Auf Abwegen von Laniechan ================================================================================ Kapitel 1: Kann es noch schlimmer werden? ----------------------------------------- Kapitel 1 – Kann es noch schlimmer werden? Das war nun also meine neue Unterkunft für das nächste Jahr. Innerlich verzog ich den Mund, doch äußerlich war mir wie immer nichts anzusehen. Ich ließ meinen Blick über meine Umgebung schweifen und war unzufrieden mit dem, was ich sah. Das würde der reinste Gefängnistrip werden. Ein dichter Wald schloss sich an einen kleinen Teich an, der wiederum so in den Garten integriert war, als würde er schon seit Ewigkeiten dorthin gehören. Schaudernd fuhr ich mit meiner Betrachtung fort. Ein Häuschen mitten im Nirgendwo, das wirkte, als wäre es aus einer längst vergessenen Zeit. Es war relativ groß, hatte jedoch nur zwei Stockwerke. Das Schindeldach war angegraut und hatte bestimmt auch schon mal bessere Tage gesehen, überall fehlten einzelne und ich fragte mich, ob es an diesen Stellen nicht hereinregnete. Mir fiel auf, dass die Fenster dringend mal geputzt werden könnten. Es war Frühling und der Pollenflug hatte diese hässlich gelb gefärbt. Dieser Gedanke brachte mich gleich zum nächsten. Wenn jetzt Frühling war, kam danach der Sommer und den würde ich in dieser Einöde verbringen müssen. Vom Herbst und Winter mal ganz zu schweigen. Doch der Sommer würde besonders hart werden. Schließlich war das meine Lieblingsjahreszeit. Der Grund, warum ich meine Zeit nun hier verbringen durfte, stand direkt neben mir und starrte Löcher in den Boden. Jeromy hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und blickte stur weiter nach unten. Der sollte es sich auch nicht wagen, immerhin war er mit Schuld an der ganzen Misere. Ich wendete meine Augen wieder von seinem goldblonden Schopf ab und im gleichen Moment öffnete sich die Tür vor uns. Heraus trat ein gut aussehender junger Mann von vielleicht 25 Jahren. Freundlich lächelte er uns beide an und ich hatte sofort eine Abneigung gegen ihn gefasst. „Hallo, ich bin Denzil. Wer von euch ist denn nun Yoshua und wer ist Jeromy?“ Als wir kurz jeweils die Hand hoben und ein leises „ich“ murmelten, musterte er uns eingehend von oben bis unten. Besonders an Jeromys schmächtiger Gestalt blieb sein Blick länger als nötig kleben. Das machte ihn mir noch unsympathischer. Nicht, weil ich Jeromy mochte, sondern weil mir solche Typen zuwider waren, die andere wie ein Stück Fleisch ansahen. Wie er ihn taxierte, war schon mehr als widerlich. „Hm, ihr seht mir gar nicht wie die Unruhestifter aus, als die ihr mir beschrieben wurdet.“ Als ob es dafür einen Prototyp gäbe… „Wie alt seid ihr denn eigentlich?“ Neugierig schaute er uns an, doch ich ließ ihn gleich mal meine Abneigung spüren. „Steht doch alles in den Akten.“ Danach schwieg ich und starrte ihn nur böse an. Er runzelte die Stirn, doch es schien ihn nicht wirklich zu stören, dass ich ihn nicht mochte. Jeromy hingegen hatte anscheinend seine Sprache wieder gefunden, denn er antwortete Denzil. „Wir sind beide 18 und gehen in die gleiche Klasse.“ „Halt die Klappe du Zwerg! Das geht ihn überhaupt nichts an und wer hat dir eigentlich erlaubt für mich mitzusprechen?“, herrschte ich ihn an. „Ich bin wenigstens nicht so unhöflich wie du! Außerdem kann ich ihm erzählen, was ich will. Wenn ich möchte, kann ich meine ganze verdammt Lebensgeschichte vor ihm ausbreiten. Und du hast mir da gar nichts zu sagen, du arroganter selbstgefälliger Arsch!“, giftete er zurück und ich war wieder kurz davor, rot zu sehen. Doch ich versuchte mich wieder zu beruhigen, schließlich war mein leicht reizbares Temperament verantwortlich dafür, dass ich mich vergessen hatte und nun mit ihm hier die Zeit verbringen durfte. Erziehungsmaßnahme nannten unsere Eltern das. Dabei war es nichts anderes, als ein getarnter Knast für Jugendliche. Für eine Sekunde schaute ich auf die Blutergüsse in Jeromys Gesicht und auf seinen Armen. Mit einem Hauch von Schuldbewusstsein dachte ich an die Ereignisse zurück, die uns hierher gebracht hatten. ~~~~~~~~~~~~~~~ Rückblende ~~~~~~~~~~~~~~~ „Du mieses Arschloch, wie kannst du es wagen, meine Schwester derart herzlos abzuservieren?“ Ich realisierte erst gar nicht, wer da mit mir sprach und im nächsten Moment hatte ich schon eine Hand im Gesicht. Aus Reflex, nicht mit Absicht, schlug ich zurück, nicht daran denkend, dass ich viel stärker war und die Ohrfeige mir eigentlich auch nicht wehgetan hatte. „Das wirst du mir büßen! Erst vergreifst du dich an meiner Schwester und nun schlägst du auch noch Schwächere!“ Jeromys graue Augen hatten sich wie ein Gewitterhimmel verdunkelt und sandten mir hasserfüllte Blitze entgegen. Nachdem er sich aufgerappelt hatte, weil er durch meinen Schlag zu Boden gegangen war, ging er wieder auf mich los. Doch diesmal war ich vorbereitet. Ich hielt ihn an den Oberarmen fest und hielt ihn mir so vom Leib. Doch er war kräftiger, als er aussah. Das 55-Kilo-Fliegengewicht legte sich doch tatsächlich mit mir an. Dabei war ich mindestens einen Kopf größer als er und wog gute 15 Kilogramm mehr. „Hör mir mal zu, du Zwerg. Sollte ich deiner Schwester vormachen, dass ich sie liebe und sie unnötig weiter quälen?“ Ich versuchte an seine Vernunft zu appellieren, doch das war vergebens. Stattdessen trat er nun wild um sich und erwischte mich schmerzhaft am Schienbein. „Sie heult sich wegen dir die Augen aus dem Kopf!“ Er zappelte wie eine Furie und langsam wurde mir das Ganze zu bunt. „Das ist nicht mehr mein Problem. Ich kann schließlich nichts dafür, wenn sie mehr in meine Gefühle für sie hineininterpretiert, als da jemals war.“ Meine Finger gruben sich nun tiefer in seine weiche Haut. Es fehlte nicht mehr viel und ich hatte meine Wut nicht mehr unter Kontrolle. „Du wagst es, mir das auch noch ins Gesicht zu sagen? Du hast echt keinen Funken Anstand oder Mitgefühl. Sie hat mir alles erzählt.“ Seine Stimme wurde eine Oktave niedriger, als er versuchte meine zu imitieren. „»Ich mach Schluss. Such deine Sachen zusammen und dann verschwinde« » Wir beide hatten unseren Spaß, also lass mich mit diesem Gefühlskram in Ruhe« » Du wirst schnell über mich hinwegkommen« Sie liebt dich! Sie hat versucht dein Herz zu gewinnen, doch du hast überhaupt gar kein Herz! Ich hasse dich!“ Zum Ende hin war er immer lauter geworden und brüllte mich schließlich an. „Das weiß ich. Aber das ändert nichts daran, dass ich sie nicht liebe und nie lieben werde.