Der Feuerdämon von traumherz (Wichtelgeschichte für Jubes) ================================================================================ Kapitel 1: Tauwetter -------------------- Es war totenstill, wenn man von dem seichten Plätschern absah, das von auf den Boden tropfendem Benzin verursacht wurde. Die vermummte Gestalt, die immer mehr von der Flüssigkeit über den leblosen Körper kippte, lächelte erfreut. Heute war ein voller Erfolg gewesen. Er hatte wieder eine erwischt. Perfekt. Noch ein letztes Mal musterte er die Oberschülerin. Lange, dunkle Haare, schlank, blaue Augen, die ihn flehend anblickten – doch er würde kein Erbarmen zeigen, auch diesmal nicht. Das hatte er noch nie getan. Sie sollten brennen. Sie alle sollten in der Hölle schmoren. Das Feuer der Hölle würde sie vernichten. Andächtig nahm er ein Feuerzeug aus seiner Tasche und entzündete es. Der Blick des regungslosen Mädchens wurde flehender, als ihre Augen sich weiteten, doch sie flehte nicht, sie schrie nicht. Sie konnte sich nicht rühren – dafür hatte er gesorgt. Doch sie würde spüren, wie die Flammen sie vernichten würden. So, wie sie es verdiente. Achtlos warf er das Streichholz zu Boden und entfernte sich schnell. Wieder eine mehr… Als Conan Edogawa am nächsten Morgen die Zeitung studierte, fiel ihm natürlich gleich die Schlagzeile ins Auge: WIEDER EIN OPFER DES FEUERDÄMONS! Daneben das Foto einer schrecklich verbrannten Leiche. Angewidert starrte er das Foto an. Wie konnte jemand nur einen solch starken Hass auf jemanden haben, dass man solch schreckliche Verbrechen beging? Sicher, er verstand Verbrecher generell nicht, doch dieser Serienmörder war wieder einmal besonders abscheulich. Das Mädchen war nun schon die vierte Oberschülerin innerhalb von zwei Wochen, die es erwischt hatte, und es gab noch keine Spur von dem Feuerdämon, wie er sich selbst nannte. Jedes Mal war es die gleiche Vorgehensweise: Junge, braunhaarige Oberschülerin verschwand spurlos und wurde am nächsten Tag verbrannt aufgefunden. Natürlich war die vollkommen verbrannte Leiche von letzter Nacht noch nicht identifiziert worden, doch Conan war sich mit der Presse vollkommen einig darüber, dass es die am Vortag verschwundene Oberschülerin Sachiko Tachikawa sein musste. Dieser Irre musste endlich aufgehalten werden… nicht zuletzt hatte Conan auch ein persönliches Interesse daran, den Typen aus dem Verkehr gezogen zu wissen, denn all die Mädchen, die verschwunden und getötet worden waren, hatten eine starke Ähnlichkeit mit Ran gehabt – und er fühlte sich ganz und gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass Ran möglicherweise eines seiner nächsten Opfer werden würde. Doch glücklicherweise hatte Inspektor Megure Kogoro bereits um Hilfe gebeten, so dass Conan hoffte, dass er bald eine Spur von dem Täter finden würde, auch, wenn sich dies als gar nicht so einfach erweisen würde, da war er sich jedenfalls schon einmal vollkommen sicher. Das Klingeln an der Tür riss den geschrumpften Detektiv schließlich aus seinen Gedanken. Schnell öffnete er und niemand anderes als Inspektor Megure und Takagi traten ein. „Guten Tag“, begrüßte er die beiden, „Was machen Sie denn hier?“ „Hallo Conan“, erwiderte der Inspektor den Gruß, „Wir wollen mit Mori sprechen.“ Wie auf Kommando betrat besagter Detektiv dann auch plötzlich den Raum. „Ah, Herr Inspektor! Ich nehme an, dass Sie hergekommen sind, um meine bescheidenen Künste in Anspruch zu nehmen?“ Ein selbstgefälliges Grinsen trat auf das Gesicht des schlafenden Kogoros, „Natürlich helfe ich Ihnen gerne weiter, was diesen irren Serienkiller angeht! Überlassen Sie einfach alles mir und Sie werden sehen, dass ich diesen Typen schneller gefunden haben werde, als Sie gucken können!“ Er lachte und nicht ohne gewissen Triumph bemerkte Conan den genervten Ausdruck, der in Megures Augen lag. Offensichtlich gefiel es diesem ganz und gar nicht, Mori eingeschaltet zu wissen – doch andererseits sprachen dessen gelöste Fälle eben doch irgendwie für sich und vielleicht konnte es ja doch nicht schaden, ihn in im Team zu wissen. Vollkommen gleich, was für ein selbstgefälliger Kretin Mori doch in den Augen des Inspektors war. „Ja, so in etwa“, entgegnete Megure knapp, „Also, setzen wir uns am besten. Wir erzählen Ihnen alles, was Sie wissen müssen.“ Für Conan klang diese Äußerung mehr nach „Bringen wir es endlich hinter uns.“ als nach „Machen wir uns an die Arbeit, damit wir den Typen endlich schnappen können.“, doch er konnte auch nicht behaupten, dass es ihn wirklich überrascht hätte. So setzten sich die drei Männer an den kleinen Tisch in der Detektei, während Conan natürlich ganz in der Nähe blieb – immerhin gab es einen Fall zu lösen und da die drei ihn wohl kaum direkt in alles einweihen würden, musste er sich wieder einmal unauffällig verhalten, um möglichst viele Informationen erhaschen zu können. „Wie Sie wissen, sind die Opfer alle Oberschülerinnen gewesen. Der Täter scheint sich nicht auf eine bestimmte Oberschule festgelegt zu haben, denn sie gingen nicht alle auf die gleiche. Sie alle waren allerdings siebzehn Jahre alt, hatten langes, dunkles Haar und blaue Augen. Die Opfer sind alle ungefähr gleich groß und sie alle wurden wohl gegen Abend entführt. Der Todeszeitpunkt trat bei allen Opfern etwa vierundzwanzig Stunden nach ihrem Verschwinden ein. In allen vier Fällen wurden die Opfer offenbar zunächst mit Phenobarbital und Diazepam betäubt, waren allerdings bei Bewusstsein, als sie angezündet wurden.“ Es war einen Moment vollkommen still im Raum, nachdem Takagi die Tatsachen erläutert hatte. Zwar waren alle Anwesenden mit schrecklichen Verbrechen vertraut, doch das bedeutete noch lange nicht, dass es irgendjemandem von ihnen gleichgültig gewesen wäre, was dieser schreckliche Irre tat – eher im Gegenteil. „Gab es irgendeine Verbindung zwischen den Opfern?“, fragte Conan schließlich, der als erstes wieder die Stimme erhob. „Nein. Sie hatten unterschiedliche Hobbies und kannten sich untereinander offenbar auch nicht. Opfer zwei und vier besuchten zwar die gleiche Schule, ebenso wie Opfer eins und drei auf die gleiche Schule gingen, doch sie waren nicht miteinander befreundet oder etwas in der Art. Opfer eins war sehr musikalisch, Opfer Nummer zwei in der Theater AG ihrer Schule, Opfer drei war politisch sehr interessiert… sie alle hatten zwar irgendein mehr oder weniger besonderes Hobby und standen auch schon mindestens einmal wegen irgendeiner Sache in der Zeitung, doch es gab keine wirkliche Verbindung zwischen ihnen“, erläuterte Takagi. Conan dachte nach. Wenn es wenigstens irgendeine Verbindung gegeben hätte… doch wenn der Täter seine Opfer scheinbar vollkommen wahllos ausgesucht hatte, dann würde diese Tatsache es wohl nur noch schwieriger machen, ihn zu finden. „Die einzige Verbindung zwischen den Mädchen war also ihr Alter und ihr Aussehen?