Die Wirkung der Unsterblichkeit von p-chan13 (Alec's Leben) ================================================================================ Kapitel 1: Harmonie des Verderbens ---------------------------------- Capter 1: Harmonie des Verderbens Im rosigen Gesicht des Jungen war schon ein leichter Anflug von Panik zu erkennen, kaum da seine Schwester zwischen den gut 40 cm hohen Grashalmen abgetaucht. Doch als er ihren braunen Haarschopf herausragen sah und schließlich ihren ganzen Kopf und den zierlichen Körper da sie sich aufrichtete verschwand dieser seite Anflug von Panik und das Lächeln gewann den Kampf gegen die besorgte Miene. Das sattgrüne Frühlingsgras drückte sich unter seinen Schuhen an die Erde und richtete sich dahinter etwas ermattet, dennoch ohne seine gesunde Farbe verloren zu haben wieder auf. Mit leichten weiten Schritten gelangte er zu seinem Zwilling und ließ sich leicht federnd neben ihr herab sinken und lehnte sich dabei mit dem Rücken gegen den starken Stamm der hundertjährigen Eiche. Alec legte den Arm um Janes Schulter, als sie den Kopf an seine Brust bettete. Und obgleich die Ruhe dieses Tages und die Stimme seiner Schwester, die so engelsgleich sein Ohr verzückte und ihn etwas milde stimmte, so wusste er doch um ihr schrecklich Schicksal das sie um jede unbewachte Ecke ereilen könnte und ja Gott, er fürchtete sich. Fürchtete nicht um sein Leben, sondern um ihres. Er sah das Dorf, ihrer beider Heimat. Zuerst die ruhige frühe Kindheit Mutter und Vater und das Schloss indem sie beide aufgewachsen waren. Mutter war so schön gewesen, bis zu dem Tag da der Krieg Vaters Leben forderte. Lange verkauft Mutter den Besitz, doch Schließich blieb gar nicht und sie hatten vor den Schuldnern fliehen müssen. In der kleinen Hütte im Wald, die sie nun ihr zu Hause nannten war der Frieden dünn gesät. Die Mutter liebte Jane und Alec, doch auch sie vermochte es nicht die beiden vor den scharfen Zungen der von den Priestern aufgehetzten Bürger zu retten. Dem Volke nach sei das Adelsgeschlecht ob der Geburt der beiden verflucht und sie alleine trügen Schuld am Unglück ihrer Eltern. Nichts davon entsprach handfesten Quellen doch der Pöbel war so leicht zu bannen und leicht entflammbar für abnormale Gerüchte. So kam es immer öfter zu Handgreiflichkeiten, wenn die beiden in die Stadt kamen und auch außerhalb, wenn sie auf Reisende trafen. Außerdem hatte der Dorfpriester ihnen in einem eklatant unhöflichen Schreiben den Einlass in die Kirche verwehrt. Nicht dass es die Zwillinge gesondert interessiert hätte, denn sie waren dem Glauben zwar nicht abgeneigt, legten jedoch auch keinen besonderen Wert darauf. Mit all diesen Sorgen schlief Alec jeden Abend ein und jeden Abend hoffte er auf Lösung und verfluchte die Peiniger. An einem besonders schwarzen Tag für sie beide waren sie auf dem Marktplatz von zwei ungehobelten Händlern mit Tomaten beworfen worden, da hatte er zum ersten und einzigen Mal die Stimme erhoben. "Ich verfluche euch, euch und euren von von Selbstzweifel herrührenden Hass gegenüber Schwächeren." Seitdem waren die Übergriffe nur noch schlimmer geworden. Nun besann er sich wieder Janes noch unbeantworteter Frage und versuchte in Gedanken eine Antwort zu finden, die schonend beigebracht möglichst nah an der Wahrheit lag. "Ich kann die Brücke noch nicht sehen, die uns mit den Anderen verbindet, ich sehe noch nicht einmal das andere Ufer. Um einen so reißenden Fluss zu überqueren bedarf es mehr als einem knarrenden Floß aus lose zusammengeschnürten Stämmen.", mit fühlbarer Melancholie in der Stimme betrachtete er das vollkommene Gesicht seiner Schwester, blickte in den Ozean aus dunklem blau ihrer Augen. "Meine Sorge galt stet nur dir und Mutter, aber ich fürchte ihre zerrissene Seele wird dem nicht mehr lange standhalten. Jane, das, was am Himmel leuchtet ist nicht der gleißende Sonnenaufgang, es wird alsbald der wütende Pöbel mit Fackeln, Gabeln und Hass im Herzen sein, dem wir uns unausweichlich ausgeliefert sehen. Doch können wir ob Mutters Zustand nicht fort von hier." Jane blickte verstört drein, erwiderte jedoch nichts. Seine Worte, das wusste er beruhigten sie stets, doch in diesem Monolog waren Trost und Hoffnung verflogen. Alec atmete hörbar aus. Er versuchte alles zu verarbeiten, eine Sicherheit zu finden sie zu retten und erschrak dabei immer wieder über sich selbst. In Gedanken kalkulierte er stets nur für Jane und sich, Mutter blieb außen vor. Hatte sein scharfer Verstand sie schon aufgegeben? „Demnach ist es so.“, flüsterte er seiner selbst in Gedanken zu. Er dachte an die Dorfbewohner, wie sie sich einfach von einem zwielichtigen angeblichen Mann Gottes leiten ließen und konnte ihnen trotz dieser kindlichen Naivität nicht weiter als einen grausamen Tod wünschen. Am besten und das stand fest, durch seine eigene Hand. Doch die Zeit zu Handeln könnte näher sein, als Jane dachte. Die letzte Nacht hatte er sich aus dem Haus gestohlen, er hatte sich von den Schlaflagern der Mutter und Schwester abgewendet, natürlich nicht ohne vor ihnen niederzuknien, ihre Wangen zu streicheln und ihnen die schlampig gewebten Decken und Felle bis ganz an den Hals heran zu ziehen. Er betete, nicht zu Gott, Richtung seines eigenen Glückes, das ihm einem sicheren Weg bescheren sollte, nicht um seiner selbst willen, sondern nur um Jane noch länger beschützen zu können und der Mutter auf ihrem letzten Weg die Hand zu halten. Schließlich war er davongeschlichen, zum Dorf. Er war gefährlich, ja aber dennoch sein allwöchentlicher Pfad um die Machenschaften des Priesters ein wenig zu beleuchten und gerade an jenem Tag hatte eine große Versammlung in der Kirche stattgefunden. In dem hohlen Aufsatz eines Altares hatte er ganze zwei Stunden ausgeharrt und dann endlich war die gesammelte Mannschaft in die Kirche getreten. Schlagartig wurde scheinbar der Steinboden unter seinen Knien kälter und kälter und dann trat der Priester auf die Kanzel hinauf und richtete den eisigen Blick einen Moment lang genau auf sein Versteck, dann ins Volk. „Brave Bürger, Männer dieser Stadt, ihr wisst warum ich euch heute zusammenrief.