“ Ich war erzwungen ruhig und starrte ihn an. Doch, dass schien ihn nur noch mehr aufzuregen und er brüllte mich weiter an. „Du arroganter, eingebildeter, selbstgefälliger Schnösel. Verreck doch! Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte sie nie was mit dir angefangen. Mit Hannah hast du genau dasselbe Spiel abgezogen!“ Daher wehte also der Wind. Jetzt wo mir der Grund für seine Abneigung bewusst wurde, sah ich endgültig rot. Das verfolgte mich einfach schon zu lange und nun kam die ganze aufgestaute Wut an die Oberfläche. Ich schüttelte ihn und ließ meinem Zorn freien Lauf. „Hannah-war-nicht-schwanger-von-mir, was du wüsstest, wenn du dir die Mühe gemacht hättest, genauer zu recherchieren. Ich bin es leid, für etwas verantwortlich gemacht zu werden, dass ich gar nicht getan habe.“ Jeromy schaute mich nur ungläubig an. Da musste ich wohl deutlicher werden. „Ich habe keiner, hörst du keiner! von ihnen je etwas vorgemacht. Ich war von Anfang an ehrlich zu Hannah, deiner Schwester und all den anderen und doch haben sie sich auf mich eingelassen. Das mit Hannah war eine Folge von Ereignissen, die ein Außenstehender wie du überhaupt nicht nachvollziehen kann. Also maße dir nicht an, über mich zu urteilen. Du kennst mich kein Stück und hast trotzdem eine festgefahrene Meinung. Auf die ich im Übrigen nicht viel Wert lege.“ „Das sind doch alles nur Ausreden.“ „Hannah war von Billy schwanger, er hat das Kind sogar im Nachhinein anerkannt. Doch vorher wollte sie sich an mir rächen, weil ich Schluss gemacht hatte, dabei war sie es gewesen, die es mit anderen trieb. Nicht, dass mich das gestört hätte. Nur die Aktion mit dem Kind kam dem Direx zu Ohren. Natürlich war nur ich Schuld und so wurde ich an eure Schule versetzt.“ „Und nun spielst du mit den Gefühlen von den Mädchen hier!“ Er wollte mir einfach nicht zuhören. „Ich spiele nicht mit ihnen. Sie wissen, wie ich die Sache sehe und kommen trotzdem an.“ „Dann sag doch nein! Besonders zu Paige hättest du nein sagen müssen. Sie hat sich Hals über Kopf in dich verliebt, obwohl wir sie alle vor dir gewarnt hatten.“ Reden war absolut zwecklos. Ich ließ ihn los und vor Schreck stolperte er nach hinten und fiel in den nächstbesten Dornenbusch. Von dem Lärm angelockt, hatten sich ein paar schaulustige Mitschüler eingefunden, die ich nun wütend anfunkelte. „Was glotzt ihr denn so? Verpisst euch, es gibt hier nichts zu sehen.“ Ich wollte Jeromy gerade aus dem Busch helfen, als sich eine Stimme zu Wort meldete, die ich schon am autoritären Klang erkannte. Nicht auch das noch. Oder sollte ich sagen: Nicht schon wieder? „Das sieht mir aber nicht nach „nichts “aus Yoshua!“ polterte der Direktor los. Scheiße, warum musste er auch ausgerechnet jetzt kommen? Jeromys Auge und die linke Wange hatten schon angefangen, sich zu verfärben. Ich ahnte, was nun folgen würde. Noch einmal konnten sie mich zwar nicht von der Schule schmeißen, aber ich würde bestimmt nicht ungeschoren davon kommen. Ich streckte meine Hand zu Jeromy aus, der noch immer im Busch saß und aussah, als würde er allein nicht wieder herauskommen. Doch er schlug meine dargebotene Hand weg und wollte mich anscheinend mit Blicken erdolchen. „Das ist alles deine Schuld!“, zischte er mir zu. „Du weißt, dass das nicht war ist. Immerhin hast du zuerst zugeschlagen.“, flüsterte ich zurück. „Wir werden sehen, was wir mit euch beiden machen, aber stellt euch darauf ein, dass eure Eltern davon erfahren werden.“ Noch ein Grund mehr, Jeromy im Busch sitzen zu lassen. Mit meinen Eltern war seit dem letzten Vorfall nicht gut Kirschen essen. ~~~~~~~~~~~~~~~ Rückblende Ende ~~~~~~~~~~~~~~~ So waren wir hier gelandet und ich schwor mir, dass ich mein Temperament in Zukunft zügeln würde. Außerdem würde ich Jeromy aus dem Weg gehen. Unsere Eltern hatten uns in der Hoffnung zusammen hierher geschickt, dass wir uns „vertragen“ würden, aber weder Jeromy, noch ich waren bereit dazu. Ich war das Feuer und er das Wasser, das konnte nicht gut gehen. Als hätte das Schicksal vor, uns einen Streich zu spielen, meinte Denzil in dem Moment: „Eure Eltern haben mich gebeten, euch in einem Zimmer unterzubringen, also freundet euch lieber gleich an. Ich bin nicht besonders nachsichtig, wenn es Streit gibt.“ Das konnte ich mir vorstellen und ich wollte mir lieber nicht ausmalen, wie seine Strafen aussehen würden. „Jeromy darf sich aussuchen, ob er oben oder unten schlafen will, weil er der Jüngere ist.“ Woher wusste er das denn nun so genau? Ich wusste, da war was faul. „Ich will oben schlafen!“ „Ist mir recht, ich schlaf sowieso lieber unten. Am Ende bricht das Bett sonst noch zusammen.“ „Obwohl unten auch schön wäre.“ Der änderte doch jetzt nur seine Meinung, um mich zu ärgern. „Dann schlaf halt unten. Ist mir echt egal.“ Damit hatte er wohl nicht gerechnet, dass ich nun klein beigab. „Ach, ich glaub, ich schlaf doch oben.“ Entscheid dich! „Ich lasse euch dann mal allein, damit ihr in Ruhe eure Sachen auspacken könnt. Ich stell euch nachher dann den anderen vor. Also seid um sechs im Gemeinschaftsraum. Spätestens halb sieben gibt es Abendbrot. Nun ja, ihr werdet euch schon schnell eingewöhnen.“ Warum klang das für mich wie eine Drohung? Jeromy war schon dabei, das Zimmer zu inspizieren und rümpfte ab und an die Nase. Ich hörte ihn etwas wie „so eine Absteige“ murmeln und fing nun an meine Sachen auszupacken und einzuräumen. Viel hatte ich nicht mitgenommen, aber Jeromys Tasche sah aus, als würde sie mindestens ein dreiviertel unseres Kleiderschranks beanspruchen. Das würde wieder Ärger geben. „Ich brauch mehr Platz.“, schon fing das Genörgel an. „Dann lass doch einen Teil in der Tasche. Mehr Platz kann ich nun auch wieder nicht machen. Ich hab ja schon nur zwei Böden…“ „Ich frag Denzil nachher mal, was ich da machen kann.“ „Ich mag den nicht.“, brummte ich. „Wieso? Der war doch voll nett. Gar nicht so, wie man sich einen Aufseher vorstellt.“ „Lass dich nicht von seinem Aussehen blenden. Ich glaub, der ist gerissener, als du denkst.“ „Von seinem Aussehen? Wie kommst du denn darauf, nur weil er gut aussieht, muss er gleich ein Arschloch sein? Obwohl, bei dir ist das ja auch so.“ Skeptisch blickte er mich aus silbergrauen Augen an. Ich hob eine Augenbraue. „Du findest mich also gut aussehend, ja?“ „Nicht so! Bild dir bloß nichts darauf ein!“ Sofort ging er wieder los, wie eine Rakete. „Ja ja, schon gut. Weiß ich doch.