A little bit lost without you. von Eleven (Denn dafür sind Geschwister doch da.) ================================================================================ Kapitel 2: Seven years later. II -------------------------------- Seven years later. II “Ähm, Louisa? Isst du das da noch?” Gedankenverloren hob ich meinen Kopf und schaute in die hübschen, braunen Augen von Laura, welche schüchtern mit ihrem Zeigefinger auf mein Sandwich deutete. “Äh… was? Achso, nein du kannst es ruhig haben”, war meine eher träge Antwort, woraufhin ich mein Gesicht gelangweilt zur Seite drehte. Aus dem Augenwinkel bekam ich mit, wie sie sich breit lächelnd das Toast schnappte und davon abbiss. Mittlerweile waren Laura und ich beste Freundinnen. Und es war bei uns eigentlich schon Gang und gebe, dass sie immer die zweite Hälfte von meinem Pausenbrot bekam. Sie meinte einmal zu mir, es würde viel besser schmecken, als das, was ihre Eltern ihr mitgäben. Natürlich habe ich ihr erzählt, dass meine Mutter mir immer mein Brot für die Schule schmiert. Eigentlich machte ich es aber alleine, meine Mutter war morgens immer schon früh weg, da dachte sie nicht an so was. Aber das war in Ordnung so, wirklich. Ich weis nicht mal warum ich meiner besten Freundin erzählt habe, meine Mutter würde mir mein Brot machen. Wahrscheinlich weil ich es einfach nicht gerne hatte, wenn andere dann versuchten Mitleid zu zeigen. Ich war nicht bemitleidenswert, es ging mir gut. Nur weil mein Leben vielleicht etwas anders aussah, war ich doch nicht gleich ein ‘armes Würstchen‘, dass mehr Liebe als andere benötigte, oder? Ich konnte es mir nicht verkneifen leise zu seufzen, als mir so was durch den Kopf schoss. Im selben Moment hörte ich wie neben mir ein Tablett abgestellt wurde, und kurz darauf auch rechts gegenüber von mir, also neben Laura. Ich musste meinen Kopf nicht drehen um zu wissen, dass es Lina und Ellen waren. Ebenfalls Freundinnen von Laura und mir. “Oh Gott, Louisa! Du hast ja so was von Glück, ehrlich!”, platzte es geradezu aus Lina heraus, als sie mich schwermütig lächelnd ansah. Fragend hob ich eine Augenbraue. Ich und Glück? Das wäre mir wirklich neu. “Ich wär’ ja so was von glücklich, wenn ich die Schwester von Jooni wär, ehrlich…”, seufzte sie fast schon schwärmerisch. Jooni. Jonathan mochte es nicht, wenn man ihn bei seinem richtigen Namen nannte, er fand ihn grässlich, wie er immer sagte. Daher nannten ihn alle seine Freund einfach Jooni. Ich persönlich fand ja, dass sich das absolut bescheuert anhörte, aber okay, jedem das Seine… Trotzdem fragte ich mich immer wieder, warum dann auch meine Freundinnen ihn bei diesem bescheuerten Spitznamen nannten. Ich für meinen Teil tat es nicht. “Ja! Ich auch… ich meine, du kannst so oft bei ihm sein… bestimmt hast du ihn schon mal nur in Boxershorts gesehen, oder?!”, gab nun auch Ellen angeregt von sich, wobei beide ein schrilles und überdrehtes Quietschen von sich hören ließen. Laura -und ich war ja so was von froh darüber- war glücklicherweise nicht absolut hin und weg von meinem Bruder. Dabei schien sie aber irgendwie auch ziemlich die Einzige zu sein, was recht deprimierend war. Genervt verdrehte ich die Augen. “Ja, aber wie ihr ja bereits festgestellt habt, ich bin seine Schwester. Von daher kann es mir egal sein, ob ich viel bei ihm bin, was nur mal so nebenbei bemerkt nicht einmal der Fall ist. Und genauso interessiert es mich nicht, wenn er nur in Boxershorts rum rennt. Wir sind Geschwister.” Irgendwie ignorierten die beiden meine klare Aussage, quietschten nur noch mehr als sie meinen vorletzten Satz anscheinend als Bestätigung deuteten und spekulierten wild umher, welche Farbe er wohl für seine Unterwäsche am liebsten hatte. Lediglich der aufmunternde Blick von Laura brachte mich dazu, die beiden einfach nicht allzu ernst zu nehmen. Es war nicht sonderlich