The second soul von LittleLuna ================================================================================ Kapitel 1: Das Sommerfest ------------------------- Die Umgebung ist inzwischen schon etwas grüner geworden. Langsam verlässt der Wanderer die Felswüste und kommt in eine schöne, mit vielen Büschen übersähte Wiesenlandschaft. Auch das Dorf wird mittlerweile immer deutlicher erkennbar, so gut es eben geht, schließlich ist es ja bereits dunkel. Die Luft ist jetzt angenehm mild und ein Duft von gegrilltem Fleisch weht dem jungen Schwertkämpfer vom Dorf her in die Nase. Sein Magen gibt als Antwort daraufhin ein lautes Knurren von sich. „Mensch, wie lange habe ich eigentlich nichts ordentliches mehr gegessen?“ Er beschleunigt seine Schritte, immer geradewegs in die Richtung, aus der der Geruch kommt. Schon bald kann er auch Stimmen und Gelächter hören, die vom Dorf herschallen. Es ist wirklich kein großes Dorf. Hauptsächlich besteht es aus kleineren Häusern, manche mit Schuppen oder Ställen daneben, einigen kleineren Feldern am Rand des Dorfes und in der Mitte einem größeren freien Platz, an den ein paar kleine Geschäfte grenzen. Im Zentrum des Platzes befindet sich ein großes Lagerfeuer, welches von mehreren Tischen mit Bänken umringt ist. Alle Dorfbewohner scheinen sich hier versammelt zu haben und ein Fest zu feiern. Die Häuser ringsherum sind mit Blumengirlanden geschmückt, ebenso die Tische, auf denen alle möglichen Gerichte und Getränke stehen, wurden mit Kerzen und Blumen verziert. Jeder unterhält sich ausgelassen, isst oder tanzt zu der Musik, die ein kleine Gruppe neben dem Feuer anstimmt. „Ob ich jetzt einfach so da rein platzen sollte?“, unsicher steht der junge Mann noch im Schatten eines Hauses direkt am Festplatz. Doch auf ein weiteres empörtes Knurren seines Magens hin entscheidet er sich schließlich doch sich mit den Leuten bekannt zu machen. Vorsichtig tritt er in den Schein des Feuers und geht auf einen der Tische zu. „Pass auf!“ Ehe er sich versieht liegt er auch schon auf dem Boden. Als er sich aufrichtet sitzt vor ihm ein Mädchen, gerade mal halb so groß wie er, und reibt sich den Kopf. Neben ihr hockt sich jetzt ein Junge hin, wahrscheinlich genauso alt wie sie. „Entschuldigen sie, Mister, das war keine Absicht.“, sie steht auf und verbeugt sich entschuldigend. Von einem der Tische kommt jetzt eine Frau auf sie zu gerannt: „Valerie, was ist passiert?“ „Ich hab nicht aufgepasst und bin gegen diesen Mister gestoßen.“ Der „Mister“ steht nun endlich auch wieder auf und klopft sich den Staub von den Klamotten, ebenso wie der Junge, der neben dem Mädchen gehockt hat. „Oh, das tut mir Leid mein Herr, ich hoffe, sie haben sich nichts getan.“, entschuldigt sich Valeries Mutter. Doch ihr Gegenüber tut dies mit einer Handbewegung ab: „Ach, ist doch nichts passiert, machen sie sich keine Sorgen.“ Die Frau lächelt erleichtert und bietet ihm an, sich zu ihnen zu gesellen: „Sie haben uns noch gar nicht ihren Namen gesagt. Ich bin Kim, das hier“, sie deutet auf das Mädchen neben ihr „ist meine Tochter Valerie und dieser Junge ist mein Neffe Sam.“ „Freut mich sie kennen zu lernen, mein Name ist Ryan.“, gibt er zurück und setzt sich zusammen mit Sam, Valerie und ihrer Mutter an einen der Tische. „Mister Ryan, sie haben ja ein Schwert. Sind sie ein Schwertkämpfer?“, fragt Valerie, als sie den Griff hinter Ryans Rücken sieht. „Ja, das bin ich.“, antwortet dieser ihr und schnallt das Schwert, welches er mit einer Schnalle am Gürtel befestigt hat, ab um es den Kindern zu zeigen. „Ich hab noch nie einen Schwertkämpfer getroffen, wo kommen sie denn her?“, Sam, der sich gerade noch das Schwert besehen hat, schaut den Größeren jetzt fragend an. „Ich komme auch aus einem Dorf, das ist aber viel weiter im Westen.“ „War es da nicht schön? Warum sind sie denn gegangen Mister Ryan?“ „Valerie, Sam! Jetzt fragt ihm keine Löcher in den Bauch. Holt ihr beiden lieber etwas zu Essen und Trinken, er hat bestimmt lange nichts richtiges bekommen nach der langen Reise durch die Felswüste.