Der unerwünschte Mieter von Pansy ================================================================================ Kapitel 29 ---------- Kapitel 29 „Hör' bitte auf, mich pausenlos anzustarren“, hauche ich und streiche weiter mit meinen Fingern über seinen Oberschenkel. „Du hast die Augen geschlossen“, erwidert er, so wie es sich anhört, überrascht. „Ja und?“, grinse ich. „Wer weiß, vielleicht habe ich dich gar nicht angesehen.“ „Und ob du das hast.“ Ich öffne ein bisschen widerwillig meine Augen und drehe meinen Kopf so lange, bis ich das tiefe Grün erblicke, das mir einen wohligen Schauer über den Rücken jagt. „Das hätte sogar ein Blinder mit Krückstock gespürt.“ Anstatt etwas zu erwidern, haucht er mir einen Kuss auf die Lippen. Ich kann es noch gar nicht richtig begreifen, dass ich hier und jetzt mit Joshua in meinem Bett liege, Haut an Haut, aneinandergekuschelt und voller kleiner Schmetterlinge, die zumindest bei mir immer noch wie wild auf- und abfliegen. Selbst diese klitzekleine Berührung seiner Lippen eben hat mich innerlich erbeben lassen. „Aber bilde dir ja nicht ein, dass du mich jetzt immer nur küssen musst, wenn dir die Worte fehlen.“ Ich versuche mich an einem ernsten Blick, scheine aber auf ganzer Linie zu versagen, weil er plötzlich breit grinst. „Meinst du das?“ Er überbrückt abermals die wenigen Zentimeter zwischen unseren Gesichtern und presst seine Lippen mit sanftem Druck gegen meine. Es fällt mir verdammt schwer, den Kuss nicht zu erwidern, und noch viel schwerer, ihn einfach zu lösen. „Das wird nicht immer funktionieren“, meine ich ein bisschen atemlos. Leider weiß Joshua anscheinend genau, wie ich auf ihn reagiere. Ist wohl leider wirklich kaum zu übersehen. „Das werden wir ja sehen.“ Schmunzelnd haucht er mir einen Kuss auf die Stirn und bettet seinen Kopf dann wieder aufs Kissen. Ich drehe mich halb auf den Bauch, lege einen Arm auf seine Brust und sehe ihn fest an. Doch als ich mit meinen Fingerspitzen seinen Hals berühre und seinen rasanten Puls spüre, vergesse ich, dass ich eigentlich gerade etwas sagen wollte. Ich schaue leicht erstarrt auf meine Finger. Bin wirklich ich dafür verantwortlich? – so langsam sollte ich mich ernsthaft mit dem Gedanken vertraut machen, dass meine Gefühle erwidert werden. Abwesend lache ich kurz auf. Dann schüttele ich den Kopf. „Es tut mir sooo leid“, wispere ich und zwicke Joshua in diesem Moment kurz unterhalb seines Schlüsselbeins. Als ich einen kleinen Schmerzenslaut vernehme, lächle ich. „Verzeih' mir.“ Entschuldigend und immer noch lächelnd sehe ich ihn an. „Könntest du mir mal erklären, warum du das immerzu machst?“ Um zu prüfen, ob ich in der Realität bin oder mir nur mal wieder was in meiner Fantasie zusammenspinne? Ich habe noch keinen anderen Weg gefunden, wie ich das stattdessen testen könnte. Ich zucke so gut es geht mit den Schultern. „Weißt du, wie es ist, eine viel zu lebhafte Fantasie zu haben?“ Er legt den Kopf schief und legt mir eine Hand an meine Wange. „Du bist manchmal irgendwie lustig, weißt du das?“ Abrupt verenge ich meine Augen. „Lustig ...“, wiederhole ich spöttisch. „Du hast keine Ahnung, wie das ist, wenn man sich etwas vorstellt und glaubt, dass es wahr ist. Bis man plötzlich aus seinen Gedanken gerissen wird und der bitteren Realität ins Auge sehen muss.“ „Hab' ich den Test eben wenigstens bestanden?“ Ich zwicke ihn noch einmal liebevoll. „Hast du.