The Fallen von dark_rose_princess (die Ritter der Dunkelheit) ================================================================================ Kapitel 2: Engel ---------------- „Das wird eine harte Schlacht!“, stellte Tizian fest und fuhr sich mit der Hand durch seine dunkelblonde Igelfrisur. Er und sein bester Freund und Kampfgefährte René hatten sich mit ein paar anderen im überirdischem Hof verabredet. Dieser war von Mauerüberresten in hellem Sandstein umgeben. Am Abend wollten sie zusammen zum Kloster von Samin, dem geheimen Aufenthaltsort des Orakels Firia, aufbrechen. Sie war das erst Orakel seit die Engel ihr Geschlecht vor langer Zeit ausgerottet hatten. Erst in der neuen Welt konnte ein neues Orakel geboren werden. Und als ihre Mutter vor gut 97 Jahren starb wurde Firia in die Hände der Kriegerin Anahi gegeben, die sie beschützen sollte. Sie lebten gemeinsam in einem Kloster, das im Inneren einer Bergkette lag und dessen genauen Aufenthaltsort nur Tizian, René und die Ältesten wussten. „Das wird es!“, stimmte René ihm zu. Die Falltür, die in den mit Sandstein gepflasterten Boden eingelassen war und der einzige Ein und Ausgang des Unterschlupfes darstellte, öffnete sich und Lukas streckte seinen wasserstoffblonden Schopf hinaus. „Puh ist das hell hier draußen!“, schimpfte er. „Ah, da bist du ja Alter.“, sagte er mit einem Blick auf Marius, der bei René und Tizian stand. Der blickte ihn nur mit seinen verträumten, braunen Augen an und nickte ihm zu. Marius war, im Gegensatz zu Lukas seinem Bruder, eher ruhig. Lukas dagegen riss, in betrückenden Situationen, einen Witz nach dem anderen um die Gruppe aufzuheitern. Beide hatten braune Augen und Marius etwas längere dunkelbraune Haare, von denen ihm immer der Pony im Gesicht hing und seine Augen verdeckte. „So.“, meinte Lukas jetzt während er sich den Staub von der Hose klopfte. „Wie siehts aus? Können wir los?“ „Jetzt mach mal halblang, Junge.“, beschwichtigte ihn René. „Wir haben doch noch gar keinen Proviant eingepackt.“ Enttäuscht sah Lukas ihn an. „Nicht? Ich dachte es geht gleich los.“ Tizian grinste ihn an. „Wie immer voller Tatendrang!“ Schon hatte auch Lukas sein Lächeln wiedergefunden. „Natürlich! Einer von uns muss ja schließlich gut drauf sein! Stimmt's Bruderherz!“, sagte er und schaute Marius dabei streng an. Dieser zuckte nur mit den Schultern. „Deine gute Laune reicht für uns beide.“, meinte er schließlich. Alle lachten. Es war selten das er einen Witz machte. Lias Schritte hallten an den schwarzen Granitwänden der Burg Ramun wieder. Sie schritt durch einen der vielen Gänge und trat schließlich in ein Zimmer. „Was geht dir durch den Kopf Schwesterherz?“, fragte sie ihren Zwilling und stellte sich neben sie auf den kleinen Balkon. „Nichts Besonderes.“, antwortete Ria ausweichend. Misstrauisch sah Lia sie an und warf mit einer Kopfbewegung ihre langen, gewellten, blonden Haare nach hinten. „Lesia hat nach dir gefragt...“, meinte sie dann betont unauffällig. Ria unterdrückte ein Seufzen. Er ließ einfach nicht locker. „Was ist denn so schlimm an ihm? Was stört dich?“ „Er ist halt einfach nicht mein Typ.“, antwortete sie genervt. Entgeistert sah Lia sie an. „Nicht dein Typ?! Ich mein, guck ihn dir doch mal an!“ „Du kannst ihn gerne haben!“ „Ich versteh dich einfach nicht!“, meinte Lia kopfschüttelnd. Dann drehte sie sich um und verließ den Raum. „Nein, das tust du nicht!