Higher Than Hope von Katherine_Pierce (Lasst die Spiele beginnen!) ================================================================================ Kapitel 5: Training mit Überraschungen -------------------------------------- Ziemlich unwillig ließ Catherine sich am nächsten Morgen von Finnick aus dem Bett werfen. Sie war spät heimgekommen, hatte daher also nicht besonders viel Schlaf abbekommen und war dementsprechend ungnädig. Ohne Frühstück war die junge Dame in den meisten Fällen ohnehin ungenießbar. Finnick jedoch störte sich gar nicht daran. Er zog Catherine fast die ganze Zeit auf und ließ sich auch nicht von ihr aus dem Zimmer werfen, als sie sich zum Duschen in das angrenzende Bad zurückzog. Während Catherine unter dem warmen Wasserstrahl stand und versuchte, einigermaßen wach zu werden, holte Finnick aus dem Zimmer auf der gegenüberliegenden Flurseite Merlin. Auch der Junge war noch reichlich verschlafen und wenig erbaut über die Ruhestörung. Allerdings war er weniger ungebärdig als Catherine. Anstandslos ließ er sich in deren Zimmer lotsen, wo Finnick begann, ungeniert ihren Kleiderschrank zu durchwühlen. Merlin war das Benehmen seines Mentors ziemlich peinlich, weswegen er auch nur verkrampft in einer Ecke stand. Zudem hatte Finnick ihn aus einem allzu schönen Traum geweckt. Dass Catherine darin eine besondere Rolle gespielt hatte, bemühte Merlin sich eifrig zu verdrängen. Zwar hatte er am Vorabend beschlossen, sich ihr gegenüber ein wenig zu öffnen, doch das hieß nicht, dass sie die Erlaubnis hatte, in seinen Träumen herumzuspuken. 'Wäre ja auch noch schöner...', dachte der junge Mann angefressen. In dem Moment verließ Catherine das Bad, nur in ein Badetuch gewickelt. Ihr langes, blondes Haar hing ihr feucht über Rücken und Schultern. Rosa glänzte ihre sonst eher bleiche Haut und ein leichtes Lächeln zierte ihre fein geschwungenen Lippen. Als sie jedoch Finnick und Merlin erblickte, wandelte sich ihre Mimik. „Was fällt euch eigentlich ein?“, empörte sie sich, dabei die Hände energisch in die Seiten stemmend. „Wieso?“ Finnick blieb vollkommen gelassen. Angelegentlich betrachtete er seine Fingernägel, so als ob Catherine ihm bloß einen guten Morgen gewünscht hätte. In seinem Leben hatte Finnick bereits viele halbnackte Damen zu Gesicht bekommen. Auf eine mehr oder weniger kam es da nicht an. Mit seiner Anwesenheit verfolgte der gerissene Mentor nur ein Ziel: Merlin und Catherine mussten zu einem echten Team zusammenwachsen. Ob als Geschwister- oder Liebespaar spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle. „Weil das hier MEIN Zimmer ist und ich nichts am Leibe trage, als dieses Handtuch!“, fauchte Catherine, wobei sie Finnick einen ziemlich giftigen Blick zuschoss, den dieser jedoch geflissentlich überging. „Ach, weißt du, ich finde, bevor du und Merlin in die Arena steigt, könntet ihr mal die sinnlichen Freuden der körperlichen Liebe kennenlernen.“, gab Finnick völlig gelassen zurück. Er konnte sich das Grinsen kaum verkneifen. Bei diesen dreisten Worten klappte nicht nur Catherine die Kinnlade herunter. Auch Merlin sah höchst pikiert drein. Im Gegensatz zu seinem Mittribut behielt er jedoch die Nerven. Catherine nämlich stützte sich auf Finnick und prügelte wütend auf ihn ein. „Du Mistkerl!“, kreischte sie empört, „Was fällt dir eigentlich ein?