Als er vom Himmel fiel von ryouChan ================================================================================ Kapitel 5: Seltsame Bindungen ----------------------------- Seltsame Bindungen Sie fühlte den weichen Stoff der Decke, aber keine Wärme. Sie zog ihre eisigen Beine an sich, während sie sich zur anderen Seite rollte. Kälte stieg ihren Körper hinauf. Eisig biss sie sich durch ihre Adern. Ihre Muskeln verkrampften sich mit jeder Bewegung, die sie versuchte, um sich zu wärmen. Das Zittern konnte sie nicht stoppen. Schauer fuhren unaufhörlich über ihren Rücken. Ryanne schrak auf. Sie setzte sich so heftig auf, dass sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Die Sonne strahlte durch die gläserne Balkontür. Es war Montag. MONTAG! Rya wandte sich ihren Wecker zu. Es war halb 10. „Nein! Ich habe verschlafen!“, heulte sie verzweifelt auf. Seufzend stellte sie den Wecker an seinen ehemaligen Platz. Ein Schauer suchte sie abermals heim. Sie schlang ihre Arme um sich, aber das Zittern wollte trotzdem nicht stoppen. Rya hatte ihren Körper gar nicht richtig unter Kontrolle. Sie spürte die Wärme ihrer Haut unter ihren Fingern, aber ihr Blut zog sich zäh durch ihren Körper. Noch einmal schielte sie zur Uhr, schlang die Decke um sich. Seufzte. „Ich bleib heute lieber im Bett.“ Sie sah sich um. „Wo ist mein Handy?“ Sie entdeckte es auf dem Couchtisch und sprang aus ihrem Bett. Sie griff ihr Handy und erblickte die leeren Tassen, in denen sich letzte Schaumreste eingetrocknet hatten. Rya erstarrte. Ihr fiel wieder ein, was geschehen war. Aiden, dachte sie traurig. Die Gedanken an seine Geschichte hinterließen ihr einen bitteren Nachgeschmack. Sie ließ sich auf die Couch fallen und griff nach der Decke, die über der Lehne lag. Als sie sich hineingeschlungen hatte, tippte sie auf ihr Handy ein. Joahs Name erschien auf dem Bildschirm, als sie seine Nummer auswählte. Sie atmete tief durch. Joah würde sie bestimmt ausschimpfen. Er tat das immer, wenn sie zu Hause blieb und nicht einen Arzt aufsuchte, wenn sie sich schlecht fühlte. Mit Ärzten konnte sich Ryanne noch nie wirklich anfreunden. Sicherlich verstanden sie ihr Handwerk und sie studierte schließlich selbst Biologie, aber trotzdem ging sie zu keinem Arzt, wenn es nicht zwingend nötig war. Das Zittern in ihren Gliedern ließ langsam nach. Die Kälte zog sich aus ihrem Körper zurück. Ryanne fühlte sich erschöpft. Sie hatte nicht viel Ruhe bekommen, obwohl sie geschlafen hatte. Plötzlich zuckte sie zusammen. „Was ist nach Aidens Geschichte passiert?“, murmelte sie. Sie fuhr mit ihrer Hand an ihre Schläfe. „Ich kann mich nicht erinnern, ins Bett gegangen zu sein.“ Sie sah an sich hinab unter die Decke. Immer noch trug sie die Kleidung von gestern. Abermals zuckte sie zusammen. Der Stich war genauso schnell wieder verschwunden, wie er sich durch ihren Arm gezogen hatte. Die Narbe auf ihrer Haut schimmerte leicht. Ryanne drehte sich um und starrte auf die Wand, hinter der Aidens Bett stand. Sie streckte ihre Hand aus. Ihre Finger berührten die Wand. Sie spürte etwas. Wie ein elektrischer Schlag, aber nicht unangenehm. Sie wusste, dass Aiden nicht mehr schlief. Sie hatte keine Ahnung, warum es so war. Sie wusste es einfach. Jede