“ Ein Raunen ging durch die Menge und wie hypnotisiert starrten sie zum Priester hinauf. „Es ist eine Sünde, die es sich erlaubt mitten unter uns zu weilen, ja Hexen! Hexen leben einfach so unter unschuldigen Bürgern und üben ihre übermenschlichen Fähigkeiten auf euch alle aus! Irgendwann werden sie aus dem Wald herausbrechen und mit ihrem dunklen Herrscher und ihrer Mutter der Hure wie eine schreckliche Pest über unser Dorf kommen. Und dies wird der Untergang und alle die ihr lebt werden vor euren Augen grausam gemeuchelt werden!“ Wieder ein Raunen und panische Gesichter. „Hat was von Lämmern auf der Schlachtbank.“ Alec lächelte, doch dieser winzige Scherz sollte ihm sofort darauf im Hals stecken bleiben. „Tötet sie, ich sage tötet die Hexen und ihre Schlampe von Mutter!“ Einvernehmliches Murmeln war zu hören und der Priester setzte zu seinem finalen Schlag an. „Morgen, wenn die Nacht hereingebrochen ist, werden wir dem Spuk ein Ende setzen! Bewaffnet euch mit allem, was ihr in die Hände bekommt, nehmt Mistgabeln und vergesst die Fackeln nicht. Wahrlich ich sage euch, ohne sie wird unser Dorf wieder zu neuem Leben erwachen, alles wird frisch und stark erblühen!“ Wie benommen war Alec weitere 3 Stunden später, als sich der Pöbel verzogen hatte aus der Kirche getaumelt, die Hand vor den Mund gepresst. Er hatte nicht einen klaren Gedanken fassen können, war nach Hause gerannt und hatte sich bis zum Morgengrauen auf seinem Lager rumgewälzt. Nun rang er sich ein Gähnen ab, versuchte es aber zugleich mit der Hand zu verstecken. Sie musste es erfahren, doch was zum Henker sollten sie tun. Er konnte ihr unmöglich ohne einen Auswegplan diese Höllenstory auftischen. aber Fakt war, es betraf sie und deswegen räusperte er sich bevor er begann, in akribischer Genauigkeit die Geschehnisse von letzter Nacht zu schildern. Überall, wo er auch ging stand, lebte oder gar im Strom seiner Gedanken zerknirscht vor sich hintrieb. Ganz gleich was ihm gerade zermürbende Phantasien in seinen Schädel pflanzte. Die Tatsache das Jane als Mittelpunkt seines Kosmos durch diese unwürdige Welt schwebte beglückte Alec zu aller Zeit und dennoch hielt er sie natürlich für viel zu gut, zu wunderschön als das jemand ganz gleich welcher Art den Wert besaß in ihre schillernd blauen Augen zu sehen und nur ein Bruchteil dessen zu fühlen das er für sie empfand. Was für ein schlechter Witz das diese leuchtende Kugel am Himmel jeden Tag aufs neue Licht in die Herzen der Menschen pflanzte, vielmehr war sie, die Reinheit selbst es. Das lästige rote Ding dort oben vermochte niemals mit dem Strahlen der geliebten Schwester mitzuhalten und dennoch bezichtigten diese Unwürdigen eklatant schmutzigen Kreaturen sie als Hexe, Braut des Satans. Das konnte er ihnen nicht verzeihen und würde es auch niemals, egal was die Schwärze dieser besonderen Macht noch bringen würde. Seine Jane, eine Hexe war es nicht generell blanke Volksverhetzung, die diesen Begriff prägte. Alec bezweifelte das unter 1000 im Feuer Niedergestreckten auch nur eine wirkliche Zauberin weilte. Und nun da man sie doch in eine Schublade festnageln wollte wieso konnte es nicht ein anderer Pfad sein? All das Leid, der erfahrene Schmerz wurden bedeutungslos da sich Alec nun an das Leben in den sicheren Mauern von Caldwell Castle, das vorgereckter Brust seines Vaters ganzer Stolz gewesen. Obgleich ein sanfter Nebel die Erinnerungen verhüllte, legte sich sogleich eine Wärme um sein Herz, die ihn zuerst völlig erstarren ließ und dann zurücktrug, in einen sagenhaft schönen Blumengarten, der trotz der hohen Mauern die ihn umgaben so frei und ungezwungen wirkte das es eigentlich nur ein künstlich Werk zu sein vermochte. Doch er erinnerte sich noch viel weiter zurück, reiste scheinbar Jahrhunderte in die Vergangenheit. Alles war so unwirklich und kein Vergleich zum heutigen Hausen in diesem Schuppen in der Nähe des Dreckloches von Dorf. Selbst in Gedanken rümpfte der Jüngling die Nase, als könne er durch den Traum hindurch all die Gerüche des ihm so verhassten Ortes wahrnehmen, Dreck, den die Bewohner einfach auf die Straße kippten, die Rinnsale aus Pisse und anderen Exkrementen, die sich in kleinen Strömen in den Zwischenräumen der Häuser sammelten und schließlich den örtlichen Bach verpesteten. Aber das Schlimmste war die Naivität der Menschen, welche nun drohte in rohe Gewalt zu transformieren. Und davor, ja davor fürchtete sich Alec. „Was für ein unnützes Gefühl.“, murmelte er noch und schon entschwebte er Kilometer um Kilometer über Land, zu dem ehemaligen Standort des einzigen Ortes, der sich je die Bezeichnung Heimat verdient hatte. Verrußte Mauern erschienen vor seinem geistigen Auge, natürlich stellte er es sich die Mauern feuergeschwärzt vor, denn in der Vertreibungsnacht zog der Mob ihnen schließlich gewaltbereit mit Fackeln und Mistgabeln bewaffnet entgegen. „Was für dumme Geschöpfe diese Menschen doch sind.