“ Unter haltlosem Lachen wehrte Finnick das wutentbrannte Mädchen ab, was ihm keinerlei Schwierigkeiten bereitete. Er war schließlich recht muskulös und besaß nicht unerhebliche kämpferische Fähigkeiten, denen Catherine nichts entgegen zu setzen hatte. Deswegen gelang es ihm auch mühelos, die Blondine zu überwältigen. Eng hielt er sie umklammert, was Catherines Zorn nur weiter anfachte. Sie mochte nicht schwach sein. Es würde so schon schwer genug werden in der Arena. Da musste Finnick nicht auch noch Späßchen mit ihr treiben. In der Tat war es Merlin, der dem unreifen Gekabbel der beiden Älteren ein Ende setzte. Mit kühler, nüchterner Stimme verkündete er, dass es Zeit zum Frühstücken wäre, was die beiden Streithähne innehalten ließ. Beim Frühstück, an dem auch Rufus Jacoby teilnahm, unterrichtete Finnick seine beiden Schützlinge über das, was sie beim Training erwartete, obwohl Merlin und Catherine das Prozedere bereits von früheren Ernten her kannten. Dennoch konnte eine zusätzliche Instruktion ihnen nur nützen, fand Finnick. Allerdings hörten Merlin und Catherine nur mit halbem Ohr zu, da sie beide in Gedanken anderweitig beschäftigt waren. Vor allem Letztere regte sich noch immer über die Unverfrorenheit ihres Mentors auf. Wie kam Finnick auf die Idee, ihr vorschreiben zu können, wann und mit wem sie in die Kiste springen sollte? 'Merlin wäre ohnehin nicht meine erste Wahl...', dachte Catherine errötend, während sie ihrem Sitznachbarn verstohlene Blicke zuwarf, die er zu ihrer maßlosen Erleichterung jedoch nicht zu bemerken schien. Nein, in Catherines Gedanken trieb schon wieder Jack Jackson sein Unwesen. Wenn sie sich einen Mann hätte aussuchen können, dann wäre die Wahl definitiv auf ihn gefallen. Da er jedoch Distrikt 5 angehörte und somit ihr Gegenspieler in der Arena war, konnte Catherine sich diese bescheuerte Idee gleich wieder abschminken. 'Merlin würde ich andererseits auch nicht anrühren, wenn ich Interesse an ihm hätte. Schließlich ist er erst 14!', ging es ihr durch den Kopf. Sie wurde noch röter, wenn sie sich auch nur ansatzweise vorstellte, wie sie sich mit irgendeinem Mann in den Laken wälzte. Finnick, der ihre Gedanken erraten zu haben schien, hatte nun nichts Besseres zu tun, als sie damit aufzuziehen. „Na, Babe, stellst du dir gerade vor, wie wir beide uns vor einem Kaminfeuer lieben?“, fragte er frech in Catherines Gedanken hinein. Jacoby reagierte gar nicht darauf, Merlin aber lief puterrot an und gab ein ziemlich verstörtes 'Ich muss doch sehr bitten!' von sich, während Catherine Finnick nur mit offenem Mund anstarrte. Kaum, dass sie sich gefangen hatte, sprang sie auf und schoss ihm wütende Blicke zu. „Das hättest du wohl gern, was?“, zischte sie. Finnick, dem völlig entging, dass er seinen Schützling damit ernsthaft getroffen hatte, musterte Catherine gefällig, ehe er nickte. „Wenn du schon so fragst; das hätte ich tatsächlich gern.“, meinte er mit seiner besten Verführerstimme. Daraufhin schnaubte sein blondes Gegenüber nur. „Du bist echt das Letzte!“, schleuderte sie ihm entgegen. Dann stieß sie ihren Stuhl so heftig um, dass er nach hinten kippte, doch es kümmerte sie nicht im Geringsten. Sie wollte nur noch fort von Finnick, der nicht zu kapieren schien, wie verletzend sein Kommentar war. Fort von Merlin, der peinlich berührt auf seinen Teller starrte und sich ganz weit weg zu wünschen schien. Fort von Rufus Jacoby, der irgendwelche Unterlagen auf seinem Klemmbrett durchging und offensichtlich so gar nicht am Geschehen interessiert war. Einfach fort von diesen drei Kerlen, die ihr nichts als Verdruss bereiteten. Ziemlich perplex sah Finnick Catherine nach. Er verstand nicht so recht, was er falsch gemacht hatte. Schließlich hatte er sie nur ein bisschen aufziehen wollen. „Was hat sie bloß?