Bewegung, die er machte. Ihre Finger glitten von der Wand. Das Gefühl verschwand. Ryanne fühlte sich unwirklich. Fehl in ihrem eigenen Körper. Sie war sich selbst so fremd. Die Kälte war nicht gänzlich verschwunden. Ein kleiner Rest blieb hängen. Rya sah zur Tür. Diese öffnete sich und Aiden erschien. „Guten Morgen“, murmelte er und wich ihren Augen aus. Joahs Handy summte, als sein Professor an seinem Pult gerade mit seinen Blättern raschelte. Er ließ seinen Stift sinken und schob die gesellschaftliche Lage der Weimarer Republik beiseite. Säuerlich zog er es aus seiner Tasche. Er konnte sich schon denken, wer ihm da eine SMS geschickt hatte. Entschuldige, Joah!>__< Ich komme nich in die Uni. Mein Körper spinnt total rum. Mir ist heiß und kalt. Vlt. hab ich mir iwas eingefangen» Ich bleib lieber im Bett! Bitte schreib für mich mit!>()< THX, Ry=) Joah sah mit hochgezogener Braue auf die Zeilen. Sein Mundwinkel zuckte leicht. Ein paar Mal schweiften seine Augen noch über die Worte, bevor er die Nachricht wegdrückte und sein Handy wieder in seine Hosentasche steckte. Er seufzte. „Sie braucht mich nicht darum bitten. Ich schreib auch so für sie mit…“, grummelte er leise. Martin und Steve wandten sich ihm zu. Martin hatte bemerkt, dass Joah die Nachricht nicht beantwortet hatte. „Rya?“, fragte er flüsternd. Joah brummte nur kurz auf. Steve sah zu Martin hinüber. Er zuckte mit den Schultern und warf ihm einen fragenden Blick zu. Martin wusste genau, was sein Freund dachte, doch er war genauso ratlos. Joah war nur schwer aufzumuntern, wenn Rya an seinem genervten Zustand Schuld war. Eine knappe halbe Stunde und keinen Deut besserer Laune später, stopfte Joah seine Schreibutensilien in seine Tasche. Sein Gesicht schrie geradezu hinaus: Ich bin wütend! Sprecht mich nicht an! Martin und Steve beäugten ihren Freund mit hochgezogenen Augenbrauen. Sie waren sich einig, dass Joah jetzt anzusprechen, viel zu riskant war. Zumindest wenn sie ohne Schmerzen in die nächste Vorlesung gehen wollten. „Mir reicht’s“, knurrte Joah und warf sich die Tasche über die Schulter. „Ich geh nach Hause! Schreib du mit, Mart.“ Joah stürmte bereits zur Tür, als Martin auch nur eine Andeutung einer Antwort machen konnte. Er warf Steve einen genervten Blick zu. Dieser zuckte nur kurz mit den Schultern. Joah war derweil bereits am anderen Ende des Flurs und stürmte die Treppe hinunter. Vorbei an Mitstudenten, die ihn verwundert ansahen, da er in genau die entgegengesetzte Richtung als sie steuerte, über den Hof und zur nächsten Tramhaltestelle. Keine 20 Minuten später drehte er den Schlüssel im Schloss um und schlug die Tür hinter sich zu. Resigniert atmete er aus und bog um die Ecke zu seiner Zimmertür. Nur kurz stieß er sie auf, um seine Tasche hineinzuwerfen. Dann wandte er sich um und öffnete die Badezimmertür. Wasser strömte aus dem Hahn, als er die Hand von ihm nahm. Seufzend sank er an der Wand neben der Wanne zusammen und lauschte dem Prasseln. Einen Arm schlang er um seinen Kopf. „Ob sie etwas mit Aiden anstellt?