Drei Minuten mit dem Hauch des Schicksals von Dahlie (Das ist das Ende.) ================================================================================ Kapitel 9: Zwischen gestern und heute. -------------------------------------- Eine feine helle Spur zog am Himmel entlang und symbolisierte ein Morgen. Kein Windhauch regte sich, die Straßen ganz Londons waren Menschenleer. Die blutrote Farbe hatte sämtliches Gestein gefärbt und verlieh der Stadt nun das Aussehen eines Massakers. Fred Weasley lag Regungslos auf dem Rücken. Bekleidet in einer schlichten Boxershorts betrachtete er das Bündel Briefe in seiner Hand. Das Haar des Sprengstoffexperten war zerzaust und die Bettdecke neben ihm Zeuge eines wilden Liebesspiels. Noch immer schwebte der Geruch von leidenschaftlichem Sex durch sein düsteres Schlafzimmer. Im Nebenraum rauschte die Dusche und er hörte Sofia leise den Titelsong der neuen Hexenstunde pfeifen. Ein Grinsen schlich über seine Lippen und er fragte sich, ob sie den Sender in Deutschland ebenfalls empfangen konnte. Irgendwie hatte sie sich zu einem Fan von Glenda Chittlock entwickelt. Fred richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Briefe und musterte die verblichene Schrift und die gelben Ränder der Umschläge. Die vorderen Briefe waren alt, die hinteren dagegen eher frisch. Was wollte Scorpius damit bezwecken? Und wo zum Teufel hatte er diese Briefe her? Es war unverkennbar die Schrift seines ehemaligen besten Freundes. Was hatte Alice noch gesagt, er würde das Codewort kennen? Seine Lippen verzogen sich zu einem dünnen Strich. Auf der einen Seite juckte es ihn in den Fingern diese Fetzen Papier aufzureißen und zu begreifen, womit Albus ihn jetzt noch kommen wollte, aber auf der anderen Seite verspürte er auch so etwas wie Angst. Angst vor dem, was der Potter-Spross ihm zu sagen hatte, obwohl er sich überhaupt keine Vorstellung davon machen konnte, um was es sich handelte. Seine Gedanken kreisten wieder um das Codewort und irgendwie tippte er lediglich auf einen einzigen Begriff, den Albus bereits als Kind immer für alle möglichen Schwüre als Passwort benutzt hatte. Wahrscheinlich schütze er so auch sein Goldfach unter der Erde in Burgas. Fred langte nach seinem Zauberstab, der auf dem abgenutzten Nachtisch lag. Er warf die Briefe hoch und richtete den Zauberstab auf sie. Leise murmelte er: „Zitronenbrausebonbons!“ Das magische Siegel löste sich und verwandelte sich in ein harmloses Band. Gekonnt fing er die Briefe auf und spürte, wie sich etwas in seinem Magen zusammen zog. Die Angst vor dem, was ihn erwarten konnte wurde größer. „Die Dusche ist frei“, riss ihn eine helle Stimme aus seinen Gedanken und Fred war Sofia unheimlich dankbar für das passende Timing. Er schwang die Beine aus dem Bett, legte die Briefe beiseite und betrachtete sie mit einem schelmischen Lächeln. „Eigentlich hättest du dir das Duschen sparen können. Die Sitzung wird nicht länger als zwei Stunden dauern und wo wir dann hin verschwinden ist doch nur zu klar.“ Er roch den angenehmen Duft von Pfirsich und zog sie an der Hüfte zu sich. Sofia zog das feuchte Handtuch aus ihren nassen Haaren und ließ es zu, dass seine Hand sich in den Morgenmantel verirrte. Seine Gestik war nur allzu deutlich und ließ sie laut auflachen. „Nicht jetzt, komm, wir müssen in einer halben Stunde da sein.“ Sofia schubste Fred ins Bad und schloss die Tür hinter ihm. Müsste sie das Wort Dreistigkeit steigern, so würde sie es in etwa so formulieren: Dreist, dreister, Weasley. Der Blick der jungen Hexe fiel auf die Briefe, welche Fred achtlos beiseite geworfen hatte. Ihr Gefühl sagte ihr, dass er sie nicht öffnen würde, sondern in einem günstigen Moment Richtung Kamin und Feuer warf. Kurz vergewisserte sie sich, dass das Wasser in der Dusche rauschte, dann schritt sie um das Bett herum, griff sich die Briefe und schmunzelte. Manchmal musste man jemanden zu seinem Glück zwingen. Denn wenn sie eins sicher wusste, dann das es jeder Brief wert war gelesen zu werden. Albus Potter befand sich in einem fatalen Zustand, dass was er zu sagen hatte, konnte von äußerster Wichtigkeit sein und wenn es lediglich sogenannte letzte Worte waren. - - - Es war morgens, die große Uhr im Grünen Salon schlug halb sechs und Scorpius Malfoy fühlte sich so wach, wie schon lange nicht mehr. Zwar hatten ihn auch in dieser Nacht wieder Kopfschmerzen gequält, aber anders als sonst hatte er ausgesprochen gut geschlafen. Seine braunen Augen glitten über den großen langen Buchentisch, welcher bereit stand für die Freiwilligen der DA. Rose hatte ihm versprochen sich darum zu kümmern, auf welche Weise, hatte sie ihm nicht gesagt, auch nicht, wie viele Leute eintreffen würden. Zur Not konnte er den Tisch auch noch verlängern. Astoria betrat den Raum und ließ ihren Blick schweifen. Scorpius kam nicht drum herum festzustellen, dass seine Mutter mit ihren feinen aristokratischen Gesichtszügen, der edlen Erscheinung und der geraden Haltung perfekt in eine Umgebung wie diese passte. Sie trug einen schlichten grauen Umhang mit kostbaren Stickereien, weil sich nach der Besprechung zu einer weiteren aufbrechen wollte. Hinter sie trat sein Vater, müde, seltsam knurrig und erschöpft. Er stütze sich auf seinem Stock ab und für den Hauch eines Augenblicks konnte Scorpius beobachten, wie die Hand seines Vaters den Rücken seiner Mutter streifte. Diese Geste hatte etwas überraschend Liebevolles und gleichzeitig fremdes. Seit Monaten lebte Astoria nun schon im Malfoy-Manor und zum ersten Mal fiel Scorpius auf, dass sich die beiden seltsam einig arrangiert hatten. Etwas hatte sich zwischen ihnen verändert und Scorpius wusste noch nicht, was der Auslöser dafür war. Sobald er Zeit hatte, würde er sich seinen Vater einmal vornehmen. „Hör auf die Sorgen zu machen“, sprach Astoria ruhig und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. „Es werden schon Leute kommen, genauso wie damals.