“ In Folge dieser Überlegung schüttelte Alec den Kopf und schloss dabei die Augen nur für einen kurzen Moment. Der Anblick da er sie wieder öffnete war mehr als überwältigend. Nun stand er nicht mehr vor den Burgmauern, sondern schwebte durch die Hallen, sah sie überall und sehnte sich wie nie zuvor nach dem vergangenen Leben. Im Pferdestall angekommen harrte er einen Moment lang vor einem Doppelten Verschlag aus. Hier hatten ihre beiden Pferde gestanden, mit denen sie stets in den Wäldern ausritten. Im bunten Blättermeer umgeben von der wirbelnd vielfarbigen Pracht stoben seine Jane und er dahin, die langen Zügel über den Hälsen der eleganten Tiere freigegeben und sie lachte taghell als die fuchsfarbene Stute ihre Galoppade verlängerte und an seinem Schimmel vorbeizog. Was für ein wundervoller Tag das doch gewesen war. Nun fand er sich aus der Erinnerung in der Erinnerung gerissen im hinteren Teil des Hofes wieder, da wo der magische Garten alles überwucherte. Vaters Gärtner hatten ständig damit zu tun das ihnen die Pflanzen nicht außer Kontrolle gerieten. Doch das wäre Alec definitiv egal gewesen, die Wildheit dieses Stückes Natur hatte selbst in dem Abbild seiner Erinnerung nichts an Faszination eingebüßt. Ihm war plötzlich als käme er vollständig an jenem Ort an, unter seinen Füßen befand sich nun nicht mehr die leere schwebe eines hüllenlosen Körpers, sondern seine nackten Füße. Sogar den eisigen Raureif der kalten Jahreszeit spürte er genau und es wurde noch viel wunderbarer, als er es sich je hätte zu träumen gewagt. Weil nun eine kleine Gestalt vollständig in ein ihr viel zu großes, weißes Nachthemd gehüllt. Das Kind lächelte und mit den von der Kälte geröteten Wangen sah es nun engelsgleicher aus alles, das er je gesehen. Die kleine Ausgabe seiner Schwester breitete die Arme weit aus und tapste bedenklich schwankend auf ihn zu. Auch Alec öffnete seine Arme, doch als die kleine Jane den letzten Schritt auf ihn zutat, fasste ihr kleines Händchen durch den unteren Saum seines Hemdes hindurch und ein paar Schritte weiter war sie ganz durch ihn hindurch gewandert. „Ein Traum, nur ein Traum.“ Zur Vergewisserung, das sie in der schützenden Sicherheit des Hauses ankommen würde drehte er sich noch einmal nach ihr um. An dem schweren Portal, aus dunklem Holz, stand das Kleinkind, das er einmal gewesen Jane im Arm. Alec wandte sich ab, unfähig dieses Glück noch länger zu betrachten. Er bahnte sich seinen Weg durch die wild wuchernden Rosensträucher und betrat wenige Minuten später das leicht angehobene Plateau eines versteckten Pavillons. Er war aus weißgestrichenen kunstvoll zusammen gezimmerten Holzplanken gefertigt, die sich an den oberen Enden, da wo das Dach auflag in kleinen Schnörkeln verliefen. Ihre Mutter hatte diesen eigens für die Zwillinge entworfen und Vater beauftragte den besten Zimmermann seines Fürstentums damit. Erst standen ihre Wiegen darauf und Mutter saß daneben, malte und sang den Kindern ein ums andere Mal mit ihrer sopranhellen Stimme Lieder vor, die sich mit dem Wind verbanden und durchs ganze Schloss wehten. Später dann waren es auch sie beide gewesen, die den Pavillon nutzten und zwar immer als Ausgangspunkt für ihr Lieblingsspiel, Verstecken oder an regnerischen Tagen stahlen sie sich heimlich mit einer Decke hinaus und sahen den Tropfen beim auf dem Boden Platschen zu. Was für ein wunderbares Leben und Alec dachte noch an so viel mehr, als er wieder gestaltlos seiner Rückblende entschwebte. Jane lag immer noch stumm seinem Herzen lauschend an seine Brust gedrückt und er hielt nun inne mit seiner ihr immer wieder über den Kopf streichenden Handbewegung. Es verstrich noch eine Sekunde, in der er sich nach der Burg zurücksehnte. Doch er ließ keine weitere, die ihm wiederum keine Lösung bringen würde zu. Eins war unumstößlich klar, wie absurd auch die Behauptungen dieses wahnwitzigen Priesters sein mögen. Der naive Pöbel würde ihm sang und klanglos folgen. Eine weitere Stimme begehrte in seinem Kopf auf und löste eine herbe Welle in den Gängen seiner Gedanken aus. „Sollte ich, als Mann des Adels, als Lord in meinem unendlichen Stolz vorm Pöbel wanken und fliehen?“ Niemals. Könnte ich nur Jane und Mutter in Sicherheit wissen, ich würde mich ihnen stellen. Doch wohin?“ Taub, Stumm und ohne die Fähigkeit etwas aufzunehmen, eine Lösung zu finden tappte er durch nichts als nebelige Suppe in seinem Gehirn. Derweil trat Caius auf die Docks des Dover Hafens. Der Fischgestank ließ seine Laune nicht gerade in Höhen kreisen und wie immer stellte er sich die Frage: „Warum? Warum hatte er auf diesen stinkenden Kutter steigen müssen? Warum war es so wichtig nach den zwei Plagen zu sehen, die Aro seit geraumer Zeit beobachtete? Und zur Hölle, warum kümmerte er sich eigentlich nicht selbst darum?“ Die wachsende Abscheu verwandelte das Gesicht des blonden, für gewöhnlich so adrett aussehenden Vampirs in eine Maske grausam unbarmherzigen Hasses. Nun gesuchte Caius sich abzulenken und ließ den Blick über den düsteren Ort schweifen. „Ah ja!“ Unweit von ihm, in einer Seitengasse parkte eine Kutsche, ein Zweispänner, samtige weinrote Vorhänge vor den Fenstern. Nicht gerade sein Stil, aber zweifelsfrei jenes Modell welches Aro für ihn bestellt hatte. Der Kutscher nickte Caius zu als er näher trat. „Ihr seid gewiss der junge Herr, den ich nach Caldwell geleiten soll?