“, fragte er in die Stille, die sich über den Raum gesenkt hatte. Diesmal antwortete Merlin mit einem Schnauben. „Du bist aber ganz schön begriffsstutzig.“, nölte der junge Mann, der zumindest einen Verdacht hatte, was es mit Catherines Verhalten auf sich hatte. Finnicks Augenbrauen wanderten in die Höhe. „So?“, gab er pikiert zurück, „Und du Grünschnabel willst also wissen, was in ihr vorgeht, ja?“ Schon wieder schnaubte Merlin. „Vergiss es einfach, Schnösel.“, sagte er so kühl, dass Finnick seinen Schützling überrascht ansah. Dann erhob Merlin sich, allerdings ohne den Stuhl umzuwerfen, und verließ den Raum mit festen, raschen Schritten. Endgültig verwirrt konnte Finnick seinen Blick nicht abwenden. Es dauerte mehrere Minuten ehe ihm eine Idee kam. Wenn er sich in Merlin nicht arg täuschte würde dieser wahrscheinlich bei Catherine anklopfen und anbieten, sie zu trösten. Da Merlin ihr nichts getan hatte, würde das Mädchen ihn gewiss gewähren lassen, sich ihren Kummer von der Seele reden und, er, Finnick, könnte lauschenderweise herausfinden, was eigentlich los war. Das war ein guter Plan. Und so erschien ein Grinsen auf Finnicks hübschen Zügen. Ja, er würde schon dahinter kommen, was er denn so schrecklich falsch gemacht hatte. Ihm lag nämlich nichts daran, mit seinen Schützlingen im Clinch zu liegen. „Die Tribute müssen um 11 Uhr zum Training.“, drang Rufus Jacobys Stimme penetrant in Finnicks Gedanken. Wie in Trance drehte Finnick sich dem älteren Mann zu. Gerade so brachte er ein Nicken zustande, dann verließ auch er den Frühstücksraum. Hunger hatte er nach dem Vorfall ohnehin keinen mehr. Stattdessen ging ihm nicht aus dem Kopf, wie heftig Catherine auf seine Worte reagiert hatte. Das ließ nur zwei Schlüsse zu. Nämlich, dass Finnick sie tatsächlich bei schlüpfrigen Gedanken ertappt hatte oder dass sie so immens prüde war, was er sich jedoch nicht vorstellen konnte, dass es für sie einer Beleidigung gleichkam, wenn man ihr unterstellte, sich mit unzüchtigen Dingen auseinanderzusetzen; und wenn nur gedanklich. Da Finnick Catherine nicht für prüde hielt, musste wohl Möglichkeit Nummer Eins zutreffen, doch das würde er nur herausfinden, wenn er seinen Plan in die Tat umsetzte. Und zwar möglichst schnell. Tatsächlich hatte Finnick mit seiner Annahme, dass Merlin seiner Leidensgenossin Trost anbot, Recht. Die Tür war nur angelehnt. Offensichtlich hatte der Junge im Eifer des Gefechts vergessen, sie ordentlich zu schließen. Dieser Umstand jedoch kam Finnick äußerst gelegen. So fiel es ihm leichter, zu belauschen, was im Inneren des Raumes gesprochen wurde. Zunächst war nur ein Schluchzen zu hören, das wohl von Catherine stammte. „Shht, wein doch nicht.“, beschwor Merlin sie mit sanfter Stimme, während er ihr über den Rücken strich. Catherine hatte ihr Gesicht an seiner Brust vergraben, die, wie sie feststellte, für einen 14-Jährigen erstaunlich breit und muskulös war. Vielleicht lag es an der vielen Arbeit bei seinem Onkel. Seine vorsichtige, beinahe zaghafte Berührung verursachte Catherine leichte Gänsehaut. Allerdings musste sie zugeben, dass sie es genoss, von ihm ein bisschen begluckt zu werden, obwohl er drei Jahre jünger war als sie und sie sich eigentlich hätte zusammenreißen müssen. „Du verstehst das nicht...“, wimmerte Catherine leise. „Dann erklär's mir.“, forderte Merlin sie ruhig auf. Er ließ keinerlei Ungeduld erkennen, was Finnick nur bewundern konnte. Ihm selbst wäre längst der Kragen geplatzt. Nur beim Fischen konnte der ehemalige Tribut eine Engelsgeduld an den Tag legen. Ansonsten war er eher stürmisch als besonnen. Catherine zog die Nase hoch, ehe sie zum Sprechen ansetzte. „Es geht darum, dass... Finnick so einen dummen Kommentar gebracht hat.