“ Obwohl ich in der Hinsicht so einige Vermutungen hatte. Jeromy war zwar äußerst beliebt bei den Mädchen, doch im Gegensatz zu mir, war er mit allen nur befreundet, während ich nichts anbrennen ließ. Wenn er Denzil nun auch als gut aussehend befand, hatte es eine ganz andere Bedeutung als bei mir. Am Ende musste ich mir dann ihr Rumgeturtel ansehen und darauf konnte ich gern verzichten. Als wir zum Gemeinschaftsraum gingen, kam uns ein kleines quietschendes Wiesel entgegengehuscht. Kurzerhand wurden wir beide umarmt und durchgeknuddelt. An mir hatte der Kleine anscheinend besonders Gefallen gefunden, denn er wollte mich gar nicht wieder loslassen. „Hey, ich bin Luke. Aber ihr könnt mich ruhig Lucky nennen. Das machen eigentlich alle. Habt ihr Denzil schon kennen gelernt? Habt ihr schon alles ausgepackt? Seid ihr hungrig?“ Er bombardierte uns regelrecht mit Fragen und nebenbei zerquetschte er meine Rippen. „Dreimal ja. Kannst du bitte aufhören, mir die Rippen zu brechen? Danke.“, sagte ich und ich wurde aus himmelblauen Kulleraugen angesehen. „Sorry, das wollte ich nicht.“ Statt meinen Körper weiter zu malträtieren, nahm er nun meine Hand und zog mich hinter ihm her. Widerstandslos ließ ich mich mitführen und ich sah noch Jeromys gehässiges Grinsen, das jedoch nur kurz aufblitzte, bis es gleich wieder verschwunden war. „Ihr müsst die anderen auch kennen lernen. Das ist ein lustiger Haufen, auch wenn manche etwas eigenartig sind.“ Das sagt ausgerechnet er, der jeden anscheinend begrüßte, als würde er ihn schon seit Jahren kennen. Als wir im Gemeinschaftraum ankamen, wartete schon eine relativ große Gruppe auf uns. Ausnahmslos Jungs, damit es keine Schwierigkeiten gab. Denzil stand neben der Couch, auf der sich drei der „Mitinsassen“ breit gemacht hatten. Der anscheinend Älteste nach Denzil war schlank und groß. Er zappte gerade durch das TV-Programm, als würde ihn das alles hier herzlich wenig interessieren. Er war mir auf Anhieb sympathisch. Daneben saß ein unauffälliger Junge von vielleicht 15 Jahren. Ich fragte mich, wieso er hier war. Er sah nicht so aus, als wäre er in der Lage großartig Ärger zu machen. Der dritte außen rechts war ein ganz anderes Kaliber. Ein Typ, der aussah wie ein Schrank und als könnte er jeden Moment explodieren, wenn man etwas Falsches sagte. Und der saß neben dem Kleinen? Nun ja, ich würde mich sowieso aus allem raushalten. Dann sah ich noch zwei weitere, die halb aufeinander saßen und kuschelten. Das mussten Geschwister sein, so ähnlich, wie die sich sahen. Aber keine Zwillinge, dafür waren doch zu viele Unterschiede erkennbar. Dass sie kuschelten störte mich nicht. Konnte ja nicht jeder in so einer kalten Familie aufgewachsen sein, wie ich. Mit Lucky hatten wir ja nun schon Bekanntschaft gemacht, das schienen dann alle zu sein. Denzil nickte uns zu, dass wir uns auf die andere Couch setzen sollten, während er sich auf den Sessel setzte. Der Große machte den Fernseher aus und richtete nun doch seine Aufmerksamkeit auf uns. Lucky hatte es sich halbwegs auf mir bequem gemacht und alles Schubsen und Schieben half nicht viel, sondern er rückte stattdessen nur noch näher ran. „So, dann sind wir nun vollzählig. Mehr Platz haben wir nun auch nicht mehr. Ich möchte euch Yoshua und Jeromy vorstellen. Die beiden hatten eine Meinungsverschiedenheit, wie man unschwer an Jeromys Gesicht erkennen kann und sind deshalb hier. Wenn ihr Näheres wissen wollt, müsst ihr sie selbst fragen. Ihr kennt ja die Regeln.“ Er schaute alle nacheinander an und einige nickten kurz oder signalisierten durch Augenkontakt ihre Zustimmung. „Stellt euch doch einfach der Reihe nach vor.“, schlug Denzil vor. „Ich heiße Yaro und bin 20 Jahre alt. Ich hab keine Ahnung, warum ich eigentlich hier bin.“, der Große hatte eine angenehme Bassstimme. Seine asiatischen Züge hatten etwas Ansprechendes und mir fiel auf, dass eigentlich alle in dem Zimmer ausgesprochen gut aussahen. Jeder auf seine Weise, aber unleugbar ein attraktiver Haufen. Komischer Zufall. „Ich…ich…bin…“, verlegen brach der Kleine ab und ich hatte Mitleid mit ihm. Er war anscheinend so eingeschüchtert, dass er nicht einmal seinen eigenen Namen herausbrachte. Doch er setzte noch mal an, während sich sein Gesichtsausdruck änderte. Statt dem verschüchterten Mäuschen, funkelten mich nun zwei neugierige grüne Augen an, waren die nicht eben noch braun? „Ich bin Thomas. 16 Jahre alt und hab mein Klassenzimmer in die Luft gejagt.“ Er sah nicht so aus, als würde ihm das Leid tun und ich vermutete, dass da in seinem Kopf was nicht ganz richtig war. „Eric. Aber alle nennen mich Monster. Wegen meinem Körper.“ Ich hörte ein gemurmeltes „nicht nur deswegen“ aber Eric überging das. „18 Jahre alt und hab meinem Lehrer eine reingehauen, weil er seine Schlüssel nach mir geworfen hat.“ Ich nahm mir vor, auch ihm aus dem Weg zu gehen. „Kyu und Junhyuk“ antworteten die beiden nächsten, die an der Reihe waren, wie aus einem Mund. Ich blickte verwirrt hin und her. Wer war jetzt wer? „Wir kommen aus Korea und sind ebenfalls 18 Jahre alt. Unsere Eltern sind sehr streng und haben uns wegen Ungehorsam hierher geschickt.“ Na, das war ja mal ein Grund. „Lucky habt ihr ja schon im Flur getroffen und ich sehe schon, dass Yoshua Freundschaft mit ihm geschlossen hat.“ „Der rückt mir bloß auf die Pelle. Keiner hat mich gefragt, ob ich sein Freund sein will.“ Ein Raunen ging durch den Raum. Anscheinend durfte man seine Meinung hier nicht so frei äußern. Das wurde auch gleich von Lucky bestätigt. „Das war dumm, jetzt musst du bestimmt Küchendienst machen. Aber keine Sorge, ich helfe dir. Ich bin heute eh dran.“ „Lucky hat vollkommen Recht. Ich möchte, dass ihr euch vertragt, also keinen Zickenkrieg, sonst gibt’s Strafarbeiten.“ Denzil hatte anscheinend alle hier gut unter Kontrolle. Doch ich war nicht so einfach zu lenken. „Und was, wenn ich sage, dass ich das nicht tue?“ „Dann hast du für den Rest der Woche Küchendienst und Hausarrest.“ „Mach, was er sagt!“, zischte mich nun auch Jeromy an. „Ja ja, ist ja gut. Ich mach Küchendienst.“ Stürmisch umarmte mich Lucky und ich bekam schon wieder keine Luft. „Atemnot, Kleiner!“, würgte ich hervor. Verlegen grinste er mich an und ich dachte, dass ich mich mit ihm vielleicht doch anfreunden könnte. Er hatte so ein fröhliches Naturell, dass man ihn einfach mögen musste. „Denzil?“ Jeromy blickte Denzil fragend an. Ich ahnte, was da jetzt kam. „Ich hab zu viele Sachen mitgenommen und die passen jetzt nicht alle in den Schrank. Aber Yoshua hat schon nur zwei Fächer. Ich frag mich ja, wie man mit so wenigen Klamotten auskommen kann. Hast du einen Lösungsvorschlag?