“, fragte Kogoro noch einmal. Seine Stimme zitterte ein wenig – es war offensichtlich, dass auch er sich Gedanken machte, weil Ran augenscheinlich so gut in das Schema des Täters gepasst hätte. Megure nickte. „Ja, so ist es.“ „Na gut, warten Sie ab, ich werde den Kerl in null Komma nichts finden! Wahrscheinlich stellt er sich schon freiwillig, wenn ihm zu Ohren kommen sollte, dass der berühmte Kogoro Mori sich mit dem Fall befasst!“ Wieder dieses selbstgefällige Lachen, welches alle Anwesenden nur zu gut von Kogoro kannten. Conan versuchte jedoch, sich nicht wieder darüber aufzuregen. Sie mussten diesen Killer finden – so schnell wie möglich, bevor er ein neues Opfer finden würde. Mit einem leichten Seufzen betrachtete Ran ihr Handy. Es war schon wieder eine ganze Weile her, seit Shinichi sich bei ihr gemeldet hatte und sie musste zugeben, dass sie sich langsam wieder ziemliche Sorgen um ihn machte. Was konnte das denn bloß für ein Fall sein, in den er so tief verstrickt war, dass er sich so sehr von ihr fern hielt? Langsam kam es ihr wirklich so vor, als würde er sich aus einem besonderen Grund fernhalten, als wollte er sie auf Abstand halten, weil irgendwelche besonderen Umstände es erforderten. Doch was konnte das bloß sein? Was veranlasste ihn denn bloß dazu, sich nur noch selten bei ihr zu melden und immer nur kurz aufzutauchen, um dann wieder plötzlich zu verschwinden? Und überhaupt: Wieso war er damals so plötzlich verschwunden? Auf einmal war er weg gewesen, ohne nach außen hin irgendwie ersichtlichen Grund. Wann würde sie endlich erfahren, was mit ihm geschehen war? Warum konnte er ihre Fragen nicht einfach beantworten? Und noch immer kam es Ran sehr merkwürdig vor, dass Conan an genau dem Tag aufgetaucht war, an dem Shinichi verschwunden war. Und jedes Mal, wenn sie sich sicher war, dass Conan und Shinichi ein und dieselbe Person sein mussten – oder dass sie auf jeden Fall mehr miteinander zu tun hatten, als es den Anschein hatte – tauchten irgendwelche Belege auf, die es eigentlich unmöglich machten, dass sie eine Person waren. Und überhaupt, wie hätte das gehen sollen? Sie waren hier nicht in irgendeinem Science Fiction Roman, das hier war die Realität… und doch, Ran konnte das Gefühl, dass mit Conan etwas ganz und gar nicht stimmte, einfach noch immer nicht loswerden. Vielleicht sah sie auch nur Gespenster, doch sie hatte sich fest vorgenommen, irgendwann noch herauszufinden, was hier gespielt wurde. Und überhaupt: Wo steckte Conan eigentlich schon wieder? Stirnrunzelnd blickte Ran zur Tür, die zum Büro ihres Vaters führte. Sie wusste, dass Inspektor Megure da war, um mit ihrem Vater über diese schrecklichen Serienmorde zu sprechen, war Conan etwa auch dort? Sollte er doch nur ein gewöhnliches Kind sein, so war dies wirklich kein Thema für ihn, schließlich wollte nicht einmal Ran selbst darüber nachdenken. „Conan?“, rief sie, doch sie erhielt keine Antwort. Wieder löste sich ein Seufzen von ihren Lippen, bevor sie sich schließlich auf das Büro ihres Vaters zu bewegte. Sie würde nun doch einmal nachsehen, denn sie wollte wirklich nicht, dass Conan immer wieder mit diesen Dingen konfrontiert wurde, auch, wenn er bisher nie ein Problem mit diesen schrecklichen Dingen zu haben schien. Und auch das machte sie stutzig: Welcher Grundschüler konnte denn bitte so ruhig bleiben, wenn er eine Leiche sah? Doch vollkommen gleich, wie viel sie darüber nachdachte, es würde nichts bringen. Solange sie keinen handfesten Beweis dafür in die Hand bekommen würde, dass es sich bei Conan und Shinichi um dieselbe Person handelte, konnte sie ihn auch nicht zur Rede stellen. Natürlich waren Kogoro, Megure und Takagi noch nicht weiter gekommen und auch Conan tappte noch immer völlig im Dunklen. Sie hatten keine Spur. Es gefiel keinem von den im Raum Anwesenden, doch leider war dies eine unumstößliche Tatsache. Die Art, wie die Tatorte ausgewählt wurden, war ihnen nicht klar, und auch nicht, warum er ausgerechnet diese Opfer ausgewählt hatte. Wenn sie nicht wenigstens etwas über diesen Täter oder zumindest über seine Vorgehensweise herausfinden würden, dann würden sie vermutlich auch seinen nächsten Mord nicht verhindern können – und niemand konnte sagen, wie viele es noch sein würden. „Wo waren denn die Tatorte?“, fragte Conan schließlich noch einmal nach. Vermutlich würde es ihnen nicht weiter helfen, womöglich waren sie wahllos ausgesucht, doch es war einen Versuch wert. In der Tat fiel Conan nichts weiter auf, als er auf die markierte Karte blickte, die Megure ihm zeigte. „Interessant, auf welche Dinge du wieder kommst“, hörte Conan plötzlich Rans Stimme hinter sich, „Aber es reicht jetzt, Conan, das ist nicht das Richtige für dich!“ Er hatte sie gar nicht kommen hören. Er war einfach viel zu vertieft in den Fall gewesen. „Bitte, Ran, nur noch zehn Minuten…“ „Nein, keine Widerrede, das sind wohl kaum die richtigen Themen für einen Grundschüler!“ Und ohne, dass er irgendetwas dagegen unternehmen konnte, hatte sie ihn auch schon hochgehoben und aus dem Raum getragen. Conan musste ein Seufzen unterdrücken. Wie er es doch hasste, so klein zu sein! Wie sollte er so denn den Mörder finden? Es war sowieso schon schwierig genug und man musste sich in diesem Fall an jeden Strohhalm klammern, auch ohne dass Ran ihn jetzt auch noch aus dem Raum geholt hatte. „Du solltest wirklich nicht immer bei Paps bleiben, wenn es um seine Fälle geht. Dafür bist du noch zu klein“, meinte Ran mit Nachdruck, „Nicht wahr?“ Irgendetwas an der Art, wie sie die Frage nachschob, gefiel dem geschrumpften Oberschüler ganz und gar nicht. Es klang danach, als würde mehr dahinter stecken, als auf den ersten Blick betrachtet da zu sein schien. Vermutlich war sie wieder einmal kurz davor, hinter sein Geheimnis zu kommen – zumindest erinnerte ihn die Art, wie sie diese rhetorische Frage gestellt hatte, doch sehr stark an die letzten Male, als sie ihn verdächtigt hatte, Shinichi zu sein. „Vielleicht… aber ich finde es einfach immer so interessant, deinem Vater zuzuhören, wie er seine Fälle löst!“ Er schwieg einen Moment, setzte seine beste kindliche Mine auf und fügte möglichst begeistert hinzu: „Wenn ich groß bin, dann möchte ich ein genauso guter Detektiv werden wie er! Er ist mein Vorbild!