Mississippi Dreams von desertdevil6 ================================================================================ Kapitel 2: Begegnungen ---------------------- Autor: desertdevil Teil: 1/? Beschreibung: June ist ein Junge der auf einer Plantage im Mississippi Delta aufgewachten ist und mit seiner Stiefmutter zusammenleben muss. Ihren Launen ausgesetzt muss er sich ziemlich viel gefallen lassen, da sein leiblicher Vater nicht ihm, sondern seiner zweiten Frau die Plantage hinterlassen hat. Diese lässt keinen Mann aus und bringt schließlich sogar einen Liebhaber mit nach Hause, den sie gedenkt zu heiraten. June ist damit überhaupt nicht einverstanden, stellt sich quer und macht sich damit nicht nur weiter seine Stiefmutter zum Feind, sondern auch ihren Liebhaber. Sooo.. mehr will ich gar nicht voraus nehmen, ist eigentlich schon viel zu viel. ^^ Viel Spaß beim Lesen… Disclaimer: Die Geschichte ist frei erfunden und gehört mir, einschließlich aller Personen die darin vorkommen. Wer ausleihen möchte, bitte vorher fragen. Rating: PG-16 Warnung: lemon/lime, rape, romantik, yaoi Kapitel 01 Begegnungen Er war gerade reichlich zerzaust und verschwitzt von seinem morgendlichen Ausritt zurück gekommen, sprang vom Pferd und führte seinen treuen Freund in den Stall. Dort sattelte er den Braunen ab, füllte den Bottich in der Box mit frischen Wasser und brachte noch eine Gabel Heu hinein. Dann trat der Blondschopf wieder in die Sonne, die bereits trotz des zeitigen Vormittags schon ziemlich heiß auf alle nieder brannte. Es wehte kaum ein Lüftchen und die Luft war ein bisschen schwül, doch June war dieses Wetter gewohnt und kam gut damit klar. Die Sonne zauberte goldene Reflexe in seine hellen Haare, die sich aus dem Knoten in seinem Nacken gelöst hatten und ihm lockig über Schultern und Rücken fielen. Eine Strähne war in seinen Kragen gefallen und kitzelte ihn am Hals. Er schnitt eine Grimasse und kratzte sich, ohne es zu bemerken oder sich überhaupt etwas daraus zu machen, dass die Schlammschmierer von seinen Fingern dabei auf seine rechte Wange gelangten. Die Reitkleidung die er trug, war für ihn geschneidert worden als er dreizehn gewesen war, folglich vor vier Jahren. Ursprünglich war sie von einem schönen saftigen Grün gewesen, doch der Stoff war durch die Abnutzung von Jahren so verschlissen, dass er an manchen Stellen nur noch die Farbe von staubigen Gras im Frühjahr aufwies. Noch schlimmer war, dass er vor vier Jahren noch sehr viel kleiner gewesen war. Nun, jetzt war er auch nicht besonders groß, doch die Hosenbeine waren trotzdem noch etwas zu kurz und es sah einfach nur lächerlich aus. Zu seinem Verdruss hatte sein Brustumfang und seine Schulterbreite auch nicht sonderlich zugenommen, sodass er sich immer noch wie ein kleiner Junge fühlte. Dadurch passte ihm das Oberteil seiner Reitkleidung zwar noch, doch das war nur ein schwacher Trost. Aber June ärgerte sich nicht weiter darüber, denn es brachte sowieso nichts. Trotz seiner heruntergekommenen Kleidung und seiner Stiefmutter unter der er manchmal sehr zu leiden hatte, war er eine Frohnatur und ließ sich eigentlich durch nichts so leicht die Laune verderben. Von der Straße, die sich am Haus vorbei wand, war ein Holpern und Knarren zu hören und June drehte sich um. Ein Einspänner kam in sein Blickfeld und er beobachtete interessiert, wie er näher kam. Als June sah, dass er in die lange Auffahrt abbog, die zum Haus führte, statt zum nahe gelegenen Fluss weiterzufahren, runzelte er die Stirn. Das konnte nur einer der Nachbarn sein, und er wollte keinen von ihnen sehen. Sie mochten ihn