Drei Minuten mit dem Hauch des Schicksals von Dahlie (Das ist das Ende.) ================================================================================ Kapitel 2: Doppelter Herzschlag. -------------------------------- Dumpfe Schritte hallten von den hohen glatten Wänden wieder. Ohne inne zu halten ließ ein junger englischer Zauberer, bekleidet in einem purpurroten Mantel, seines Zeichens Auror Russlands, die langen Flure des Ministeriums hinter sich. Versteckt unter dem russischen Parlaments, befanden sich die einst politisch wichtigen Räume und Säle des ehemaligen kommunistischen Staats. Zauberminister Romanov hatte nach dem dunklen Krieg sämtliche Vorkehrungen getroffen, um die neu gewonnene Sicherheit seines Landes zu beizubehalten. Der junge Mann griff zu seinem Zauberstab unter den Umhang und die hellbraunen Augen sahen an einer Biegung nach rechts. Der Trainingsraum für die Auroren im ersten Jahr war verriegelt. Die Miene des Blonden veränderte sich zu einem Schmunzeln. Ruhig lehnte er sich mit den Rücken gegen die Wand und murmelte etwas vor sich hin. Eine gefühlte Ewigkeit verging, doch die große Eichentür blieb verschlossen. Jemand hatte sie mit einem äußerst raffinierten Zauber belegt. Scheinbar um ungestört zu bleiben und wenn man genau das wollte, gab es nur zwei Gründe. Erstens, man war dabei etwas gesetzlich Verbotenes zu tun, oder aber, und in diesem Fall war sich der junge Auror ganz sicher, jemand war dabei Anfänger auf Herz und Niere zu prüfen. „Nur dass er es nicht bei Herz und Nieren belässt, sondern seinen Leuten noch bei lebendigen Leib die Haut abzieht“, sprach er mit sich selbst und strich sich durch das hellblonde Haar. Mit jedem weiteren Jahr, dass er in Russland verbracht hatte, war Scorpius Malfoy bei einem Blick in dem Spiegel mehr und mehr deutlich geworden, dass er äußerlich vollkommen nach seinem Vater schlug. Einst war es das letzte gewesen, was er gewollt hatte, doch jetzt, sieben Jahre nach dem Krieg, konnte er erschreckend gut damit leben. Ein wenig besorgt über die Tatsache, dass er die Tür nicht öffnen konnte, richtete er sich zu voller Größe auf und probierte schwierigere Sprüche um den Fluch zu brechen. „Ich muss zugeben, ich bin überrascht.“ Etwas Lautes krachte in dem Nebenraum und Scorpius hörte jemanden schreien. Nicht vor Schrecken, sondern vor Angst. Kein gutes Zeichen. Jemand neigte zur Übertreibung. Scorpius schloss die Augen und versuchte nicht nervös angesichts der Schreie zu werden. Nachdenklich kratzte er sich am Kinn. Näher betrachtet war der Schmerz, den die armen Seelen in diesem Übungsraum nun erduldeten, seine Schuld. Er hatte seinen Freund sicherlich arg damit verärgert, dass er über dessen Kopf weg entschieden hatte. Eigentlich war es nicht seine Art, für jemand anderes zu entscheiden, ohne seine Meinung dazu zu kennen, doch dieses eine Mal war ihm keine andere Wahl geblieben. Nach acht weiteren Zaubersprüchen, begriff Scorpius, dass man ihn mit purer Absicht ausgeschlossen hatte, scheinbar wollte sein Freund, dass er hörte, wie andere für ihn geradestehen mussten. Denn es gab nichts mehr, dass er hasste, dass ein anderer die Schmerzen erduldete, die ihm zugedacht worden waren. „Auch wenn es Schwachsinn ist, aber... Dissendium!“ Scorpius wusste, dass man mit diesen Spruch in Hogwarts den Buckel der Einäugigen Hexe öffnen konnte, weshalb er umso verblüffter war, als das Schloss der Tür knackte. Fantasie war schon immer Elliotts Stärke gewesen und jetzt, wo er Abteilungsleiter war, setzte es keine Grenzen mehr. Scorpius stieß die schwere Tür zum Trainingsraum auf und erblickte als erstes dichten Nebel, der dabei war an Form zu verlieren. Wahrscheinlich hatte sein einstiger Schwager eine Parallelwelt erschaffen und seine neuen Mitarbeiter aufs grausamste gequält. Scorpius sah noch eine Blutspur, die dabei war sich aufzulösen und an der Decke mehrere leblose Körper die schlaff hin und her baumelten. Allesamt durch einen Strick stranguliert. Der junge Malfoy griff sich an die Stirn, dann hörte er jemanden, der nach Luft schnappte. Insgesamt befanden sich acht junge Auroren im großen Saal. Drei Hexen, fünf Zauberer, alle kaum älter als achtzehn. Scorpius sah, wie die Mädchen zusammengebrochen am Boden lagen, zwei Jungen krochen auf allen Vieren und keuchten heftig, während einer bewusstlos hinter einer eingestürzten künstlichen Wand lag. Überrascht sah Scorpius nach links und erkannte einen Zauberer mit blass-blauen Haaren und leuchtenden gelben Augen. Sein Umhang rauchte, eine offene Wunde zog sich über die Wange und sein linker Arm schien gebrochen, doch trotzdem stand er. „Elliott, meinst du nicht... dass du es ein bisschen zu bunt treibst?“, wagt der Malfoy zu fragen und verlangte von den jungen Auroren, dass sie sich davonstahlen. Nur mit viel Kraftaufwand schafften es zwei Jungen, ihren bewusstlosen Gefährten hoch zu heben. Der Einzige, der noch stand und zitternd seinen Zauberstab in der gesunden Hand hielt, traute dem Frieden nicht. Scorpius schwang den seinen und die Wunde des Jungen verheilte im Gesicht. „Um den Knochen soll sich jemand anderes kümmern. Wahrscheinlich wurde er mehrfach gebrochen.“ „Falsch.