Childhood Dream von DhalaElenaAngel ================================================================================ Kapitel 14: Verliebt -------------------- ‚... und da bin ich eben nicht zum Unterricht,’ gab Harry mit fahrigen Bewegungen seiner Hand zu. Er hatte geahnt, dass Dad erfahren würde, dass er mehr als sechs Stunden Unterricht geschwänzt hatte, doch es war ihm alles zu viel geworden, also war er mal wieder zu Norbert geflohen. Nun, wo auch noch der Winterball anstand, war es noch mal schlimmer geworden. Und Harry hatte auch nicht vor, dorthin zu gehen, auch, wenn die Teilnehmer des Turniers die Ehrengäste waren, von denen erwartet wurde, dass sie erschienen. Aber er konnte nicht mehr. Der Spott war immer schlimmer geworden und auch, wenn Ron sich zumindest in der Stunde seines Bruders nicht mehr traute zu hetzen. Aber immer wieder fand der neue Mittel und Wege, Harry zu verletzen oder bloß zu stellen. Kleber auf dem Stuhl am Frühstückstisch, verzauberte Heftzwecken, in die er getreten war, die auch noch ein Ravenclaw in die Dusche gelegt hatte. Wenn er schlief, dann nur in dem Quartier seines Vaters. Sirius seufzte leise. Remus und Severus, beide wenig begeistert, dass Harry den Unterricht nun mehr oder weniger seit einer Woche verweigerte, saßen auch da, hörten dem Jungen zu, der ihnen mit gesenkten Kopf einige Schikanen erzählte, wohl aber die Schlimmsten ausließ. Und so betrachtet sah er auch nicht gut aus, als habe er mal wieder abgenommen und er hatte Augenringe. Denn Remus hatte durchgesetzt, dass Harry zumindest unter der Woche im Turm schlafen sollte. Wohl auch etwas, dass nun sein Ende finden würde. Aber in allererster Linie war Sirius wirklich, wirklich sauer. Auf das, was man Harry wieder mal angetan hatte. Er sah, wie schlecht es dem Jungen ging, der ja eigentlich wirklich gern lernte. Doch nicht mal das schien noch Spaß zu sein. Nur noch Quälerei. Und der Kleine konnte noch nicht mal die Schule verlassen, wegen der strengen Turnierregeln. „Du bleibst ab jetzt wirklich hier,“ gab er daher zu wissen. „Hier wühlt niemand in deinen Sachen – und nach diesem Desaster nehme ich dich von der Schule.“ Überrascht sah Harry auf, seine Augen begannen schlagartig zu strahlen. „Wirklich?“, fragte er begeistert. „Ich... ich lern auch daheim und mach alle meine Abschlüsse mit! Ich...!“ „Ich weiß,“ lächelte Sirius, ohne auf den entsetzt wirkenden Werwolf und den verdatterten Tränkemeister zu achten. „Und da kann dir nicht wieder was passieren, was das Allerwichtigste ist. Was den Unterricht angeht – ich werde dafür sorgen, dass du die Hausaufgaben hierher bekommst, damit du die Prüfungen schaffst.“ Harry nickte, ließ sich erleichtert in dem Stuhl zurücksacken, auf den er gedrängt worden war. Da war er auch noch mal glimpflich davongekommen, denn er wusste nicht, ob er einen wirklichen Anschiss noch ausgehalten hätte, er war einfach müde und erschöpft und er fürchtete, einen Zusammenbruch hatte er nur nicht durchgemacht, weil die Zeit mit Norbert ihm doch etwas gegeben hatte. Vor Allem, als Charlie noch dazu gekommen war und mit ihm gespielt hatte. Er hatte den Anderen sogar beim Wettrennen ein Mal gewinnen lassen. Immerhin hatte er mit seinen Beinen doch einen Vorteil – vor allem, seit er durch Dad gelernt hatte, die auch zu koordinieren. Wobei...er würde Charlie vermissen, doch der blieb ja auch nicht in Hogwarts. Vielleicht... sollte er auch eine Ausbildung im Drachenreservat