“ Ohne sich Mühe zu geben das Gesicht zu entspannen oder einen freundlichen Ton anzuschlagen nickte Caius und betrat die Kutsche durch die Tür, die ihm aufgehalten wurde. Das Innere war noch viel ätzender, als die Außenansicht des Kastens, der sich nun schaukelnd in Bewegung setzte, schwarze Ledersitze und noch mehr Samt als Innenverkleidung der Wände. Der blonde Vampir lehnte sich in seinem Sitz zurück und verschränkte die Arme, während die Kutsche in Richtung Caldwell holperte. Alles klar, Jane schien zu wissen, was er gerade dachte und ihr Blick zeigte wie wenig sie davon angetan war. Doch da sie sich in seinem Kopf doch besser auszukennen schien bedachte er sie nun mit einem Augenzwinkern um ihr genug Platz für eigene Überlegungen zum Problem „wütender Mob mit Fackeln und Mistgabeln“ zu geben, die sie hoffentlich auch zur Sprache bringen würde. Denn Alec war eindeutig mit seinem Latein am Ende. Und ja nun rannten sie. Es war keine 5 Minuten her, dass ein surrendes Geräusch sie in Panik versetzt hatte. Ein Pfeil, präzise abgeschossen, dafür bestimmt mindestens einen Menschen tödlich zu verwunden. Es war wie in Zeitlupe geschehen, da sich das spitze Holz in Mutters Hals gefressen hatte. Die spitze Seite ragte von hinten raus und sie konnte nicht einmal Abschiedsworte für ihre geliebten Kinder formulieren. Mit einem entsetzten Blick deutete sie in Richtung Wald, bevor sie zusammenbrach und ihr reines Blut die schmutzigen Dielen der Hütte befleckte. Während er nun Hand in Hand mit Jane durchs Unterholz rannte, kam ihm das Ganze noch so unwirklich vor, so makaber. Wie hatte dieser Pfeil es sich anmaßen können genau Mutters Hals zu durchstechen, wo ihre Stimme doch das einzige gewesen war, das ihr in der Krankheit blieb, das einzige, dass die Kinder immer beruhigt hatte? Jane weinte und auch ihm liefen die Tränen wie salzige Sturzbäche die schmutzigen Wangen hinab. Im Rennen wandte er sich um und erblickte mit Schrecken die Szenerie. Dorfbewohner umringten ihr Haus, jemand trat durch die Menge und schleifte Mutter an den Haaren hinaus. Ihr Blick war leer und nichts von ihrer ehemaligen Schönheit rettete die von der Krankheit gezeichnete Leiche. Eine tote Hexe war für die Dorfbewohner scheinbar immer noch eine Bedrohung, deswegen breiteten sie Reisig über ihr aus und Oh Gott! Er musste wegsehen. Frischer Rauch stieg ihm in die Nase und er rannte noch schneller. Jemand rief etwas und er wusste, dass sie entdeckt worden waren. Wozu weiter rennen? Wozu sich noch wehren? Wieso nicht einfach stehen bleiben und sterben? Jetzt hier an Ort und Stelle, dann hätte die Qual ein Ende und auch würden sie gewiss im Himmel wieder mit Mutter und Vater vereint. Der angstverzerrte Blick Janes bereitete solchen Gedanken ein abruptes Ende. „Jane muss überleben! Ich muss sie retten!“ Noch einmal legte er sich ins Zeug, immer tiefer gelangten die Zwillinge ins Herz des Waldes. Plötzlich kam ihnen jemand entgegen, Feuer das auf sie zuschritt. „Andere Richtung Jane!“ Er steuerte sie herum. Feuer von der anderen Seite. Ein Blick rechts und links und er realisierte das sie eingekesselt waren. Noch mehr kamen von allen Seiten panisch wendeten sich unter schallendem Gelächter der Umstehenden im Kreis. Ein Mann ganz in schwarz trat hervor, ein goldenes Kruzifix vorgestreckt haltend. Der Priester. Er erhob die Stimme und alles Lachen und Gemurmel erstarb in einer eisigen Stille. „Seht wie sie sich windet, die Hexenbrut! Wie sie in Furcht zu ihrem Schöpfer dem Satan betet. Gewahrt, wie ihr sinisterer Zauber diesen einst so schillernd heilgen Hain in ein finster Grab verwandelt. Lasst euch nicht von der kindlichen Reinheit ihrer Gesichter täuschen. Traut ihr ihnen, gewährt ihr ihnen Einlass, Schutz so werden sie des Nachts durch euer Haus wandeln, die Kinder fressen, eure Frauen erdrosseln und am Ende der seelischen Qualen auch euch Männern die Herzen rausreißen und sich daran laben, das ihre Magie wachsen möge. Ich sage euch, setzt dem ein Ende. Diese beiden hier müssen wie die Schlampe, die ihnen das Leben gab im heiligen Feuer brennen. Auf dass sie nie wieder euch und euren Lieben Schaden zufügen mögen. Mit dem Tod der Hexenzwillinge möge auch die Finsternis aus diesen Wäldern verschwinden und der böse Fluch aus unserer Heimat ein für alle Mal verjagt werden!“ Zwei kräftige Arme packten sie, zogen sie auseinander. Alec wehrte sich mit Händen und Füßen, ja er biss seinen Angreifer sogar so fest, dass dieser blutete. Dafür handelte er sich eine Ohrfeige ein, die alles in seinem Kopf durcheinander schüttelte. Jane, wo war Jane? So sehr darauf konzentriert frei zu kommen, wurde sich Alec der Tatsache, dass sie ins Dorf getragen worden erst unmittelbar zuvor bewusst. Der Anblick des aufgetürmten Scheiterhaufens auf dem Marktplatz ließ ihn so erstarren, dass seine Lungen ihm mit einem Mal den Dienst versagten. Man hievte ihn auf den Holzhaufen und band seinen Köper an den rechten der zwei in der Mitte steckenden Pfeiler. zu seiner linken wurde auch Jane gefesselt, ihr Blick ließ die wilde Panik durchscheinen, die in ihrem Herzen tobte. Die festgedrehten Seile rieben furchtbar an seiner Haut, als er mühevoll versuchte seine Hand heraus zu zwängen. Doch er schaffte es, packte Jane’s und drückte sie fest. Nun bestieg der Priester den Scheiterhaufen, er hängte den Zwillingen zwei hölzerne Kruzifixe um den Hals und spritzte ihnen Weihwasser ins Gesicht. „Mögen eure Seelen zur Hölle fahren und dort auf ewig weilen. Aus dem Feuer geboren sollt ihr auch ins Feuer zurückkehren.“ Was bringt schon Liebe, Vernunft und Wissen im Anblick des sicheren Todes? Alec versuchte gleichzeitig den Tränen Einhalt zu gebieten und seiner Schwester eine Stütze zu sein. Immer hatte er versucht sie zu beschützen, doch nun würde sie sterben, würden sie beide sterben. Wie der Träger des olympischen Siegesfeuers schritt ein Mann in Henkerskluft mit der Fackel durch die links und rechts von ihm geifernde Gasse aus Pöbel. Wie sehr wünschte er sich doch Rache an diesen Staubkriechern. Ihr Henker feixte grollend und steckte ihren Hinrichtungsaltar an. Derweil setzten die beschlagenen Hufen der Rösser die ersten Schritte in schnellem Trab auf die schmutzige Dorfstraße. Caius roch Feuer und gewahrte die Ansammlung von schlagenden Herzen im Zentrum des Dorfes. Adrenalin führte ein jedes dieser Herzen, mochte etwas geschehen sein? Er schlug gegen die Kutschendecke. „Halten sie hier und warten sie auf meine Rückkehr!