“ Leise hatten sich die Worte über seine Lippen gestohlen. Vor seinen Augen war es dunkel. Sein Arm verdeckte sie vollkommen. Aber sobald er die Worte ausgesprochen hatte, stahlen sich die Bilder vor seine Lider. Ryanne - wie sie in Aidens Armen lag. Ryanne - wie sie Aiden tief in die Augen sah. Ryanne – wie sich ihre Lippen Aidens näherten. Joah zog seinen Arm von den Augen und starrte auf das dampfende, einlaufende Wasser, bevor er weiter denken konnte. Er war es so müde, über die Beziehung zwischen Ryanne und diesem unbekannten, in SEINEN Sachen herumlaufenden Typen nachzudenken. Ein weiterer Seufzer und Joah kniete sich vor die Wanne. Über das Wasser hinweg griff er nach dem Badezusatz. Eigentlich war er nicht der Typ, der es duftend mochte, aber er hatte das Bedürfnis seine anderen Sinne bis zur Betäubung zu beanspruchen, bevor seine Gedanken ihn in den Wahnsinn trieben. Er drehte den Hahn zu, als der Schaum drohte über die Wannenränder zu treten. Dampfschwaden zogen sich durch den weißgefliesten Raum, der kein Fenster besaß. Joah streifte sein T-Shirt von sich. Er hielt inne, als sein Blick auf sein Spiegelbild fiel, welches zunehmend unkenntlicher wurde im sich beschlagenden Glas. Er knurrte grimmig. „Tut mir leid, dass ich nicht so ein verfluchtes Six-Pack wie dieser Ausreißer habe!“ Wütend warf er den Stoff gegen den Spiegel und hockte sich vor die Wanne. Genervt fuhr er sich durch die Haare. „Verdammt!“ „Na, na. Wer wird denn gleich anfangen zu fluchen. Obwohl ich schon bessere Flüche gehört habe“, ertönte eine unbekümmerte Stimme. Entsetzt fuhr Joah herum und verlor das Gleichgewicht. Unsanft landete er auf dem kalten Vorleger und stierte in das grinsende Gesicht eines schwarzhaarigen Mädchens. Diese musste über seine Unbeholfenheit kichern. „Nette Drehung“, spottete sie und lachte. Joah hatte keine Ahnung, woher sie kam, aber vor ein paar Sekunden hatte definitiv noch niemand auf dem zugeklappten Klodeckel gesessen. Und die Tür hatte sich keinen Zentimeter bewegt. Dennoch galt sein nächster Blick dieser, bevor er erschrocken zu dem Mädchen zurückblickte. „Du bist ja putzig! Ich brauche doch keine Tür, um hier zu erscheinen“, lachte sie und lehnte sich in ihre Arme zurück. „Wie-?“ „Ein Schnippen. Oder ein Wink mit der Hand. Es gibt viele Möglichkeiten für uns zu verschwinden und den Ort zu wechseln. Rauchschwaden sind nämlich nicht so mein Ding.“ Sie sprach so natürlich darüber, dass Joah für einen Moment dachte, sie habe Recht. Was für ein Unsinn! „Willst du mich verarschen? Erzähl nicht so einen Müll! Wie bist du hier reingekommen?“, fuhr er sie an. Das Grinsen glitt aus ihrem Gesicht. Ein beleidigter Ausdruck trat an dessen Stelle. „Ich will dich nicht…‘verarschen‘, wie du es nanntest. Ich hab gar keinen Grund dazu“, erwiderte sie schnittig. Ihre Augen funkelten. Joah zog sich am Wannenrand hoch. Er wollte nicht sitzen, wenn es sich anfühlte, als würde sie auf ihn herabsehen. Als er stand, sah er bildlich auf sie herab. Einen kurzen Moment blieb ihr Blick fest, dann schlich sich abermals ein Grinsen auf ihre Lippen und sie fuhr mit ihrer Hand zum Mund. Ein Kichern entrann ihren Lippen. Verspielt wanderten ihre Augen über seine nackte Haut. Doch bevor sich Joah dieser Tatsache vollkommen klar wurde, erhob sie sich bereits und legte einen Arm über seine Schulter. Die Schwarzhaarige war etwas kleiner als er. Vielleicht eine halbe Elle. Verführerisch lächelte sie ihn an. Joah fühlte sich gefesselt. Er konnte keinen Muskel rühren. Die klaren grüngrauen Augen wanderten von seinen Augen über seine Brust und wieder zurück. Verspielt biss sich das Mädchen auf die Unterlippe. „Also…“, begann sie und ihr Zeigefinger malte Kreise über seine Brust. „Ich finde gar nicht, dass du kein so attraktives Six-Pack hast. Vielleicht nicht eines wie Jin, aber definitiv nicht verächtlich.