Blutige Begegnungen von Diracdet (Teil 7 des Detektiv Conan-Noir Crossovers) ================================================================================ Kapitel 6: Jeder gegen jeden? ----------------------------- Hallo liebe Lesenden, ich hoffe, ihr hattet ein schönes Osterfest und der Osterhase – so ihr ihn denn aus dem Käfig lassen konntet – hat euch auch herzlich dafür gedankt. ;] Wie immer zunächst vielen Dank für die Kommis zum letzten Kapitel. Scheinbar hat euch der kleine Auftritt Mireilles ganz gut gefallen. Das freut mich. Aber keine Sorge. Auch wenn es noch etwas dauert, Kirikas Auftritt wird... ich versprech' mal nicht zu viel. Wartet es ab. Ein paar kleine Fragen gab es dabei jedoch, die ich kurz ansprechen möchte. Also, nicht jeder kennt in diesem Umfang Noir, das muss man so sagen. Kir weiß von den Soldats und sie hat sicher auch schon mal was von Noir gehört, aber nur Gerüchte. Für sie ist nicht mal klar, ob es Noir wirklich gibt, und schon gar nicht kommt sie jetzt darauf, dass Mireille es ist. Dafür war der Schuss dann doch nicht beeindruckend genug. ;-p Umgekehrt hat zwar Yusaku als Detektiv aus Interesse Informationen zu Noir gesammelt, hat aber selber keine Ahnung, wer sich hinter Noir verbirgt. Auch für ihn ist es mehr eine Legende, die noch einer Bestätigung bedarf. Kurzum, ich denke in der Situation von Kir hätte niemand auf Noir getippt, unabhängig davon, ob man von Noir gehört hat oder nicht. An Kirs Loyalität... sagen wir mal zweifelt Gin nicht mehr oder weniger als vorher. Hier kommt grundsätzlich eher zum tragen, wie scheinbar jemand ihre Schritte verfolgt und eingreift. Sprich er glaubt nicht, dass sie da direkt mitmischt, sondern eben Opfer eines Feindes der Organisation wurde. Zu Kanin sage ich mal besser noch gar nichts. Der ist natürlich essentiell in dieser Scharade, aber so bedeutsam wie seine Rolle dabei ist, so schwierig wird es auch sein, diese Rolle klar zu definieren. Gemäß Sherlock Holmes: 'Nichts ist zweifelhafter als eine offensichtliche Tatsache'. Womit wir direkt überleiten zum neuen Kapitel und einem weiteren roten Faden – sind ja bisher so wenige. ^.~ Dieser Satz eben ist vielleicht der beste Punkt, den ich als Hilfestellung zum Miträtseln geben kann: Holmes Zitat am besten bei jeder Aussage dieses Kapitels im Hinterkopf behalten. Ach ja und was dieses technische Detail bei Handys angeht, was hier zum Einsatz kommt, das habe ich nachgeprüft, das ist schon kommerziell verfügbar. Daher wünsche ich euch dann noch viel Spaß mit dem neuen Kapitel und bis bald.^^ Liebe Grüße, Diracdet Kapitel 6: Jeder gegen Jeden? James Black zog sich etwas aus dem Trubel der Menge, die größtenteils immer noch das abklingende Feuerwerk bewunderte, zurück. Er hatte die Informationen, die er gesucht hatte, erhalten und wollte nun eine Konferenzschaltung mit seinen beiden Agenten herstellen. Eben gerade hatte sich die Situation so weit verändert, dass er es als notwendig ansah, einen aktualisierten Überblick über die allgemeine Lage zu bekommen. Er ließ es klingeln. Jodie ging sofort ran. „Ja, James?“ „Einen Moment, ich hab euch beide drauf, aber Shuichi scheint noch nicht ranzugehen.“ Sie wusste, es machte keinen Sinn, ihre bisherigen Ergebnisse zu verkünden, wenn sie es dann nochmal erklären musste. Nicht, dass sie so viel mehr zu berichten hatte, außer eine persönliche innere Wut. 'Diese, miese, kleine, französische... Verzeihung, korsische...' Eigentlich regte sie sich mehr über sich selbst auf, als über Mireille. Dass sie auf diese Frau reingefallen war, dieses noch halbe Kind aus in ihren Augen; immerhin trennten sie sieben Jahre! Es frustrierte sie zutiefst und in einer angespannten Situation wie dieser mit der Organisation konnte sie es einfach nicht richtig verdrängen und weitermachen. War Mireille Bouquet also doch mit den Soldats im Bunde? Aber selbst dann konnte sie das doch normalerweise nicht wissen. Die genaue Aufteilung der Agenten, wer sich an wessen Fersen heften sollte, war doch erst kurzfristig unter den dreien geregelt worden. Es mag an ihrer Wut und damit leichter innerer Unruhe gelegen haben, dass sie nicht auf die einfachste Lösung kam. Wissend, dass das FBI hier war wegen Rena Mizunashi, war die Aussage mit den Fernsehteams eine offensichtliche Falle, mit der die junge Referendarin ihrer älteren Kollegin nicht nur ihre Intentionen entlockte, sondern gleichzeitig sie vollkommen in die Irre führte. 'Damn you, when I'll find you...' „Entschuldigt die Verspätung.