“ Natürlich war das so weit von der Wahrheit entfernt wie die Erde vom Pluto, doch es klang immerhin schon mal nach einem guten Kinderwunsch – also genau das, was er brauchte. Rans Gesichtsausdruck zufolge war sie jedoch nicht besonders überzeugt, auch, wenn sie es ihm nicht deutlich zeigte. Er wusste einfach, dass es so war. „Du, Ran? Mir fällt gerade ein, dass Professor Agasa wieder ein neues Videospiel hat… das muss ich unbedingt ausprobieren!“ Sie wollte noch widersprechen, ihn aufhalten, doch wie gewohnt verschwand Conan so schnell, dass sie ihm kaum noch mit ihren Blicken folgen konnte. Wieder seufzte die Oberschülerin. Sie hatte langsam wirklich genug! Irgendetwas stimmte nicht – und sie würde jetzt endlich herausfinden, was es war… Fest entschlossen nahm sie ihre Jacke, zog ihre Schuhe an und folgte Conan möglichst unauffällig. Sie würde schon noch herausfinden, was er ihr verheimlichte… Conan klingelte. Vielleicht konnte er beim Professor einige Informationen über den neuen Fall sammeln – und darüber hinaus würde er ihm erzählen können, dass Ran ihn vermutlich wieder einmal verdächtigte. Vielleicht sollte er auch gleich mit Ai sprechen, um sie zu bitten, ihm noch eine Kapsel von dem Prototyp ihres Gegengifts zu geben. Dieses wirkte zwar bestenfalls nur vierundzwanzig Stunden, doch es würde hoffentlich reichen, um Ran wieder einmal von ihrem Verdacht abzulenken. Einen besseren Plan hatte er jedenfalls nicht, immerhin konnte er sich schlecht in zwei Teile aufspalten – und leider sah es auch nicht danach aus, als würde Ai bald ein endgültiges Gegengift fertig gestellt haben – mal ganz abgesehen von den Gefahren, die es wohl mit sich bringen würde, wenn er in sein altes Leben zurückkehrte, solange er es noch nicht geschafft hatte, der Organisation das Handwerk zu legen. Nein, erst einmal würde er wohl noch eine Weile in der Gestalt von Conan Edogawa ausharren müssen, so wenig ihm dies auch gefallen mochte. Es dauerte nicht lange, bis niemand anderes als Ai ihm die Tür öffnete. „Ah, sieh an, du lässt dich also auch wieder mal blicken.“ Ein leichtes Lächeln trat auf das Gesicht der geschrumpften Wissenschaftlerin, während sie beiseite trat, um ihn einzulassen. Conan überging den Kommentar. In der Tat war er schon seit über einer Woche nicht mehr hier gewesen, was für seine Verhältnisse ziemlich lang war, doch aufgrund vieler Fälle von Kogoro, bei denen er dabei gewesen war, hatte er einfach keine Zeit gehabt. So gingen die beiden Geschrumpften ins Haus zu Professor Agasa, welcher gerade an einer seiner neuesten Erfindungen bastelte. Diese hatte rein optisch starke Ähnlichkeiten mit einer Schweinenase, doch Conan machte sich nicht die Umstände, nachzufragen, worum es sich diesmal handelte. Wäre diese Erfindung für ihn bestimmt gewesen, hätte der Professor ihm schon vorher erzählt, dass er etwas in Arbeit hatte – und er war schließlich aus anderen Gründen hierher gekommen. „Ah, Shinichi!“, begrüßte der Professor ihn freundlich, „Freut mich, dich zu sehen. Was führt dich zu mir?“ Mit einem frustrierten Seufzen ließ sich der ehemalige Oberschüler auf dem Sofa nieder. „Leider mehrere Umstände. Ich bräuchte Ihre Hilfe in einer Angelegenheit. Es geht um den aktuellen Serienmörder.“ „Um den Feuerdämon?“ Natürlich hatte auch Agasa schon von diesem Täter gehört, immerhin machte dieser seit etwa zwei Wochen Schlagzeilen in der Presse. Conan nickte. „Ganz genau. Ich weiß, es ist schwer, weil es offenbar einfach keine Informationen über ihn gibt, auch die Polizei tappt schließlich noch ziemlich im Dunklen, aber vielleicht finden Sie ja dennoch etwas, womit ich was anfangen kann… ich muss diesen Verrückten einfach endlich finden, damit ich ihn aufhalten kann.“ Der Professor nickte. „Natürlich, ich werde gleich mal gucken, ob ich nicht im Internet etwas über ihn herausfinden kann.“ Zwar bezweifelte Conan, dass dies etwas bringen würde, doch trotzdem war es einen Versuch wert. Allerdings hatte die Polizei dies mit Sicherheit auch schon versucht und so hätte er wohl schon davon gewusst, wenn dort irgendetwas zu finden gewesen wäre. „Das ist aber leider noch nicht alles“, meinte er schließlich langsam, „Ich fürchte, dass Ran wieder einmal etwas ahnt.“ Nun war es an Ai zu seufzen. „So, wie du mich ansiehst, kann ich mir schon gut denken, was du willst. Leider muss ich dir sagen, dass ich das Gegengift noch immer nicht fertig habe.“ „Das habe ich mir schon gedacht, aber hast du nicht vielleicht noch einen der Prototypen?“ Sie nickte langsam. „Ja, schon, aber ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, wenn du die schluckst… du weißt, was ich davon halte. Das Gegengift ist in der Testphase und nicht besonders ausgereift. Und auch, wenn es bisher nie zu irgendwelchen Komplikationen gekommen ist, so ist es doch möglich, dass dein Körper unerwartet darauf reagieren könnte. Du solltest dir vielleicht lieber etwas anderes einfallen lassen.“ Conan schüttelte den Kopf. „Ich wünschte, dass es so einfach wäre, doch leider kann ich Ran nicht anders von ihrem Verdacht ablenken. Ich bin froh, wenn das überhaupt noch einmal klappt, immerhin hat sie schon so oft etwas vermutet… es wäre einfach viel leichter, wenn ich ihr alles sagen könnte…“ Für diesen Satz erntete der Grundschüler nur ein Schnauben von der Forscherin. „Du weißt ebenso gut wie ich, dass das nicht geht. Damit würdest du sie nur in Gefahr bringen und ich denke nicht, dass du das Risiko eingehen möchtest. Solange die Organisation nicht vernichtet ist – falls das denn überhaupt jemals gelingen sollte – kannst du ihr nicht sagen, wer du bist, Kudo. Es sei denn, du möchtest das Risiko eingehen, dass sie sie finden.“ Der Bebrillte erschauderte. Nein, das war natürlich das letzte, was er wollte, obgleich es ihm vieles erleichtert hätte. Und doch wusste er, dass Ai vollkommen Recht hatte. Allein schon die Vorstellung, dass Ran etwas zustoßen könnte, weil er sie nicht weiterhin auf Abstand gehalten hatte, war einfach nur schrecklich. „Von was für einer Organisation redet ihr da?“ Erschrocken hielt Conan in seiner Bewegung inne, als er diese ihm nur zu bekannte Stimme vernahm. Ran. Nein, das ging nicht. Wie kam sie hierher? Sicher, sie hatten die Tür nicht abgeschlossen oder dergleichen, so dass sie von außen zu öffnen gewesen war, doch warum war sie hier? War sie ihm gefolgt? Und warum hatten sie sie nicht gehört? Hatte sie sich etwa so leise angeschlichen, dass niemand von ihnen gemerkt hatte, dass sie gekommen war? Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren, versuchte, sich irgendeine Erklärung einfallen zu lassen, um Ran abzulenken, doch er wusste bereits in diesem Moment, dass es nichts werden würde. In dem Moment, in dem er ihren Blick sah, wusste Conan schon, dass es keinen Zweck mehr hatte zu lügen. In ihren Augen lag Wut, Enttäuschung, Kälte… so viele Dinge, von denen er gehofft hatte, dass Ran sie ihm niemals entgegenbringen würde, obgleich ihm schon immer klar gewesen war, dass sie ihm vermutlich niemals verzeihen würde, dass er sie so lange belogen hatte. Und auch, wenn er wusste, dass es nichts brachte, zu lügen, musste er es doch versuchen. Er musste versuchen, sie weiterhin zu belügen, damit er sie noch ein bisschen beschützen konnte. Noch etwas länger. Nur so lange, bis er endlich die Organisation zerschlagen haben würde. „Ach, das war nur… Ai und ich haben nur gespielt.“ Er griff sich verlegen an den Kopf, gab sich Mühe, möglichst kindlich zu klingen, auch, wenn es ihm besonders in diesem Moment sehr schwer fiel. „Ich spiele Shinichi und sie spielt… eine supercoole Agentin vom FBI!“ Eine dämliche Ausrede, doch es war das Einzige, was ihm auf die Schnelle eingefallen war. Alle drei Augenpaare, die sich außer ihren eigenen noch im Raum befanden, waren auf die Oberschülerin gerichtet, welche nun nur schnell den Kopf schüttelte. „Willst du mich etwa für dumm verkaufen? Ich habe alles gehört, Shinichi! Ich wusste die ganze Zeit schon, dass du es bist! Du konntest einfach nur Shinichi sein! Du bist aufgetaucht, als er verschwunden ist, du siehst aus wie er, du verhältst dich wie er, du singst genauso miserabel wie er, es stimmt alles überein! Ich verstehe zwar nicht, wie es möglich ist, dass du rund zehn Jahre jünger bist als du sein müsstest, aber ich weiß, dass es die Wahrheit ist. Also sei verdammt noch mal endlich ehrlich zu mir und sag mir, was hier gespielt wird! Von was für einem Gegengift habt ihr gerade gesprochen? Und welche Organisation? Warum sollte ich in Gefahr sein, wenn du mir die Wahrheit sagst? Ich will es wissen, Shinichi!“ Mit jedem Wort, das Ran sprach, wurde sie lauter und ihre Augen weiteten sich. Mit langsam Schritten bewegte sie sich auf ihn zu, fast schon wie in Trance, wenngleich sie viel weniger apathisch wirkte als man es von einem Menschen in Trance erwarten würde. Und doch wirkte sie, als würde sie von irgendeiner höheren Gewalt oder dergleichen gesteuert werden und nicht mehr, als würde sie sich aus eigener Kraft auf den Jungen zu bewegen. „Ihr verheimlicht mir etwas! Ich wusste die ganze Zeit, dass es so ist! Und du hast mich immer wieder angelogen, du….-“ Ran brach ab. Ihre Stimme zitterte und sie musste sich beherrschen, nicht in Tränen auszubrechen. Doch sie wollte nicht weinen, nicht jetzt, nicht vor Shinichi, nicht, nachdem er sie so lange belogen hatte. Zwar hatte Ai eben gerade gesagt, dass er sie mit der Wahrheit in Gefahr bringen würde, doch das war ihr in diesem Moment vollkommen gleich. Man hatte ihr ja nicht einmal irgendeine Wahl gelassen. Er hatte ihr einfach gar nichts gesagt und sie stattdessen lieber im Dunklen tappen lassen. „Du hast mich belogen, die ganze Zeit über! Wie konntest du das bloß machen?!“ „Ran…“, setzte Conan nun erstmals an, der endlich seine Sprache wieder gefunden hatte, doch die Angesprochene fiel ihm gleich wieder ins Wort: „Nein, hör auf, ich will nichts mehr hören! Ich will es nicht hören, verstehst du? Ich habe genug Lügen von dir bekommen, Shinichi! Du bist doch Shinichi!“ Sie hockte nun direkt vor Conan, der inzwischen vom Sofa aufgestanden war und musste sich stark beherrschen, ihn nicht stark durchzuschütteln, um die Wahrheit am besten einfach aus ihm herauszuschütteln. „Ich will jetzt endlich die Wahrheit!“ „Ran…“, fing nun auch der Professor an. „Oh nein, halten Sie sich da raus! Ich dachte, dass ich Ihnen vertrauen könnte! Sie wussten, was für Sorgen ich mir die ganze Zeit über um Shinichi gemacht habe, und sie wussten die ganze Zeit, dass er…-“ Sie blickte nun wieder zu dem Geschrumpften. „Er wusste, dass du Shinichi bist. Wer wusste es noch alles? Sag, wer hat mich alles belogen? Ich will wissen, was hier gespielt wird, Shinichi!“ Nun schüttelte sie ihn doch. Sie wollte das nicht, wollte ihm nicht weh tun, doch sie konnte es einfach nicht abstellen. Wahrscheinlich wirkte sie in diesem Moment vollkommen wie von Sinnen, doch sie konnte nichts dagegen machen, es war, als würde irgendjemand sie steuern. „Du verhältst dich wie eine übergeschnappte Irre“, gab Ai nun kühl von sich. Die Augen der Brünetten weiteten sich nun wieder, während sie das rotblonde Mädchen ansah. „Was?“ „Du hast mich schon verstanden. Du benimmst dich wie eine Irre. Merkst du nicht, dass du ihm wehtust?“ Irgendetwas an der Art, wie Ai mit ihr sprach, machte Ran nur noch umso zorniger, es gefiel ihr nicht, wie sie Shinichi in Schutz nahm, diesen Lügner, doch sie hatte nicht auch noch die Kraft, um wütend auf Ai zu sein. „Wer bist du eigentlich? Bist du auch kein Kind, hm? Ist irgendjemand hier der, der er vorgibt zu sein?“ Rans Stimme nahm nun eine Kälte an, die sie selbst gar nicht kannte. Die Worte sprudelten einfach so hervor, ohne, dass sie irgendwie darüber nachdachte. „Ran, ich kann dir alles erklären…“, hauchte Conan schließlich, „Aber ich halte das für keine gute Idee… es ist wirklich sicherer, wenn du… versuchst, das hier zu vergessen. Tu so, als hättest du niemals etwas davon erfahren, es ist… sicherer für dich, verstehst du mich? Ich wollte dich doch nur schützen…“ Ein humorloses Lachen drang aus Rans Kehle, während sie ihn wieder ansah. „Wenigstens bist du jetzt ehrlich. Aber ich wollte deinen Schutz nicht, Shinichi! Ich wollte einfach nur die Wahrheit wissen! Warum hast du das bloß getan?“ Ihre Stimme wurde immer schwächer, brüchiger. „Warum hättest du mir nicht einfach vorher die Wahrheit sagen können…? Du hast alles kaputt gemacht. Jetzt weiß ich nicht mehr, wann in deinem Leben du wohl jemals ehrlich zu mir warst. Ich kenne dich nicht mehr, Shinichi. Und ich weiß auch gar nicht, ob ich dich überhaupt noch kennen möchte.“ Mit diesen Worten verließ sie schnell das Haus. „Ran! WARTE!