“ Elliott Parkinson saß auf einer weiteren künstlichen Mauer und ließ die Beine baumeln. Sein bronzefarbenes Haar war gelöst und seine grünen Augen funkelten, scheinbar vor Vergnügen. Ebenso wie Scorpius trug er einen purpurroten Umhang unter dem eine schwarze schlichte Jeans hervor sah. Gleichgültig zündete er sich eine Zigarette an und zog fest an dem Stängel. „Er ist einmal gerade gebrochen. Ab ins Spital, Iwanow, lassen Sie sich heilen.“ Der stehende Auror nickte schwach. „Und sorgen Sie dafür, dass Prowlo in eine andere Abteilung versetzt wird, wenn ihn das schon umhaut, dann sollte er nicht den Dienst antreten.“ Es war kein Geheimnis, dass Elliott ein strenger Vorgesetzter war und man ihn nur durch Leistung beeindrucken konnte. Die Truppe wollte gerade an Scorpius vorbei ziehen, als er noch einen drauf setzte. „Und Miss Saizew, versuchen Sie dass nächste mal ihre Stimmenbänder besser im Griff zu haben.“ Scorpius verstand den dezenten Hinweis sofort, dass es die junge Hexe war, die er hatte schreien hören. Niemand antwortete und erst, als die Tür ins Schloss fiel, die Leichen von der Decke verschwanden und der Dunst sich aufgelöst hatte, wagte es Scorpius seinen Kollegen zu kritisieren. „Meinst du nicht, dass du übertreibst? Weißt du, wie sie dich nennen? Den Schlächter! Weil du die Hälfte aller Anwärter nicht zur Ausbildung zulässt, wenn sie bei dir die Prüfung ablegen müssen.“ Elliott zuckte desinteressiert mit den Schultern. Als er damals durch die Prüfung musste, hatten sämtliche Prüflinge ihm zusätzlich das Leben schwer gemacht. Scorpius und er hatten durch einen Irrgarten gemusst und er war mit gebrochenen Rippen und einer üblen Platzwunde am Kopf ins Ziel getaumelt. Als er erschöpft und vollkommen am Ende seiner Kräfte am Boden gelegen hatte um wieder nach Luft zu schnappen, war ihm der amtierende Zauberminister Romanov auf die Finger getreten, nur um ihn wissen zu lassen, dass er genauso viel wert war, wie ein Stück Dreck. Die neue Welt war kein Zuckerschlecken gewesen. Minister Romanov war der einzige, der nach diesem Zwischenfall Gleichberechtigung hatte walten lassen. Alle anderen Ausbilder waren sadistisch und hinterhältig gewesen. Elliott wusste nicht, ob er ohne Scorpius nicht aufgegeben hätte. Zu Beginn ihrer Ausbildungszeit waren sie Konkurrenten gewesen, kurz darauf aber in unterschiedliche Abteilungen gegangen. Der Ältere hatte oft mit dem Gedanken gespielt, alles hinzuschmeißen, die Grenze zu überschreiten und eine Hinrichtung zu riskieren. Doch immer, wenn er sich ans Herz gefasst hatte und auf dem Weg zur Grenze war, hatte Scorpius ihm auf wundersamer Weise einen Strich durch die Rechnung gemacht und jedes mal, war er mit einem höllischen Kater und üblen Kopfschmerzen irgendwo am Boden in einer fremden Wohnung wieder wach geworden. Mit den Jahren waren solche Aktionen seltener geworden, dafür häuften sich die weiblichen Bekanntschaften für eine Nacht. Scorpius kritisierte seinen Umgang mit den Hexen, doch da es der Malfoy nicht sehr viel schicklicher hielt, ignorierte Elliott das Gestänker. „Was willst du, Malfoy?“ Die Benutzung des Nachnamen machte Scorpius deutlich, dass sein Kollege mehr als ungehalten war. „Ich will wissen, warum du so ein Theater machst, weil ich dich in die Liste der Auroren eingeteilt habe, die nach England dürfen.“ Elliott warf die Zigarette zu Boden. „Das fragst du noch? Dort darf ich wahrscheinlich irgendwelche Politikerhexen bewachen und mir deren morgendliche Maniküre reinziehen oder mit dem Kätzchen Gassigehen“!“ „Da sieht man mal wieder, wie viel du für Muggel übrig hast, Gassigehen tun nur Hunde, Katzen können sich selbst erleichtern“, rieb Scorpius ihm belustigt unter die Nase und Elliott schenkte ihm einen warnenden Blick. „Mir egal, ich bleibe hier! In England sitzen Fanatiker, die mir an den Kragen wollen, so wie hier, als wir angefangen haben. Und besonders große Lust verspüre ich nicht gerade, wieder allen den Arsch aufzureißen, um ihnen zu zeigen, wen sie vor sich haben.“ Die vulgäre Aussprache war ein Teil von Elliotts Narzissmus geworden und Scorpius konnte es ihm noch nicht einmal verübeln. Ohne dem Malfoy eine Chance auf Diskussion zu geben, verließ der ehemalige Todesser die Übungshalle, sein Kollege folgte ihm. „Ach komm schon Elliott, ich bin auch nicht besonders scharf darauf ständig auf meinen eigenen Schatten aufpassen zu müssen, weil irgendein Oger mir etwas anhängen will, aber es ist eine Chance aus Russland raus zu kommen und der Welt zu zeigen, dass wir mehr sind als ehemalige Todesser.“ Elliott schwieg und ließ die langen dunklen Flure hinter sich und Scorpius begriff, dass er in sein Büro wollte. Schnell legte er an Tempo zu. „Außerdem hat mich Percy Weasley gefragt, wer der beste Auror in Russland für innere Sicherheit ist und wer für eine hundertprozentige Sicherheit garantieren kann. Und mal im Ernst, du bist besser als Law, der ist ständig übermüdet, unwachsam und versteht sich nur auf Beschattung.“ Stur schritt der Ältere weiter und öffnete seine Bürotür, sofort erkannte der Blonde den Schreibtisch, welcher unter der Last von Pergamentrollen fast einbrach. Elliott ließ sich nieder und sah seine Post durch. „Ich werde auch jede Hexe, die du mit nach Hause bringst erdulden, so lange bis ich graue Haare kriege!