Drei Minuten mit dem Hauch des Schicksals von Dahlie (Das ist das Ende.) ================================================================================ Kapitel 7: Als gäbe es kein Morgen. ----------------------------------- Starker Platzregen überschwemmte die Erde, fast so, als sollte das Wasser die Spuren der Attentate verwischen. Knapp eine Woche war es nun her, seit Rose sich dazu herabgelassen hatte, den Worten ihres einstigen Liebsten zu lauschen. Ganz Ehrenmann hielt Scorpius, wie es sich für einen Malfoy gehörte, Wort. In dem großen Konferenzraum waren sämtliche Unterlagen vor ihre Ausgebreitet, die Weltkarte an der Wand beschriftet, Zeugenaussagen schwebten in Flaschen abgefüllt durch den Raum und links von ihr stapelten sich Akten gefüllt mit Verhörprotokollen, dem Ergebnis der Spurensuche und sämtlichen notierten Details. Rose Weasley griff zu dem Gummiband um ihr Handgelenk und band sich die langen roten Haare zu einem Zopf. Laut seufzte sie und erntete ein Schmunzeln zu ihrer rechten Seite. Scorpius hatte die Hände in die Hüfte gestemmt und warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. „Ich habe dir gesagt, es ist viel. Und nach allem was ich weiß, fehlt etwas. Ich weiß nicht, ob es nur so ein Gefühl ist, aber irgendetwas habe ich übersehen, oder es wird mir vorenthalten.“ Die Weasley setzte sich auf die Tischkante „Erzähl mir von deinen Vermutungen.“ Scorpius öffnete den ersten Knopf seines Hemdes und schritt zu der Weltkarte. „Ich habe dir bereits erklärt, dass es hier kein Muster gibt. Das stimmt nicht, denn beim genauen Hinsehen-“, er zog seinen Zauberstab aus der Hosentasche und murmelte: „Weiß mir die Richtung.“ Rose sah ihn verwirrt an, doch der Spruch zeigte seine Wirkung. „-erkennt man ein Pentagramm und ein Pentagon. Jede Ecke zeigt einen Anschlagsort.“ „Ich dachte der Süden sei bislang verschont geblieben?“, fragte sie erstaunt und er warf ihr einen missmutigen Blick zu. „Indirekt ja, denn es fanden keine Explosionen statt, eher von Völkermord.“ Ihr Gesicht blieb stehen vor Entsetzen und Scorpius konnte nur knapp nicken. „In den kompletten südlichen Gebieten geht die Anzahl der Zentauren zurück.“ Rose sah ihn an. Sie studierte seine verkniffene Miene und wurde ein beklemmendes Gefühl nicht los. „Du hast einen konkreten Verdacht, wer für das alles verantwortlich ist.“ Die Art, wie sie es aussprach, sorgte dafür, dass sich Scorpius versteifte. Sie hatte seinen Wunden Punkt getroffen und er lehnte sich mit verschränkten Armen vor der Brust gegen die Weltkarte. „Ja.“ „Wen?“ Seine Lippe kräuselte sich und sie spürte, dass er die Wahrheit nicht gerne aussprach. „Elliott Parkinson.“ Rose konnte ihre Überraschung nicht verbergen, weshalb sie achtsam seinen Ausführungen lauschte. Das Schema, nachdem die Arbeit verrichtet worden war, glich der Vorgehensweise von Todessern. Aber da der letzte Todesser bereits gehängt worden war, fand diese Theorie keinen genauen Ansatz. Scorpius griff auf die zurück, die freigesprochen worden waren und diese konnte man an einer Hand abzählen. Es blieben nur Claire, Draco, Elliott und er. „Meine Schwester kannst du ausschließen. Sie liebt die neue Welt, findet sich hervorragend in ihr zurecht und würde sich niemals wieder eine Reglung wünschen, die dem des dunklen Lords entspricht, außerdem traf der erste Anschlag sie selbst. Mein Vater arbeitet mit Harry Potter zusammen und war während des Krieges Spion, die Wahrscheinlichkeit liegt also bei null. Bleibt nur noch Elliott.“ Scorpius erzählte es nicht gerne, doch es war ein unbestreitbarer Fakt. „Elliott hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, wie sehr er die neue Welt hasst. Zudem bekleidet er eine hohe Position und ist kognitiv durchaus in der Lage mehrere Fäden gleichzeitig zu ziehen, wenn du verstehst was ich meine.“ Natürlich tat sie das, doch Rose sah auch einen Haken. „Dann verstehe ich nicht, warum er sich mit so viel Verbissenheit hochgearbeitet hat, wenn er im Endefekt nur, das alte System wieder aufleben lassen will.“ Der Malfoy schenkte ihr ein schwaches Lächeln. „Das war auch mein Knackpunkt und deshalb lasse ich ihn seit einiger Zeit beschatten. Zu meiner Erleichterung verhält er sich vorbildlich, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass er etwas verbirgt.“ Sein Bauchgefühl hatte ihn bislang noch nie im Stich gelassen. „Genauso wie die Tatsache, das hier-“, er breitete die Arme aus und wollte ihr damit zeigen, dass er das Beweismaterial meinte. „-etwas fehlt!“ Rose sah sich um, schließlich seufzte sie. Sie konnte Scorpius tatsächlich verstehen, dass er in solch einem Fluss von Beweisen, Notizen, Wertungen und Ergebnissen frustriert war, das er zu keinem einstimmigen Ergebnis kam. Anders als er, glaubte sie jedoch nicht, das ein Puzzlestück fehlte. „Ich mache dir einen Vorschlag“, begann sie und konnte selbst kaum glauben, das diese Bereitschaft tatsächlich von ihr kam. „Ich arbeite mich die nächsten zwei, drei Tage durch die Beweise und versuche deinen Verdacht zu bestätigen. Am besten noch protokolliert festgehalten.“ Das Angebot entlockte ihm einen zufrieden Ausdruck. „Lass mich dir helfen.“ „Nein“, wehrte die Weasley ab. „Ich möchte es objektiv gestalten. Wenn du wirklich Recht hast und hier Beweise unterschlagen worden sind, dann wirst du dich unverzüglich an Onkel Harry wenden. Solange ich beschäftigt bin, schaust du nach Albus.“ Rose zog einen Stuhl heran und ließ sich drauf nieder. „Liege ich richtig in der Annahme, das du auch dort einen Verdacht hast?