One-Shots und Anderes von PineappleSenpai (...wenn Gefühle verrückt spielen.) ================================================================================ Kapitel 1: Getrennt bis zum Schluss ----------------------------------- Manchmal da, gibt es Momente eines totalen Umschwungs. Der Körper zieht sich kurzzeitig zusammen und wie mit dem Schlag eines Zaunpfahles ist das Innere vollkommen neu aufgewühlt. Wie in diesem Moment. Dem Moment, indem ich nichts weiter sah als eine Lawine von roter Flüssigkeit, die sich zum Schluss hin auf zackte. Es fühlte sich an, als würde ich nur wenige Meter entfernt stehen, als könnte ich die Feuchte, die Wärme direkt auf meiner Haut spüren. All der Hass, die Trauer und die Enttäuschung quollen auf und mit einem Mal waren sie wie eine Seifenblase zerplatzt und machten gänzlich anderen Emotionen Raum. Angst, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Leere... Das tiefe Verlangen einen Ruf aus zu stoßen durchfuhr mich, doch nichts konnte sich letztlich zwischen meinen Lippen hindurch drücken, konnte ich nicht einmal genug Luft holen um dies zu tun. Still musste ich mit ansehen, wie das schimmernde Blau sich aufriss, wie das Silber sich langsam in ein hässliches Grau bis hin zu einem unverkennbaren Rot um verfärbte. Es blieb mir ein Rätsel warum ich es tat, aber völlig gedankenlos und leer, lehnte sich mein Kopf in einer stillen Frage zur Seite und meine Lippen formten stumm einen Satz, ließen ihn klanglos über meine Zunge rollen. Es beunruhigte mich nicht weiter nur noch mehr von dem stechenden Rot zu erblicken, zu sehen wie die Ungestalt sich an seinem ehemaligem Vertrauten austobte. Sobald sich mein Inneres zu beruhigen schien, schossen Fragen durch meine Gedankengänge, die ich nicht beantworten konnte, ich wollte sie gar nicht einmal beantworten. Die Erde bebte, rüttelte mich förmlich wach und ließ mich mit irritiertem Blick beobachten, wie die Häuser ineinander schlugen und die Straße in sich aufbrach. So schnell wie es jedoch begonnen hatte, kam es auch schon wieder zur Ruhe. Ich ließ es einfach vor mir vorbei ziehen, fühlte nicht die kleinste Regung, die mich dazu animieren würde einen Schritt auf ihn zu zu machen. Flüchtig wand ich meinen Blick nach hinten ab, erblickte rabenschwarzes Haar, rot funkelnde Augen, die ihren Schimmer hinter fast geschlossenen Liedern verbargen. An der Seite des Mannes klaffte eine tiefe Wunde, schien so, als wenn sie sich bis zur Mitte durch gefressen hätte. Mein Blick verfinsterte sich nur kaum merklich, blendete den schrillen Aufschrei der Frau völlig aus, als diese bewältigten konnte, was ich nicht einmal im Ansatz schaffte. Träge schleppte sich mein Körper hinüber zu dem, der abgesehen von der angestrengten Atmung, kaum eine Bewegung deutlich machte. Ab und an hatte ich schon die Befürchtung gehabt, er wäre von mir gegangen. Es blieb mir selbst unerklärlich, wie ich selbst nur mit wenigen Schrammen und zwei gebrochenen Handgelenken davon habe kommen können. Zögernd ließ ich mich neben ihm nieder, verschwendete nicht eine Sekunde der Zeit und legte meinen Kopf gleich auf die sonst so starken Schultern, die nun abgeschlafft dort hingen und sich nur der Atmung zu liebe ab und an in Bewegung setzten. Eine gebrochene, raue Stimme hatte bislang nach