“ „Hm, ja, ich glaub schon. Bringt Yoshuas Sachen einfach bei mir unter. Da es nicht so viele sind, hab ich noch ein bisschen Platz im Schrank.“ „Was, wieso denn meine?“, begehre ich auf und Lucky hielt mir schnell den Mund zu. „Das habe ich doch gerade gesagt und ich werde mich nicht wiederholen.“ Denzil schien über meinen Einspruch dieses Mal hinwegzusehen und ich sah den anderen ihr Erstaunen deutlich an. Das kam wohl nicht oft vor. „Na, meinetwegen. Sind ja nur Klamotten.“ Ich würde jedoch nicht immer so leicht ja und Amen zu Allem, was Denzil wollte, sagen. Da nahm ich auch die Strafen in Kauf, dafür, dass ich mir meine Meinung und Selbstsicherheit erhielt. Lucky strahlte mich an und ich hatte das Gefühl, dass er sich dieses Lächeln besonders für mich aufhob. Schulter zuckend ließ ich mich wieder in die Couch zurücksinken und Lucky kuschelte sich gemütlich an mich. Kapitel 2: Nicht mal in Ruhe spielen kann man hier… --------------------------------------------------- Kapitel 2 – Nicht mal in Ruhe spielen kann man hier… Küchendienst…grummelnd wusch ich weiter die dreckigen Teller ab, die ich dann zum Abtrocknen an Lucky weiterreichte. Dieser pfiff leise eine Melodie vor sich hin, die mir vage bekannt vorkam, aber ich konnte sie trotzdem nicht zuordnen. Das Abendessen war eigentlich sehr ruhig verlaufen, nur Thomas und Eric hatten sich in der Wolle gehabt, weil Eric einfach die letzte Portion Nudeln gegessen hatte. Daraufhin war ein kleiner Krieg darüber ausgebrochen, wer die letzte Nachspeise bekam, die Eric auch für sich beansprucht hatte. Seufzend dachte ich darüber nach, wie sich zwei fast erwachsene Menschen so kindisch benehmen konnten. Glücklicherweise hatte Denzil irgendwann eingegriffen, aber die Art und Weise, wie er das getan hatte, passte mir natürlich auch nicht. Mit der Begründung, dass Jeromy der Jüngste von den Neuzugängen war, hatte er ihm die Nachspeise hingeschoben. Jeromy, der Naschkatze, war der Besitz ergreifende Blick sicherlich entgangen, den Denzil ihm zugeworfen hatte, mir jedoch nicht. Nachdem wir mit dem Abwasch fertig waren und Lucky mir seine halbe Lebensgeschichte erzählt hatte, ging ich zurück in mein Zimmer. Jeromy stand vor dem Kleiderschrank und funkelte diesen böse an. „Das passt doch nie da rein.“ Als ob der Schrank was dafür konnte, dass er so viele Sachen besaß… „Ich nehme meine doch gleich heraus, dann hast du mehr Platz.“ Erschrocken drehte er sich um. Doch innerhalb einer Sekunde hatte er seine Mimik wieder unter Kontrolle. „Schleich dich nicht so an! Was ich meinte, war außerdem, dass die Klamotten selbst dann nicht reinpassen werden, wenn ich deine Böden dazu bekomme.“ Er verzog den Mund und nahm die Unterlippe zwischen die Zähne, seine Stirn kräuselte sich, als wäre das ein extrem schwerwiegendes Problem. „Was nimmst du auch so viel mit? Ich lass mir was einfallen, bevor ich mir dein Genörgel noch weiter anhören muss.“ „Ach, halt doch die Klappe.“, kam es nur gereizt von ihm. „Ich bring erstmal meine Sachen weg. Total bescheuert, dass die nicht zwei Schränke hier reinstellen. Platz ist ja genug.“ Daraufhin stapfte ich zu Denzils Zimmer und klopfte an. Als ein leises „Herein“ ertönte, trat ich ein und sah mich kurz in dem Raum um. Er war genauso spartanisch eingerichtet wie unserer. Der einzige Unterschied war das riesige Bett genau in der Mitte. Ich hob eine Augenbraue. „Ist das nicht ein bisschen übertrieben?“, fragte ich, mit dem Kinn auf das Bett deutend. „Ich brauche eben Platz.“ Fragte sich nur für was?, dachte ich. „Wo kann ich meine Sachen denn nun hin tun?“ „Oben die ersten beiden Fächer sind frei.“ „Na gut, dann werde ich mal noch Jeromy helfen gehen, seine Sachen unterzubringen. Er scheint da vor einem ernsthaften Problem zu stehen.“ Ich war schon halb auf dem Weg zur Tür, als er mich aufhielt. „Willst du so schlafen gehen?“ Frech grinste er und ich ging noch einmal zum Schrank, um mir meine Schlafsachen zu holen und ein Handtuch. Na toll, wenn ich mich umziehen wollte, musste ich das ja auch hier tun. So langsam ging mir ein Licht auf, dass er wahrscheinlich auch fast immer da sein würde und ich nicht einen Moment Privatsphäre für mich hatte, außer beim Duschen. Das konnte ja noch heiter werden. „Gute Nacht.“, flötete es hinter mir und ich verzog nur das Gesicht, was Denzil natürlich nicht sehen konnte. Unter der Dusche hatte ich wenigstens mal meine Ruhe. Ich seifte mich ausgiebig ein, bis das Wasser irgendwann kälter wurde und ich mich schließlich frierend anzog. Auf dem Weg in mein Zimmer lief ich einem halb angezogenen Lucky in die Arme, der mir stürmisch eine gute Nacht wünschte und sofort wieder davongewuselt war. Als ich unsere Zimmertür öffnete, zog sich Jeromy gerade um und ich dachte wieder einmal, dass er schlank wie ein Mädchen war. Seine Haut hatte die Farbe von Sahne und mich überkam der Gedanke, dass seine Haut genauso weich sein musste, wie sie aussah. Was dachte ich denn da für einen Scheiß? Die kalte Dusche musste mir wohl mein Gehirn vernebelt haben. Laut ließ ich die Tür zuschlagen und erschrocken drehte er sich zu mir um. „Das geht auch leiser! Ich hab fast 'nen Herzinfarkt bekommen!“ „Schön wär's.“ „Halt's Maul!“ Ich erntete wieder einmal einen der für mich reservierten giftigen Blicke und zuckte nur mit den Schultern. Ich würde mich diesmal nicht provozieren lassen. Dafür sah der Bluterguss in seinem Gesicht noch zu blau aus, als dass er mich nicht davon abhalten würde. „Tut das eigentlich noch sehr weh?“, fragte ich, plötzlich das Thema wechselnd. „Geht schon, eigentlich nur, wenn jemand rauftatscht und wenn ich mir das Gesicht wasche. Die Dornen, die ich mir aus dem Fleisch ziehen musste, haben viel mehr weh getan.“ „Sorry, das war echt keine Absicht.“ „Fang bloß nicht schon wieder an. Das Thema ist gegessen und damit gut.“ Damit drehte er sich wieder dem Schrank zu und das arme Ding tat mir fast Leid, denn wenn Blicke töten könnten, wäre der Kleiderschrank schon in Flammen aufgegangen. „Soll ich dir helfen? Ach, was frag ich überhaupt? Setz' dich hin und lass mich machen.“ Ich kniete mich vor seine Tasche und nahm nacheinander Hosen, T-Shirts und Hemden heraus. Gekonnt faltete ich sie so, dass sie Platz sparend in die Regale passten. Obwohl ich nur wenige Sachen besaß, achtete ich auch zu Hause darauf, dass ich möglichst alles so unter brachte, dass ich noch Platz für andere Dinge fand. In meinem mickrigen Zimmer daheim war nämlich noch weniger Raum als hier. Die Unterwäsche ließ ich in der Tasche und wandte mich wieder Jeromy zu. „Hat alles rein gepasst, jetzt musst du nur noch den Rest in die Schubfächer packen und dann sollte das ausreichen.