“ „Das ist mir schon klar.“, erwiderte Merlin geduldig, „Ich meine, ich hab schließlich sofort kapiert, dass Finnick lieber seine vorlaute Klappe hätte halten sollen. Solche Dinge auszusprechen gehört sich nicht. Jedenfalls nicht beim Frühstück und schon gar nicht, wenn man in zwei Tagen dem Tod entgegen geht.“ Zu diesen Worten konnte Catherine nur nicken. „Das stimmt. Aber es ist nicht der einzige Grund.“, gab sie zu, wenn auch leicht unwillig klingend. Die beiden Tribute hatten nun Finnicks ungeteilte Aufmerksamkeit. Langsam wurde es wirklich interessant. Um nur ja kein Wort zu verpassen, rückte der Sieger noch näher an die Tür heran. „Finnicks Worte haben mich daran erinnert, was ich verpassen werde, wenn ich in die Arena gehe.“, sagte Catherine so leise, dass der Lauscher sich anstrengen musste, sie zu hören, „Noch nie habe ich jemanden geliebt und deswegen auch noch nie... na ja...“ Hier brach sie peinlich berührt ab. Normalerweise hätte sie das Thema mit ihrer älteren Schwester besprochen oder ihrer Schwägerin, nicht aber mit einem 14-Jährigen, den sie überdies kaum kannte. Wer sagte denn, dass Merlin nicht nach dem Gespräch zu Finnick rannte und ihm alles haarklein erzählte? Diese Sorge war jedoch unbegründet. Zum einen hörte Finnick ohne schon jedes Wort und zum anderen war Merlin nicht der Typ Mensch, der tratschte. Es wäre ihm niemals in den Sinn gekommen, das Vertrauen, welches Catherine ihm hier erwies, so schamlos auszunutzen und ihre Beichte an seinen Mentor zu verraten. Das hier ging nur sie beide etwas an. 'Sie ist 17 Jahre alt und hat noch nie mit einem Mann gelegen?', fragte Finnick sich verwundert. Dann aber fiel ihm ein, dass sie erst noch in die Arena musste und Snow bislang kein Interesse daran hatte haben können, Catherine zur Prostitution zu zwingen, so wie er es mit Finnick gemacht hatte, der noch immer darunter litt. „Das ist überhaupt nicht schlimm, Cathy.“, ließ sich da Merlin vernehmen, „Mir geht es nämlich ähnlich wie dir.“ „Ja, aber du bist erst 14!“, protestierte die Blondine, aus deren Stimme deutlich Verzweiflung klang. „Na und?“, empörte Merlin sich, „Ich kenne Klassenkameraden von mir, die schon mit 12 angefangen haben, sich durch den halben Distrikt zu fummeln und zu knutschen.“ Entsetzen malte sich auf Catherines Züge. „Was?“, entfuhr es ihr schockiert, „Mit 12?“ Bestätigend nickte Merlin, der froh war, dass er sich nicht so ausschweifend benahm, wie einige seiner Altersgenossen. „Siehst du? Das ist alles kein Problem. Und ich bin mir ganz sicher, dass Finnick gemerkt hat, dass er dich verletzt hat. Bestimmt wird er sich entschuldigen.“ „Glaubst du wirklich?“, wollte Catherine unsicher wissen. Merlin gab sich Mühe, zuversichtlich dreinzublicken, als er nickte. Eventuell würde er noch ein Wörtchen mit Finnick reden, damit dieser die Notwendigkeit einer Entschuldigung einsah. Dass der Sieger bereits vor der Tür stand, lauschte und langsam reuig wurde, konnte Merlin natürlich nicht ahnen. „Danke.“ Das kam aus tiefster Seele und machte Merlin fast ein wenig verlegen. Um rasch davon abzulenken, warf er einen Blick auf die Uhr. „Wir müssen los. Um Elf beginnt das Training und wir wollen doch nicht zu spät kommen.“, meinte er fast schon spöttisch. Auf dem Flur trafen die beiden Tribute auf ihren Mentor, der irgendwie zerknirscht dreinschaute. „Was machst du denn hier?