Fairplay von Daikotsu (Something old, something new, something borrowed, something blue) ================================================================================ Kapitel 1: Fairplay ------------------- (das kursiv geschriebene sind Ausschnitte aus dem Lied Shame von Monrose, nur ins Deutsche übersetzt) Fairplay Nun steh ich hier, allein, obwohl um mich herum das ganze Leben herrscht. Mein Kopf ist gesenkt, mein Blick gleitet vorbei an den Blumenstrauß in meiner Hand, weiße Rosen, fein gebündelt zu einem Strauß. Die weißen Spitzenhandschuhe scheinen das Bündel kaum noch festhalten zu können, lassen es tonnenschwer auf meine Arme lasten. Ein Kinderlachen hier, ein Frauengeschnatter da, tiefe Stimmen hinter mir, und dennoch prallt alles an mir ab. Würde er kommen? Würde er kommen, nachdem ich ihm dies angetan habe? Nein, ich würde nicht kommen… Das musste ich mir eingestehen, und dennoch hebt sich mein Kopf, gleitet mein Blick durch die Gegend, um ihn vielleicht noch herkommen zu sehen. Doch dem war nicht so. Unser letztes Gespräch, es liegt mir schwer im Gedächtnis. Und obwohl ich es nicht sagen kann, denke ich, weiß ich: Ich kann dieses Mal nicht zurück. Der Wind lässt mein Haar, welches fein hochgesteckt wurde, und nun in sanften Locken fällt, im Wind tanzen, so, wie ich es mir immer bei meiner Hochzeit vorgestellt habe. Doch nun beschleicht mich die Angst, dass sie nie stattfinden wird. Als ob das Wetter wüsste, wie es mir geht, lassen weiße Wolken die Sonne nicht mehr zu mir vordringen, lässt sie mir das Sonnenlicht nicht mehr zur Erholung, zur Beruhigung. Mein Blick gleitet hinauf, hofft, dass ich ihn vielleicht zu mir fliegen sehe. Vielleicht… würde er wirklich mit dem Besen kommen. Es wäre sein Stil. Es wäre seine Art. Penelopes Stimme reißt mich schließlich aus den Gedanken. Sie sieht ziemlich besorgt drein. Das will ich doch eigentlich nicht erreichen. „Es geht mir gut.“, lüge ich ihr vor, als ich ihren Blick sehe. „Ich bin nur nervös.“ Sie ist so eine liebe Freundin, steht immer zu mir, egal was ich tu, ist da, wenn ich sie brauche. ****** In Hogwarts waren wir zusammen auf einem Zimmer untergebracht worden. Hatten so viel Spaß zusammen. Im fünften Jahrgang kam ich in unser Hogwarts Quidditch Team. Sie wurde zur Vertrauensschülerin ernannt. Wir waren glücklich, einfach nur glücklich. Penelope fand ihre erste Liebe in dem Weasleyjungen namens Percy. Ich habe mich sehr für sie gefreut, innerlich musste ich dennoch zugeben, dass mir die Verbindung nicht gefiel. Ich weiß heute, dass es nicht aus Boshaftigkeit war, oder weil ich meine Freundin für mich behalten wollte, es war eher die Eifersucht, die mich trieb. Immer weiter und immer weiter, bis ich einen Jungen nach den anderen traf und mit ihnen ausging. Manchmal mit zweien parallel, jedoch nicht gleichzeitig. Und keiner von ihnen bedeutete mir etwas. Erst mein erstes Spiel, an dem ich aktiv teilnehmen konnte, ließ mich wieder in die Welt zurückkehren, in der ich mich eigentlich hätte befinden sollen. In die Schulwelt, in die Unterrichts- und Quidditchwelt. Ich hatte sie sehr vernachlässigt gehabt, was man an meinen Noten und Spielfähigkeiten deutlich erkennen konnte. Das erste Spiel gegen Slytherin fiel daher unglaublich schlecht für mich aus. Ich, als Hüter der Mannschaft, hatte fast jeden zweiten Quaffel durch eines der Tore gelassen. Es war solch eine Blamage. Zum Glück hatte ich ein wunderbares Team, welches mich nicht niedermachte, sondern unterstützte, und durch dieses Ereignis fing sich das Rad des Lebens für mich an zu drehen. Natürlich wollte ich im nächsten Spiel nicht schlecht abschneiden. So trainierte ich, auch außerhalb der Trainingszeiten und studierte die Mitglieder des Gryffindor Teams, gegen welches