“ Noch bevor der Kutscher ihm hätte antworten können oder seine Tür aufhalten war Caius schon in die Nacht hinaus gesprungen und in Richtung des Dorfplatzes gehetzt. Üblicherweise wäre der Anblick einer Hinrichtung doch sicher ein unterhaltsames Unterfangen gewesen, doch ein genauer Blick zum lodernden Haufen hin genügte um zu der Erkenntnis zu gelangen das dieser ein wirklich schlechtes Omen war. Ein schmieriger Diener Gottes stand direkt davor und betete seine Psalmen und damit war er der einzige, der Caius nicht auswich. „Haltet ein ihr sinnlos verkommenen Menschlein!“ Er marschierte schnurstracks zum Scheiterhaufen, packte kurzerhand den Priester, hob in auf und sah ihm einen Moment in die Schweinsäuglein, bevor er ihn gegen die Kirchenpforte schleuderte. Die zwei winzigen Gestalten zwischen den Flammen wanden sich und schrien. Doch er handelte nicht gleich, einen Moment verschwendete er noch mit dem Gedanken sie einfach verbrennen zu lassen. Was wäre es denn für ein Unterschied, ein oder zwei Marionetten mehr oder weniger im Schloss. Doch als das Mädchen noch einmal durchdringend schrie fällte er die einzig richtige Entscheidung. Sich mit einer Hand in den Flammen abstützend hievte er sich hinauf. Die beiden blickten in entsetzt mit den kindlichen Kulleraugen an. Wie zerbrechlich sie doch aussahen. Er riss die Fesseln los, nahm beide Kinder in seine Arme und entfloh der Szenerie. Welche Farbe auch die Rache für das Werk dieser Menschlein haben würde es lag nicht in seinem Wirkungskreis das zu bestimmen. Schon erschien er wieder neben der Kutsche. „Ihr werdet zur Burg Salisbury bringen!“ Diese Immobilie hatte Aro einst eher aus Langeweile erworben, als das er je einen Nutzen in ihr gesehen hätte, doch nun würde sich sein Interesse an Antiquitäten doch endlich einmal bezahlt machen. Wieder holperten sie durch die Nacht. Der Atem der Zwillinge ging flach und sie husteten immer wieder, die schwere Rauchvergiftung würde sie schon bald das junge Leben kosten, also warum sie nicht gleich erlösen? Ich kann nur sagen, dass es brannte. Schlimmer als jene unstillbare Flamme in den Herzen der Menschen. Schlimmer noch, als der Durst auf der sterblichen Lebenssaft welchen ich seit diesem Tage verspüre und ich konnte nicht fliehen. So eingehüllt von einem mysteriösen Nebel brütete ich in aller Geistesschärfe mich immer wieder schüttelnd vor Schmerz, darüber ob dieses wohl Gefühl den Tod einläutete oder ob es der Beginn von Höllenfeuern jedes Tages bis zum jüngsten Gericht würde. Ich konnte Jane’s Schreie vernehmen, gelangte jedoch nicht zu ihr. Und als ich mich schließlich mit ewig währender Bestrafung abgefunden hatte, ebbte das Feuer ab und hinterließ mich auf dem Teppich meines neuen Seins. (Auszug aus Alec’s Tagebuch, 15. Mai 1306) Kapitel 2: Auf Veränderung folgt Rache -------------------------------------- Was war geschehen? Wo waren Hitze und Feuer? Alec sah alles durch einen Schleier. Es kam ihm so vor als habe er weit mehr als ein Menschenleben im Fegefeuer verbracht. Er erinnerte sich lebhaft an die Schmerzen. Langsam wurde sein Blick klarer und immer schärfer. Zu scharf! Trotz das nichts als Dunkelheit ihn umfing sah er plötzlich alle um ihn herum gestochen scharf. Da war eine hohe grausteinerne Decke, ein Kamin direkt neben ihm und seine Jane, blass wie der Tod zu seiner rechten. Doch da war etwas falsch. Er beugte sich über Janes Körper und glaubte mit einem Mal das Herz werde ihm aus der Brust gerissen, denn kein Fünkchen Leben regte sich mehr in ihr. Das war nicht mehr seine Schwester, nur die zurückgelassene Hülle ihrer selbst. Wo ist Feuer? Nicht in Augen kalt wie Stein. Wo ist Wärme? Nicht in einem toten Herz. Wo ist Leben? Nicht länger in meiner Welt. Alec ließ sich zurück auf den Boden fallen und zog seinen Gürtel aus der Hose. Wie hatte er dieses Leben verabscheut und ohne sie war da nichts mehr für das es sich lohnte alles zu ertragen. Er schlang das Leder um seinen Hals, immer enger und machte sich daraufgefasst sogleich durch den Druck auf seine Luftröhre zu Ersticken. Noch fester. Sein Hals wurde zusammengedrückt doch sonst geschah rein gar nichts. Kein nach Luft schnappen, kein Ersticken und kein Sterben. Was war das für eine Hölle? Oh ja vielleicht war er schon tot und seine Strafe dafür das er die Dorfbewohner verflucht, ihnen die Pest an den Hals gewünscht war eine Existenz ohne Jane? Was gäbe er nicht alles dafür noch einmal das Leuchten in ihren schönen blauen Augen zu sehen. Doch der Tod entzieht alles, was einst rein und leuchtend. Während er immer fester gesuchte den Riemen um seine Kehle zu schnüren, vernahm er zu seiner Rechten ein seichtes Zucken. Jane lebte. Sie rührte sich nicht, doch da sie die Augenlider immer wieder wie im Traum gefangen zukniff konnte Alec nur darauf schließen das es ihr den Umständen entsprechend gut ging. Er erhob sich, rechnete schon fast damit wieder niederzusinken, doch sein Stand war überraschend fest, alles wirkte schärfer unendlich vielfältiger und so wahr, auch der blonde Mann, welcher hoheitsvoll in einem Sessel auf der anderen Seite des Raumes residierte. Alec konnte sich an nicht viel mehr erinnern, schloss aber das dieser Mann sie beide aus dem Feuer gerettet haben musste. Sich der Pflicht des Dankes bewusst trat Alec zu ihm hin, senkte den Kopf und wollte gerade einen Schwall an dank an den Mann bringen, da gebot dieser ihm mit einem einfachen Handschwenken Ruhe zu halten. „Kind, Dank ist nur erforderlich für eine selbstlose Tat. Doch ich handelte auf Befehl, so erwarte ich nicht viel mehr als deine unbescholtene Aufmerksamkeit, für das, was ich dir nun zu sagen habe. Du und deine Schwester wurdet ausgesucht, von meinem Herrn. Ihr solltet viel später erst zu ihm nach Italien kommen und an seinem Hofe dienen, doch diese Schwachsinnigen Menschen nahmen uns leider ein wenig die Zeit vorweg. Ich habe euch vor drei Nächten die Unsterblichkeit eingepflanzt, ihr werdet nicht mehr altern, stark sein und wenn mein Herr sich nicht getäuscht zudem noch überaus mächtige Gaben besitzen. Es ist sein Wunsch, das ich euch zu ihm geleite.