“, wollte Catherine misstrauisch wissen. „Euch zum Training abholen.“, gab Finnick geistesgegenwärtig Auskunft, „Und jetzt kommt, wir können uns keine Trödelei erlauben.“ Brav folgten Merlin und Catherine dem hochgewachsenen, jungen Mann zu den Aufzügen. Während der doch relativ langen Fahrt tief in die Eingeweide des Gebäudes, schwiegen die Drei beharrlich. Finnick überlegte, wie er sich am Besten bei Catherine entschuldigte, die darüber grübelte, was sie den Spielmachern präsentieren sollte, wenn sie einzeln dran waren. Merlin hingegen sah von einem zum anderen. Er mochte Unfrieden nicht. Aber er konnte auch nicht vergessen, wie es sich angefühlt hatte, Catherine im Arm zu halten. 'Daheim wäre es niemals dazu gekommen.',machte er sich klar. Doch zu seinem Schrecken musste er feststellen, dass ihn das nicht abschreckte, sondern fast schon froh machte, für die Ernte auserwählt worden zu sein. Und wer wusste, vielleicht bekam er ja in der Arena noch einmal Gelegenheit, Catherine zu umarmen? Kurz darauf stoppte der Fahrstuhl und entließ seine Insassen. Finnick wies den beiden Tributen den Weg. Vor der Trainingshalle stoppten sie. Bislang waren nur die Tribute aus 1, 2 und 8 da. Der Rest würde über kurz oder lang noch eintröpfeln. „Viel Spaß.“, wünschte Finnick den beiden. Dann wuschelte er sowohl Merlin, als auch Catherine durch das Haar, ehe er sich zum Gehen wandte. Beide schnaubten nur. Mit Spaß hatte das Trainingscenter wenig zu tun. Aber wenigstens konnten sie so die anderen Tribute aus nächster Nähe begutachten und sich schon einmal einen groben Überblick über deren Fähigkeiten machen. Catherine warf Merlin einen Blick zu. „Wollen wir?“, fragte sie. Er nickte nur zur Antwort, dann ergriff er ihre Hand und gemeinsam betraten sie die Halle, in der sich die beiden Tribute aus Distrikt 1 und der weibliche Tribut aus Distrikt 2, Levana Gordon, bei einer der Waffenübungen befanden. Der andere aus Levanas Distrikt, Eustace Plummer, hielt sich bei der Tarnung auf, wo er mit großem Interesse dem Mann lauschte, der ihm Erklärungen lieferte, ohne zu verraten, welche Landschaftsverhältnisse Eustace in der Arena erwarten würden. Catherine zog nur ihre Augenbraue hoch, ließ dann aber ihren Blick schweifen. „Wohin zuerst?“, fragte sie Merlin, der schon begehrlich zu den Knoten schielte. So war es denn auch kein Wunder, dass sie zuerst diese Aktivität ansteuerten. Da sie beide in Distrikt 4 aufgewachsen waren, stellten Knoten für sie keine große Schwierigkeit dar. Schon recht bald wurde es vor allem Catherine langweilig und sie sah sich um, ob sie nicht an einer anderen Übung teilnehmen könnte. Da sie kaum Erfahrung mit Kampf und Waffen hatte, beschloss sie, als Nächstes ein bisschen mit gefährlicheren Utensilien zu spielen, als Seilen. Merlin hingegen war so vertieft in die Knotengeschichte, dass er nicht bemerkte, dass Catherine ihn stehen ließ und sich einer anderen Übung anschloss. Genau in dem Moment, als Catherine einen Dreizack ergriff, ihn prüfend in der Hand wog und dann ausholte, um ihn gen Zielscheibe zu schicken, betrat Jack Jackson die Trainingshalle. An seiner Seite Pamina Hayworth, die sich neugierig umsah. Als ob man sie gestochen hätte, fuhr Catherine herum. Kaum, dass sie Jack erblickte, fiel ihr der Dreizack aus der Hand und landete scheppernd auf dem Boden. Vor Scham lief das Mädchen rot an. Einige Tribute wandten sich zu ihr um, sich wundernd, wer den Lärm verursacht hatte. Am Liebsten wäre Catherine im Boden versunken, zumal Jack auch noch genau auf sie zukam. Er bückte sich, um den Dreizack aufzuheben. Dann drückte er ihn der verdutzten Catherine in die Hand. „Du hast da was fallen lassen.