“, versuchte er anzubieten. Sie teilten sich seit sieben Jahren eine großzügige Wohnung und es war kein Geheimnis, dass Scorpius es nicht mochte, wenn sie fremden Besuch hatte. Kurz sah Elliott von der Post auf. „Regel Nummer eins, nehme ein One-Night-Stand nicht mit nach Hause, ich halte mich an diese Regel, du nicht.“ Dann wurde die Post wieder wichtiger. Scorpius sah, das ihm die Felle davon schwammen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Lass mich raten, Regel Nummer zwei ist, lass dich niemals mit derselben Hexe ein und Regel Nummer drei, sieh zu, dass der Spaß keine Folgen mit sich bringt?“ „Jackpot!“, witzelte Elliott trocken und Scorpius rollte mit den Augen. „Bescheuert, Regel eins und zwei würde ich niemals durchhalten.“ „Weil du immer zu betrunken bist um zu denken und zu großspurig.“ Normalerweise würde Scorpius sich in solch einen Moment verteidigen, doch nun nutzte er diese Aussage für sich. „Richtig, und deshalb musst du mit mir nach England kommen, um auf mich aufzupassen.“ Elliott legte die Briefe beiseite, lehnte sich genervt zurück und betrachtete den jungen Mann. „Du bist vierundzwanzig und keine sechzehn, erst dann würde ich mir Sorgen machen.“ Der Malfoy sah auf die vielen Regale und dachte scharf nach. Es war für ihn von äußerster Wichtigkeit das Elliott und kein anderer für das Feld private Sicherheit nach England kam. „Was, wenn ich dir sage, dass du eine echt scharfe Hexe bewachen musst?“ Jetzt blieb ihm nichts anderes, als typisch Mann auf die äußeren Vorzüge hinzuweisen. „Nein.“ „Sie ist Mutter.“ „Nein.“ Jetzt hieß es pokern. Scorpius schritt unruhig vor dem Schreibtisch auf und ab. „Was ist, wenn ihr etwas passiert? Willst du den Kindern das erklären, dass du zu feige warst, sie zu beschützen und sie deshalb gestorben ist?“ Elliott sah ihn mit einem Blick an, der ihm deutlich machte, dass er es nicht zu weit treiben sollte. Moralapostel hin oder her. „Ich wiederhole mich nur ungern, aber meine Antwort bleibt; nein!“ Er gab auf. „Elliott, sie ist meine Schwester.“ Pokern zeigte keine Wirkung, also versuchte er es mit der Wahrheit. Kurz zuckte etwas in dem Gesicht des Gegenüber und Scorpius war sich fast sicher, so etwas, wie Bestürzung zu erkennen. Aber mit einem einzigen Satz, machte Elliott diese Hoffnung wieder zunichte, weshalb er sich diese kleine Regung scheinbar eingebildet hatte. „Vergiss es!“ „Du hast eine Schwäche für Blondinen.“ Der Ältere erhob sich abrupt und wechselte seinen purpur Mantel mit einem schlichten Schwarzen. Er wollte nach Hause und den lästigen Alltag hinter sich lassen. „Vorlieben ändern sich.“ Scorpius setzte sich auf seinem Schreibtisch und beobachtete Elliott. Dieser wartete darauf, dass er antwortete, doch stattdessen strafte er ihn nur mit einem vorwurfsvollen Blick. Ein Blick in dem auch etwas Wissendes lag. Frustriert hielt Elliott inne und sprach: „Du musst erst diese Prüfung bestehen und-!“ Er unterbrach sich selbst und rollte mit den Augen. „Lass mich raten, dass hast du bereits und bist Leiter des Phönix Ordens.“ „Einer von vielen“, wehrte Scorpius ab, die Prüfung war ein Witz gewesen, im Gegensatz was er hatte als Todesser aushalten müssen. „Ich habe dich auf die Liste gesetzt, weil ich weiß, das du dich nicht von den Charme meiner Schwester um den Finger wickeln lässt und sie deinen Wort Folge leisten wird. Alle anderen, die ich im Auge hatte, würden sich von ihr manipulieren lassen.“ Mit diesen Worten rutschte er vom Tisch und schritt auf die Tür zu um das Büro zu verlassen. Wenn Elliott ablehnte, konnte er ihn nicht zwingen. Das einzige, was ihm übrig blieb, war sich auf die Suche nach jemanden zu machen, der zumindest halbwegs seinen Job richtig erledigte. „Nacht“, sprach er gleichgültig und hoffte ein paar Herzschläge lang, das seine gewählte Taktik aufgehen würde. Es roch nach einer eindeutigen Niederlage, noch zwei Schritte und er wäre aus dem Büro raus... Noch ein Schritt... er hielt die Türklinke in der Hand... „Okay, ich mache es! Aber nur, wenn ich kein Laufbursche bin!“ Sieg! Mit einem breiten Grinsen drehte sich Scorpius um und Elliott bekam das seltsame Gefühl, dass sein Kollege systematisch sein Ego aufgepuscht hatte. Erst kam die Hilflosnummer, dann die Aussicht auf Ehre und Respekt, schließlich der Poker, bis hin zur Neugier. Die Wahrheit hatte er mit ein Lob kombiniert und jetzt hatte er, was er wollte. Innerlich stöhnte Elliott, ja das klang ganz nach Scorpius. Er vergaß auch nach all den Jahren immer noch, dass der jüngere Malfoy um mehrere Ecken cleverer war, als einst sein bester Freund. „Du wirst für Claire und das Malfoy-Anwesen knapp fünfundzwanzig Leute unter dir haben, sie alle werden nach deiner Pfeife tanzen.“ Na immerhin etwas. - - - Es gab nach dem Krieg selten Momente, in denen Harry Potter große Sorge um seine Kinder verspürte, doch seit geraumer Zeit zog sich sein Magen jedes Mal zusammen, wenn er sich zu seinem jüngsten Sohn aufmachte. Nach der Weltmeisterschaft, in der es England auf Platz drei geschafft hatte, hatten die Giants Albus die nächsten zwei Monate frei gegeben. Es herrschte Winterpause. In genau dieser Zeit wollte er seinen jüngsten Spross zu sich nach Hause holen. Vorausgesetzt Albus kam freiwillig mit. Wenn nicht, würden sie das auf unschickliche Weise lösen. Harry stolperte aus dem Kamin direkt in Dunkelheit. Das große Apartment wirkte wie ausgestorben. „Lumos!“, flüsterte der Potter und rief: „Albus?