nicht und machten auch keinen Hehl daraus. »Der wilde kleine Johnson…« So nannten ihn die benachbarten und befreundeten Pflanzer der Gegend. Mit den Mädchen hatte er sowieso nie etwas zu tun haben wollen, doch dass ihn auch die Söhne dieser Familien ablehnten, schmerzte einfach nur. Sie hatten ihm damals deutlich genug gemacht, dass er nicht willkommen war. Es tat immer noch weh, wenn er daran zurück dachte, doch inzwischen hatte sich June damit abgefunden. Mit schnellen Schritten machte er sich auf zum Haupthaus, warf aber noch einmal einen Blick über die Schulter, weil er sehen wollte, wer etwas von ihnen wollte. Als June in der zierlichen, exquisit herausgeputzten Frau, die neben dem Kutscher thronte jedoch seine Stiefmutter Cecile erkannte, erwartete er deren Eintreffen mit noch weniger Begeisterung, als er sie für einen der Nachbarn aufgebracht hätte. Dann glitt sein Blick auf den dunkelhaarigen Kutscher, blieb an ihm hängen und er kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Ihn kannte June überhaupt nicht. Und in einer Gegend, in der man all seine Nachbarn vom reichsten Pflanzer bis zum ärmsten Kleinbauern kannte, löste das Erstaunen aus. »Wer ist das?«, fragte der Blondschopf sich nun selber und war stehen geblieben. Er folgte dem Wagen nun mit neugierigen Blicken, der durch die eingesäumte Allee kam. Da er die Nachbarn wie einen riesigen Schlangentopf mied, wusste er nicht, ob diese vielleicht Besuch bekommen hatten, den er noch nie gesehen hatte. Es ließ sich jedoch deutlich erkennen, dass dieser Mann, wer auch immer er sein mochte, Cecile kein Fremder war. Cecile saß so dicht neben ihm, dass ihre Körper einander berührten. Das konnte June selbst aus dieser Entfernung erkennen und er verzog angewidert das Gesicht. So saß seine Stiefmutter nicht mit einem Kavalier da und um das zu erkennen musste man auch kein besonders guter Beobachter sein. Dazu kam, dass Cecile lächelte und charmant mit ihm plauderte und ständig über den Ärmel des Mannes strich oder seine Hand tätschelte. Und wenn man bedachte, dass June seine Stiefmutter kannte, dann hatte er eine scheußliche Vorahnung, wer der Fremde sein musste! Nämlich Ceciles neuer Liebhaber!! Mit dem würde es Ärger geben. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche, dachte June, als er den Kerl genauer musterte. Er wusste schon seit Wochen, dass Cecile einen neuen Mann hatte. Nachdem er zehn Jahre mit seiner hübschen brünetten Stiefmutter zusammen gelebt hatte, merkte June so etwas. Junes Vater war seit neun Jahren tot, und in dieser Zeitspanne hatte Cecile es mühelos auf die doppelte Anzahl von Männern gebracht. Cecile war zwar vorsichtig genug, um ihre Taktlosigkeit vor den scharfen Augen ihres Stiefsohnes zu verbergen, aber so leicht ließ der Blondschopf sich nichts vormachen, seit er zufällig einen Brief gefunden hatte, den Cecile vor Jahren an ihren ehemals neuesten Liebhaber geschrieben hatte. Daran hatte June sich dann auch ihre ausgedehnten Ausflüge erklären können. June wusste zwar, dass es sich nicht gehörte anderer Leute Post zu lesen, aber er tat es doch. Die schlüpfrige Ausdrucksweise und der leidenschaftliche Tonfall des Schreibens hatte bei dem unschuldigen kleinen Jungen, der er damals gewesen war, einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Als ihm erst einmal die Augen geöffnet worden waren, hatte June schnell gelernt in seiner Stiefmutter zu lesen wie in einem Buch. Die Rastlosigkeit und die kleinen Gehässigkeiten, wenn Cecile gerade keinen Mann hatte, die Heimlichtuerei und die unbesorgte Reaktion auf Junes übelste Schandtaten, wenn