Michiru, die Geisha von Dokkaebis_Wife ================================================================================ Kapitel 1: Das Leben einer Geisha --------------------------------- Vorwort: Diese Fanfic ist eine echte Herausforderung für mich gewesen. Am Anfang gibt es leider sehr viel zu erklären. Ich hoffe dennoch, dass ich es einigermaßen hin bekommen habe und ihr wisst, was gemeint ist. In den nächsten Kapiteln wird es dann leichter zu lesen sein. Um die Stimmung der Geschichte beizubehalten, habe ich viele japanische Ausdrücke verwendet. Falls ihr Fragen habt, fragt einfach. Es war im Sommer 1939 in Gion Kobu in Kioto als ich sie kennen lernte, doch ich möchte am Anfang meiner Geschichte beginnen... Gion Kobu ist ein Bezirk, in dem Einrichtungen existieren, die "Okiyas" genannt werden. Dort wohnen Geishas und Gion Kobu ist der wichtigste und berühmteste Bezirk. Eine Okiya ist eine Art Lebensgemeinschaft, in der Geishas wohnen, während sie ihre Ausbildung zur Geisha absolvieren. Traditionell beginnen Mädchen ihre Ausbildung am 6.6.6. Das Datum bedeutet am 6. Juni im Jahre des sechsten Geburtstages. Ich begann auch in dem Alter. Da sich meine Eltern in großen finanziellen Schwierigkeiten befanden als ich vier Jahre alt war, gaben sie mich in die Okiya Dentoshi. Damit war sichergestellt, dass ich nie hungern müsste und hoffentlich ein glanzvolles Leben führen würde. Am Tag meines ersten Unterrichttages war ich sehr aufgeregt. Ich wachte sehr früh auf und ging in der Okiya umher. Es war ein sehr geräumiges Haus, in dem fünf Geishas wohnten, die Besitzerin der Okiya, zwei Dienstmädchen und ich. Es war schon früh klar, das ich die "atotori", zu vergleichen mit einer Adoptivtochter, der Okiya werden sollte. Damit wäre der Okiya der Lebensunterhalt gesichert. Die Besitzerin der Okiya, von allen der dort lebenden Geishas als "Mutter" oder "Mama" bezeichnet, begleitete mich zu meiner ersten Unterrichtsstunde. Ich wurde der Lehrerin vorgestellt und sie begann damit, mir beizubringen, wie ich mich vorzustellen habe. Ich machte ihre Bewegungen und Verbeugungen nach und sagte: "Mein Name ist Michiru Kaio. Ich freue mich, sie kennen zu lernen". Meine Lehrerin lobte mich und entließ mich für den ersten Tag. Bald darauf bekam ich meinen Geishanamen, er ist mit einem Künstlernamen zu vergleichen. Meiner lautete: Kaisui. Von da an musste ich mich immer mit diesem Namen vorstellen. Die Aufgaben einer Geisha sind nicht, wie viele Europäer meinen. Eine Geisha hat nicht nur eine anstrengende und nervenaufreibende Ausbildung zu absolvieren, sie muss das täglich gelernte verinnerlichen und perfektionieren. Ihre eigenen Bedürfnisse wie Freizeit und Liebe sind immer hinten angestellt. Sie lernt die Traditionen der Teezeremonie, des Ikebana (Kunst des Blumensteckens), des Tanzes, des Shamisen (eine Art Gitarre) spielen und der Konversation kennen. Ihr Weg zu ihrem Debüt als ausgebildete Geisha ist mit vielen Hindernissen versehen. Sie muss sich gegen eifersüchtige Geishas wehren, sie muss den hohen Anforderungen der Schule gerecht werden und mit der fortwährenden Müdigkeit fertig werden. Geishas sind eigentlich immer müde. Sie sind bis tief in die Nacht in Teehäusern, so genannte Ochayas, unterwegs und schenken den erfolgreichsten und berühmtesten Politikern oder Geschäftsmännern Sake (Reiswein) ein. Darüber hinaus muss sie lernen, sich auf ihren Gesprächspartner einzustellen und ihn bei Laune halten. Wenn der Gast sich langweilt, ist die Geisha schuld und wird darum nicht mehr in Teehäuser eingeladen. Eine Geisha verdient eine Menge Geld. Sie bekommt bei ihren Besuchen in Teehäusern das so genannte "handai", Blumengeld, pro Stunde eine gewisse Summe. Dieses Geld wandert aber vorerst nicht in ihre eigene Tasche - sie muss der Okiya die Schulden zurück zahlen, die sie als Lerngeisha durch ihre Ausbildung verursacht hat. Ich saß oft an meinem Fenster, in dem Kimono einer Lerngeisha und träumte davon, wie ich wohl aussehen würde, wenn ich