“ Ich ließ mich auf mein Bett plumpsen und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte. Müde war ich noch nicht, aber ich hatte auch keine Lust zu den anderen zu gehen, um fern zu sehen. „Danke.“ Es kam so leise, dass ich es fast gar nicht gehört hätte und gerechnet hätte ich damit noch viel weniger. „Kein Ding. Hast du 'ne Ahnung, was wir, ich oder du jetzt machen könnten?“ „Ich glaub, ich hab draußen ein Kickerspiel gesehen. Wäre besser, als hier im Zimmer rumzuhocken.“ Hatte ich zwar seit der Grundschule nicht mehr gespielt, aber er hatte Recht, es war besser als nichts. „Bin dabei.“ „Yoooooshshshsuuuuuuuaaaaaaaaa! Warum hast du denn nicht Bescheid gesagt?“ Beleidigt zog Lucky einen Flunsch. „Spiel doch mit, kannst du das denn? Dann bist du in meinem Team, wenn nicht, dann in Jeromys.“ „EY! Das ist doch voll unfair!“, protestierte dieser gleich lautstark. „Ich spiel bei dir mit, Jeromy.“ Eine samtige Bassstimme meldete sich zu Wort und ich stöhnte innerlich. Da würde es nicht lange dauern, bis der Rest auch eintrudelte. Wie ich es hasste, wenn ich bei solchen Sachen Recht behielt... „Ich wette 10 auf Yoshua und Lucky. Wer hält dagegen?“, mischte sich nun auch Eric ein. „Ich! Wenn Yaro bei Jeromy im Team ist, können sie ja gar nicht mehr verlieren.“ Thomas schaute mich finster an. Was hatte ich ihm denn getan? War irgendetwas beim Essen vorgefallen, an das ich mich nicht erinnerte? Nein, soweit ich sagen konnte, nicht. „Kyu?“ „Yoshua...scheint stark zu sein...“, zweifelnd wurde ich angeschaut und ich nickte leicht. Ich war gut im Tischfußball. „Jun?“ „Junhyuk, du Depp, merk dir das doch mal. Ich bin auch für Yoshua.“ Da konnte Thomas aber ganz schön blechen, wenn die anderen gewannen. „Wer gibt den Anstoß?“ „Das wird ausgeknobelt. Schere, Stein, Papier. Yoshua gegen Yaro!“ „Stein!“ „Schere. Yoshua hat gewonnen! Yuchu!“ Diese sinnvollen Kommentare wurden von unserem Geschwisterpaar geäußert und ich verdrehte nur die Augen. Das Spiel lief zu Anfang erstaunlich gut für uns, aber zum Ende hin, mussten wir uns hauptsächlich gegen Yaro verteidigen, der leider wirklich sehr gut war. Doch dann fiel das entscheidende Tor und Lucky und ich konnten den Sieg für uns verbuchen. „Zahltag! Thomas...“ Eric hielt auffordernd die Hand hin, doch da hatte er nicht mit Thomas gerechnet. Schlagartig änderte sich seine Augenfarbe in grün und er blickte uns aus großen Augen an. „Wie ungerecht, ich war auch für Yoshua!“ Das hörte sich vorhin aber noch ganz anders an. „Nix da mit Zahltag, was hatte ich euch über Wetten gesagt?“ Denzil, als letzter im Bunde, hatte nun auch Position bezogen und schaute uns fragend an. „Wir dürfen keine Wetten abschließen...“, kleinlaut standen die anderen da und ich fragte mich, was da schon wieder abging. „Und welche Strafe steht darauf?“ „Willst du echt alle bestrafen? Wir haben doch alle mitgemacht.“, mischte ich mich nun ungefragt in das Gespräch ein. „Yoshua. Psst!“ Doch zu spät. Denzil hatte seine gesamte Aufmerksamkeit nun auf mich gerichtet. „Du kannst auch gern die Strafe für alle auf dich nehmen.“ „Nee, lass mal. Sag mir lieber erst mal, welche Strafe sonst kommen würde, kenn mich ja mit den Regeln hier noch überhaupt nicht aus.“ „Dein Ton gefällt mir überhaupt nicht. Ich überleg mir noch eine angemessene Strafe für dich. Aber um deine Frage zu beantworten. Eigentlich wollte ich euch nur Fernsehverbot verpassen.“ „Nein!“ Dieser erstickte Laut kam von Eric. „Morgen kommt das Endspiel der Nationalliga! Wenn ich das nicht schauen kann, dann zerbrech’ ich irgendwas, vorzugsweise deinen Hals.“ Warum schaute er denn nun mich an? Ich verstand nur noch Bahnhof. Was hatte ich denn gemacht, dass die sich alle mich als Opfer aussuchten? Die Wette war ja wohl auf seinem Mist gewachsen! „Fernsehverbot. Meinetwegen.“ Das war mir sowieso egal. Kam doch eh immer der gleiche Scheiß. „Und jetzt alle ab ins Bett! Wenn ich noch einen nach 23 Uhr hier auf dem Flur erwische, bleibt es nicht beim Fernsehverbot.“ Denzil schaute uns noch einmal einen nach dem anderen an und wartete, dass wir zustimmend nickten. Nur von Eric fing er sich einen wuterfüllten Blick ein, doch dieser hielt sich gerade so zurück. „Das ist ja noch mal gut gegangen. Denzil ist sonst viel strenger. Erst seitdem ihr da seid, ist er so nachsichtig. Könnt ihr nicht für immer bleiben?“ Nur über meine Leiche! Lucky hatte das wahrscheinlich sogar ernst gemeint…wollte er wirklich für immer hier bleiben? Und was hatte er eigentlich angestellt, dass er hier gelandet war? Das passte doch überhaupt nicht zu ihm. Doch das Gleiche hatte ich ja auch von Thomas gedacht. „Gute Nacht, Kleiner. Schlaf schön.“ Zum Abschied knuddelte er mich noch einmal und nun war ich doch müde von der ganzen Aufregung. Kapitel 3: Das Leben ist ein Irrgarten -------------------------------------- Kapitel 3 Mitten in der Nacht wurde ich von einem Geräusch geweckt. Ich schlug die Augen auf und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Als ich mich zur Seite drehen wollte, stieß ich an einen warmen Körper. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Ich war definitiv allein zu Bett gegangen. Hatte sich Lucky etwa heimlich eingeschlichen? Nein, Lucky hätte mehr Krach gemacht, der konnte ja nicht mal eine Tür leise schließen. Jeromy konnte es auch nicht sein, dafür war der Körper dann auch zu klein. Leise murmelnd drehte der andere sich zu mir und kuschelte sich an mich. Was sollte das denn? Vergeblich versuchte ich, ihn wegzuschieben, aber keine Chance. Er lag da wie ein Stein und rührte sich keinen Zentimeter. Das Licht wollte ich nicht anmachen, aber ich wollte auch nicht mit einer fremden Person im Bett schlafen. Am Ende war das noch Eric, was aber derart unwahrscheinlich war, dass ich selbst schmunzeln musste. Die Wärmequelle rückte nun immer dichter und sprach im Schlaf. Ich verstand zwar kein Wort, aber irgendwie machte ihn das sympathisch. Aber mir war schon so warm. Ich versuchte gegen die Schulter zu drücken, aber statt wegzurutschen, lag er nun halb auf mir und ich hatte den Salat. „Verdammt, geh runter von mir!“, zischte ich. „Hm?