“, begrüßte sie Akai nach bestimmt einer Minute Wartezeit. „Aber ich habe gerade einem sehr interessanten Gespräch beigewohnt.“ „Zwischen wem?“, reagierte Black neugierig und scharf, als wäre ihm der eine Satz schon zu viel Smalltalk. „Hideichi Kanin und Gin!“ „Was?!“, kam es von beiden gleichzeitig. Akai erklärte ihnen sachlich und präzise, was er aus sicherer Entfernung mitbekommen hatte über die Diskussion der beiden. Er hatte sie umgehend, nachdem Gin gegangen war, auch verlassen und den Anruf entgegen genommen. „Hmm... ja das deckt sich mit meinen Beobachtungen.“, stellte Black nachdenklich fest. „Haben Sie die Scharfschützen also ausfindig gemacht, Chef?“ „Im Prinzip ja. Aber sie haben sich gut getarnt. Dennoch fand ich irgendwann Chianti in einem der Gebäude zur Südostseite, und auf der Südwestseite, ziemlich genau 90° dazu, Korn. Beide haben exakt als das Feuerwerk losging, geschossen, allerdings nicht Richtung Park, sondern parallel zu den Häuserwänden.“ „Das sind dann wohl die Scharfschützen von Herrn Kanin... gewesen...“ Jodie klang sichtlich unzufrieden, dass bereits zwei Leute von der Organisation getötet worden waren, ohne dass sie überhaupt etwas tun konnten. Irgendwo war ihre Arbeit jetzt schon teilweise als Misserfolg zu werten. „Daraufhin visierten beide einen gemeinsamen Punkt im Park an und schossen ein paar Minuten später leicht zeitverzögert.“ „Der Zigaretten-Trick, schon klar. Das heißt also, Kanin weiß von der Organisation und sie will ihn erpressen. Umgekehrt scheint er auch genug Informationen über sie zu haben, um zum Gegenschlag ausholen zu können... wenn er will.“, analysierte Akai ruhig. „Du meinst, wir sollten ihn selbst mal genauer unter die Lupe nehmen, Shuichi?“ Der Agent zögerte einen Moment, bevor er antwortete. „Nein... nein wohl eher nicht. Es scheint, als könne er... noch alles abstreiten und die Organisation wird ihm sicher nicht freiwillig mehr Informationen als nötig geben.“ Sein Chef bemerkte es sofort, dass seinen besten Mann erneut etwas beschäftigte und, dass es in diesem Fall ernst war. „Dich bedrückt etwas, hab ich recht?“ „Mehrere Dinge an dem Gespräch waren mir nicht ganz koscher. Wenn Kanin wirklich im Stande ist, die Organisation auffliegen zu lassen – und die Organisation auch überzeugt ist, er wollte es – warum tut er es nicht? Dass er zögert, klingt eher so, als biedere er sich ihnen an, als wollte er mit ihnen Geschäfte machen. Gleichzeitig lehnte er so strickt ab. Insbesondere die Scharfschützen kann man ja fast nur so interpretieren, dass er um sein Leben fürchtet. Das klingt wie ein riesiger Bluff. Ich sehe nur nicht, wie das in irgendeiner Form Sinn macht...“ „Vielleicht will er sie im großen Stil überführen?“ „Habe ich auch schon gedacht... es passt zu dieser Bemerkung, dass er hoch hinaus wolle, wie Gin es sagte.“ Jodie schluckte. „Ihr meint, er will hier, vor allen Leuten die Organisation überführen, um als Held dazustehen und das als Sprungbrett für seine Karriere zu nutzen? ... Geht das denn so einfach?“ „Ich glaube nicht...“, gab Akai nachsinnend zurück. „Das ist nicht einfach nur ein verdammt gefährliches Spiel. Es ist, selbst wenn er sie stellt, zum Scheitern verurteilt. Erstmal hat er sich über mindestens ein dutzend Gesetze dafür hinweg gesetzt und mit seinen Scharfschützen schon zweimal fahrlässige Tötung begangen. Außerdem ist hier nicht die ganze Organisation, sie ist lediglich vertreten. Insbesondere ist nicht ihr Boss da. Selbst wenn mit Gin einer der klügsten Köpfe der Organisation aus dem Verkehr gezogen wird, bleibt sie immer noch mächtig und Kanin würde sich zur zentralen Zielscheibe machen. Es funktioniert so einfach nicht...“ „Vielleicht überschätzt die Organisation seine Möglichkeiten doch etwas.“, warf Black ein. „Das würde dem Gedanken des Bluffs nahe kommen.“ „Denkbar. Dafür ist diesen Leuten ihre persönliche Diskretion einfach zu wichtig, als dass sie Risiken eingehen oder solche Gefahren halbherzig behandeln würden...“ „Und dann machte auch eine große Enthüllung noch Sinn...“, gab Jodie zu bedenken. „Schon, ihr habt ja Recht, nur... ist die Organisation so dumm, ihm so in die Falle zu laufen? Oder umgekehrt gefragt, wenn sie sogar schon seine Scharfschützen entdeckten und sofort töten konnten, welche Trümpfe hat Kanin dann noch in der Hinterhand? Oder war es das schon? Irgendwie ist es fast zu geradlinig, meine ich.“ „Und was ist dann deine Theorie, Shuichi?