wir als nächstes spielen würden. Ich war wie besessen. Noch einmal wollte ich nicht verlieren, wollte ich nicht das Team, wegen meiner Unfähigkeit leiden lassen. Die Treiber des Gryffindorteams waren gut, wirklich sehr gut, ebenso ihr Sucher. Wie aufbauend solche Nachmittage waren, an denen ich das Training der Mannschaft beobachten konnte. Nur erwischen lassen, das durfte ich mich nicht. So kam es schließlich zu dem Tag, an dem ich ihn das erste Mal persönlich traf. Das Training war grade vorbei und die Mitglieder des Teams verschwanden einer nach dem anderen in der Umkleidekabine. So konnte ich mich schließlich nach einigen Minuten aus meinem ‚Versteck’ trauen, welches nichts anderes als der untere Teil des Ravenclawaussichtsturms war. Es regnete und schien auch nicht mehr aufhören zu wollen, dementsprechend nass wurde ich, doch das war mir egal. Der Matsch unter meinen Schuhen machte leicht klatschende Geräusche, während ich um die Ecke schielte um auch wirklich nachzuschauen, ob wirklich niemand mehr zu sehen war. Kaum drehte ich mich zurück, schwebte eine Gestalt vor mir auf ihren Besen, vermummt, das Gesicht in einem tiefen Schatten getaucht. Der Schreck hing mir deutlich in den Gliedern. Was sollte ich nun sagen? Wie sollte ich mich erklären? Kein normaler Fan, kein Zuschauer, würde bei diesem Wetter hierher kommen, schon gar keiner, von einem anderen Haus, geschweige denn anderen Quiddittchteam. „Was machst du hier?“, fragte schließlich die tiefe Stimme und ließ mich so erkennen, dass es sich um einen der männlichen Spieler handelte. Erst, als er etwas aufsah und das spärliche Licht auf sein Gesicht schien, erkannte ich den Kapitän der Gryffindor Mannschaft. //Oliver Wood…//, dachte ich und schluckte schwer. Wie sollte ich das nur erklären, wie nur? „Komm, du holst dir ja noch den Tod hier draußen.“, sprach er schließlich weiter, ohne, dass er eine Antwort zu erwarten schien. Seine Hand streckte sich mir entgegen und ehe ich wusste, was geschah, saß ich auf seinen Besen, hinter ihm, und hielt mich an seiner Hüfte fest. Eine Runde schienen wir noch zu fliegen, bis wir vor dem Eingang zu den Kabinen hielten. „Danke.“, bekam ich nun doch endlich raus und wrang etwas mein Haar aus. Es war ruhig, zu ruhig. Die Anderen waren wohl eilig zum Schloss gegangen, duschten sich da oder zogen sich da um. „Keine Ursache. Beantwortest du mir nun meine Frage? Was hast du da gemacht? Es ist ein scheußliches Wetter da draußen.“ Während er redete, ging er den Flur entlang und schließlich in eine Tür, die rechts von ihm eingelassen war. Schnellen Schrittes folgte ich ihm schließlich und hielt noch im Flur, als ich das Schild auf der Tür sah: Jungenumkleidekabine. Natürlich wäre ich ihm niemals dort hinein gefolgt. Gegangen… wäre ich allerdings auch nicht. Anstatt ihm auf seine Frage eine Antwort zu geben, erwiderte ich folgendes: “Es ist wirklich ein scheußliches Wetter. Und dennoch habt ihr trainiert! Warum?“ Ich sprach lauter, damit er mich auch hören konnte. „Grade bei solch einem Wetter trainiert man. Man kann sich das Wetter bei einem richtigen Quidditchspiel auch nicht aussuchen.“, sagte er, während die Dusche hörbar anging. Er hatte Recht, solch ein Wetter, es war eigentlich Ideal zum trainieren. Ich sollte dies meiner Mannschaft auch vorschlagen. Diese hatte angesichts des Wetters das Training für heute nämlich storniert. Eine ganze Weile schwiegen wir beide, während sich Oliver duschte. „Ihr seid gut.“, rief ich ihm schließlich zu. Einige Strategien verstand ich von ihm nicht, einige sehr gut. So redeten wir beide eine halbe Stunde lang, bis die Tür zum Bad sich öffnete und Oliver heraustrat. „Wir haben uns glaube ich noch nicht bekannt gemacht: Oliver Wood.