“ Es kam keine Antwort und entsetzt sah er auf das Chaos, das sich ihm bot. Ein Meer von leeren Flaschen lag auf dem Boden, mehrere Möbel umgestürzt, oder in Schutt und Asche zerlegt. Vorsichtig stieg Harry über einen Scherbenhaufen und sah sich im hohen Flur um. Im Normalfall strotzte die Wohnung seines Sohnes nur so vor Luxus, doch jetzt schien davon nicht mehr all zu viel übrig. Er entdecke überfüllte Aschenbecher, verzauberte Feuerwhiskyflaschen, die in der Luft im Kreis tanzten, einen schnarchenden Sessel und blinkende Kerzen, die sich selbst an und aus zündeten. Scheinbar hatte sein Jüngster eine ordentliche Party gefeiert. „Albus?“ Angst überkam Harry und er schritt in die Küche, wo er es nicht lange aushielt, weil sich eine stinkende Essenswolke durch den Raum zog. Kurz stieß er mit den Bein gegen etwas lebendiges und hätte fast zu einem Fluch gegriffen, wenn er nicht das Schnarchen eines sehr betrunkenen Zauberers vernommen hätte. Erst jetzt fiel Harry auf, dass er auch im Wohnzimmer schon seltsame Schatten gesehen hatte. Es sah ganz danach aus, dass einige Gäste schlicht geblieben waren, oder aber sie hatten es nicht mehr bis in die zwei Gästezimmer geschafft. Wobei Harry eher der Gedanke kam, das diese vielleicht schon überbelegt waren. Angewidert stieg er über eine Pfütze aus Kotze und kämpfte sich durch das eigentlich prachtvolle Esszimmer. Jemand hatte sich auf den langen Eichentisch gebettet, zwischen Flaschen und Zuckerstangen. Leise Musik dröhnte aus einem magischen Plattenspieler, der geschmückt mit Lametta war und kleine Feuerbälle spuckte. „Al, du hast verdammt viel Glück, dass deiner Mutter dieser Anblick erspart bleibt. Merlin muss echt auf deiner Seite sein“, murmelte Harry leise, als er eine Gruppe junger Hexen und Zauberer betrachtete, die es sich auf einem langen, ehemaligen weißen Sofa bequem gemacht hatten. Die Hexen waren allesamt sehr hübsch und leicht bekleidet, während ihm die Zauberer vage bekannt vor kamen. Vielleicht waren sie Teammitglieder seines Sohnes, oder aber aus anderen Mannschaften. Harry hatte es nicht so mit der ausländischen Liga. Eins wusste er jedoch mit Sicherheit, der Typ, der mit den Kopf zwischen den Brüsten einer attraktiven Rothaarigen lag, war Sucher bei den Ballycastle Bats und Lilys Lieblingsspieler. Sie geriet jedes mal vollkommen aus dem Häuschen, wenn sie für den Propheten ein Interview mit ihm führen durfte. Es würde ihr das Herz brechen, wenn er ihr erzählen würde, wozu sich Donald Redmayne herab ließ. Harry öffnete leise die Tür zum Schlafzimmer seines Sohnes. Zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass der Raum nicht halb so schlimm aussah, wie der restliche Teil der Wohnung. Feuer brannte im Kamin, vier leere Flaschen Feuerwhiskey standen auf der Anrichte und die Balkontür war sperre weit offen. Harry wollte sie gerade mit dem Schwenker seines Zauberstabes schließen, als eine weibliche müde Stimme sprach: „Al, komm wieder ins Bett, es wird kalt.“ Erschrocken wandte sich der einstige Held nach rechts und sah, wie sich zwei schmale blonde Körper unter den Decken räkelten. Scheinbar verwechselte man ihn im dumpfen Licht mit seinem Sohn. Möglichst leise trat Harry zur Balkontür und sein Herz setzte einen Vierteltakt aus. Albus saß in Boxershort auf dem Gelände und ließ seine Beine vierzehn Stockwerke herab baumeln. An seiner linken Seite stand eine leere Flasche, dessen Etikett er nicht kann. Gleichgültig zog er an einer Zigarette. Mit einem Krampf in der Magengegend trat Harry näher und betrachtete ein fremdes Tattoo auf der rechten Schulter seines Sohnes. Verschnörkelte drei Sechsen zierten sein Schulterblatt. „Albus?“ Ohne zu antworten, zog der Quidditchspieler weiter an seiner Zigarette. Draußen war es kalt, doch Albus schien diesen Temperatursturz noch nicht einmal zu bemerken. „Wer sind die Hexen in deinem Bett?“ „Aliena und Natalie, nette Mädchen.“ „Und sehr hübsch, so weit ich das beurteilen kann.“ Harry trat an das Gelände und umfasste das linke Handgelenk seines jüngsten Spross. Als er in sein Gesicht sah, blieb sein Herz den Hauch einer Sekunde stehen. Die einst so glänzenden Augen waren stumpf, dunkel und beinahe schwarz. Unter den Lidern lagen graue Schatten und rote feine Äderchen. Albus Haut schien zum zerreißen gespannt und so weiß, als hätte er Monate die Sonne nicht gesehen. Besorgt sah er auf die nackten und muskulösen Unterarme, als Albus seine schmalen und trockenen Lippen zu einem bitteren Lächeln verzog. „Ich habe keine Drogen genommen und freiwillig jage ich mir keine Spritze in den Körper.“ „Nun, du musst zugeben, diese Sorge ist berechtigt, nach dieser Party. Warum wurde ich nicht eingeladen?“, versuchte Harry die Unterhaltung zu beginnen und entlockte Albus ein leises Schmunzeln. „Bei achtundzwanzig lag die Altersgrenze, Dad. Bist leider ein bisschen zu alt dafür.“ - „Hat Scorpius Whisky aus Russland mitgebracht und dein Fest ein bisschen angehoben?“ Die Frage war dämlich und dass wusste Harry. Albus atmete tief durch. „Du weißt, dass er Russland nicht verlassen darf, also wird er wohl kaum hier gewesen sein.