“ Es stand außer Frage, was sie mit damals meinte. Fast lautlos ließ sie sich am Tisch nieder und Draco tat es ihr gleich. „Hat Miss Weasley gesagt, wie Interessierte anreisen?“ „Nein“, antwortete Scorpius verstimmt und vernahm im selben Moment, wie jemand im Flur am Kamin anklopfte und Sekunden später eintrat. Jemand wurde zur Mehrzahl. Scorpius wollte den Besuch gerade empfangen, als er die Stimmen direkt zuordnen konnte. „Jetzt reicht es aber“, beschwerte sich ein gähnender James Potter. „Ich kann doch nichts dafür, wenn Charlotte sich zum Geburtstag einen Besen wünscht.“ „Du willst mir doch nicht allen Ernstes Erzählen, dass sie von ganz alleine auf diese Idee gekommen ist“, klagte Molly Potter ihren Ehemann an. „Noch vor fünf Tagen war sie ganz versessen auf einen Minimuff.“ - „Warum kaufen wir ihr nicht beides und lassen es damit gut sein“, der Potter-Erbe schien nicht besonders wild darauf, so früh am Morgen eine anstrengende Diskussion über Geburtstaggeschenke zu führen. Höflich begrüßte er Scorpius mit einem nicken, als sie in den Salon eintraten und wechselte ein paar Worte mit Astoria, während Molly mit seiner Antwort nicht zufrieden schien. Statt sich weiter über sie Gedanken machen zu können, beobachtete er drei Vögel, die zielsicher auf den angrenzenden Balkon zusteuerten. Ein Rotkehlchen, ein Rabe und eine Taube. Kaum das sie das imposante Gelände erreicht hatten, nahmen die Tiere eine andere Form an. Erstaunt und gleichzeitig positiv gestimmt machte Scorpius Hugo Weasley, Lily Potter und Lucy Weasley aus. Er schwang seinen Zauberstab um die Glastüren zu öffnen, zeitgleich, indem das merkwürdige Trio eintrat, hörte er noch einmal das Feuer im Kamin. Der Malfoy wusste nicht, was ihn mehr überraschte, Louis Weasley in seiner bunten Kleidung, der extra aus Tokio gekommen zu sein schien, oder die Tatsache, dass es durchaus ältere Mitglieder in der DA geben würde. Neville Longbottom wurde von Alice begleitet, hinter ihnen erschienen Sofia und Fred, dicht gefolgt von Claire alleine. Scorpius hatte seinen einstigen Schwager bewusst nichts von diesem Treffen erzählt, denn noch immer war das Misstrauen groß. Sie alle setzten sich und kaum, dass Scorpius anfangen wollte, stolperten weitere Leute durch den Kamin und er beschloss zukünftige Mitglieder direkt in der Halle zu begrüßen. Sand schoss aus dem Kamin und es dauerte etwas, bis der Blonde einen türkisfarbenen Haarschopf erkennen konnte. „Verzeihung“, hustete Ted Lupin und klopfte sich Asche von seinem Mantel. „Die Verbindung aus Jerusalem ist nicht die Beste.“ Er lächelte entschuldigend und säuberte hastig mit Magie den Boden. „Übrigens, Malfoy, ich soll dir sagen, dass eigentlich noch ein paar mehr kommen wollten, so wie meine Frau, aber wir können nicht alle gleichzeitig im Ministerium oder auf unseren Posten fehlen. Wäre ein bisschen auffällig.“ Er zwinkerte und Scorpius nickte zerstreut. „Rose bat mich, Protokoll zu schreiben, ich hoffe, du hast nichts dagegen?“ „Natürlich hat er das nicht!“, der Teufel persönlich erschien in den Flammen und begrüßte Scorpius mit einem breiten Lächeln. „Na komm“, sie fasste ihn am Arm. „Bevor wir uns um den ekligen Blutregen kümmern dürfen, müssen wir die erste Sitzung hinter uns haben.“ Die Aufmerksamkeit galt alleine Scorpius, als er die Gruppe begrüßte und ihnen knapp erzählte, was er vermutete. Angefangen von der Tatsache, dass der Orden nicht zusammen arbeitete (an dieser Stelle erntete er von James ein zustimmendes: „Kannst du laut sagen!“) bis hin zu der Vermutung, dass man sich gegenseitig wichtige Fakten vorenthielt. „Ich bin in den letzten Monaten mehrere Male zu Krum selbst marschiert und immer wieder hat er mir nicht das an Material gegeben was ich haben wollte. Stattdessen musste ich umständlich über Sofia agieren, weshalb sich manche Hinweise total verzögert haben“, sprach er laut und deutlich. „Das sind lauter Kleinigkeiten, die einfach nicht sein dürfen.“ „Richtig“, stimmte Lily Potter zu. „Dieses Problem haben Hugo, Lucy und ich allerdings auch“, begann sie zu erklären. „ Wir sollen die Medien kontrollieren, was aber kaum möglich ist, weil bei uns immer wieder Unterlagen verschwinden, die wir einander reichen.“ „Haben wir an der Grenze ebenfalls“, murrte Ted ungehalten. „Es klappt nicht mit den Wachdienst. Die Ablösung ist eine Katastrophe, oft sind heikle Grenzen stundenlang unbewacht, weil es Ungereimtheiten gibt.“ Erschreckenderweise stellte Scorpius somit fest, dass die Probleme größer zu sein schienen, als er angenommen hatte. Allerdings bemerkte er auch noch etwas anderes an der Art und Weise, wie sie hier alle einander das Leid klagten und diskutierten. Jeder einzelne, ob Heiler, Auror oder Kommunikationsmagier, war wachsam. Ihnen allen war etwas aufgefallen und sie wollten etwas gegen diesen Mangel an Zusammenarbeit tun. Es war ein längst vergessenes Gefühl von Gemeinschaft wieder auferstanden. Und Scorpius war sich sicher, dass Albus stolz auf diesen Wandel gewesen wäre. Schließlich war es der Potter gewesen, der die DA wieder zum Leben erweckt hatte. „Wenn ich etwas anmerken darf“, mischte sich eine raue und trockene Stimme ein, sodass Scorpius herum fuhr und auf das Porträt sah. Er war sich sicher, alle Bilder versiegelt zu haben, doch nun sah er, das er sich getäuscht hatte, denn ein schwarzhaariger Mann mit einer ausgeprägten Hakennase blickte auf sie herunter. Seine Haltung war herablassen und das Haar so fettig, das es an seinem Kopf zu kleben schien. Trotz der miserablen Aufmachung bedachte jeder im Raum Severus Snape mit Respekt. „Wir Porträtbewohner haben in der Nacht eine Sitzung gehalten und Hogwarts bietet somit seine Unterstützung.“ „Vielen Dank“, sprach Scorpius höflich. „Wir werden drauf zurück greifen.