Spuren im Schnee von Little_Dana (SasoDei) ================================================================================ Kapitel 1: Spuren im Schnee --------------------------- Spuren im Schnee Täglich fiel es mir schwerer aufzustehen. Mittlerweile war es Mitte Dezember und auch dementsprechend kalt. Draußen war alles weiß und die Temperatur müsste bei -5°C liegen. Also nicht gerade warm. Seufzend schlug ich dann doch die Decke zurück und sofort schlug mir die kalte Luft entgegen. Ich fröstelte und stand schnell auf, um der Kälte so schnell wie möglich zu entfliehen. Schnell ging ich ins Bad und schaltete dort sofort die Heizung an. Ich seufzte erleichtert, als es schnell warm wurde. Alles war wie jeden Morgen. Im Eiltempo machte ich mich fertig, ich war eh schon spät dran, mal wieder. Als ich fertig war, schaltete ich widerwillig die Heizung wieder aus, verließ das warme Bad und machte mich auf den Weg in die hoffentlich auch warme Küche. Als ich die Küche betrat strömte mir sofort die geheizte Luft entgegen und ich lächelte leicht. Meine Mum hatte wie immer daran gedacht, den Heizlüfter einzuschalten, bevor sie zur Arbeit fuhr. Schnell frühstückte ich und warf dann noch einen Blick auf die Uhr. Ich war wieder ganz gut in der Zeit, da ich mich im Bad beeilt hatte. Nach dem Frühstück holte ich aus meinem Zimmer noch meine Tasche, zog mir Jacke und Schuhe an, setzte mir noch eine Mütze auf und natürlich durften die Handschuhe nicht fehlen. Dann seufzte ich, öffnete die Tür und ging aus dem warmen und hellen Haus raus. Draußen war es nass, kalt und dunkel. Dazu schneite es noch ein wenig, doch das machte mir recht wenig aus. Ich zog den Kragen meiner Jacke etwas hoch, stopfte meine Hände in die Jackentaschen und ging dann los Richtung Schule. Es wehte ein ganz leichter Wind, doch Dank der Kälte spürte ich diesen nur mehr als deutlich. Ich erschauderte jedes Mal wieder bei einem kleinen Windstoß und hoffte nur noch, dass ich endlich in der Schule ankam. Winter war die einzige Jahreszeit, in der ich hoffte, schnell in der Schule anzukommen. Ich starrte auf den weißen Boden, auf dem die kleinen Flocken landeten und es somit immer mehr Schnee wurde. Ich hasste den Winter, er war einfach nur kalt und nass und brachte nichts Gutes mit sich. Andauernd rutschte man aus und fror – ich sah dabei nichts Gutes. Auch einer der Gründe, warum ich andauernd auf den Boden starrte, war, dass ich nicht schon wieder hinfallen wollte. Immerhin hatte es gefroren und somit konnte ich mir ganz gut vorstellen, dass unter dem harmlos aussehenden Neuschnee sich das fiese Eis versteckte. Ich schüttelte den Kopf und konzentrierte mich wieder darauf, so schnell wie möglich mein Ziel zu erreichen. Fußstapfen zogen sich durch den Schnee. Beinahe automatisch versuchte ich in genau diese zu treten. Es war etwas, was ich mir als Kind angewöhnt hatte. Ich tat dies schon immer und wusste selbst nicht warum. Es ergab keinen Sinn, doch auch jetzt, mit 16 Jahren, tat ich es noch. Die Spuren gingen genau den Weg, den ich gehen musste. Bald kam ich an der Hauptstraße an, wo der Neuschnee schon geräumt worden war und somit auch die Fußstapfen verschwunden waren. In gewisser Weise war ich froh darüber, so musste ich nicht mehr dieser seltsamen Gewohnheit nachgehen. Kurz sah ich auf und bemerkte, dass es nicht mehr weit war. Bald wäre ich für ein paar Stunden von dieser Kälte erlöst. Seufzend sah ich