“ So hielt er mir die Hand entgegen. Zum einen, um mir aufzuhelfen, da ich mich gesetzt hatte, zum anderen um mich zu begrüßen. Dankend nahm ich die Hand an und lächelte. “Yasmin Lowe.“ Sein Gesicht schien nachdenklich, kannte er meinen Namen, kannte er meine Position? Ich war neu im Team. Nur ein Spiel hatte ich bestritten. Aber ob er wusste, wer ich war? Anscheinend nicht, denn sein Gesicht begann zu lächeln, während er mir auf den Besen half und mit mir zurück flog. Es dauerte nicht lang, bis das Spiel Hufflepuff gegen Slytherin lief. Zu der Oliver und ich zusammen gingen. Nun gut, zusammen war übertrieben, er kam, um es sich anzusehen und ich setzte mich zu ihm. Das nächste Spiel würde entscheidend sein. Gryffindor gegen Ravenclaw. Ich musste mich vorbereiten, und dazu halfen mir eindeutig die Kommentare Olivers, die ich mir merkte. Die Verteidigung sei zu wenig besetzt, die Treiber zu langsam, und der Sucher eine einzige Katastrophe. Selbst das Spielende plus Punkterückstand sagte er richtig voraus. Ich war wirklich erstaunt gewesen, als er dies alles sagte, und sah ihn wohl auch dementsprechend an. Er lachte sogar kurz, über mein Gesicht. „Ich beschäftige mich wohl zu viel damit.“ Doch ich schüttelte sofort den Kopf. „Ich wäre froh, wenn ich das alles mit einem Blick sagen könnte.“, kicherte ich. Als das Spiel aus war, blieben wir noch etwas sitzen, sprachen über Quidditch und die Weltmeisterschaften. Ich glaube, er war überrascht gewesen, wie viel ich doch eigentlich über den Sport wusste. Als das Quidditchfeld leer war, standen wir auch auf, und schließlich kam eine, der gefürchteten Fragen, die ich mir hätte vorstellen können. „Warum bewirbst du dich nicht bei deinem Quidditchteam?“ Ab da fing die Misere eigentlich an. Ich log, was blieb mir übrig? Er hätte sofort gewusst, dass ich nur beim Training seinerseits war, weil ich sie ausspionieren wollte. Dass ich mich nur neben ihn setzte, um die Schwächen der Anderen zu sehen, und sie mit dem meinen Teams abzusprechen. Er war klug, das bezweifelte ich kein bisschen. Und dennoch: Ich konnte ihn nur belügen und hoffen, dass er nicht dahinter kam. Schließlich brauchte ich sein Wissen noch. „Über Quidditch reden ist einfach, es zu spielen allerdings nicht.“ Oliver lächelte über diesen Spruch und ging mit mir schließlich zurück zum Schloss. Die Woche darauf kam mir wie ein Traum vor. Fast täglich war ich beim Training der Gryffindors und sah Oliver zu, wie er seine Spielzüge Tag um Tag ein kleines bisschen verbesserte. Ich versuchte mir natürlich alles einzuprägen und handelte so auch bei meinen eigenen Trainingseinheiten. Meine Mannschaft war begeistert von mir, und ich von Oliver. Besonders seine Ausdauer war faszinierend. Während mein eigenes Team nur dreimal die Woche vor dem Spiel trainierte, war Oliver, ob mit oder ohne Team jeden Tag bis zum Abend auf dem Feld und verbesserte sich, redete danach mit mir, und wollte sogar Tipps haben, wobei ich ihn allerdings (und verständlicherweise) nicht helfen konnte. Am letzten Abend, vor dem Spiel, beobachtete ich Oliver besonders genau. Seine Bewegungen hatten sich im Vergleich zum Anfang der Woche um einiges verbessert. „Wie ist das nur möglich?“, fragte ich ihn, als ich ihm bei seinem Landeanflug entgegenlief. „Wie kannst du dich innerhalb weniger Tage nur so sehr steigern?“ Was sollte das denn noch werden? Wenn er so weitermachte… ich mochte mir gar nicht ausmalen, wie sehr er in diesem Sport noch Erfolg haben würde. Doch Oliver prahlte auch nicht, er kratzte sich verlegen am Hinterkopf und sah von unten zu mir auf. Über so viel, wie mochte man das nennen? Niedlichkeit? Ich wusste es nicht, zumindest musste ich lächeln. “Morgen schneidest du sicherlich sehr gut ab.