meiner Aufmerksamkeit verlangt, immer wieder meinen Namen gerufen, doch selbst wenn ich wollte, ich konnte ihm momentan nicht helfen. Sobald mein Körper mit dem Grund in Kontakt gekommen war, schien jegliche Kraft mich vollends verlassen zu haben und meine Augen schlossen sich wie von selbst, erkannten nur schemenhaft die Silhouette einer Frau, die sich langsam näherte und mir durchaus ein kleines Lächeln auf die Lippen legte. Nun stand ich hier, genauso angewurzelt wie in dem Moment, in dem mich diese Lawine von Blut überrollt hatte und ließ mir von der sanften Brise die braunen Haarspitzen um das Gesicht streicheln. Es war merkwürdig festzustellen, dass man nicht eine Träne für die Liebe seines Lebens vergoss. Eher fühlte es sich an, als wäre er sowieso nur eine Art Poster von einem Idol gewesen, die die Jugendlichen sich in der Welt der Menschen an die Wände hingen, um sie bestaunen und sie anhimmeln zu können. Egal wie nah ich ihm letztlich war, wie oft ich ihm durch die Frisur, über seinen Körper streicheln durfte, wie oft ich seine Streicheleinheiten genießen durfte und diese harschen neckenden Worte, die immer doch eine Bedeutung hielten, zum Schluss waren sie nichts weiter als ein Teil von einem Traum, der sich nie erfüllte. Meine Narbe schmerzte, ließ mein Herz auf pochen und doch deutlich verkrampfen. Zwei Arme hatten sich langsam um meine Taille geschlungen, strichen vorsichtig über meinen Körper, bis hoch zu meiner Brust, wo sich eine Hand über meinem Herzen zur Ruhe legte und den aufgebrachten Muskel ebenso beruhigte. Ein Gewicht ließ sich auf meiner Schulter nieder, drückte sie Halt suchend etwas hinunter und doch war es kein unnötiger Ballast für sie. Unbewusst hob sich einer meiner Arme hinauf um den schwarzen Schopf zu packen und ihn lässig zu durchstreichen. „Lass uns gehen, Taiki.“ Ein simples Nicken war meine Antwort. Weiterhin still, beobachtete ich wie der alte Herr langsam meine Sicht verließ und mich doch leise schmunzeln ließ. Ich besaß noch etwas, dass mich in dieser Welt hielt und mir glücklicherweise immer noch das Gefühl gab gebraucht zu werden, etwas wert zu sein. Ich weiß nicht, wie lange ich noch dort stand und auf irgendeine Regung der Umgebung wartete, doch nach einer gefühlten Ewigkeit begann ich mit ersten Schritten meinen Rücktritt anzutreten. Ich hatte mich von allem los gesagt, von meiner Vergangenheit, meinem Amt als Taichou und jeglichen Kontakten, die ich einst pflegte. Nur Kyoushirou war mir geblieben und doch, sowie ich den Platz verlassen wollte, spürte ich ein hartes Zupfen an meinen mittlerweile wieder lang gewachsenen Haarspitzen. „Gin..?“, entfloh es mir unbewusst, sowie ich mich herum drehte, in der Hoffnung, den silbernen Schopf zu erblicken oder das neckende Grinsen, dass nur für mich einen Tacken sanfter wurde. Stattdessen um fächerte mich nur eine weitere Brise des Windes, welche mich sanft aufwärmte. Er war wirklich gegangen und hatte mich zurück gelassen. Ein sanfter Ton eines Lachen kitzelte meine Lippen, als ich mich wieder herum wand und ein neues Kapitel meines Lebens begann. „Sayonara, Ichimaru Gin...-san...