“ Na klar, davon war er jetzt aufgewacht. Doch statt sich weiter von mir weg zu bewegen, kroch er nun immer höher. Der war ja wirklich noch kleiner als Jeromy. Schlagartig ging mir ein Licht auf, wer sich da so frech auf mir breit gemacht hatte. „Thomas! Verschwinde aus meinem Bett.“ „Nein...will nicht...“, gähnend rutschte er noch höher, bis sein Gesicht auf Augenhöhe mit meinem war. Völlig überraschend senkten sich seine Lippen auf meine und ich war so schockiert, dass ich zunächst bewegungsunfähig war. Der Kleine hatte mich geküsst. Mich! „Sag mal, spinnst du?“ Als ich meine Sprache wiedergefunden hatte, kam auch Leben in mich. Doch ich erhielt keine Antwort, stattdessen verschlossen weiche Lippen wieder meinen Mund und erstickten erst einmal jeden weiteren Protest. Ein warmer Körper presste sich an meinen und ich war so schockiert über meine Reaktion, dass ich den Kleinen von mir stieß. „Was'n los?“, verschlafen drang seine Stimme durch den Nebel meiner Wut zu mir. Ich war nicht wütend auf ihn, sondern auf mich. Seit wann reagierte ich auf diese Weise auf einen Jungenkörper? Das war doch krank! „Raus aus meinem Zimmer!“ Ich hielt mich mühsam unter Kontrolle und so entging mir auch der gemurmelte Kommentar. „Mit dem allergrößten Vergnügen…Brrr, wie bin ich hier bloß reingekommen und dann ausgerechnet zu dem?!“ Nach dem Schock konnte ich alles schlafen eh vergessen und lag so bis in die frühen Morgenstunden wach, bis ich dann vor Erschöpfung einschlief. Doch mein sowieso schon nicht besonders erholsamer Schlaf wurde jäh unterbrochen, als jemand einen Eimer eiskalten Wassers auf mich kippte. „Was zum Teufel?! Warum hast du das gemacht?“ „Hoch jetzt! Ab unter die Dusche und dann will ich, dass du in spätestens 10 Minuten fertig angezogen bist.“ Denzil schaute grimmig zu mir herab und ich blickte ebenso finster zurück. Der hatte sie ja nicht mehr alle! „Zu Befehl, Sir.“ Spöttisch salutierte ich triefend nass vor ihm und verschwand daraufhin im Bad. Doch dort blieb ich nicht lange alleine. Anscheinend hatte noch jemand außer mir verschlafen. „Was guckste denn so blöd?“, fauchte mich Thomas an. „Was hattest du gestern in meinem Zimmer verloren?“ „Ich weiß nicht, wovon du redest. Außerdem ist das auch Jeromys Zimmer und nicht nur deins!“ Da hatte jemand aber schlechte Laune. Ich seifte mich weiter gründlich ein, vollkommen ignorierend, dass Denzil mir nur 10 Minuten Zeit gegeben hatte, um mich anzuziehen. Heiß rann das Wasser über meinen Körper und ich hing meinen Gedanken nach, als sich – schon wieder! – ein warmer Körper an mich presste. Nur diesmal splitterfasernackt und eindeutig erregt. „Thomas! Was soll der Mist? Ich hab dir doch gestern Abend schon deutlich gezeigt, dass ich das nicht will und noch dazu hast du mich eben behandelt, als könntest du mich auf den Tod nicht ausstehen.“ Grüne Augen sahen mich verhangen an, als ich mich zu ihm umdrehte. „Aber ich will dich!“ Er streckte sich und seine Zunge fuhr über mein Schlüsselbein. Ich konnte nicht verhindern, dass mein Körper darauf reagierte. Seit wann war ich derart empfänglich für solche Reize? „Und so wie es aussieht, willst du mich auch.“ Dieses süffisante Grinsen gehörte verboten! Er arbeitete sich weiter nach unten und fuhr mit seiner Zungenspitze über meine Brustwarzen, während seine Fingernägel meine Rippen erkundeten. Steif richteten sich meine Nippel auf und ich unterdrückte ein Stöhnen, als er mit seinen Fingern mein Glied umschloss. Es war schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal Befriedigung empfunden hatte und es würde wohl nicht mehr lange dauern, so gut, wie der Kleine das konnte. Geschickt umschloss er mich mit seinem heißen Mund und ich hatte Mühe mich zusammenzureißen. Seine kecke Zunge umspielte die Spitze und ich zuckte vor Wonne zusammen. Doch genauso plötzlich, wie er mich überfallen hatte, ließ er auch von mir ab und streckte sich nun, um einen Kuss zu erhaschen. Unsanft schob ich ihn zur Seite, nachdem ich mich mühsam von ihm losreißen konnte. Was zum Teufel ging hier ab? „Ich muss hier weg.“ Das Handtuch hatte ich mir noch hastig um die Hüften geschlungen und lief in mein Zimmer. Ich wollte gerade in den Schrank greifen, als mir siedend heiß einfiel, dass meine Sachen bei Denzil im Zimmer waren. Scheiße, scheiße, scheiße! Mit hastigen Schritten stürmte ich nun in die entgegengesetzte Richtung. Wieso musste Denzils Zimmer am absoluten Ende des Ganges sein? In dem Moment, als ich die Tür aufreißen wollte, erklang hinter mir eine Stimme. „Zu spät. Du hast deine Chance vertan. Mitkommen.“ Mit einem fiesen Grinsen – man konnte es gar nicht anders beschreiben – schaute er mich an. Sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er nicht ein Wort des Widerspruches dulden würde, sonst würde meine Strafe noch höher ausfallen. Scheiße!, dachte ich wieder. Alles nur wegen Thomas, ohne ihn hätte ich mich nicht verspätet und müsste mich nicht mit unerwünschten Gefühlen rumschlagen. Aber ich hätte ja auch nicht darauf reagieren müssen, nur mein Körper war da anderer Meinung gewesen. „Tja, mein Kleiner, runter auf den Boden und 100 Liegestütze. Sofort.“ Er hatte mich in den Aufenthaltsraum geführt, in dem schon alle anderen warteten. Lucky sah ängstlich zu mir. Wieso? Es waren doch nur Liegestütze. Ich stemmte mich auf den Boden und merkte, wie das Handtuch langsam aber sicher zu Boden rutschte. Ich verlagerte mein Gewicht und balancierte nun nur noch auf einer Handfläche. Da hatte sich das ganze Training mal gelohnt. Doch kurz bevor ich den Zipfel zu fassen bekam, hatte jemand das Handtuch weggezogen und ich war nun so nackt, wie ich geboren wurde. So eine Scheiße, ich wusste, ich hätte Denzil nicht reizen sollen. Nach einem Blick nach oben konnte ich mich davon überzeugen, dass sein ganzes Gesicht feixte. Ein fieses Lächeln umspielte seine Mundwinkel und ich hatte die böse Vorahnung, dass das noch nicht alles wäre. Ich glaube, dass nur Thomas mich vor der endgültigen Vernichtung rettete, als er plötzlich aufschrie. „Was machst du denn da?! Denzil hör auf! Das ist so gemein, er kann doch gar nichts dafür. Das ist alles meine Schuld!“ In den grünen Augen glitzerten Tränen und ich dachte, dass sich diesem flehenden Blick wohl niemand entziehen konnte. „Ach so ist das also. Aber ich muss ihn trotzdem bestrafen. Yoshua, du kommst heute abend mit Jeromy auf mein Zimmer, Punkt 9, keine Sekunde später.“ Denzil verzog nochmal unwillig das Gesicht und ich konnte es gar nicht fassen, dass er so leicht nachgegeben hatte. Aber ein bisschen wütend war ich auch, wieso wurde Thomas eigentlich nicht bestraft, nachdem er schon zugegeben hatte, die Schuld an der Misere zu tragen. „Das finde ich aber nicht fair, ich hab ja wohl gar nichts mit der ganzen Sache zu tun.