“, rief Conan noch, doch alles, was als Antwort folgte, war das Knallen der Haustür. Mit trüben Blick blickte er auf die Stelle, wo Ran noch eben gestanden und ihn beschimpft hatte. Das hier war in gewisser Weise der Anfang vom Ende, so viel stand für ihn schon jetzt fest. Das hier konnte er nicht einfach wieder gerade biegen. Das, was zwischen ihnen gewesen war, schien nun eingefroren zu sein, kalt wie Eis. Und irgendwann würde jemand einfach alles kaputtschlagen und es würde so sein, als wäre niemals irgendetwas da gewesen. Ran konnte einfach nicht glauben, was sie gerade eben gehört hatte. Auch, wenn sie schon lange vermutet hatte, dass Conan und Shinichi ein und dieselbe Person waren, so hatte sie doch immer ein Fünkchen Hoffnung im Hinterkopf gehabt, dass sie sich vielleicht irrte, dass er sie nicht belog. Sicher, anscheinend hatte er es getan, um sie vor irgendetwas zu schützen, doch trotzdem war sie unglaublich wütend und vor allem enttäuscht. Warum hätte er ihr nicht trotzdem die Wahrheit sagen können? Er musste doch gewusst haben, welche Sorgen sie sich um ihn gemacht hatte! Und dann all die Dinge, die sie Conan im Vertrauen erzählt hatte, weil sie ihn wie einen kleinen Bruder behandelt hatte… in Wirklichkeit hatte sich Shinichi wahrscheinlich prächtig über ihre Gefühle amüsiert. Zwar dachte sie eigentlich nicht so schlecht von ihm, doch bisher hatte sie auch nie sicher gewusst, dass Conan wirklich Shinichi war. Vielleicht kannte sie ihn einfach nicht mehr richtig – oder vielleicht hatte sie ihn auch niemals wirklich gekannt, immerhin hätte sie ihm auch niemals zugetraut, dass ausgerechnet er sich irgendwann einmal so tief in einen Sumpf von Lügen verstricken könnte. Tränen liefen ihr über die Wangen, endlich konnte sie ihnen freien Lauf lassen, nachdem sie eben nicht hatte weinen wollen. Sie hatte sich ihm gegenüber nicht schwach vorkommen wollen, nachdem er sie so übel hintergangen hatte. Tief in ihre Gedanken versunken bemerkte sie nicht, dass sie nicht alleine auf ihrem Weg nach Hause war… Da war wieder eine von ihnen. Langes, braunes Haar, augenscheinlich eine Oberschülerin. Er hatte sie schon einmal gesehen, als er sich vor der Teitan Oberschule aufgehalten hatte, um sich sein nächstes Opfer auszusuchen. Sah ganz danach aus, als sei er endlich fündig geworden… Ein wahnsinniges Lächeln trat auf sein Gesicht, während er das Mädchen verfolgte. Sie war perfekt. Sie sah aus wie die anderen und sie musste im gleichen Alter sein. Bestimmt war sie wie die anderen. Sie waren doch alle gleich gewesen. Am liebsten hätte er jedes Mädchen in dieser verdammten Stadt, das so war wie sie, getötet. Und er würde nicht Halt machen, bevor er sich nicht zufrieden fühlte. Er würde nicht wieder glücklich werden können, doch vielleicht würde er irgendwann genügend Vergeltung geübt haben um zumindest ansatzweise zufrieden zu sein. Schließlich versuchte er, seine Gedanken einfach abzuschütteln. Er wollte nicht darüber nachdenken, er wollte nicht daran denken, was ihm angetan worden war. Jetzt ging es nur darum, die nächste von ihnen zur Strecke zu bringen – und er würde erfolgreich sein, immerhin war er dies die letzten Male auch gewesen. Es waren keine Menschen in der Nähe – perfekt, denn das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, waren lästige Zeugen. Nicht gerade jetzt, wo doch alles so gut lief. Mit schnellen, doch fast lautlosen Schritten schlich er sich an sein nächstes Opfer heran, das mit Chloroform getränkte Tuch fest in seiner Hand haltend. Erst einmal musste er sie nur betäuben, damit er sie mitnehmen konnte. Noch immer lächelnd griff er nun nach ihr, betäubte das Mädchen. Natürlich versuchte sie im ersten Moment noch, sich zu wehren, doch sie hatte keine Chance. Keines der Opfer hatte diese bisher gehabt. Schnell zog er sie in eine Seitenstraße. Jetzt würde er sie erst einmal an den Ort bringen, an dem sie sterben würde… Unruhig lief Conan auf und ab. Er hatte mehrmals versucht, Ran auf dem Handy zu erreichen, doch natürlich hatte sie nicht abgenommen. Er hatte im Grunde genommen auch gar nicht erwartet, dass sie mit ihm sprechen würde, doch trotzdem hatte er gehofft, dass sie zumindest kurz abnehmen würde, um ihn zur Schnecke zu machen, denn dann hätte er wenigstens gewusst, dass es ihr den Umständen entsprechend gut ging. So hatte er jedoch keine Ahnung, was mit ihr los war und ob es ihr gut ging. Das gefiel ihm nicht, ganz besonders nicht jetzt, wo irgendwo dort draußen noch immer ein Serienmörder sein Unwesen trieb, in dessen Opferschema Ran auch noch ziemlich gut zu passen schien. „Verdammt!“, rief er aus und kickte gegen einen Stuhl, bereute dies jedoch sofort, da ihm der Fuß dadurch wehtat. Bis auf dass der Stuhl stark zu wackeln anfing, geschah jedoch nichts. Grummelnd wandte er sich dem Professor zu, der sich inzwischen dem Internet zugewandt hatte. Was die Sache mit Ran anging, konnte er gerade nichts mehr machen, denn er hatte sie aus den Augen verloren und vermutlich würde sie jetzt sowieso nicht gleich nach Hause kommen, um nicht das Risiko einzugehen, ihm zu begegnen, weshalb er beschlossen hatte, sich erst einmal um das andere Problem zu kümmern: Den Serienkiller. Wenn er diesen aus dem Weg wusste, dann würde er sich zumindest schon mal weniger Sorgen um Ran machen müssen, was definitiv seine Vorteile hatte. Dann würde er sich mit ihr aussprechen können und vielleicht würde sie ihm irgendwann sogar verzeihen, auch, wenn er sich das im Moment noch ganz und gar nicht vorstellen konnte. Nicht nach all den Sorgen, die er ihr bereitet hatte… und dann hatte er ihr nicht einmal mehr sagen können, warum er ihr all das angetan hatte. Sie war viel zu schnell weg gewesen als dass er auch nur wirklich die Chance dazu gehabt hätte… „Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich habe etwas gefunden, Shinichi.“ Immerhin etwas. Sofort trat der geschrumpfte Oberschüler an die Seite des Professors um sich anzusehen, was dieser gefunden hatte. „Vor etwa vier Jahren gab es einen ähnlichen Fall schon einmal. Auch dort wurde eine junge Frau auf die gleiche Weise ermordet, allerdings war das in Osaka und sie war auch schon ein paar Jahre älter.“ Professor Agasa blickte seinen jungen Nachbarn an. „Ich weiß nicht, aber kannst du damit etwas anfangen?“ Der Angesprochene zögerte zunächst. „Ich weiß nicht… es könnte etwas mit diesem Fall hier zu tun haben, sicher bin ich mir da allerdings auch nicht. Aber ich werde mal Heiji kontaktieren, vielleicht kann er mir mehr Informationen darüber besorgen.