“ Und endlich entflohen die Tränen, die sich über die Jahre angestaut hatten. Kapitel 2: Schwachstelle ------------------------ Viele, hunderte, tausende Stimmen wirkten auf ihn ein. Sie versuchten ihn mit all ihrer Macht vom Weg abzubringen. Sie wollten ihn steuern. Sie wollten ihn beherrschen. Das haben sie schon immer gewollt. Dinge, die sich vor seinem unversehrten Auge abspielten, liefen ab wie in einem Theaterstück. Szenarien die mit größter Mühe eingeübt waren welche, die man kaum verstand wäre man nicht in ihrer Absichten eingeweiht gewesen. Es war genauso echt, wie die Existenz ihrer Art für einen normalen Menschen. Für den Standard. Das, was man eigentlich sein sollte, wenn man sich das Recht heraus nahm diesen Planeten zu betreten. Darauf geboren zu werden. Augenbrauen fuhren in starren Krämpfen in der Mitte zusammen. Entschlüsselungen waren noch nie etwas Einfaches gewesen. Ein leises Knurren. Aggressionen kochten in ihm hoch mit jedem weiteren Wort, das einen dieser vielen Münder verließ. Er konnte sich nicht konzentrieren. Nicht so. Mit geschlossenen Augen versuchte er es erneut. Doch mit jedem weiteren Versuch die vielen Informationen, Spielereien und Lügen aufzunehmen, wurde ihm immer deutlicher bewusst, wie töricht alleine die Idee dies zu tun war. Die Stimmen, die ihn steuern wollten, waren nicht unter Kontrolle zu bringen. Sie würden es niemals sein. So dachte er und denkt er heute vermutlich immer noch. „Hat's eigentlich weh getan?“ Ein kurzer Augenaufschlag und er kollidierte fast mit der Stirn eines brünetten Schönlings. Goldene Augen fraßen ihren Blick fest an eine Stelle von der er wusste, dass es dort nicht viel zu sehen gab. Lediglich eine Augenklappe. Sie verdeckte das Schlimmste. „Das mit dem Auge, meine ich.“ Wiederholte er, als würde er mit jemandem reden, der schwer von Begriff war. Logan, so sein Name, richtete sich etwas an der Wand auf, an der er lehnte. Danach versuchte er einen Blick in sein träges Auge zu zaubern, der bestmöglich deutlich machte, dass er nicht darüber sprechen wollte. Ein klarer Fehlschlag. Als wäre es das Interessanteste innerhalb der kompletten Festhalle, beharrte der Rotschopf, ja es war mehr Rot als Braun bei genauerer Betrachtung, weiterhin auf seinem nicht mehr vorhandenen Auge. Der Schwarzhaarige und mit Sicherheit auch der Ältere von ihnen beiden brach schon aus in Schweiß, bei der Angst sein Gegenüber würde ihm gleich ganz spontan und voller Enthusiasmus in die leere Augenhöhle stochern. Völlig undenkbar wäre es nicht gewesen. „Nicht gerade gesprächig, was?“ Klang mehr nach einer Feststellung, als wirklich nach einer Frage. Logan gab sich damit zufrieden. „Alistair Vaughn Canaeros.“ Ein stumpfes, nicht wirklich ernst gemeintes Blinzeln wie aus Neugierde. „Mein Name. Merk ihn dir. Ist nämlich nicht gerade unbedeutend, weißt du?“ Natürlich nicht. Wer kannte den Clan der Canaeros heutzutage nicht? Diese Stimme jedoch, war nur eine der vielen in dieser Halle. Es fiel Logan nicht unbedingt schwer sie im Meer der Stimmen zu ertränken. Das Weinglas in der Hand des jungen Mannes vor ihm, schlug immer wieder größere Kurven, fuhr Kreise in der Luft und verschüttete hier und da kaum merklich mal einen Tropfen auf dem Paketboden. Beinahe wie fasziniert verfolgte er jeden einzelnen Tropfen. „Hörst du mir eigentlich zu? Ich rate es dir zumindest!