einmal eine richtige Geisha bin. Ich liebte den Tanz und wollte die beste Tänzerin und erfolgreichste Geisha in ganz Japan werden. Mutter liebte mich, doch mit Yoko verstand ich mich überhaupt nicht. Yoko war kurz vor Beendigung ihrer Ausbildung und war neidisch auf mich, weil ich die Atotori der Okiya Dentoshi werden sollte und nicht sie. Ich war sehr erfolgreich und wurde wegen meines Aussehens bewundert. Meine türkisfarbenen Haare und dunkelblauen Augen hatten es jedem angetan. Mein Tagesablauf war immer derselbe. Kurz nachdem ich aufgestanden war, aß ich etwas, danach kam mein Ankleider. Jede Geisha braucht einen Ankleider, denn das anziehen eines Kimonos ist sehr kompliziert, außerdem kann ein Kimono mit Schmuck und Accessoires schon mal 20 Kilogramm wiegen. Zur Ausstattung eines jeden Kimonos zählt zum Beispiel der Obi (Kimonogürtel), ein Unterkleid, der Tanzfächer, ein bestimmter Kragen und die Tabi (Socken mit abgetrenntem Zeh). Danach musste ich in die Schule, ging nach Hause, aß wieder etwas um mich dann für den Abend zurecht zu machen. Bei meinem ersten Miyako Odori (Kirschblütentanz) im April 1928 war ich sieben Jahre alt. Es war eine wundervoll große Veranstaltung bei der ich mich sehr wohl fühlte. Ich hatte nur eine unbedeutende Rolle trotzdem war mir sofort klar, dass ich das für den Rest meines Lebens machen wollte. Elf Jahre später, ich hatte mich mittlerweile an die strengen Regeln gewöhnt, passierte etwas Schicksalhaftes. Ich ging am Nachmittag, ich hatte ausnahmsweise frei, in einem kimonoähnlichen Kleid und offenen Haaren spazieren, als ich auf einen jungen Herr aufmerksam wurde. Ich unterhielt mich Nacht für Nacht mit den interessantesten und erfolgreichsten Männern der Welt doch niemand faszinierte mich so, dass ich mich in ihn hätte verlieben können. Doch dieser Mann, der auf der gegenüberliegenden Seite lief, zog mich so in seinen Bann, dass ich beinahe ohne mich umzuschauen auf die Straße gelaufen wäre. Er hatte auch mich entdeckt und lächelte. Er passte so gar nicht in meine Welt. Das Spannenste an ihm war seine Kleidung. Da ich selten verreiste, sah ich selten westliche Kleidung und er trug welche. Es war ein hellgrauer Anzug. Ich hatte ein großes Selbstbewusstsein und war alles andere als schüchtern, aber als er auf mich zukam, wäre ich am liebsten davon gelaufen. "Entschuldigung", sagte er, wobei seine Stimme nicht wirklich männlich klang, doch ich fand es schön, "Ich kenne mich hier nicht so gut aus. Könnten Sie mir eine gute Ochaya empfehlen?". "Ja. Das Ichiriki ist ein sehr gutes Teehaus. Sind Sie zum ersten Mal in Gion?", antwortete ich ihm und sah ihn gespannt an. Er stand direkt vor mir und hatte eine Hand locker in seiner Hosentasche. "Ja, das bin ich", sagte er schlicht und nickte. Sein Aussehen war ganz außergewöhnlich. Sein blondes Haar glänzte in der Sonne wie Gold. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich gedacht, er sei eine Frau. Aber warum sollte eine Japanerin in westlicher Männerkleidung rumlaufen? "Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall einen angenehmen Aufenthalt hier.", ich hielt ihm meine Hand hin, da ich unbedingt seinen Namen erfahren wollte, aber nicht direkt danach fragen konnte. "Mein Name ist Haruka Tenno", wie erhofft stellte er sich mir vor, "Wie ist dein Name?", er schüttelte meine Hand. "Tenno", dachte ich, "Wunderschöner Name, bedeutet ,Kaiser'". Seine Haut war sehr zart und dennoch hatte er einen sehr starken Händedruck. "Kaisui, freut mich". Plötzlich lachte er laut auf und vorübergehende Geishas starrten uns an. "Ich meinte deinen richtigen Namen". So etwas war ich noch nie gefragt worden und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Letztendlich entschied mich dafür, ihm meinen Namen zu nennen. "Gomen-nasai", entschuldigte ich mich und sagte dann: "Michiru Kaio". "Also Michiru, würdest du mir heute im Ichiriki etwas Gesellschaft leisten?". Schon wieder eine Frage, auf die ich nicht antworten wollte. Ich hätte mich