“ Severus Snape bedachte ihn abschätzend. „Zu freundlich. Des Weiteren lässt mein Kollege Albus Dumbledore ausrichten, dass Sie sich so schnellst möglich um den Zustand des jüngsten Potter-Spross kümmern sollen. Es ist von äußerster Wichtigkeit.“ Scorpius war versucht nachzufragen, unterließ es jedoch und wendete sich wieder der Gruppe im Raum zu. „Alice, ich möchte, dass du mit Mr. Potter sprichst. Scheinbar geht es wirklich nicht anders, als Albus` Seele zu öffnen um zu erfahren, was ihn verflucht.“ Sämtliche Gesichter waren angespannt und er fuhr fort: „Ich möchte, dass ihr versucht die Übeltäter für eure Probleme zu finden, am besten natürlich mit Beweisen.“ Einstimmiges Nicken. „Für das nächste Treffen haben Rose und ich uns eine Art Code ausgedacht. Wir werden eine Nachricht, verschlüsselt in Runen irgendwo in eurer Nähe hinterlassen, auf dem Kalender, Notizen, ihr werde sie sehen, keine Sorge. Um sie entschlüsseln zu können, benutzt ihr die simplen Worte Expecto Patronum Prassimus.“ Die Stühle knarrten über das Holz, doch noch bevor sich jemand aus dem Raum stehlen konnte, löste Rose sich von der Wand und rief: „Sollte jemand singen, dann lasst euch gesagt sein, dass wir das mitkriegen.“ Ihr Blick machte zu deutlich, dass ein Verrat sofort auffliegen würde. Scorpius vermutete, dass sie jedes Mitglied unterschreiben gelassen hatte und ein Fluch auf den schwarzen Gnom zukommen würde. Jedoch musste Scorpius zugeben, dass er keinen einzigen Anwesenden zutrauen würde, den Verräter zu mimen. Fast alle hatten bereits im ersten Krieg neben ihm in der Schlacht gestanden und ein solcher Kampf verband auf unsichtbarer Weise. Schwatzend verließen sie nun Malfoy-Manor auf die Art, wie sie gekommen waren. Ihm wurde wohler und zum ersten Mal seit er in England war, fühlte es sich so an, als hätte er wirklich etwas getan, was helfen konnte, diesen Wahnsinn zu stoppen. Rose verabschiedete sich, da sie sich in einigen Stunden sowieso im Ministerium treffen würden, um dem Blutregen ein Ende zu machen. Zurück blieben Scorpius und seine Schwester. Claire umarmte ihn herzlich, als auch Astoria in James Potters Begleitung das Anwesen verließ, nachdem sein Vater sich zu Hermine Granger aufgemacht hatte. „Meine Güte, zwischen all den Machtkämpfen habe ich so wenig von dir gesehen, wie zu der Zeit, als du in Russland nicht raus durftest.“ Liebevoll strich sie ihm über die Haare und Scorpius grinste so breit, als wäre er wieder acht und keine fünfundzwanzig. „Wie geht es den Zwillingen, schlägt sich Elliott gut?“ Claire seufzte tief und berichtete: „Eigentlich keinen Grund zur Klage, aber in den letzten Tagen scheint sich der Wurm in Floyds Gemüt gefressen zu haben.“ Verwirrt sah er sie an, da gerade dieser Zwilling eher für sein ruhiges Wesen bekannt war. „Er lässt sich von Elliott nichts mehr sagen, ignoriert ihn und lehnt sich gegen alle möglichen Verbote auf“, berichtete die junge Malfoy. „Erst gestern ist er bockig in den Rosengarten marschiert, wohl wissend, dass dort alle möglichen Flüche und Fallen aufgestellt sind. Ich sag dir, ein paar Herzschläge zu spät und von Floyd wäre so viel übrig geblieben, wie von einem Flubberwurm!“ Nur mit Schrecken dachte Claire an die Explosionen zurück, die sie bis ins Arbeitszimmer erreicht hatten. „Ich weiß nicht wie und warum Elliott gerade noch rechtzeitig eingegriffen hat, aber ich bin mehr als froh drum, das er so schnell geschaltet hat.“ Scorpius konnte sich dieses Desaster regelrecht vorstellen, aber vor seinem geistigen Auge war es Corwin, der auf solch eine lebensmüde Idee kam. „Jedenfalls hat Elliott ihn ziemlich hart angefahren, doch statt irgendwie in Tränen auszubrechen-“, an dieser Stelle dachte sie daran, dass es Corwin war, der geheult hatte, vor Schreck und nicht der Übeltäter selbst. „- regte er sich nicht und fragte einfach nur, ob er jetzt mit seiner Moralpredigt fertig sei.“ Ein wenig stolz und doch geschockt von der Reaktion seines Neffen öffnete Scorpius den Mund und wagte zu frage: „Was hast du gemacht?“ „Ihn den Hintern versohlt und in sein Zimmer geschickt, die Malfedern eingesammelt und die Bücher weggebracht“, erklärte Claire und er sah, dass dies seiner Schwester nicht leicht fiel. Floyd liebte es zu lesen, die Strafe musste enorm hoch für ihn sein. „Musst du jetzt direkt ins Ministerium, oder kannst du ein paar Minuten aufbringen?“ Ihm entging nicht, dass sie ihn hoffnungsvoll musterte und Scorpius seufzte tief. „Ich denke eine Stunde kann ich ruhig opfern.“ Er konnte sich denken, worum sie ihn beten würde. Floyd und Corwin hangen an ihm und scheinbar hegte seine Schwester die Hoffnung, dass er sich mit dem ersten ein wenig auseinander setzten konnte. Zusammen benutzten sie den Kamin und Sekunden später hörte Scorpius auch schon die heitere Stimme von Corwin, wie er voller Elan erzählte: „Das Märchen vom Zauberer und dem hüpfenden Topf ist absolut cool! Ich will auch so einen Topf und dann werde ich – Onkel Scorpius!“ „Hey Kollege!“ Dem Malfoy bot sich ein seltsames Bild. Während Floyd alleine vor dem Kamin auf dem Boden saß und mit einer Erinnere mich spielte, saß Corwin am großen angrenzenden Esstisch und plapperte unaufhörlich auf den russischen Auror ein, der ein paar Schriften durchging. Sofort warf sich Corwin in die Arme seines Onkels und Scorpius beobachtete, dass Elliott ihm lediglich knapp zu nickte. Scheinbar war er immer noch verstimmt, weil er ihn als Attentäter verdächtigt hatte und weiterhin beschatten ließ. Herzlich drückten ihn die Kinderhände und er roch Kräuterrcreme. Bübchencreme, wie die Zwillinge als Vierjährige regelmäßig verlauten ließen. Trotz der merkwürdigen Stimmung musste Scorpius lächeln. Es war als würde er nach Hause kommen, denn die Anwesenheit von Kindern veränderte unweigerlich irgendetwas im Raum. Corwin erzählte ihm sofort eifrig, dass er die kindischen Zauberstäbe mit den Sternchen satt hatte und er sich reif genug fühlte Ollivander einen Besuch abzustatten. Amüsiert strich er seinem Neffen durch das hellblonde Haar und gesellte sich mit ihm zusammen zu Floyd. Um mit ihn auf Augenhöhe zu sein, ließ Scorpius sich nieder, spürte die schmalen Arme des anderen Zwillings um seinen Hals und lachte sanft. „Kumpel, was ist los, weshalb kriege ich keine Begrüßung?