machen. Das wär auf jeden Fall was, das er sich vorstellen konnte, denn im Gegensatz zu Menschen konnte er mit Drachen regelrecht reden. Norbert nannte ihn immer eine Quasselstrippe, er würde schlimmer sein, als ein Weibchen. Und dass er als Mensch stumm war, mochte der Andere immer gar nicht glauben, weil er ja sonst immer viel redete. Sirius beobachtete Harry, der auf die letzte Frage nicht geantwortet hatte. Der sah ihn zwar an, schien aber in Gedanken ganz woanders zu sein oder zumindest zu müde, um dem Gespräch noch zu folgen. Der Jüngere hatte auch dunkel Augenringe, war also wieder mal nicht wirklich wach. Erst, als er seinen Sohn am Knie berührte, sah der ihn an. „Harry,“ sprach er leise. „Geh dich duschen und hier in dein Bett. Du bist ganz fertig.“ Erleichtert verschwand Harry, froh auf die Aussicht, wieder mal wirklich schlafen zu können und mit Erlaubnis seines Dads zu schwänzen. Sirius musterte Remus. „Fang gar nicht erst an, du hast ihn gesehen! Ich lasse nicht zu, dass sie ihn über dieses verdammte Turnier hinaus zum Idioten machen! Er ist nicht dumm und nicht wirklich eingeschränkt, nur, weil er nicht sprechen kann und ich sehe mir nicht mit an, wie er wieder zu einem Skelett wird, nur, weil er sich nicht traut, zu essen! Nicht in diesem Leben!“ „Ist es nicht etwas drastisch, ihn schon wieder von der Schule zu nehmen?“, fragte Severus. „Ich denke, das ist doch nur eine neue Flucht. Ist das wirklich gut?“ „Er hat sich gestellt,“ wand Sirius sofort ein. „Aber was bringt das, wenn so viele sich gegen ihn wenden?! Da kann er nicht gewinnen! Und ich lasse ihn nicht leiden! Ich hab es ihm versprochen! Fest versprochen! Und ja, ich nehme ihn von der verdammten Schule! Wir haben es doch immer wieder gesehen! Es bringt nichts! Jedes Jahr hat es Probleme gegeben! Das lasse ich nicht weiter zu!“ Remus schüttelte einfach nur den Kopf. Er wusste nicht, was sie noch tun sollten und warum es so große Probleme gab. Strafarbeiten, Entzug von Punkten und Privilegien, nichts schien diese Kinder zu stoppen. Es war, als wären sie manisch. Daher war er, bei genauem Überlegen, nicht mal so wirklich dagegen, Harry wieder nach Haus zu lassen, so ungern er es sich eingestand. Doch hier war die Gefahr für das Kind, für den Jugendlichen zu groß und somit war ein Mitglied seines Rudels in Gefahr. Alles, was dazu diente, das Rudel zu schützen, war gut. Der Ball. Charlie hatte diese gesellschaftlichen Anlässe schon zu seiner Zeit nicht gemocht, weswegen er sich rausgeredet hatte. Er wollte lieber zu Norbert oder so. Die ruhige Nacht genießen. Wenn er etwas nicht ertrug, war es, wie sein Bruder versuchte, den Punsch mit Alkohol zu versetzen. Denn wo die Zwillinge intelligent und einfallsreich vorgingen, war Ron plump und Ginny... wirkte in ihrem neuen Kleid, von dem er auch nicht wusste, wo es herkam, wie eine billige Nutte aus der Nokturngasse. Nein, das wollte er nicht sehen. Er wollte verdrängen, wie weit es mit seiner Familie schon gekommen war. Vor Allem, da Ron Harry Black inzwischen so weit getrieben hatte, dass der Junge sich nur noch dann raus traute, wenn die Schüler Alle im Unterricht waren, aus Angst vor weiteren Nachstellungen, die auch immer drastischer wurden und mehr als ein Mal war es nur den Zwillingen zu verdanken gewesen, dass es einigermaßen knapp ausgegangen war. Zwei Mal waren sie sich sicher gewesen, dass Ron sogar versucht hatte, Harry einen Portschlüssel oder so was