“, fordert Kim die Kinder auf, welche daraufhin auch sofort loseilen. „Vielen Dank.“, wieder meldet sich lautstark, wie auf Bestellung, sein Magen. Um die Verlegenheit zu verdecken fragt er Kim, was das für ein Fest sei. „Das ist unser Sommerfest. Wir machen es jedes Jahr an diesem Tag. Es hat keinen tiefen traditionellen Sinn, aber es stärkt den Zusammenhalt, da jeder sich tüchtig engagiert, bevor wir alle zusammen den Sommer feiern. Da fällt mir gerade ein, das ich sie ja noch beim Buergermeister bekanntmachen sollte. Schließlich wollen wir ihm unseren Gast ja nicht vorenthalten. Wartet bitte einen Augenblick, ich bin gleich wieder da.“, mit diesen Worten steht sie auf und entfernt sich. Ryan schaut sich um. Er war lange nicht mehr auf einem Fest gewesen. In diesen schwierigen Zeiten haben die Leute wohl auch nicht allzu viele Gründe zum feiern. Doch hier scheint wirklich jeder sorglos zu sein. Von den Ereignissen der vergangenen Monate haben die Leute hier wohl noch nichts abbekommen. „Mister Ryan!“ Ryan schaut auf und sieht zwei riesige Essensberge mit Beinen auf sich zu kommen. Bei genauerem hinsehen entdeckt er dann jedoch, dass es sich eigentlich um die Kinder handelt, die voll beladen Richtung Tisch wanken. „Wir haben ganz viel mitgebracht, weil sie doch so Hunger haben“, keck grinst Sam ihn an, nachdem er die Fracht auf dem Tisch abgeladen hat. „Hoffentlich schmeckt es Ihnen. Die meisten Sachen stellen wir nämlich selber hier im Dorf her.“, mit diesen Worten und einem süßen Lachen setzt sich Valerie gegenüber von Ryan auf die Bank. Verdattert bläst dieser die Wangen auf. „Joah... öhmm...“ Doch weiter kommt er nicht, da gerade Kim wieder kommt, in Begleitung eines Mannes, kaum älter als er selbst. „So, da bin ich wieder. Darf ich vorstellen, das ist unser Bürgermeister“, sie weist auf den Mann hinter ihr hin, „und dies ist unser Gast, Ryan.“, stellt die Frau vor. „Das ist der Bürgermeister?! Der ist doch gerade mal vielleicht 2-3 Jahre älter als ich! Da rechnet man so mit einem etwas älteren, rundlicherem Mann, eventuell noch ein Schnauzer, und dann kommt da so einer!“, denkt sich Ryan verblüfft und mustert seinen Gegenüber. Der Mann vor ihm sieht wirklich nicht nach einer wichtigen Person aus. Er trägt ein schlichtes grünes Hemd und eine schwarze Jeans. Die glänzenden, ebenso schwarzen, glatten Haare fallen ihm leicht in die kühlen, stahlgrauen Augen. Augen, die einen mit einem Blick so stechend durchdringen können, dass man meint, sie würden einem direkt in die Seele schauen. „Mein Name ist Dragon. Freut mich sie hier willkommen zu heißen, Herr Ryan. Fühlen sie sich wie zu Hause.“ Nach einem Blick auf den Tisch fängt er an zu Lachen „Aber wie ich sehe, tun sie das ja bereits.“ Halb empört, halb Hilfe suchend blickt der Schwertkämpfer in die Runde. „Ja, aber... ich hab doch gar nicht...“ Ein amüsiertes Lächeln bildet sich auf Dragons Lippen. „Ist schon gut. Genießen sie die Feier. Falls sie schlafen gehen möchten, melden sie sich bei mir, ich kann ihnen ein Zimmer arrangieren.“ „...Ja,... danke.“, gibt Ryan nur noch als schlichte Antwort, woraufhin Dragon sich wieder verabschiedet und geht. „Er scheint ja ein freundlicher Typ zu sein, aber irgendwie ist er mir trotzdem unheimlich.“, denkt sich Ryan, während er sich an den Tisch setzt und sich ein Stück Hühnchen vom Teller greift. „Liegt wohl an den Augen.“, er erschaudert. Beim Essen beobachtet Ryan ein wenig die Leute. Sie haben ihn wirklich noch gar nicht bemerkt, was ihm eigentlich auch ganz recht ist. So steht er wenigstens nicht allzu sehr im Mittelpunkt und kann in Ruhe das Essen und die fröhliche Atmosphäre genießen. Wirklich beteiligen tut sich der junge Schwertkämpfer an dem Sommerfest aber nicht. Hauptsächlich sitzt er an dem Tisch und unterhält sich mit Kim oder schaut den Leuten zu. Später in der Nacht lässt er sich dann von Dragon ein Zimmer in einer kleinen Gaststätte geben. Zwar ist das Fest noch lange nicht zu Ende für die Bewohner, doch er selbst hat nicht vor die ganze Nacht durch zu machen. Schließlich will er morgen früh direkt wieder aufbrechen, ohne groß Aufsehen zu erregen. „Hmm...