“ Grüne Augen sahen ihn abschätzend an und Scorpius erkannte auf den ersten Blick, dass Floyd dem Parkinson nicht hätte ähnlicher sein können. „Du hast uns einen Todesser als Kindermädchen angeschleppt!“ Verblüfft darüber, dass Floyd wusste, das Elliott ein ehemaliger Todesser war, stutzte er. Er warf seinen Leidensgenossen einen kurzen Blick zu, dieser zuckte mit den Schultern und ließ ihn so wissen, dass er nicht einen Ton gesagt hatte. Elliott hatte sich erhoben und die Arme vor der Brust verschränkt, sah er Scorpius nun beim Umgang mit den Zwillingen aufmerksam zu. Fasziniert drehte Corwin sich um und fragte Elliott: „Du warst ein Todesser? Mann!“ Für ihn schien das ganze aufregend zu sein. „Warst du genauso böse wie Grandpa und Onkel Scorpius, oder schlimmer?“ Elliott wusste nicht ob er lachen, oder erschrocken über die Frage sein sollte. Mit unbewegter Miene gestand er: „Ich glaube, ich war schlimmer. Und im nach hinein habe ich Dinge getan, auf die ich nicht besonders stolz bin.“ Claire ließ sich in einem Ohrensessel nieder und betrachtete die Geister der Vergangenheit. Scorpius und Elliott waren beide Todesser gewesen und an ihren Händen klebte Blut. Ihre beiden Zwillinge dagegen waren die nächste Generation, unschuldig und rein. Trotzdem zogen sich beide Generationen an und sie begriff, dass die jüngere von der älteren lernen musste um solch ein Massaker der Vergangenheit zu vermeiden. Die Tatsache, dass Corwin keinerlei Hemmungen hatte, heikle Themen anzusprechen, machte die Situation schwierig und gleichzeitig einfach. „Hast du auch kleine Kinder, wie uns getötet?“, fragte Corwin direkt und Claire konnte sich eine Ermahnung nicht verkneifen. Ihr Sohn zuckte kurz zusammen und machte eine schuldbewusste Miene. Zu ihrer Überraschung ließ sich Elliott auf der Couch nieder und saß so direkt vor Corwin der zuvor auf seinen Hintern geplumpst war, nachdem Onkel Scorpius nicht die Spannung hielt die er versprach. „Ja“, erklärte der Auror ehrlich. „Ich habe alle getötet, die es laut der Gesetze nicht wert waren zu leben.“ Statt eingeschüchtert zu sein, starrte Corwin ihn mit großen Augen an. Claire schmeckte im selben Augenblick einem bitteren Beigeschmack auf der Zunge, als sie begriff, dass ihre kleinen nun von einer Zeit erfahren würden, die so schwarz wie die Nacht gewesen war. Die Malfoy hatte immer gehofft, dass sie beiden von früher erzählen könnte, wenn sie bereits etwas älter waren. So konnte man sich täuschen. „Du musstest das tun?“ Kurz zögerte Elliott. „Nein, ich habe es nur nicht anders gelernt.“ Dies begriff Corwin nicht sofort und zog die Stirn in Falten. „Aber... Onkel Scorpius war anders!“ Der Auror sah seinen Leidensgenossen an und fragte sich, wie der Junge anders definierte. Doch für ausführliche Diskussionen war er noch eindeutig zu jung, weshalb er schlicht zustimmte. Damit gab sich Corwin zufrieden und nickte andächtig, als er schließlich noch ausführte, welche Heldentaten sein geliebter Onkel vorzuweisen hatte. „Dein Onkel war der Mutigste von uns allen und als Erster bereit unsere Regeln zu brechen“, Elliott bemühte sich zu einem schwachen Lächeln, sein Blick streifte Claire, die sich einmischte: „Ja, denn eigentlich hält man sich an Regeln, nicht wahr junger Mann?“ Sie kitzelte ihn neckisch und Corwin lachte heiter auf. „Aber manchmal ist es gut gegen Regeln zu verstoßen“, stellte er clever fest und seine Mutter nickte: „Manchmal, aber es kann eben auch böse enden. Also überlege dir gut, ob es sich lohnt gegen eine Regel zu verstoßen.“ Das Kind grinste bis über beide Ohren, dann sah er zu dem russischen Auror. Das Lächeln verschwand und er wollte beinahe schon vorsichtig wissen: „Aber heute tust du Kindern nicht mehr weh, oder?“ Die Frage verdeutlichte nur wie viel Gedanken er sich darüber machte, ob er einen bösen Menschen oder einen Guten in der Nähe hatte. Eigentlich genau das, was Elliott wollte, dass die Kinder wachsam waren. Trotzdem spürte er ein beklemmendes Gefühl im Magen. Er musste diese Situation entschärfen und sprach mit trockenen Humor: „Nur wenn sie so nervig sind wie du.“ Dann verwuschelte er Corwin die blonden Haare und stand auf. Sofort folgte ihm der Junge und begann tatsächlich zu nerven. „Aber wenn ich dir schon auf die Nerven gehe, wieso lebe ich dann noch? Das ist absolut unlogisch!“ Noch während Elliott erzählt hatte, war die Aufmerksamkeit des anderen Zwillings unwillkürlich präsent gewesen. Die grünen Augen hafteten auf den Auror und die kindlichen Gesichtszüge waren bitter. Scorpius nutze diesen Augenblick der Ablenkung, umfasste unter seinen Umhang seinen Zauberstab fest und führte schweigend den Legilimenszauber auf. Floyd würde es nicht merken, wenn er sich in seinen Gedanken ein wenig umsehen würde. Sofort verschwamm das Bild des Wohnzimmers vor Scorpius` Augen. Ein Strudel der Erinnerungen erschienen, sie leuchteten in allen möglichen Farben, bunt und kraftvoll. Kindlich eben. Dann wurden sie mit einem Mal grau und Scorpius fühlte sich, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Grob stieß man ihn zurück in die Wirklichkeit und vollkommen vor den Kopf gestoßen starrte er Floyd an. War das Okklumentik? Aber doch nicht sein siebenjähriger Neffe! Im selben Augenblick wurde dem Malfoy klar, dass es etwas gab, was mit Absicht Floyds Gedanken blockierte, nicht der Junge selbst, so viel war klar. Sondern irgendetwas anderes. Langsam drehte sich besagter Junge um und blickte seinen Onkel mit regungsloser Miene ins Gesicht. Die kindliche Stimme war ernst und enttäuscht. „Tu das nie wieder.