unterzujubeln, weiß Merlin, wohin, aber sicher wäre es da bestimmt nicht gewesen. Weswegen er den Jungen auch besonders im Auge behielt. Nun, aber im Moment überließ er das Snape und dessen Zorn, der sicher dafür sorgen würde, dass Gryffindor am Ende des Jahres das erste Mal seit Gründung im Minus aus dem Schuljahr gehen würde und der es schaffen würde, dass Ron außer schlafen, lernen und essen nicht mehr wirklich was machen durfte. Es klang vermutlich nicht nur albern, sondern schlichtweg falsch, dass er, ein Erwachsener, Harry im Unterricht vermisste. Sicher, der Junge sagte nie was, war immer still, doch er war auch immer da gewesen, unverrückbar, mit einem freundlichen Lächeln für Jeden und eine Engelsgeduld mit den magischen Tieren. Und jetzt verschanzte Harry sich den gesamten Tag, ohne sich sehen zu lassen. Nur während der Stunden oder abends, wenn die Anderen beim Essen waren ließ er sich blicken. Draußen, am See. Wo er nun stand. Allerdings erschrak er, als auf ein Mal... „Norbert! Bist du wahnsinnig? Wie zum Teufel bist du aus dem gesicherten Gehege raus gekommen?!“ Merlin, hatte er etwa vergessen, die Zauber...? Nein, ganz sicher nicht! Dann aber stockte er, als ein weiterer Kopf strotzend auftauchte. Und zwar so, als wäre derjenige nicht freiwillig im Wasser. Und selbst, wenn es für Drachen unmöglich sein sollte, wischte er sich mit den Vorderpfoten empört die Augen, schien auf Norbert einzuschreien und irgendwie wusste er, wer den großen Drachen aus dem Gehege gelassen hatte, wie auch immer ihm das gelungen war. Nun ja, im Grunde war nichts passiert, da die Beiden wohl nur ein mehr oder weniger freiwilliges Bad zu nehmen schienen und Keiner von ihnen hatte auch nur versucht, das Grundstück zu verlassen, wobei er sich wirklich fragte, wie der Blaue es immer wieder schaffte, abzuhauen. Oder nie erwischt oder gesehen zu werden. Jeden Tag las er die Zeitungen, fragte Kollegen, aber nie hörte etwas von einem frei fliegenden Drachen. Der Kleine musste ungewöhnlich intelligent sein. Langsam näherte er sich den Beiden, beobachtete amüsiert, wie Norbert den Unbekannten anstupste. Wo er es eben noch verdammt eilig gehabt zu haben schien, aus dem Wasser zu kommen, schien er nun kurz davor, den Rückwärtsgang einzulegen. Was aber dank Norbert irgendwie nichts wurde. °Norbert! Ich erzähl dir nie wieder was!° Der Drache stieß einen amüsierten Laut aus. °Geh zu ihm und zeig ihm, wer du bist, du Dummi, du kannst keine Antwort erwarten, wenn er nicht Bescheid weiß! Er mag dich, das rieche ich!° Er fand es zwar immer ganz lustig, wenn die Beiden umeinander herum tanzten, doch er wollte auch helfen, einfach, weil Harry Jemanden brauchte. Er wusste, er würde in die Kolonie zurückgehen, mit Charlie. Aber da war auch eine Schule für die Kinder von denen, die im Reservat arbeiteten – oder für Hochbegabte, die früh lernen sollten, mit Drachen umzusehen. Und Charlie konnte sich um den Menschen in Harry kümmern, sowie um den Drachen. °Ich will nicht! Und ich hab dir auch gesagt, warum! Als Mensch würde er nie....!° °Unsinn! Das kannst du nicht wissen, bevor du gefragt hast,° wiederholte Norbert, der den sich sträubenden Jugendlichen bis zu Charlie geschoben hatte, wo der mit einem abfälligen Geräusch im Gras landete. Und weiter schmollte. °Ich bin ihm viel zu jung und... das wird sicher nie was! Das weiß ich! Sein Bruder hasst mich, seine Schwester will mein Geld und das war es dann auch schon!