wieder auf den Boden und bemerkte wieder die Spuren. Es lagen nur wenige Millimeter, vielleicht einen Zentimeter, Schnee und trotzdem waren sie wieder da. Diese Person müsste also erst kurz vor mir hier entlang gegangen sein. Ich schüttelte den Kopf. Über was ich mir schon wieder Gedanken machte, das war doch lächerlich. Ich sah wieder nach vorn und endlich konnte ich die Schule sehen. Nur noch wenige Meter, dann war ich da! Ich ging durch das schwarze Schultor und kam auf den Schulhof, wo hier und da ein paar Schüler waren, die eine Schneeballschlacht veranstalteten oder irgendetwas aus dem Schnee bauten – es hatte Ähnlichkeit mit einem Schneemann, ich war mir aber nicht ganz sicher, ob es wirklich einer sein sollte. Ich schüttelte kurz den Kopf und betrat dann die Schule. Schnell machte ich mich auf den Weg zur Garderobe und danach sofort in die eigentlich immer warme Klasse. Dort angekommen stellte ich erstmal meine Tasche auf dem Tisch ab und setzte mich dann hin. Kurz sah ich mich in der Klasse um. Viele waren noch nicht da wegen dem vielen Schnee, einige Busse werden wieder Verspätung haben. Eigentlich waren nur zwei da. Zum einen war da ich und zum anderen war da der Neue, Sasori. Er ging seid zwei Wochen auf diese Schule und damit auch in meine Klasse. Meiner Meinung nach war er zu ruhig. Er sagte kaum ein Wort und aus an Gesicht konnte man keinerlei Emotionen sehen, nur immer wieder dieser monotone Blick und dieser gelangweilte Ausdruck in seinen Augen. Viele meinten, dass er sehr schlecht in der Schule wäre, da er sich nie am Unterricht beteiligte und ihn auch sonst nichts interessierte – jedoch stimmte das nicht. Um hier an der Schule aufgenommen zu werden, musste jeder eine Prüfung ablegen, egal wie gut dessen Noten waren. Und Sasori hatte überall eine Eins gehabt. Woher ich das wusste? Na ja, ich konnte einen Blick auf das „Zeugnis“ werfen, was er für die abgelegte Prüfung bekam. „Morgen“, sagte er nach einiger Zeit des Schweigens. Ich sah ihn kurz überrascht an, hatte ich ja nicht damit gerechnet, dass er mit mir reden würde. „Morgen“, erwiderte ich, immer noch etwas baff. Sasoris Blick wanderte aus dem Fenster, genauso wie meiner. Der Schneefall war schlimmer geworden und damit war es sicher, dass die Busse noch später kommen würden als eh schon. Ich seufzte tonlos und sah dann wieder auf meine Tasche. Das könnte noch dauern, bis die alle da waren und ich war eh wie immer viel zu früh da. Das war auch so eine dumme Angewohnheit geworden, die ich nicht mehr loswerden konnte. Aber ich kam eben lieber zu früh als zu spät. Ich begann etwas auf meiner Unterlippe herumzukauen, diese Stille zwischen Sasori und mir war mir irgendwie etwas unangenehm. Ich hatte das Gefühl, dass ich einfach mit ihm reden musste. Ich war aber auch ein Mensch, der nicht lange still bleiben konnte. „Warum...“, begann ich dann zögerlich, „Warum bist du eigentlich hierher gezogen? Du kommst doch von weit her so viel ich mitbekommen habe, hm?!“ Sasoris Blick wanderte wieder zu mir und seine Augen blitzen kurz auf. „Persönliche Gründe“, war seine knappe Antwort. Ich verzog leicht das Gesicht, ehe ich ihn aber dann anlächelte. „Und wo kommt du eigentlich genau her?“ Er zeigte keine Regung in seinem Gesicht, was mich ein wenig ärgerte. „Plymouth, England“, war seine erneut knappe Antwort. „Und wie ist es da so, hm?