“ „Wenn du so weiter machst, trage ich noch blaue Flecken davon“, entgegnet er eher amüsiert als vorwurfsvoll. Mein Blick schweift auf die Stelle, an der ich ihm meine Fingernägel leicht ins Fleisch gerammt habe. Sie ist tatsächlich etwas rot. Meine Stirn legt sich in Falten und ich beiße mir sacht auf die Lippe. Ich sollte meine Methoden wohl wirklich etwas überdenken. Ich rutsche ein Stück hinab und lege meine Lippen ganz sacht auf das Stück Haut, wo eben noch meine Finger verweilten. Nur einen Augenblick später fühle ich seine Hände, die meinen Kopf anheben und zu ihm heranziehen. Ich drücke mich mit meinen Füßen an der Matratze ab und helfe somit ein bisschen nach. Schon wieder sieht er mich mit diesem verklärten Blick an, der mir das Herz bis zum Hals schlagen lässt. Kaum dass ich anfange, in diesem nebeligen Grün zu versinken, schließt er seine Lider und führt meine Lippen an seinen Mund. Ich fühle diese Berührung mit einer Intensität, die mich leicht erzittern lässt. Während ich selbst die Augen schließe, dränge ich mich ihm entgegen und vergrabe eine Hand in seinem Haar. Seine Zunge umstreicht meine Lippen und begehrt um Einlass, den ich ihm freiwillig gewähre. Umhüllt von zarten Klängen, die noch immer aus meiner Stereoanlage strömen, schiebe ich meine zweite Hand nach und streichele seine Wange. Wegen mir könnte jetzt die Welt stehen bleiben und wir auf ewig so verharren. Das wäre wohl die schönste Starre auf Erden. Das unerwartete Läuten meiner Wohnungstür lässt uns auseinanderfahren. Perplex wandern meine Augen umher. „Das Klingeln kam vom Gang und nicht von unten“, stelle ich mehr zu mir selbst fest. „Dann wollen wir mal sehen, wer das ist.“ So schnell kann ich gar nicht schauen, da hat sich Joshua unter mir hervorgeschält, ist aus dem Bett gesprungen und hat sich seine Pantys übergestreift. Oder heißt diese bei Männern einfach nur Pant? – egal, jedenfalls ist sie schwarz und rückt seinen ziemlich knackigen Hintern durchaus in ein überaus attraktives Licht. „Äh...“ Moment, mal. So willst du jetzt nicht die Tür öffnen, oder? „Joshua?“, rufe ich verunsichert, doch der ist bereits aus dem Schlafzimmer verschwunden. Ähm, ähm, … also an sich habe ich ja nichts dagegen, aber wer weiß, wer dort draußen steht? Nicht selten steht unten mal die Haustüre offen, sodass jeder einfach hochkommen kann. Mit leicht verzweifeltem Blick suche ich mein Zimmer ab, was ich mir schnell überwerfen kann und entdecke nur meinen blauen Frottee-Bademantel. Der ist zwar nicht sonderlich hübsch, aber bis ich richtig angezogen wäre, hat Joshua schon sonst wen hereingelassen. Und nur in Unterwäsche so wie er gehe ich da bestimmt nicht raus! Als ich mir den Bademantel schnappe, höre ich Stimmen. Verflucht, warum hat der es nur so eilig? Ich haste hinterher und bleibe abrupt stehen, als ich Herrn Hilkers erblicke. Mein Mund klappt auf und wieder zu. Beide Arme verschränke ich vor meiner Brust und raffe meinen Bademantel noch weiter zu. Atmen, Milly, atmen! Herr Hilkers sieht nur von einem zum anderen und beginnt zu lächeln. Wir müssen aber auch ein Bild für Götter abgeben, so wie Joshua an der Wand lehnt, mit seinen mehr als üblich verwuschelten Haaren und kaum bekleidet, und so wie ich in meiner Ecke stehe und am liebsten im Erdboden versinken würde, die ich aber gleichzeitig eine Wut in mir aufkeimen spüre, die ich noch gar nicht recht greifen kann. „Mich plagte die ganze Woche ein schlechtes Gewissen und ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen und zudem wollte ich Joshua hier wieder ausquartieren“, meint er an mich gewandt, „aber wie ich sehe“, er sieht seinen Enkel an, „ist das nicht mehr nötig.“ Gekonnt räuspert er sich und der Schein des Neonlichts spiegelt sich auf seinen Haaren. „Sie sind nicht verreist?“, platzt es unwillkürlich aus mir hervor und ernte dafür zwei schuldbewusste Blicke. „Auch das war gelogen“, stelle ich ernüchtert fest, verenge die Augen und merke, wie mein Herz schwer wird. Gut, auch das hätte ich mir denken können, nachdem alles nur inszeniert gewesen ist. Und mit einem Mal wird mir wieder schmerzlich bewusst, dass ich kaum etwas über Joshua weiß. „Frau Askei, es ist ...“, doch als ich mich einfach von beiden abwende, bricht er ab. „Milly?