Unspoken von Dahlie (Scorpius Malfoy & Rose Weasley) ================================================================================ Kapitel 1: Von Schafen, zu Malfoys bis zum Selbst. -------------------------------------------------- U n s p o k e n Es gab genau drei Dinge in meinem Leben, die ich absolut hasste. Das eine waren Schafe. Ich hatte Angst vor ihnen, seit ich sechs war. Diese unschuldigen Viecher mit einem Höllencharakter hatten in einem Urlaub in der Nähe von Bad Tölz Jagd auf mich gemacht, nachdem ich nichts ahnend mit Albus, James und Fred Fangen auf einer Wiese gespielt hatte. Statt mir zu helfen, als ich heulend Hügel auf und ab gerannt war, hatten meine reizenden Cousins mich ausgelacht. Bis schließlich Onkel Percy mein Geschrei erkannt und die elenden Viecher mit einer gelassenen Zauberstabgeste verjagt hatte. Sprich: Ich hatte mich in jeden Ferien, wenn die Chance auf eine solche Begegnung bevorstehen konnte, immer in der Nähe meines strengen aber zuverlässigen Onkels aufgehalten. Ding Nummer zwei war eigentlich kein Ding. Sondern trug den abscheulichen Namen Scorpius Hyperion Malfoy. Er hatte vieles mit den Schafen gemeinsam. Hatte diese widerwärtige Hinterhältigkeit, jagte mich seit sieben Schuljahren und toppte das Schaf, weil er jeglichen Retter, der Onkel Percys Herz besaß, galant ausschaltete. Es brauchte etwas mehr, damit man verstand, weshalb ich ihn hasste, wie keinen anderen Menschen. Die üblen Streiche, die er mir in den ersten Jahren gespielt hatte, tat ich als kindisch ab. Schließlich hatte ich mich auf meine Art und Weise gerächt. Doch trotzdem wogen Eiterpickel, so dick wie Tortellini, Haare in Farben der englischen Nationalflagge und Versöhnungen unterhalb der Gürtellinie schwer. Noch schwerer dagegen lag mir seine Dreistigkeit im Magen. Und wenn ich Dreistigkeit sage, dann meine ich das auch. Angefangen hatte alles in der vierten Klasse, als James Gefallen an gewaltigen Feten fand. Damals war Beauxbatons zu Gast gewesen und mein Cousin hatte einige der hübschen Hexen aufreißen wollen. Natürlich hatte auch ich mich von Roxanne und Alice überreden lassen, dort hinzugehen. Was daraus wurde? Ich lernte die Wirkung des Alkohols kennen und ließ mich weit nach Mitternacht dumm und naiv und vollkommen betrunken von Scorpius Malfoy in eine Ecke drängen und küssen. Ich weiß nicht mehr genau, was zwischen uns passiert ist, dafür häuften sich die immer-mal-wieder-Filmrisse, doch der Geschmack von Feuerwhisky brannte sich unverkennbar in mein Gedächtnis. Zu diesem überaus peinlichen Vorfall schwieg ich und Malfoy tat es mir gleich. Ich tat es als Ausrutscher ab und schob die Schuld auf den Alkohol. Es blieb beim Alten, wir stritten und hassten einander. Die Verhöhnungen ging zum unteren Niveau und Albus wagte es schon nicht mehr, uns in den Ferien zusammen einzuladen. Etwas, was mich zu den Ferien des fünften Schuljahres brachte. Meine Eltern mussten damals wegen des Ministeriums vier Wochen nach Hongkong und schickten Hugo zu Tante Fleur, damit dieser die Ferien mit seinem besten Freund Louis verbringen konnte. Da Alice und Albus damals ein Paar waren, wählte ich die Potters, um möglichst viel bei meiner besten Freundin sein zu können. Ein Fehler, denn er ließ mich vergessen, dass auch Malfoy dort verweilen würde. So wie jedes Jahr. Da auch James diesen einen Sommer nicht auf irgendwelchen griechischen Inseln verbrachte, Onkel Harry endlich einmal Urlaub bekam, blieben sämtliche Potters zu Hause. Was zur Folge hatte, dass Malfoy und ich