“, Ryan liegt im Bett und dreht sich von der einen auf die andere Seite. Er hat einen harten Tag gehabt, trotzdem ist er jetzt hellwach. So sehr er es auch versucht, er kann einfach nicht einschlafen. Es ist so, als hätte er etwas sehr wichtiges vergessen. Auf dem Rücken liegend schaut er jetzt aus dem Dachfenster über ihm in den wolkenlosen Nachthimmel. „Warum beschleicht mich gerade so ein seltsames Gefühl...“, murmelt er leise in sich hinein und schaut sich im Zimmer um. An der gegenüberliegenden Wand steht ein Tisch, wo ein Glas und eine Kanne Wasser für die Nacht stehen. Über dem Stuhl hängen sein Hemd, das Kettenhemd und der Gürtel. Seine Stiefel stehen neben der Tür. Viel gibt es eigentlich nicht, was er vergessen haben könnte. Die Feldflasche ist es nicht, die hat er unterwegs weggeworfen... „Verdammt, warum bin ich nicht gleich drauf gekommen!“, flucht er und springt aus dem Bett. Schnell wirft er sich das Hemd über und rennt aus dem Zimmer. „Wie konnte ich nur mein Schwert liegen lassen!“ Im Gasthaus ist es dunkel, daher muss er langsam die Treppe herunter gehen, um nicht zu fallen. Zudem will er mögliche andere Gäste nicht aufwecken, wobei ihm die knarzenden Stufen auch keine große Hilfe sind. Unten an der Rezeption ist mittlerweile auch niemand mehr. Die Uhr über der Tür zeigt 2:54 Uhr an, was wohl heißt, dass auch auf dem Festplatz jetzt keiner mehr ist. Behutsam öffnet Ryan die Tür und lugt nach draußen. Alles still, wie in einer Geisterstadt. „Wo ging es denn noch mal lang?“ Hinter ihm fällt die Tür ins Schloss, während er sich umsieht. „ Ich glaube diese Richtung.“, denkt er still bei sich und wendet sich nach links. Zögerlich geht er durch die Strassen, bis ihm ein leichter Lichtschein von rechts ins Auge fällt. Als er um die Ecke schaut, sieht er tatsächlich den Festplatz. Das Feuer ist noch nicht komplett aus, nur die Kohle glüht noch etwas, was den Lichtschein erklärt. Es scheint, als ob sich noch niemand die Mühe zum Aufräumen gemacht hat. Überall hängen noch die Girlanden und auf den Tischen steht noch Unmengen an Geschirr und Essensresten rum. Plötzlich hört Ryan ein Rascheln, woraufhin er leicht zusammenzuckt. Langsam dreht er sich um und sieht, dass sich in dem Busch, der dort steht, etwas bewegt. Er geht vorsichtig zwei Schritte zurück, den Busch nicht aus den Augen lassend. Etwas tritt aus dem Gezweig heraus... etwas kleines. „Waff!“ Ein Hund. Erleichtert atmet Ryan auf und beugt sich zu ihm hin. „Meine Güte, ich dachte schon ich muss Angst haben.“, lacht er und streichelt dem Tier sanft über den Kopf. In diesem Moment fällt ihm jedoch wieder ein, warum er sich hier überhaupt rum treibt bei Nacht. Er steht auf und geht zu einem der Tische rüber. Reihum schaut er bei jedem Tisch nach seinem Schwert, wobei ihm der kleine Hund immer schwanzwedelnd hinterher lauft. Und wie es so ist, wenn man etwas sucht, ist das gesuchte Objekt da, wo man als letztes nachsieht. In diesem Fall unter dem letzten, noch nicht abgesuchten Tisch. Wahrscheinlich hat es irgendjemand dort hingelegt, da auf dem Tisch kein Platz mehr war. Ohne weitere Überlegungen schnappt sich Ryan sein Hab und Gut und macht sich wieder Richtung Gaststätte auf, immer dicht gefolgt von dem Streuner. „Du bist ja richtig anhänglich.“, bemerkt Ryan und bleibt kurz stehen, um den Hund vorsichtig hochzuheben. Dieser macht keine Anstalten und lässt sich von dem Blonden knuddeln und bis vor die Gaststätte tragen. „Tut mir Leid, Kleiner. Hier ist Endstation.“, behutsam setzt der Schwertkämpfer das Tier ab. Plötzlich hallt eine laute Explosion vom anderen Ende des Dorfes herüber. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)