“ Damit stand er auf und verließ eilend den Raum. Scorpius schluckte hart, eine neue Frage gesellte sich zu seinen ersten. Wieso hatte das Kind etwas bemerkt? Normalerweise gelang es ihm sogar fähige Auroren auszuhorchen. Er sah auf und sein Blick traf den von Claire. „Ich... weiß ehrlich gesagt nicht was ich sagen soll. Irgendetwas ist mit ihm.“ Bedauernd verzog Claire das Gesicht. „Ja, ich wünschte nur, ich wüsste, was es ist.“ Scorpius stand auf und beschloss, dass er seine Neffen öfters aufsuchen musste, oder aber seinen Vater auf sie ansetzte. Und ganz vielleicht konnte James Potter ihn noch etwas dazu erzählen. „Schläft Floyd ruhig?“ „Ja, Corwin auch, sie schlafen zwar immer noch zusammen in einem Bett, aber keiner besteht mehr auf Licht. Nur stürze ich jeden Morgen über eine Mauer an Deck-mich-Kissen und Spielschachteln.“ Scorpius seufzte tief, dann hörte er die Uhr im Wohnzimmer schlagen. Es war halb zehn und er musste nach Ghana aufbrechen. „Ich rede mit Vater, wenn einer etwas aufdecken kann, dann er.“ Er hauchte seiner Schwester einen schwachen Kuss auf die Wange und schritt in den Flur um dort den Kamin zu benutzen. Um nach Ghana zu apparieren zu können, würde er einige Zwischenstopps einlegen müssen. Wieso man ihn überhaupt ausgerechnet nach Ghana schickte, war ihm schleierhaft. Gerade, als er nach Flohpulver auf der Anrichte greifen wollte, hielt ihn eine kleine Hand zurück. Ein Lächeln glitt über seine Lippen. „Ich muss los und kann leider keine Runde schwarzer Gnom mit dir spielen.“ Statt enttäuscht zu sein, hielt Corwin ihm ein kleines Buch und er nahm es entgegen. „Nimm das mit, bitte. Es ist wichtig!“ Der Auror runzelte die Stirn. Die Märchen von Beedle dem Barden? Gerade, als er lachend abwehren wollte, begegnete er Corwins kompromisslosem Blick. „Wenn du es nicht mit nimmst, wird Floyd nie wieder mit dir reden!“ Die roten Ohren verrieten, dass diese Drohung durchaus ernst gemeint war und so lange Scorpius nicht wusste, was mit dem Jungen los war, konnte er es sich nicht leisten, die zweite Hälfte zu verstimmen. Denn für ihn gab es fast nichts Wichtigeres als die Zwillinge. Sie waren das Licht in seinem Leben gewesen, als alles andere um ihn herum dunkle war. Eher widerwillig, statt freiwillig steckte er sich das Buch ein, verschloss die Manteltasche magisch und sprach: „Ist in Ordnung, dann sag aber Floyd von mir, dass ich mich das nächste Mal entschuldigen möchte, er weiß warum.“ Heftig nickte Corwin, dann stürmte er zurück ins Wohnzimmer und Scorpius hörte: „Mama, Mama weißt du das wir gestern den Goul unter dem Dach besucht haben?“ Schweigend drehte sich der Malfoy wieder um und betrat das blaue Feuer des Kamins. Lautlos verschwand er und hinterließ eine Menge ungeklärter Fragen. - - - In schnellen Schritten eilte Fred Weasley durch den dunklen Korridor. Er wollte nur noch ein paar Notizen aus seinem Labor holen um dann schließlich endlich seinen wohl verdienten Feierabend zu genießen. Der weiße Kittel wehte hinter ihm her und die Spezialbrille lugte aus seiner Hosentasche hervor. Hastig zog er seinen Zauberstab hervor und tippte vor dem besagten Labor mit deren Spitze auf die kahle Wand. Eine Tür erschien und Fred stieß sie auf. Im ersten Augenblick glaubte er sich vertan zu haben, doch dann verharrte er. Das sonst so schlichte Labor, das er im tadellosen Zustand hinterlassen hatte wurde nun geschmückt von abertausenden Briefen. Verzaubert zu Papiervögeln schwebten sie über seinen Kopf hinweg und mehr als überrumpelt betrachtete er die Zettel, welche auf seinen Arbeitsinstrumenten klebten. „Bei Merlins Bart, was ist das?“ Er richtete die Zauberstabsspitze auf einen Papiervogel und fing den Zettel auf. Sofort entfaltete er sich zu einem Brief und er erkannte die krakelige Schrift seines besten Freundes. Sein Magen zog sich unangenehm zusammen und ein lautes Lachen ließ ihn herumfahren. Belustigt trat Louis Weasley ein. Das blonde kurze Haar war seriös nach hinten gekämmt. Er trug einen neumodischen Umhang mit silbriger Stickerei und hielt einen altmodischen Stock mit dem Kopf einer schimmernden Kugel in der Hand. Der einstige Sonderling sah aus wie ein Muggel-Mode-Zar. Nach dem Krieg hatte er sich schnell einen glanzvollen Namen als magischer Architekt gemacht und war so zu einem beachtlichen Reichtum gekommen. Die meiste Zeit des Jahres hielt er sich in Tokio auf und entwarf die Anwesen der Mächtigen. Nun sah sich der Blonde amüsiert um. „Diese Deutsche hat mehr Fantasie als man ihr zutraut.“ „Sofia?“ „Ja, ich habe sie heute Morgen hier raus kommen gesehen. Sie schien äußerst gut gelaunt“, plauderte Louis und sorgte dafür, dass Fred ihn misstrauisch ansah. Es war nicht Louis Art so etwas wie Smalltalk zu führen. In den letzten Jahren hatte er sich in Anwesenheit seiner Familie zu kaum mehr als fünf Sätzen am Tag hinreißen lassen. „Und warum bist du nun so gesprächig?“ Fred fing damit an, jeden einzelnen Papiervogel Außergefecht zu setzten und begriff, dass Sofia wollte, das er diese verdammten Briefe las. Warum ließ ihn eigentlich niemand in Ruhe? Aus den Augenwinkeln sah er, wie sich sein Cousin auf einem Hocker nieder ließ und ihn beobachtete. „Was willst du hier, Louis?“, wollte Fred barsch wissen. Statt sich angegriffen zu fühlen trug der Blonde lediglich sein Anliegen vor. „Eigentlich wollte ich mit dir ein Gespräch über Sprengstoff führen und fragen, ob du mir sagen könntest welche Art wie gegen Baumaterialien vorgeht.“ Während er sprach, erbarmte er sich und zog ebenfalls seinen Zauberstab hervor um den anderen zu helfen. „Aber wie ich sehe, bist du voll auf beschäftigt.