“ In den letzten sieben Jahren hatte Albus seinen einstigen Gefährten oft besucht und sie waren Freunde geworden. Und immer wenn Albus von einem Besuch bei Scorpius wieder kam, hatte Harry für ein paar Wochen das Gefühl seinen Sohn wahrhaftig wieder vor sich zu haben. Doch dieser Schein währte nie lange. Die Fröhlichkeit verschwand, ebenso das Leben aus den grünen Augen und er verfiel wieder seinem alten Muster. „Er bekommt in Britannien eine Einreiseerlaubnis, seine Sperre ist aufgehoben.“ „Wegen der Attentate?“ Es überraschte Harry, dass sein Sohn die Nachrichten verfolgte und als hätte Albus seine Gedanken gelesen, sprach er: „In den Kneipen unterhält man sich manchmal darüber, es hilft um auf den Laufenden zu bleiben.“ Er nickte verstehenden, dann schwiegen sie. Kalter Wind zerrte an dem pflaumenblauen Mantel, des Potters und er fragte sich, wieso es seinem Sohn so leicht fiel, der Kälte zu trotzen. „Komm mit nach Hause, Albus. Zumindest für zwei Monate. Besuch deinen Bruder, zeig Scorpius London und komm raus, aus diesem...“, er sah hinter sich. „Chaos. Du siehst selbst, dass diese Art Leben nicht gut für dich ist.“ Harry nahm die leere Flasche von der Brüstung. „Der viele Alkohol, die Hexen und die Partys im Überdruss machen dich kaputt.“ Albus wollte gerade etwas erwidern, als er dazwischen fuhr: „Ich weiß, dass man dir alles erlaubt, solange du exzellent fliegst, glaub mir, dass tust du auch, aber du siehst doch, dass du trotz des rummeligen Lebens einsam bist.“ Es war das erste mal, dass sein Vater ihm nicht vorwarf depressiv zu sein. Scheinbar hatte er einen besseren Begriff gefunden um sein Leben zu analysieren. Albus warf die Zigarette beiseite und zuckte mit den Schultern. „Ich bin selbst schuld.“ „Warum?“ Das ewige Warum, er könnte kotzen. Seine Mutter, Rose, Lily und James, sie alle wollten eine Antwort auf die simple Frage, warum! Er hasste das Wort. „Darum.“ Harry seufzte tief. „Ich kann dich nicht zwingen, du bist volljährig, aber überlege es dir. Deine Mutter und ich würden uns sehr freuen, dich wieder einmal zu Hause zu haben und ich schätze Scorpius würde sich in deiner Begleitung auch wohler in England fühlen.“ Mit diesen Worten drehte Harry sich um und verließ schweren Herzens den Balkon. Es kostete ihn alle Mühe seinen Sohn nicht zu überwältigen, sondern selbst entscheiden zu lassen. Natürlich war ihm klar, dass sich Albus gegen Hilfe entscheiden konnte, etwas was er bereits seit einem halben Jahr tat. Doch er war erwachsen und durfte sein Leben halten, wie er es wollte. Mit jeden weiteren Schritt verließ Harry mehr der Mut, dass Albus von sich aus einsah, das es so nicht weiter gehen konnte. Eine weitere Sorge hatte sich in sein Herz geschmuggelt. Neben Angst um sein Land, lähmte nun auch die Sorge um Albus seinen Tatendrang. - - - „Sag nichts!“, stöhnte Molly Potter sichtlich verhalten und rieb sich die Seite. Ihr pflaumenblauer Umhang war böse eingerissen und ein Streifen Schmutz zog sich über ihre linke Wange. Das rote Haar war zerzaust und ihre Laune auf den Nullpunkt. Sie stand neben Rose in einer großen Halle des Ministeriums. Prächtige Steinsäulen erstreckten sich an der Seite und gaben den Blick auf eine verzauberte Decke preis. Der Himmel zeigte die Kontinente der Welt und mehrere Markierungen, wo es in den letzten zwei Monaten Anschläge gegeben hatte. Neben London, hatten auch Paris und Los Angeles Verlust vorzuweisen. Heftig atmend sah Rose Weasley auf den weißen Marmorboden und versuchte ihre Lunge wieder zu beruhigen. Doch es war ihr kaum möglich. Ihr Umhang rauchte, kalter Schweiß rannte ihr über den Rücken und ihre linke Hand schmerzte. Ein einziger Blick sagte ihr, dass diese verstaucht war. „W-Warum ist James nicht hier?“ „Er gehört einem anderen Zweig des Ordens an.“ Molly streckte ihren Rücken durch und sah durch die Halle. Geschätzte hundert weitere Auroren hatten soeben die Prüfung geschafft, sie alle wirkten ähnlich angeschlagen wie sie. „Onkel Harry meint, dass James ein großes Geschick dafür entwickelt hat, mit Politikern umzugehen, ich nehme an, er wird als Botschafter zwischen den einzelnen Ländern fungieren.“ Die Prüfung war eine Tortur gewesen. Ein gigantischer Irrgarten hatte sie in Wales erwartet. Mit Hindernissen, dass Rose ein, zwei mal tatsächlich geglaubt hatte, drauf zu gehen. Neben geschickten Fertigkeiten, wie duellieren, waren auch Hindernisse in Form von Denkaufgaben aufgetaucht. Diese waren nicht ihr großes Problem gewesen, eher jene Hindernisse, die mit doppelter und dreifacher Hinterhältigkeit gesegnet gewesen waren. Erschöpft hob sie den Kopf und strich sich eine gelöste Haarsträhne zurück in den Zopf. Sie entdeckte mehrere graue Umhänge, ein Zeichen für Italien, zwei purpur Russland, vereinzelte gelbe, scheinbar Deutschland, alleine einen blau-weiße für Argentinien und schließlich zu ihrer eigenen Freude hellgrüne für Frankreich. Griechenland mit gestreiften blau-weißen Umhänge war mager zu betrachten, ebenso Österreich mit schwarz und einem silbrigen Pentagramm. Und zum ersten mal in ihrem Leben sah Rose Auroren aus Korea und Japan. Sie schmückten sich mit weißen Umhängen, die einen simplen schwarzen Stern auf dem Rücken vorzuweisen hatten. Amerika dagegen schien in der Überzahl zu sein, vielleicht aber auch nur, weil der ganze Kontinent auf eine einzige Farbe zurück gegriffen hatte. Sie strahlten in einem Gold und kleinen Silberstreifen. „Meinst du, Scorpius ist auch hier?