“ So unplausibel Alec das Gerede doch erschien, seine nun überragende physische Stärke sprach Bände. „Wenn ihr uns Schutz gewährt vor der geballten Grausamkeit der Menschen, dann soll es so sein, wie du sagst.“ Der Mann blickte nun äußerst belustigt drein. „Ich freue mich natürlich über deine Zusage, doch Schutz habt ihr nun nicht länger nötig. Und ich darf bemerken, dass du für einen Neugeborenen Unsterblichen ein erstaunlich hohes Maß an Selbstbeherrschung an den Tag legst. Nun wird es Zeit, in 4 Stunden wird unser Schiff ablegen, gedenkst du vorher Rache an deinen Peinigern zu üben so solltest du dich sputen.“ Alec betrachtete seine Schwester, die immer noch auf dem Teppich lag und sich wand. „Was ist mit ihr?“ „Macht kostet Zeit, es ist möglich dass ihre Kraft deine wenn sie erwacht übersteigt. Doch sie wird dem Feuer noch länger als wir hier weilen können ausgesetzt sein. Ich begebe mich mit ihr zum Hafen nach London, sei pünktlich dort. Der Junge rannte, es schien als zöge die Erde unter seinen Füßen viel geschwinder als ihn seine Füße trugen vorbei. Der Sonntag lockte die Sonne hinter dem Horizont hervor, als die ganze verfluchte Brut in der Kirche hockte und den geistlosen Artikulationen des Priesters lauschte. Dementsprechend tat sich die Straße hin zum Markplatz wie ausgestorben vor Alec’s Füßen auf. Er besah sich mit aufsteigender Wut im Herzen den großen schwarzen Fleck, der an den Standort ihres Scheiterhaufens genau zentral gelegen erinnerte. Nebel wallte um seine Füße. Er trat weiter auf die Türen des klobigen alten Gotteshauses zu. Hob eine Hand und klopfte mit einem der eisernen Ringe an die Pforte. Innen verstummte jeder Laut, dann war ein dumpfes Tapsen zu hören, noch bevor jemand die Tür öffnen konnte, schlug Alec mit der Faust dagegen, krachend gab das Holz nach, teilte sich und schlug rechts und links gegen die steinernen Pfeiler. Da im Lichterkranz der Sonne schillernd trat er dem verlogenen Mann Gottes entgegen. „Der Dämon kehrt wieder!“, zischte der Mann und bekreuzigte sich aufgeregt. „Betet und so muss er zurückweichen!“ Er robbte von Alec weg und war schon fast am Altar angekommen, da packte dieser ihn am Fuß und zog ihn in die Luft. „Du magst ein falscher Prophet sein, doch Schuld trägst nicht nur du allein. Alle die dir glaubten werden mit dir zusammen untergehen. Sie es als Tat Gottes. Denn ich bin sein Richter!“ Alec ließ den Priester hinunterfallen, hockte sich neben ihn und murmelte sein ganz eigenes Gebet der Rache. „Wie du gewiesen, die falschen Dinge bewegt, so sollst du unbeweglich verharren.“ Er brach ihm nacheinander beide Arme und Beine. „Wie du gesehen, geurteilt so sollst du diese Kraft verlieren.“ Er nahm das Kreuz des Mannes und stach ihm damit die Augen aus. „Wie du falsch Zeugnis verkündet und deine eigenen Worte gepriesen, so sollst du weder hören noch reden, wenn du vor deinen selbst gewählten Schöpfer trittst.“ Und zuletzt nahm er einen kleinen Dolch aus der Tasche, zerstach ihm die Trommelfelle und schnitt die gespaltene Zunge aus dem Rachen. Als Alec sich nun umsah und die beweglosen Leeren Hüllen der Dorfbewohner in den Reihen der Kirchbänke sitzen sah, wusste er das der ihn schützende Nebel seine neue Gabe war. Er nahm seinen Feinden jeden Sinn, tötete sie jedoch nicht. Er zwang sie wachen Geistes durch die Leere zu irren und eine bessere Strafe hätte er sich nie und nimmer ausmalen können. Der letzte Weg führte ihn hinaus in den Wald zur abgebrannten Ruine des Hauses, indem die gehaust hatten. Ohne eine Träne im Auge wandte er sich ab, brach auf in Richtung seiner neuen Heimat. Kapitel 3: Ohne Gefühl, Schmerz ------------------------------- Man möge meinen es sei mehr als nur ein Tropfen, welcher das Fass letztlich birst. Oder doch eine undichte Holzplanke, ein rostiger Eisenring? Wer weiß..... wer weiß. Dieses Schiff mit den blutreichen Spanferkeln, welche sich Menschen nennen kann meinem Biss, meiner Gier, dem Hunger nach ihrem Verderben nicht standhalten. Wenn Rache, wieso dann nicht Rache an der gesamten menschlichen Rasse? (Alec Notiz, vor Betreten der Fähre) Charmant sah er wohl aus, in diesem edlen Anzug aus rotem Samt, der Schmuck tat das Übliche und das zuckersüße Lächeln brachte die Massenbegeisterung. Kaum da Alec einen Fuß auf das Schiff gesetzt wollte plötzlich jeder diesen jungen, augenscheinlich reichen Gentleman näher kennen lernen. Doch noch war der frischgebackene Unsterbliche für keinerlei Schmeichelei zugänglich, nicht einmal der Duft der Menschen, der ihm die Nase so köstlich umspielte brachte ihn ins Wanken. Forschen Schrittes strebte er der Kapitäns Kajüte entgegen, auf die ihn ein äußerst beunruhigter Seemann verwiesen hatte auf die Frage, wohin die kleine Lady gebracht worden war, antwortete. Gnade sein Schöpfer dem, der ihr ein Leid antut. Die Männer an Deck sahen ihm nach, nun da sie ihn leibhaftig erblickten nicht nur den Geschichten hörten brach eine furchtbare Unruhe auf dem Schiff aus. „Habt ihr die stierenden roten Augen gesehen?“ „Ich sags euch dieser Knabe ist des Teufels Spross!