uns die breite Matratze auf dem Boden von Albus Zimmer teilen mussten. Alice schlief damals ungeniert bei ihrem Freund und nur mit Mühe unterdrückte ich jedes Mal die Abneigung gegen eine weitere Nacht. Zu Beginn rückte ich bis an die Kante und erwachte jedes Mal auf dem Boden, statt auf der Matratze. Malfoy dagegen streckte sich jedes Mal wohlig vollkommen aus. Er war gehässig und fies zu mir, wie eh und je. Weshalb mein Magen auch einen Salto schlug, als ich in der letzten Nacht spürte, wie sich zwei kalte Hände um meinen vollkommen versteiften Körper legten. Völlig verwirrt und aufgelöst ließ ich es geschehen und hatte eine ganze Nacht lang seinen warmen Atem in meinem Nacken gespürt. Ohne Worte und mit viel Gryffindor-Mut hatte ich ihn machen lassen und seine rechte Hand in meine linke genommen. Es war ein seltsames Gefühl gewesen, in seinen Armen zu liegen und schrecklicher Weise hatte es mir ausgesprochen gut gefallen. Die Ernüchterung folgte am Morgen, als er tat, als wäre nichts gewesen. Die Stunden der Zärtlichkeit schienen für ihn nie existiert zu haben. Doch das Schlimmste leistete er sich in meinem sechsten Schuljahr, als ich endlich meinen ersten Freund hatte. Corey Connor war ein Jahr über mir gewesen und für mich waren die ersten vier Wochen unserer Beziehung, als würde ich auf Wolken gehen. Er war der Erste, der mich in Madam Puddifoot’s ausführte, mit mir auf Roxannes Geburtstag zu einem langsamen Lied tanzte, mich mitten auf den Korridoren Hogwarts küsste, der mir in den Ferien kleine, liebevolle Nachrichten schrieb und mit mir schlief. Er war ein wunderbarer Freund und alleine Malfoy hatte ich es zu verdanken, dass er es nicht blieb. Denn seit der fünften Klasse plagte ich mich nicht nur im Klassenzimmer mit diesem Bastard ab, sondern auch auf dem Quidditchfeld. Während ich noch unter Wood flog und Malfoy bereits die Kapitänsbinde tragen durfte, musste ich mich noch nach dem schleimigen Flubberwurm richten, da er das Feld Abends direkt nach uns bekam. Als Strafe musste ich an jenem Abend die Bälle einsammeln und stolperte vollkommen verspätet in die Kabinen. Die meisten Slytherins waren schon auf dem Feld, während die Gryffindors bereits zurück zum Schloss schritten. Frisch geduscht und heiter. Ich dagegen hetzte von der Dusche noch mit nassen Haaren in jemanden hinein, als ich die Kabinen verließ. Angenervt hatte Malfoy mich beleidigt und ich gegen ihn gehalten, bis sich ein hinterhältiges Grinsen über seine Lippen gelegt hatte. »Sexuell frustriert, Weasley?« - »Ach halt die Klappe, Malfoy! « »Du wirst sie mir stopfen müssen« - »Als wenn man dich mundtot kriegen könnte.« »Wetten doch? « - »Wetten, diese Wette verlierst du?« Er grinste noch breiter und dann ging alles ganz schnell. Er küsste mich, hart, grob und leidenschaftlich. Jeglicher Widerspruch wurde erstickt. Seine heißen Lippen auf meinen ließen die Welt um mich herum brutal schwinden. Malfoy küsste so anders als Corey, wilder, abenteuerlich und herausfordernder. Was ich tat, war falsch und als ich begriff, was ich mit diesem simplen Kuss alles aufs Spiel setzte, stieß ich ihn von mir. Statt gekränkt oder verletzt zu sein, leckte er sich provozierend über die Lippen und sprach mit einer Kälte, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ: »Hallo Connor. « Es war das Ende meiner traumhaften und ersten Beziehung gewesen und alle Welt wollte am nächsten Tag von mir wissen, ob ich wirklich mit Malfoy fremdgegangen war. Ich verneinte immer wieder und erzählte lediglich Alice die