“, entwich ihr die Frage, noch bevor sie begriff was sie sagte. Molly zuckte mit den Schultern. „Wenn er zur Prüfung zugelassen wurde sicherlich, denn ich kann mir bei seinem Genie nicht vorstellen, dass er das Ding nicht ebenso gepackt hat, wie wir.“ Sie seufzte tief. „Schon schade, dass wir die einzigen Weasleys sind, die diese Prüfung machen mussten.“ „Ja, ich schätze das liegt auch daran, dass Onkel Harry alle anderen wo anderes eingeplant hat. Lily und Hugo sollen die Medien überwachen, Fred steht uns zur Verfügung, was neuartigen Sprengstoff angeht, James pendelt, Lucy ebenfalls und Louis verbessert die Architektur der Mächtigen, damit niemand all zu leicht ein Gebäude diese Außenmaße zum Einsturz bringt. Und unseren alten Familienmitglieder ziehen überall wo anderes die Strippen.“ Es erfasste sie mit Stolz, dass in Zeiten wie diesen die Familie fester zusammenhielt den je. Ihr Vater war mit Onkel Percy in der Abteilung der Botschaft. Sie kontrollierten Tag und Nacht sämtliche gefällte Entscheidungen um ein Krieg zwischen den einzelnen Ländern auszuschließen. Gerne hätte sie dort mitgeholfen, doch Rose wusste, dass man ihr dann wieder nur harmlose Arbeit aufgeschwatzt hätte. Im Falle eines neuen Krieges wollte sie jedoch kämpfen und nicht nur zusehen. Dafür hatte sie die Ausbildung zum Auror nicht gemacht. „Hey, ist das nicht Sofia Wilhern?“ Begeistert winkte Molly, als sie eine junge Frau mit dichten blonden Locken entdeckte. Erleichtert trat eine Hexe mit einem gelben Umhang näher. Rose war es ein Rätsel woher ihre Cousine so viele Menschen kannte, doch vielleicht lag es auch an James Arbeit für den Außendienst. Sofia sah genauso zerwühlt aus, wie sie und schenkte ihr ein schüchternes Lächeln. Dann wurde das Licht in dem Saal dunkler und an den Säulen leuchteten mehrere Fackeln auf. Rose reckte das Kinn und sah auf einen zwanzig Meter hohen Übergang, auf den eine Hexe im pflaumenblauen Umhang stand. Sie erkannte ihre Mutter mit einer zufriedenen Miene. Wie selbstverständlich stellte Hermine Weasley ihre Stimme auf Lautverstärker und sah über die Köpfe der jungen und alten Auroren hinweg. Dies war der Beginn eines neuen Phönix-Ordens, größer und wachsamer als je zuvor. „Ich begrüße Sie herzlich und gratuliere Ihnen zur bestandenen Prüfung, sehen Sie sich nun als vollwertiges Mitglied des Phönix-Ordens.“ Jubel und Erleichterung brachen aus, einige hatten schon befürchtet, dass es eine weitere Prüfung geben würde. Ein alter Greis neben Rose brummte beleidigt, sein grauer Bart war angebrannt und seine Brillengläser hatten einen Sprung, doch trotzdem schien er eher enttäuscht über diese Verkündung. Er murmelte etwas auf italienisch vor sich hin. „Mein Name ist Hermine Weasley, ich bin einer Ihrer fünf Vorgesetzten des Ordens und ich würde mich geehrt fühlen wenn Sie meinen Kollegen und mir denselben Respekt entgegen bringen, wie wir Ihnen. Wir erwarten eine gute Zusammenarbeit und uneingeschränktes Vertrauen, schließlich verfolgen wir dieselben Interessen, nämlich den Frieden aufrecht zu erhalten.“ Ihre Worte ernteten Applaus und Rose lächelte stolz, schließlich wusste sie, wie sehr ihre Mutter es hasste vor einer großen Menge zu sprechen. Hermine nickte dankbar für die Aufmerksamkeit und sah hinter sich, rechts und links traten vier weitere zu ihr, sie alle trugen eine andere Farbe, jedoch war einer Rose bekannt. Viktor Krum, aus Bulgarien, in einem mit Pelz besetzten Umhang in dunkelgrün. Knapp stellte Hermine ihn vor und der Zauberer mit den eingefallenen Gesicht und der Hakennase nickte kaum merklich. Neben ihm stand eine Hexe mittleren Alters und leicht angegrauten braunen Haaren. Sie wirkte pummelig und klein, jedoch sah Rose eine sehr bekannte Hinterhältigkeit in ihren Gesichtszügen. Die Deutsche schien zu wollen, dass man sie unterschätzte. „Maria von Ulrich“, stellte Hermine laut vor. „Seien Sie höflich zu ihr.“ Die Leute lachten und Rose hielt sich damit zurück, nicht das sie nachher noch der Dame zugeteilt wurde und sie durfte das Fürchten lernen. Hermine wandte sich an ihre linke Seite und stellte einen alten asiatischen Zauberer vor. Seine Haare leuchteten in einem giftigen grün und seine Augen blickten beängstigend wachsam auf die Menge herab. Er stützte sich auf einem Stock und ihre Mutter sprach: „Mr. Hiro Chow, Ihr Meister der Zaubertränke, verscherzen Sie es sich nicht mit ihm.“ Der alte Mann schenkte Hermine ein freundliches Lächeln, dass sie gerne erwiderte und dann sah Rose auf den letzten Vorgesetzten. Einen doppelten Herzschlag lang setzte ihr Herz aus. Unweigerlich hielt sie den Atem an und ihr Körper versteifte sich. Sein hellblondes Haar war streng zurück gekämmt und er sah seinen Bruder erschreckend ähnlich. Ein dunkelroter Umhang schmückte ihn als Zeichen Russlands, die Gesichtszüge waren harten und kantig geworden, seine Haltung dagegen stolz und aufrichtig. Einzig und alleine seine braunen Augen schienen nicht mit der Zeit gegangen zu sein. Wachsam und klug sah er durch den Saal. Rose schluckte hart, als sie erkannte, dass er sich zu ihrer Mutter um wandte. „Scorpius Hyperion Malfoy, durch seine Hilfe haben wir bereits den letzten Krieg entscheiden können. Hören Sie auf seine Anweisungen und es wird Ihrer Schaden nicht sein.