“, hakte sein Vorgesetzter nur umso interessierter nach. „Das ist es ja, ich habe so recht keine, die mir sinnvoll erscheint. Und das ist noch nicht mal das essentielle Problem bei diesem Gespräch...“ „Wie, nicht? Was denn noch?“ „Die Sache mit den Motiven und Fallen kann ich dahin gestellt sein lassen. Dass es eine logisch beste, eine optimale Methode gibt, heißt nicht, dass sie auch ausgeführt wird. Sprich, Kanin oder die Organisation oder beide mögen einfach nicht lange genug drüber nachgedacht haben. Was mich viel mehr stört, war Gins Formulierung am Ende: 'Vielleicht interessiert ja die Aktionäre Ihrer Firma, welche Geschäftsführung eigentlich ihr Unternehmen leitet... Oder eben bald... nicht mehr.' Wie klingt das für euch?“ Einen Augenblick trat Stille ein. Jodie meldete sich nach einer Weile zu Wort. „So, als gäbe es eine geheime, feindliche Übernahme und eine andere Firma leitet die Kanin-Gruppe im Schatten.“ „Maybe not that drastically...“, konterte Black nach einem weiteren Moment Ruhe. „Mehr so, als ob da allgemein noch andere Leute mit im Boot säßen, die nicht offiziell bezahlt würden... Schattenmänner allemal. Ah... I get it. Kanin hat vermutlich einige sehr dubiose Mitarbeiter in seinen Reihen, vielleicht die Mafia, und mit denen wollen die Aktionäre natürlich nichts zu tun haben... oder sogar die Organisation selbst... who knows...“ Als er selber nachdenklich wieder in Schweigen verfiel, musste Akai resignierend schmunzeln. „Ihr stimmt mir also zu, dass diese Aussage so diffus und allgemein ist, dass man als Außenstehender keine Ahnung hat, was genau damit gemeint sein könnte.“ Er atmete lange aus und ein, ließ den Gedanken wirken. „Es ist mehr als ungewöhnlich für Gin, etwas so schwammig auszudrücken. Warum?“ „Hast du eine Idee?“ „Mhm...“, gab er missmutig zurück. „Das bedeutet, wir haben quasi nichts neues aus diesem Gespräch erfahren.“ Black war sichtbar unzufrieden damit, auch wenn er es gewollt reaktionsarm feststellte. Eine ganze Weile ließ er seine Finger seine Stirn massieren. „Das heißt, wir müssen sehen, ob wir über andere Wege an Informationen kommen. Shuichi, du bleibst in Kanins Nähe. Offenbar hat er noch ein paar Züge in petto, und da scheinen wir dann wenigstens an der Quelle zu sitzen. Jodie, wie sieht es bei dir aus? Wir müssen Rena Mizunashi irgendwie kontaktieren. Sie sollte wissen, was genau die Organisation plant.“ Die Agentin hatte über die Ausführungen und Schlussfolgerungen ihres Kollegen beinahe schon ihre eigenen Probleme vergessen und fuhr bei der Erinnerung deutlich hoch. „Ah... das Fernsehteam. Also, Chef... es ist so, ich hab das Team vor ein paar Minuten gefunden. Sie beendeten gerade wohl Abbauarbeiten an einem Set... aber Rena Mizunashi ist nicht da.“ „Wie, nicht da?“ Ein unbestimmt negatives Gefühl überkam ihn. „Also, ich habe einen von denen von der Seite angesprochen, mich als Fan ausgegeben. Er sagte, sie warteten nur noch auf Rena, die mal kurz weg musste. Das sei aber schon eine Weile her. Ich habe den Ort, den sie offiziell aufsuchte, überprüft, da war sie nirgends.“ Jodie verschwieg, was sie nicht für erwähnenswert hielt, dass sie auch an der angeblich defekten Toilette geklopft und versucht hatte etwas zu hören, aber keinerlei Reaktion bekam. Sie war ausgebildet genug um zu wissen, dass sie unnötig ihre Tarnung auffliegen lassen würde, wenn gerade sie ein vermutlich einfach kaputtes WC gewaltsam zu öffnen versuchte. Und außerdem machte es für sie keinerlei Sinn, warum Kir darin eingeschlossen sein sollte. „Vermutlich wurde sie von der Organisation für ihren Teil der Arbeit abkommandiert.“ „Wäre das nicht höchst unprofessionell?“, hakte Black ein. „Damit lenkt man doch die Aufmerksamkeit stark auf sie und bewirkt, dass die Polizei aktiv wird.“ „Nicht unbedingt... was wenn es ein Ablenkungsmanöver ist, gerade um die Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, damit der Rest von ihnen freie Hand hat.“ „Ein Ablenkungsmanöver gegen die Polizei? Meinst du das, Shuichi?“ „Oder... gegen uns. Oder gegen beide, die Polizei und uns... Nichtsdestotrotz werden sie Rena Mizunashi sich wohl kaum einfach verstecken lassen, dafür hat sie zu viele Qualitäten. Ich denke schon, dass Jodie recht hat, Kir in ihre Pläne eingespannt ist und am Ende eben irgendwo mit ner banalen Erklärung für ihr Verschwinden wieder auftaucht, was die Polizei beruhigt, während die Täter unbehelligt das Gelände verlassen.