“ Sie zwinkerte und Scorpius genoss es sichtlich jemanden um sich zu haben, der seinen Gedankengängen scheinbar mühelos folgen konnte. Rose dachte ähnlich wie er, kompliziert und in alle Ecken. Knapp nickte er. „Ja, Albus muss etwas wissen. Etwas, was uns sehr weiter bringen könnte. Ich meine, seine psychischen Probleme genau an jenem Tag an, als der erste Anschlag geschah.“ Er brauchte nicht erwähnen, dass er die Akte aus dem Krankenhaus hatte mitgehen lassen. Er stieß sich von der Wand ab und schritt zu ihr. „Luna muss auch etwas gewusst haben. Ihre plötzliche Krankheit, ihr Tod, das alles überschneidet sich ebenfalls mit den Anschlägen.“ Rose hatte die erste Akte geöffnet und überflog die Daten. „Wann hatte Albus seinen ersten Alptraum?“ „Im Herbst letzten Jahres. Oktober“, informierte Scorpius und sah Rose interessiert über die Schulter. Diese drehte sich halb zu ihm um und sprach: „Im November ist Luna gestorben und im Übergang von Oktober zu November fand der erste Anschlag statt.“ Etwas in Scorpius fühlte sich der Antwort sehr nahe. „Was genau willst du damit sagen?“ Die Weasley tippte auf eine Notiz. „Am 29. Oktober ist der letzte Todesser gehängt worden-“ Sie drehte sich halb um und konnte den Geruch des jungen Malfoys tief einatmen. „-was ist, wenn alles mit Voldemort zusammen hängt?“ Rose versuchte die Fakten zu einem Ende zu bringen. „Dann bleibt tatsächlich nur jemand übrig, der in Kontakt mit Voldemort stand.“ Scorpius nickte knapp, denn sein Hals war merkwürdig trocken. „Elliott.“ Den Verdacht laut und deutlich auszusprechen behagte ihm nicht, schließlich vertraute er dem eigentlich Parkinson. „Aber wir haben keine Beweise“, warf er ein und Rose schenkte ihm ein sanftes Lächeln. „Noch nicht.“ Ihre Worte machten ihm Mut, vertrieben jedoch nicht sein merkwürdige Gefühl im Magen nicht. Scorpius hasste sich dafür, Elliott zu verdächtigte, aber er fand keinen Anhaltspunkt es nicht zu tun. Es war kein Geheimnis, dass sein Freund die neue Welt hasste und sich mehr als einmal die alte Ordnung zurück gewünscht hatte. Trotzdem hatte Scorpius gehofft, dass Elliott dies als zweite Chance sehen würde. Ob er seinen Worten gefolgt war, oder sich alten Erinnerungen hingegeben hatte, würden sie herausfinden. Ganz sicher. Scorpius griff zu seinem Mantel. „Ich bin im St. Mungos, falls etwas ist.“ Rose nickte abwesend und er bemerkte, dass sie sich bereits in die erste Akte vergraben hatte. Scorpius konnte das Gefühl, welches sich mit der Erleichterung in seinem Magen vermischte nicht definieren. Er war unheimlich froh, dass er zum ersten Mal wirkliche Unterstützungen hatte. Unterstützung, die genauso handelte, dachte und reagierte wie er und sich den Auswirkungen eines einzigen Fehlers bewusst war. Während er die Tür des Konferenzraumes hinter sich schloss, atmete er tief durch. Seine Schritte fühlten sich leichter an. - - - Das Atmen fiel ihm schwer, sein ganzer Körper fühlte sich fiebrig und seltsam steif an. Ohne Selbstkontrolle flatterten seine Lider und es kostete Albus Severus Potter sehr viel Kraft sie ganz zu öffnen. Die Kehle des einstigen Rebellen zog sich schmerzvoll zusammen. Durst. Er starrte an eine weiße Decke, das Licht im Raum war schwach und als er den Kopf leicht drehte, erkannte er eine verschwommene Stilette. Er wollte seine Hand heben, sich bewegen, als er ein schweres Gewicht auf seinen Knochen spürte. Sein Sichtbild wackelte und Albus registrierte, dass man ihn mit dicken Ledergurten an ein Bett gefesselt hatte. Ganz langsam kam die Erinnerung wieder. Er war im St. Mungos. Die Anfälle. Das Monster. Albus stöhnte vor Schmerzen. Jemand fuhr erschrocken herum und ihm stieg der Geruch von feinen Sonnenblumen in die Nase. Sein erster Gedanke galt Alice. Die Heilerin trat näher, doch seine Sicht blieb verschwommen. Unwillkürlich versuchte er seinen Körper zu lockern, aber die fremde Substanz in seinem Blut machte es ihm schwer Herr Herr der Lage zu werden. „A-Al..ic..e“, brachte er heiser hervor und versuchte seine ganze Kraft darauf zu verwenden, die Hexe zu erkennen. Der Potter wusste nicht warum, aber der Wunsch, das sie es war, wurde übermächtig in seiner Brust. Mit einem Mal war es furchtbar wichtig, dass sie da war. Etwas sagte ihm, dass dies vielleicht die letzte Möglichkeit war, sie zu sehen, ihr zu sagen, was er fühlte und bereute. Seit Monaten quälte ihn das Monster, ein Teil vom Teufel, doch heute hatte er zum ersten Mal das Gefühl, nie wieder aufzuwachen, wenn er erst einmal die Augen wieder geschlossen hatte. „Ich bin hier, Albus.“ Sein Herz setze einen Vierteltakt aus. Die trockenen und rissigen Lippen formten sich zu einem Lächeln. Es war zart und wirkte zerbrechlich. Die Heilerin umklammerte ihren Zauberstab fester und trat einen Schritt auf das Bett zu. Der Körper des Kranken löste sich und Alice beobachtete, die Veränderung der Miene. Bislang hatte er kaum eine andere Regung von sich gegeben, als einen entsetzlichen Schrei. Sein Blick schien durch sie hindurch zu gehen, fast als würde er sich nicht erkennen. Und trotzdem keimte in ihr die Frage auf, woher er gewusst hatte, dass sie anwesend war, oder war es eine Reaktion im Affekt gewesen? Die Brust des Potters hob und senkte ungleichmäßig. Etwas schien ihm die Atmung zu erschweren. „S-Sag Fred“, Albus kämpfte. „Es t-tu-t mir leid.“ Sie hörte aus seiner Stimme, das ihm jede einzelne Silbe schwer fiel. „Was tut dir leid?“, hakte sie nach, doch statt darauf zu antworten flüsterte Albus: „Gib ihm-“, er unterbrach sich Luft ringend. „-meine U-Uhr.“ „Welche Uhr?