen, nachdem die Zuyyaner Kamien überrannt hatten im Krieg; damals war er in seinem Hass sicher gewesen, die Zuyyaner hätten sie getötet. Jetzt wusste er nicht mehr, ob sie vielleicht doch entkommen war; dann wäre es jetzt auch egal, entweder war sie inzwischen ihrem Alter erlegen oder auf Tharr explodiert. Was scherte es ihn... sie war blind gewesen, sie hätte viel mehr aus sich machen können, sie war eine begabte Magierin gewesen; mit dem Blut ihres Vaters war das kein Wunder. Seine Gedanken schweiften ab, als er sich mürrisch auf seinem Schlaflager wand und Henac Emo schließlich auf die Finger schlug, der offenbar mit seinen Gedanken auch nicht da war, wo er jetzt gerade sein sollte. „Was treibst du da?!“, meckerte er seinen treudoofen Handlanger und Spion an, „Du sollst mich befriedigen und nicht herum wursteln da unten! Sag mir, was ist in den ekelhaften Batterien drin, die Yamuru uns gezeigt hat? Der Anblick lässt mir keine Ruhe.“ „Komprimierte Seelen.“, war Henac Emos unverblümte Antwort und der Jüngere hustete und starrte ihn an, während er zwischen seinen Beinen hockte und bis eben noch versucht hatte, ihm mit den Händen Erleichterung zu verschaffen. Mehr schlecht als recht in dieser Nacht, dieser Versager. „Seelen?“, wiederholte Manha ehrlich angewidert, „Sie... ziehen Menschen die Seelen aus und stopfen sie in ein Glas, und das ist dann eine Batterie? Himmel, diese Zuyyaner sind echt makaber... mach weiter, und gib dir mehr Mühe, du Arschkriecher, ich will heute noch kommen, verdammt, und nicht erst nächstes Jahr.“ Emo brummte missbilligend. „Ja doch, Euer Wunsch ist mir Befehl, gnädiger Herr.“ „Spar dir den schnippischen Ton und hol mir verdammt noch mal einen runter!“ Oh, der Hund würde nicht wagen, ihm zu verwehren, was er wollte, dafür hatte er ja gesorgt. Ein Grinsen schlich über Manhas Gesicht, als er sich nur kurz auf das Fluchmal konzentrierte, mit dem er seinen Spion unter seine Fuchtel zwang, wenn er nicht spurte, und ihm gefiel das Gefühl, wie der andere darauf zusammenfuhr, als er den Schmerz stechen spürte, dabei intensivierte er seine Berührungen auf eine etwas schmerzhafte Weise; aber das wiederum war ein guter Schmerz, er versetzte ihn in Ekstase und ließ ihn vor Erregung mehr anschwellen. „Siehst'e, so ist besser, du Bastard.“ „Arschloch...“, stöhnte Emo weiter unten unzufrieden, „Du musst nicht jedes Mal mit deinem blöden Zauber spielen, um mich zu ärgern, das tut verdammt weh!“ „Das ist auch Sinn der Sache, du Heulboje. Mach deinen Job!“ Er gehorchte und Ulan Manha zwang sich, nicht mehr an die abscheulichen Praktiken der Zuyyaner zu denken, die die Seelen ihrer Mitmenschen als Batterien benutzten – so widerlich war ja nicht mal er. Wobei das daran liegen könnte, dass er eine solche Magie eben nicht beherrschte. Die Gedanke, all jene, die er ausmerzen wollte, auf so bestialische Art zu töten und zu benutzen, erfüllte ihn mit Macht... er genoss die Überlegenheit und warf mit einem zufriedenen Lachen der Euphorie den Kopf in den Nacken in dem Moment seines sexuellen Höhepunktes, in dem er sich erleichterte und der Rausch der Befriedigung und der Macht ihn einen Moment beben ließ. Dann grollte draußen der Himmel und mit einem Schlag war aller Rausch dahin, Manha setzte sich kerzengerade auf dem Lager auf, was sein Untergebener ihm hustend gleich tat, der sich noch die Reste des vorherigen Aktes von der Haut wischte. „Die Geister.“, versetzte der Geisterjäger dabei, „Sie sind unruhig. Die Spacken, die du in den Palast gescheucht hast um der Pläne Willen, haben vermutlich Schwierigkeiten. Es ist nicht so, dass der Palast des Kaisers unbewacht wäre...“ „Ach, verflixt.