Cecile sich mit jemandem eingelassen hatte. In den letzten Wochen war Cecile mit einem verschlagenen Halblächeln durchs Haus gelaufen, das deutlich ausdrückte, dass sie ein Geheimnis hatte und sich mit einem neuen Liebhaber etwas anbahnte. June war aus Erfahrung davon ausgegangen, dass Cecile bald wieder einmal nach Jackson fahren würde, um Einkäufe zu erledigen, oder sie würde zu einer Party nach New Orleans eingeladen, oder sie würde sich sonst einen Vorwand ausdenken, unter dem sie wochenlang verschwinden würde, ohne einen Skandal auszulösen, während sie ihr neues Interesse weit ab von wachsamen Augen und den Einschränkungen verfolgte, die ihr der Anstand auferlegte. Damit konnte sie die Nachbarn vielleicht zum Narren halten, die schockiert gewesen wären und sie lauthals verdammt hätten, wenn sie gewusst hätten, dass die charmante Witwe Johnson es mit mehr Männern getrieben hatte als eine rollige Katze. Aber June ließ sich nicht so leicht täuschen. Nachdem er sein halbes Leben damit zugebracht hatte, seine Stiefmutter zu beobachten, war er grundlegend mit der wahren Cecile vertraut, die nur oberflächliche Ähnlichkeit mit dem reizenden, etwas dümmlichen Frauchen aufwies, als das sie sich ausgab. »Das erste Mal, dass sie einen von denen nach Hause mitbringt…«, murmelte June mit finsterer Miene, als der Wagen vor dem Haus vorfuhr. Das hatte seine Stiefmutter noch nie gemacht und es bereitete dem Blondschopf richtig Unbehagen, als der hier jetzt auftauchte. Der Fremde sprang vom Wagen und June ließ ihn nicht mehr aus den Augen. Cecile und ihr neuer Liebhaber bemerkten ihn nicht, da June noch hinter ein paar Sträuchern etwas entfernt vom Weg stand, den er hätte überqueren müssen, wenn er ins Haus wollte. Feindselig beobachtete er den Fremden, der selbst von hinten ein Bild von einem Mann war. Er war groß mit breiten Schultern und langen muskulösen Beinen und hatte dichtes schwarzes Haar, dass in der Sonne bläulich schimmerte. Soweit June das erkennen konnte, waren seine schwarze Jacke und die braune Hose völlig frei von Staub und Falten, was an sich schon ausgereicht hätte, um ihn gegen die Pflanzer und deren Söhne abzusetzen, die Cecile offiziell besuchten. Es war das Jahr 1845 und es war Mitte Mai und noch nicht so heiß und schwül, wie es im späteren Sommer im Deltagebiet werden sollte, aber es war heiß genug, dass die Männer aus der Gegend bereits gegen Mittag zerknitterte Kleidung hatten und nach Schweiß rochen. Aber dieser Mann dort… selbst seine Stiefel glänzten, bemerkte June bei seiner weiteren Musterung und wusste im gleichen Moment, dass er diesen Kerl nicht leiden konnte. Finster beobachtete er, wie der Fremde die Hände ausstreckte, um Ceciles Taille zu umfassen und sie vom Kutschbock zu heben. Obwohl diese Geste normal war und jeder Gentleman einer Dame in dieser Form behilflich gewesen wäre, legte sich die in schwarzen Lederhandschuhen steckenden langfingrigen Hände viel zu vertraulich um Ceciles zierliche Taille und er hielt sie wesentlich länger fest, als es sich schickte. Beim Zusehen verspürte June eine gewisse Peinlichkeit in sich aufkommen, als sähe er etwas mit an, was nicht für seine Augen bestimmt war. Wenn er ehrlich war, hätte er auf diesen Anblick auch verzichten können. Doch er wollte ins Haus und dafür musste er an den beiden Turteltäubchen vorbei. June war jedoch schlau genug noch abzuwarten, denn er verspürte nicht die geringste Lust, diesem eitlen Kerl jetzt schon über den Weg zu laufen. Obwohl er sich die Szene eigentlich nicht weiter anschauen wollte, blieb er stehen, wo er war. Es war einfach nur