“ Mit diesen Worten und einem fast schon unverschämten Lächeln machte Jack kehrt, wandte sich seiner Partnerin zu und beratschlagte mit ihr den Übungsablauf. Dabei entgingen ihm weder Catherines fassungsloser Blick, noch ihre Röte. Ihr Benehmen belustigte ihn ziemlich. Sie hatte ihn schon am Vorabend so ungehörig angestarrt, bevor die Parade angefangen hatte. Heute sah sie nicht so überwältigend schön aus, wie am Vortag. Das war allerdings kein Wunder, immerhin trainierten die Tribute heute nur, bevor man sie klassifizierte und am folgenden Morgen in die Arena schickte. 'Die wird nicht lange durchhalten.', dachte Jack bei sich, während er an Paminas Seite den Knoten zustrebte. Catherine derweil hatte sich endlich, endlich von Jack losreißen können. Jetzt trat sie einen zweiten Versuch an. Und, oh Wunder, er glückte, obwohl es sie zunächst Mühe kostete, das Gewicht der Waffe richtig auszuloten. Zwar traf sie nicht ins Schwarze, aber die Zielscheibe schon. Dort blieb der Dreizack auf und ab wippend stecken. Die restliche Zeit bis zum Essen vertrieb Catherine sich mit unterschiedlichen Stationen. Beim Tarnen war sie genauso zu finden, wie auch bei der Beerenschule. Das war ziemlich nützlich, denn Wald gab es keinen in Distrikt 4. Höchstens ein paar vereinzelte Bäume. Und je nachdem, wie es in der neuen Arena aussah, wollte Catherine lieber vorbereitet sein. Das Gemetzel am Füllhorn würde schlimm werden, so wie jedes Jahr. Daran wollte sie lieber nicht teilnehmen. Am Sichersten war es wohl, sich einen Rucksack und eine Waffe zu schnappen, Merlin an die Hand zu nehmen und dann abzuhauen. Und zwar möglichst weit weg vom Füllhorn. Die Karrieros würden sie ohnehin früher oder später aufspüren. Aber man musste seinen Tod ja nicht unbedingt provozieren, fand Catherine. Derselben Meinung war auch Pamina Hayworth, die Mühe hatte, ihren Mittribut zu motivieren, sich an dem Training zu beteiligen. Dies tat Jack nur sehr unwillig, doch nach einer Weile ließ sein offensichtliches Desinteresse nach. Pamina verstand es, ihn mitzureißen, obwohl er keinerlei Wert darauf legte, mit heiler Haut aus der Arena zu kommen. Ihm war es ziemlich egal, wann er starb. Hauptsache, er tat es. Nachdem Caris Wooler ihn abgewiesen hatte, sah Jack keinen Sinn mehr in seiner Existenz. Daran änderte auch Pamina nichts, die zu beschützen er den Auftrag hatte. Zum Essen trafen sich Merlin und Catherine wieder. Danach würde die Solovorstellung fällig. Während sie beide sich mit Tabletts beladen einen Sitzplatz suchten, sann Catherine darüber nach, was sie den Spielmachern nur vorführen sollte. Merlin hingegen war deutlich verstimmt. Er hatte nämlich genau mitbekommen, was sich vorhin zwischen Jack und Catherine abgespielt hatte. Zu seinem Entsetzen hatte Eifersucht ihn erfasst und das obwohl von vornherein klar war, dass es keine engere Bindung geben konnte zwischen Catherine und dem dämlichen Rotschopf aus Distrikt 5, der nach der Aktion nur dümmlich und mürrisch neben seinem Mittribut ausgeharrt hatte. Trotzdem war Merlin sauer geworden. Nicht nur Jack hatte ihn erzürnt, auch Catherines Benehmen war nicht besser gewesen. Ihren anbetenden Blick würde Merlin so leicht nicht mehr vergessen. Nur dass er leider nicht ihm gegolten hatte, sondern diesem Playboy. So verlief das Essen in missmutigem Schweigen, bis ein rothaariges Mädchen mit heller Haut und hübschen, ebenmäßigen Zügen zu ihnen trat. Höflich