“ Das Lächeln auf seinen Lippen wirkte schwach und als er sich erhob, konnte Fred nicht anders, als ihn misstrauisch anzusehen. „Du willst mit mir ein Gespräch führen?“ Nun reagierte Louis leicht gekränkt. „Du tust, als wäre das so ähnlich, als wenn James freiwillig mit Charlotte Häschen hasch mich spielen würde.“ Der Vergleich verstärkte Freds Unbehagen. Ohne das er nachfragen musste, erzählte Louis: „Manchmal, wenn sie wieder ausrücken, bringen James und Molly die Kleine zu mir und dann verkriecht sie sich in mein Arbeitszimmer um die neusten Bauwerke in Kleinformat zu bewundern.“ Stolz schlich sich auf Louis Gesicht. „Sie hat eine regende Fantasie und es ist immer wieder schön ihren kindlichen Wunschvorstellungen von Schlössern und Parkanlagen zu lauschen.“ Das alles hörte sich für Fred an, wie eine Erzählung aus einem andern Traum. So lange er zurück denken konnte, war Louis fast immer der Außenseiter in der Familie Weasley gewesen und jetzt schien er mitten drin zu sein. Der Architekt erhob sich und schritt in einer geraden Linie, die Stolz und Selbstbewusstsein ausstrahlte zur Tür. „Die Welt hat sich weiter gedreht, Fred. Nur du scheinst irgendwo zwischen Gestern und Heute stehen geblieben zu sein.“ Die Worte trafen ihn auf eine schmerzlichen Art und Weise. Mit gemischtem Gefühl sah er, dass Louis die Tür aufstieß und ihn mit zuversichtlicher Miene ansah. „Du bist einsam, dann ändere das. Aber hör auf davon zu laufen und anderen die Schuld für deine Unzufriedenheit zu geben.“ Sein Blick glitt auf die letzten drei Vögel, die Kreise in der Luft zogen. „Sei ein Weasley und kratz ein bisschen Mumm zusammen um die anzuhören, was Al dir zu sagen hat.“ Dann fiel die Tür ins Schloss und Fred schloss kurz die Augen. Schlaff ließ er sich auf dem Platz nieder, auf dem bis eben noch sein Cousin gesessen hatte Tief atmete er durch, dann griff seine Hand automatisch zu dem ersten Brief, der auf seinem Arbeitstisch lag. Das Papier war bereits gelb und die Tinte verblichen, trotzdem konnte er noch jedes einzelne Wort lesen. »Es ist der vierzehnte Oktober. Die Uhr im Esszimmer schlägt halb drei und ich habe seit siebenundzwanzig Stunden nicht geschlafen. Ich kann es nicht. Denn sie sucht mich heim immer und immer wieder. Es ist, als würde sie mich locken. Locken in eine Welt in der nur noch Dunkelheit herrscht. Wenn ich sie sehe, habe ich das Gefühl ein Stück Leben verlässt meinen Körper. Es gibt kein Entkommen, denn sie kommt mir mit jeder Begegnung näher und näher...[...]« - - - Scorpius Malfoy war nicht der Typ Auror, der sich schnell vor irgendetwas ekelte. Doch nun verzog er angewidert das Gesicht und zählte innerlich bis zehn. Er befand sich in Ghana, einem abgelegenen Stück Land, wo sich selten ein Muggel hin verirrte. Die Landschaft war trostlos, allerdings zeugte sie in diesem Augenblick ein Stück Grauen. Der Boden war über und über mit toten Zentauren gepflastert. Oft fehlten ihnen Glieder, oder sie waren auf barbarischer Weise vollkommen ausgeschlachtet worden. Doch vor allen fehlte ihnen eins; Blut. Der schreckliche Regen in London war erklärt. Scorpius wollte sich mit der Hand über das Gesicht fahren, gerade noch rechtzeitig hielt er sich davon ab, denn seine Kleidung war durchtränkt von dem Blut der magischen Wesen. Kaum hier angekommen, hatte ihn ein blutroter Sturm erwartet. Sein ganzer Körper war besudelt, denn die Flüssigkeit fraß sich durch die Kleidung. Die braunen Augen des Aurors sahen zu der Truppe die ihn begleitet hatte. Den neun anderen schien es nicht anders zu gehen. Rose stieg mit verkniffener Miene über einen Leblosen Körper. Ihr Haar schien röter denn je. „Merde!“, flüsterte ein Franzose neben ihr und ein schottischer Auror sah zum schwarzen Himmel. Sie alle hielten ihre Zauberstäbe fest umklammert und waren mehr als froh, dass sie zumindest den Regen hatten stoppen können. Leben retten dagegen nicht. „Hast du geahnt, dass dies die Auswirkungen eines Völkermords sind?“, fragte die Weasley und Scorpius wendete sich ihr zu. „Nein“, gestand er. „Ich dachte, es gäbe vielleicht eine Meinungsverschiedenheit oder Krieg gegen eine andere Art.“ Der Blonde holte tief Luft. „Aber dass-“, er breitete die Arme aus. „-spricht nicht für einen Krieg, sondern für schwarze Magie.“ „Oder ein Zeichen.“ Verdutzt sah er sie an und Rose nahm den Blick von dem toten ausgesaugten Fleisch. „Mir kommt es vor, als wollte jemand eine Warnung aussprechen, oder eine Ankündigung.“ Dieser Gedanke behagte Scorpius nicht und mit verkniffener Miene wies er seine Leute an, sich auf den Weg nach Hause zu machen. Die Berichtet konnten bis morgen warten, denn er sah den Auroren an, dass sie alle mit sich kämpften. Ihre Gesichter waren von Entsetzen, Ekel und völliger Fassungslosigkeit überzogen. Einer nach dem anderen apparierte. „Was ist, wenn wir es mit jemanden zu tun haben, der nicht menschlich ist“, sprach Rose ihre Vermutung, doch Scorpius hatte im Augenblick kein Ohr für ihre Worte. Zu sehr lenkte ihn die warme Flüssigkeit auf seiner Haut ab. „Lasst uns verschwinden und dann weiter diskutieren.“ Ohne auf eine Antwort abzuwarten, ergriff der Malfoy ihren Arm und apparierte mit ihr. Sekunden später stolperten sie durch einen Kamin und Rose registrierte gerade noch, dass das magische Feuer nicht blau, sondern grün war. Scheinbar hatte er sämtliche Eingänge gesichert und mit einem einzigen Blick wurde ihr klar, dass sie auf Malfoy-Manor war. Ohne abzuwarten warf Scorpius den schweren Mantel von sich und sprach: „Duschen, sofort.“ Rose musste lachen, obwohl es nicht der richtige Augenblick war. Trotzdem war es ungewohnt den stolzen Malfoy dabei ertappt zu haben, dass auch er nicht frei von Ekelgefühl war. Scorpius rief nach den Hauselfen seines Vaters und wies Rose schließlich an: „Nimm ein Bad, danach treffen wir uns hier und klären die Fakten. In diesem Zustand-“, er nickte an sich runter. „-liste ich mit dir keine Vermutungen auf.