“ Schweigend beobachtete Ai ihren Leidensgenossen, wenn man es denn so nennen mochte. Es war immer wieder beeindruckend, wie schnell er sich wieder in einen Fall vertiefen konnte. Obwohl Ran ihn enttarnt hatte – was Ai wiederum ganz und gar nicht gefiel, weil es sicherlich noch zusätzliche Probleme bedeuten würde – schaffte er es jetzt, seine Gedanken voll und ganz auf das zu richten, was im Moment wahrscheinlich wichtiger war, zumindest insgesamt gesehen. Die Misere mit Ran konnte er später noch klären, doch von seinem Erfolg, was diesen Fall anging, hingen möglicherweise noch mehr Menschenleben ab, denn niemand konnte sagen, wie viele Opfer es noch geben würde, wenn niemand diesen Verrückten aufhalten konnte. Schweigend beobachtete das rotblonde Mädchen, wie der geschrumpfte Detektiv den Raum verließ, um in Ruhe telefonieren zu können. Gewiss würde er es auch diesmal wieder schaffen. Ein leichtes Lächeln trat auf ihr Gesicht. Seit sie ihn kannte, hatte Shinichi Kudo sie noch nie enttäuscht. „Also, was sagst du zu der ganzen Sache?“, fragte Conan, nachdem er seinem besten Freund die ganze Angelegenheit geschildert hatte, „Kannst du dich da an irgendetwas erinnern?“ „Ja, dunkel… es stand in der Zeitung. Unter Hauptverdacht stand damals, wenn ich mich richtig erinnere, der Vater einer Schulkameradin des Mädchens…“ „Ich denke, das Opfer damals war keine Schülerin mehr?“ „War sie auch nicht, als es passiert ist. Aber sie war noch Schülerin, als die Tochter des damaligen Hauptverdächtigen verstorben ist.“ „Was ist passiert?“ „Das wurde niemals so ganz aufgedeckt. Offenbar hatten die beiden mit einigen anderen Mädchen so eine Art Hexenzirkel gegründet.“ Bei diesen Worten Heijis konnte Conan nicht umhin, die Stirn zu runzeln. Hexenzirkel? Was für ein Schwachsinn… „Und was ist nun geschehen?“ „Anscheinend haben die Mädchen gerne Gläserrücken oder etwas in der Art gemacht. Jedenfalls war die Tochter des Hauptverdächtigen damals dann letztendlich der Meinung, ein böser Geist hätte sie verflucht und sie hat sich umgebracht. Es gab Untersuchungen, doch natürlich war ihre Freundin nicht Schuld an der Sache, wie sich herausgestellt hat. Sie hat im Gegenteil zumindest laut eigener Aussage und nach den Worten ihrer Freunde sogar versucht, das Mädchen zu beruhigen und ihr das auszureden, aber es hat nichts gebracht.“ Heiji seufzte leicht. „Etwa eineinhalb Jahre später wurde das Mädchen, das diesen Hexenzirkel gegründet hatte, verbrannt aufgefunden. Es scheint in der Tat in etwa das gleiche Schema zu sein wie bei euren Serienmorden.“ „Und der Vater des anderen Mädchens war unschuldig?“ „Das konnte nicht bewiesen werden. Allerdings konnte auch nicht bewiesen werden, dass er etwas damit zu tun hatte, deshalb musste die Polizei sie am Ende laufen lassen.“ Conan schwieg einen Moment. „Und nun gibt es noch mehr Morde dieser Art, diesmal hier in Tokio… das muss doch einen Zusammenhang haben. Wie ist der Name des Vaters?“ Heiji dachte einen Moment nach. „Shigeru Izumi, glaube ich. Aber das wird dir nichts bringen: Er hat letztes Jahr Selbstmord begangen.“ „Verdammt.“ Wäre da nicht dieses „kleine“ Problem gewesen, dass der Mann bereits tot war, hätte Conan vielleicht endlich so etwas wie eine Spur gehabt, doch so brachte ihm dies nichts. „Was ist mit der Mutter?“ „Kurz nach der Geburt der Tochter verstorben.“ „Geschwister?“ „Einzelkind.“ „Mist. Sonstige Verwandte?“ „Nicht dass ich wüsste.“ Conan seufzte. So würden sie nicht weiter kommen. „Na ja, egal… Danke jedenfalls.“ „Schon okay. Aber sag mal… du hörst dich nicht besonders gut an. Ist etwas passiert?“ „Vergiss es, ist schon in Ordnung.“ „Hört sich aber nicht danach an“, entgegnete Heiji langsam. „Ja, ich weiß… ich erklär es dir ein anderes Mal. Jetzt muss ich erst einmal irgendwie diesen Fall lösen. Danke für deine Hilfe, Heiji.“ Mit diesen Worten legte er schnell auf, ohne noch eine Antwort des Detektivs des Westens abzuwarten und kehrte zum Professor und zu Ai zurück. „Und, hast du etwas herausgefunden, Shinichi?“, fragte der Professor, als der Geschrumpfte zurück gekehrt war, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. „Ich weiß noch nicht. Ich werde erst einmal in die Detektei zurückkehren, vielleicht gibt es dort irgendwelche Neuigkeiten… ich muss es zumindest versuchen.“ Außerdem würde er sich da vergewissern können, ob mit Ran soweit alles in Ordnung war – zumindest, wenn sie doch schon nach Hause gekommen sein sollte. Sollte sie ihrem Vater allerdings erzählt haben, was es mit Conan Edogawa wirklich auf sich hatte, dann würde er sich einem ziemlichen Problem gegenüber sehen – doch es hatte keinen Sinn, sich darüber jetzt schon mehr Sorgen zu machen als unbedingt nötig. Jetzt musste er sich erst einmal weiterhin um den Fall kümmern. Etwa vier Stunden später war es bereits stockduster draußen und Ran war noch immer nicht nach Hause zurückgekehrt. Kogoro war ebenfalls hoch besorgt und hatte bereits bei Sonoko angerufen, doch auch dort war Ran nicht gewesen. Zunehmend in Panik geratend hatte er daraufhin Inspektor Megure eingeschaltet, doch auch dieser hatte ihm nicht weiter helfen können, hatte das Problem allerdings offensichtlich erfasst, da er gleich einige seiner Leute mit der Angelegenheit betraut hatte. Niemand wollte es wahrhaben, doch inzwischen gingen eigentlich schon alle davon aus, dass ihr irgendetwas zugestoßen hatte. Und dennoch versuchte Conan, Rans Verschwinden einen anderen Grund zu geben, er hoffte, dass es nur war, weil sie ihn nicht sehen wollte, doch zugleich wusste er, dass dies nicht der Grund war. Ihr war irgendetwas zugestoßen, was bedeutete, dass sie Ran unbedingt finden mussten – so schnell wie möglich. Wieder und wieder hatte er versucht, Ran anzurufen, ebenso wie Kogoro und auch Eri und Sonoko, die ebenfalls versprochen hatte, sich zu melden, wenn sie etwas von ihrer besten Freundin hören sollte, doch sie hatte keinen der vielen Anrufe entgegen genommen, was auf keinen Fall ein gutes Zeichen sein konnte. Verdammt…, ging es dem Geschrumpften gerade wieder einmal durch den Kopf, während er gemeinsam mit Kogoro die Hinweise betrachtete, die sie hatten. Natürlich hatte er Kogoro und auch die Polizei über das informiert, was er über Heiji erfahren hatte – denn im Moment war alles wichtig – doch sie kamen in dieser Angelegenheit einfach nicht weiter. Zunehmend nervös blickte er nun wieder auf den Stadtplan, auf welchem Inspektor Megure die letzten vier Tatorte markiert hatte. Plötzlich merkte Conan auf und blickte sich das, was er sah, noch einmal genauer an. Das, was scheinbar so wahllos ausgesucht erschienen war, war vielleicht doch gar nicht so wahllos, wie er am Anfang geglaubt hatte… Mit ein paar schnellen Griffen hatte er sich einen Bleistift sowie ein Lineal geschnappt und ein paar Verbindungslinien zwischen den Tatorten gezogen, die Protestrufe von Kogoro ignorierend. Als er fertig war, blickten sie jedoch beide für einen Moment schweigend auf den Stadtplan. Es handelte sich um zwei