“ Sie schmiegte sich mit jedem Wort näher an ihn. Ihre Finger fuhren spielerisch über seinen Bauch. Gänsehaut schlich sich über seine Arme, über seine Brust, seinen Nacken. Er stieß sie von sich. Keuchend griff er nach dem Waschbecken. Die Schwarzhaarige kicherte. „Du bist ja so süß“, säuselte sie. „Hast du noch nie Spaß mit einem Mädchen gehabt? Dann bist du allerdings das genaue Gegenteil von Jin. Er lässt sich nie eines entgehen, das ihm auch nur einen neugierigen Blick zuwirft.“ Ihr verschmitztes Lächeln hatte sich in ein nachdenkliches Gesicht verwandelt. Ihre Aussage unterstrich sie durch ein rhythmisches Tippen auf ihre Wange. Joah fasste sich. „Wer bist du?“, fragte er und sah sie an, als wäre sie eine Illusion, die sich in seinen Kopf geschlichen hatte. Hineingeschlichen hatte, weil er nicht mehr an Ryanne denken wollte. Aber das Schaumbad enthielt doch keine Halluzinogene! „Wie unhöflich! Hättest du diese Frage nicht schon ganz am Anfang stellen müssen!“ Vorwurfsvoll stemmte sie ihre Hände in die Hüften. „Na gut“, seufzte sie. „Ich will mal so tun, als wären wir am Beginn unserer Unterhaltung. Mein Name ist Fyena. Schön dich endlich mal kennenzulernen, Joah.“ Nicht nur das sie seinen Namen kannte, auch ihre breites, freudestrahlendes Grinsen irritierten ihn mehr, als Joah lieb war. „Woher kennst du meinen Namen? Und was soll das „endlich“ bedeuten?“, fragte er sie verwirrt. Er wich zurück, hielt sich am Waschbecken fest, als er es berührte. Dieses Mädchen war ihm unheimlich. Ihr schwarzes Haar glänzte mit einem lila Schimmer, wie er es zuvor nie gesehen hatte. „Ich denke, es wird eine Weile dauern, es dir von Anfang an zu erklären“, sagte sie und schien zu überlegen, wie sie am besten beginnen konnte. Das Grinsen kehrte auf ihr Gesicht zurück. „Aber vielleicht willst du zuerst baden. Oder ich erkläre es dir beim Baden.“ Entsetzt sah Joah sie an. „Spinnst du?!“ „War ja nur ein Vorschlag. So wirklich Lust auf diese Aussicht habe ich auch nicht. Schließlich bist du nicht Jin“, erwiderte sie gelangweilt. Aber bei dem Namen, den Joah nicht kannte, stahl sich ein seltsam verliebter Ausdruck auf ihr Gesicht. Wie es aussah, stellte sie sich die Situation mit diesem Jin vor. Resigniert seufzte Joah auf. „Würdest du bitte die Güte besitzen, mir zu erklären, was du von mir willst“, bat er sie freundlicher. Ihm war es lieber, wenn dieses Mädchen so schnell wie möglich wieder verschwand. Sie erwachte aus ihrer Vorstellung und sah ihn forschend an. Das Grinsen auf ihrem Gesicht galt nun definitiv ihm. Ein kalter Schauer fuhr Joahs Rücken hinunter. Sie lief auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. „Um es kurz und knapp zu machen: Ich bin deine Schwester!