“ Um seine Worte zu unterstreichen, schlüpfte er aus seinen Schuhen und zog sich den schwarzen Pullover im Lauf über den Kopf aus. Rose wollte gerade etwas sagen, als Scorpius auch schon verschwunden war. Die Weasley seufzte tief und atmete weiter durch den Mund um die Übelkeit zu vermeiden. „Misses, Blinky hat das Bad im ersten Stock vorbereiten lassen“, kündigte ein Hauself an und sie ließ sich von ihm besagtes Bad zeigen. Eine Wand aus Dunst schlug ihr entgegen und Rose holte tief Luft. Es roch nach Lavendel und mit einem Mal konnte sie die blutige Flüssigkeit auf ihrer Haut nicht mehr ertragen. Hastig entkleidete sie sich und musterte das große Bad. Es war alles im Stil des 19ten Jahrhunderts gehalten, altmodisch, doch auf seine Weise immer noch ansehnlich. Mehrere goldene Wasserhähne füllten die gigantische Wanne am Boden, Seifenblasen schwebten durch die Luft und sie erkannte einen Berg von weichen Handtüchern. Vorsichtig ließ sich Rose in das Wasser hin hinein gleiten und genoss die angenehme Wärme. Ohne zu zögern tauchte sie mit dem Kopf unter Wasser und hoffte, dass sich das Blut aus ihren Haaren verflüchtigte. Als sie wieder auftauchte fühlte sie sich wie ein Phönix aus der Asche und eben jenes Gefühl kam ihr seltsam vertraut vor. Wie ein Schlag in den Magen wurde ihr klar, dass sie sich ähnlich gefühlt hatte, nachdem sie Scorpius zum ersten Mal begegnet war. Das Bad danach war ihr wie einen Flug in den Himmel vorgekommen. Unbeabsichtigt hielt sie inne, in letzter Zeit kam sie sich oft vor, als hätte man sie sieben Jahre zurück geworfen. Besonders bewusst war ihr dies in Hogwarts geworden. Für ein paar Herzschläge hatte sie geglaubt, Scorpius würde sie so ansehen, wie er es bei ihrer ersten Begegnung getan hatte. Noch wusste Rose nicht, ob sie sich darüber freuen sollte, oder die ganze Sache mit Skepsis betrachtete. Die Zusammenarbeit mit dem Malfoy funktionierte wunderbar, sie harmonierten einander und verhielten sich wie Freunde. Ja, Freunde. Nicht mehr und nicht weniger. Geistig abwesend ergriff Rose den Schwamm und begann sich sauber zu schrubben. Natürlich betrachtete sie den Blonden, wenn sie sicher war, er würde es nicht bemerken. Schließlich fand sie ihn, wenn sie ehrlich zu sich selbst war, noch genauso anziehen, wie zu der Zeit, als der dunkle Lord noch lebte. Seine Gesichtszüge waren härter, erwachsener und sein Körper sehniger, der jugendliche Zug war verschwunden. Doch seine Ausstrahlung war geblieben. Mit Ruhe, enormen Wissen und Weitsichtigkeit verkörperte er ein Stück Sicherheit und Zuverlässigkeit, so wie er es im Krieg bereits getan hatte. Und Rose war sich sicher, dass Scorpius, wenn er wollte, die Menschen mit Worten so beeinflussen konnte, dass sie taten was er verlangte. Als er die DA zusammen gerufen hatte, war ihr bewusst geworden, dass seine Wortwahl, gepaart mit dem Klang seiner Stimme einen sichtbaren Einfluss auf die Hörer hatte. Faszinierend. Aber wahrscheinlich war ihm dies noch nicht einmal bewusst. In der Zeit des Nachdenkens hatte Rose nicht bemerkt, dass ihre Haut langsam schrumpelte und sie beschloss sich schnell die Haare zu waschen, um sich nicht wie Meerschaum im Wasser aufzulösen. Während sie aus dem Wasser stieg, fragte sie sich, was es war, was sie für Scorpius empfand. Einst war sie verliebt in ihn gewesen. Richtig verliebt. Doch was war sie jetzt? Natürlich empfand sie Anziehung, aber war es mehr als das? „Meine Güte, du hast genug zu tun, da musst du dir nicht noch über solch einen Eulenmist den Kopf zerbrechen“, sprach sie mit sich selbst als sie nach Kleidung suchte, aber nur den weichen dunkelgrünen Morgenmantel entdeckte. Kurzerhand schlüpfte sie hinein und kämmte sich das nasse Haar. Schließlich griff sie zu ihrem Zauberstab, hexte es trocken und glatt. Sie bemerkte, dass man ihre dreckige Kleidung weggebracht hatte und beschloss das Bad zu verlassen. Mit nackten Füßen huschte sie die kühlen Stufen herab, wieder zurück in das Wohnzimmer, aus dem sie gekommen waren. Das Feuer spendete eine angenehme Wärme und dicke Kerzen erhellten den Raum. Rose stieg der Duft von Gebäck in die Nase und folgte der Spur. Im angrenzenden Raum erwartete sie auf einem Schreibtisch mehrere Platten mit Essen und warmen Tee. Sie begriff, dass es sich hierbei nicht um die öffentlichen Malfoy-Räume handelte, sondern um Scorpius` privaten. Von ihm fehlte noch jede Spur, weshalb sie beschloss sich umzusehen. Mit einem Käsetörtchen in der Hand musterte sie den eleganten Raum, dass breite Holzbett mit den vielen Kissen, die Wände voller Bücher und dem Schachbrett auf dem Nachtisch. Ein Lächeln glitt über ihre Lippen, denn an seinen Vorlieben hatte sich scheinbar nichts geändert. Lautlos schritt sie zum Regal, dabei fiel ihr Blick auf eine halb verdeckte schmale Holztreppe, die nach oben zu führen schien. Neugierig huschte sie diese hoch und konnte ihr Erstaunen nicht verbergen. Es empfing sie ein weiterer Raum mit noch mehr Regalen. Bis zur Decke mit Büchern vollgestopft fühlte sie sich sofort wohl. „Lumos“, sprach sie ruhig und magische Kerzen schwebten durch den Raum und spendeten ein angenehmes Licht. Mit den Fingerkuppeln strich sie an den Bänden entlang und konnte sich kaum sattsehen. Werke von magischen Autoren, die längst als verschollen galten schoben sich in ihrem Blickfeld und sie wünschte sich plötzlich ganz kindlich, einfach hierbleiben zu können. Irgendwann blieb sie stehen und zog an einem Lederbuch. Miranda Fiddelwick – Die Schatten in der Dunkelheit. Rose hatte von dem Buch gehört. Ihre Mutter meinte, dass es in Hogwarts einst in der verbotenen Abteilung gestanden hätte und schließlich ins Ministerium gekommen war. In den Wirren des Krieges war es schließlich verloren gegangen. Gerade, als sie es aufschlagen wollte, sprach eine Stimme: „Was machst du da?