“ Tja Kleiner, mitgehangen, mitgefangen, dachte ich mitleidslos. Für den Tag hatte sich Denzil eine besonders spannende Aufgabe überlegt. Im hinteren Teil des Gartens gab es ein Labyrinth, das anscheinend schon seit einigen Jahren vor sich hin wucherte. Yaro, Eric und ich hatten die tolle Aufgabe, die Hecken zurechtzustutzen und Kyu, Junhyuk, Thomas, Lucky und Jerome mussten Unkraut zupfen. Jeder fing in einer Ecke an und arbeitete sich langsam in das Innere vor. Immer wieder hörte er gemurmelte Flüche, wenn sich Thomas oder Jerome an den Dornen pieksten. War ja klar, dass in diesem Garten die Hecke aus Dornengestrüpp bestehen musste. Meine Hände sahen auch schon mehr als geschunden aus und ich merkte das Brennen kaum noch auf der Haut. Das einzig Gute an dieser Arbeit war, dass man sich dabei wunderbar abreagieren konnte. Ich fragte mich, was Denzil wohl heute Abend mit uns machen würde, aber es würde uns ganz sicher nicht gefallen. „Ich mach mal ne Pause.“, kam es von Yaro und ich nickte nur zustimmend. Die Arbeit war schweißtreibend und selbst Eric sah aus, als ob er einen Schluck Eiswasser gebrauchen könnte. Auch wenn er das nie freiwillig zugeben würde. „Ich hab keinen Bock mehr. Ich schau mal wieviel das noch ist.“, mit diesen Worten war ich allein. Na super, wer weiß, wann die zurückkommen. Ich beschloss das bereits abgesäbelte Gemüse zusammenzuharken und mir dann auch etwas zu trinken zu holen. Langsam harkte ich die Zweige und Dornen zusammen. Irgendwann stieß ich bei der nächsten Abzweigung auf Jeromy. „Oh, ich hab gar nicht mitbekommen, dass du hier gleich um die Ecke bist. Soll ich dir helfen?“ Misstrauisch wurde ich aus grauen Augen angesehen. „Warum bist du so nett zu mir?“ Der Argwohn in seinen Augen versetzte mich mal wieder in Rage. Nut mit Mühe hielt ich mich zurück, ihm eine patzige Antwort zu geben, die er zweifellos verdient hatte. „Weil ich normalerweise nett bin, es sei denn irgendwer vermiest mir die Laune.“ Ich kniete mich neben ihn und zupfte lustlos an etwas, dass ich für Unkraut hielt. Hauptsache der Weg wurde wieder sichtbar. „Erzählst du mir was von dir?“ kam es zögernd von Jeromy. Sollte ich? Mein Leben war nicht gerade spannend und auch nicht besonders glücklich, aber ich spürte, dass es ein Versuch war, sich mit mir zu anzufreunden oder zumindest Waffenstillstand zu schließen. „Meine Eltern sind geschieden und ich bin ein Einzelkind. Ich habe mir immer Geschwister gewünscht, am liebsten einen kleinen Bruder. Aber meine Mutter kann keine Kinder mehr bekommen und mein Vater war gegen eine Adoption. Nicht, dass sie es sich nicht leisten könnten. Nun ja, nachdem ich in der Schule soviel Ärger hatte, haben sie sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe geschoben und wahrscheinlich kann ich ganz froh sein, dass nur ich die Scheidungsschlacht mitbekommen habe und nicht noch ein unschuldiges Adoptivkind. Ich weiß auch gar nicht mehr, ob ich später mal eigene Kinder haben möchte. Das Beispiel meiner Eltern ist ja eher abschreckend. Vielleicht werde ich genau wie sie.“ Ich zog meine Unterlippe zwischen die Zähne und kaute gedankenverloren darauf herum. „Ich denke nicht, dass du ein schlechter Vater wärst. Es ist doch oft so, dass man, wenn man viel Scheiße erlebt hat, ganz anders ist als seine Eltern.“ Das war lieb gemeint doch ich wusste es besser. Mit meinen unkontrollierbaren Wutanfällen konnte ich kein Kind groß ziehen. „Ach, ich bin eh noch zu jung für sowas. Deswegen würde ich auch nie ein Mädchen schwängern.“ Jeromy warf mir kurz einen verwirrten Blick zu, aber dann nickte er. „Bei mir ist es ganz anders. Du hast ja schon mitbekommen, dass ich meine Schwester abgöttisch liebe, das ist schon fast ein Schwesternkomplex. Ich ertrage es nicht, wenn ihr jemand wehtut. Meine Ma ist früh verstorben, da war sie noch ganz klein. Ich hab auch nicht viel, an das ich mich erinnern würde, aber da ist ein Gefühl von Wärme und manchmal sehe ich im Traum ein sanftes Lächeln. Ich war ja erst sechs. Auf Fotos sieht sie immer ganz glücklich aus, besonders, wenn sie Paige und mich an den Händen hält. Pa erzählt immer, dass sie die liebste und sanftmütigste Person war, die er je gekannt hatte. Seine Augen werden dann immer ganz glasig und man sieht, wie sehr er sie immer noch vermisst.“ Schweigen setzte zwischen uns ein, während wir jeder in seinen eigenen Gedanken verloren weiter Grasbüschel und anderes Grünzeug aus dem lehmigen Boden entfernten. „Weißt du, was Denzil heute Abend mit uns vorhat? Irgendwie finde ich es nicht gerade fair, dass ich auch mit muss, immerhin hab ich gar nichts gemacht und laut Thomas du ja auch nicht. Was war denn überhaupt los?“ Darüber wollte ich ganz sicher nicht mit Jeromy reden. „Die Schwatzstunde ist vorbei. No comment!“ eilig drehte ich mich um und ging weiter in den Irrgarten. Hinter mir hörte ich es zetern: „Du Arschloch! War doch nur ne simple Frage. Warum bist du gleich wieder so…Argh! Ich hasse dich!“ Tja, soviel zum Waffenstillstand. Ich lief immer weiter, bis ich vor einem riesigen grünen Hindernis stand. Scheiße, ich war voll in die Sackgasse gelaufen, oder war die Hecke hier einfach nur zusammen gewachsen? Ich lief zurück und nahm eine andere Abzweigung mit dem gleichen Ergebnis. Da vorne war etwas gewesen, das ein alter Durchgang gewesen sein könnte. Also versuchte ich dort mein Glück und stand einem verdutzten Thomas gegenüber. „Was willst du denn hier?“ fragte er mürrisch. „Da such ich mir extra eine Ecke weit weg und dann das.“ Was war sein Problem? Im ersten Moment attackierte er mich und dann tat er so, als wäre ich sein Todfeind. „Hab mich verlaufen, ich belästige dich gleich nicht mehr mit meiner Anwesenheit. Sag mir einfach nur, wo der Ausgang ist.“ Genervt starrte ich ihm in die Augen und diesmal sah ich den Umschwung von braun zu grün ganz deutlich. „Yoshua! Warum willst du denn gleich wieder weg, das ist gemein. Meidest du mich etwa?“ Er zog beleidigt einen Flunsch, den ich ganz niedlich gefunden hätte, wenn ich nicht gewusst hätte, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Wie, was, niedlich?! Falsches Wort, nervtötend, ganz sicher nichts anderes. „Thomas. Was ist eigentlich los mit dir? Komm nicht wieder auf die Idee mich anzuspringen, diesmal bin ich vorbereitet.