Initium mortis von Luthien-Tasartir (Volturi-OS-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 3: God, why do you hate me?! ------------------------------------ Latent – nein, extrem – genervt versuchte ich dem hartnäckigen Dröhnen in meiner Ohrmuschel Einhalt zu gebieten. Ohne Erfolg. Das Dröhnen wurde lauter, penetranter, flaute wieder kurz ab, nur um erneut anzuschwellen. Hin und wieder veränderte es die Tonlage, wurde höher, dann wieder tiefer, wobei es wohlgemerkt weiterhin an meinen Nerven zerrte. Mit einem verbitterten Knurren löste ich schließlich meine Finger von den Ohren. Es hatte keinen Zweck. Nein, ich konnte noch so fest auf meinen Gehörgang drücken, es würde nicht aufhören. Verdrossen schaute ich auf die Ursache meiner Qual, die vor mir auf dem Bett lag und sich vor Schmerzen wand. „Leide nur, aber mach es gefälligst leiser!“ Mein Zischen verfehlte sein Ziel. Statt aufzuhören, wie ich es insgeheim – naiv wie ich war – gehofft hatte, schwoll das Schreien des jungen Mannes gerade in diesem Augenblick erneut an. Es war nicht auszuhalten! Schon drei Tage saß ich nun an dem Fußende seiner Ruhestätte – auch wenn Ruhe das war, was ich in den letzten Tagen am meisten vermisste – und schaute zu, wie dieses mickrige Wesen vor mir sich die Seele aus dem Leib schrie. Erneut wanderten meine Handflächen zu meinen Ohren. Würde dieses Kreischen nicht bald aufhören, lief ich Gefahr, den Verstand zu verlieren. Es sollte wieder abflauen! Natürlich erfüllte es mir den Wunsch nicht. Stattdessen wurde es immer lauter und lauter... und lauter. Zudem mischte sich langsam aber sicher mein unterschwelliges Knurren zu den Schmerzenslauten, über das ich keine Macht hatte. Dieses Brüllen zerrte an meinen Nerven, an meinem Verstand, sodass ich instinktiv, als wolle ich einen Gegner einschüchtern, Knurrlaute ausstieß. Der Quälgeist vor mir erlebte gerade seinen Höhepunkt, zumindest kam es mir so vor, da ich bezweifelte, dass er noch lauter werden konnte. Dann – von jetzt auf gleich – war es still. Erleichtert seufzend senkte ich meine Hände wieder, während ich kurz mit geschlossenen Augen die Ruhe genoss, bevor ich mich dem Neuling zuwandte. Dieser hatte sich mittlerweile aufgesetzt und schaute mich verwirrt und mit unterdrückter Qual an; seine Hand klebte bereits förmlich an seiner Kehle. Seinen Durst ignorierend, blieb ich auf meinem Stuhl sitzen, während ich ihn in aller Ruhe musterte. Lange, schwarze Haare, leuchtend rote Augen, relativ kleiner Körperbau und ausgefranste Kleidung. Ein typischer Fall von „Bettler–von–der–Straße–der–griechischen–Großmetropole–aufgesammelt–und–nicht–fertig–gegessen“. Nun, es war die Sache der Meister und ich wäre wohl der Letzte, der ihnen, aufgrund ihrer Auswahl an neuen Wachen, Vorwürfe machen würde; oder könnte. Es dauerte eine Weile, bis ich die Stille durchbrach. Der andere hatte augenscheinlich nichts zu sagen, weswegen ich mit der ersten Frage, die mir einfiel, anfing. „Wie ist dein Name?“ Meine Stimme war kühl, reserviert und bedrohlich. Er sollte gar nicht erst auf die Idee kommen, sich zu irgendwelchen Dummheiten hinreißen zu lassen. Zur Not würde ich ihn fürs Erste unschädlich machen, was hieße, dass er bis auf seinen Kopf nicht mehr viel an seinem Körper baumeln haben würde. Als der junge Mann noch immer nicht geantwortet hatte, wiederholte ich meine Frage, dieses Mal eindringlicher, worauf er schließlich mit einem krächzenden „Demetri“ antwortete. Zufrieden nickte ich, bevor ich mich endlich aufrichtete und auf ihn zuging. „Mein Name ist Felix. Willkommen in Volterra.