“, stöhnte Scharan und fuhr sich mit den Händen erbost über das verzerrte Gesicht, „Dann geh nach, jetzt, du Verlierer. Wir haben... nur diesen einen Versuch, zu bekommen, was wir wollen.“ Die Wachmänner waren tot. Chenoa verfluchte ihre eigene Unvorsicht; sie hätte das früher ahnen müssen, sie hätte gewappnet sein müssen für diesen Anschlag. Und dennoch war es an ihr vorbeigegangen und jetzt stand sie frei von jedem Gefühl abgesehen von Ärger über ihre eigene Unfähigkeit auf der Mauer des Palastes und überlegte fieberhaft, was sie jetzt tun sollte; das würde alles verändern, und das nicht zum Guten. „Idiot, Ulan Manha...“, schimpfte sie zornig und ballte verkrampft ihre bleichen Hände zu Fäusten, „Das ist nicht in erster Linie dein Werk, woher solltest du... von Plänen wissen, deren Existenz du gar nicht kanntest? Dann ist es Yamuru... dieser Vollidiot, der mit dem Kopf durch die Wand rennt anstatt erst mal nachzudenken, was er da tut. Verflucht seist du, alter Chihnii, dass du deinen dümmlichen Sohn nicht besser erzogen hast!“ Es war nicht wirklich Yamurus Schuld – es war ihr eigenes Versagen, das alles schlimmer machen würde. Sie zischte erneut; die verdammten Tharraner, die ihr allesamt nicht vertrauten – wozu sie ein Recht hatten – und sie Tag und Nacht verrückt machten, lenkten sie vom Wesentlichen ab. Sie beschloss, dringend ein ernstes Wort mit Dasan Sagal zu wechseln; wenn sie weiterhin gegeneinander vorgingen, würde diese Welt früher ins Chaos stürzen als nötig. Sie brauchte ihre Reikyu nicht heraufzubeschwören, denn ihre Sehkraft kehrte zurück in dem Moment, in dem sie spürte, wie ihr jemand von hinten ein Schwert gegen den Nacken hielt. Einen Moment hielt sie inne, dann drehte sie den Kopf und schnaubte. „Und da kommt der nächste Attentäter?“, fragte sie unverblümt, „Sollte ich es als Ehre bezeichnen, dass Eure Gemahlin ihren eigenen Mann auf mich ansetzt, um mir den Kopf abzuschlagen... Madanan Ayaghil?“ Der König von Tejal war fast gar nicht zu sehen in der Dunkelheit; seine pechschwarzen Haare, die teilweise in sein gebräuntes Gesicht fielen, und seine dunkle Kleidung ließen ihn fast komplett verschwinden, und seine ebenfalls schwarzen Augen waren wie Höhlen, als er die Beraterin des Imperators jetzt ohne Gnade ansah. „Ich weiß nicht, was Ihr um diese Zeit außerhalb Eures Bettes treibt, jedenfalls war es ein Fehler, herzukommen. Meine Frau ist... nicht sehr erfreut über Eure Existenz, sagen wir so.“ „Und da beschloss sie, Euch auf mich anzusetzen? Falscher Ort zur falschen Zeit, König von Tejal. Wir haben ganz andere Probleme. Ich bin nicht... wirklich Eure Feindin.“ „Ihr habt mein ganzes Volk absichtlich sterben lassen. Ihr habt meine Gemahlin und den halben Hofstaat nach Dan-morough geschickt, aber Millionen von Menschen mussten in Tejal sterben, weil Ihr... gelogen habt.“ „Ich hielt mein Wort. Es gab kein Leid, sie explodierten so schnell, dass sie nicht mal mehr Schmerzen hatten.“ Die Worte schienen den Schamanen zu ergrimmen, er kam näher und presste ihr sein Schwert jetzt an die Vorderseite ihrer Kehle, während beide einander grantig anstarrten. „Hütet Euch, Madanan... wenn Ihr mich jetzt tötet, verliert Ihr... und Eure Kollegen von Tharr... jeden Rückhalt hier. Der Kaiser wird Euch schlachten... und wenn ich nicht mehr da bin, wer soll Euch beschützen?“ „Beschützen!