° Norbert sagte nichts mehr, er beschränkte sich darauf, sich die Pfote vor die Augen zu schlagen. Manchmal war Harry so dumm, wie er schlau war. Aber gut, das würde sich auch noch geben, da war er sich sicher. Er beobachtete, wie Charlie wieder auf den Jüngeren zuging, ihn streichelte. „Hast du dir Norbert einfach aus dem Käfig geholt, um mit ihm schwimmen zu gehen?“, fragte er leise. „Na, wenigstens hast du es gemacht, als niemand es sehen konnte.“ Er machte dem Großen ein Zeichen. „Kommt, ich muss zumindest Norbert weg bringen, wenn euch hier Jemand sieht, dann ist die Hölle los und wie ich zwei Drachen erklären soll, weiß ich wirklich nicht.“ Er war erleichtert, dass Beide ihm folgten, zumindest bis zum Waldrand. Als er sich das nächste Mal umsah, war der Blaue einfach wieder verschwunden. Er seufzte etwas. „Wo ist dein kleiner Freund wohl nun schon wieder hin? Hm?“, er strich über Norberts Schnauze. „Aber da hast du dir wirklich einen hübschen Gefährten gesucht. Auch, wenn ich überrascht bin, dass du dir ein Männchen gesucht hast...“ Was?! Entsetzt starrte Norbert Charlie an. Waren dem Menschen ein paar Hirnzellen verbrannt? Hatte er Flubberwürmer pur gegessen? Was sollte er denn mit Harry anfangen?! Im Gegensatz zu Charlie stand er auf Weibchen! Und zwar nur auf Weibchen! Nicht, wie der Rotschopf, der sich mit Beidem die Zeit vertrieb! Er verschluckte sich, hustete schockiert, bis er es wieder im Griff hatte. Toll! Menschen! Er ließ sich wieder in sein Gehege bringen, legte sich kopfschüttelnd auf sein Strohlager. Na, da war er ja gespannt, wann diese beiden Torfköpfe endlich mal hinter das kamen, was so offensichtlich war... Kopfschüttelnd sicherte Charlie das Gatter – dieses Mal mit einigen weiteren, scharfen Sprüchen, bevor er zurück auf das Schloss zuging – und stockte. Das war schon die zweite Zufallsbegegnung an einem Abend. Er sah den Jugendlichen an der Nähe von Hagrids Hütte. Harry saß da und sah irgendwie verloren aus. Es war das erste Mal seit der ersten Aufgabe, dass er den Jungen wiedersah. Denn der hatte nach dem Ausbuhen offensichtlich den Unterricht verweigert. Bei allen Lehrern, auch bei Lupin und Snape. Aber Niemand sagte etwas. Man hielt es für besser, wenn Harry in dem Quartier blieb, in dem sein Vater während des Turniers auch leben würde. Denn es sah leider nicht so aus, als würde man ihn einfach nicht in Ruhe lassen – allen voran immer noch sein Bruder. Nicht mal der Heuler seiner Mutter hatte ihn abgeschreckt, im Gegenteil, Ron hatte geschrien, dass er lieber gar keine Familie habe, als die, die nicht sah, wie falsch der Junge wäre, den er immer quälte und dass sie einen politisch falschen Weg gehen würden. Als hätte Ron auch nur die geringste Ahnung von Politik! Der kleine Idiot redete, als wisse er Alles, als würde er aus einem heiligen Buch zitieren und sein Gott hieß offensichtlich Dumbledore. Verblendeter, leichtgläubiger dummer Junge! Harry wusste, er musste sich absetzen, das hatte er getan, als Charlie gerade mit Norbert beschäftigt war. Statt den Anderen zu folgen, war er in seinen Körper zurückgemorpht und hatte sich zu Hagrids Hütte verzogen. Der Halbriese tanzte da drin mit einer der französischen Lehrerinnen, da war er sich sicher, also würde man ihn nicht stören. Dass der Rotschopf ihn sehen würde, glaubte er nicht. Denn es war ein Umweg über die Hütte zum Schloss zu gehen. Er wollte draußen bleiben und etwas nachdenken. Er konnte nur