Abenteuer... von Luthien-Tasartir (...und ihre Nebenwirkungen) ================================================================================ „Mario, das Deck ist ja noch immer nicht richtig geputzt! Beeil dich gefälligst!“ Ein Tritt mit dem gestiefelten Fuß in den Magen der knienden verkleideten Frau verlieh den Worten des Kapitäns zusätzliche Dringlichkeit. Langsam verlor er die Geduld mit dem – so schien es für ihn – schlaksigen jungen Mann. Leise und unverständlich fluchend führte dieser nun jedoch sofort die Anweisung des schwarzbärtigen Hünen aus und verdoppelte seine Anstrengungen diesen gerecht zu werden. Einfach war die Aufgabe indes jedoch nicht. Immer wieder schlugen die Wellen an den Klippenrand, vor dem die „Sturmzerberster“ ankerte, und verteilten so einen salzigen Film auf deren Deck. So gesehen war die Aufgabe damit völliger Schwachsinn, doch widersprechen traute sich das Mädchen ebenfalls nicht. Insgesamt hatte sie in den 10 Tagen, die sie nun schon auf dem Piratenschiff verweilte kaum auch nur den Mund geöffnet, aus Angst, die Mannschaft könnte vielleicht erfahren, was sie wirklich war. So versuchte sie weiter ihr Glück auf Deck, während ein Großteil der Mannschaft ihren Landgang auf den kanarischen Inseln genoss. Ein dünner Rauchfaden zu dem sich kurz darauf weitere gesellten, bis der schwarze Qualm sich in dicken Schwaden dem Himmel entgegenstreckte, verrieten den Aufenthaltsort der Crew. So hatte sie sich das Freibeuterleben nicht vorgestellt. Als Kind hatte sie immer mit ihren größeren Brüdern Pirat gespielt, die die „böse“ spanische und britische Marine an der Nase herumführten und sich gegen die Ungerechtigkeit, die diese ihren Kolonien zukommen ließen, wehrten. Natürlich hatten die Korsaren immer den Kampf gewonnen, wodurch nie einer auf Seiten der Marine hatte sein wollen. Dann war ihr ältester Bruder in die Armee einberufen worden. Die anderen Fischerssöhne folgten dem Ruf im Abstand von 2 und 3 Jahren, bis nur noch Maria übrig blieb, sich um ihren älteren Vater zu kümmern. Eine Mutter hatte sie nicht. Diese war bei ihrer Geburt gestorben, wodurch sie sich schon immer gegen die männliche Autorität hatte durchsetzen müssen. Zeit ein weibliches Bewusstsein zu schaffen war dabei nicht geblieben. Aber gerade dieses Fehlen kam ihr jetzt zu Gute. Anders wäre es ihr schwer gefallen, sich in die Rolle des jungen „Marios“, der als einziger Überlebender eines verunglückten Handelschiffs von den Piraten aus dem Meer gefischt worden war, einzufinden. Anders wäre er noch nicht einmal auf dieses Schiff gekommen. Der allgemeine Glaube, dass Frauen auf Schiffen Unglück brächten war dafür zu stark. Nun diente sie als Schiffsjunge unter dem Kapitän der „Sturmzerberster“. Ein grausamer Mann, der bei einem Kampf gegen die britische Marine sein linkes Auge verloren hatte. So prahlte er zumindest. Fast schon erwartete sie einen erneuten Tritt seitens des Piraten. Dieser blieb jedoch aus. Stattdessen kamen 2 neue, unbekannte, Paar Schuhe in ihr Sichtfeld. Verwundert blickte sie auf und sah in das Gesicht einer schwarzhaariger Person, die mit einer Waffe ihren Kaptiän bedrohte, der augenscheinlich genauso überrascht war, wie sie. Nur, dass in seinem Gesichtsausdruck auch Wut mitschwang. Der Mann war ungefähr 1.80m groß, hatte langes etwas verfilztes Haar in das Perlen und allerlei Schmuck eingeflochten war. Seine Stirn zierte ein rotes Kopftuch, das unter einem dreieckigen Hut hervorragte. „Es ist nicht sehr höflich, eine Frau zu treten, mein lieber Captain“, erhob schließlich der Fremde mit tiefer, sonoren Stimme das Wort. Als Antwort erhielt er nur ein Knurren seitens des Schiffinhabers, nachdem er zuerst etwas überrascht auf seinen „Schiffsjungen“ gestarrt hatte, bis ihm die leichte, kaum sichtbare Erhebung im Brustbereich auffiel. Statt ihr jedoch Flüche an den Kopf zu werfen, sie habe ihn geleimt, fragte er mit ruhiger, doch hasserfüllter Stimme: „Was willst du Sparrow?