“ Die Tore zum Thronsaal öffneten sich unter dem Druck meiner Hände nach innen und gaben uns den Blick auf die drei, auf ihren Plätzen sitzenden, Meister frei. Hinter mir betrat der Frischling etwas verunsichert – was er jedoch versuchte zu unterdrücken – den Raum. Sobald Meister Aro ihn erblickte, sprang er von seinem hohen Sitz auf und eilte, an meiner sich verbeugenden Gestalt vorbei, zu dem Neugeborenen. Mit einem erneuten, überschwänglichen „Willkommen in Volterra, junger Freund!“ ergriff er dessen Hände und nahm ihm zum ersten Mal in seiner neuen Existenz die intimsten Gedanken ab. Ich hatte mich mittlerweile wieder aufgerichtet, während ich all dies beobachtete und wartete stumm und regungslos auf weitere Anordnungen, beziehungsweise auf den weiteren Verlauf des Gesprächs zwischen dem schwarzhaarigen Meister und seinem neuen Untergebenen. Lange ließ es nicht auf sich warten, da Aro kurz darauf aufseufzte, bevor er von dem Griechen abließ. „Es freut mich, dich in unserem Kreis willkommen heißen zu dürfen“, wiederholte er ein weiteres Mal, wobei er dieses Mal jedoch ein „Demetri“ hinzufügte. Die Überraschung des Jüngeren stand ihm nahezu in das Gesicht geschrieben. Immerhin hatte er dem Wortführenden keinerlei Angaben über sich gegeben. Er öffnete auch sogleich den Mund, um nachzufragen, was es mit diesem Wissen Aros auf sich hatte, wurde aber sofort wieder von selbigem unterbrochen. „Keine Angst, deine Fragen werden dir alle beantwortet werden, doch jetzt sollten wir uns erst einmal wichtigeren Dingen zuwenden... du musst durstig sein.“ Erneut ließ der Meister dem Jüngeren keine Zeit für eine Reaktion. Eine knappe Geste in Richtung zweier einfacher Wachen neben mir genügte, um einen Menschen hinter einer Säule hervorgezerrt zu bekommen. Sein Angstschweiß war schon die ganze Zeit zu riechen gewesen, doch jetzt, da er so nah neben mir vorbei geführt wurde und mir der süßliche Geruch seines Blutes in die Nase stieg, musste ich mich beherrschen, damit ich ihn nicht ansprang. Vorsorglich trat ich einen Schritt zurück. Das Letzte, was ich jetzt wollte, war, dem Neugeborenen sein Trinken streitig zu machen. Nicht, dass ich mich vor ihm selbst gefürchtet hätte, wohl aber vor den Konsequenzen, die meine Tat mit sich bringen würde. Die Meister sahen es nun einmal nicht gerne, wenn man ihren Befehlen zuwider handelte und dieser Mensch war ganz eindeutig für den Frischling bestimmt. Demetri zögerte nicht lange, als ihm der Appetithappen gereicht wurde, sondern vergrub instinktiv sofort seine Zähne in dessen Hals. Das Blut, das durch das unkontrollierte Trinken des Neulings austrat und das gequälte Schreien des Opfers, ließ schließlich nicht nur mich unruhig werden. Alle um mich herum schienen den gleichen Futterneid zu hegen, auch wenn sie sich genug im Griff hatten, um sich daran zu hindern sofort zwischen den Jäger und seine Beute zu drängen und sei es nur durch die Angst vor ihrer Zeit in kleine Stücke zerrissen und verbrannt zu werden. Noch während der Neuling trank, rief mich Aro an seine Seite, worauf ich umgehend reagierte. Im Bruchteil einer Sekunde befand ich mich neben ihm, meinen Blutdurst, der durch die gestiegene Nähe zu dem austretenden Blut ins fast Unerträgliche gestiegen war, so gut wie ignorierend. Andererseits blieb mir auch keine Zeit, um zu überlegen, wie ich Demetri jetzt wohl am Besten von seiner Beute trennen konnte, da mich meines Meisters Worte sofort einnahmen. „Ich möchte, dass du dich in der Folgezeit um unseren jungen Freund hier kümmerst. Du wirst ihm seine Fragen beantworten, ihm unsere Regeln erklären und ihm beibringen, was Regelbrüche für Folgen haben werden. Pass gut auf ihn auf. Ich habe so das Gefühl, dass er noch nützlich sein wird...