“, dachte Ria und schaute verträumt in die Nacht hinaus. Wie herrlich es war den Wind in den Federn seiner Flügel zu spüren. Die kleine Gruppe, bestehend aus Marius, Lukas, René und Tizian, hatte sich schließlich beim verschwinden des letzten Sonnenstrahls mit etwas Proviant und Decken in die Lüfte erhoben. Nun flogen sie in V- Formation durch die tiefschwarze Nacht, in der sie mit ihren schwarzen Flügelpaaren überhaupt nicht auffielen. Ihre Flügel hatten sich mit der Zeit, die sie im Exil lebten verdunkelt und waren schließlich pechschwarz geworden. Manchmal beneidete René die Engel um ihre weißen, unschuldig wirkenden Flügel, doch im Ganzen war er eigentlich ganz zufrieden mit der Situation. Sie hatten schöne Heime und genug zu essen. Sie verstanden sich mit den meisten Lebewesen recht gut und boten ihnen Schutz. Bis jetzt waren sie in noch keinen echten Krieg verwickelt worden. Sollte diese Ruhe nun vorbei sein? Er konnte es einfach nicht glauben. René beobachtete die Landschaft, die unter ihm hinweg zog. Die formvollendeten Bäume, die klaren Gewässer, die saftig grünen Wiesen. Er sah über seine linke Schulter und bemerkte das Lukas solangsam die Kraft ausging. Auch Tizian bemerkte es und sie setzten zur Landung an. Die Gruppe landete inmitten einem kleinen Wald. Nachdenklich sah René zu der dunklen Burg hinauf. Sie stand auf einem Hügel und war von dem Wäldchen umgeben. „Das ist kein guter Platz zum Übernachten!“, stellte er fest. „Nein!“, stimmte Tizian ihm zu, „aber wir müssen uns ausruhen. Es geht nicht anders.“, fügte er mit einem Blick auf Lukas hinzu. Der zuckte nur entschuldigend mit den Schultern. „Tut mir echt leid, Leute! Wirklich!“ „Ist schon gut.“, sagte dann Marius, „aber ab heute trainierst du gefälligst etwas mehr!“ Schuldbewusst schaute Lukas zu Boden. „Geht klar!“ Tizian nickte. Sie begannen ihr Lager aufzuschlagen, wagten es aber nicht ein Feuer zu machen. „Ich übernehme die erste Wache.“, beschloss Tizian. René nickte. Er brauchte nicht zu sagen das er die zweite übernahm. Das war allen klar. Schlaftrunken schlug René die Augen auf. „Ich leg mich hin!“, hörte er Tizian sagen. Er stand auf und begab sich etwas vom Lager weg. Er legte sich ins Gras und bewunderte die Sterne. Wie wunderbar es sein musste dort oben zu leben! An das Leben im Paradies konnte er sich kaum noch erinnern. Keiner von ihnen konnte das. Das war Teil des Fluches den die Engel ihnen auferlegt hatten. Die Gemeinschaft der Ritter hatte alle Erinnerungen an das Paradies gesammelt und in einem einzigen Buch zusammengetragen. Dieses Buch befand sich bei dem Orakel in Samin. Dem mit Abstand sichersten Ort auf diesem Planeten. René schrak auf. Was war das? Oben auf der Burg Ramun nahm er eine weiß gekleidete Gestalt wahr. Das musste er sich näher anschauen! Er hatte noch nie einen Engel gesehen. Zumindest konnte er sich nicht daran erinnern. Er war enttäuscht als er den Engel aus sicherer Entfernung betrachtete, denn dieser hier unterschied sich vom Äußeren nicht viel von den Rittern. Doch René kam es vor als strahlte sie von Innen heraus. Ihre langen, schwarzen Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten, der ihr von hinten über die Schulter hing. Sie konnte nicht älter als er sein. Also noch keine 112 denn sie wirkte wie 19. Und durch ihre smaragdgrünen Augen wirkte sie verträumt und zurückhaltend. Sie blickte in die Nacht hinaus. Hoch zu den Sternen. Sie war allein und er wäre gerne näher heran gegangen. Doch er ahnte das es noch mehr Engel in der Burg gab. Er wollte sich schon umdrehen und zurück gehen, als sie zusammenzuckte. Blitzschnell hatte sie zwei Fächer aus den Ärmeln ihres Schlafgewandes gezogen und stellte sich kampfbereit hin. Sie blickte ihn geradewegs an, obwohl sie ihn unmöglich sehen konnte. „Wer ist da?“, fragte sie leise aber dennoch mit scharfer Stimme. Anscheinend wollte sie vermeiden das einer der Anderen sie hörte. Unentschlossen blickte René sie an. Dann trat er aus seiner Deckung heraus. Er breitete seine Flügel aus und schwebte zu ihr auf den Balkon hinauf. Es verschlug Ria den Atem als der Unbekannte seine schwarzen Flügel ausbreitete und zu ihr hinauf kam. Er sah aus wie 21 und sie hätte ihn in dem Moment töten können und hätte es eigentlich auch tun sollen, denn er war ihr Feind. Doch etwas hielt sie zurück. So unglaublich es klingen mag: er faszinierte sie. Sie wollte die Fächer, ihre Waffen, herunternehmen, doch ihr Selbsterhaltungsinstinkt hielt diese kampfbereit. Der schwarze Engel, der Abtrünnige, landete vor ihr. Er hatte eine Hand auf den Knauf eines Schwertes gelegt, das an seinem Gürtel befestigt war und musterte sie neugierig. Sie wusste nicht wie ihr geschah, denn auf einmal spürte sie die Schneide seines Schwertes an ihrer Kehle. Sie zuckte überrascht zurück und ein kleines Rinnsal Blut lief ihren Hals hinab. „Warum habe ich das getan?