“ Nein, das war keine gespielte Neugierde, das war echte. Ich hatte schon öfters vor, ihn solche Sachen zu fragen, doch ich war nie dazu gekommen. Das war nun die perfekte Gelegenheit dazu. Er überlegte kurz, bevor er antwortete. „Es war eigentlich recht schön da, jedoch befand ich mich eher in Torquay, was einige Meilen weiter östlich ist, da dort mein Vater lebt.“ „Du sprichst aber perfekt japanisch, wo hast du das gelernt?“ Ich drehte mich ein wenig mit dem Stuhl, damit ich ihn besser ansehen konnte. „Meine Mutter ist Japanerin“, antwortete er, „Ich spreche sowohl Englisch als auch Japanisch fließend.“ „Das merk ich, un...“, nuschelte ich. Sofort lächelte ich ihn wieder an. „Vermisst du England?“ Sein Blick glitt wieder zum Fenster. „Weiß nicht“, meinte er, „Nicht wirklich. Ich hatte dort nichts, was ich vermissen sollte.“ „Und wie gefällt es dir hier?“ Ich wusste, dass ich ihn einfach so mit Fragen löcherte, aber wenn ich es jetzt nicht tat, würde ich bestimmt nie wieder diese Möglichkeit bekommen! „Es... gefällt mir ganz gut hier.“ Ein minimales Lächeln schlich sich auf seine Lippen, was aber schnell wieder verschwand, als er mich wieder ansah. „Warum willst du das alles wissen?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Na ja, wir sind ja Klassenkameraden und da dachte ich, dass ich schon zumindest ein wenig über dich wissen sollte.“ „So?“ Sasori stand auf und setzte sich dann auf den Stuhl neben mich, was mich ein wenig überraschte. „Dann bin wohl ich jetzt dran mit fragen.“ „Äm, nur zu“, meinte ich bloß. „Seid wann lebst du hier?“ Ich überlegte nur eine Sekunde lang. „Schon immer, hm.“ „Würdest du wo anders hinziehen, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?“ Dazu brauchte ich etwas länger, zum überlegen. „Hm, weiß nicht. Ich denke nicht, ich habe hier doch alles, was will ich also woanders, un?!“ Wieder erschien das kleine Lächeln auf Sasoris Lippen. „Und was wäre, wenn dein bester Freund sehr weit weg ziehen würde und du genau wüsstest, dass du ihn in den nächsten paar Jahren nicht sehen würdest? Was würdest du dann tun?“ „Das ist ja wohl klar.“ Ich grinste etwas. „So lange sparen, bis ich mir den Flug leisten könnte und ihn dann besuchen kommen, hm. Ist ja schließlich mein bester Freund.“ „Und wenn deine Eltern einfach über deinen Kopf hinaus entscheiden würden, weit weg zu ziehen? Einfach alles hinter sich zu lassen und ein neues Leben in einem neuen Land beginnen ohne dass du ein Wörtchen mitzureden hast?“ „Na ja...“ Mein Blick senkte sich etwas. „Ich würde versuchen meine Eltern zu überreden, nicht wegzuziehen und wenn das nichts bringen würde, müsste ich wohl damit leben. Aber ich würde versuchen meine Heimat so oft wie möglich zu besuchen. Schließlich bin ich hier geboren und aufgewachsen.“ „Und was würdest du tun, wenn dich all deine Freunde dann vergessen hätten? Wenn du extra zurückgekommen wärst nur um sie endlich wiederzusehen und sie dich einfach nicht erkennen, egal was du auch tust?“ Ich schwieg und sah Sasori einfach nur an. Dann legte ich meinen Kopf leicht schief. „Sag mal... kann es sein, dass du all diese Fragen auf dich beziehst? Dass dir das passiert ist, dass du einfach wegziehen musstest, hm?