“, höre ich Joshua, aber auch ihn lasse ich einfach stehen. Mit schnellen Schritten laufe ich ins Wohnzimmer, schließe die Lamellen im Erker, mache das Licht an und setze mich mit geradem Rücken aufs Sofa und schaue stur geradeaus. Wenigstens ein Detail, so unbedeutend es auch sein mag, hätte an der ganzen Farce doch stimmen können. Ich weiß nicht, warum mich der Fakt, dass Herr Hilkers gar nicht verreist ist, so verletzt, und doch spüre ich Tränen in mir aufsteigen. Eben war ich noch vollkommen unbeschwert und ich frage mich ernsthaft, wohin dieses Gefühl so unvermittelt verschwunden ist. Mit zu Fäusten geballten Händen sitze ich da und lausche ungewollt auf die Worte, die vom Flur her an meine Ohren dringen. „Du sagst es ihr, ja?“ „Das machst du am besten selbst, aber nicht heute.“ „Ich hoffe, du weißt, dass das deine Idee war.“ Es folgen Geräusche, die ich nicht zuordnen kann. Dann fällt die Tür ins Schloss und Joshua kommt um die Ecke. Obwohl ich die Wand fest im Visier habe und meinen einen Puzzleball, der die Erde darstellen soll, vor ihr verschwommen sehe, nehme ich aus dem Augenwinkel heraus wahr, wie er langsam auf mich zukommt. Schweigend setzt er sich direkt neben mich und legt mir einen Arm um die Schultern. „Ich wollte nicht die Stimmung zerstören“, murmele ich. Dafür habe ich leider viel zu oft ein Händchen. Außerdem weiß ich immer noch selbst nicht recht, warum ich von einem Moment auf den nächsten derart niedergeschlagen bin. „Weißt du, was das Groteskeste an der ganzen Sache ist?“, fragt er leise. Als ich nicht antworte, fährt er fort: „Hätte ich meinen Opa nicht dazu überredet, mich bei einer seiner Mieterinnen einzunisten, hätten wir uns nie kennengelernt.“ Und wäre ich ihm nicht so haltlos verfallen, hätte ich mir erst mal die Zeit genommen, ihn näher kennenzulernen, ehe ich alle meine Prinzipien über Bord werfe und über ihn herfalle. „Jessi meinte, ich solle dich zappeln lassen.“ Er zieht hörbar die Luft ein und stößt sie dann wieder aus. „Bereust du es?“, streift sein Atem voller Niedergeschlagenheit mein Ohr. Was? Ich fahre so ruckartig herum, dass ich mit meinem Kopf an seinen stoße. „Au!“, fluche ich und reibe mir die pochende Stelle. „Bereuen?“, frage ich verwirrt. Wer ist denn bitte über wen schamlos hergefallen? Wenn hier jemand wen wollte, dann ich ihn und nicht umgekehrt. Das ist ja wohl fast unmöglich zu leugnen. Mit einem seltsam anmutenden Blick sieht er mich an. „Ich verstehe.“ Zwei resigniert gesprochene Worte, die mit einem Mal zwischen uns stehen. Was versteht er? Ich befürchte, hier läuft gerade mächtig was schief. „Der Besuch von deinem Großvater hat mich nur eben daran erinnert, dass ich überhaupt nicht weiß, wer du bist.“ Ruhelos knete ich meine Finger und versuche seinem Blick standzuhalten, den er tatsächlich aufrechterhält. „Ich weiß so wenig über dich. Hast du Schauspielerei studiert? Hast du eine Ausbildung? Was machst du nach den Proben? Wo wohnst du überhaupt?“ Ich reibe meine Lippen gegeneinander und schlucke. Er nimmt den Arm von mir und rückt ein Stück von mir ab, was ich geknickt zur Kenntnis nehme. „Ich hatte Prinzipien und habe mich selbst hintergangen“, mache ich weiter, obwohl ich gar nicht weitersprechen möchte. Aber die Gedanken zerreißen mich sonst und wenn ich schon einen von ihnen zu fassen bekomme, muss ich ihn loswerden. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich hier in irgendwas verrenne. „Du schaffst es einfach, dass ich mich völlig selbst vergesse, von einem Moment auf den anderen, dazu muss ich für gewöhnlich einfach nur wie jetzt in deine Augen sehen. Und obwohl ich dich auf eine sehr kuriose Art und Weise – eine sehr verletzende Art und Weise – kennengelernt habe, ist jeder Moment ohne dich … eine Qual trifft es nicht ganz, kommt dem aber sehr nahe. Mein Herz klopft wie wild, obgleich es dies rein aus Hass auf dich tun sollte. Was verstehst du, Joshua? Du verlierst ja nicht halb den Verstand wegen einem Kerl, der dich aus niederen Gründen belästigt hat. Du fällst ja nicht über einen Typen her, der dich nur ausgenutzt hat. Hinzu kommt, dass ich an nichts anderes mehr denken kann als an dich. Verdammt, ich lieb' dich, obwohl ich das nicht tun sollte!