“ Der Kapitän gebot den Schandmäulern barsch Einhalt und befahl auch allen anderen Passagieren eindringlich Ruhe zu halten. Oh ja, wie er sich fürchtete, das Kreuz auf seiner Brust würde ihn nicht retten, niemand konnte dieses Schiff retten. Alec betrat den Raum, erblickte sein Licht auf dem Bette totenbleich und eilte sofort an ihre Seite. Er fühlte ihre Stirn. Noch floss Leben in ihr, die eisige Hand des ewigen Fluches hatte sie noch nicht ergriffen. Aber der natürlich rote Schimmer auf ihren Wangen war schon beinahe erloschen. Ohne sich von ihrem Antlitz abzuwenden zischte er: „Sollte dein Wort nichts als Falschrede sein und sie stirbt heute Nacht, so sei dir im Klaren dein Tod ist näher als du zu glauben vermagst.“ „Daran habe ich nie gezweifelt, nicht als ich dich verwandelte den Hass gegen Alles und die Liebe einzig für sie in deinem Blut schmeckte und auch der Weile später nicht, als du bereit warst mit ihr zu gehen. Doch nimm dich in Acht, es gibt Bande die stärker sind als das eure und die länger wären!“ „Ich fürchte das Bündnis deiner Sippe! Mögen Hunderte deiner Art kommen, ich bin da sie niederzuringen. Meine Sonne verleiht mir Licht, Kraft und Willen für sie gegen jeden Feind in den Kampf zu ziehen.“ „Nichts für ungut mein Lieber, ich hatte nicht vor mich mit dir zu streiten.“ „So sei hier Schluss dieses Themas und Start freigegeben eines neuen. Du sprachst als ich erwachte zu mir von „Gaben“. Ich hoffe es ist dir nicht verboten ins Detail zu gehen?“ „Es ist ein undurchsichtiges Thema, viele verschiedene Blickwinkel entdecken es stetig aufs Neue, doch ich will versuchen dir einen angemessenen Überblick zu verschaffen. Unsere Art hat für gewöhnlich die Schnelligkeit, den scharfen Blick, den unübertrefflichen Geruchssinn der Raubtiere und die Unsterblichkeit zu eigen. Doch hin und wiederkommt es bei Verwandlungen zu gewissen Anomalien und ich rede nicht von einfachen Wesensveränderungen. Einige unserer Art besitzen Kräfte weit jenseits allem Vorstellbaren. Mein Herr Aro, zum Beispiel kann alle Gedanken eines jeden Wesens nachvollziehen, sobald er nur mit ihm in Berührung kommt.“ Die Miene des jungen blieb unergründlich, doch innerlich erwachte der Forscher in ihm. Er würde diesen Aro kennen lernen müssen nur um seinen Geist zu befriedigen. Und was wenn es ihm auch vergönnt war Gedanken zu sehen? Wie er so weiter in seinem Kopf wühlte, klärte sich auf einmal so einiges. Die stummen Menschen in der Kirche, wie er ihnen das Leben ausgesaugt hatte. Mit reichlich angeschwollener Brust saß er auf einmal ein ganzes Stück aufrechter. Er vermochte seinen Feinden all das zu nehmen, was man im Allgemeinen als Gefühl bezeichnet. Was für eine glückliche Fügung des Schicksals. Nun fiel sein Blick wieder auf Jane, sie röchelte und wand sich immer noch. Sein stummes Herz schmerzte bei ihrer Qual so sehr das er den Blick abwenden musste. Seine Beine fühlten sich nicht so an als müssten sie zwingend bewegt werden doch trotzdem erhob er sich von dem Lager, begab sich an das von weitem schwarz seine Silhouette wiedergebende Fenster. Kein Licht, kein Ufer, nichts als wabernde See. Unendlichkeit zum Greifen nah. Wie sehr liebte er Jane, wie unendlich nah fühlte er sich ihr aber dennoch ihres Leidens in jenem Moment so fern. Mehr noch als alles andere bekümmerte ihn sie nicht mit dem eigenen Körper vom Feuer, gegen welches sie gerade rang abzuschirmen vermochte. So hinter der gläsernen Mauer ihrer Qual stehend verfiel sein Geist mit einem Mal in den unstillbaren Drang der Rache, Rache an sich selbst vermochte er sie doch nicht zu beschützen und Rache an jedem der es wagte noch zu atmen, den Hauch des Lebens mit sich zu tragen wo ihr doch nimmer mehr der flüchtige rote Schein die Wangen zieren würde, wo sie doch nimmer mehr vom Fangen spielen außer Atem geraten würde. Unter dem stierend Aug des Caius sank Alec auf seine Fersen herab und presste die Hände vors Gesicht. Schluchzer durchzuckten den zierlichen Kindskörper. Doch vergebens letztlich musste er sich eingestehen, dass mit dem Atem, allen Gefühlen und der Sterblichkeit auch die Tränen versiegt waren. So blieben die Wangen trocken und einzig Alec’s Schluchzer hallten von den dumpfen Holzplanken des Schiffes wieder, wurden von den Wellen erfasst und fortgetragen. Nach dem letzten verzweifelten Aufbäumen seiner Seele rang ihn die Verzweiflung zu Boden und dort blieb er die nächsten drei Stunden liegen. „Was für eine Schande!“, Caius wandte die Augen ab. Er war nicht länger im Stande sich diese Misere anzusehen. Wie viele Schwierigkeiten seine Mission mit sich brachte hatte er vorher nicht absehen können. (Aus dem Logbuch der „Luciana“ 3. Mai 1306) Eintrag 1 (nach Auslaufen aus dem Hafen, vor der Küste Dovers) Beim Auslaufen aus dem Hafen keine Störungen oder Mängel festgestellt, alle Passagiere stiegen rechtzeitig zu. Bei Sonnenuntergang den Hafen verlassen. Das Meer ist ruhig, alles verlief bis jetzt reibungslos. Eintrag 2 (auf offener See, abends) Es herrscht eine aufgebrachte Stimmung an Bord kaum einer wagt es zu schlafen, die Männer sind unruhig und reden wirres Zeug, absonderliche Behauptungen den jungen vornehmen Herrn, welcher in der feinsten Kabine des Schiffes wohnt kursieren. Bete zum Herrn, das unsere Überfahrt unter einem guten Stern steht und wir sicher in unseren Heimathafen zurückkehren. Eintrag 3 (genau in der mittleren Spanne zwischen Tag und Nacht) Ich habe das schreckliche Gefühl verfolgt zu werden, jemand ist immer genau da wo ich mich aufhalte. Oh Gott steh mir bei! Eintrag 4 (kurz darauf) Nach einem lauten Aufschrei begab ich mich an Deck, meine Matrosen versammelten sich allesamt schreckensbleich um die grotesk zugerichteten Leichen zweier Passagiere. Eine weitere fanden wir unter Deck. Ich wies die Männer an Ruhe zu bewahren und die ganze weitere Nacht hindurch immer mindestens zu zweit Wache zu halten. Eintrag 