Auf Abwegen von Laniechan ================================================================================ Kapitel 2: Nicht mal in Ruhe spielen kann man hier… --------------------------------------------------- Kapitel 2 – Nicht mal in Ruhe spielen kann man hier… Küchendienst…grummelnd wusch ich weiter die dreckigen Teller ab, die ich dann zum Abtrocknen an Lucky weiterreichte. Dieser pfiff leise eine Melodie vor sich hin, die mir vage bekannt vorkam, aber ich konnte sie trotzdem nicht zuordnen. Das Abendessen war eigentlich sehr ruhig verlaufen, nur Thomas und Eric hatten sich in der Wolle gehabt, weil Eric einfach die letzte Portion Nudeln gegessen hatte. Daraufhin war ein kleiner Krieg darüber ausgebrochen, wer die letzte Nachspeise bekam, die Eric auch für sich beansprucht hatte. Seufzend dachte ich darüber nach, wie sich zwei fast erwachsene Menschen so kindisch benehmen konnten. Glücklicherweise hatte Denzil irgendwann eingegriffen, aber die Art und Weise, wie er das getan hatte, passte mir natürlich auch nicht. Mit der Begründung, dass Jeromy der Jüngste von den Neuzugängen war, hatte er ihm die Nachspeise hingeschoben. Jeromy, der Naschkatze, war der Besitz ergreifende Blick sicherlich entgangen, den Denzil ihm zugeworfen hatte, mir jedoch nicht. Nachdem wir mit dem Abwasch fertig waren und Lucky mir seine halbe Lebensgeschichte erzählt hatte, ging ich zurück in mein Zimmer. Jeromy stand vor dem Kleiderschrank und funkelte diesen böse an. „Das passt doch nie da rein.“ Als ob der Schrank was dafür konnte, dass er so viele Sachen besaß… „Ich nehme meine doch gleich heraus, dann hast du mehr Platz.“ Erschrocken drehte er sich um. Doch innerhalb einer Sekunde hatte er seine Mimik wieder unter Kontrolle. „Schleich dich nicht so an! Was ich meinte, war außerdem, dass die Klamotten selbst dann nicht reinpassen werden, wenn ich deine Böden dazu bekomme.“ Er verzog den Mund und nahm die Unterlippe zwischen die Zähne, seine Stirn kräuselte sich, als wäre das ein extrem schwerwiegendes Problem. „Was nimmst du auch so viel mit? Ich lass mir was einfallen, bevor ich mir dein Genörgel noch weiter anhören muss.“ „Ach, halt doch die Klappe.“, kam es nur gereizt von ihm. „Ich bring erstmal meine Sachen weg. Total bescheuert, dass die nicht zwei Schränke hier reinstellen. Platz ist ja genug.“ Daraufhin stapfte ich zu Denzils Zimmer und klopfte an. Als ein leises „Herein“ ertönte, trat ich ein und sah mich kurz in dem Raum um. Er war genauso spartanisch eingerichtet wie unserer. Der einzige Unterschied war das riesige Bett genau in der Mitte. Ich hob eine Augenbraue. „Ist das nicht ein bisschen übertrieben?“, fragte ich, mit dem Kinn auf das Bett deutend. „Ich brauche eben Platz.“ Fragte sich nur für was?, dachte ich. „Wo kann ich meine Sachen denn nun hin tun?“ „Oben die ersten beiden Fächer sind frei.“ „Na gut, dann werde ich mal noch Jeromy helfen gehen, seine Sachen unterzubringen. Er scheint da vor einem ernsthaften Problem zu stehen.“ Ich war schon halb auf dem Weg zur Tür, als er mich aufhielt. „Willst du so schlafen gehen?“ Frech grinste er und ich ging noch einmal zum Schrank, um mir meine Schlafsachen zu holen und ein Handtuch. Na toll, wenn ich mich umziehen wollte, musste ich das ja auch hier tun. So langsam ging mir ein Licht auf, dass er wahrscheinlich auch fast immer da sein würde und ich nicht einen Moment Privatsphäre für mich hatte, außer beim Duschen. Das konnte ja noch heiter werden. „Gute Nacht.