“ Sie richtete sich auf. Ihr Fuß schwebte über dem Boden, nur ihr Zehn berührte kaum merklich die Oberfläche der Dielen. Sie konnte es spüren. Ganz genau spüren, wie jede seiner Fasern in seinem Körper sich zusammen zog und wieder löste. Die Spannung erfasste ihren Körper. Sie wusste nicht mehr, ob sie bevor sie sich aufgesetzt und die Decke zur Seite geschoben hatte, angespannt hatte oder nicht. Rya fühlte die Spannungswellen, die durch seine Beine zogen. Jeder Faser verriet es ihr. Er war unentschlossen. Sollte er auf sie zu gehen oder nicht. Ryanne schluckte als sich ihre Augen in Aidens verflochten. Kalte Schauer fuhren durch ihren Körper, seit seine Augen ihre gefesselt hatten. Dann wagte er doch den ersten Schritt. Den Nächsten und den Nächsten und einige wenige später stand er bereits vor ihr. Rya atmete tief durch. Die Spannung in ihrem Körper ließ kurz nach, schnell aber war sie wieder in ihre Glieder gefahren. Aiden erging es nicht anders. „Guten Morgen“, murmelte Rya. Sie hob ihre Füße und zog sie auf die Couch. Ihren Körper durchzog ein Schwall der Entspannung. Sie hielt überrascht inne. Das Gefühl war aus ihrem Körper verschwunden. Aiden wirkte ebenso überrascht wie sie. Beide sahen sich verwirrt an. Doch er wirkte unentschlossener als zuvor. „Setz dich“, sage sie leise und wich seinem Blick aus. Einen Moment zögerte er, setzte sich aber. Als seine Hand die Lehne der Couch berührte, kehrte die Anspannung in Ryannes Körper zurück. Das Gefühl, dass auch Aiden sich anspannte. Jeden Muskel, jede Faser. Es war, als würde sie in seinen Körper stecken. Aiden war unsicher. Unsicher, was er tun sollte. Doch als seine Augen abermals ihre fanden, starrten sie einander an. „Rya, ich…“, begann er, doch sprach nicht weiter. Er hob seine Hand, streckte sie nach ihr aus. Mit jedem Zentimeter, dem er sich ihr näherte, wuchs die Kälte in ihr an. Er stockte. Seine Hand schwebte über ihrer. Unentschlossen sah er auf ihre Haut. Aber auch Sehnsucht lag in seinem Blick. Nur wenige Millimeter trennten ihre Hände. Rya spürte den Impuls in ihm. Kaum merklich, fast gar nicht, hatte er über ihre Hand gestrichen. Es war als würde ein Defibrillator sie zurück werfen. Sie konnte sich kaum an die Berührung erinnern, als sie sich zurückgepresst in ihre Couchkissen wieder fand. Ihr Herz raste vor Schreck. Aiden lag auf dem Boden, einen Meter von der Couch entfernt. Erschrocken richtete er sich auf, sah sie verwirrt an, fand keine Erklärung. „Was-? Was war das?“, keuchte Rya und schob sich aus den Kissen. Aiden wich ihrem Blick aus, die Augen weit aufgerissen. Er atmete hastig und flach. Die Wut war auf sein Gesicht gezeichnet. Er blickte auf seine Hand. Die Hand, die nur kurz Ryannes gestreift hatte, in einem Anflug von Sehnsucht. Er schrie auf und schlug wütend auf den Boden. Rya zuckte auf. Aiden sank zusammen. Er starrte auf seine Hände. „Aiden?“, fragte Rya und erhob sich von der Couch. Die Dielen ließen Aidens Wut und Verwirrtheit in ihren Körper fließen. Sie fühlte die Anziehung, aber je näher sie ihm kam, jeden Schritt den sie auf ihn zu machte, füllte sich ihr Körper mit Kälte. Ertränket ihn darin. Und als sie neben Aiden niedersank, zitterte Ryanne am ganzen Körper. „Wieso?