sehr gern mit ihm unterhalten, aber wann hatte ich schon mal einen Tag frei? Da es sehr unhöflich gewesen wäre, nein zu sagen, stimmte ich zu: "Ja, das würde ich gerne". "Gut. Dann sehen wir uns heute Abend im Ichiriki", er lächelte. Er hatte ein schönes Lächeln. "Ich freue mich schon", verabschiedete ich mich und machte mich auf den Nachhauseweg. Mutter war sehr erstaunt, warum ich mich anzog und schminkte, ich erklärte ihr, dass ich unbedingt an einer wichtigen Ozashiki (Dinnerparty) teil nehmen müsste. ,Aha', war ihre kurze Antwort. Ich machte mich gegen acht Uhr abends auf den Weg ins Ichiriki. Die Eigentümerin der Ochaya, also die Okasan, geleitete mich ins entsprechende Zimmer. Dort wartete Haruka und sah mich bewundernd an. "Guten Abend", begrüßte er mich. "Guten Abend", ich setzte mich und sah ihn an. Er trank einen Schluck Sake und sagte dann: "Bist du oft hier?". Die Etikette verlangte, dass ich ihn siezte, er mich aber duzte. "Es kommt darauf an, ob ich eingeladen werde oder nicht. Ist doch ganz klar", ich klang etwas besserwisserisch, er hatte aber anscheinend keinen Schimmer von der Geishakultur. Mit solchen Menschen hatte ich es am schwersten. Das Geishaleben war so komplex und so kompliziert zu erklären, dass ich genervt war, wenn ich andere auf die Traditionen aufmerksam machen musste. "Ich kenne mich mit so etwas nicht so gut aus. Ihr Geishas habt ein Leben voller Traditionen". Er war ein Ignorant und ich hasste das, dennoch konnte ich ihm nicht böse sein. Ich wollte meinen Standpunkt, mein Leben unter allen Umständen verteidigen. Diese Art Unterhaltung war eigentlich eine angenehme Abwechslung. Für gewöhnlich waren meine Gesprächspartner fasziniert von meinem Geishadasein. "Nicht nur das. Es ist auch anstrengend und fordert immer Höchstleistungen. Was sind Sie von Beruf?". "Darüber möchte ich eigentlich nicht reden", er trank einen Schluck Sake. "Na ja, gut. Ich kann sie zu nichts zwingen, Tenno-sama". Kaum hatte ich zuende gesprochen haute er so fest auf den Tisch, dass die Tassen wackelten. "Nenn mich nicht Tenno-sama! Das ist echt bescheuert! Ich bin auch kein besserer Mensch als du". Ich starrte ihn an und wusste im ersten Moment nicht, ob ich dem Drang zu weinen stand halten würde. Doch ich hielt der Versuchung stand und sagte: "Sie sind sehr unkontrolliert! Wenn sie es mir leise gesagt hätten, hätte ich es schon verstanden". Er war das genaue Gegenteil von mir, dass ich den Eindruck hatte, wir würden genauso gut wie Ying und Yang zusammen passen. "Entschuldigung", seufzte er leise. Er schenkte mir eine Tasse Sake ein und schob sie in meine Richtung. Ich trank einen Schluck und meinte: "Was treibt Sie nach Gion?". "Mein Vater, er hält sich geschäftlich hier auf und ich begleite ihn". "Und, wie gefällt Ihnen Gion?", ich sah ihm in die Augen und wurde sehr nachdenklich. "Einerseits mag ich die Großstadt, doch andererseits tut es gut, in Bezirke wie Gion zu kommen, um mich an der Kultur zu erfreuen". "Anscheinend verstehen Sie nicht viel von der Geishakultur?", fragte ich, weil ich über seine Aussage verwirrt war. "Deswegen unterhalte ich mich mit dir. Ich möchte die Geishakultur verstehen lernen", er lächelte und trank einen Schluck. "Die Geishakultur ist sehr komplex, wie ich schon sagte. Es wird also ein paar Unterhaltungen ich Anspruch nehmen, bis sie mich verstehen". Er nickte und schaute auf seine Uhr. Haruka starrte sie ungläubig an und entgegnete mir: "Das es so spät ist, habe ich gar nicht bemerkt. Ich muss langsam los". Ich nickte und wir beide tranken unseren Sake leer. Wir verließen gemeinsam die Ochaya und verabschiedeten uns draußen: "Ich hoffe, Sie kommen mich öfter in Gion besuchen?". "Ich werde es auf jeden Fall versuchen, versprechen kann ich nichts", meinte er, drehte sich um und ging ein paar Schritte, bis er rief: "Auf Wiedersehen, Michiru!". "Auf Wiedersehen, Haruka-san!", rief ich ebenso und machte mich auf den Nachhauseweg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)