noch selten raus. Entweder waren draußen Andere, oft bis in den späten Abend oder er hatte einfach keine Zeit. Und rausgehen, wenn Jemand da war... das letzte Mal hatten Kinder, die neu Eingeschulten, ihn mit Eiern beworfen. Was hätte er tun sollen?! Sie schlagen? Was machte das für einen Sinn? Dann vergrub er sich lieber hinter seinen Büchern, lernte schneller und schloss die Schule schneller ab. Wie es dann sein würde, wusste er nicht. Aber noch hatte er ja Zeit, sich zu überlegen, was er machen wollte. Zumindest etwas mit Schlangen oder Drachen. Denn mit denen konnte er sprechen. Oft verstanden sie ihn sogar wie es sonst nur Dad tat. Der Gedanke, in England zu bleiben, fiel ihm immer schwerer. Er wusste, Dad hatte Mary und seine neue Stellung, die ihm gefiel. Doch er... er würde dank Ron immer ein Fremder sein. Die Narbe auf seiner Stirn und seine Sprachlosigkeit machten ihn hier zu einem vollkommenen Außenseiter. Und im Moment sah Harry keine Veränderung. Das, was ihn hier hielt, war sein Dad... „Harry,“ sprach Charlie den Jungen an, der ihn nicht zu sehen schien, obwohl er schon eine Weile direkt im Blickfeld des Jungen stand. Hatte er etwa die Drachen gesehen? Nein, dann wäre er vernünftig genug gewesen, Jemanden zu holen und würde nicht so friedlich hier sitzen. Nun, der Junge schien tief genug in Gedanken zu sein, um nicht mal zu merken, wenn neben ihm eine Granate in die Luft gehen würde. Erschrocken sah Harry auf. Was? Weasley hatte ihn doch gefunden? Warum war er nicht einfach weiter gegangen, wie die Meisten es taten? Selbst Lehrer taten es! ‚Sir?’ fragte Harry vorsichtig durch seine Sprechblase. Die meisten Lehrer verstanden keine Zeichensprache und der Zauber war für ihn eine Selbstverständlichkeit, die er eigentlich nur noch ablegte, wenn er bei Dad oder Remus und Severus war. Charlie lächelte etwas: „Ich verstehe auch Zeichensprache,“ erklärte er, bewegte dabei seine Hände. Es sah ein wenig holzig aus, doch es war durchaus gut verständlich. Sein stummer Kollege hatte ihm viel beigebracht, ihm für Einiges die Augen geöffnet. Auch, wie sinnvoll Zeichensprache sein konnte, wenn die Drachen in der Brunft brüllten und man sich verständigen musste. Überrascht hob Harry seinen Blick. Das hatte er nicht erwartet. Er sah kurz auf, in dessen Gesicht, dann aber wieder auf die starken Hände, die mit ihm reden konnten. Er wollte den Anderen nicht ansehen, aus Angst, was er verraten könnte, denn in einem hatte Norbert Recht – er war Hals über Kopf verschossen. Nur half das nichts. Selbst, wenn er es gestehen würde, wer würde ihn schon für voll nehmen? Es würde sein, wie mit Remus, der ihm immer vorhielt, dass er nur ein Kind war, dass er nicht wusste, was das Beste für ihn war. Und dass das nur eine Schwärmerei sein konnte. Doch Harry kannte sich besser, er war anders, er fiel immer aus der Reihe. Denn er hatte früh gelernt, wie das Leben sein konnte und nur zu gut erinnerte er sich an die Angst, wenn er allein in dem Schrank gesessen hatte, wartend, bis der dicke Mann kam, um ihn anzuschreien. Er hatte gelernt, Dinge nicht für selbstverständlich zu nehmen. Und sich nicht von kurzen Stimmungen beherrschen zu lassen. Darum wusste er, dass es ihm ernst war. „Warum bist du nicht im Saal, wie alle Anderen?“, fragte Charlie freundlich, bevor er sich neben den Jüngeren setzte. Es war eigentlich ziemlich kalt, doch Harry saß da nur in einer Jeans und mit Pullover, einen Wärmezauber konnte er auch nicht feststellen. „Es ist doch viel zu kalt hier draußen.