“, frage Aiden. Seine Hand fuhr durch seine Haare. Er sah Rya nicht an. „Wieso kann ich dich nicht… Warum…“ Rya wollte ihn berühren. Sie war diejenige, die ihre Hand nun nach ihm ausstreckte. Jeder Zentimeter zog sie stärker an. Jeder Zentimeter stieß sie mehr ab. Jeder Zentimeter ließ ihre Hand gefrieren. Aidens Gesicht wand sich zu ihr, als sie seine Schulter schon fast berührte. Er wich zurück. Rya hielt inne. Wollte ihre Hand sinken lassen, als Aiden seine hob. Näherte sie der ihren. Rya konnte die Sehnsucht in seinem Körper wachsen spüren, wie in ihr das Eis wuchs. „Es ist… seltsam…“, murmelte sie und starrte auf die Hände, die so nah waren, aber einander nicht berührten. Aiden schluckte heftig. Fuhr mit seiner anderen Hand an seinen Hals. „Wieso trocknet dein Hals aus?“, fragte sie. „Wieso kratzt er?“ Ryanne konnte alles genau fühlen, was in seinem Körper vorging. Konnte Aiden auch die Kälte in ihr spüren? „Ich… Je näher ich dir komme, desto heißer wird mir“, krächzte er hervor. Schluckte ein paar Mal, dann fixierte er ihre Augen. „So gern…. würde ich sich berühren wollen“, flüsterte er. „Ich weiß. Ich spüre es.“ „Aber nicht alles! Es ist, als würde mich alles von innen zerfressen. Heiße Flammen durch meine Adern fließen!“ Rya sah ihn verwirrt an. Sie konnte genau fühlen, wie er fühlte. Jede seiner Bewegungen vernehmen. Aber der Schmerz, der ihn heimsuchte, blieb ihr verborgen. „Dann…. kannst du meine Kälte also nicht… Aber alles andere?“, fragte sie. Aiden sah sie verwirrt an. Er ließ seine Hand sinken. „Was meinst du?“, fragte er. Seine Augen bedeuteten Unverständnis. „Aber… Ich kann doch genau fühlen, wie du dich fühlst! Dein Wunsch mich zu berühren. Wie sich jede Faser in deinem Körper anspannt“, erklärte sie. Ihre Stimme klang beinahe hysterisch. Wie konnte es sein, dass er nicht so fühlte? Was war diese Verbindung, die auf einmal aufgetaucht war? „Nein. Ich… spüre nur die Hitze.“ Er sah sie an. Ihre Lippen kribbelten. „Und es macht mich verrückt, dass ich dich nicht berühren kann, ohne von dir weggestoßen zu werden!“ Seine Hand zitterte, als er auf sie niederstarrte. „Dann…“ Rya versuchte klar zu denken, alles zu ordnen. Sie verschränkte ihre Arme. „Dann kann ich also fühlen, wie du fühlst. Egal ob mental oder physisch und du… In dir wächst Feuer, wie in mir Eis.“ „Mit jedem Stück näher, wird es stärker. Die Anziehung, die Hitze… und die Sehnsucht. Ich kann es nicht stoppen, selbst wenn ich wollte“, murmelte Aiden. Sah sie nicht an. „Aber wie kann das sein? Gestern-“ Rya stockte. Aiden sah auf. „Was?“, fragte er. „Wie bin ich… ins Bett gekommen? Ich erinnere mich an deine Geschichte, aber danach…“ Sie legte eine Hand auf ihre Schläfe. „Ich kann mich nicht erinnern. Und dieses Gefühl…“ Ihr Blick wurde verwirrter, gequälter. „Immer, wenn du da bist!“ Sie sah ihn an. „Das ist schon das zweite Mal, dass meine Erinnerungen lückenhaft sind.“ Wut schlich sich in ihre Augen. Aiden wich zurück. Ihrem Blick aus. „Was ist passiert?“, forderte sie. „Nichts weiter. Du bist eingeschlafen und ich habe dich ins Bett gebracht“, antwortete er. „Ohne Verbrennungen? Ich dachte, du kannst mich nicht so einfach berühren! Und jetzt ist es noch seltsamer. Wie Magnete, die sich abstoßen!“ Er sah sie nicht an. Wich aus, als sie seinen Blick suchte. „Aiden!“ „Das Blut“, murmelte er. Perplex hielt Rya inne. „Wie bitte?