erkundigte sie sich, ob sie sich zu Distrikt 4 gesellen könnte. Merlin nickte nur abwesend, während Catherine sich vor Freundlichkeit fast überschlug. Die Stimmung am Tisch hellte sich durch die Anwesenheit des Mädchens, das sich mit Kalliope Chestnut vorstellte, erheblich auf. Schon bald waren die weiblichen Wesen in ein angeregtes Gespräch vertieft. Daher fiel es ihnen zunächst nicht auf, als sich auch ein hochgewachsener, blonder Junge zum Tisch begab, wo er von einem Fuß auf den anderen trat. Er war offenkundig sehr nervös. Schließlich aber erbarmte Merlin sich des anderen. „Was gibt’s?“, fragte er wenig freundlich, da er momentan nicht in der Stimmung war, anständige Umgangsformen an den Tag zu legen. Er war viel zu verstimmt wegen diesem blöden Jack Jackson, der Catherine offensichtlich den Kopf verdreht hatte. „Ähm...“, räusperte sich der Junge, druckste eine Weile herum und klappte schließlich seinen Mund wieder zu, ohne ein vernünftiges Wort hervorgebracht zu haben. Mittlerweile jedoch hatten Kalliope und Catherine den Neuankömmling ebenfalls bemerkt. „Oh, Zachary!“, sagte Erstere überrascht, „Willst du dich nicht zu uns setzen?“ Rasch nickte der Blonde, dann ließ er sich neben Merlin plumpsen, der das Essen auf seinem Teller hin und herschob. „Ihr kennt euch?“, fragte Catherine, während sie neugierig Zachary und ihre neue Freundin musterte. Kalliope nickte. „Ja, natürlich. Wir sind in derselben Klasse. Er ist der andere Tribut von Distrikt 8.“, gab sie bereitwillig Auskunft. „Ah, verstehe.“ Catherine konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. Zacharys Blicken nach verehrte er Kalliope. Das war kaum zu übersehen. Da es Catherine selbst mit Jack nicht anderes ging, sparte sie sich aber eine flapsige Bemerkung. Stattdessen lächelte sie und beendete das Mittagessen. Als allgemeine Unruhe entstand, zeigte das den Tributen aus Distrikt 4 und 8 an, dass das Essen wohl zuende war. In Kürze würde es ernst werden. Dann mussten sie vor die Spielmacher treten und zeigen, aus welchem Holz sie gemacht waren. Niemand würde die Aufzeichnungen über ihre Darbietungen zu Gesicht bekommen. Nur die Einstufung der Spielmacher würde am Ende des Tages übertragen. Man konnte also nur hoffen, dass man eine gute Beurteilung bekam. Das würde nicht nur Sponsoren anlocken, sondern die anderen Tribute auch vorsichtiger machen. So manche Einschätzung konnte Leben retten. Das war den meisten Anwesenden klar. In diesem Jahr gab es ohnehin einige noch recht junge Tribute und ihnen konnte eine hohe Punktzahl nur nützen. In einer Reihe stellten die Jugendlichen sich vor den Türen zur Trainingshalle auf. Domingo di Loreno aus Distrikt 1 würde den Anfang machen. Danach käme Aliena Shiring, gefolgt von Eustace Plummer aus dem zweiten Distrikt. Levana Gordon war die Nächste. Auf sie folgte Cristobal Saforcada, der dieses Jahr Distrikt 3 vertrat und zu den Größten, sowie Ältesten zählte. Im Gegensatz dazu war Calida Alonso, die aus demselben Distrikt stammte, extrem zierlich. Sie wirkte reichlich wehrlos, doch das konnte täuschen, wie Catherine genau wusste. Vor ihr war Merlin an der Reihe und nach ihr Jack Jackson. Sie konnte seine abstrahlende Körperwärme im Rücken spüren. Gänsehaut überzog Catherines Arme, während sie die unmittelbare Nähe Jacks genoss, der sicherlich nicht wusste, wie sie darin aufging, ihm so auf die Pelle rücken zu dürfen. Wenigstens dieses eine Mal, bevor sie sterben musste. Doch viel zu schnell kam Merlin zurück. Jetzt war es an Catherine, ihren Distrikt mehr oder minder würdig zu vertreten. 