ekelerregend, wie seine Stiefmutter diesen Kerl anstrahlte. Wenn dieser Typ wirklich Ceciles Liebhaber war, und diese Überzeugung verstärkte sich mit jeder verstreichenden Sekunde weiter, dann war es klar, dass sie ihn anlächelte. Und dann hätte er sie auch mit ekelerregender Glut angeblickt und nur widerwillig seine Hände zurück gezogen. Mit anderen Worten: Er hätte sich genau so benommen, wie er es eben tat! Cecile kicherte über irgendwas, was er sagte, und ihre Hände blieben auf den ausgezeichnet geschnittenen Ärmeln seiner modischen Jacke liegen, als er sie auf die Füße stellte und endlich die Hände von ihrer Taille nahm. Mit einem verzückten Lächeln sah sie hinauf in sein Gesicht, hatte ihre Hände besitzergreifend auf seinen Armen liegen und beugte sich beim reden unmerklich zu ihm vor. Für June war der Fall entschieden! Der Mann war Ceciles neuester Liebhaber, und sie war wirklich so geschmacklos, ihn nach Hause mitzubringen. Jetzt stellte sich nur die Frage, warum? Wie er auch heißen mochte und woher er auch kommen mochte – dieser Mann würde ihm Ärger machen. June konnte es in seinen Knochen spüren und ein kalter Schauder lief ihm bestätigend den Rücken hinunter. June spielte mit dem Gedanken zurück in den Stall zu gehen und sich für eine Weile nicht blicken zu lassen. Doch als sich der Fremde plötzlich umdrehte, genügte ein Blick, um den Blondschopf erstarren zu lassen. Seine Gedanken waren vergessen, als er den Mann mit wachsendem Unwillen anstarrte. Sein Herz setzte einen Schlag aus, bevor es seine Tätigkeit mit doppelter Geschwindigkeit wieder aufnahm. June fasste sich unbewusst mit einer Hand an die Brust. Selbst für seinen kritischen, ungeübten Blick war der Mann einfach faszinierend. Seine Züge waren gut geschnitten und gleichmäßig. Als er den Kopf zurück warf und über etwas lachte, was Cecile gesagt hatte, sah June, dass seine Augen unter den dichten schwarzen Augenbrauen auffallend blau waren, so blau wie der Himmel an wunderschönen Sommertagen Glücklicherweise drehten sich beide kurz darauf um, um zum Haus zu gehen und June ließ seine Hand sinken, die er in sein Oberteil gekrallt hatte. Fest presste er die Lippen aufeinander und schüttelte unmerklich den Kopf. Er musste irgendetwas unternehmen, um diesen Mann wieder loszuwerden, koste es was es wolle. So wie er das im Gefühl hatte, und das hatte ihn noch nie betrogen, würde der Kerl nicht so schnell wieder abreisen, wie er gekommen war. Und dann würde Cecile nicht die einzige sein, die ihm das Leben zur Hölle machte. Entschlossen ballte June die Hände zu Fäusten, setzte eine unnachgiebige Miene auf und stampfe auf das Paar zu, das gerade Arm in Arm die Treppe hochging. Dabei bemühte er sich nicht besonders leise zu sein und als er über den Weg lief, verursachte er ein eindeutiges Geräusch, was seine Stiefmutter dazu veranlasste einen desinteressierten Blick über die Schulter zu werfen, bevor sie sich schließlich zu ihm umdrehte. »Du meine Güte, June! Du siehst ja gottverboten aus! Nun, dagegen lässt sich wohl nichts machen. Logan, mein Lieber, das ist mein widerspenstiger Stiefsohn.