“ Jodie beobachtete aufmerksam das Treiben des Fernsehteams. „Nichiuri-TV scheint auf jeden Fall allmählich unruhig zu werden. Zwei Personen sind gerade in Richtung des WC-Bereichs losgegangen. Wenn sie sie dort nicht finden, werden sie ganz sicher die Polizei verständigen...“ „Du solltest wohl trotzdem in deren Nähe bleiben. Wenn sie wirklich die Polizei einschalten, können wir ihre Schritte mit kontrollieren und unnötigem Kontakt mit den Behörden aus dem Weg gehen.“ „Sag mal, Jodie...“, fragte Akai auf einmal verwundert nach. „Wie lange warten die denn da schon?“ Er sah auf seine Uhr. Mittlerweile war es fünfzehn Minuten seit dem Feuerwerk, also fünfundvierzig Minuten seit sie sich getrennt hatten.“ „Ähm... ich weiß es nicht, ich bin noch gar nicht so lange hier, zehn Minuten höchstens.“ „WHAT??? What the hell happened?“ Black konnte sich kaum beherrschen, vergaß für einen Moment ganz sein japanisch. „Jemand hatte mich in eine falsche Richtung geschickt und ich bin quasi einmal um den ganzen Park gerannt.“ „Wer hat dich in eine falsche Richtung geschickt?“ „Mireille Bouquet.“ Nun wurde auch Akai wieder aufmerksam. „Diese angebliche Referendarin an der Teitan-Oberschule? Die in Wirklichkeit...“ „... eine Auftragsmörderin ist. Exakt die!“ Man hörte förmlich, wie Jodies Zähne knirschten, als sie versuchte sich beim Gedanken daran zu beruhigen. „Ich traf sie zufällig auf dem Weg und fragte unschuldig, ob man hier irgendwo was interessantes sehen könnte und sie wies mich auf einen Weg, an dem Fernsehteams ihre Sets aufgebaut hatten.“ „Hm... eine ziemlich offensichtliche Falle, nicht?“, musste Akai ironisch grinsend zugeben. „Rückblickend, vielleicht ja, aber ich ging nicht davon aus, dass sie wusste, wen genau ich suchte. Außerdem fragte ich gar nicht nach dem Fernsehen, sondern nur allgemein. ...Und letztlich...“ Sie biss ich fast auf die Zunge. „Letztlich hatte sie nicht mal gelogen. Dort waren mehrere Sender, nacheinander vertreten. Nur eben nicht Nichiuri-TV, die waren gerade halt wo ganz anders. Und weil sich das so verlief, bin ich dem Weg noch ne ganze Weile gefolgt, bis ich tatsächlich am Ende des Parks war und umkehren musste.“ „Mireille Bouquet... ist hier.“, gab Black geistesabwesend als einzigen Kommentar ab. Er hatte schon seit diesem Namen nur noch halbherzig zugehört. Wenn überhaupt. „Das heißt dann also...“, sinnierte Akai, „... dass unsere Informationen korrekt sind und sie eine Soldats ist.“ „Scheinbar, auch wenn das merkwürdig ist, immerhin wurden doch laut Aussage des kleinen Mädchens ihre Eltern von den Soldats getötet. Weiß sie das womöglich nicht?“ Man merkte, wie für einen kurzen Moment, länger aber auch nicht, Mitleid in Jodies Stimme mitschwang. Dem folgte eben das Unverständnis, welches sie genau für diesen Gedanken hatte, dass Mireille eine Soldats sein sollte und den Mördern ihrer Eltern half. Ein lautes Seufzen klang durch den Hörer, bevor sie fortfuhr. „Ich habe sie zwar nicht gesehen, aber laut ihrer Aussage ist auch Kirika Yuumura jetzt hier im Park.“ „Beide also.“ Erneut klang James Black ungewöhnlich ruhig, nachdenklich, nicht ganz bei der Sache. Es fiel beiden auf, aber Akai versuchte es zu ignorieren und den Aspekt in seine Überlegungen einfließen zu lassen. „Das heißt, wir müssen die beiden miteinkalkulieren, Boss. Und vermutlich wissen sie sogar genaueres darüber, was die Organisation plant.“ „Ich stimme Shuichi zu. Ich denke, ich sollte mich eher auf die Suche nach Bouquet machen und mich an ihre Fersen...“ „Gar nichts wirst du, Jodie!“, unterbrach sie der alte Mann so scharf, als sei er gerade aus einer Trance aufgewacht. „Wie?“, konnte sie, ebenso erschreckt, nur reagieren. Er suchte seine Ruhe. „Wir haben genug Probleme, nicht genau über die Organisation Bescheid zu wissen. Auch wenn es blauäugig und nachlässig erscheint, es ist auch möglich, dass Mireille Bouquet tatsächlich von sich aus hier ist. Und du hast keinen Beweis, dass sie dich absichtlich in eine falsche Richtung lockte, das hast du selbst gerade gesagt. Ohne weiteres wirst du dich einem professionellen Mörder nicht nähern, ist das klar?“ „But James...“ „Keine Widerrede, Jodie!“, Diesmal wurde er noch lauter, weit mehr als er wollte, drosselte seinen Puls mit aller Gewalt. „Das gilt auch für dich, Shuichi. Ihr werdet euch den beiden nicht ohne weiteres nähern! Das ist ein klarer Befehl, verstanden?“ Einen Augenblick trat Stille ein, auch wenn beide Agenten sofort wussten, dass sie mit ihrem Vorgesetzten unter diesen Umständen nicht diskutieren konnten. „... Natürlich, Chef.