“, fragte sich René und steckte sein Schwert wieder weg. Das Mädchen sah ihn etwas überrascht an. „Ich muss hier weg!“, dachte er dann, „Dieses Mädchen macht mich noch wahnsinnig.“ Wieder breitete er seine Flügel aus und erhob sich in die Lüfte. Er warf ihr noch einen rätselhaften Blick zu, dann flog er in den Wald zurück. Allerdings nicht auf direktem Weg zum Lager sondern in die entgegen gesetzte Richtung. Er musste Ihr ja nicht auch noch ihren Rastplatz verraten. „Wo warst du?“, fragte Tizian als sein Freund zurückkam. Es fing bereits an hell zu werden doch Lukas und Marius schliefen noch. Sie würden also nichts von alldem mitbekommen. „Nicht hier!“, gab René ausweichend zur Antwort. Misstrauisch sah Tizian ihn an, sagte aber nichts mehr. Er wusste das René seinen Freiraum brauchte, sie waren schon sehr lange befreundet, aber er hatte die Vermutung das er sie in Gefahr gebracht hatte. Eigentlich wollte Tizian auch gar nicht so genau wissen, was sein bester Freund so alles trieb. Vorsichtshalber weckte er die anderen zwei und sie brachen bald auf. Zitternd wachte Ria auf. Hatte sie das alles nur geträumt? Oder war sie gestern Abend wirklich einem der Gefallenen begegnet? Sie sprintete auf den Balkon und sah vier schwarze Gestalten aus dem kleinen Wäldchen aufsteigen. Mit großen Augen sah sie ihnen hinterher. Einer von ihnen drehte ihr das Gesicht zu. Sie erkannte den Abtrünnigen vom Abend und ihre Augen wurden noch größer. Dann waren sie weg. Sie glaubte fest daran das sie sich noch einmal begegnen würden. Sie musste ihn wiedersehen! „Was ist los?“, fragte Lesia, als sie beim Frühstück saßen. Finster schaute sie ihn an. „Nichts!“ „Ach komm schon. Was ist los? Ich sehe doch das du betrübt bist.“ Ria seufzte. Er ging ihr wirklich auf die Nerven! „Es geht dich nichts an!“ „Rede nicht in so einem Ton mit mir!“, herrschte er sie an. „Lass sie doch!“, versuchte Lia ihn zu beruhigen. „Sie wird nur schlecht geschlafen haben. Aber ich kann sie verstehen! Die Betten hier sind wirklich schrecklich!“ Dankbar sah Ria ihre Zwillingsschwester an. Diese warf ihr nur einen vorwurfsvollen Blick aus ihren bernsteinfarbenen Augen zu. Lia erstand einfach nicht warum Ria sich von Lesia, dem Anführer und Leiter dieser Mission, so abgestoßen fühlte. Er war ein guter Krieger und kämpfte mit aller Macht für die Interessen der Engel. Außerdem sah er mit seinen langen, braunen Haaren, die er meistens mit einem Haarband zusammenhielt, und den bernsteinfarbenen Augen, die ihren ähnlich sahen, gar nicht mal so schlecht aus. Das fand sie jedenfalls. Ria hatte ihr einmal erzählt das sie ihn zu arrogant fand und sie seine Frisur überhaupt nicht mochte. Lia dachte oft darüber nach, und es ärgerte sie das ihre Schwester den Anführer und Ältesten in ihrem Team nicht mochte. Er war 116, also 23 in Menschenjahren, und würde gut zu ihr passen. Aber das war ja nur ihre Meinung. Zu ihrem Team gehörte außerdem noch Saren, der einzige magiebegabte Engel aller Zeiten. Er hatte etwas längeres blondes Haar, das sich zu kleinen Locken kringelte. Er war der Jüngste aus ihrem Team und erst 108 Jahre alt. Ihn mochte Lia am wenigsten. Er war ihr irgendwie zu unentschlossen. Die Gemeinschaft der Engel interessierte ihn nicht besonders. Er kämpfte nur für sie weil er im Moment nichts besseres zu tun hatte. Wenn er aber etwas fand das ihn interessierte würde er sie verraten ohne lange darüber nachzudenken. Lesia warf Ria noch einmal einen strengen Blick zu und sie tat so als würde sie beschämt zu Boden schauen, doch als er den Blick wieder von ihr abwand vertrete sie Augen. Sie erhob sich und verließ den Raum. Ihr war der Appetit vergangen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)