Wahrheit, während er große Töne spuckte, dass er mich schon seit Monaten immer wieder auf den Rücken gelegt hätte. Die Folge war, dass ich mich ihm mit gezücktem Zauberstab im Korridor entgegen stellte und ihn wissen ließ, was es hieß, den Namen Weasley zu beschmutzen. Während Albus Malfoy im Krankenflügel die Leviten las, durfte ich mir die Predigt ausgeliefert in meinem eigenen Zimmer anhören. Albus hatte noch nie verstanden, warum wir uns so hassten, wobei ich mich nach einiger Zeit fragte, warum ich nicht einfach besser die Klappe hielt, wenn er in meiner Nähe war. Warum ich immer wieder auf seine Provokationen einig, statt ihn einfach zu lassen. Bevor ich jedoch diese Erkenntnis hatte, stritt ich mich kurz vor den Sommerferien und Ende des sechsten Schuljahres mit fast all meinen Freunden. Mit Alice wegen Albus, mit Albus wegen Alice, weil ich versuchte zwischen den beiden zu vermitteln. Lily und ich stritten darüber, dass ich die Ferien nicht mit ihr nach Frankreich fahren würde, da ich meiner Freundin Oksana Krum versprochen hatte, sie in Bulgarien zu besuchen. Zuletzt unterstellte mir Hugo noch, sein Lieblingsbuch Quidditch im Wandel der Zeiten verschlampt zu haben. Was natürlich nicht stimmte. Geschnitten von allen und alleine gelassen schnappte ich mir am Abend eine Flasche Feuerwhisky aus der Küche und verschanzte mich in einem leeren Klassenzimmer. Zusammen mit einem guten Buch und dem Schnaps ließ ich mich hinter dem Lehrerpult im Verwandlungszimmer nieder. Schnell verlor ich den Überblick, wie schnell ich trank und mit zunehmender Zeit fiel es mir immer schwerer, mich auf die Autobiografie der Elisabeth Báthory zu konzentrieren. Auf Seite 315 gab ich schließlich auf und griff erneut zur Flasche. Stumm sah ich in das Licht der kleinen Kerze neben mir. Draußen war es bereits stockdunkel geworden und ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Erst als ich ein Geräusch hörte, schreckte ich auf. Zu meinem absoluten Glück, war es natürlich gerade Malfoy, der mich entdecken musste. Die Teufelsbrut hatte Unterlagen unter dem Tisch liegen lassen. »Weasley, Weasley, was ist nur aus dir geworden? « »Verpissch disch, Malfoy!« Statt auf mich zu hören, setzte er sich neben mich und nahm mir die fast leere Flasche aus der Hand. »Kummer?« - »Nein, Stresch. « Er schien vergnügt über mein Elend und trank die Flasche leer. Ich wollte protestieren, als er sprach: »Soll ich dir helfen, dich zu entspannen? « »Du hast viele Talente, aber das wird wohl nicht dazu gehören. « Provokant streifte sein Atem mein Gesicht, als er sich näher zu mir beugte. »Sicher?« Nein, ich war mir überhaupt nicht sicher, weshalb ich regungslos blieb und er mich küsste. Bereits als ich seine Lippen auf meinen spürte, zart und so ganz anders als beim letzten Mal, wurde mir bereits bewusst, dass es nicht bei diesem einen Kuss bleiben würde. Dafür spürte ich zu schnell, wie seine Hände, die an meiner Hüfte entlang strichen und schließlich dafür sorgten, dass die ersten Knöpfe meiner Bluse sich öffneten. Gegen meinen Willen musste ich gestehen, dass Malfoy ein großartiger Liebhaber war. Leidenschaftlich, hemmungslos und ausdauernd. Er liebte mich mit einer Hingabe, die mich schwinden ließ. Wirklich skandalös, wenn ich daran dachte, dass er einst damit geprahlt hatte, dass ich die Beine für ihn breit gemacht hätte und jetzt war die Lüge zur Realität geworden. Mit einem brummenden Kopf war ich am nächsten Morgen alleine wach geworden und hatte irritiert den Umhang über meinem nackten Körper gemustert. Erst als ich das dunkelgrüne Wappen Slytherins entdeckt hatte, war mir klar geworden, was ich da eigentlich getan hatte. Doch statt Scham empfand ich Zufriedenheit. Denn Malfoy hatte es tatsächlich geschafft, meinen ganzen Ärger in den Hintergrund rücken zu lassen. Mit kalten Fingern zog ich mich an und wollte zu meinem Buch greifen, als ich einen Zettel entdeckte. »Gute Wahl.