“, gab Akai ohne großartig auffällige Regung in der Stimme zurück. Auf Jodies Seite blieb es noch einen weiteren Moment stumm, bis, relativ leise, „... Yes... Sir... understood.“ folgte. „OK. Es bleibt bei den vorläufigen Punkten. Shuichi, du behältst Kanin im Auge und überwachst seine Schritte. Sollte er welche unternehmen, wird sich die Organisation sicher noch einmal bei ihm blicken lassen.“ „Verstanden.“ „Jodie, du bleibst in der Nähe des Fernsehteams, Beziehungsweise, wenn sie dann zur Polizei gehen, bleibst du in deren Nähe. Da wir eh mittlerweile offiziell hier sind, können wir ihnen vielleicht sogar halbwegs ungehindert unter die Arme greifen. Das soll aber nicht primär unser Ziel sein.“ „Äh... verstanden, Sir.“ „Und achte auch darauf, ob nicht doch noch ein paar schwarze Gestalten auftauchen...“ „Warum...?“ „Naja, vielleicht war es ja nicht die Organisation, die für Kirs Abwesenheit verantwortlich ist.“ „You mean...“ „Nur so ein Gedanke, Jodie... Ich schaue mal, ob ich das 'wahre Ziel' der Scharfschützen der Organisation ausfindig machen kann.“ Dann legte er auf. „Wirklich, kein schlechter Schuss.“, bemerkte Gin. Nachdem er Hideichi Kanin allein gelassen hatte und etwas außer Reichweite war, begann er seine eigene kleine Telefonkonferenz mit Korn, Chianti und Scotch. „Ein Kompliment von dir, wie kommen wir zu der Ehre?“, zischte Chianti mit einem Hauch Ironie. „Werd' nicht überheblich!“ kam die Antwort, die auch ohne Emotion genug Drohung hatte, um der Frau ihr Lächeln im Hals zu ersticken. „Schauspielkunst basiert auf gutem Timing und das eben sollte sowohl Herrn Kanin als auch Shuichi Akai überzeugt haben.“ „Er war also wie erwartet da?“, erkundigte sich Korn gewohnt kühl. „Ja. Er hatte sich zwar gut getarnt, aber zu glauben, dass ich ihn nicht bemerke, war wirklich töricht.“ Er musste sich ein offenes Lachen verkneifen. 'Na, Akai, waren das genug Informationen für dich? Komm' ruhig in unsere Falle, das Blutbad ist schon bereitet...' Es war alles schon fast zu einfach. Etwas, was ihm letztlich mehr Sorge als Freude bereitete. „Wie steht es mit der Suche für Phase 2?“, knurrte er wieder ernst. „Die Zielperson ist im Prinzip ausgemacht, hat sich aber im Moment noch etwas versteckt auf einem kleinen Markt. Das sollte aber nicht mehr lange so gehen. Und wenn ich einmal mein Zielfernrohr richtig positioniert habe, gibt es kein Entrinnen mehr.“ „Mhm.“ Er sinnierte kurz die weiteren Schritte im Plan. Es war wirklich etwas nervig, dass die Absicherung durch Kir fehlte. Irgendwie kam er von dem Gedanken nicht los. Was wenn dieser unglaubliche Fall eintrat... „Wie sieht es bei dir aus, Scotch?“ „Also... ich fürchte fast, das FBI hat Kir irgendwie erwischt.“ „Was? Wie kommst du darauf?“ „Nun, das Kamerateam habe ich gefunden, und die wirken alle allmählich verunsichert, weil Kir nur mal kurz weg wollte, aber seit ner Viertelstunde nicht mehr wieder kommt und auch nicht da ist, wo sie sie erwarteten. Sie wollen wohl demnächst die Polizei einschalten.“ „Mhm... und warum sollte gerade das FBI dahinter stecken?“ „Ich habe mich als Fan von Rena Mizunashi ausgegeben und nach ihr gefragt. Die meinten eine blonde Ausländerin mit amerikanischem Akzent hätte schon mal nach ihr gefragt und sei in die gleiche Richtung verschwunden.“ „Jodie Starling.“ „Vermutlich. Ihr Bild war ja in unserer Datenbank, weswegen ich es mir für den Auftrag extra eingeprägt hatte.“ Ein perfides Lächeln trat in Gins Blick. „Bleib in der Nähe des Fernsehteams, Scotch, aber halte dich versteckt.“ „Äh... ja, aber... wieso?“ „Ganz einfach. Ich glaube, wenn das FBI sich die Mühe macht eine Zivilperson, ohne nötige Beweise, festzusetzen und dabei riskiert, von der Polizei enttarnt zu werden, dann erwarten sie auch, dass wir selber nach Kir suchen. Sprich, dass wir dahin kommen. Ich wette, irgendein FBI-Agent, womöglich Starling selbst, beobachtet dich bereits aus der Entfernung und wartet auf deinen nächsten Schritt.“ „Was... aber ich habe...“ „Bleib ruhig, Scotch!“, befahl ihm Gin scharf. „Dreh dich nicht um und vor allem komm vorläufig nicht zu mir zurück. Du kennst den Plan, vermeide alle Orte, die auch nur in der Nähe unserer weiteren Aufenthaltsorte sind. Lassen wir das FBI doch einfach etwas Katz und Maus spielen, wobei sie sich für die Katzen halten... Und wenn Chianti und Korn ihre Aufgaben erledigt haben... dann lockst du die Mäuse aufs offene Feld... und ihr erledigt sie dann endgültig.