“ ‚Ich... bin gern hier, hier ist es so schön still,’ gab Harry zurück, dieses Mal mit den Händen, dann sah er in den Himmel, der sternenklar war. Ja, ihm war etwas kalt, doch das war ihm auch so ziemlich gleich, wenn er ehrlich sein sollte. Er wollte die Zeit, die er hier draußen hatte, genießen. ‚Außerdem bin ich da nicht erwünscht. Ich bin nicht dumm, ich will nicht, dass wieder was passiert.’ Charlie seufzte etwas. Das war harmlos ausgedrückt. Der Junge war wirklich vorsichtig. Er hob Harrys Kinn etwas, sah in die grünen, strahlenden Augen, die meist unter dem etwas längeren Pony versteckt lagen. „Es tut mir Leid, dass meine Geschwister sich so benehmen. Sie begreifen nichts und wollen auch nichts sehen. Sie wissen nicht, wie das große Bild aussieht, wollen sich wichtig machen. Ich habe versucht, das, was sie tun, zu unterbinden, aber da bin wohl nicht nur ich gescheitert...“ Harry lächelte nur traurig. Er zuckte mit den Schultern, wollte nicht über das diskutieren, was schon geschehen war. Denn das war um Einiges mehr, als er Dad oder Irgendwem sonst erzählt hatte. „Du willst nicht mehr hier bleiben, oder?“, fragte Charlie sehr direkt. Harry schüttelte den Kopf. Nein, er wollte nicht bleiben, nicht in Hogwarts, nicht in England. Er würde warten, bis er sicher war, dass sein Dad gut versorgt war, dann würde er eine Ausbildung irgendwo machen, wo Dad ihn oft besuchen konnte, aber wo er endlich etwas Ruhe finden konnte. Ein Ort, wo nicht der erste Blick von Jedem der Narbe auf seiner Stirn galt. „Weißt du schon, was du machen willst? Du bist begabt im Umgang mit magischen Tieren. Hast du schon mal an so was in der Richtung gedacht? Im ersten Schuljahr musst du auch sehr gut mit Norbert umgegangen sein. Es wundert mich, dass du ihn noch nicht besucht hast, zumindest hab ich dich nicht gesehen.“ ‚Ich war da,’ gestikulierte Harry. ‚Als die Anderen im Unterricht waren.’ Das war immerhin keine Lüge. Er mochte den Älteren nicht anlügen. Er war sich nicht mal sicher, ob er das gekonnt hätte. ‚Und... ich hab schon an so was gedacht. Arbeit mit Tieren. Gerade mit... mit Drachen,’ erklärte er weiter. ‚Drachen oder andere Reptilien. Mit denen komm ich meist ganz gut klar.’ „Du kannst auch sehr gut mit anderen Tieren umgehen,“ gab Charlie zurück. „Du wärest zu vielen Dingen geeignet. Aber Drachen sind eine gute Wahl. Ich könnte mir vorstellen, dass mein Boss dich in ein Auswahlprogramm lassen würde.“ Er war lächerlich begeistert, als in dem Moment ein Strahlen über die grünen Augen glitt. „Ich kann keine Zusagen machen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Chef, wenn er sieht wie du mit Tieren umgehst, dich gern ausbilden würde. Wenn es das wirklich ist, was du möchtest.“ Charlie war etwas irritiert, dass der Junge seinem direkten Blick auswich, doch er ließ es durchgehen. Vorerst. Darüber konnte man zu einem anderen Zeitpunkt sprechen. Harry lächelte wirklich. Das war mehr als er erhofft hatte, vor Allem aber war es eine Chance, England zu entkommen, bis die Leute hier ihr Hirn wiederfinden würden. ‚Ich würde das gern tun,’ erklärte er. „Dann rede mal mit deinem Vater drüber,“ lächelte Charlie und am liebsten hätte er dem Anderen durch die Haare gewuschelt, doch das war wohl kaum angebracht. Der Junge war wesentlich jünger als er selbst! Verdammt noch mal, er sollte mal wieder in eines der Freudenhäuser in der Nokturngasse, wenn er es so nötig hatte, dass er schon Kinder die kaum in der Pubertät waren, begaffte! Harry nickte. Ja, das war doch eine Lösung! „Gut, und wenn du das geklärt hast, du weißt ja, ich wohne bei Norbert. Du kannst einfach kommen und mir bescheid sagen. Aber jetzt solltest du wirklich rein gehen, du bist schon ganz kalt...