“ Im ganzen Saal war es still, niemand sagte etwas. Erst als ihre Mutter weiter sprach, legte Molly ihr eine Hand auf die Schulter. Ihre Blicke begegneten sich. „Er ist attraktiv wie eh und je“, flüsterte sie und lächelte schwach. „Vielleicht ist das deine Chance, ihm ein Bein zu stellen.“ Natürlich verstand Rose sofort, was Molly damit meinte. Es hatte sie in ein tiefes Loch gerissen, als Scorpius so einfach gegangen war. Lange hatte sie sich nach dem Grund gefragt und sich seltsam benutzt gefühlt. Am Ende blieb ihr keine andere Schlussforderung, dass er es einfach nur genossen hatte ihr etwas vorzumachen und sie zu seinem Gunsten zu benutzen. Eine Wahrheit die ihr unendlich schmerzte. Manchmal war sie versucht gewesen mit Albus darüber zu sprechen, als sie erfahren hatte, dass ihr Cousin Kontakt zu ihm hielt. Doch sie hatte es unterlassen. Und jetzt befand er sich in ihrer Nähe. Rose brauchte nach Beendigung der Rede ihrer Mutter nicht auf den Aushang zu gucken um zu wissen unter wessen Namen sie nun arbeiten musste. Dafür kannte sie ihre eigene Mutter zu gut. Hermine Weasley unterließ nichts, um ihren Glauben an etwas Gutes in einem Menschen zu bestärken. Rose wusste, dass ihre Mutter alles versuchen würde, damit Scorpius und sie einander wieder begegneten und scheinbar scheute sie auch nicht davor, ein paar Regeln, die Onkel Harry aufgestellt hatte, dezent zu missachten. „Wie es aussieht, werde ich für den Teufel arbeiten“, murmelte Rose, als sie sich zusammen mit Molly an das große Brett im selben Saal drängte. „Ich finde den Mann gar nicht einmal so übel“, ließ neben ihr die deutsche Sofia Wilhern verlauten. Ihr gelocktes Haar war an einigen Stellen vom Irrgarten schwarz angebrannt und Rose stieg an unangenehmer Geruch in die Nase. Als sie diese rümpfte, verkündete Sofia: „Krum dagegen wird mich Dreckarbeit machen lassen, es ist allgemein bekannt, dass er etwas gegen deutsche Hexen hat – oh verzeih, dass ich stinke, aber ein Troll hat mich mit Eulenscheiße beworfen. Ich war kaum in der Lage auszuweichen.“ Der sarkastische Unterton entging Rose nicht und sie reichte der Hexe die Hand. „Rose Weasley.“ - „Sofia Wilhern, ich habe Molly kennen gelernt, als sie versucht hat, ihre kleine Lotte an einem Tageskessel zu verkaufen.“ Sie lachte hell und Molly wurde zu Rose anderen Seite rot. „Du weißt, wie schwer es ist, James Prinzessin zufrieden zu stellen.“ Es begann ein heiterer Plausch über Kinder und Rose erfuhr, dass Sofia eigentlich Heilerin war und ihren Neffen immer wieder in den Tageskessel brachte. Ihre Gedanken drifteten ab, während ihr Blick sich erneut auf das schwarze Brett heftete. Innerlich hoffte sie, dass ihr Name einfach verschwinden würde, je länger sie drauf starrte. „Wird er mich ignorieren?“, die Frage war ihr schneller entwichen, als sie realisieren konnte, dass sie diese ausgesprochen hatte und Molly seufzte. „Keine Ahnung, Malfoy war schon immer eine Art für sich. Genauso, wie James einer war. Du weißt nie welchen Mist sie als nächstes im Kopf haben.“ Verwirrt sah die deutsche Hexe zwischen ihnen hin und her und Rose verabschiedete sich hastig mit einem Nicken. Während sie durch den Saal an den Zauberern und Hexen verschiedener Nationen vorbei schritt, spürte die junge Weasley, wie Wut sich in ihrem gesamten Körper ausbreitete, wie Gift. Dicht gefolgt von Wut kroch die Enttäuschung, die all die Jahre in ihr überlebt hatte. Die Selbstzweifel auf einen Fehler, der ihn gehen gelassen haben könnte, Worte die ihn verletzt oder Gesten die ihn zurückgestoßen haben hätten können, all das hatte sie sich in Erinnerung gerufen, doch nichts von alldem rechtfertigte sein Handeln. Ein schlichtes Es-tut-mir-Leid, war alles gewesen, was er ihr zu sagen gehabt hatte. Keine Gründe für die Flucht, keine Erklärung – nichts! Sie hätte alles getan, damit ihm der Neuanfang außerhalb der Reichweite des dunklen Lords gelang und was war der Dank gewesen? Ein beschissenes Es-tut-mir-Leid! Rose ballte ihre schmalen Hände zu Fäusten und beschloss nicht mehr an den Schmerz in ihrer Brust zu denken, den Scorpius ihr vor sieben Jahren zugefügt hatte. Im Gegensatz zu damals, war sie nun eine erwachsene und starke Hexe.[]Sie wusste wer und was sie war. Ein dahergelaufener Schönling, der vielleicht um einiges talentierter und erfahrener im Kampf war, würde sie nicht ins Straucheln bringen. Schließlich war ihr, anderes als ihm, klar, dass es in einem neuen Krieg auf mehr ankam. Auf Freundschaft, Vertrauen und Rückhalt. Etwas, was er von ihr ganz sicherlich nicht bekommen würde. - - - Die Musik dröhnte und der Boden unter seinen Füßen bebte. Seit über 48 Stunden war er auf den Beinen und hatte sich keine Pause gegönnt. Albus Potter sah mit matten Augen auf das kleine Glas vor sich. Die rote Flüssigkeit schaukelte sachte hin und her und die Eiswürfel lösten sich auf. Erneut war der einstige Anführer der jungen Rebellen ohne Stopp um die Häuser gezogen. Zudem müsste er lügen, wenn er sagen würde, er wüsste, wo er war. Der Club, in dem er sich befand, war für ihn gänzlich neu. Dunkel, gut besucht und in kühlen Farben gehalten, schien er der Treffpunkt der Schönen und Reichen zu sein. In Gedanken setzte Albus hinzu; Gelangweilten. Kurz schloss er die Augen und spürte, wie erschöpft sein Körper war. Schlafmangel, die falsche Ernährung und permanenter Stress. Die vergangene