“ Er legte mit einem breiten Grinsen im Gesicht den Hörer nach letzten Instruktionen wieder auf. 'Jetzt werden wir doch mal sehen, wer hier wirklich Schachfiguren versetzt!' Tatsächlich stellten sich die vielen kleinen Stände, die Ran bemerkt hatte und um die sich am Eröffnungstag schnell eine Traube an Menschen gebildet hatte, als ein Markt heraus, der innerhalb des Parkgeländes fungierte. Ein Kunstgewerbemarkt, wie ihr und ihrem Vater schnell klar wurde. Lederwaren in allen Farbnuancen und Formen reihten sich an edle Webstoffe, gefolgt von Glasbläserwerken, Porzellan und Ton, und vieles mehr. Für Ran ein Traum, für ihren Vater eher zum Gähnen. Nichtsdestotrotz ließ er sich von einem Stand zum nächsten mit schleifen, es war ja heute für einen guten Zweck. Für seine Tochter. Und er konnte es endlich wieder sehen, diese neugierige Vorfreude, die er von ihr so kannte, und die ihn immer wieder selber erfreute. Es waren die herzlichsten Momente, die er als Vater kannte, wenn seine Ran mal alle Probleme ihres Umfeldes vergaß, und sich einfach freute... wie ein Kind eben. 'Das ist aber wohl bei nahezu allen Eltern so.', stellte er schmunzelnd fest. So genoss auch er das Feuerwerk zwischendurch, welches ihr so ein beständiges Leuchten in die Augen zauberte. Und so konnte er ihr auch mit wohligem Gefühl dabei zusehen, wie sie sich nach dessen Abklingen länger bei den selbstgestrickten Wollschals umsah. Er blickte sich um, suchte nach Ständen, die ihn womöglich auch interessieren könnten und blieb bei einem ungewöhnlich weit ausgebreiteten hängen, der offenbar auch einiges an Menschen anzog. „Wie wär' es mit dem als nächstes, Mausebein?“, schlug er vor, als Ran mit einem breiten Lächeln und einem roten Schall in einer kleinen Papiertüte in der Hand vom Wollstand wieder zu ihm kam. „Sieht irgendwie nach... Keramik aus. Oder... nein, kleine Skulpturen...“ Er konnte es noch nicht so richtig einordnen. „Lass uns doch fragen, wenn es so auffällig ist.“ Bei näherer Betrachtung wirkte dieser große Stand noch breiter als vorher, und obwohl sicher zwanzig Leute herum standen konnte jeder wunderbar sehen und sich ein Stück, das ihn interessierte heraus greifen. Und nun wusste auch Ran, warum ihr Vater solche Probleme hatte, die Produkte zuzuordnen. Es war nicht einheitlich, im Gegenteil, es glich eher einer Schmucksteinabteilung in einem Großmarkt, bei der man vor einem Sortiment aus vielen bunten Kisten stand und jede in ihrer eigenen Farbe leuchtete. Der Tresen hier war in viele lange Spalten aufgeteilt, jede durch eine kleine Holzlatte getrennt. Jede Spalte war mit vielen kleinen Keramiken, aber auch Schnitzereien, Bronzen oder ähnlichem eng zugestellt; größtenteils – vielleicht sogar alles – Handarbeit. Es schien keinerlei System bei der Anordnung zu geben, zumindest nicht aus Sicht der Moris. In jeder Kiste schien von der Art her alles mögliche zu sein, jedoch nicht zwei gleiche Objekte in verschiedenen Bereichen. An jedem Abteil prangerte oben und unten ein provisorischer Papierzettel, auf dem pro Spalte immer etwas anderes stand. Die beiden kamen am rechten Ende des Stands an und lasen darauf 'Jomon'. „Jomon?“ Kogoro sinnierte kurz. „Das hab ich doch schon mal gehört...“ „Meine ich auch.“ „Das ist die früheste, datierte Kunstepoche Japans. Seit etwa vor 13000 Jahren.“ Sie sahen auf und blickten in die offenen, durchdringenden Augen des älteren Verkäufers des Standes. Ein Mann sicher über 60, der sich aber rüstig hinstellte und ein ehrliches Lächeln für seine neuesten Kunden bewies. Kogoro sah, von der Antwort angeregt, rüber zum nächsten Bereich des Tresen und las laut „Yayoi“ vor. „Natürlich, die einzelnen Kunstepochen Japans, daher kannte ich das.“ Er schlug sich symbolisch die rechte Faust in die linke Hand. Ran musste nur zustimmend nicken. „Und das erklärt dann wohl auch die lange Tafel hier. Es gibt nämlich 13 Kunstepochen in Japan, hatte zumindest unser Kunstlehrer mal erwähnt. Aber gemerkt habe ich mir die damals nicht.“ „Ach, und du willst Künstler besuchen?“, gab Kogoro schlagfertig zurück. „Jetzt sei nicht so kleinkariert, Paps!“ Er wandte sich wieder dem Verkäufer zu. „Ähm... OK, die Kunstepochen, aber, was genau verkaufen Sie hier? Das sind doch keine Original-Kunstgegenstände von vor Tausenden von Jahren, oder?