“ Langsam, viel zu langsam, erhob er seinen Blick vom Boden, nur um eine spitze Fingerkuppe dabei zu betrachten wie sie rasant immer näher und näher kam, bis sie schließlich sein weit vor Schreck aufgerissenes Auge erreichte und - THUMP. „Dir ist schon klar, dass es kalt ist Nachts, ja!?“ Irritiert und völlig verwirrt blickte Logan von seinem Platz am Boden auf. Diesmal war es sein Blick, der wie besessen auf der anderen Person verharrte und ihr versuchte Löcher in den blassen Rücken zu brennen. Er erinnerte sich. Sie waren in einer heruntergekommenen Herberge. Ihre letzte, bevor sie sich endlich ihrer Mission widmen würden, die sie zuvor noch aufgetragen bekommen hatten. Kalt. So ganz ohne Bettdecke und halbnackt auf dem kühlen Holzboden war es nicht gerade angenehm. Dennoch. Eher schlecht als recht erhob sich der Vampir, schaute noch einmal nach dem Rotschopf, bevor er den Raum verließ und seine Augenklappe etwas richtete. Hinter der Türe konnte er nur ein schweres Seufzen vernehmen, was ihm wohl so viel sagen sollte wie: „Endlich ist er weg.“ Zu früh gefreut. Logan marschierte ruhigen Schrittes hinunter in den Hof der Herberge, dort, wo beinahe schon abwartend ein Brunnen im Nachtlicht stand. SPLASH. „SAG MAL, HAST DU NOCH ALLE TASSEN IM SCHRANK!?“ Müde und gelangweilt legte er den Kopf zur Seite und für einen Moment sah es glatt weg danach aus, als würde er ernsthaft über eine Antwort darauf überlegen müssen. Den nun geleerten Wassereimer stellte er neben sich auf den Boden, riss sich die klitschnasse Bettdecke vom Rothaarigen hinunter und hing sie über die kleine Wäscheleine, die das Zimmer besaß. „Nur eines.“ Begann er. „Bleib mir mit deinen Griffeln aus dem Gesicht.“ Das ruhige Nachtgebet für diesen Abend. OMAKE die Erste: „SAG MAL, HAST DU NOCH ALLE TASSEN IM SCHRANK!? ...dann stell doch Gläser rein!“ -Canaeros „......“ -Marple „Nicht gut?“ -Canaeros „....nein.“ -Marple Kapitel 3: Mein persönliches Paradies ------------------------------------- Kopfschmerzen waren meine ständigen Begleiter. Nach letzter Nacht wunderte es mich allerdings nicht, dass mir der Schädel brummte. Viele alkoholische Getränke sind meine Kehle hinunter gelaufen, Glas nach Glas und irgendwann hatte ich eben völlig den Überblick verloren. Geraucht habe ich auch. Ziemlich überraschend, dass die Schachtel Zigaretten den Abend überlebt hatte. So wie man mich dort in der Bar gesehen hatte, hätte keiner daran gedacht. Ich zerdrückte einen Zigarettenstummel nach dem Anderen in dem überfüllten Aschenbecher. Außer mit hatte an dem Tisch jedoch keiner geraucht. Niemand, soweit ich mich eben noch daran erinnern konnte. Wann genau ich eigentlich damit angefangen habe, wollte mir gar nicht mehr in den Sinn kommen. Rauchen schädigt die Lunge, eigentlich den kompletten Körper, und doch tue ich es. Es beruhigt, würden die meisten nun argumentieren. Dieses Argument ist mittlerweile etwas abgefressen und mager. Rauchen ist eines der abartigsten Dinge, die ich je begonnen habe. An Aufhören denke ich aber nicht. Irgendwie passt es zu mir und das wertschätze ich sehr. Zu meinem persönlichen Vorteil, kenne ich die Frau im Bett neben mir. Meine Schwester. So weiß ich, dass ich trotz Filmriss mit Gewissheit sagen kann, dass nichts Dramatisches passiert ist. Im Schlimmstfall habe ich mich eben vor der versammelten Mannschaft an Freunden blamiert, mich völlig