“, flüsterte ich noch hinzu, bis Oliver den Kopf ganz hob und mir ebenso zulächelte. Eine beklemmende Weile des Schweigens legte sich über uns beide. Ich wusste nichts mehr zu sagen. Sah einfach nur in seine Augen. Und zum ersten Mal hegten sich wirkliche Zweifel in mir. War es richtig, dass ich ihn so sehr ausnutzte? Plötzlich lehnte ich mich vor, mein Körper gehorchte mir nicht mehr, und so legten sich meine Lippen auf die seinen, während meine Augen sich schlossen und mein Körper unter Strom stand. Ich spürte mein Blut überall, in meinen Wangen, in meinen Fingerspitzen, in denen es pulsierte. Stunden, Tage schienen zu vergehen, und dennoch war der Augenblick zu kurz, als ich mich wieder löste und Oliver etwas schüchtern ansah. “Ich wünsche dir viel Glück morgen.“ Oliver blickte wohl genauso drein wie ich. Zumindest hatte ich mein Gesicht genauso als Bild im Kopf, wie sein Gesicht nun aussah. Wieder lächelte ich leicht. Es musste … vielleicht nicht so ausgehen. Am Tag darauf war das große Spiel, und ich gab mir alle Mühe, nicht von Oliver gesehen zu werden. Ich war später gekommen, da ich ahnte, dass Oliver und seine Mannschaft früh dort sein würden. Auch in der Kabine, war mir nicht wohl zumute. Gestern hatte ich doch vor meinen Teamkameraden noch große Töne gespuckt. Wie leicht die Gryffindors doch eigentlich zu schlagen waren. Wie dumm sie wären. Das war jedoch alles noch vor dem Abend zuvor. Erst, wollte ich Magenkrämpfe vortäuschen. Doch wie könnte ich mein Team im Stich lassen? Letztendlich stand ich doch in der Schlange bei meinen Teamkameraden und schämte mich, schämte mich abgrundtief, wäre dieses Gefühl doch nur früher eingetreten. Olivers Kopf ragte vorn hinaus, ich konnte ihn genau sehen. Schließlich öffneten sich die Pforten und wir wurden hinausgelassen. Einer nach den anderen, auf ihren Besen flogen sie eine Runde, ließen sich schon vor Beginn des Spiels feiern. Nur ich flog sofort zu meinen Ringen und sah hinab, hoffte, dass er mich nicht erkannte. Bisher hatte ich meine Haare offen getragen, vielleicht erkannte er mich mit Zopf auch nicht, doch meine Hoffnung wurde getrübt, als ich hoch schielte, nachdem das Spiel von Professor Hooch angepfiffen wurde. Oliver starrte geradezu zu mir und ließ so auch den überraschenden Wurf meines Teams durch die Ringe. Ich konnte nicht hören, was seine Kameraden zu ihm sagten, doch ich ahnte es. Er nickte, schien sich zu entschuldigen und strafte mich mit einem Blick, den ich nicht beschreiben konnte. Der Moment, bis die gegnerischen Gryffindors angriffen, dauerte nicht lang. Ein junges Mädchen hatte den Quaffel unterm Arm, spielte ihn zu einem Jungen ab, der ihn kurz vor meinem Tor wieder zu dem Mädchen spielte und ihn durch den Ring warf. Doch ich ärgerte mich nicht, sah kurz zu dem Ring und wieder zurück zu Olivers Tore. Das Spiel schien kein Ende zu nehmen, bis ein Junge, einer, aus dem ersten Jahrgang den Schnatz fing. Lee Jordan rief es laut durch die Lautsprechanlage. „Er hat den Schnatz! 150 Punkte für Gryffindor dafür, dass Harry Potter den Schnatz gefangen hat!“ Im gleichen Moment pfiff Professor Hooch und beendete das Spiel. Die Gryffindors jubelten wie verrückt, während ich sofort nach der Niederlage hinab flog und in die Kabine ging. Dort zog ich mich langsam und niedergeschlagen um, bis meine Teamkameraden dazu kamen. Nur wenige Minuten später ging ich hinaus, und erblickte Oliver, der sich aber sofort von mir abwandte und wieder in das Stadion gehen wollte. Doch ich folgte ihm, rannte geradezu, um ihn auf den grünen Rasen einzuholen. „Oliver!“, rief ich und stellte mich schließlich vor ihm. Wie zu erwarten war, wich er aus, wollte um mich herum gehen und behandelte wie mich wie Luft. „Herzlichen Glückwunsch zum Sieg.“, brabbelte ich unbedacht dahin. Was sollte ich denn sagen außer: “Es tut mir Leid.