“, flötete es hinter mir und ich verzog nur das Gesicht, was Denzil natürlich nicht sehen konnte. Unter der Dusche hatte ich wenigstens mal meine Ruhe. Ich seifte mich ausgiebig ein, bis das Wasser irgendwann kälter wurde und ich mich schließlich frierend anzog. Auf dem Weg in mein Zimmer lief ich einem halb angezogenen Lucky in die Arme, der mir stürmisch eine gute Nacht wünschte und sofort wieder davongewuselt war. Als ich unsere Zimmertür öffnete, zog sich Jeromy gerade um und ich dachte wieder einmal, dass er schlank wie ein Mädchen war. Seine Haut hatte die Farbe von Sahne und mich überkam der Gedanke, dass seine Haut genauso weich sein musste, wie sie aussah. Was dachte ich denn da für einen Scheiß? Die kalte Dusche musste mir wohl mein Gehirn vernebelt haben. Laut ließ ich die Tür zuschlagen und erschrocken drehte er sich zu mir um. „Das geht auch leiser! Ich hab fast 'nen Herzinfarkt bekommen!“ „Schön wär's.“ „Halt's Maul!“ Ich erntete wieder einmal einen der für mich reservierten giftigen Blicke und zuckte nur mit den Schultern. Ich würde mich diesmal nicht provozieren lassen. Dafür sah der Bluterguss in seinem Gesicht noch zu blau aus, als dass er mich nicht davon abhalten würde. „Tut das eigentlich noch sehr weh?“, fragte ich, plötzlich das Thema wechselnd. „Geht schon, eigentlich nur, wenn jemand rauftatscht und wenn ich mir das Gesicht wasche. Die Dornen, die ich mir aus dem Fleisch ziehen musste, haben viel mehr weh getan.“ „Sorry, das war echt keine Absicht.“ „Fang bloß nicht schon wieder an. Das Thema ist gegessen und damit gut.“ Damit drehte er sich wieder dem Schrank zu und das arme Ding tat mir fast Leid, denn wenn Blicke töten könnten, wäre der Kleiderschrank schon in Flammen aufgegangen. „Soll ich dir helfen? Ach, was frag ich überhaupt? Setz' dich hin und lass mich machen.“ Ich kniete mich vor seine Tasche und nahm nacheinander Hosen, T-Shirts und Hemden heraus. Gekonnt faltete ich sie so, dass sie Platz sparend in die Regale passten. Obwohl ich nur wenige Sachen besaß, achtete ich auch zu Hause darauf, dass ich möglichst alles so unter brachte, dass ich noch Platz für andere Dinge fand. In meinem mickrigen Zimmer daheim war nämlich noch weniger Raum als hier. Die Unterwäsche ließ ich in der Tasche und wandte mich wieder Jeromy zu. „Hat alles rein gepasst, jetzt musst du nur noch den Rest in die Schubfächer packen und dann sollte das ausreichen.“ Ich ließ mich auf mein Bett plumpsen und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte. Müde war ich noch nicht, aber ich hatte auch keine Lust zu den anderen zu gehen, um fern zu sehen. „Danke.“ Es kam so leise, dass ich es fast gar nicht gehört hätte und gerechnet hätte ich damit noch viel weniger. „Kein Ding. Hast du 'ne Ahnung, was wir, ich oder du jetzt machen könnten?“ „Ich glaub, ich hab draußen ein Kickerspiel gesehen. Wäre besser, als hier im Zimmer rumzuhocken.“ Hatte ich zwar seit der Grundschule nicht mehr gespielt, aber er hatte Recht, es war besser als nichts. „Bin dabei.“ „Yoooooshshshsuuuuuuuaaaaaaaaa! Warum hast du denn nicht Bescheid gesagt?“ Beleidigt zog Lucky einen Flunsch. „Spiel doch mit, kannst du das denn? Dann bist du in meinem Team, wenn nicht, dann in Jeromys.“ „EY! Das ist doch voll unfair!“, protestierte dieser gleich lautstark. „Ich spiel bei dir mit, Jeromy.“ Eine samtige Bassstimme meldete sich zu Wort und ich stöhnte innerlich. Da würde es nicht lange dauern, bis der Rest auch eintrudelte. Wie ich es hasste, wenn ich bei solchen Sachen Recht behielt... „Ich wette 10 auf Yoshua und Lucky. Wer hält dagegen?“, mischte sich nun auch Eric ein. „Ich! Wenn Yaro bei Jeromy im Team ist, können sie ja gar nicht mehr verlieren.