zum Affen gemacht, aber auch das bezweifle ich. Wenn ich betrunken bin, werde ich normalerweise ruhiger. Ruhiger, als ich es bei nüchternem Zustand eh schon bin. Ich spreche nicht viel und auch nicht gerne. Ich befasse mich lieber mit meinen Gedanken. Das ist es, was mich beruhigt. Nicht das Rauchen. Wenn ich mich in meiner Gedankenwelt verlaufen kann, ist es für mich als würde ich ein unerforschtes Paradies erkunden. Keines, wie in manchen Religionen gepredigt wird, sondern ein simples, kleines, persönliches Paradies mit all den Dingen die einer Person im Verlauf ihres Lebens eben so ans Herz wachsen. Mein Paradies sieht aus wie eine der vielen Bars, die ich fast jeden Abend besuche. Der Unterschied ist, dass sie völlig leer ist. Nicht eine Menschenseele ist dort. Keiner trinkt mir meinen Whiskey weg oder füllt mir meinen Aschenbecher. Dort steht nur ein älterer Mann, ein Barkeeper, welcher immer fleißig Gläser reinigt. Er hat kein Gesicht. Zumindest kann ich nie erkennen wie seine Augen aussehen oder welche Farbe sie haben. Ich erkenne immer nur das intensive Rot seiner Haare, die sich wie ein dichter Schleier davor legen und sein immer freundliches Lächeln, dass die kleinen Grübchen an seinen Mundwinkeln zum Vorschein bringt. Wenn ich mein persönliches Paradies betrete, dann riecht es nach Vanille. Ich mag es nämlich, wenn etwas nach Vanille riecht. Ich esse auch sehr gerne Dinge die nach Vanille schmecken. In der hintersten Ecke, links, welche gar nicht mal so weit hinten ist, da die Bar sehr überschaulich ist, steht ein hoher Barhocker. An diesem steht immer ein Gitarrenkoffer gelehnt, der förmlich nach mir zu rufen scheint. Das Instrument darin möchte, dass ich es spiele und dabei beherrsche ich es nicht einmal. Als Kind hatte ich nicht einmal die Geduld dazu mich mit einer Flöte anzufreunden. Genauso wie das Instrument in der vermutlich schweren, schwarzen Kiste, erwartet auch der Barkeeper von mir, dass ich es aus seinen Ketten befreie und endlich ein paar Songs darauf spiele. Mir summt immer eine kleine Melodie durch den Kopf, die ich nur zu gerne spielen würde. Der Geruch von Vanille inspiriert mich immer ungemein. Mein Whiskey steht immer schon bereit auf der Theke, zwei Eiswürfel, genauso wie ich es mag. Daneben stellt er mir immer einen Aschenbecher. Im Rand steckt eine bereits angezündete Zigarette, die trotz ihres Rauchs den angenehmen Geruch von Vanille nicht vertreiben kann. Wenn ich mein persönliches Paradies betrete, gehe ich immer gleich auf die Theke zu, sobald ich den Moment des Betretens genügend genossen habe. Ich setzte mich nicht, denn ich stehe lieber. Den Barkeeper stört es nicht. Er nickt mir immer gleich zu, wenn ich mein persönliches Paradies betrete. Geduldig wartet er ab, bis ich mein Glas leer getrunken habe und meine Zigarette auf geraucht habe. Er gibt mir nicht das Gefühl, als wenn mich irgendetwas drängen würde die Gitarre zu spielen. Sein Blick, obwohl ich ihn nicht sehen kann, verrät mir immer, dass er mich dennoch liebend gerne spielen hören würde. Manchmal habe ich das Gefühl er mag mich. Vielleicht liebt er mich auch. Ich mag den Gedanken, aber während ich in meinem persönlichen Paradies bin, wird nicht gesprochen. Nur das klirren der Eiswürfel im Glas und das Quietschen der blitzblank