5 morgens Dicker Nebel hüllt unser Schiff schon den ganzen Morgen ein, reicht jedoch nicht ganz bis an die Planken heran. Es scheint als folge er uns. Noch ist alles ruhig auch die Männer sind ein wenig zur Ruhe gekommen. Keine weiteren seltsamen Vorfälle. Eintrag 6 gegen Mittag Die Sonne hat sich von uns abgewendet nun glaube ich nicht sie je wieder zu Gesicht zu bekommen. Der Nebel zog sich eben enger um uns, kletterte sogar an Deck. Die Männer, die ihn berührten liegen nun draußen an Deck, mit weißen leeren Augen. Sie atmen, doch sie sind fort. Ich flüchtete mich in die Kajüte. Hier befindet sich nur das schlafende Mädchen, ihre Begleiter sind ebenfalls verschwunden. Kurz nach dieser Notiz bescherte eine Macht, weit größer als die Menschen sich jemals gedenken könnten. Ein gottesgleicher Knabe entstieg dem Nebel an Deck, es war als tanze er zum Kapitän hin. Immer wieder wirbelte er die Arme um sich schlagend um die eigene Achse. Natürlich ein Engel welches Wesen könnte auch sonst solch eine zufriedene Benommenheit in sein altes Herz sähen, so zumindest dachte jener alte Mann. Folgendes geschah wie in Zeitlupe, das Kind setzte zum Sprung an, riss im Flug den grausig blutroten Rachen auf, schrie wie die Bestie die es tatsächlich war und biss sich an der Schulter seines Opfers fest. Dieses taumelte und fiel schließlich mit dumpfem Geräusch auf die Planken. Er sah sie wieder, die Unendlichkeit und unendlich war auch der Schmerz, als der kleine Satan ihm das Fleisch von der Schulter riss und das Gesichtchen in die Wunde drückte. So wohlig warm, so unendlich weich. Konnte auch die Haut eines Menschen grob, hart und rissig sein so war es doch diese Innere nicht. Schon wollte er darin versinken, da gewahrte er seines Hungers. Noch einmal beugte er das Haupt mit dem Gesicht des Teufels leibhaftig, noch einmal frohlockte er ob dem Grauen, das diesem Alten durchzuckte, ihn lähmte und schließlich tötete. An diese nicht sehr schöne Stelle seines Lebens erinnerte Alec sich nur zu gut. Dies war der erste Augenblick indem sich ihm die eigene Beherrschung entwand und sich selbst angreifbar machte. Zu guter Letzt möge man Alecs unsterblicher Seele gnädig sein wollte er nicht mehr erahnen wie das erste Mahl verlief, wollte nicht sich des Momentes erinnern da das Blut, unendlich süß ihm die Kehle für jeden anderen Geschmack betäubte auf die Ewigkeit. Ein Bild, Meer und Wind das Schiff auf den Strand treiben Jane auf seinem Rücken und er, halb stumm, halb blind fassungslos aufgerieben zwischen den Dünen verschwinden. Zusammen mit dem Boten seiner neuen Heimat entgegen? Kapitel 4: Der erste Morgen --------------------------- Je länger seine Liebe schlief, desto länger kam Alec dieser furchtbaren Verlustangst. Immer waren sie zusammen gewesen, hatten einander gestützt und vertraut. Wie sollte seine Welt weiter existieren, wenn sie nun nie mehr aus ihrem Schlaf erwachte? Ganz einfach es würde auch sie nicht länger geben. Sie würde sich mit ihm zusammen ins Nichts auflösen und das Nichts war definitiv nicht jener sagenumwobene, schöne Himmel inden Jane nach ihrem Ableben einträte. Abstruse Gedanken drängten sich ihm auf. Was wenn er des Todes kühle Finger führte, sie tötete und sich gleich hinterher verdientermaßen Selbstjustiz zu Teil werden lasse? Würden sie dann in Ewigkeit für und miteinander währen? "Niemals!", bleute der wahre Alec sich ein könne er den Hauch von Rosa diesen lieblichen Wangen stehlen, niemals den Atem nehmen ihr aufdass sie ihm vorran ins modrige Grabe hinab steige. Jenen Frevel, den sein Kopf sich selbst ertrotzt, verscheuchte er ihn auch jetzt Leichtens, blieb im Hintersten zurück, wähnte bös Schicksal für die Zeit, der er forschen Schrittes entgegentrat. Alec misstraute Caius immer mehr und dieser musste den eisigen Dunst, den der Knabe ihm entgegenbrachte wohl als Feindes Gesinnung anerkennen, denn Tage nach ihrer Landung hatte er kein Wort gesprochen. Alec kümmerte das wenig, Er folgte ihm, Jane auf seinem Rücken tragend in angemessenem Abstand und hielt nur an, wenn ein Hustenanfall über ihr nach und nach versteinerndes Gesicht kam oder die Hitze drohte ihren Körper zu verbrennen. Dann, und nur dann nahm er sich die Zeit sie anzusehen und ihr ständig schwindendes Leben zu betrauern, während er versuchte ihr etwas Wasser einzuflößen. Für Alec bedeuteten diese Blicke nichts als Folter, als wolle man ihm bei lebendigem Leibe die Haut vom Körper brennen. Diesen Schmerz kannte er genau und wusste ihn vor der äußeren Welt, momentan nur bestehend aus Caius zu verbergen. Seine neue unerforschte, unbändige körperliche Kraft verlangte es auch genau besehen gar nicht nach Rast. Wiedergeboren in diesen unzerbrechlichen Körper fühlte sich Alec nun endlich der Aufgabe gewachsen IHR den hinreichenden Schutz zu bieten, den er all die Jahr so verbissen auf schwächlichen Schuultern getragen. Die Zeit kam, es mussten wohl drei Tage des monotonen Dahinspazierens vergangen sein, da kam Alec, die Schwester nun in den Armen tragend mit jedem Schritt etwas näher zu Caius hin, bis sie auf gleicher Höhe liefen. "Wo liegt diese Stadt, Volterra von der du vor unserer Abreise sprachst?" "In der Toscana." "Gibt es nun also dort noch viele, die so sind wie du und ich?", das "und Jane", blickte auf ihr Antlitz herab, das wenngleich so unendlich lieblich, der Tage Zahl doch zuviel Schmerz gesehen, zuviel Schmerz erlitten und noch zur Sekunde erleidend. Wie denn nur der Zukunft erhobenen Hauptes entgegensehend, wenn das Wichtigste nach wie vor fehlte? (Rest ist schon zu Papier gebracht, wartet nur noch brav auf meinen Schreibtisch darauf abgetippt zu werden ^^) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)