außergewöhnlich, dass ich solche Gespräche über Jonathan mitbekommen musste. Er war ziemlich beliebt an unserer Schule, ganz im Gegensatz zu mir. Wieder etwas, mit dem ich vollkommen klar kam. Ich musste nicht so wie er ständig im Mittelpunkt stehen. Mir reichten meine paar bekloppten Freunde. Auch wenn sie solche Gespräche ruhig ausdiskutieren dürften, wenn ich nicht dabei war, oder wenn ich mir vorher Ohrenstöpsel besorgen könnte. Der Grund dafür, dass John so beliebt war… Naja es gab viele Gründe. Er sah nicht schlecht aus, das konnte sogar ich sagen, auch wenn ich nur die kleine Schwester war. Er war gut in der Schule, wirklich gut um ehrlich zu sein. Außerdem brachte man ihn gerne mit dem Begriff ‘cool’ in Verbindung. Und das war sogar fast ein Punkt, um den ich ihn ein wenig beneidete. Denn ja, er war cool. Verdammt cool, sogar. Einfach alles an ihm, sein Gehabe, sein Leben, sein Style… Eigentlich jedes Wochenende war er mit seinen Freunden unterwegs, feiern, was auch immer. Natürlich wusste unsere Mutter dabei nie wirklich etwas von dem, was er da so trieb. Ich wusste, dass er rauchte, dass er Alkohol trank. Und auch wenn das Dinge sind, die meiner Meinung nach überflüssig waren, es machte ihn irgendwie… cool. Es war nicht schwer darüber in Kenntnis zu sein, schließlich war er -wie ja bereits schon erwähnt- recht oft Gesprächsthema an unserer Schule. Damals, also als noch alles in Ordnung gewesen ist, hätte ich nie gedacht, dass er mal so jemand werden würde. Ein rebellischer Teenager, der sein eigenes Leben lebte, ohne seine Familie. Ich war immer davon ausgegangen, zwischen uns würde sich nichts verändern. Aber na ja, jeder irrt sich mal… Andererseits fand ich seine Art aber auch bescheuert. Natürlich habe ich unserer Mutter nie davon erzählt, wie viele blonde Busenwunder schon heimlich durch unsere Haustür verschwunden sind, nachdem mein werter Herr Bruder die ganze Nacht durchgemacht hatte. Auch wenn das wirklich mal eine nette Art und Weise gewesen wäre, mich bei ihm für die ganzen Schikanen zu bedanken. Ich denke, nein, ich war mir ziemlich sicher, er hielt mich für eine nervige, kleine Schwester, die ihm das Leben zur Hölle machen wollte, wo sie nur konnte. Damals hatte ich nie dieses Gefühl gehabt. Aber das habe ich ja schon oft genug betont. Dabei musste ich zugeben, dass auch ich mich mittlerweile verändert hatte. Je gemeiner und abweisender er zu mir wurde, desto mehr habe ich dieses Verhalten erwidert. Ständig stritten wir wegen winzigen Nichtigkeiten. Ich war frech zu ihm, er fies zu mir. Es war ein Nehmen und Geben, wie damals. Nur komplett umgekehrt halt. “… da drüben kommt Jooni.” Als ich erneut den Namen hörte, und diesmal als Lauras Mund, hob ich erneut meinen Kopf und löste somit den Blick von dem öden Cafeteriatisch. Gerade noch rechtzeitig um mitzubekommen, wie mein Bruder mit ein paar seiner Freunde an uns vorbei ging. Ich hörte, wie ein Kerl mit feuerroten Haaren so was murmelte wie ‘ist das nicht deine kleine Schwester?’. Daraufhin drehte John nur leicht seinen Kopf, schenkte mir einen kühlen Blick und grinste dann auf eine Art und Weise, die mich wissen ließ, dass ich wohl gerade besser dran wäre, säße ich ganz, ganz weit weg. Ehe ich irgendwie reagieren konnte verpasste er meinem Hinterkopf einen kleinen Stoß, wobei ich mit der Stirn auf die eben noch von mir angestarrte Tischplatte klatschte und man ein dumpfes ‘Klonk’ hörte. “Hahaha, ziemlich hohl, würd’ ich mal sagen”, gab er amüsiert von sich, woraufhin seine ach-so-tollen Freunde in sein Gelächter einstimmten und auch schon weiter gingen. Wütend schaute ich ihm nach. Ich hasste es, wenn er mich in der Öffentlichkeit so bloßstellte. Damals war es umgekehrt, da hatte er mich vor solchen Leuten beschützt. Jetzt war er es, vor dem ich Schutz bräuchte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)