“ „Als ich dein Blut… ableckte,… um deine Wunde zu heilen. Ich konnte dich berühren, ohne mich zu verbrennen. Du fühltest dich ganz normal an. Aber seid du wach bist… Vielleicht wirkt dieser Abstoßungseffekt nur, wenn du bei Bewusstsein bist.“ Rya klappte der Mund auf. „Du… Wa-! Halt mal die Luft an!“, fuhr sie ihn an. Erschrocken wand sich Aiden ihr zu. „Was?“ „Du willst mir gerade erklären, dass das Trinken meines Blutes, dich mich hat berühren lassen?! Ist das nicht etwas abgedreht? Du bist doch kein Vampir! Das…. Das ist einfach absurd! Und das soll auch erklären, dass ich dich fühlen kann bis ins kleinste Detail? Bevor du mir deine Story erzählt hast, war es nicht so! Und da hattest du meine Wunde bereits geheilt.“ Aidens Augen weiteten sich. Sie spürte, dass er etwas verbarg. Abermals suchte sein Blick lieber die Dielen auf, als ihre Augen festzuhalten. Rya wurde wütend. Klatschte mit der flachen Hand auf den Boden. „Weich mir nicht aus! Und lüg mich nicht an! Ich merke es, wenn du mir etwas verheimlichst. Was ist das für eine Verbindung?“ Er blieb starr. Grimmig biss Rya auf ihre Unterlippe. Ungeduldig tippte sie mit ihren Fingern auf den Holzboden. Aiden schwieg. „Aiden!“ Ungehalten schnappte sie seinen Kragen und zog ihn an sich. Sie spürte wie etwas an ihr zog, ihn von ihr wegdrückte, doch sie ignorierte es. Entsetzt sah Aiden sie an. „La-lass mich los!“, fuhr er sie an und versuchte mit seinen Händen ihre zu lösen. „Dann antworte!“ Sie zog ihn noch näher. Sein Körper verkrampfte. Sie spürte ihre Hände nicht mehr. Aiden sah ihr verloren in die Augen. Dann übermannte es ihn. Seine Arme schlangen sich um ihren Körper, eine Hand krallte ihr Haar. Seine Lippen pressten sich auf ihre. Rya zuckte zusammen, als die Hitze in ihren Körper floss. Aiden drückte sie so fest an sich, wie nur möglich. Rya konnte sich nicht wehren. Wollte sich nicht wehren. Es war, als würde ihr Körper auftauen. Seine Lippen waren so weich und sie schlang ihre Arme um seinen Hals. Ihre Zungen verschmolzen und Rya fühlte die aufwallenden Schauer in ihrem Körper. „NEIN!“, schrie sie und stieß Aiden von sich. Heftig schlug er gegen den Schrank und stöhnte auf, als er sich den Kopf rieb. Wutentbrannt sahen ihn rote Augen an. „Glaub ja nicht, dass du sie haben kannst! Du wirst sie nie bekommen! Also lass deine Finger von ihr!“, schrie sie. Rya war entsetzt. Was war geschehen? Dieser Schrei. Es klang wie sie, aber sie hatte es nicht ausgesprochen. Ihr Kopf schmerzte wie tausend Dolchstiche. Ihr Atem ging schwer, doch kaum Luft fand sich in ihre Lungen. Aiden sah sie verwirrt an. „Rya?“, fragte Aiden. Er war zu ihr hinüber geeilt. „Ich… ich war das nicht! Ich… habe dich nicht weggestoßen.“ Entschuldigend sah sie ihn an. Tränen füllten ihre Augen. „Ich… versteh mich selbst nicht mehr. Was ist nur los?“ „Rya“, flüsterte er und strich die Träne von ihrer Wange. Sie legte ihre Hand auf seine. Sie war warm. Wie die eines normalen Menschen. Rya genoss die Berührung. Kein Widerstand und keine Anziehung lag in ihr. Es war, als wäre alles verschwunden. Das intensive Gefühl, wenn sie sich auch nur näherten. Die Kälte in ihrem Körper war immer noch zugegen, aber sie spürte ihn nicht mehr. Es war alles so verwirrend. Im ersten Moment dies, dann jenes. Sie fühlte sich hin und her gestoßen. Und dann dieser Aufschrei. „Bleib ruhig, Rya“, flüsterte Aiden in ihr Ohr. „Ist schon gut.