geputzten Gläser, die immer weiter mit einem Putztuch massakriert werden. Ich mag es, wenn es mehr als nur einfach sauber ist. Sobald ich mich in Ruhe der Atmosphäre angepasst habe, gehe ich zum Hocker in der Hecke hinüber. Ich setze mich darauf. Ich genehmige mir dann immer noch einen prüfenden Blick durch die Räumlichkeiten. Ich mag es, wenn ich etwas von einem höheren Standpunkt aus begutachten kann. Meine Hände greifen sich zögerlich den Gitarrenkoffer. Sie sind empfindlich auf bestimmtes Material, aber dieser Koffer ist aus welchem, das ich anzufassen mag. Das Instrument darin, ist in einem tiefen Weinrot gefärbt. Ich mag dieses Rot sehr, nur eben nicht an mir selbst. Auch wenn ich im realen Leben nie eine Gitarre halten durfte, so weiß ich in meinem persönlichen Paradies von Gedanken und Fantasien, wie ich sie richtig zu positionieren und zu spielen habe. Ich habe keine Ahnung von Noten und Akkorden, doch ich kann sie spielen, die Gitarre. Die Saiten kitzeln an meinen Fingerspitzen. Es fühlt sich an wie das Gras einer Wiese nach einem leichten Schauer im Sommer. Ich mag mich so ins feuchte Gras legen. Es fühlt sich schön an und ich würde es mit Sicherheit öfter tun, würde ich mir dabei nicht immer die Kleidung ruinieren. Mein persönliches Paradies ist aber nicht mit solchen Gedanken gefüllt. Sie sind niemals negativ. Alles hat etwas Gutes und Etwas, was ich mag. Ich mag auch Sitzgelegenheiten aus Holz. Sitzkissen verrutschen immer und Polster lassen meinen Hintern einschlafen. Ich mag sie nicht. Wenn ich spiele, dann spiele ich Lieder die das tiefste meiner Seele wieder geben. Meine Träume und Wünsche, welche ich mir alle noch erfüllen möchte. Ich kann zwar nicht singen, aber ich mag es, meine Stimme zu hören. Sie ist ruhig und scheucht niemanden. Sie erschrickt nicht. Ich mag nur nicht gerne sprechen. Der Barkeeper in meinem persönlichen Paradies putzt weiter Gläser und ich spiele auf meiner Gitarre, bis ich keine Lust mehr dazu habe. Dann gehe ich. Ich gehe mit dem Wissen, dass wenn ich nächstes Mal wieder komme, wieder ein Glas Whiskey und eine Zigarette für mich bereit wären und meine Gitarre auf mich in der Ecke warten würde. Es würde wieder nach Vanille riechen und der Barkeeper würde immer noch Gläser putzen. Seine Haare und die Gitarre wären immer noch in einem Rot gefärbt, dass ich mag. Nichts würde dort auf mich warten, was ich nicht mag. Es gibt nämlich viele Dinge, die ich nicht mag. „Träumst du noch?“ „Nein, ich denke nur nach.“ „Über was?“ „Mein persönliches Paradies.“ Pause. „Hast du auch eines? Wenn ja, magst du mir davon vielleicht erzählen?“ Kapitel 4: I hate you, so why do I love you ? --------------------------------------------- Es war vollkommen ungewollt und doch ist es passiert. Dieser Kuss. Dieser simple Kuss, der doch so viel veränderte. Er war nicht einmal zärtlich, trug keine Liebe in sich, kein Gefühl, außer dem unsterblichen Hass den wir füreinander empfanden. Wären wir nicht so geschockt gewesen, so überrascht, dann wäre es vermutlich auch kein Wunder gewesen, hätten wir uns gegenseitig die Lippen blutig gebissen, uns bei den Haaren gepackt oder das Gesicht zerkratzt, an den Armen gerissen oder die Kleidung des Anderen in ihre Einzelteile zerlegt. So jedoch, waren wir geschockt genug um