“ Er beachtete sie nicht. Sie schien ihn nicht einmal zu interessieren! Und dass dieser Sparrow nur mit einem Blick ihre Verkleidung erkannt hatte... „Captain Jack Sparrow, wenn ich bitten darf!“, riss die Stimme des Fremden Maria aus ihren Gedanken. „Und das, was ich will ist ganz einfach“, fuhr er fort, wobei er einen kleinen Kompass herausholte. „Was ich will...“ Sparrow drehte sich kurz orientierend, ging dann einige Schritte von ihrem Kapitän weg, drehte wieder, versuchte sich zu orientieren, bevor er schließlich meinte: „...ist das hier – die, sie hier.“ Damit blieb er vor der einzigen Person an Deck stehen, die zur Crew des Schiffsinhabers gehörte. Maria. Kurz überprüfte der Schwarzhaarige noch einmal den Kompass nach der Richtigkeit seiner Angabe – wie dieser arbeitete, war der jungen Frau schleierhaft – bevor er nickte und sich wieder zu dem anderen Piraten umdrehte. „Ihr habt doch sicherlich nichts dagegen, wenn wir uns eure Schiffsjungfer für eine Zeit ausleihen? Euer Schiff dürft ihr sogar behalten, aye?!“ Kurze Stille senkte sich über das Schiff, bevor von ihrem Vorgesetzen ein leises brummendes, aber unverkennbar widerwilliges „Ja“ zu vernehmen war. Ein Grinsen seitens Sparrows war die Antwort, bevor er jemandem außerhalb ihres Sichtfeldes ein Zeichen gab. Sogleich wurde sie am Arm gepackt und auf die Beine gezogen. Sprachlos und viel zu ratlos, als dass sie etwas unternehmen konnte, ließ Maria es geschehen... Der Mann hinter ihr brummte zwar etwas von wegen „Frauen an Bord...“ und „Wahnsinn“, bat sie jedoch schließlich leise, aber einigermaßen freundlich ihr zu folgen. Gerade noch sah sie, wie Captain Jack Sparrow leicht den Hut hob, bevor er ihnen folgte, dann wurde sie auch schon umgedreht und von Bord genommen. Dort sah sie letztlich den Grund, weswegen sie zuerst nicht bemerkt hatten, dass sie “gekapert“ wurden. Ein kleines Boot ankerte keine 10 Schritte vom Schiff entfernt, auf der Seite der Klippen. Kein Mensch, der nur einen Funken Verstand im Hirn hatte, wäre auf die Idee gekommen, von dieser Seite aus das Schiff zu erreichen. Keiner... bis auf Sparrow anscheinend. Als sie im Boot saß, warteten sie noch, bis Besagter sich ebenfalls der Besatzung angeschlossen hatte. Da ihm kein Kugelhagel folgte – Maria bezweifelte, dass sich ein Kapitän, egal welchen Schlages, eine solche Erniedrigung einfach so gefallen ließ – konnte man schließen, dass er dafür gesorgt hatte, dass der Betrogene nicht mehr dazu fähig war. Sobald er saß, begannen die Männer, die mitgekommen waren bereits zu rudern, während Maria nun endlich den Mut fand, ihren Kidnapper zur Rede zu stellen. „Was - sollte - das - alles?“, zischte sie ihm wütend entgegen; mehr Energie in der Stimme, als sie sich zugetraut hätte. Auch wenn sie schon früh gelernt hatte, sich durchzusetzen, hatte die überraschende Situation sie erstmals eingeschüchtert. Nun traf ein vernichtender Blick den Angesprochenen, verfehlte jedoch jegliche Wirkung. Ihr Entführer... lächelte. Jack Sparrow lächelte! Am Liebsten hätte die junge Frau ihn dafür angesprungen. Sie beherrschte sich jedoch, da der Mann nun tatsächlich anfing zu antworten: „Hast du schon einmal etwas von dem Schatz der Kokosinsel gehört?“ Das Lächeln, dass diesen Worten folgte, löste bei Maria ein dumpfes Stechen in der Magengegend aus. Wäre sie doch nur daheim geblieben. Sicher, sie war ausgezogen, um Abenteuer zu erleben, aber jetzt, da es so weit war, wünschte sie sich nichts anderes, als dass sie sich niemals auf das verhängnisvolle Handelsschiff geschlichen hätte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)