“, brummte der Mann düster, „Ihr führtet... auf Tharr Massen an Menschen in den Tod! Ihr involviertet meine Streitmacht in einen Krieg, der uns genau genommen nichts anging. Ich helfe den Königen von Kisara gern, weil wir seit Jahrhunderten Verbündete waren, aber dieser Impuls... stammte von Euch. Eure Idee war es, uns hinzuzuziehen, im Kampf gegen Ela-Ri sind viele Männer gefallen. Und Fann! Selbst... die Barbaren aus Ostfann! Ihr habt erfolgreich dafür gesorgt, dass so wenige Menschen wie möglich diese Schlacht mit Ela-Ri überleben... damit so wenige wie möglich hierher nach Zuyya gelangten. Das ist pure Willkür, das ist Auslese und in meinem Land galt das als verwerflich... und Ihr nennt es beschützen.“ Chenoa verdrehte die Augen. „Genau genommen war es Eure Tochter... die Euer Volk zum Sterben verurteilte, denn sie... bat ihre Mutter, nach Dan-morough zu fliehen, wie ich vorgeschlagen hatte es zu tun. Eure eigene... niedliche Tochter, dieses egoistische, panische Kind, der ihre eigene Sicherheit wichtiger war als die der Untertanen... vielleicht solltet Ihr statt meiner Wenigkeit eher sie erdolchen.“ Der König von Tejal schwieg einen Moment, dann ließ er das Schwert langsam sinken, ohne sie aus den Augen zu lassen. „Wir beobachten Euch.“, sagte er dann kalt. „Und Ihr wisst das. Und ich weiß, wie viele Fäden Ihr zieht... was Ihr alles initiiert. Ich würde mich nicht mal wundern, wenn die Geister mir sagen würden, dass Ihr es wart... die Ela-Ri gegen das Zentrum gehetzt hat... damit viele Menschen sterben. Damit Eure Auslese... perfekt wird. Damit nur die überleben, die Ihr hier haben wollt... mit denen Ihr Eure merkwürdigen Spielchen treibt. Tejal jedenfalls fällt nicht unter Eure Fuchtel... und Kisara wird das auch nicht.“ „Kisara.“, seufzte die Frau, „Was tangiert Euch denn Kisara?“ „Ihr König ist zufällig ein Jugendfreund von mir und ich werde nicht daneben stehen und applaudieren, wenn Ihr vorhabt, Puran für Eure Zwecke zu missbrauchen... oder Saidah Chimalis, die schon völlig nach Eurer Pfeife tanzt. Geht nicht zu weit, Herrin...“ „Narr.“, schnarrte sie kaltherzig und trat zurück, „Ist Puran Lyra nicht alt genug, um auf sich selbst aufzupassen, Madanan? Und meine Zwecke... sollten Euch ebenso tangieren, denn durch mich sprechen die Mächte der Schöpfung. Die Mächte, die die Sieben geschaffen haben... deren Schicksal es sein wird, den Geist von Khad-Arza zu bewahren... und wieder auferstehen zu lassen. Es wird ein neues Khad-Arza geben... wenn Ihr zulasst, dass ich dafür sorge. Horcht auf Euer Innerstes, Ihr wisst es doch bereits selbst. Ich wiederhole mich, wenn ich sage... ich bin nicht Eure Feindin. - Geht! Geht nach Hause, geht ins Bett zu Eurer Frau und liebt sie, sie wartet auf Euch. Wir werden uns ja morgen beim Rat wiedersehen... es gibt Dinge, die zu erklären ich jetzt wohl gezwungen werde, während wir hier plaudern.“ „Oh, ja.“, Der König von Tejal lachte hohl, als er mit einer ironischen Verneigung ebenfalls rückwärts trat, „Ihr schuldet uns wohl so einige Erklärungen. Ich lasse Euch dieses Mal laufen, aber wenn Ihr Euch nicht irgendetwas einfallen lasst, um mein Vertrauen zu gewinnen – oder besser noch das meiner Frau, was schwieriger werden wird, denn sie ist misstrauischer als ich – seid Ihr nächstes Mal des Todes. Ihr schwächelt... oder, große Seherin? Sonst hättet Ihr wohl gewusst, dass ich käme... ich sehe Euch.“ Das gesagt machte er, dass er weg kam, und die Frau sah ihm mit gerunzelter Stirn nach, ehe sie seufzte und sich wieder umdrehte, um zurück zum Palast zu blicken. In dem Moment waren die Diebe schon über alle Berge. Sie hatte das dumpfe Gefühl, dass der König von Tejal nicht aus purem Zufall ausgerechnet in diesem Moment bei ihr aufgetaucht war... verdammt, wie sie dieses Spinnennetz hasste, das die Tharraner überall ausbreiteten... sie würde nicht dumm genug sein, sich darin zu verfangen. _______________________________ Alle sind evil oô Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)