“ Erst jetzt bemerkte sie das Zittern, das ihren Körper durchfuhr. Aiden zog sie an sich. Keine Schmerzen. Es war angenehm. Rya fühlte sich fast sicher. Fast. Aber irgendetwas in ihr wollte ihn von sich stoßen. So sehr, dass er Schmerzen fühlen sollte. Und doch krallte sie sich nur noch fester an ihn. Es klingelte. Die Mittagssonne stand bereits am Himmel. Wie lange hatten Aiden und sie so dagesessen? Sie wusste es nicht mehr. Ihr Körper fühlte sich leer an, als er sie los ließ. Langsam stand sie auf. Aiden hatte sich in sein Zimmer zurückgezogen. Rya trottete zur Haustür. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie Aiden durch einen kleinen Spalt seiner Tür sie beobachtete. Sie warf ihm einen undeutlichen Blick zu. Er öffnete die Tür weiter. Beide sahen sich in die Augen. Erneut klingelte es und Rya zuckte zusammen bei dem nahen Schrillen. Sie legte die Hand auf die Klinke, atmete tief durch und öffnete die Tür. Joah stand vor ihr. Sein Blick war ernst. „Ich muss mit dir reden“, sagte er. „Joah! Was machst du hier? Ist die Uni schon vorbei?“ Verwirrt sah Rya den Hellbrünetten an. „Kann ich reinkommen?“, fragte er. „Bitte. Es ist wichtig.“ „Ja. Klar“, antwortete sie langsam. „Komm rein.“ Als er sich an ihr vorbeigeschlungen hatte, schloss sie die Tür. Joah hatte innegehalten. Verwundert sah Rya ihn an. Als sie seinen Blick folgte, erblickte sie Aiden, der in seiner Tür stand. „Bist du immer noch hier?“, fragte Joah kalt. Sein Blick hätte Aiden zerschneiden können, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre. Aiden spannte sich an und erwiderte die Frage mit einem genauso intensiven Blick. Kurz nickte er. Joah seufzte resigniert und legte erschöpft eine Hand auf seine Stirn. „Ich dachte, du wärst schlauer. Zumindest nachdem du herausgefunden hast, wer Ryanne ist.“ Er schüttelte den Kopf. „Wie dumm du doch bist.“ „HEY!“, fuhr Rya dazwischen. „Hast du den Verstand verloren, Joah? Wie redest du mit Aiden!“ „So wie es sich gehört mit einem Engel zu reden, der jeglichen himmlischen Anspruch verloren hat“, erwiderte er kühl. Rya stockte der Atem. Woher wusste er, dass Aiden…? „Wie-?“ „Meine Schwester hat es mir verraten.“ Rya sah ihn entsetzt an. „Schwester? Du hast keine Schwester!“, murmelte sie verwirrt. Abermals seufzte Joah. „Das spielt jetzt sowieso keine Rolle. Ich bin nur hier, um diesen Typen zu sagen, dass er sich verziehen soll“, entgegnete Joah schroff und funkelte Aiden an. „Und wieso sollte ich das tun?“, fragte dieser herausfordernd. Beide starrten einander finster an. Dann schlang Joah einen Arm um Ryas Hüfte. „Weil sie mir gehört“, antwortete Joah. Er umfasste Ryas Kinn und drehte es zu sich. Seine Augen fixierten ihre. Ein leichter Rotschimmer huschte über die Iris. Er näherte sich ihr. Seine Lippen legten sich auf ihre und Rya erstarrte. Er löste sie wieder. Schielte zu Aiden. „Und das wird sie auch bald bergreifen.“ +~+~+~+~+~+~+~+~+ Irgendwie habe ich mich schwer mit diesem Kap getan, aber ich hoffe, es gefällt trotzdem!=) LG, rYouChan*~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)