“ Er ignorierte mich weiter… „OLIVER!“ Seine Augen sahen in meine, stachen wie Eispickel zu, sogar so sehr, dass es mich zum Schlucken zwang. „Wenn… es dich tröstet, mein Team hat entschieden mich auszutauschen.“ Natürlich ging ich freiwillig, rauswerfen, das gab es nicht. Nicht in Hogwarts, ja nicht einmal im Slytherin Team. Er schien alles in sich hinein zu fressen, sprach nicht, strafte mich mit seinen Blicken und ging weiter. Doch sofort ergriff ich seine Hand. Wieso…. Was war mit mir los? Das Wichtigste war doch Quidditch… oder? „Verzeih mir bitte… Der… Kuss gestern. Er war ehrlich…“ Oliver blickte mich an, verschwand dann aber wieder. Ich konnte ihn nicht weiter nachgehen, wollte es nicht. Er sollte erst einmal darüber nachdenken, bevor ich ihn weiter mit meinen Entschuldigungen nervte. Die Zeit verging, und immer, wenn ich versuchte einen Blick von Oliver zu erhaschen, verweigerte er ihn mir. Beim Spiel Hufflepuff gegen Ravenclaw, saß ich dieses Mal im Publikum und konnte den haushohen Sieg meiner Mannschaft mit ansehen. Ohne mich… Sie waren damit besser dran. Doch wirklich am Spiel teilgenommen, hatte ich nicht. Weder physisch noch psychisch. Stattdessen dachte ich nach. Ich war mir vielen Jungen ausgegangen, habe jeden von ihnen wie einen Gegenstand benutzt, sie ausgetauscht und weggeworfen, warum war es dann nicht so leicht bei Oliver? Wegen seiner warmen Augen? Wegen seines charmanten Lächelns? Wegen seinem ehrlichen Interesse? Wegen seiner Gutgläubigkeit? Meine Gedanken beherrschten mich das ganze Spiel über und auch die Woche darauf, in der ich in der Schule und auch privat kaum weiterkam. Selbst Penelope merkte, dass es mir nicht gut ging. Sie wusste nicht, ob es mein Gewissen, oder etwas anderes war, das mich so sehr belastete, jedoch… konnte ich es ahnen… Am Tag des Spiels Gryffindor gegen Slytherin war ich jedoch wieder hellwach, voll im Leben, zumindest für den Moment des Spiels. Meine Augen hafteten an Oliver. Er war grandios wie immer. Obwohl, er war etwas langsamer, oder täuschte das? Das Jubeln um mich herum schien immer leiser zu werden, als ob jemand einen Knopf drehen würde, und so alles auf Minimum stellte. Doch dem war nicht so, alle waren wie immer. In meinem Kopf kamen die Erinnerungen an das leere Stadion. An Oliver, wie er jeden Ball fing, der ihm zugeworfen wurde, wie er seine Teammitglieder umherscheuchte, und wie ich ihn… küsste. Plötzlich wurde es schlagartig lauter um mich herum, als die jubelnden Gryffindors aufgesprungen waren und dem Jungen, mit der Brille zujubelten. “Harry Potter hat den Schnatz gefangen!“ Nach dem Spiel wartete ich wie schon beim letzten Mal auf ihn, wartete, und wartete, bis er als fast letzter mit einem seiner Spielkameraden die Kabine verließ. Ich zögerte, würde er mir überhaupt zuhören? Hatte er mich gesehen, als ich bei seinem Training war? Ich war nicht mehr im Team. Er brauchte nichts zu befürchten. „Herzlichen Glückwunsch zum Sieg Oliver.“ Oliver lief an mir vorbei, er hatte mich also wieder ignoriert. Gekränkt ließ ich den Kopf hängen und ging langsam in die entgegen gesetzte Richtung. „Schade…“ „Wieso schade?“, fragte mich plötzlich eine Stimme hinter mir, die eindeutig nur von einen Menschen kommen konnte. „und … danke.“ Langsam drehte ich mich um und blickte zu den braunen Augen, die ich vermisst hatte. Nur wenig später umarmte ich ihn stürmisch und lächelte dabei. ****** Und nun stehe ich hier und warte… Die Wolken von vorhin, wandeln sich vom weiß in grau um, und die ersten Tropfen fallen auf die Erde. Ich schäme mich, genau, wie damals. Wie konnte ich ihm diese Dinge nur an den Kopf werfen? Nur… wegen so einer lächerlichen Sache. Zuerst ging es um etwas Harmloses und… dann hatte ich mich so hinein gesteigert. Ich warf ihm die unmöglichsten Dinge an den Kopf. Sagte schlimme Dinge. Doch alles scheint wie gelöscht aus meinem Gedächtnis. Bis auf eines. Die schlimmste Sünde: “Ich bin doch eh nur wegen dem Quidditch mit dir zusammen!