“ ‚Ich... ich möchte noch etwas bleiben,’ gestikulierte der Grünäugige. ‚Ich... komm nicht mehr so oft raus und da...’ Charlie seufzte etwas. Harry so stehen zu lassen war unverantwortlich. Es war richtig kalt, doch er verstand auch, dass der Kleine die wenige Freiheit die er hatte, etwas genießen wollte. Schnell streifte er seine Jacke aus. Nicht irgendeine Jacke, sondern die Drachenzähmerjacke, die er eigentlich nie aus der Hand gab. Er legte sie Harry über die Schultern. Ein einfacher Wärmezauber hätte es vermutlich auch getan, doch er wollte dem Grünäugigen etwas geben. „Gib sie mir irgendwann zurück,“ lächelte er, wuschelte doch durch die Haare seines Schülers und machte sich auf den Weg in seine Hütte. Verdattert starrte Harry dem Älteren hinterher, ließ seine Arme in die weiten, immer noch herrlich warmen Ärmel gleiten. Erst jetzt merkte er, dass es wirklich ziemlich kalt war, doch mit der Jacke ging es. Er lächelte, kuschelte sich in die Jacke ein. Sie roch nach dem Älteren, den er so bewunderte. Kurz atmete er durch, lehnte sich wieder an den Baumstamm. Ja, er war Hals über Kopf verschossen... Remus hob eine Augenbraue. Er beobachtete Harry, der gerade am Fenster saß und nach draußen blickte. Der Jüngere hatte gerade mit ihm Verteidigung beendet und um eine Pause gebeten, was kein Problem war, da Harry mehr als gut in seinem Stoffbereich lag. Er war im Grunde den Meisten zwei Klassen voraus. Doch seit zwei Wochen wollte Harry immer um dieselbe Zeit aus dem Fenster starren. Doch langsam ahnte er auch, warum. Es war die Zeit, in der Charlie praktisch direkt vor dem Fenster Harrys alte Klasse unterrichtete. Zuerst hatte Remus wirklich gedacht, der Junge sei in eine Gleichaltrige verliebt, doch er war auch immer noch sitzen geblieben, auch, wenn die Schüler wieder weg waren. Und je mehr Kleidung der Rotschopf sich auszog umso mehr strahlten die grünen Augen. Harry hatte sich in einen Lehrer verliebt. Richtig. Er schwärmte nicht für den Anderen, es war mehr und er vermutete auch, dass der Junge seine ungewöhnliche Animagusform nicht nur nutzte, um wie er es Allen, auch seinem Vater sagte, mit Norbert zu spielen, sondern auch um sich einige gemeinsame Minuten mit dem Anderen zu stehlen. Etwas, das er sich normalerweise nicht trauen würde, denn eine gewisse, krankhafte Schüchternheit würde der Kleine wohl nie überwinden. Auch, weil er sich selbst nicht hoch schätzte dank dem, was man ihm immer erzählte. Er selbst war misstrauisch, was diese Schwärmerei und Verliebtheit anging, doch andererseits musste er sagen, dass Harry eigentlich recht vernünftig war und wusste, was er wollte. Und er konnte manchmal sogar riechen, wie ernst es Harry mit dem war, was er offensichtlich für den Rotschopf zu empfinden schien. Er musste mal mit Severus und Sirius reden, was man da machen konnte oder sollte, denn ihm war auch die Lederjacke aufgefallen, die Harry trug, wenn er abends, während die Anderen in der großen Halle aßen, nach draußen schlich. Eine Jacke mit dem Logo des Drachenreservats in Bulgarien. Es war nicht schwer zu erraten, von wem er die hatte, da