“ Mit jeden weiteren Wort wurde Alice verwirrter. Die Heilerin zuckte kaum merklich zusammen als sie eine sanfte Berührung an ihrer Hand spürte. Albus umfasste sie und strich mit den Daumen über ihren Handdrücken. Er war kalt und es fühlte sich an, als hätte ihn seine Körperwärme längst verlassen. Regungslos ließ Alice geschehen, was er tat. Ein ungewöhnlicher Moment der Ruhe schien ihn zu überkommen, denn sein Atem ging wieder langsamer. Sie sah in die grünen Augen; sie wirkten matt und ohne jeglichen Funken Leben. Mit der anderen Hand strich Alice wie von selbst durch das feuchte schwarze Haar. Wie oft hatte sie sich gewünscht die Zeit zurückdrehen zu können um all die Fehler zu korrigieren? Die Longbottom hatte die Übersicht verloren. Hätte man sie mit achtzehn gefragt, wie sie sich ihr Leben mit fünfundzwanzig vorstellte, dann wäre sie wohl zu der Ansicht gekommen, dass sie mit Fred und Albus als Aurorin für das Ministerium arbeitete. Seltsam ironisch, dass keiner der drei Rebellen am Ende Auror geworden war. „..lice...“ Sie sah auf und begriff, dass sie ihren Gedanken nachgehangen hatte. Als sie seinen Blick begegnete, verkrampfte sich ihr Magen. Schwarze Farbe, beweglich wie Tinte im Wasser vermischte sich mit dem Grün seiner Augen. Sie wollte sich losreißen um Hilfe zu holen, doch der Griff um ihr Handgelenk schien wie eingeschweißt zu sein. Die kurze Ruhe war vorbei, er keuchte, seine Haut wurde weiß und alles in Alice erstarrte, als sie die schwarzen feinen Äderchen auf seinem Körper bemerkte. Immer deutlicher traten sie hervor und breiteten sich aus. Sein Körper begann zu zittern. „..i-ich... i...ch...“, weiter kam Albus nicht. Ein entsetzlicher Schrei verließ seine Kehle. „Losverum!“, ertönte eine energische Stimme und Alice konnte sich endlich aus dem Griff befreien. Mit einer heftigen Wucht wurde sie von dem Bett gestoßen und krachte gegen die Wand. Schmerzen fuhren durch ihren Rücken und als sie auf dem Boden aufschlug, hob sie direkt den Zauberstab. Zu ihrer Erleichterung erkannte sie Scorpius Malfoy, der eine Art Bannkreis um seinen Freund erschaffen zu haben schien. Er sah genauso erschrocken aus, wie sie sich fühlte. Im Bett bäumte sich Albus Körper auf, die Adern platzten, es klang als würde man mit stumpfen Messern filetieren. Blut spritzte die weißen Laken voll. Die warme Flüssigkeit verteilte sich auf ihr Gesicht und Brechreiz stieg in ihr auf. Noch immer schrie er. Vorsichtig trat Scorpius zu ihr und reichte ihr seine Hand, um ihr aufzuhelfen. Auch er wischte sich mit den Ärmel das Blut aus dem Gesicht, anders als sie verzog er jedoch keine Miene dabei. Mit zittrigen Knien beobachtete Alice, was vor ihren Augen passierte. „Das ist nicht nur ein schwarzmagischer Schwur!“, durchbrach Scorpius das Geschrei. „Das ist mächtiger“ Noch immer saß der Schock bei Alice tief und sie befeuchtete ihre Lippen. „Ich weiß nicht... ich weiß überhaupt nichts mehr!“, entfuhr es ihr hilflos. „Eben war er noch anwesend, jetzt scheint irgendetwas von ihm Besitz ergriffen zu haben.“ Mehrere Heiler rauschten in den Raum und versuchten das, was von Albus übrig geblieben war, zu bändigen. Scorpius spürte einen dicken Klos im Hals und die Hilflosigkeit in sich aufkeimen, die auch schon Alice gespürt hatte. Er sah auf das Blut und stellte fest, dass die Farbe sich geändert hatte. Es war genauso schwarz, wie die Finsternis aus der er einst geflüchtet war. Ohne sich um das Chaos um sich herum zu kümmern, raste er aus dem Raum zur Apparierstelle. Sein Verstand sagte ihm, dass es nur eine einzige Anlaufstelle für all das Übel gab, während etwas anderes hoffte, dass er sich irrte. Doch ein Malfoy irrte nicht. Nie! - - - Hochkonzentriert schwang unter dem Ministerium in einen der zahlreichen Labors ein rothaariger junger Mann im gleichmäßigen Takt seinen Zauberstab. Sechs Meter von ihm entfernt stand eine kleine Schale, in der sich gefährliche Substanzen vermischten. Fred Weasley liebte seine Arbeit im stillen Labor, wo es nach penibler Sauberkeit roch und er ungestört einigen Vermutungen nachgehen konnte. Flüche und Explosionsrückstände zu identifizieren war für ihn wie Rätselraten. Spannend, verwirrend und immer wieder für eine Überraschung gut. Die Schüssel explodierte und hinterließ rosa Rauch der sich zu Seifenblasen formte und durch das Labor schwebte. Fred war noch nicht einmal zusammen gezuckt, sondern seufzte enttäuscht darüber, dass er schon wieder nicht die richtige Menge an Atrophat und Magicum gemischt hatte um Scorpius zu helfen. In Orlando war eine Straße aufgerissen, magisch, das stand außer frage. Kein Zauberspruch würde solch eine Verwüstung hinlegen, außer Expulso. Laut den Berichten handelte es sich um Pulver und seit geschlagenen drei Tagen hockte er nun unter der Erde und versuchte dem besagten Übeltäter in punkto Sprengstoff ein Schnippchen zu schlagen. „Wo findet man dich, wenn man dich sucht? Bei deiner Arbeit.“ Die amüsierte Stimme ließ Fred grinsen und er sah von den Unterlagen vor sich auf. Seine Hand hatte aufgehört seinen Zauberstab zu dirigieren. Der Weasley schob sich die Sicherheitsbrille von der Nase und beobachtete seinen Onkel dabei, wie dieser eintrat. Verstimmt rümpfte er die Nase über den verbrannten Geruch und sah einigen Seifenblasen dabei zu, wie sie über seinen Kopf hinweg schwebten. Harry Potter schmunzelte und besah schließlich seinen Neffen. Silbrige Strähnen durchzogen sein dichtes Haar und tiefe Sorgenfalten gruben sich um seine Mundwinkel. „Ich habe ein gutes Vorbild, Onkel Harry“, sprach Fred heiter und der ehemalige Held schien sofort zu wissen, das er gemeint war. Statt sich angegriffen zu fühlen, lächelte dieser nur und trat näher. „Wie ich sehe bist du wieder dabei, für Scorpius zu forschen und Überstunden zu schieben.