“ „Also bereust du es doch“, erwidert er nach einer Weile der zerreißenden Stille. Hä? „Du kapierst es nicht, oder?“ „Und wenn du tatsächlich glaubst, ich würde nicht verstehen, dann täuschst du dich.“ Er greift nach einem Kuli, der bis jetzt auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa lag, und drückt ihn von einer Hand in die andere. Hin und her. Hin und her. „Jahrelang bin ich nichts anderem nachgegangen als meinem Beruf, meinem Wunsch, der perfekte Schauspieler zu werden. Ich wollte nicht daran erinnert werden, unter welchen Umständen ich aufgewachsen bin. Ich wollte immer zu dem werden, den ich gerade verkörperte. Und dann stoße ich ausgerechnet auf dich und verliere jedwede Selbstkontrolle. So sehr ich auch versuchte, weiterhin als Lukas vor dir aufzutreten, bröckelte meine Fassade mehr und mehr. Du hast mich daran erinnert, dass es irgendwo tief in mir drin jemanden gibt, der förmlich danach schrie, mal wieder herausgelassen zu werden. Jemand, der sich nach Vertrautheit und Nähe sehnte. Nach Liebe. Glaubst du, nur ich bringe dein Leben durcheinander?“ Wie gebannt verfolge ich immer noch den Kuli, wie er ihn hin- und herwandern lässt. Mhh, daran habe ich bisher irgendwie nicht richtig gedacht. Im Grunde kennt er mich auch nicht und weiß eigentlich genauso wenig über mich wie ich über ihn. Nur mit dem Unterschied, dass er weiß, wo und wie ich lebe. Dennoch sagt das wenig über das Wesen tief in mir drin aus. Er kennt mich nur als die bissige, aufbrausende, leicht treuherzige und manchmal ungestüme Person, die ich in den vergangenen zehn Tagen gewesen bin. Aber den Rest von mir erahnt er vielleicht nicht einmal ... Ganz allmählich begreife ich, was die Menschen damit meinen, wenn sie sagen, dass die Liebe mit der Zeit wächst. Allerdings behaupten nur diejenigen das, die ihren Partner wirklich lieben. Alle anderen sind so schnell von ihrem Gegenüber angeödet, dass die Beziehung entweder einschläft oder schon lange beendet ist, ehe sie richtig begonnen hat. Bleibt nur die Frage, ob wir am Ende der einen oder der anderen Gruppe angehören werden. „Ich bereue es nicht.“ Vorsichtig greife ich nach dem Stift und nehme ihn ihm weg. Dann suche ich seinen Blick auf und versuche mich an einem ehrlichen Lächeln. „Wie soll ich was bereuen, was ich so sehr wollte? Wenn ich eines weiß, dann das, dass ich dich will. Mit allem, was dazu gehört.“ Ich sollte langsam daran gewöhnt sein, dass er mich immer dann küsst, wenn er keine Worte mehr findet, aber in diesem Augenblick ist mir das völlig egal. Während ich mich an ihn schmiege und den Kuss erwidere, hege ich nur den Gedanken, dass er mich nicht einfach wieder allein lassen soll. Nie wieder. „Ich weiß auch schon, wie wir anfangen können, uns besser kennenzulernen.“ Mit einem diabolischen Grinsen auf den Lippen löst er sich von mir und die Finger seiner Rechten spielen mit meinem Haar knapp über meiner Schulter. Nachdem auch ich mich gesammelt habe, werfe ich meine Stirn in Falten. Was jetzt wohl kommen wird? „Ach ja?“, frage ich provokativ. „Du bist mir nämlich immer noch eine Antwort schuldig.“ Und da ist es wieder. Dieses überhebliche Lächeln. Meine Nackenhärchen stellen sich auf und mir wird kurz schwummrig. Zum einen fühle ich mich in die Vergangenheit versetzt, zum anderen fühle ich ganz deutlich das Hier und Jetzt. Man bringt immer ein Stück von sich selbst mit ein, ob beim Schauspiel oder beim Schreiben. Das hier vor mir ist Joshua und vielleicht ein bisschen Lukas. Aber wer weiß schon so genau, wer man ist? Ist man nicht immer ein Bisschen von dem und etwas von dem anderen? „Bin ich das?