Verbindungslinien über Kreuz, denn jeweils zwei Tatorte befanden sich auf gleicher Höhe. Doch Conan glaubte nicht, dass es sich um ein Kreuz handelte… er glaubte, nun zu wissen, wo sich der nächste Tatort befinden würde. Er konnte nur beten, dass er damit richtig lag – und vor allem, dass er Ran dort finden würde… denn eine andere Wahl hatte er nicht. Schnell schnappte er sich seine Sachen und rannte aus der Wohnung, ohne Kogoro eine Antwort auf die Frage zu geben, wo er denn jetzt noch hinwolle. Hoffentlich würde er sie retten können, denn wenn Ran etwas zustoßen würde, dann würde er sich dies niemals verzeihen können… Mit einem leisen Stöhnen erwachte Ran und blickte sich um. Wo war sie? Was war passiert? Sie wusste nur noch, dass sie auf einmal jemand von hinten gepackt und ihr ein Tuch auf den Mund gepresst hatte, danach war sie wohl bewusstlos geworden. Jetzt lag sie gefesselt in einer dunklen Lagerhalle oder etwas in der Art und hatte große Angst. Warum hatte sie jemand überfallen…? War es etwa wirklich dieser Serienmörder, von dem im Moment alle redeten…? Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Wenn es wirklich dieser Typ war, dann wusste sie nicht, was sie machen sollte, um sich aus dieser Situation zu befreien… Ihre Karatekünste würden ihr in dieser Sache leider nicht weiterhelfen, denn wenn sie gefesselt war, konnte sie die natürlich nicht anwenden – und auf eine andere Weise konnte sie sich ohnehin nicht wehren, und schon gar nicht in diesem Zustand… „Hallo Mädchen“, hörte sie plötzlich eine kalte Stimme und erschauderte. Ein Mann trat nun in ihr Sichtfeld. Er musste ungefähr im Alter ihres Vaters sein, wahrscheinlich etwas älter, hatte mittellanges, braunes Haar, und machte auf sie irgendwie einen stark verwilderten Eindruck. Er wirkte jedenfalls nicht so, als würde er besonders viel Wert auf sein Äußeres legen. Wieder spürte sie ihr Herz gegen ihre Brust hämmern. Das war er bestimmt. Er blickte sie so hasserfüllt an, so kalt, dabei hatte sie ihm niemals etwas getan, sie hatte ihn schließlich noch niemals zuvor gesehen… „Wer sind Sie…?“, hauchte sie schließlich, ihn noch immer musternd. Ein Frösteln ging über ihren Körper als er seine Mundwinkel zu ihrem dreckigen Lächeln verzog. „Mein Name ist nicht von Bedeutung. Es ist nicht wichtig, wer ich einmal war, nur, wer ich inzwischen bin. Weißt du, wie man mich nennt, Mädchen?“ Ran versuchte, den Kopf zu schütteln, auch, wenn ihre stark eingeschränkte Bewegungsfreiheit dies schon kompliziert machte, doch dafür erntete sie nur ein hämisches Lachen von ihrem Entführer. „Nicht? Ich bin Der Feuerdämon.“ Sie hatte Recht behalten. Er war es. Das war der Name, den sich der Killer selbst gegeben hatte, sie hatte in der Zeitung gelesen, wie er hieß. Mehr und mehr Tränen stiegen ihr in die Augen, doch weiterhin lachte er nur. „Wie ich sehe, kennst du mich. Das ist gut, dann muss ich dir ja nicht mehr ganz so viel erklären.“ „W-Warum tun sie das nur…?“, brachte Ran mit zitternder Stimme hervor, doch als sie den Zorn in den Augen des Mannes aufblitzen sah, bereute sie es, gefragt zu haben. „FRAG NICHT SO DÄMLICH, HEXE!“, schrie er, „Ich weiß genau, dass du eine von ihnen bist! Ihr seid doch alle gleich! Du bist genauso wie die Hexe, die mir meine Miyako genommen hat!“ Nun zitterte auch seine Stimme und für einen kurzen Moment wandte sich der Mann ab, um sie wenige Sekunden später wieder mit einem hasserfüllten Ausdruck in den Augen anzusehen. „Du wirst brennen, Hexe. Genauso, wie du es verdient hast. So, wie ihr alle es verdient habt. Du wirst brennen.“ Noch immer rannen der Brünetten Tränen über die Wangen und tropften auf den kalten Steinfußboden. Sie hatte Angst und sie wusste nicht, was sie machen sollte. Wovon redete er da eigentlich…? Es gab doch gar keine Hexen, also warum nannte er sie eine solche…? Doch sie wagte auch nicht, ihm noch eine Frage zu stellen, nachdem er bei ihrer letzten schon so wütend geworden war. „Bitte lassen Sie mich gehen“, flehte sie schließlich, „Ich habe doch nichts getan. Ich weiß nicht einmal, wovon Sie reden…“ „Halt den Mund, Hexe.“ Ein besessenes Leuchten trat in seine Augen. „Du wirst brennen. Ihr alle werdet brennen, Mädchen.“ Shinichi…, dachte Ran nun nur. In diesem Moment war es ihr fast schon egal, dass er sie belogen hatte, sie wünschte sich einfach nur, dass er hier auftauchen und sie retten würde, doch sie wusste, dass das wohl kaum geschehen würde. Sicher, Shinichi war verdammt intelligent und vielleicht würde er diesen Fall sogar lösen, doch er war im Moment nur ein kleiner Junge, da würde er sie wohl kaum retten können… Selbst, wenn er nicht in dem Körper eines Grundschülers gesteckt hätte, wäre das hier wahrscheinlich eine Nummer zu groß für ihn gewesen. Und doch wünschte sie sich, ihn jetzt zu sehen, wenigstens noch mal mit ihm reden zu können, damit er ihr zumindest noch einmal alles erklären konnte… so würde sie niemals erfahren, warum er das, was er getan hatte, gemacht hatte… und was war, wenn sie ihm Unrecht getan hatte? Vielleicht hatte er es wirklich nur getan, um sie vor irgendwas oder irgendjemandem zu beschützen… Doch jetzt würde sie es wohl niemals erfahren… und sie würde ihm niemals ins Gesicht sagen können, dass sie ihn liebte, jedenfalls nicht in dem Wissen, dass Conan Shinichi war… Sicher, sie hatte ihm von ihren Gefühlen erzählt, doch sie hatte damals ja nicht gewusst, dass er Shinichi war… Nur zu gerne hätte sie ihn wenigstens noch einmal gesehen, um ihm zu sagen, dass sie ihn liebte und dass sich daran auch niemals etwas ändern würde. Möglichst leise näherte sich Conan einer Lagerhalle. Wenn er sich nicht irrte und wirklich ein Pentagramm entstand, wenn man die Tatorte miteinander verband, dann musste er hier richtig sein. Er wusste nicht, ob er mit seiner Vermutung richtig lag, doch leider war das alles, was er hatte und er musste es einfach versuchen. Und so bewegte er sich leise, doch so schnell, wie es ihm möglich war, auf die Lagerhalle zu. Glücklicherweise war die Tür einen Spalt offen, so, dass er hineingucken konnte, ohne gleich Lärm machen zu müssen. Als er zwei Gestalten im Inneren der Halle erblickte, wusste er nicht, ob er nun erleichtert oder verzweifelt sein sollte, denn die am Boden liegende Gestalt war offensichtlich Ran. Er hörte sie sogar schluchzen, was zumindest schon mal bedeutete, dass sie am Leben war, auch, wenn es natürlich nicht gut war, dass dieser Typ sie offenbar wirklich in seiner Gewalt hatte. Vorsichtig versuchte er schließlich, die Tür zu öffnen, doch ging dies leider nicht so leise vonstatten, wie er es geplant hatte. Stattdessen kündigte ein metallisches Knarren an, dass gerade jemand die Halle betrat. „Wer ist da?