“ „Natürlich“, gestand er und ließ die Akten zuklappen. „Und ganz unter uns? Ich habe so langsam das Gefühl, dass Scorpius etwas entgeht. Also ihm etwas vorenthalten wird.“ Sofort wurde die Miene des Auserwählten hart. „Wie kommst du drauf?“ Fred zuckte knapp mit den Schultern. „Ist so ein Gefühl, und du musst ehrlich zugeben, das der Gedanke bei jeden durchaus berechtigt ist. Alle scheinen ihr eigenes Ding durchzuziehen, niemand arbeitet mit anderen zusammen.“ Harry ließ sich neben seinem Neffen an dem großen Arbeitstisch nieder und nahm seine Brille von der Nase um nicht vorhandenen Staub weg zu pusten. Er ließ sich Zeit mit der Antwort, eher er gestand: „Ist mir auch schon aufgefallen. Was kann ich tun, außer an ihren Gewissen zu appelieren? Hermine versucht bereits ihr Bestes, dass Scorpius alle Unterlagen erhält.“ „Manchmal verstehe ich die Herrschaften dort oben nicht“, er zeigte knapp mit den Zeigefinger an die Decke und Harry verstand die Metapher. „Scorpius ist einer der besten Auroren, die man je gesehen hat und trotzdem nimmt man ihn nicht für voll.“ „Sie fürchten ihn“, erklärte Harry und Fred sah ihn überrascht an. Ein schwaches Lächeln lag auf den Lippen des Helden. „Krum, von Ulrich und Chow sind alte Kämpfer, Scorpius die neue Generation. Dass er mit erschreckender Intelligenz gesegnet ist, gibt ihnen das Gefühl eventuell nicht mehr gebraucht zu werden.“ „Schon seltsam“, begann Fred mit einem sarkastischen Unterton in der Stimme. „Zu Dumbledores Zeit wäre man froh gewesen, so jemanden zu haben und jetzt versucht man würdige Nachfolger vorzeitig auszuschalten.“ Statt darauf zu antworten ließ Harry seinen Blick durch das Labor gleiten. Wie nebenbei fragte er: „Du gehst mit Sofia Wilhern aus?“ „Nein“, war die schlichte Antwort seines Neffen. Wenn es um die Arbeit ging, war Fred sehr auskunftsfreudig, anders als außerhalb des Ministeriums. Tief seufzte der Potter und sprach den wirklichen Grund an, warum er hier war. „Eigentlich geht es mich nichts an, aber trotzdem frage ich mal, auf die Hoffnung hin, dass du mir Auskunft gibst. Warum haben Al und du euch gestritten?“ Fred ließ die Akten in ruhe und schwang seinen Zauberstab, damit sie sich wieder im Regal einreihten. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit dem Ergebnis der Explosion zu. „Wir haben uns nicht gestritten“- jedenfalls nicht direkt. „Sondern von einem auf den anderen Tag aufgehört ehrlich miteinander zu sein.“ „Wegen Alice?“ „Unter anderem.“ Harry seufzte. „Ich weiß, dass Albus kein guter Freund war, Fred. Du kannst mir gegenüber ruhig ehrlich sein.“ Zum ersten Mal seit langen schien sich der Weasley verstanden zu fühlen, denn sonst war er es gewohnt, dass man für alles, was der jüngste Potter tat, eine Entschuldigung fand. Ein bitterer Geschmack breitete sich auf seiner Zunge aus. „Nach dem Krieg war ich ihm scheinbar nicht mehr besonders viel wert. Er weihte mich nirgends mehr ein, bevorzugte andere Gesellschaft und schien vergessen zu haben, wer neben ihm gekämpft hat.“ „Und jetzt hat er Probleme.“ „Die er ohne mich ausbaden darf!“, fuhr Fred seinen Onkel an. „Für mich war er schließlich auch nicht da! Hat mich mit Füßen getreten, meine Sorgen nicht ernst genommen und -!“ „Du bist alleine zum Kopfheiler gegangen.“ Der junge Weasley hielt inne. Kurz hatte die Wut über seinen einstigen besten Freund die Oberhand gewonnen. Nur ungern erinnerte sich Fred an diese schweren Schritte. Natürlich kannte er das Gefühl, wenn einen Alpträume plagten, oder Ruhelosigkeit. Bei ihm war es zweites gewesen. Nächtelang hatte er nicht schlafen können, sich rastlos gefühlt und war von einem Ort zum anderen gezogen. Immer wieder mit dem Drang weiter zu ziehen. Ganz so wie im Krieg. „Al hat mich im Stich gelassen gelassen als ich ihn wirklich gebraucht habe. Er wollte nichts von Kummer und Hilfe hören. Weshalb soll ich jetzt für ihn da sein, wenn er mir doch bewiesen hat, dass wir scheinbar keine Freunde mehr sind?“ Die Worte waren hart aber ehrlich gewählt. Harry holte tief Luft, dann spürte er, dass in seinem Umhang etwas warm wurde. Ein wenig verwundert holte er die falsche Galleone von Dumbeldors Armee aus seiner Tasche und musterte sie. Harry aktivierte sie nur, wenn etwas mit seinen Kindern war und so wie es aussah, war etwas mit Albus passiert. Entweder ihm ging es besser, oder schlechter. Harry hoffte stark auf das Erste, auch wenn er Realist genug war und wusste, dass er sich etwas vor machte. Müde erhob er sich und wandte sich zum gehen. Kurz vor der Tür blieb er stehen und hielt inne. Der Potter drehte sich um und musterte seinen Neffen, der bereits wieder seine Laborbrille aufsetzte. „Weißt du Fred, mag sein, dass Albus viele Fehler gemacht hat, dich vergaß, eure Freundschaft nicht würdigte, doch trotzdem ist er immer noch dein Freund“, sprach er ruhig und schließlich die alles entschiedenen Worte: „Sonst würdest du ihn nicht Al nennen.“ Das Grinsen auf den Lippen des Helden wirkte schwach. „Und man nennt schließlich nur Freunde beim Spitznamen.“ Fred sah auf, seine Haltung war abwehrend. „Damit machst du mir kein schlechtes Gewissen.“ Clever hatte er etwas in die Worte hinein interpretiert. Doch es war überhaupt nicht Harrys Absicht gewesen. Nun legte sich ein bitterer Zug um des Potters Mund und er sprach: „Das wollte ich auch nicht. Viel eher wollte ich mit der Aussage, dass Albus höchst wahrscheinlich den nächsten Winter nicht erleben wird, an deinem Gewissen appellieren. Aber du bist allen Anschein nach nicht so charakterstark, wie ich es von die geglaubt habe.