“ Der alte Mann lächelte ironisch. „Nein, das sicher nicht. Hätte ich so viele archäologisch bedeutsame Funde in meinem Privatbesitz, würde ich jetzt sicher nicht hier stehen und sie für solche Preise verkaufen. Ich bin hauptberuflich Betreiber einer kleinen Werkstatt für Skulpturen, Plastiken und Tonwaren. Da ich auch sehr viel an der geschichtlichen Entwicklung der Kunst in Japan interessiert war, ersinnte ich irgendwann die Idee, mit ein paar meiner besten Studenten Kunstwerke im Stil dieser Epochen zu machen. Kleine Figuren aus bearbeitbarem Gestein, Ton, Holz, ein paar Töpfe, was man heutzutage gerne mal kauft, aber im Stil der jeweiligen Epochen eben. Von weitem ist es wohl mehr ein Kuriositätengeschäft ohne viel System, aber für ein Künstlerauge ist es eben eine Reise in die Vergangenheit.“ „Naja... teilweise zumindest, würde ich sagen.“ Verwundert blickten alle umstehenden zur Seite. Ein Junge, etwa sieben Jahre alt mit einer Umhängetasche, stand vor dem Bereich der Yayoi-Epoche und hielt eine Keramik-Vase in den Händen, die er skeptisch, man mochte meinen, missmutig begutachtete. Sein Blick zeigte aber auch Enttäuschung und eine gewisse Egalität. Es war, was Ran direkt ins Auge sprang, direkt... 'Unwirklich... unkindlich... wie bei... Conan.' „Wie meinst du das denn, mein Kleiner, wieso 'teilweise'?“, fragte der Verkäufer freundlich nach. Der brünette Junge wendete die Vase vorsichtig in seinen Händen, wählte offenbar mit Bedacht seine Worte. „Nun, ich weiß ja nicht, wie gut Ihre Studenten im Allgemeinen sind, aber denjenigen, der dieses Stück gemacht hat, sollten Sie ernsthaft mal auf seine Kunstgeschichtskenntnisse hin überprüfen.“ Er reichte ihm die Vase und auch der Meister warf nun einen akribischen Blick darauf. „Sieht doch nach einer sehr schönen Yayoi-Vase aus. Man erkennt deutlich den frühen, damals technisch überlegenen, chinesischen Einfluss in der Herstellungsweise, sowie die typisch japanische, ovale Öffnung, die damals in Mode war.“ „Ja, allerdings auch viel bemustert.“, konterte der Junge trocken. „Vielleicht etwas zu viel Motiv darauf. Die Yayoi-Ära stellte zwar schon hochwertige Bilder von Menschen und Gottheiten her, jedoch sparsam auf solchen Keramiken. Das gehört doch eher in die Jomon-Zeit von früher.“ Der Künstler lächelte verschmitzt. „Respekt, du scheinst dich für so etwas zu interessieren, was? Stimmt, es passt in die Jomon-Periode, aber diese beiden Epochen verschmolzen miteinander, und da der Einfluss hin zu Yayoi von China, also aus dem Westen her kam, breitete er sich nur langsam nach Osten aus, wo diese Formen sich vermischten und daher...“ Plötzlich stockte er, seine Augen weiteten sich erschrocken. Er blickte leicht unsicher zu dem kleinen Jungen, der mittlerweile ungeteilte Aufmerksamkeit genoss, aber dennoch seinen ruhigen, desinteressierten Blick behielt und die Hände in seinen Hosentaschen verschwinden ließ. „Genau das meinte ich. Das Motiv selbst ist das Problem.“ Ran und ihr Vater beugten sich etwas nach vorne, um die farbigen Muster, die die Vase verzierten, selber sehen zu können. Es schien eine Landschaft dargestellt zu sein, genauer, ein Strand, von dem man aufs Meer blickte und am Horizont eine andere Küste sah, über der die Sonne stand. „Im Osten Japans gibt es keine nahen Inseln, die man am Horizont sieht, sondern nur 10000 Kilometer Pazifik und ein dem japanischen Volk damals unbekannter Kontinent. Das Bild stammt von der Westküste und zeigt den Ursprung der damaligen Yayoi-Kultur, gekommen aus China, über welchem die Sonne steht. Es ist nicht vollkommen abwegig, sich einen Künstler vorzustellen, der im Osten die ganze Geschichte der Entwicklung so mitbekommen hat und dann solche Motive sich ausdachte, aber in dieser Kombination eigentlich doch so ungewöhnlich, dass ein Kunsthistoriker schon so seine Schwierigkeiten damit hätte.“ Der alte Mann schluckte einmal kurz, verzog ein wenig seine Miene, musste am Ende aber schmunzeln. „Tja, da hast du mich ja rangekriegt, mein Kleiner. Man muss den jungen Leuten halt doch öfter auf die Finger schauen. War vielleicht doch keine so gute Idee, wenn man nicht sorgfältige Hilfe hat.“ „Ach, ich finde Ihre Idee schon sehr gut, aber wie Sie selber sagen, stellen Sie gute Leute ein, dann klappt das auch. Aber sagen Sie, wenn diese Vase eh nicht ganz in das Sortiment passt, kann ich Sie dann vielleicht haben für... sagen wir 1000 Yen?“ Verdutzt sah ihn der Verkäufer an, wohl wissend, dass der eigentliche Preis doppelt so hoch angesetzt war. „Du bist ja ein wirklich gewiefter Geschäftsmann. Aber wer mich so entlarvt, dem kann ich wohl nichts abschlagen, hier bitte sehr.“ „Danke schön, Herr Verkäufer!