“, schrie ich ihm entgegen. Eine Lüge. Eine Große sogar. Doch ich hatte zu diesem Zeitpunkt einen, wie soll ich es nennen? Blackout. Unsere Junggesellenabschiede feierten wir nach dem Streit… wenn er überhaupt feierte. Als der Regen stärker wurde, kam Penelope wieder zu mir, mit einem Schirm über sich, der den Regen von ihrem wunderschönen blauen Kleid abhielt. “Yasmin?“, fragt sie vorsichtig und blickt mich leicht fragend, aber vor allem besorgt an. “Er kommt gleich…“ Durch Liebe und Verzweiflung, es liegt mir schwer im Gedächtnis. Und obwohl ich es nicht hinnehmen kann, denke ich, ich weiß: Ich kann diesmal nicht zurück. Ich kann die Worte nicht mehr rückgängig machen. Ich kann nicht zu der Zeit, in der wir glücklich waren und ich nicht wegen der Hochzeit Panik bekam. Ich kann nicht zurück. Ich will nicht zurück. Penelope indes schwieg, sah ebenso in den Himmel und den immer dunkel werdenden Wolken. „Es gewittert gleich Yasmin.“ Ich weiß es, ich weiß, dass er kommt, so ignoriere ich die Worte meiner Trauzeugin und starre weiterhin geradeaus. Sie geht, geht zurück zu den anderen Gästen und scheint mit ihnen über die jetzige Situation zu reden, während ich fest davon überzeugt bin, dass er erscheint. Mein Make-up beginnt langsam zu verlaufen, mein Haar sich mit den Spangen von oben nach unten zu bewegen. Welch ein Desaster. Ich bezahle den Preis für all meine Sünden. Und wenn Liebe endet, beginnt doch ein neues Leben, oder? Meine Unabhängigkeit lässt mich immer zu Boden sinken und sie lässt mich mehr verlangen. Wieder erhebt sich etwas Dunkles über mich, ein Schirm, von meiner besten Freundin, die meine zweite Trauzeugin zur Hilfe holte. Zusammen legen sie ihre Hände an meine Arme und drehten mich um, um mit mir zur Kirche zu gehen. Ein Kind schreit etwas, einige andere folgen dem ausgestreckten Finger des kleinen Jungen, und auch ich drehe mich um und sehe zum Himmel. Ein dunkler Punkt schwebt am Horizont und wird größer und größer. Sofort lächle ich und renne vor. //Er ist es!// Und tatsächlich habe ich Recht, als ich bemerke, dass er vor mir landet. Auf der Stelle falle ich ihn um den Hals, entschuldige mich tausend Mal. Das wir klitschnass werden, ist mir egal. Nur er zählt. Nur er allein, der seinen Arm um mich legt und mich vorsichtig an sich drückt. „Die ganze Zeit dachte ich, ich würde mich kennen. Aber schon wieder, begrabe ich meinen Kopf in Scham.“ Oliver lächelte, tätschelt meinen Kopf und gibt mir schließlich einen Kuss. „Ich habe noch etwas für dich.“ Das er mir noch Geschenke macht, nachdem ich ihm dies alles an den Kopf werfe! Nachdem er in seine Tasche griff, hält er mir etwas entgegen, von dem ich schmunzeln muss. „Meine Mutter wollte es eigentlich zu ihrer Hochzeit anziehen, hat es aber dann doch nicht getan. Es… ist also neu, und doch alt, es… ist geborgt und… gleichzeitig blau.“ Lächelnd nehme ich das Strumpfband entgegen, gebe es ihm aber sofort wieder zurück. “Mach es mir um.“, flüstere ich und hebe meinen Rock an, während er es mir umbindet und ich lächle. “Danke sehr.“ Oliver steht wieder auf. Er sieht aus, wie ein begossener Pudel, so, wie der Regen ihn zugesetzt hat. “Es ist wirklich ein scheußliches Wetter.“ „Grade bei solch einem Wetter trainiert man.“ Ein Lächeln zog sich über unser beider Gesichter, während wir nass, aber glücklich in die Kirche treten und umjubelt werden, als haben wir grade ein Spiel gewonnen. Ein Spiel, das nun ernst wird. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)