« Ein zartes Lächeln war über meine Lippen geschlichen und ich war zufrieden in meine Ferien gegangen. Gleichzeitig war ich allerdings mehr als nur froh, dass ich die sechs Wochen bei meiner Freundin in Bulgarien verbrachte und so durch nicht in Gefahr lief, Malfoy über den Weg zu laufen. Eigentlich war es unsinnig, dass ich mir darüber Gedanken machte, schließlich folgte auf solch einen Aussetzer jedes Mal Ignoranz. Mein siebtes Schuljahr hätte ruhig und in geordneten Bahnen verlaufen können, wenn ich nicht als Quidditch-Kapitän das Training vor der Schule absolut missbilligen würde. Mit der Entscheidung, Malfoy zu ignorieren, tat ich mir einen Gefallen. Gryffindor verloren weniger Hauspunkte und ich weniger Nerven. Dafür schien es Malfoy zu ärgern, dass ich mich nicht mehr auf seine Wortgefechte einließ. Seine verkniffene Miene war wahrlich ein Genuss. Allerdings fand er bald einen neuen Weg, mir eins auszuwischen. Nicht nur, dass dieser Bastard es geschafft hatte, den Posten als Schulsprecher an sich zu reißen, nein, er blieb auch zeitgleich Quidditch-Kapitän, was dazu führte, dass er die Pläne für das Feld machte. Natürlich kam Gryffindor dabei am schlechtesten weg, was hatte ich auch erwartet? Wütend sprengte ich am Abend den Schulsprecherraum und sah Malfoy herablassend an, der noch hinter seinem Schreibtisch saß und Akten durchging. »Du bist ein egoistischer, betrügerischer und hinterhältiger Mistkerl! «, brauste ich auf, doch er hatte nur ein müdes Lächeln für mich übrig. »Egoistisch kann ich nicht bestreiten, betrügerisch – hey, das Leben ist kein Wunschkonzert und den hinterhältigen Mistkerl fasse ich als Kompliment auf – Slytherin hält, was es verspricht.« Angewidert hatte ich ihn betrachtet und die Arme vor der Brust verschränkt. »Du weißt, warum ich hier bin? « - »Sicher, aber es wird dich was kosten. « Blablabla von wegen, das Leben ist teuer, wie sehr ich ihn manchmal hasste! »Spuck es aus. « Gelassen spielte er mit seiner Feder und sah mich verhöhnend an. »Lass uns die Báthory-Nacht wiederholen und ich denke, wir kommen ins Geschäft. « »Gibt es ein Geschäft Plan B? « Ich versuchte ruhig zu bleiben und mir einzureden, dass er es nicht ernst meinte, dass er sich nur wieder eine Dreistigkeit mit gegenüber erlaubte. Gelassen legte er den Kopf schief und schien nachzudenken. »Ich bräuchte Thestralen-Haar für morgen. Zaubertränke, falls du dich erinnerst, leider habe ich vergessen, welche zu bestellen und die einzige Möglichkeit, die bleibt, ist der verbotene Wald. « Ich dachte nicht lange nach, stieß mich vom Schreibtisch ab und verließ das Büro. Und so waren wir bei Ding Nummer drei. Ich hasste mich selbst. Gründe dafür gab es nur zu genügend. Der Erste, der mir spontan einfällt, ist die Tatsache, dass ich mitten in der Nacht, bewaffnet mit meinem Zauberstab kopflos durch den verbotenen Wald streunte. Wirklich absolut dämlich dafür, dass ich eigentlich Jahrgangsbeste war. Jedes kleine Geräusch erschreckte mich und mein Rücken war schweißnass vor Angst. Diese blöden Thestralen! Blöder Malfoy! Ein weiterer Grund für Ding Nummer drei ist die Tatsache, dass er mich immer wieder dazu