“ Er gab ihm das Geld, der alte Mann wickelte die Vase in Papier, und der kleine Junge packte sie in seine Umhängetasche ein. „Hast du das gesehen?“, fragte Ran ihren Vater leise von der Seite. Der blies genervt Luft durch seinen Schnauzbart. „Ja, es gibt tatsächlich einen zweiten Bengel, der so nervig und neunmalklug ist, wie Conan. Dann muss ich mich wenigstens bei ihm über nichts mehr wundern.“ „Wie... bei Conan?“ Auch ihr war diese ungewöhnliche Art, die dem kleinen Untermieter bei ihnen so ähnlich war, nicht entgangen. Und hätte sie bis vor einiger Zeit wohl genauso – wenn auch nicht mit negativem Unterton – diesen Vergleich kommentiert, so jagte es ihr jetzt einen nicht zu kleinen Schauer über den Rücken. Denn sie wusste, oder war zumindest überzeugt, den Grund zu kennen, warum Conan so ein eigenartiges Kind war. Weil er kein Kind war! Er war ein Erwachsener, der ein Kind spielte. Und der ab und an, öfter als ihm lieb sein konnte, aus dieser Rolle herausfiel, was einem unwissenden Erwachsenen einfach nur komisch vorkam. Sie schüttelte sich. 'Nein, Ran, Blödsinn. Mach dich nicht lächerlich. Conan mag Shinichi sein, aber es laufen doch nicht noch mehr solche Kinder so herum, außer Ai. Schließlich ist der Grund bei ihm...' Sie zögerte kurz, als sie sich an die Gespräche mit Mamoru Ietasu erinnerte. Er meinte doch, dass nicht der Professor Shinichi verjüngt habe, sondern eher diese Leute, hinter denen er her war. Warum auch immer sie eine solch abstruse Variante wählten, ihn unschädlich zu machen. Also wäre es auch nicht ausgeschlossen, dass sie noch mehr... Unwillkürlich trieb sie ihre Neugier, ließ ihre Vorsicht vergehen. „Hallo, mein Kleiner? Warte mal kurz!“, rief sie ihm, zur Überraschung Kogoros, hinterher und als er sich verwundert umdrehte, ging sie schnurstracks auf ihn zu. „Äh... ja?“ Der kleine Junge blickte sie unsicher an, zeigte keinerlei Reaktion, außer Verwunderung. „Sag mal, das war ja eben beeindruckend, die Show.“ Das Unwohlsein in seinem Gesicht wich einem verlegenen Lächeln, woraufhin er sich gekonnt am Kopf kratzte. „Ach das... ich wollte ihm nur eine kleine Hilfestellung geben. Wäre doch schade, wenn jemand anderes kommt, der mehr Seriosität als ein kleiner Junge hat und ihm damit sein Geschäft ruiniert.“ „Aha, dann muss er sich also bei dir bedanken, was?“ Sie grinste ihm kindlich fröhlich entgegen, um jedwede Scheu zu vertreiben, die er haben könnte. „Aber sag mal, interessierst du dich denn in deinem Alter schon so sehr für Kunst?“ „Was... ach nein, eigentlich nicht wirklich.“ Etwas mehr wurden Ran's Gedanken in eine dunkle Ecke gedrängt, die ihr missfiel. „Aber woher wusstest du dann so gut darüber Bescheid?“ „Ich... also ich hab es mal im Fernsehen gesehen.“ Bei den Worten schreckten sowohl Ran als auch ihr Vater zurück. Kogoro beugte sich nun auch nach vorne und musterte den kleinen Jungen streng. „Sag mal, du kennst nicht zufällig einen Jungen in deinem Alter, der auf den Namen Conan Edogawa hört, oder?“ Sein Blick wandelte sich wieder zu Unverständnis, gepaart mit ein wenig Mitleid für die merkwürdigen Fragen. „Also... sollte ich jemanden mit einem so komischen Namen kennen, wüsste ich es. Dementsprechend... nein. Und nun entschuldigen Sie mich bitte. Sie werden mir doch etwas aufdringlich. Immerhin kenne ich Sie gar nicht“ Damit spazierte er wieder los. „Halt mal kurz.“, rief ihm Ran noch zu. Er blieb sogar stehen, drehte sich nochmal um. „Was ist denn noch?“ „Entschuldige, wenn wir dich erschreckt haben. Meine Name ist Ran. Ran Mori. Und wie heißt du?“ „Shinto Ajusawa. Mach's gut, Ran.“ „Ah, da ist ja unsere Zielperson!“, freute sich Chianti, als sie diese nach einigem Warten aus der Menge laufen sah und wieder im Objektiv an ihrem Gewehr fixierte. Korn hatte mittlerweile auf einem anderen Gebäude auf der südlichen Seite des Parks Stellung bezogen und stand über Funk in ständigem Kontakt mit ihr. „Hm...“, grummelte er vor sich hin. „Er sieht wirklich aus, wie ein normaler, kleiner Junge.“ „Unglaublich, stimmt schon. Aber hast du gesehen, wen er da bei sich hat?“ „Ja... Vermouths Lieblingsdetektiv.“ „Das wird ja richtig witzig heute. Ich kann meinen Abzug kaum im Zaum halten.“ „Beruhig dich, Chianti! Vergiss den Plan nicht.“ „Ist ja schon gut. Aber bald schon... bald bist du dranne, Shinto! Und wenn wir Glück haben, nehmen wir danach gleich noch ein paar unserer anderen Hindernisse mit.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)