unsere Lippenpaare aufeinander liegen zu lassen, den Moment auf uns wirken zu lassen und ihn doch in einem sanften auseinander Gehen wieder ausklingen zu lassen. Es war still. Still, bis auf den nieder prasselnden Regen, die beschleunigten Schritte der Leute und Atemzüge von uns. Herzklopfen, nein, ein Herzrasen. Mein ganzer Körper bebte, drohte zu zersprengen unter der Kraft eines einzelnen Organs, welches sich plötzlich gegen mich aufzulehnen versuchte. Verräter, zischte es mir durch meinen Kopf. Was war es nur, dass es dazu veranlasst hatte, so zu reagieren? Er war es mit Sicherheit nicht. Vielleicht war es der Frust über meinen verlorenen ersten Kuss, der mit jedem Tropfen der über sein Gesicht rann, immer deutlicher an mir vorbei floss. Ich konnte ihn nicht genießen, ihn nicht auskosten und freuen tat ich mich schon gar nicht einmal darüber. Er war geschehen, im Bruchteil einer Sekunde hatte ich ihn verloren und dann noch nicht einmal an jemanden, den ich mochte, geschweige denn in meiner Gegenwart akzeptierte. Gokudera Hayato. Dieser Name brannte sich in mein Gedächtnis wie die ätzende Säure in den Tisch eines Chemielabors, während sich sein zorniger Blick langsam in die Tiefen meiner Augen vor bohrte. Ich konnte es spüren. Diese Energie die mit schwang, jedes Mal wenn er mich so ansah. Als wollte er mich mit seinem Dynamit füttern und den Moment auskosten indem ich explodieren würde. So war es wohl auch bei ihm. Vermutlich spürte er genauso wie ich es tat, wie sehr ich ihn verachtete, ihn hasste ihn eigentlich nicht einmal eines Blickes würdigen wollte. Jedoch, so sehr ich ihn hasste und verachtete, er war anziehend. Er war anziehend genug, dass sich trotz jeden Regenschauers, jedes Herzrasen und Luftmangels, Hasses oder jeder Zuschauer, wir uns wieder zusammen fanden, die Arme eng umeinander geschlungen und die Lippen fest aufeinander gepresst, die zornigen Blicke niemals voreinander verbogen. Ich hasse ihn. Ich hasste ihn damals und tue es heute noch. Heute, wo er mir den Ring an den Finger steckt, mich grob bei der Hüfte packt und an sich zieht. Ich hasse ihn. Ihn und diesen Blick, der mich nicht von ihm weg kommen lässt. Gokudera Hayato. Hättest du dir nicht wenigstens die Zigarette für unsere Hochzeit sparen können? Vielleicht hätte es verhindern können, dass ich dir dafür auf den Lackschuh getreten bin, meinen Absatz in deinen Fuß gebohrt habe oder du mir darauf hin meine Frisur zerstört hast, als du meine Haare zogst. Es hätte auch verhindern können, dass ich dir als Rache meinen Lippenstift auf der Wange verteilt habe und deine Krawatte viel zu eng gezogen habe. Allerdings wärst du dann nicht auf die Idee gekommen mir den Schleier vom Schopf zu zerren oder mein Kleid zu zerreißen. Es hätte mich nicht auf den Einfall gebracht dir dein Jackett vom Leib zu zerren, dein Hemd aufzureißen oder deinen Gürtel einen anderen Lebenssinn zu lehren. Vergiss die geladenen Gäste, den Pastor beim Altar, den panischen Mafiaboss oder die Tatsache, dass wir uns hassen. Ich liebe dich. Ich liebe Gokudera Hayato. Und wenn es nur für den Moment ist. Momente gibt es immer wieder. Jetzt und in aller Ewigkeit, sollte unsere Ewigkeit auch nur aus den Narben an unseren Leibern bestehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)