brachte, Dinge zu tun, die ich gar nicht tun wollte. Sein Charme, seine Anziehungskraft und seine Gesten wirkten auf mich wie eine verbotene Droge. Er machte etwas mit mir, was mir Angst machte. Oft habe ich mich gefragt, ob ich Gefühle für ihn hegte, oder ob ich verletzt darüber war, dass er jeglichen Ausrutscher zwischen uns leugnete? Während ich weiter über Stock und Stein stolperte, begriff ich, dass es ein Teil von beidem war. Bei den Gefühlen gestaltete es sich als schwierig, weil Malfoy es mir fast unmöglich gemacht hatte, ihn wirklich kennen zu lernen. Lediglich in den kopflosen Situationen hatte ich das Gefühl, dass ich dort den wirklich Scorpius Malfoy vor mir hatte. Aber ich könnte mich auch täuschen. „Verdammt, wo sind die Viecher!“ Ich verlor langsam aber sicher die Geduld. Wütend über mich selbst setzte ich mich schließlich auf eine übergroße Wurzel und betrachtete die leuchtende Spitze meines Zauberstabs. Ich hatte Angst in dieser Dunkelheit, nicht weil ich glaubte, mich könnte ein wildes Tier anfallen, nein. Viel mehr wusste ich nicht mehr, wo ich war. Sprich: Ich hatte völlig die Orientierung verloren. Aber vielleicht war das meine gerechte Strafe dafür, dass ich mich nie an dem hielt, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte. „Manchmal frage ich mich, ob ich an jeder scheiß Situation selbst schuld bin.“ „In gewisser Weise, ja.“ Erschrocken fuhr ich herum und blickte in das gleichgültige Gesicht Malfoys. „Du!“ Vollkommen wütend sprang ich auf und hielt ihm meinen Zauberstab unter die Nase. „Du bist doch an allem schuld! Kannst du mich nicht einmal in Ruhe lassen?“ „Nein“, erwiderte Scorpius schlicht und zog gelassen an seiner Zigarette. „Schließlich hast du mich zutiefst gekränkt, als du angefangen hast, mich zu ignorieren.“ „Ach komm!“, erwiderte ich sarkastisch. „Als wenn den großen Scorpius Malfoy irgendetwas kränken könnte!“ Er schenkte mir ein schwaches Lächeln. „Der zweite Punkt auf meiner Liste wäre die Tatsache, dass du dir lieber den Hals brichst, als dich noch mal mit mir einzulassen.“ Ich hob die Augenbrauen. Meinte er das ernst? „Ich mag es nicht, wenn du mit mir spielst.“ „Und ich mag es nicht, wenn du mich behandelst wie ein riesen Arsch." „Das habe ich nie, du bist doch derjenige, der immer tut, als wäre nichts gewesen!“ „Ich bin ein Malfoy, da ist es normal.“ Das Schlug dem Fass den Boden aus und im ersten Moment wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. „Ja? Für einen Malfoy scheint es aber nicht normal zu sein, eine Weasley zu vögeln. Was sagt denn dein Vater dazu?“ Ich höhnte und spielte ein Spiel, was komplett nach hinten losgehen konnte. Malfoy verzog kurz das Gesicht und gestand: „Möge Merlin ihn davor verschonen.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sprach mit fester Stimme: „Hör mal, Malfoy, du erzählst mir jetzt, wie der Zwerg läuft, oder ich bin versucht, deinem ach so tollen Daddy zu stecken, was du so treibst. Ich bin sicher, Al wird es bestätigen und vergiss bitte nicht – dein Vater mag Albus.“ An der Art und Weise, wie er die Augen verdrehte, bemerkte ich: Ich hatte ihn da, wo ich ihn haben wollte. Er atmete tief durch, bevor er schließlich überlegt und ruhig sprach: „Ich hätte einfach nie gedacht, dass du den verbotenen Wald meiner vorziehen würdest. Und ganz besonders nicht-!“, er verzog angewidert das Gesicht, „-Corey Conner.“ Verblüfft sah ich ihn an. „Was hast du gegen Conner?“ „Er ist 'ne Flachzange.“ „Keine klärende Antwort.