man die nicht kaufen konnte, die wurde einem verliehen. Es würde ihn nur wirklich interessieren, wie zum Henker Harry den Anderen dazu bekommen hatte, sie ihm zu geben! Was nur bedeuten konnte, dass das, was Harry fühlte, nicht einseitig war. Was ihm noch mehr Sorgen machte. Denn Charlie war älter, als der Junge – viel älter und sollte es besser wissen – andererseits – man konnte nicht steuern, in wen man sich verliebte. Bei ihm war es sein ehemaliger Schulfeind, bei Sirius die Therapeutin seines Sohnes. Was ihm Sorgen machte, war einfach, wie jung Harry war – immer noch. Doch wenn der Junge sich sicher war – dann hatte auch die Magie entschieden. Dann hatten sie alle kein Recht, sich einzumischen. Was für Sirius nicht leicht sein konnte. Er musste sich wohl von dem Sohn trennen, den er so liebte, zumindest bis auf einige Besuche. Er ahnte, dass Harry mit dem Gedanken spielte, den Rotschopf ins Ausland zu begleiten. Er hatte Broschüren für eine Ausbildung im Drachenhort entdeckt... „Harry, sag mal, weißt du schon, was du mal machen willst?“, fragte er den Jüngeren schließlich. „Du lernst wie ein Besessener, wenn du nicht gerade wieder mal für Stunden spurlos verschwindest.“ Harry wandte sich um. Aber auch nur, weil Charlie gerade das Unterrichtsgatter verlassen hatte und damit aus seinem Blickfeld verschwunden war. Der Ältere hatte ihm zu Weihnachten die Lederjacke geschenkt, mit der er so oft rum lief – und ihm Broschüren gegeben, die er Dad geben konnte. Und allein die Frage ließ ihn ahnen, dass ihm wohl zumindest einer auf die Schliche gekommen war. ‚Was mit magischen Tieren...’ „In dem Drachenhort, wo der Lehrer her kommt, den du von hier aus am liebsten mit den Augen ausziehen würdest?“ Schlagartig wurde Harry feuerrot, nickte allerdings. Er ahnte, dass Remus es so ähnlich wahrnehmen musste, wie Norbert, das hatte er ihm zumindest erklärt. „Du weißt, dass er älter ist, als du? Dass er...?“ ‚Das ist mir egal!’ „Das hatte ich befürchtet...,“ murmelte Remus nur, hob denn Harrys Kinn. „Hast du ihm das überhaupt schon mal erzählt?“ Da musste Harry den Kopf schütteln. Seit Weihnachten hatte er gar nicht mehr mit Charlie geredet. Ein paar Mal war er bis zu dessen Hütte, hatte sich aber dann in einem Anfall von aufkommender Panik in einen Drachen verwandelt und war zu Norbert geflüchtet, der inzwischen selbst ziemlich entnervt war, da er das hin und her Leid war. Der Drache versuchte immer wieder, ihn aus der Reserve zu locken, doch Harry fand bisher jedes Mal wieder einen Weg, sein Geheimnis zu bewahren. „Weißt du, wenn du nicht mit ihm redest, kannst du keine Antwort erwarten. Oder ist es das, was du fürchtest?“ Wieder nickte Harry nur. Er war schon früher nicht der beste Gesprächspartner gewesen, aber gerade jetzt machte er noch weiter dicht. „Harry, er hat dir seine Jacke überlassen. Und das ist nicht Irgendeine. Ich denke, du bist ihm alles, aber nicht egal. Auch wenn er sich schwer tun wird, immerhin bist du sein Schüler. Das denke ich, ist der Grund, warum er noch nichts gesagt hat. Rede mit ihm, Welpe. Sonst wirst du nie eine Antwort bekommen.“ Harry nickte, er wusste, dass er dabei war, vielleicht seine große Liebe weggehen zu lassen, doch er war nicht mutig, er war kein Löwe, er war kein Gryffindor. Er war ein Ravenclaw, der viele Probleme verdrängte, indem er begann, wie manisch etwas zu lernen. Hosted by Animexx e.V. 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