“ Wieder schweigen. Einen Moment lang konnte ich etwas in Sasoris Augen sehen, was ich nicht deuten konnte. In diesem Moment ging die Klassenzimmertür auf und lauthals fluchend kam Hidan rein – einer meiner besten Freunde. Damit war das Gespräch zwischen Sasori und mir wohl beendet, denn er stand auf und ging zurück zu seinem Platz, während sich Hidan tierisch über das Wetter aufregte. Das war immer der Moment, in dem ich einfach abschaltete und ihn somit vollkommen ignorierte. Ich dachte über Sasoris Fragen nach, die er mir gestellt hatte. Konnte es wirklich so gewesen sein? Hatte ich Recht mit meiner Vermutung? Aber Sasoris Schweigen hatte eigentlich schon mehr als tausend Worte gesagt, ich musste einfach richtig liegen. Langsam füllte sich die Klasse, der Lehrer – Sensei Kakashi – war sogar auch schon da. Als wir vollzählig waren begann dann „endlich“ der „spannende“ Unterricht – Englisch! Ich schielte zu Sasori, der mit diesem Fach wohl die wenigsten Probleme haben würde, da er die Sprache ja perfekt beherrschte. Ich dagegen war eigentlich ziemlich schlecht in Englisch. Ob er wohl... Schnell schüttelte ich den Gedanken wieder ab. Sasori würde mir bestimmt kein Nachhilfe geben, wie kam ich denn bitte auf diese dämliche Idee?! Ich ärgerte mich noch etwas über mich selbst, ehe ich versuchte aufzupassen und zu verstehen. „Das ist nicht schwer. Lies doch erst einmal in Ruhe den Text.“ Okay, vielleicht tat er es ja doch. Seufzend zog ich wieder mein Englischbuch zu mir und sah auf die Seite 14. Ich hatte Sasori gefragt, ob er mir vielleicht ein wenig behilflich sein könnte, was Englisch anging. Er hatte nur gefragt, ob es gleich nach der Schule ginge und na ja – jetzt saß ich hier in der Klasse nach dem Unterricht und paukte Englisch mit Sasori. „Am besten liest du ihn laut, so kannst du auch gleich deine Aussprache verbessern.“ Da ich keine andere Wahl hatte, tat ich das, was er von mir verlangte. „Two friends, Jane and Deirdre, took a year off from their jobs in England and travelled round the world.“ „Das war doch schon ganz gut, jetzt nur noch etwas flüssiger lesen, dann geht das in Ordnung. Sei ruhig sicher was die Aussprache angeht, mehr als falsch kann es nicht sein. Und es ist auch gut, wenn du mal Fehler machst, dann lernst du daraus. So, jetzt versuch die nächsten Sätze.“ Ich nickte. „During their trip, they spend a month in New Zealand. In the South Island they visited Queenstown, the adventure capital of the country, on the shores of the beautiful Lake Wakatipu.“ Sasori nickte und deutete mir einfach weiterzulesen, was ich auch tat. Mit der Zeit wurde ich immer sicherer und es fiel mir auch leichter zu lesen. Nachdem ich den Text komplett gelesen hatte, machte ich gemeinsam mit Sasori noch ein paar Aufgaben, ehe ich noch selbst welche machen sollte. Ich bemerkte schon gar nicht mehr, wie die Zeit verging. In gewisserweiße machte mir das Spaß, was auch wiederum lächerlich war, da Englisch mein absolutes Hassfach war. Jedoch schien sich das nun zu ändern, nachdem ich Nachhilfe bei ihm hatte. „Gut, das reicht für heute“, meinte Sasori, nachdem er einen Blick auf die Uhr geworfen hatte. Ich sah auch kurz auf die Uhr, die achte Stunde wäre in ein paar Minuten um. Ich nickte und packte meine Sachen zusammen. Auch Sasori packte seine Tasche. „Sag einfach, wenn du wieder Hilfe brauchst.“ „Ja, hm.“ Ich lächelte ihn an. „Danke, Sasori.“ Er sah mich kurz an. „Kein Problem.“ Mein Blick haftete am Boden, als ich langsam nach Hause lief. Die Hauptstraße hatte ich schon hinter mich gebracht. In der Zeit, wo ich in der Schule war, hatte es wieder ein wenig geschneit und deshalb lag logischerweise wieder etwas. Ich seufzte und verfolgte schon wieder Fußspuren, die mich durch den Schnee führten. „Als würden sie mich führen...