“ Der Ausdruck, der über sein Gesicht huschte, wollte mir nicht gefallen. Ich hatte das Gefühl, einen schlafenden Tiger geweckt zu haben. „Yoshua…“ die Stimme war gefährlich samtig leise. Mir rieselte ein Schauer über den Rücken. „…wenn ich dich nicht bekomme, dann nehm ich mir Jeromy.“ Bedrohte mich dieser Zwerg ernsthaft? „Mach doch. Mir doch egal, aber ich glaube, das wird Denzil gar nicht gefallen.“ Warum hatte ich das gesagt? Ich wollte doch nicht, dass sich Denzil an Jeromy vergriff. „Ach, ich glaube Denzil stört das nicht im Geringsten. Aber dich schon. Du brauchst es gar nicht zu leugnen. Ich weiß auch, warum ER dich nicht mag, er mag Jeromy nämlich sehr. Schlicht und einfach eifersüchtig. Also ich, du hast bestimmt schon eins und eins zusammen gezählt.“ Hatte ich also doch Recht behalten? Schizophrenie?, aber seit wann war sich derjenige dessen bewusst? „Heißt du denn auch Thomas?“ Ich würde mich ganz langsam herantasten, denn ich hatte das ungute Gefühl, dass dieser Thomas eine tickende Zeitbombe war. „Hm, ja, aber du kannst mich Tom nennen. Thomas klingt spießig. Also, nimmst du mein Angebot an oder willst du mir Jeromy überlassen?“ Nur über meine Leiche würde ich eins von beidem tun, ich ließ mich doch nicht bedrohen von so einem Winzling. „Warum muss es denn ausgerechnet ich sein?“ Vielleicht konnte ich ja darüber mehr in Erfahrung bringen und auf diese Weise dieser Misere entfliehen. „Hm, ich finde dich schon ganz toll, du bist groß und sportlich und hast außerdem Temperament. Aber Yaro ist auch nicht schlecht, nur leider lässt sich von nichts beeindrucken, also habe ich mir ein leichteres Opfer gesucht.“ Aha, ich war also ein leichtes Opfer. „Komm mal her.“ Mit einem Grinsen auf den Lippen trat er näher. Er musste den Kopf in den Nacken legen um mir in die Augen sehen zu können. Ich beugte mich herunter und presste meine Lippen auf seine. Gierig erwiderte er den Kuss und es konnte ihm gar nicht schnell genug gehen, da hatte er sich auch schon mit meiner Zunge verhakt. Dicht presste er sich an mich und ich konnte nicht umhin zu bemerken, was für einen grazilen Körperbau er hatte. Fast so wie Jeromy. Dieser unwillkommene Gedanke setzte sich in mir fest und ich erinnerte mich, warum ich das hier überhaupt tat. Keuchend lösten wir uns voneinander. Sein Atem ging flach und schnell und seine Augen waren verhangen. Wenn ich wollte, hätte ich ihn an Ort und Stelle verführen können. Seit wann reagierte ich so auf Männer? Aber ich wollte Thomas nicht, nicht so wie er sich das vorstellte. „Hör zu, ich mach dir jetzt einen Vorschlag. Ich helfe dir, dich an Yaro ranzumachen, aber dafür lässt du mich in Frieden.“ „Und Jeromy auch?“ die grünen Augen hefteten sich nun auf meine Brust. „Hier oben spielt die Musik. Ja, Jeromy auch. Das ist die Bedingung und das musst du auch Thomas verklickern.“ Er kniff die Augen zusammen, als müsste er angestrengt nachdenken. „Am liebsten hätte ich euch alle.“ Hatte der sie noch alle? Was für ein dreistes Früchtchen. „Vergiss es. Ok, also ich helfe dir Yaro zu bekommen, du lässt Jeromy dafür in Ruhe und du darfst dir einmal in der Woche etwas von mir zum Ausgleich wünschen, falls es nicht klappt. Ach ja und tu was dagegen, dass Thomas mich nicht mag, ich will nichts von Jeromy. Ich bin schließlich nicht schwul.“ Das Grinsen in seinem Gesicht sagte mir deutlich, dass er da etwas anderes dachte. „Einverstanden. Heute Abend wollten wir ja eigentlich das Spiel der Nationalliga gucken, aber daraus wird ja dank des Fernsehverbots nichts.“ Hatte Denzil es also doch wahr gemacht, na da konnte ich mich ja nachher auf giftige Blicke von Eric gefasst machen. „Yaro wollte stattdessen Monopoly spielen. Wir ändern da einfach die Regeln. Und du sorgst dafür, dass er auch wirklich mitmacht.“ Wie war ich nur da hineingeraten? Jetzt machte ich schon bei halbkriminellen Handlungen mit. „Bekomme ich trotzdem noch einen Kuss? Du musst außerdem mit mir üben, wie ich Yaro am Besten verführen kann. Ansonsten muss ich es leider mit Gewalt tun und das willst du doch sicher vermeiden? Ach ja, das mit Thomas und mir bleibt ein Geheimnis, ja? Ich glaube Yaro und Denzil ahnen etwas. Aber es ist nicht so wie sie denken.“ Und wieder war das dieses gefährliche Funkeln in den Augen, das mir sagte, dass ich wahrscheinlich auch etwas übersehen hatte. Statt einer Antwort senkte ich den Kopf und vergrub meine Hände in seinem weichen Haar. „Also, in meinem Bett zu schlafen, war mit dem Kopf durch die Wand und die Aktion im Bad war auch schon fünf Schritte zu früh.“ Ich ließ meine Lippen federleicht über seine gleiten. „Manchmal kommt man mit langsamen Tempo schneller voran. Du solltest erstmal herausfinden, was Yaro mag und dich weiter mit ihm anfreunden, anstatt ihn zu überfallen.“ Der Kleine nickte vehement und ich hatte doch noch nicht alle Hoffnung verloren, dass er Yaro für sich gewinnen konnte. Wenn er so lernbegierig war, war er fast süß. Schon wieder solche Gedanken, ich machte das doch nur, um unwillkommene Aufmerksamkeiten von mir abzulenken. Ich setzte mich im Schneidersitz auf den Boden und zog ihn mit mir herunter, direkt auf meinen Schoß. „Schling die Arme um mich und hauch mir über das Ohr, das mag nicht jeder, aber das wirst du schon merken. Die meisten bekommen davon Gänsehaut.“ Gesagt, getan. Ich war einer von denen, die das unglaublich scharf machten. Der Kleine lernt für meinen Geschmack schon fast ein bisschen zu schnell. Er hatte herausbekommen hatte, dass wenn er mich am Ohrläppchen anknabberte, ich erschauerte und ich konnte mir ein sehnsüchtiges Lecken über die Lippen nicht verkneifen. Unruhig rutschte er auf mir herum, das schien ihn auch nicht kalt zu lassen. „Jetzt bin ich dran.“ Gleitend ließ ich meine Zunge über seine Ohrmuschel fahren und die Gänsehaut überzog seinen Nacken. Ich knabberte sanft daran und ein Keuchen entfloh seinem Mund. Ich biss ein wenig in zarte Haut seines Halses und presste meinen Mund dann noch einmal auf seinen. „Das reicht für heute. Und du musst auch an dieser Stelle aufhören, denn dann wird er sich fragen, was gewesen wäre, wenn. Du musst ihn hinhalten und dich nicht wie ein billiges Stück Fleisch anbieten. Verstanden?“ Zögerlich nickte er, immer noch ganz benommen und willig jederzeit in meine Arme zu sinken. „Wir sollten zurückgehen. Es ist bald Abendbrotzeit.“ Wieder nickte er und schien tief in Gedanken. Der Abend konnte also noch spannend werden, wenn er auch nur die Hälfte dessen umsetzte, was ich ihm gezeigt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)