“ Thomas schaute mich finster an. Was hatte ich ihm denn getan? War irgendetwas beim Essen vorgefallen, an das ich mich nicht erinnerte? Nein, soweit ich sagen konnte, nicht. „Kyu?“ „Yoshua...scheint stark zu sein...“, zweifelnd wurde ich angeschaut und ich nickte leicht. Ich war gut im Tischfußball. „Jun?“ „Junhyuk, du Depp, merk dir das doch mal. Ich bin auch für Yoshua.“ Da konnte Thomas aber ganz schön blechen, wenn die anderen gewannen. „Wer gibt den Anstoß?“ „Das wird ausgeknobelt. Schere, Stein, Papier. Yoshua gegen Yaro!“ „Stein!“ „Schere. Yoshua hat gewonnen! Yuchu!“ Diese sinnvollen Kommentare wurden von unserem Geschwisterpaar geäußert und ich verdrehte nur die Augen. Das Spiel lief zu Anfang erstaunlich gut für uns, aber zum Ende hin, mussten wir uns hauptsächlich gegen Yaro verteidigen, der leider wirklich sehr gut war. Doch dann fiel das entscheidende Tor und Lucky und ich konnten den Sieg für uns verbuchen. „Zahltag! Thomas...“ Eric hielt auffordernd die Hand hin, doch da hatte er nicht mit Thomas gerechnet. Schlagartig änderte sich seine Augenfarbe in grün und er blickte uns aus großen Augen an. „Wie ungerecht, ich war auch für Yoshua!“ Das hörte sich vorhin aber noch ganz anders an. „Nix da mit Zahltag, was hatte ich euch über Wetten gesagt?“ Denzil, als letzter im Bunde, hatte nun auch Position bezogen und schaute uns fragend an. „Wir dürfen keine Wetten abschließen...“, kleinlaut standen die anderen da und ich fragte mich, was da schon wieder abging. „Und welche Strafe steht darauf?“ „Willst du echt alle bestrafen? Wir haben doch alle mitgemacht.“, mischte ich mich nun ungefragt in das Gespräch ein. „Yoshua. Psst!“ Doch zu spät. Denzil hatte seine gesamte Aufmerksamkeit nun auf mich gerichtet. „Du kannst auch gern die Strafe für alle auf dich nehmen.“ „Nee, lass mal. Sag mir lieber erst mal, welche Strafe sonst kommen würde, kenn mich ja mit den Regeln hier noch überhaupt nicht aus.“ „Dein Ton gefällt mir überhaupt nicht. Ich überleg mir noch eine angemessene Strafe für dich. Aber um deine Frage zu beantworten. Eigentlich wollte ich euch nur Fernsehverbot verpassen.“ „Nein!“ Dieser erstickte Laut kam von Eric. „Morgen kommt das Endspiel der Nationalliga! Wenn ich das nicht schauen kann, dann zerbrech’ ich irgendwas, vorzugsweise deinen Hals.“ Warum schaute er denn nun mich an? Ich verstand nur noch Bahnhof. Was hatte ich denn gemacht, dass die sich alle mich als Opfer aussuchten? Die Wette war ja wohl auf seinem Mist gewachsen! „Fernsehverbot. Meinetwegen.“ Das war mir sowieso egal. Kam doch eh immer der gleiche Scheiß. „Und jetzt alle ab ins Bett! Wenn ich noch einen nach 23 Uhr hier auf dem Flur erwische, bleibt es nicht beim Fernsehverbot.“ Denzil schaute uns noch einmal einen nach dem anderen an und wartete, dass wir zustimmend nickten. Nur von Eric fing er sich einen wuterfüllten Blick ein, doch dieser hielt sich gerade so zurück. „Das ist ja noch mal gut gegangen. Denzil ist sonst viel strenger. Erst seitdem ihr da seid, ist er so nachsichtig. Könnt ihr nicht für immer bleiben?“ Nur über meine Leiche! Lucky hatte das wahrscheinlich sogar ernst gemeint…wollte er wirklich für immer hier bleiben? Und was hatte er eigentlich angestellt, dass er hier gelandet war? Das passte doch überhaupt nicht zu ihm. Doch das Gleiche hatte ich ja auch von Thomas gedacht. „Gute Nacht, Kleiner. Schlaf schön.“ Zum Abschied knuddelte er mich noch einmal und nun war ich doch müde von der ganzen Aufregung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)