“, murmelte ich und lachte im selben Moment noch kurz und leise darüber. Das war doch Quatsch. Ich senkte wieder meinen Blick und ging weiterhin meiner alten Angewohnheit nach, in die Spuren zu treten. Ob Mum wohl schon zu Hause war? Nein, bestimmt nicht, heute musste sie wieder lange arbeiten und wegen dem Schnee würde sie sicherlich langsam fahren. Besser so, als wie wenn sie einen Unfall baute. Ich war so in meinen Gedanken versunken, dass ich beinahe nicht bemerkt hätte, dass ich fast gegen etwas gelaufen wäre, doch ich konnte noch rechtzeitig abbremsen und kam zum stehen. Ich sah auf den Boden, die Spuren endeten hier, ich sah zwei Füße. Langsam glitt mein Blick nach oben. Irgendwie kam mir diese Person bekannt vor... Ich hob mein Gesicht noch weiter an, bis ich ihm direkt in die Augen sah. In die braunen, monotonen Augen, die so gut wie nie Emotionen zeigten. „Sasori?!“, bekam ich nur ungläubig heraus. „Was machst du denn hier, hm?“ Er sah mich kurz schweigend an, ehe er seinen Blick abwendete. „Nach Hause gehen, ist doch wohl klar.“ „Du wohnst hier in der Nähe?“ „Sieht ganz so aus.“ Er drehte sich um und ging weiter. Ich schüttelte kurz den Kopf und ging ihm schnell hinterher, bis ich neben ihm lief. „Das wusste ich gar nicht, un“, meinte ich etwas nachdenklich. Doch Sasori zeigte keine Reaktion, er achtete nur weiter auf den Weg. Eigentlich wollte ich ihn ja noch in der Schule fragen, wo er denn jetzt wohnte, aber er war so schnell weg gewesen, dass ich keine Zeit mehr dazu hatte. „Du tust es also immer noch.“ Überrascht sah ich ihn an. „Was?“, fragte ich verwirrt. Doch er schüttelte bloß den Kopf. Ich legte meinen etwas schief. Was meinte er denn bitte damit? „Dort wohne ich“, sagte Sasori und zeigte auf ein Haus, das bloß zwei Straßen von meinem Haus entfernt stand. Tagtäglich ging ich an diesem Haus vorbei und jetzt wo ich davor stand, kam es mir auf gewisse Weise bekannt vor. Der Rothaarige öffnete das kleine Gartentor, als sich gleichzeitig die Haustür öffnete und eine braunhaarige Frau den Kopf herausstreckte. „Sasori!“, rief sie freudig, öffnete die Tür ganz und trat einen Schritt heraus. Ihr Blick glitt von Sasori zu mir und sie stutzte. „Deidara?“ Meine Augen weiteten sich etwas. Woher kannte diese Frau meinen Namen?! Hatte Sasori ihr irgendwas erzählt? Ich sah fragend zu eben genannten. „Ich hab dich nicht einmal vor ihr erwähnt“, versicherte er mir, so, als ob er Gedanken lesen könnte. „Aber...“, begann ich, aber ich kam einfach nicht weiter als dieses eine Wort. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Frau kam einige Schritte auf das Tor zu und ehe ich mich versah, stand sie vor mir und drückte mich ohne Vorwarnung an sich. „Ich hab dich ja so lang nicht mehr gesehen! Du bist so groß geworden, richtig erwachsen.“ Wer zum Teufel war diese Frau?! Ich hatte sie noch nie in meinem Leben gesehen, das wüsste ich doch! „Wer... wer sind Sie, hm?!“, brachte ich dann endlich heraus. Die Braunhaarige ließ mich wieder los und sah mich verwundert an. „Sag mir nicht, dass du mich vergessen hast.“ Mein Schweigen war ihr wohl Antwort genug. Ich kannte diese Frau nicht, da war ich mir ziemlich sicher. „Aber Deidara, was ist denn passiert, dass du uns vergessen hast?