“ Harry drehte sich vollkommen um. „Der einzige, der von euch beiden kein richtiger Freund ist, bist du Fred. Denn du bist nicht bereit zu verzeihen.“ Wortlos wandte sich der Weasley ab. - - - „Hast du den Bombarda Maxima schon einmal benutzt?“ , wollte ein kleiner blonder Junge aufgeregt wissen und versuchte mit dem erwachsenen Mann schrittzuhalten, der von einem Raum in den anderen ging. Elliott hatte auf dem Dachboden der Malfoys angefangen die Schutzzauber zu erneuern, als Corwin es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihn zu verfolgen. Bekleidet in schwarzem Hemd und Hose, verschmolz Elliott fast vollkommen mit den langen Schatten, während Corwin eher das Licht bündelte, mit seinen hellen Haaren, dem hellgrünen Pullover und der lauten Stimme. „Er lässt ganze Wände einstürzten und ist im Abgang sicherlich total cool!“, plapperte der kleine Malfoy weiter als der Auror in die Bibliothek rauschte. „Und wenn der Lump dann fliehen will, zack!“- energisch zog Corwin seinen Kinderzauberstab mit einem albernen Sternchen an der Spitze und machte eine ernste Miene. „-Colloportus! Sämtliche Türen und Fenster verschließen sich und man kann den Kerl in die Enge treiben!“ Sanft klopfte Elliott mit seinen eigenen Zauberstab einmal gegen jedes Bodenlange Fenster und sprach automatisch: „Wie willst du Fenster und Türen verschließen, wenn du zuvor bereits Wände zerstört hast?“ Es war eine rein theoretische Frage und er biss sich kurz auf die Unterlippe. Jetzt hatte er diesem Balg doch tatsächlich zugehört! Corwin dagegen sah ihn erstaunt an und ließ es zu, dass sich sämtliche Räder in seinem Kopf drehten. „Hmm...“, nachdenklich verschränkte er die dünnen Arme vor der Brust und versuchte eine Lösung für dieses Problem zu finden. Elliott riskierte einen Blick auf den Jungen und fragte sich, woher er diese Fantasie nahm, sich ein Duell in dem kleinen Köpfchen zurecht zu spuken. Während Floyd den halben Tag mit malen und durchstöbern von Büchern verbrachte, starb Corwin scheinbar an Langeweile. Nur Faxen hatte das Kind im Kopf und konnte keine Stunde ruhig sitzen bleiben. Draco Malfoy machte sich bereits sorgen, dass er in Hogwarts am Ende nach Gryffindor kam, so war es schließlich kein Geheimnis, dass Scorpius der Erbe Godric Gryffindors war. Und bei der geballten Ladung an Mut und Unerschrockenheit konnte sich Elliott gut vorstellen, dass der kleine Malfoy rot-gold statt grün grün-silber tragen würde. Seiner Meinung nach sollte man ihn nach Durmstrang schicken. Das alte Schloss symbolisierte Elliott zu viel Heldenmut. „Und was ist mit einem Expelliarmus?“, informierte sich der laufende Meter neben ihm und er rauschte aus dem Raum, nur um im Lesezimmer erneut halt zu machen. „Ein bisschen sehr fantasielos, oder?“ „Dann einen Levicorpus!“, entschied sich Corwin und Elliott fragte sich, woher der Junge so viele Flüche kannte. „Dann hängste` Kopfüber in der Luft und bist totaaaal hilflos!“ Er kletterte auf einen Ohrensessel und fuchtelte wild mit dem Zauberstab. „Du kannst aber auch ein bisschen hier und ein bisschen dort was hin hexen und dann BÄHM!“ Elliott schloss kurz die Augen, denn Corwin hatte an Lautstärke dazugewonnen. Statt endlich ruhe zu geben krakelte er munter weiter. Schließlich hatte der russische Auror genug. Lautlos schwang er seinen Zauberstab und der Junge kreischte vergnügt auf. „Das ist Levicorpus! Geil!“ Hilflos schwebte das Kind durch die Luft und Elliott hielt den Zauberstab locker in der Hand, aber statt sich zu fürchten, schien Corwin es zu genießen Opfer eines Fluchs geworden zu sein. Kinder waren seltsame Geschöpfe; naiv, albern und voller Überraschungen. Er dachte an Floyd. Dieser schien ein Gespür für unausgesprochene Dinge zu haben. Manchmal, wenn er den Knirps beobachtete, hatte er das Gefühl, dass er etwas wusste, das er nicht erzählen durfte. „Dann kannst du sicher auch den Bombada Maxima!“, staunte Corwin und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen als Elliott ihn Kopfüber durch die Luft schweben ließ und gemächlich die Treppe in den zweiten Stock runter ging. „Bist du ein so cooler Auror wie Onkel Scorpius und Onkel James, oder bist du besser?“ Der Parkinson-Erben musste gegen seinen Willen nachdenken. Er hatte noch nie einen Vergleich gezogen, doch so gesehen... „Ich würde sagen, dein Onkel Scorpius und ich sind in etwa gleich gut.“ Wobei der Malfoy eindeutig der bessere Stratege war, er im Gegenzug war in der Praxis und dem Umgang mit Zauber besser und war in dem Genuss wirklich guter Duellierstunden gekommen, als die Welt noch unter dem dunklen Lord gelebt hatte. Elliott wollte gerade weiter in den ersten Stock gehen, stattdessen hielt er jedoch inne. Das dunkle Mal auf seinem Arm brannte. Dies war es kein Zeichen, dass sein Herr nach ihm verlangte, sondern das sich Scorpius freundlicherweise ankündigte und schlechte Neuigkeiten hatte, auf die er sich gefasst machen sollte. Es war knapp gesagt; dringend. Leichtfertig setzte er Corwin ein Stockwerk tiefer ab, sodass dieser in das Esszimmer rannte, wo sein Bruder malte. Elliott bog rechts ab, betrat den Salon und öffnete schwungvoll die großen Fenster, damit er hinaus auf den langen Balkon treten konnte. Im Laufen zog er den Ärmel seines Hemdes hoch und betrachtete das Mal, wie es langsam wieder abkühlte. Kalter Wind fuhr durch seine bronzefarbenen Haare und seine grünen Augen suchten den Himmel ab. Schließlich erkannte er den schwarzen Rauch. Elegant erschien der Malfoy-Erbe und verwandelte sich zurück. Er trug den pflaumenblauen Umhang Britanniens und musterte ihn sichtlich verstimmt. Den Zauberstab erhoben, trat er auf Elliott zu. Dieser umklammerte seinen Stab fester. Die braunen Augen musterten ihn wachsam und Elliott verzog die Lippen zu einem höhnischen Lächeln. „Ist dir nun endlich klar geworden, dass es sinnlos ist mich zu beschatten?