'Nur Mut, ich kann das...', dachte sie bei sich, ballte jedoch ihre Hände zu Fäusten. Sie war unglaublich nervös, als sie die Halle betrat. Noch immer wusste sie nicht so recht, was sie machen sollte. Dass die Spielmacher sie so beglubschten, machte die Sache nicht gerade erträglicher oder einfacher. Nachdem Catherine sich der versammelten Mannschaft kurz vorgestellt hatte, ließ sie ihren Blick über die Halle schweifen. Ein Schwimmbecken gab es nicht, so dass sie schon mal nicht mit ihren Schwimmkünsten punkten konnte. Ohnehin existierte längst nicht in jeder Arena Wasser. 'Lass dir was einfallen!', ermahnt sie sich. Nervös kaute sie auf ihrer Lippe, bis sie etwas unsicher den Dreizack zur Hand nahm, mit dem sie noch vor einer Stunde trainiert hatte. 'Und jetzt vergiss einfach, dass dir jemand zuschaut.' Um sich das vorzugaukeln, schloss Catherine ihre Augen. Sie begann, ihren Atem zu regulieren, spürte, wie sie entspannter wurde und die Aufregung langsam von ihr abfiel. Nur wenige Sekunden später öffnete sie die Augen wieder, peilte die Zielscheibe an und warf den Dreizack, der schon etwas näher am Mittelpunkt stecken blieb. Erleichtert nahm Catherine das zur Kenntnis, ehe sie sich einen anderen Dreizack griff, den sie in wilden Bewegungen um ihren Körper herumwirbelte. Dass dieser imaginäre Kampf ziemlich bescheuert aussehen musste, ignorierte sie in diesem Moment geflissentlich. Es ging schließlich nur darum, einen möglichst guten Eindruck zu hinterlassen. Als sie endlich entlassen war, sehnte Catherine sich nach dem Quartier. Sie wollte nur noch in einem schönen Schaumbad versinken, danach ins Bett krabbeln und schlafen. Sie war völlig fertig mit der Welt. Und das sah man ihr auch an. Jack Jackson, der nach ihr an der Reihe war, musterte sie, als sie an ihm und den verbliebenen Tributen vorbei stiefelte, um den Aufzug zu erreichen, der sie in den vierten Stock befördern würde. Wieder dauerte es seine Zeit, bis Catherine ihr Ziel erreichte. Vor dem Fahrstuhl wurde sie von Merlin und Finnick erwartet. Ersterer sah zu ihrer Erleichterung keinen Deut besser aus als sie. „So, ihr Zwei, euch stecke ich in die Wanne und danach ins Bett.“, verkündete Finnick, dessen Hand auf Merlins Schulter ruhte. „Gute Idee.“, erwiderte Catherine matt. Sie ließ es zu, dass Finnick seine andere Hand auf ihrer Schulter platzierte und sowohl Merlin, als auch sie vom Aufzug weg lotste. Zunächst verschwand er mit Merlin in dessen Zimmer, wo er wohl das Bad einließ und ein paar letzte Worte mit dem Jungen wechselte. Dann wandte er sich Catherine zu. Auch sie geleitete er in ihr Zimmer. Dort angekommen kümmerte er sich erst einmal um das Badewasser. Bevor Catherine ihn jedoch wieder hinaus schicken konnte, hatte Finnick noch ein wichtiges Anliegen. „Hör mal, wegen heute Morgen...“ Er brach ab, dann räusperte er sich und sah Catherine ernst an. „Das tut mir Leid. Ich wollte dich weder kränken, noch verletzen. Manchmal habe ich meine Zunge nicht so im Zaum, wie ich sollte.“ Mit einem Nicken nahm Catherine die Entschuldigung zur Kenntnis. Zu mehr war sie nicht mehr fähig. Das sag Finnick auch ein, weshalb er nicht beleidigt war, dass sie ihn nicht überschwänglich davon überzeugte, dass das doch alles kein Problem sei. Ehe er die junge Dame jedoch sich selbst überließ, umarmte er sie kurz. „Du schaffst das schon, Cathy.“, sagte er leise in ihr Ohr. Dann hauchte er einen Kuss auf ihre Stirn und war verschwunden, ehe sie auch nur einen Ton sagen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)