Nacht war er gelaufen. Wohin, wusste er schon nicht mehr. Das einzige, was ihm in Erinnerung geblieben war, war die Dunkelheit der Nacht, die Kälte, die an seinen Körper zerrte und die schmerzenden Glieder. Burgas war groß und unübersichtlich, doch trotzdem hatte er sich keinerlei Gedanken darüber gemacht, wo er landen würde. Erst als schwach die Sonne den winterlichen Himmel aufhellte, war er stehen geblieben. Irgendwo, auf dem Bürgersteig einer Hauptstraße, mit schmerzender Lunge und Schweiß nasser Kleidung. Wie erbärmlich er doch war! er hatte geglaubt, durch Erschöpfung würde es aufhören. Doch das Gegenteil war der Fall, als er unter seiner heißen Dusche gestanden hatte. Von daher war er mehr als froh gewesen, als sein englischer Kollege, Donald Redmeyne ihn gebeten hatte, ein paar Clubs unsicher zu machen. Ein Blick auf die Uhr, die James ihm einst vor Jahren gegeben hatte, verriet ihm, dass es kurz vor halb fünf Morgens war. Sein Kopf dröhnte durch den vielen Alkohol, seine Glieder straften ihm mit Muskelkater und er fühlte sich seltsam schmutzig und verbraucht. Ein widerwärtiges Gefühl. Albus hob den Kopf und rieb sich über das Gesicht. Vor einer Stunde war sein Kollege mit einer reizenden dunkelhaarigen Veela verschwunden. Wahrscheinlich hatte er sich abgesetzt und ließ ihn nun hier an der Bar ausharren. Das war die Strafe dafür, dass er sich Natalie gekrallt hatte, als Donald zu tief ins Fass gesehen hatte. Geistig abwesend legte er das Gold für seine Getränke auf die Theke und drängelte sich zu den Toiletten. Sie waren leer, verständlich, die meisten versuchten kurz vor Anbruch des Morgens noch eine Bettbegleitung zu ergattern. Normalerweise würde er es genauso halten, doch ihm war nicht nach Spaß dieser Art. In letzter Zeit hatte er diesen im Überdruss gehabt und den Reiz daran verloren. Schneller und schaler Sex hatten ausgespielt. Die Wände waren in dunkelblau gehalten und lediglich alte Glühbirnen über dem großen Spiegel, der an den vier Waschbecken entlang zog, spendeten Licht. Albus sah auf sein Spiegelbild und musterte erschrocken die dunklen Ränder unter seinen Augen. Sein Gesicht wirkte eingefallen und aus gezehrt, sein Haar wirr und seine Haut angespannt. Vorsichtig strichen seine Fingerkuppen über die Schatten der Schlaflosigkeit. Er schluckte hart und ließ das Wasser laufen, um sich das Gesicht zu waschen. Es war, als würde er hoffen, so die Spuren seiner Qualen weg spülen zu können. Albus atmete tief durch, nachdem das kalte Wasser seine Haut berührt hatte und sah erneut in den Spiegel. Sein Herz blieb stehen. Da war es wieder. Sie. Hinter ihm stand eine junge Frau, ihr Gesicht war offen und wies brutale Brandnarben auf, er konnte das menschliche Fleisch sehen. Ihr Kopf war kahl, Narben zogen sich von der Stirn bis in den Nacken. Als sie lächelte, entblößte sie ein zahnloses Gebiss. »Was ist los kleiner Potter? « Hauchte sie atemlos und er hielt sich am Waschbecken fest. „Was willst du?“, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch er hofft, dass sie fest war und sie nicht wissen ließ, wie sehr er sich fürchtete. Scheinbar amüsiert neigte sie den Kopf. »Weißt du das wirklich nicht, oder hoffst du, dass ich nach etwas anderem verlange?« Sein Körper wurde kalt. Die fremde Gestalt war ihm seit Monaten immer wieder erschienen, doch zum ersten mal roch er das verweste Fleisch und den unmittelbaren Tod. Albus japste nach Luft, etwas drückte gegen seine Kehle. Sie kam näher und als sie ihre Hand hob, schloss er kurz die Augen. Tote Knochen mit Reste vom menschlichen Fleisch tippten auf seine rechte Schulter und ein brennender Schmerz durchfuhr ihm. »Hast du geglaubt, du könntest davonlaufen? Wirklich närrisch. Mich kannst du nicht aus deinem Kopf vertreiben.« Albus nahm all seine Kraft zusammen um herum zu fahren, sein Atem ging heftig und jeder Muskel seines Körpers war angespannt. Die grünen Augen weiteten sich entsetzt, als er ins Leere blickte. Die unbekannte junge Frau war verschwunden. Keuchend stieß er mit den Rücken gegen das Waschbecken und versuchte sein heftig klopfendes Herz zu beruhigen. „Einbildung, alles Einbildung!“, versuchte Albus sich leise einzureden und sah auf seine Hände, die von Angstschweiß überzogen waren. Er war ein Idiot. Vielleicht sollte er tatsächlich zum Heiler. Irgendwelche Drogen schienen seit Monaten seinen Körper und Verstand zu beherrschen. Das Ganze musste ein Ende haben. So schnell wie möglich! Er würde seinen Vater bitten einen Termin bei einem Spezialisten zu machen. Albus straffte die Schultern und hielt inne. Irgendetwas brannte auf seiner rechten Seite. Ein feiner Schmerz zog sich durch seinen Körper und er zog vorsichtig sein schwarzes Shirt aus. Es war an einer bestimmten Stelle feucht, ahnungslos roch er an dem Stoff und runzelte die Stirn. Dann sah er über seine Schulter, direkt in den Spiegel. Sein Tattoo mit den drei Sechsen schien sich wie ein Brandmerkmal in seine Haut zu graben. Frisches Blut rannte aus der Wunde. Nein, er war nicht verrückt und er glaubte auch nicht an den Missbrauch von Drogen. Das, was ihm verflogte, war größer, gefährlicher und nicht einzuordnen. Er musste so schnell wie möglich nach Hause. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. 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