“ Es schien Scorpius nicht zu überraschen, dass er etwas von seinen Bewachern mitbekommen hatte. Die Stimmung zwischen ihnen war noch immer angespannt und er ließ den Zauberstab des Jüngeren nicht aus den Augen. Langsam wurde ihm bewusst, das die Lage wirklich verdammt ernst sein musste. „Zum Henker, Scorpius, was ist los mit dir?“, fauchte er ungehalten und warf seinen ehemaligen Leidensgenossen als Zeichen des Vertrauens seinen eigenen Zauberstab zu. Dieser fing ihn geschickt auf. „Was hast du für einen Grund mir Auroren auf den Hals zu hetzen, wo du mich doch selbst gebeten hast den Aufpasser für deine Familie zu spielen?“ Statt beschämt zu wirken, sah Scorpius ihn aus schmalen Augen heraus an. „Was los ist? Ich dachte, dass wüsstest du von uns beiden besten!“ Kurz, einen Herzschlag lang, glaube Elliott, dass sein Freund davon sprach, dass Luxuria ihn aufgesucht hatte. Er zögerte und zwang sich schließlich dazu, wachsam zu bleiben. „Sprich dich aus und hör auf wilde Anschuldigungen in den Raum zu werfen.“ Der Malfoy schien sich mächtig zusammen reißen zu müssen, ihm keinen Unverzeihlichen ins Kreuz zu hexen. „Wir erklärst du dir die Tatsache, dass die ganzen Anschläge die eindeutige Handschrift eines Todessers tragen?“ Von der Erkenntnis überrumpelt starrte er den jungen Malfoy an. „Das kann nicht sein!“, entwich es ihm energisch. „Draco, du und ich sind die Letzten, außer uns gibt es niemanden mehr!“ „Das weiß ich auch!“, baffte Scorpius ihn an und hielt weiterhin den Zauberstab auf Elliott gerichtet. „Mein Vater bewegt sich in Anwesenheit meiner Mutter, sie ist Zauberministerin, ich bin ein leitendes Ordenmitglied...“ Es dauerte etwas, bis der Knut bei Elliott fiel. Seine Miene veränderte sich von Ratlosigkeit bis hin zur Unverständnis. „Du glaubst, ich hätte etwas mit den Anschlägen zu tun?“ Scorpius musterte ihn. „Du musst selbst zugeben, so abwegig ist der Gedanke nicht.“ Elliott wusste nicht was schlimmer war, verdächtigt zu werden oder die Tatsache, dass sein Freund tatsächlich recht hatte. „Wo warst du am dreiundzwanzigsten?“, informierte sich Scorpius kühl und sah, wie sein Gegenüber ratlos nach den richtigen Worten suchte. Etwas konfus strich er sich durch das bronzefarbenen Haar. „Ich... ich war hier! So wie jede Nacht. Es gehört zu meinen Pflichten.“ „Kann das jemand bezeugen?“ Sie beide wussten, dass es nicht zählen würde, wenn Elliott auf die Auroren an der Grundstückgrenze verweisen würde, schließlich kannte er als Leiter den gesamten Überwachungsplan und hatte genügend Möglichkeiten diesen zu manipulieren. „Ich kann das bezeugen.“ Die weibliche Stimme ließ die beiden Männer herumfahren und Scorpius spannte seinen Kiefer an. Claire trat zu ihnen auf den Balkon. Sie trug noch ihren grauen Mantel und schien gerade erst nach Hause gekommen zu sein. Scheinbar hatte sie Scorpius gehört oder gesehen. „Lass den Zauberstab sinken“, wies sie ihn an und widerwillig tat er, was seine Schwester verlangte. „Du kannst nicht beweisen, wo er sich nachts aufhält!“, zischte Scorpius. Elliott stand nach wie vor unter Verdacht. Dieser ballte die Hände zu Fäusten. Claire blieb stehen und atmete tief durch. „Er war bei mir, Scorpius.“ Kurz blinzelte ihr Bruder. „Wie bitte?“ „Elliott, er war am dreiundzwanzigsten bei mir“, wiederholte sie ihre Worte und vermied es, besagten Mann anzusehen. Seit jener Nacht, in der sie mit ihm geschlafen hatte, war sie weitere Male morgens an seiner Seite aufgewacht und langsam begann Claire sich dafür zu schämen. Trotzdem konnte sie keine seiner Annäherungen zurückweisen und ließ immer wieder geschehen, dass er ihr zu nahe kam. Sie sah ihrem Bruder an, dass er sich noch einmal vergewissern wollte, doch mit einem eindeutigen Blick machte sie ihm deutlich, dass dies unnötig war. Scorpius ließ seinen Zauberstab sinken und sah seinen Freund mit einer Mischung aus Unglaube und Abneigung an. „Du schläfst mit meiner Schwester, ist das dein Ernst?“ Elliott verstand den Unterton in der Stimme des Malfoys nicht, beschloss aber bei der Wahrheit zu bleiben. „Das ist eine private Sache.“ Für Scorpius war es Antwort genug, leichtfertig reichte er seinen einstigen Leidensgenossen den Zauberstab. Dann wandte er sich zum gehen, kurz hielt er jedoch inne und sah seine Schwester an. „Ich hoffe, du weißt, was du tust.“ Während es für Elliott nach einer oberflächlichen Warnung klang, war es für Claire viel mehr. Scorpius kannte die Wahrheit über die Zwillinge und war sich bewusst, worauf sie sich bei dem jungen Parkinson eingelassen hatte. Claire beobachtete, dass ihr Bruder zutiefst enttäuscht von ihr war und mit einem letzten Blick auf Elliott signalisierte, dass er diesen weiter in Augen behalten würde. Er verwandelte sich so schnell in Rauch und verschwand, wie er gekommen war. Mit gemischten Gefühlen sah die Malfoy ihm nach. „Jetzt hält mich Scorpius für ein Kameradenschwein“, sprach Elliott trocken und Claire vergrub ihre kalten Hände in ihren Manteltaschen. „Bist du das nicht?“ Ein leises Lachen entwich seiner Kehle und er drehte sich um, als sie wieder ins Haus trat. „Hey, Mirabelle!“ Höflich hielt sie inne. „Danke.“ Verwirrt sah sie über ihre Schulter und er erklärte: „Deine Ehrlichkeit hat den Verdacht auf mich zerstreut.