“, mit diesen Worten wandte er sich wieder zu dem Neugeborenen, der gerade den ausgesaugten Menschen auf den Boden fallen ließ und mit einem einfachen „Mehr!“ seine Unstillbarkeit zum Ausdruck brachte. Ein leises Knurren entfloh meiner Kehle, das jedoch sofort wieder stoppte, als ich den mahnenden Blick meines Meisters registrierte. Zwar war es eine nicht hinnehmbare Frechheit, dem Gastgeber auf eine so unverhohlene Art und Weise zu signalisieren, dass man durch seine Gaben nicht satt geworden war, doch schien Aro in diesem Fall gnädig gestimmt zu sein. „Gib ihm, was er will“, kommentierte er die Aufforderung des Frischlings, bevor er sich ohne einen erneuten Blick auf mich zu werfen von uns abwandte. Eine kurze Verbeugung meinerseits – es stand außer Frage, dass er mich mit seinem Befehl gemeint hatte – dann verließ ich den Thronsaal, meinen neuen Schutzbefohlenen am Nacken mit mir schleifend. Freunde würden wir jedenfalls nicht werden, das stand bereits jetzt schon für mich fest. Die ganze Zeit hatte ich mich erfolgreich vor der Aufzucht eines Jungvampirs gedrückt und nun musste er auftauchen. Meine gesamte Freizeit würde für die nächsten Wochen oder gar Monate an diesem Quälgeist zugrunde gehen. Kein Blut mehr, wenn ich es wollte, da ich mein Anhängsel schlecht auf eine vielbevölkerte Stadt loslassen konnte. Im Klartext hieß das, dass ich die nächste Zeit nur nachts hinausgehen, nur hinter diesem Witzbold hinterherjagen und – was das Beste war – mich von meinem sowieso schon vernachlässigten Privatleben gänzlich verabschieden konnte. „Also Demetri“, begann ich noch auf dem Weg zu seiner neuen Kammer – auf Trinken würde er bis zum Anbruch der Nacht verzichten müssen, „wenn du möchtest, dass wir uns in der nächsten Zeit gut verstehen, schlage ich vor, dass du mich möglichst wenig mit deinen – für mich übrigens völlig uninteressanten – Fragen, die du vielleicht haben könntest, behelligst. Außerdem würde ich es sehr begrüßen, wenn du mich nicht alle fünf Minuten mit deinem Wunsch, einen Menschen zum Trinken zu haben, belästigen würdest. Ich weiß, dass du Durst hast – stell dir vor, mir geht es nicht besser – also musst du mich darauf nicht auch noch hinweisen. Nach draußen und damit zum Jagen kommst du ab heute sowieso nur nachts, damit du keine Menschen in unmittelbarer Nähe unseres Schlosses angreifst. Du bist übrigens hier nicht mehr Griechenland, sondern in Italien, also ist Fortlaufen sinnlos. Du würdest dich hier sowieso nicht zurechtfinden. Wenn also alles geklärt ist“, wir waren vor seinem neuen Zuhause angekommen, „kannst du dich jetzt hier etwas aufhalten. Und bleib bloß ruhig, ich werde dich in nächster Zeit begleiten und auf dich achten dürfen und deine Stimme ist mir mittlerweile leider sehr wohl vertraut. Also halte deinen Sprachanteil niedrig!“ Mit diesen letzten Worten stieß ich ihn in sein Zimmer und schloss die Tür von außen, bevor ich mich daneben stellte. Die nächsten Stunden würde ich wohl in dieser Position bleiben, doch das machte mir nichts aus. Was ich im Moment wirklich genoss, war die Ruhe, die mich nun endlich umgab. Eigentlich störte mich Lärm herzlich wenig, doch heute war es genau das, was ich mir seit drei Tagen am Meisten ersehnt hatte. Mehr noch als das Blut eines Menschen und das wollte etwas heißen. Im Innern der Kammer klirrte etwas, dann krachte es und schließlich ertönte ein gedämpfter, erschreckter Schrei. Genervt aufseufzend öffnete ich die Tür. Die nächsten Tage würden meine persönliche Hölle werden, da war ich mir sicher und wenn ich ihn gezähmt hatte, würde ich mich hüten, auch nur in die Nähe dieses unzivilisierten Trottels zu kommen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)