“, kontere ich bemüht beherrscht. Er streicht meine Haare zurück, beugt sich vor und drückt seine Lippen kurz an mein Ohr. Das Ohr, das wohlgemerkt immer zu kribbeln beginnt, wenn er das tut. „Durch welche Aktion hast du nun deinen Namen erhalten?“, flüstert er und haucht seinen warmen Atem an meine empfindliche Haut. Kein Wunder, dass ich mich vorhin auf ihn gestürzt habe, mein Körper lechzt ja schon wieder geradezu nach ihm. „Nur gut, dass du die Wünsche nicht gewonnen hast“, meine ich keck und fahre mit meinen Lippen kaum spürbar seinen Hals entlang. Was er kann, kann ich schon lange! „Das ist unfair“, seufzt er auf. Das sagt der Richtige! Hat er mich mit dieser Masche nicht schon von Anfang an bezirzt? „Ach ja stimmt, du meintest ja, ich solle keine Annäherungsversuche starten. Ups, vergessen, sorry.“ Dass ich gerade wie blöd grinse sieht er ja zum Glück nicht. Meine Schauspielkunst ist leider immer noch nicht ausgeprägter als vorher. „Also?“, fragt er und rückt ein paar Zentimeter zurück, sodass er mich wieder ansehen kann. „Hm?“ „Jetzt komm' schon. Raus mit der Sprache.“ „Kann es sein, dass du bettelst?“ Ich muss lachen, was er mit einem sarkastischen Blick quittiert. Doch dann tut er was, was mich die Augen weit aufreißen lässt. Er rutscht doch tatsächlich zu Boden, kniet sich vor mich hin und sieht mich gebeutelt an. „Das hier wäre betteln“, erklärt er lehrhaft. Will der mir gerade die hohen Künste der Schauspielerei beibringen? „Noch nicht überzeugend genug“, kommentiere ich abfällig. Wäre dieses breite Grinsen nicht in meinem Gesicht, könnte man mir vielleicht auch glauben. Während er seine Hände auf meine Knie legt, spricht er: „Bitte, Milly, bitte. Hab' ein Herz.“ Seine Augen werden kugelrund und ich muss an den gestiefelten Kater aus Shrek denken. Dem kann man auch nicht widerstehen, wenn er den Hut zückt, vor sich hinhält und über ihm riesige schwarze Kulleraugen macht. Leider zieht das auch bei Joshua, obwohl das bei ihm ebenso gespielt ist wie bei diesem Kater. Für was braucht er auch Wünsche, wenn er das hier kann? „Okay, ich gebe mich geschlagen“, seufze ich. Er grinst und sieht mich erwartungsvoll an. Keine Spur mehr von dieser arglistigen Bettelei. Das könnte er mir in nächster Zeit liebendgerne mal beibringen! Und mir gleich mal verraten, wie ich mein Gesicht dazu bringe, mir nicht immer auf Anhieb anzusehen, was ich denke und fühle. „Aber eigentlich ist das ganz dumm.“ Ich räuspere mich und rümpfe die Nase. „So schlimm?“, fragt er scherzhaft. Nein, das nicht, nur ein bisschen peinlich. Finde zumindest ich. Ich zucke mit den Schultern. Ach was soll's. Wenn er noch mal diesen mitleidigen Blick aufsetzt, beichte ich eh, ob ich will oder nicht. „Ich habe als Kind zu viel Milch getrunken. Immer wenn meine Mama mich fragte, was ich will, meinte ich Milch. Und irgendwann nannte sie mich nur noch Milly.“ Jetzt ist es raus und ich darf mir dieses unerhörte Grinsen seinerseits antun. „Du bist so süß.“ Vor lauter Grinsen bekommt er die Zähne kaum auseinander. „Sicher“, gebe ich wenig überzeugt zurück. „Jetzt weiß ich zumindest, was ich dir jeden Früh, jeden Mittag und jeden Abend servieren darf.“ „Idiot!“, brumme ich und boxe ihm leicht gegen die Schulter. „Nicht unhöflich werden.“ Mit einem süffisanten Blick nimmt er meine Rechte und haucht einen Kuss auf ihre Handfläche. Dabei sieht er mich derart lüstern von unten herauf an, dass mir ganz heiß wird. Nicht zu vergessen: Er kauert hier fast nackt vor mir! Na toll und schon überfällt mich wieder dieser vehemente Drang, mich auf ihn zu stürzen. Das kann ja echt heiter werden, wenn das so weiter geht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)