“ Claire drehte sich um und musterte ihn mit regungsloser Miene. „Nur gelockert Elliott, nicht vertrieben. Und sollte ich herausfinden, dass du etwas mit den Anschlägen zu tun hast, dann Gnade dir Merlin!“ Ihre Worte brachten ihn zum schmunzeln und er sah ihr nach, als sie den Balkon verließ um ihre Jungen zu begrüßen. Er hörte die laute Stimme Corwins und sah kurz in den grauen Himmel. Nein, mit den Anschlägen hatte er nichts zu tun. Noch nicht. Und würde er sich für das Angebot Luxurias entscheiden, würde Scorpius ihm nichts mehr anhaben können. Die Welt wäre dann so, wie es in seinem Sinn stand. Die Versuchung das Angebot zu ergreifen wurde mit jedem Tag stärker. - - - Nachdem sie mehrere anstrengende Konferenzen hinter sich gebracht hatte, ließ sich Astoria Greengrass müde in einem dunkelgrünen Ohrensessel fallen. Das Feuer im Kamin warf eine angenehme Wärme über ihre langen Beine. Geistig abwesend strich sie über den schlichten Rock und öffnete an den Handgelenken die Knöpfe der Bluse. Das dunkle Haar war zu einem seriösen Knoten im Nacken gebändigt worden. Astoria gab es nicht gerne zu, aber sie sah aus, wie eine Hexe aus einer alten magischen Familie. Die Perlenkette um ihren Hals war ein Erbstück ihrer Großmutter und von großer Kostbarkeit. Den Umhang, den sie an der Tür den Hauselfen übergeben hatte, spielte die Note der goldenen achtziger Jahre wieder. Feine Stickereien erinnerten an die Vorlieben ihrer Mutter und ein Lächeln glitt über ihre dezenten roten Lippen. „Deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen ist die Besprechung mit Minister Montebello gut verlaufen.“ Die Stimme des Hausherren klang amüsiert und Astoria reckte leicht den Kopf. Es war deutlich herauszuhören, dass Draco davon ausging, dass der italienische Zauberminister mit seinem Charme nicht gespart hatte. „In der Tat, aber manchmal schien es mir, als wäre er ein bisschen zu sehr an deiner Tochter interessiert. Hat ihr die Hand geküsst und sie mit seinem Bella regelrecht erröten lassen.“ Draco humpelt auf seinem Stock gestützt an ihr vorbei und schmunzelte. Sein blondes Haar war streng zurück gekämmt und sie erinnerte sich daran, dass auch er einer Sitzung beigewohnt hatte. Im schlichten grauen Pullover und schwarzer Hose machte er einen harmlosen Eindruck, doch noch immer war seine Statur sportlich, lediglich wegen dem Stock wirkte er nicht mehr so fit, wie er es einst gewesen war. Astoria fragte sich, ob sie ihn vielleicht auch nur unterschätzte und er immer noch ein so fähiger Duellant war, wie zur Zeiten des Krieges. Während sich die Greengrass auf der Armlehne abstützte, die Beine übereinander geschlagen hatte und den Hausherrn musterte, kam sie nicht umhin ihn auf eine besondere Art zu bewundern. Jahrelang war er der Spion Harry Potters gewesen, hatte ständig an der Grenze zwischen Leben und Tod verweilt und trotzdem niemals einen Verrat an der guten Seite begangen. Manchmal, wenn sie schlaflos in ihrem Bett gelegen hatte, war in ihr die Frage aufgestiegen, warum er sie so faszinierte. Draco hatte ihr schreckliches angetan und doch hasste sie ihn nicht dafür. Nicht mehr. Jetzt, wo sie sich in seiner Nähe befand, fühlte sie sich seltsam ruhig und das Gefühl der Rastlosigkeit war verschwunden. Die Ministerin Britanniens sah auf seinen Rücken und hörte, dass er mit den Zauberstab gegen etwas klopfte. Sie reckte den Kopf und erkannte ein ganz altes Radio. „Ich schätze, Montebello ist zu alt für Claire.“ Riss er sie aus ihren Gedanken und Astoria lachte knapp. „Schien er anders zu sehen.“ Sie erhob sich und fragte: „Hast du etwas von Scorpius gehört?“ „Nein“, antwortete Draco. „Und ich hoffe, du hast dir Weasley noch nicht zur Brust genommen.“ Seit Astoria wusste, was ihren Sohn damals dazu veranlasste die junge Rose Weasley zu verlassen und sich für seine Familie zu entscheiden, war sie mehrmals versucht gewesen ihren einstigen Mitstreiter die Leviten zu lesen. Doch sie hatte Draco versprochen zu schweigen, schließlich war es ein Bündnis zwischen Ron und Scorpius. „Was tust du eigentlich dort?“, fragte sie und erhob sich um näher zu treten. Immer noch tippte Draco mit den Zauberstab gegen das Radio und erklärte: „Granger erklärte mir heute, dass sie den Sender Hexenstunde wieder funktionstüchtig gemacht haben.“ Astoria unterließ es Draco zum wiederholten Mal darauf hinzuweisen, dass Granger nun Weasley hieß, scheinbar konnte er sich gewisse Dinge einfach nicht abgewöhnen. Gleichgültig sprach er weiter. „Lange gab es ja nichts anderes als Potter Watch. Und nachdem Granger heute erzählte die alte Glenda Chittlock würde das Vormittagprogramm wieder moderieren und Krautwig Kross mache die Beratung rund um den Haushalt und Pflanzenangelegenheiten wieder, bin ich neugierig geworden.“ Etwas rauschte, dann vernahmen beide eine angenehme rauchige Stimme, die verkündete: »Und nun meine Damen & Herren, präsentiert ihnen die Hexenstunde die neue Single von Edita Ophelia Warbeck. « Verwirrt runzelte Astoria die Stirn. „Warbeck? Eine Nachfahrin von Celestina Warbeck?“ Die ersten sanften Töne drangen zu ihr durch und ein gelöster Ausdruck legte sich auf Dracos Gesicht. „Scheint so.“ Ein paar Augenblicke lang lauschten sie der Soulstimme, schließlich reichte er ihr seine Hand. „Soll das eine Aufforderung zum Tanz sein?