“ Sie sah mich besorgt an. Was sollte das?! Ich ging einen Schritt zurück. „Ich... ich muss jetzt nach Hause“, sagte ich eilig, drehte mich um und entfernte mich mit schnellen Schritten von diesem Haus. Ich konnte die Blicke der Frau und Sasori in meinem Rücken spüren, doch ich versuchte es zu ignorieren. Ich verstand es nicht. Wer war diese Frau?! Woher kannte sie mich? Was hatte sie mit mir zutun? Hatte... hatte ich etwa wirklich etwas vergessen? „Warum machst du das?“ Neugierig sah der blonde Junge den Jungen vor sich an. Dieser grinste ihn an. „So finde ich mich leichter zurecht und muss nicht selbst meinen Weg finden.“ Der Blauäugige legte seinen Kopf leicht schief. „Aber Sasori, willst du nicht irgendwann deinen eigenen Weg gehen, hm?“ Sasoris Blick glitt in die Ferne. Der Sechsjährige lächelte leicht dabei. „Doch, eines Tages schon. Aber bis es soweit ist, nehme ich mir an anderen ein Beispiel und versuche solch einen Weg zu gehen wie sie.“ Er sprang in den nächsten Fußabdruck im Schnee und drehte sich dann lachend zu dem Blonden um. „Und außerdem macht das einfach Spaß, Deidara.“ Der Blonde lächelte und tat es dann Sasori nach mit dem in die Spuren treten. „Hm...“ Ich schrieb ein Wort in die Lücke und hoffte einfach mal, dass es richtig war. „Aber... nee...“ Ich radierte das Wort wieder weg, dachte noch einmal darüber nach und schrieb dann ein anderes Wort hinein. „So.“ Zufrieden lächelte ich und schlug das Heft zu. Damit wären die heutigen Hausaufgaben auch erledigt. Ich sah auf, als ich die Klassenzimmertür hörte. Ja, ich machte oft meine Hausaufgaben vor dem Unterricht. Eigentlich so gut wie immer. Noch ein Grund, warum ich immer so früh in der Schule war. Sasori betrat den Raum, sah mich kurz an, schloss dann die Tür und ging zu seinem Platz ohne ein weiteres Wort zu reden. „...“ „...“ Eine bedrückende Stille herrschte zwischen uns. Ich seufzte leise und widmete mich dann meinen Mathehausaufgaben. Nichts, bis auf das leise Kratzen meines Stiftes, war im Raum zu hören. Ich schloss einen Moment meine Augen und versuchte mich dann wieder weiter auf Mathe zu konzentrieren. Jedoch fiel mir das recht schwer, weil ich immer wieder an das Ereignis vom Vortag denken musste. Immer noch konnte ich nicht verstehen, wer diese Frau war. Ich wusste es einfach nicht! Und ich hatte auch keine Ahnung, was sie mit all dem gemeint hatte. Ich seufzte und schloss mein Heft. Es brachte nichts, ich machte im Moment eh nur alles falsch, da ich mit den Gedanken ganz wo anders war. „Deidara.“ Ich zuckte leicht zusammen, als Sasori meinen Namen nannte. Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn fragend an. Er stand direkt neben mir und sah mich wie immer mit diesem emotionslosen Blick an. „Das mit meiner Mutter gestern tut mir Leid, sie hat dich sicherlich nur verwechselt.“ „Äm... schon okay.“ „Ach ja und da wäre noch etwas.“ Er zog seine rechte Hand aus der Hosentasche und hielt etwas in die Luft. Ich musste zweimal hinsehen bis ich erkennen konnte, was das war. Es war ein kleines silbernes Armband. „Du hattest gesagt, ich soll's dir zurückgeben, wenn ich dich wiedersehe.“ Er legte das Armband auf meinen Tisch. „Und damit habe ich mein Versprechen eingehalten.“ Ich verstand im Moment nichts mehr. „Was? Wann soll ich das gesagt haben, un? Und was ist das für ein Armband?