“ Erschrocken fuhr Rose herum und das Buch fiel ihr aus der Hand. Sie sah direkt in hellbraune Augen und atmete tief den Duft von Harz ein. Scorpius` Haar war an den Spitzen noch feucht und er trug ein graues Shirt und eine schlichte Baumwollhose. Warum hatte sie ihn nicht gehört? Hatte ihre Wachsamkeit nachgelassen, oder bewegte er sich so lautlos? Die Weasley schluckte um sich zu sammeln. „I-Ich war neugierig und dann habe ich die Bücher gesehen-“ An dem Grinsen ihres Vordermanns sah sie, dass sie nicht weiter erklären musste und er sie verstand. „Und da dachtest du, solange ich nicht da bin, vertreibst du dir die Zeit mit lesen.“ Scorpius trat einen Schritt von ihr zurück und gab ihr so etwas mehr Raum. „Hast dich ja nicht viel verändert, Weasley“, neckte er sie und entlockte ihr ein empörtes Prusten. „Du dich doch auch nicht! Bücher, Schach, ruhige Orte. Scheinbar glaubst du immer noch, du könntest dein Wissen noch mehr erweitern.“ „Man lernt nie aus“, war seine knappe Ausrede und ein amüsiertes Grinsen zitierte seine Lippen. „Entspanntes Bad gehabt?“, betrieb er höflich Konversation und Rose hob das Buch auf. Dann drehte sie sich um, damit sie es wieder an seinen Platz schieben konnte. „Natürlich, glaubst du etwa, mich würde dieses Blutbad nicht berühren, es war schrecklich! Kaum vorstellbar das niemand-“ Sie hielt inne, denn eine Hand berührte ihr langes Haar und strich es von ihrer Schulter. Mit einem Mal begriff Rose, wie nahe er ihr wirklich war und hielt die Luft an. Die Weasley konnte seine Wärme spüren, die Wirkung war erschreckend. Ihr ganzer Körper spannte sich an und war kaum noch in der Lage ihr zu gehorchen. Sie musste sich fast zwingen, sich ihm zu zuwenden. „Scorpius -“ „Ich bin nicht freiwillig gegangen“, seine Worte waren ruhig, seine Stimme jedoch atemlos. Ohne Beherrschung waren die Worte über seine Lippen gerollt und er sah nun in ihr überrumpeltes Gesicht. Rose zog scharf die Luft ein. „Was?“, sie klang empört und vollkommen aus der Fassung gebracht. „Ich bin nicht freiwillig gegangen, damals“, wiederholte Scorpius und seine Worte rauschten nur so in ihren Ohren. Die Hitze breitete sich in ihrem Körper aus und ihr Hals war mit einem Mal so schrecklich trocken. Tausend Dinge rasten ihr durch den Kopf und sie wollte ihnen alle Ausdruck verleihen, doch stattdessen schwieg sie. Rose wollte denken, abwägen und entscheiden, ob er seine Worte ernst meinte, doch stattdessen konnte sie keinen klaren Gedanken fassen und starrte ihn einfach nur an. Zu ihrer Erleichterung nahm Scorpius ihr sämtliche Entscheidungen ab. Kompromisslos beugte er sich vor und küsste sie. Ohne Zurückhaltung trennte er sofort ihre Lippen und tauchte in sie ein. Es war nichts zu spüren von Unsicherheit und Vorsicht. Hastig drängte er sie mit den Rücken gegen das Regal und Rose schloss die Augen, sie zog ihn an sich und verdrängte jeden halbfertigen Gedanken. Es zählten seine harten Lippen auf ihren, ihr schmerzhaftes Herzklopfen und der kuriose Augenblick. Irgendetwas schien zu explodieren, eine Mauer wurde eingerissen und sämtliche Alarmglocken ignoriert. Ohne Scham fuhren Scorpius` Hände unter den Morgenmantel, zerrten schließlich am Knoten des guten Stücks und legten weiche, reine Haut frei. Als seine Hände ihren Körper voller Hast erkundeten, wurden ihre Beine weich und Rose versuchte sich am Bücherregal festzuhalten, stattdessen rutschte sie immer wieder ab. An ihrer Hüfte bemerkte sie, dass Scorpius es eilig hatte und verstand seine Hektik. Mit wenig Kraftaufwand umfassten seine Hände schließlich ihre Hüfte und sie schlang die Beine um ihn. Ihre schmalen Finger arbeiteten sich an seinem Oberkörper herunter, doch weil er sie heftig gegen das Regal drückte, hatte sie kaum Raum zum handeln. Keuchend löste er schließlich seine Lippen von ihren und hielt inne. Rose hatte das Gefühl innerlich zu brennen, denn alles was er tat, wollte sie. Als hätte sich ein klemmender Schalter in ihrem Kopf umgelegt. Kurz sahen seine glänzenden braunen Augen in ihre und Rose erkannte eine ungesättigt Lust, etwas, was ihren Körper zum prickeln brachte. Noch bevor sie etwas sagen konnte, handelte er erneut und Sekunden später lag sie auf dem Rücken. Am Boden konnte sie ihre Glieder strecken. Der Morgenmantel klappte auf und präsentierte ihren Körper vollkommen unbedeckt. Doch dafür hatte Scorpius kein Auge. Später, viel später, wenn er dieses quälende Hungergefühl nach ihrer Nähe etwas gedämpft hatte. Beinahe schon aggressiv riss er sich das Shirt vom Körper und spürte, wie die schmalen Hände seiner einstigen Freundin in seine Hose glitten und er musste ungeniert stöhnen. Bevor sie ihre Finger rhythmisch bewegen konnte spreizte er bereits ihre Beine, legte sich in ihre Mitte und stieß kraftvoll zu. Rose bog den Rücken durch und ihre Fingernägel gruben sich tief in das Fleisch seines Rückens. Sein Atem streifte ihren Hals, sie lauschte seine erregte Stimme und schloss die Augen um das Gefühl, welches sich in ihr ausbreitete zu genießen. Während sie den uralten Akt miteinander teilten, einen Sturz über eine brutale Klippe wagten, baute sich außerhalb des sicheren Manors katastrophales zusammen. Der Frühling hatte schon all seine Kraft gebraucht um auszubrechen. Vereinzelte Bäume trugen bereits Blüten, Blumen hatten an die Oberfläche gefunden, doch jetzt war es, als würde der sichere Tod an ihrem Pfad entlang wandern. Alles Leben welkte. Blüten vertrockneten, Wiesen wurden braun und Bäume wieder kahl. Dann brach ein Wolkenbruch über England herein. Breitete sich aus nach Frankreich und verschluckte schließlich ganz Europa. Die Sonne verschwand. Für die nächsten 31 Tage. Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)