“, witzelte Astoria und noch ehe sie sich versah, hatte er ihre Hand schon ergriffen und seinen Stock beiseite gelegt. Wie von selbst legte sie eine Hand auf seine Schulter und ließ es zu, dass er sie näher an sich zog. Ihr Herz klopfte bis zum Hals und machte einen kleinen Hüpfer als sie sich langsam zur Musik bewegten. Astoria lehnte mit den Kopf gegen seine Brust und lauschte dem Rhythmus seines Herzens. Sie roch Harz und einen Geruch, den Scorpius ebenfalls aufzuweisen hatte. Wahrscheinlich war es Draco einfach selbst. Seine rechte Hand legte sich auf ihren Rücken und strich an ihrer Wirbelsäule rauf und runter. „Du hast mir nie gesagt, wann du Harrys Spion geworden bist“, begann sie leise und spürte kurz, wie sich die Muskeln in seinen Körper anspannten. Stumm lauschten sie der wunderbaren Stimme und zu ihrer eigenen Überraschung antwortete er ihr: „Vor fast fünfundzwanzig Jahren, an dem Tag, an dem Scorpius geboren wurde.“ Astoria schluckte hart und schwieg. Immer wieder hatte sie sich gewünscht, dass er für sie mehr empfunden hatte, als pures Begehren. Es war ein törichter Wunsch gewesen. „Ich wollte nicht, dass mein drittes Kind ein so abscheuliches Leben führte, wie ich es tat. Warum mir dies erst bei Scorpius bewusst geworden ist, weiß ich nicht genau“, begann er zu erzählen. „Vielleicht, weil Scorpius mein erstes Kind war, auf das ich mich ehrlich gefreut habe. Natürlich liebe ich all meine Kinder, egal, wer oder was sie sind. Aber Scorpius ist das einzige, was ich wirklich wollte. Verrückt, nicht war?“ Nein, es war ehrlich und erschreckend traurig. „Aber das entschuldigt nicht, wie ich mit dir umgegangen bin.“ Astoria schloss die Augen und versuchte sich an jene schrecklichen Tage zu erinnern. „Der Tag nach Scorpius Geburt, warum hast du mich damals weggebracht und zugelassen, dass ich es über die Grenze schaffe?“ „Weil-“, er schien nach den richtigen Worten zu suchen. „-weil ich nicht wollte, dass du bei mir bleibst, an diesem schrecklichen Ort. Als du fort warst, war es wie ein Wendepunkt, der mich dazu gebracht hat, alles in meiner Macht stehende zu tun, um Potter zu finden.“ Sie hörte in seiner Stimme, dass er, als sie fort war, begriffen zu haben schien, dass er nicht wollte, dass weiter etwas so böses wie Tom Riddle über die Welt herrschte. „Insgesamt habe ich fast über ein Jahr gebraucht um Potter zu erwischen und es war pures Glück, das mir eine dieser Galleonen in die Hände gefallen ist, die Granger für Dumbledores Armee verzaubert hat.“ Draco schmunzelte, sein Blick fiel auf das warme Feuer im Kamin. Ihre Körper warfen lange Schatten an die Wand und er genoss es sichtlich sie so nahe bei sich zu haben. „Was glaubst du, wäre passiert, wenn wir uns in einem anderen Zeitalter begegnet wären?“ Ihre Frage kam so überraschend, dass Draco kurz innehielt. Nachdenklich neigte er den Kopf. „Ich denke“, begann er zögerlich. „dass wir einander ignoriert hätten. Astoria versteh mich nicht falsch, du bist eine wunderbare Hexe, intelligent, schön, natürlich, aber ich glaube, du hättest immer in einer anderen Klasse verkehrt, als ich es getan hätte.“ Draco löste sich von ihr, das Lied neigte sich dem Ende und sanft strich er über ihre Wange. Er konnte den Impuls nicht unterdrücken, sie zu berühren. Ihre Haut fühlte sich so unsagbar weich und rein an, dass ihm wieder bewusst wurde, wie verschieden sie doch waren. Auch nach all den Jahren hätte der Unterschied zwischen ihnen nicht größer sein können. Während sie das Oberhaupt einer neuen Generation war, war er ein begnadeter Todesser und Spion, der für seine Dienste nicht die Anerkennung bekam, die ihm zustand. „Sprichst du noch von dem was sein könnte, oder von dem, was im Moment ist?“, wollte sie wissen und Draco presste kurz sein Kiefer zusammen. „Beides.“ Sie lächelte und er spürte, wie sie sich in den Schlaufen seiner Hose einharkte und so näher zu sich zog. Verwirrt sah er sie an und kurz wurde ihm schwindelig als sie sprach: „Und was, wenn mir diese Klassen sowohl früher als auch heute egal wären?“ Seine Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. „Soll das ein Spielchen werden?“ Der Atem des Malfoys stockte. Die Hexe hatte sich auf Zehenspitzen gestellt und er spürte ihren Atem auf seinen Lippen. Sie war ihm so gefährlich nahe, dass er es nicht wagte sich zu rühren. „Nein“, murmelte sie und jeder Faser ihres Körper signalisierte ihr, dass dieser Mann noch immer eine viel zu starke Anziehungskraft auf sie ausübte. Ganz egal, was er ihr angetan hatte, er besaß etwas, was schon lange nicht mehr ihr Eigen war. Mutig und ohne groß darüber nachzudenken, legte sie ihre Lippen auf seine. Sofort setzten sie etwas in Flammen, das so lichterloh brannte, wie Zunder. Die Angst, er könne sie zurückweise verflog gänzlich, als er sich ihr entgegen drängte. Es war ein Kuss der ihnen begreiflich machte, das Gegensätze einander anzogen und nie wieder los lassen würde. Draco vertiefte den Kuss und griff in ihren Haarknoten. Sie schmeckte Butterbier. Astoria ließ sich fallen. Vollkommen. So, wie sie es nur ein einziges Mal getan hatte. Vor fünfundzwanzig Jahren. Sie schloss die Augen, verdrängte die Wirklichkeit und ließ zu, dass er erneut eine Macht über sie ausübte, die ihr Angst machen sollte. Doch das tat er nicht. Statt Scham würde sie am nächsten Morgen ein anderes Gefühl empfinden. Eines, das sich mit einem Quäntchen Zufriedenheit mischen würde. Doch das wusste sie im Augenblick noch nicht. Es zählte nun nur noch die Wärme, die sich in ihrem Körper ausbreitete. Atemlos schnappte sie nach dem leidenschaftlichen Kuss nach Luft und registrierte die Stimme aus dem Radio. Draco schwang seinen Zauberstab und sofort verstummte sie. Heftig atmend, ergriff sie seine Hand und zog ihn mit sich. „Komm“, flüsterte sie heiser, ihre brauen Augen glänzten und als sie in seine grauen sah, wussten sie beide, wie die Nacht enden würde. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)