“ Kurz schwieg Sasori nur, ehe er mir antwortete. „Du hast es mir damals gegeben“, war seine kurze Antwort. Ich wartete noch ein wenig und hoffte auf eine längere Erklärung, jedoch kam diese leider nicht wie erhofft. „Ich kenne dieses Armband nicht“, sagte ich und nahm das Armband. Ich sah es mir etwas genauer an. Ein wenig bekannt kam es mir schon vor, aber das war ein ganz normales silbernes Armband, das gab es doch überall. „Ich habe auch nur mein Versprechen eingehalten“, meinte er und ging dann zurück zu seinem Platz. Noch mehr Verwirrung machte sich in mir breit. Lange starrte ich das Armband an. Was sollte das alles bloß? „Und du musst wirklich gehen?“ Traurig sah Deidara seinen Gegenüber an. Dieser nickte und sah auf den Boden. „Ja, Mama hat gesagt, sie will das Heimatland von Papa kennen lernen und außerdem wollte sie schon lange nach England ziehen.“ „Aber du kommst doch zurück, oder?!“ Kleine Tränen standen dem Blonden in den Augen. Sasori lächelte leicht. „Eines Tages bestimmt. Aber ich weiß noch nicht genau wann. Aber mach dir keine Sorgen, wir bleiben bestimmt Freunde.“ Er grinste Deidara an um ihm zu zeigen, dass er sich keine Sorgen machen musste. „Wir werden uns wiedersehen, ganz bestimmt.“ „Dann nimm das mit, damit du mich nicht vergisst!“ Deidara hielt ihm das kleine silberne Armband hin, was er schon seid seiner Geburt hatte. „Das kann ich nicht machen, es bedeutet dir doch so viel!“ Deidara lächelte ihn an. „Dann gib es mir zurück, wenn wir uns wiedersehen.“ Sasori zögerte noch kurz, lächelte aber dann und nahm es an sich. „Ich werde gut darauf aufpassen und es dir dann zurückgeben, versprochen.“ Der Blonde erwiderte das Lächeln und umarmte dann seinen besten Freund. „Du wirst mir fehlen.“ Sasori erwiderte die Umarmung. „Du mir auch.“ „Sasori?!“ Überrascht sah ich meinen Gegenüber an. Dieser stand soeben vor meiner Haustür – ohne Jacke, Schal oder sonstiges Winterzeug. „Was machst du hier?“ Er fröstelte etwas. „Kann ich reinkommen?“ „Klar, hm.“ Ich ging einen Schritt zur Seite und er trat ein. Hinter ihm schloss ich die Tür, ging vor und Richtung Küche. „Komm mit, in der Küche ist es warm.“ Er nickte bloß und folgte mir in die warme Küche. Dort angekommen setzte ich mich auf einen der Stühle. „Setz dich.“ Wenige Sekunden später saß er auch auf einem Stuhl und sah auf den Tisch. Ich hingegen sah ihn an. „Also? Was willst du hier, un?“ Er seufzte kaum hörbar, sah dann auf und mir direkt in die Augen. „Ich hab davon gehört.“ Ich legte den Kopf leicht schief und sah ihn fragend an. „Wovon hast du gehört?“ „Das mit deinem Vater.“ Stille herrschte im Raum und ich sah auf den Boden. „...Woher?“ „Deine Mutter war bei uns zu Besuch und hat uns alles erzählt, was damals passiert ist, nachdem wir weggezogen waren. Du willst nicht mehr an diese Vergangenheit denken, deshalb hast du mich nicht erkannt. Deidara“ Er stand auf, ging zu mir und blieb vor mir stehen. Ich traute mich nicht ihn anzusehen. „Ich verstehe, dass dich das sehr mitgenommen hat. Immerhin ist es wirklich schlimm seinen Vater zu verlieren, aber... deshalb hast du auch alles andere von damals verdrängt.“ Ich spürte, wie er seine Hand leicht auf meinen gesenkten Kopf legte. „Aber du kannst doch nicht ewig davor weglaufen. Und außerdem... ich bin extra wegen dir wieder hierher gekommen. Ich wollte dich wiedersehen, es ist immerhin schon zehn Jahre her.“ Ich sah etwas auf und konnte ihn lächeln sehen. „Ich hab dich vermisst, Dei.“ Tränen standen mir in den Augen. „Tut mir Leid...