“ Wütend erhob er sich und trat die Zigarette aus und zum ersten Mal wurde mir bewusst, wie groß er eigentlich war. Fast um einen ganzen Kopf überragte er mich und unweigerlich stellte ich fest, dass ich sein abstehendes Haar viel süßer fand, als wenn er es so streng zurück gekämmt trug. Süß? Arg! „Meine Einladung nach Hogsmeade hast du abgelehnt! Stattdessen gehst du mit solch einem zurückgebliebenen Ork!“ Ein wenig überrumpelt sah ich ihn an. War das Eifersucht in seiner Stimme? Nein, so ein Schwachsinn, ich meine, warum sollte Malfoy eifersüchtig- „Und bei der ersten Gelegenheit schmeißt du dich ihm auch schon an den Hals! Klar, dass da mein Selbstwertgefühl im Arsch war.“ „Hättest du mich nicht zehn Minuten vorher verhext, wäre ich sicherlich in Versuchung gekommen, dir zuzusagen!“, fuhr ich ihn an. „Warum hast du nicht nochmal gefragt?“ Er lachte verächtlich. „Natürlich. Ich habe es ja versucht, nachdem Conner endlich das Weite gesucht hat. Aber du hattest ja nichts Besseres vor, als mich in den Krankenflügel zu bringen!“ Ich biss mir beschämt auf die Unterlippe und langsam begriff ich den Zusammenhang. „Du hast mich geküsst, damit Corey Schluss mit mir macht? D-Du hast mit mir geschlafen, weil die Situation günstig für dich war?“ Ich strich mit den Händen durch mein Haar. „Bei Merlin, Malfoy, du bist wirklich ein viel größeres Arsch, als ich je von dir gedacht hätte!“ Er sah mich kühl an und sprach: „Was hättest du denn gemacht, an meiner Stelle? Verdammt, Rose, wir haben uns nur gestritten! Ein anderes Verhältnis hatten wir nie zueinander und als ich dabei war, es in den Sommerferien zu ändern, hast du im Schuljahr darauf unter Connor gestöhnt!“ Ich riss ungläubig die Augen auf. Seit wann war ich Rose für ihn? Verwirrt schüttelte ich den Kopf und bemerkte, dass er meinem Blick auswich. „Aber so gut kann er nicht gewesen sein“, fuhr er im typischen gehässigen Ton fort. „Sonst hättest du dich nicht so gehen gelassen, als ich dir die Klamotten vom Leib gerissen habe.“ Mir blieb die Luft weg. Allerdings verschwand meine Wut, als ich sein Gesicht sah. Es war unbestreitbar hübsch, dessen war ich mir bereits seit der fünften Klasse bewusst. Aber gleichzeitig besaß ich das Wissen, dass er eine hinterhältige Schlange war. „Du bist widerlich!“ „Danke, nichts Neues.“ Ich hielt inne und betrachtete ihn. Bevor ich registrierte, was seine harten Worte bedeuten könnten, sprach ich: „Könnte es sein, dass du verliebt in mich bist?“ Ich bereute den Satz, sobald ich ihn ausgesprochen hatte, aber das Verlangen nach Klarheit war größer. „Und bitte keine Ausflüchte.“ Scorpius neigte leicht den Kopf und gab ohne Scham zu: „Was dagegen?“ Er griff erneut zu Zigaretten und steckte sich eine neue an. Fast schon gleichgültig zuckte er mit den Schultern und sprach: „Da es sowieso nichts daran ändert, kann es dir egal sein.“ „Ja, weil du es sowieso immer leugnen wirst!“, spuckte ich ihm entgegen und seine grauen Augen sahen mich ruhig an. „Weil es schwer ist, alleine gegen meinen alten Herrn anzutreten.“ Ich war vollkommen verunsichert, denn eigentlich bin ich immer davon ausgegangen, dass Scorpius Malfoy mich hasste, mit mir spielte und mich verabscheute. Nun bekam sein Handeln eine ganz andere Bedeutung. „Ähm… wenn du… zu dem, was du fühlst, stehst… könnte ich mir vorstellen… dass du nicht alleine vor deinem Vater stehst“, sprach ich unbeholfen. Scorpius schien keine weitere Antwort von mir zu erwarten, denn er streckte seine Hand nach mir aus, die ich zögerlich annahm. Schweigend liefen wir nebeneinander her und es war ein seltsames Gefühl mit ihm durch den dunklen Wald zu stolpern. Seine warme Hand in meiner ließ mein Herz höher schlagen. Und noch wusste ich nicht, was ich von diesem unbestimmten Gefühl halten sollte. Ich schleppte es schon lange mit mir herum, doch wirklich einordnen konnte ich es bislang nicht. Die Dunkelheit verbarg meine roten Wangen und ich war froh, dass er mein klopfendes Herz nicht hören konnte. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir das Schloss. Moment mal… wollte er mich bis zum Turm bringen? Scheinbar. Ich fragte mich, was er einem Lehrer erzählen würde, falls man uns erwischte. Ein unnötiger Gedanke, denn alles Leben schien in ihren Betten zu liegen. Vor dem Porträt der fetten Dame blieb er stehen und drehte sich zu mir um. Seine Miene war unbewegt und ich schluckte ausweichend. „Also heißt das, wir versuchen es miteinander?“, fragte er mit trockener Stimme und ich sah zu Boden. „Schätze schon.“ Warum fühlte sich meine Stimme so kratzig und unsicher an? Scorpius lachte trocken und ich hörte eine Spur Überforderung. „Was ist so lustig?“ „Ich schulde Al fünf Galleonen, die er noch benötigt, um Alice dieses komische Armband zu kaufen, weil ich drauf gewettet habe, dass du nein sagst.“ „Wieso sollte ich, wenn du es ernst meinst?“ Widerwillig hob ich den Kopf und sah ihn unschlüssig grinsen. Als seine Hand meine Wange berührte, brannte die Stelle. Ich war ihm schon oft so nahe gewesen, doch dieses Mal war es anders. Persönlicher und auf eine Weise intimer. Scorpius strich durch mein Haar und betrachtete jede Regung auf meinem Gesicht. Merkwürdig vertrauensselig schloss ich die Augen und umfasste seine Hand. Erneut schlug mein Herz einen Vierteltakt höher. Weiche Lippen legten sich kurz auf meine und begaben sich sachte auf Wanderschaft. Ich seufzte in den Kuss hinein, als er hauchfein die Liebkosung begann. Er zog mich näher zu sich, vertiefte den Kuss auf seine sündige Art und Weise, dass ich nur noch Wärme wahrnahm und Minze schmeckte. „Ich will eure traute Zweisamkeit nicht stören, aber eigentlich endet mein Dienst um Mitternacht.“ Die Stimme der fetten Dame ließ mich herumfahren und Scorpius sofort den Kuss lösen. Fahrig fuhr er sich durch das blonde Haar und trat einen Schritt zurück, fast so, als wollte er höflichkeitshalber Abstand zwischen uns bringen. Zum ersten Mal sah ich auf seinen blassen Wangen eine schwache Röte und fragte mich, ob er genauso unsicher war, wie ich mich fühlte. „Dann… sehen wir uns morgen“, sprach er und lächelte zart. Ich nickte und sah ihm nach wie er in der Dunkelheit verschwand. Zum ersten Mal in meinem Leben begriff ich, was Alice damit meinte, dass sie nach dem ersten richtigen Kuss mit Albus vollkommen konfus die Flucht ergriffen hatte. Nur dass es bei mir an Unverständnis an mir selbst lag. Hatte ich mich, ohne es zu merken, ganz langsam und vorsichtig in all den Jahren Stück für Stück in Scorpius Malfoy verliebt? Immer ein bisschen mehr, wenn ich seine wirkliche Seite erblickt hatte, wenn wir uns einen so genannten Ausrutscher erlaubten? Ich wusste es nicht, aber ich hatte ja noch die ganze Nacht, um darüber nachzudenken. „Flittenkram“ sprach ich zu der fetten Dame und sie schwang ihr Bild zur Seite. „Falls du meinen Rat hören willst, Kindchen, den Jungen würde ich mir warmhalten.“ „Wissen Sie, wir sind gar nicht mal so verschiedener Ansicht“, murmelte ich, als ich in den Gemeinschaftsraum kletterte. Mal sehen, welcher Ansicht ich morgen sein würde. E n d e. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)