“, rief Der Feuerdämon, „Zeig dich!“ Für einen Moment hielt Conan in seiner Bewegung inne. Er musste jetzt sehr vorsichtig sein, denn bei dieser Aktion stand nicht nur sein eigenes Leben, sondern vor allem auch das von Ran auf dem Spiel. Er hielt seinen Atem möglichst flach und drückte sich gegen die Wand, in der Hoffnung, nicht entdeckt zu werden. Zumindest hierbei kam ihm jetzt einmal seine geringe Körpergröße zugute, denn wer würde schon damit rechnen, dass ein Kind hier auftauchen würde? Aufmerksam bemerkte er, dass sich der Killer nun mit einer Pistole in der Hand auf ihn zu bewegte. Jetzt musste er sich etwas einfallen lassen. Suchend blickte er sich auf dem Boden um sich herum um und wurde schließlich auch fündig. Zwar war alles, was er erblicken konnte, eine alte, zerdrückte Blechdose, doch hoffentlich würde diese ihre Aufgabe ausreichend erfüllen. Wieder darauf bedacht, sich so leise zu verhalten, wie es ihm möglich war, bückte er sich, um seine Powerkickboots zu aktivieren. „Wer ist da?“, rief der Mann nun wieder mit polternder Stimme. Ein Schuss zerriss die Luft, auf das ein Scheppern folgte. Ein Grinsen trat auf das Gesicht des Serienmörders, doch er wusste, dass er noch immer wachsam sein musste. Irgendjemand war hier und er durfte seine Deckung nicht vernachlässigen solange er nicht wusste, ob er es geschafft hatte, den ungebetenen Besucher wieder loszuwerden. Conan musste ein erleichtertes Aufatmen unterdrücken. Die Kugel hatte ihn verfehlt und war irgendwo in der Wand gelandet, etwa zwei Meter von ihm entfernt. Jetzt war es an ihm zu schießen. Er ließ die Dose auf den Boden fallen und schoss so kräftig wie er konnte auf den bewaffneten Mann. Dieser wurde getroffen und schrie kurz überrascht auf. Conan hatte genau seine Hand getroffen, so dass er nun die Waffe fallen ließ. Das war die einzige Chance, die er hatte. Schnell rannte der Geschrumpfte los, genau auf die Waffe zu und warf sich in genau dem Moment auf das Schießeisen, in dem Der Feuerdämon danach griff. „Ein Kind…?“, hauchte dieser erstaunt und weitete die Augen. „Lächerlich.“ Er griff nach Conan, doch dieser rollte sich, die Waffe in der Hand haltend, von dem Täter weg und richtete sich schnell auf, die Waffe schützend vor sich haltend. Es widerstrebte ihm, eine Waffe in der Hand zu halten, doch in diesem Fall hatte er wohl kaum eine andere Wahl, denn mit der leeren Dose eben hätte er den Killer wohl kaum aus dem Gefecht setzen können, so dass er sich jetzt eben etwas anderes einfallen lassen musste. „Stellen Sie sich da an den Wand, mit dem Rücken zu mir“, wies er den Mann an, welcher ihn nun aufmerksam beobachtete. Was war das nur für ein Kind? Wie vom Donner gerührt starrte er den Jungen an und konnte seinen Blick nicht von ihm abwenden. Man erlebte schließlich nun wirklich nicht jeden Tag, dass ein Kind mit einer scharfen Waffe herumfuchtelte. Und dann verhielt dieser Junge sich auch noch so vollkommen ruhig, so, als hätte er sein kurzes Leben über bisher nichts anderes gemacht als Verbrecher zu jagen. „Hör auf, Polizist zu spielen, Junge. Sei brav, gib mir die Waffe und dann lass ich dich gehen, ja?“ Auch Ran blickte zu Conan. Shinichi… er war wirklich gekommen, um sie zu retten. Auch, wenn sie die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, hatte er sie nicht im Stich gelassen. Sie konnte sich doch immer auf ihn verlassen, auch, wenn sie zuvor befürchtet hatte, dass er nicht kommen würde. Doch was war, wenn auch ihm irgendetwas zustoßen würde…? Immerhin steckte er im Körper eines Kindes und objektiv betrachtet war es unwahrscheinlich, dass er eine Chance hatte. Andererseits hatte er im Moment die Waffe in der Hand… Ran wagte kaum hinzusehen. Hoffentlich ging das alles gut… „Vergessen Sie’s“, gab Conan zurück, „Sie werden sich jetzt da an die Wand stellen. Los.“ „Und wenn ich es nicht tue?“ Ein spöttisches Grinsen trat auf das Gesicht des Mannes, während er sich langsam auf den Geschrumpften zu bewegte, „Du bist nur ein Kind. Du weißt noch nicht einmal, wovon du da redest.“ Für einen kurzen Moment senkte Conan den Blick, hob jedoch gleich wieder den Kopf, um den Mörder nicht aus den Augen zu lassen. Gleichzeitig öffnete er die Waffe und entnahm die Munition. Der Feuerdämon lachte. Lächerlicher Junge. Mit einer schnellen Bewegung ließ Conan die Waffe auf den Boden fallen und aktivierte abermals seine Powerkickboots um nun mit einem gezielten Kick die nicht mehr geladene Pistole auf den Serienmörder zu schießen, welcher daraufhin bewusstlos zu Boden ging. Diesmal konnte der geschrumpfte Oberschüler ein erleichtertes Aufseufzen nicht unterdrücken. Schnell bewegte er sich auf Ran zu und löste ihre Fesseln. „Ran… ist alles in Ordnung mit dir?“ Ein sanftes Lächeln trat auf das Gesicht der Brünetten, als sie in Conans Augen blickte und sich langsam aufrichtete. Glücklich schloss sie ihn in die Arme. „Ja… Shinichi, ich… es tut mir leid…“ Tränen traten in ihre Augen und liefen über ihre Wangen, doch diesmal waren es Freudentränen. „Danke… ohne dich…“ Sie brach ab. „Du hast mich gerettet.“ „Schon in Ordnung, lass uns später darüber reden… erst einmal müssen wir ihn endgültig außer Gefecht setzen. Hilf mir mal.“ Mit diesen Worten schnappte er sich die Fesseln und lief auf den noch immer bewusstlosen Mörder zu. Zögerlich folgte Ran ihm und half ihm dabei, ihn zu fesseln. Erleichtert nahm sie Conan noch einmal in den Arm. „Ich bin so froh, dich noch einmal wieder zu sehen…“ „Ich auch, Ran… ich hatte Angst, dass ich… dich nicht rechtzeitig finden würde… ich hatte Angst, dass ich diesmal versagen würde.“ Noch immer drückte die Oberschülerin ihren geschrumpften Freund fest an sich. „Aber das hast du nicht… danke…“ Sie schwieg einen Moment, ehe sie hinzusetzte: „Wirst du mir jetzt die Wahrheit sagen?“ „Ja…“, entgegnete Conan zögernd, „Auch, wenn es besser wäre, wenn du nicht über alles Bescheid wüsstest…“ „Das ist mir egal… ich will nur endlich die Wahrheit wissen, verstehst du?“ Der geschrumpfte Oberschüler nickte leicht und genoss Rans Umarmung. „In Ordnung. Aber erst einmal rufe ich die Polizei, damit die sich um den Serienmörder kümmern können…“ Und so rief Conan die Polizei. Erleichtert stellte er fest, dass Ran zumindest nicht mehr sauer auf ihn war. Das Tauwetter war eingetreten und brachte das Eis, das sich zwischen ihnen befunden hatte, zum Schmelzen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)