“, flüsterte ich. „Aber... ich wollte einfach nicht mehr daran denken, hm... Einfach vergessen, dass der Tod mir meinen Vater genommen hat. Ich dachte einfach, dass mir jeder einfach alles wegnehmen will, was ich im Leben brauche. Aber... ich wollte dich nicht einfach so verdrängen, un...“ Ich musste ein Schluchzen unterdrücken, als wieder all die Bilder von meiner Kindheit hochkamen. Besonders von Sasori. Ich spürte, wie Sasori mir leicht über den Kopf strich. „Es ist okay.“ Ich sah ihn wieder an und immer noch lächelte er mich an. „Eigentlich brauchst du dich gar nicht zu entschuldigen, sondern ich sollte es eher sein, der sich entschuldigen muss. Immerhin hatte ich zehn Jahre lang nichts von mir hören lassen, obwohl ich es wollte. Aber mein Vater... na ja, er konnte dich noch nie sonderlich gut leiden.“ Er musste etwas grinsen. „Und immer, wenn ich versucht hatte dir zu schreiben oder dich anzurufen, ist er dazwischengekommen. Und nach der Scheidung meiner Eltern bin ich die ganze Zeit zwischen zwei Städten hin und hergependelt und war froh, wenn ich mich mal hinsetzen und für ein paar Minuten lang nichts tun konnte.“ „Ich versteh schon, hm.“ Ich lächelte ihn an. Er erwiderte mein Lächeln und strich mir wieder leicht über den Kopf. „Ich kann das nicht länger...“ Ich sah ihn fragend an. „Was?“ Sein Lächeln wurde leicht traurig. „Tut mir Leid... aber die ganze Zeit über hatte ich dich vermisst und wollte unbedingt zurück. Und als ich dann endlich meine Mutter dazu überreden konnte, nach Japan zurück zu kommen, hatte ich mir vorgenommen, dir etwas zu sagen. Ich wollte es dir schon längst sagen, aber... selbst ich werde mal nervös.“ Er musste etwas grinsen. Ich sah ihn immer noch fragend an. „Was denn sagen?“ „Komm Dei, lass uns einen Schneemann bauen.“ Sasori lachte und begann damit, eine Kugel aus Schnee zu Formen für den Schneemann. Deidara grinste und machte schon einmal die zweite Kugel. „Weißt du was, Deidara?“ Der Blonde sah zum Rothaarigen. „Was denn?“ Sasori grinste ihn an. „Ich hab dich lieb.“ Deidara lächelte. „Ich hab dich auch lieb, Sasori.“ Stille herrschte im Raum. Ungläubig sah ich Sasori an, der sich gerade ein wenig auf die Lippe biss. „W-Wie?!“ Weiter starrte ich den Braunäugigen an und konnte es einfach nicht glauben, was er da gerade gesagt hatte. „Ich... ich liebe dich, Deidara“, wiederholte Sasori noch einmal. Ich spürte die aufkommende Röte und sah schnell auf den Boden. „Es... es hat sich sehr viel verändert in diesen zehn Jahren, hm... Wir sind einigermaßen erwachsen geworden.“ Ich sah wieder auf und grinste ihn an. „Und aus dem „Ich hab dich lieb“ wird ein „Ich liebe dich“.“ Ich lächelte wieder. „Ich liebe dich auch, Sasori.“ Endlich waren Sasoris Augen länger als einen Augenblick lang nicht emotionslos. Eher im Gegenteil, sie strahlten regelrecht. Er lächelte glücklich, zog mich dann wieder auf die Beine und näher zu sich. „Aber diesmal waren wir nicht im Schnee spielen.“ Er grinste, genauso wie ich. „Das kann man gerne ändern, un.“ Ich nahm seine Hand und zog ihn hinter mir her Richtung Haustür. Ich hatte gerade die Türklinke heruntergedrückt, als Sasori mich wieder zu sich zurückzog, mich umdrehte und küsste. Ich war ziemlich überrascht und blinzelte ein paar Mal, bis ich die Situation endlich realisierte, leicht lächelte, meine Augen schloss und den sanften Kuss erwiderte. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich die ganze Zeit über Sasoris Spuren gefolgt bin... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)