« Cecile verdrehte die Augen, als wolle sie noch einmal nachdrücklich betonen, was sie dem Mann alles über June erzählt hatte. Er lächelte June an. Es war ein äußerst entwaffnendes Lächeln, das ihn noch besser aussehen ließ. Als Reaktion darauf, ballten sich Junes Hände noch fester zu Fäusten, bis die Knöchel sogar weiß hervor traten und der Blondschopf schluckte hart, während sein Herz noch schneller begann gegen seine Brust zu pochen. Obwohl er sich dagegen zu wehren versuchte, reagierte er scheinbar automatisch auf den mächtigen Charme des Mannes. Auch sein Gesicht verkrampfte sich, und June wusste, dass es den gewohnten schmollenden Ausdruck angenommen hatte, gegen den sich aber leider nichts machen ließ, wenn Cecile in seiner Nähe war. Cecile, die so beiläufig wie man es sich nur irgend vorstellen konnte, immer wieder die Aufmerksamkeit auf die zahllosen Mängel ihres Stiefsohnes lenken musste, lächelte June nun ebenfalls an – und das war an sich schon ungewöhnlich genug, um seine üblen Vorahnungen noch zu bestätigen. Wie immer war Cecile von Kopf bis Fuß makellos gekleidet, von dem süßen kleinen Hut, bis zu den Spitzen der winzigen Satinschühchen, die gerade noch unter ihrem Rock hervor schauten. In ihrem hellblauen Kleid sah Cecile hübsch und schlank und erstaunlich jung aus, das musste June ohne Neid zugeben. Allerdings fragte sich June erbarmungslos, ob ihr derzeitiger Liebhaber sich auch nur die geringste Vorstellung davon machte, dass Cecile im vergangenen Winter dreißig geworden war. Versteinert starrte June in das lächelnde Gesicht des Fremden, während Cecile mit künstlich süßer Stimme vor sich hinplauderte, die sie annahm, wenn sie in Gesellschaft von Männern war. »June, das ist Logan Riplay.. Also wirklich, mein Lieber! Du siehst aus, als wärst du rückwärts durchs Gebüsch geschleift worden«, kritisierte sie ihn typischerweise im gleichen Atemzug , was June hart die Zähne aufeinanderbeißen ließ. »Du musst dir wirklich mehr Mühe mit deinem Äußeren geben. Ich weiß… so ein eleganter junger Mann wirst du nie, aber du könntest es wenigstens anstreben, halbwegs präsentabel auszusehen.« Dann wandte sie sich an ihren Liebhaber und lächelte entschuldigend. »Normalerweise hat er wenigstens ein sauberes Gesicht. Du musst ihm verzeihen, Logan. Meine Güte, June… du siehst aus wie ein heruntergekommener Bauernjunge. Logan findet mich jetzt sicherlich scheußlich und glaubt ich wäre eine grässliche Stiefmutter und obendrein noch furchtbar alt. Aber ich war jahrzehnte jünger als mein verstorbener Mann, und altersmäßig könnte ich June eher eine Schwester sein als eine Stiefmutter«, plapperte sie. Bei den letzten Worten sah sie June finster an, bevor sie dann trällernd und mit einem Seitenblick auf Logan Riplay gekünstelt lachte. »Jeder der Augen im Kopf hat, muss sofort erkennen, dass du fast gleichaltrig mit dem Jungen bist«, fiel ihr Riplay galant ins Wort. »Es freut mich, sie kennen zu lernen, junger Johnson«, richtete der Mann schließlich das Wort an ihn. Cecile freute sich über das Kompliment, klapperte mit den Wimpern und hauchte ekelerregend: »Oh Logan…« Riplay lächelte sie an, ehe er sich höflich vor June verbeugte, der seinen Charme mit steinernem Schweigen aufnahm. Schmeicheleien mochten Cecile zuckersüß werden lassen, doch bei ihm waren sie vergeudet. Er legte keinen Wert darauf diesen Kerl kennen zu lernen und einwickeln ließ er sich schon gar nicht. Hinter Riplays Rücken warf seine Stiefmutter ihm einen drohenden Blick zu, der ihm Vergeltung für seine Unhöflichkeit zusicherte, sowie sie allein waren. June ignorierte die Drohung, die dieser Blick ausdrückte. Zwar würde ihm das nachher sicher teuer zu stehen kommen, weil Cecile gerne mal die Hand ausrutschte, aber damit konnte der Junge leben. »Also wirklich, June! Hast du denn gar kein Benehmen? Du kannst doch wenigstens „Guten Tag“ sagen, wenn du jemandem vorgestellt wirst.« June wusste, dass Cecile ihn in diesem Moment am liebsten geohrfeigt hätte. Dennoch sagte er nichts und sah nur mit einem Blick zu dem Paar auf, der dazu gedacht war, seine Abscheu deutlich auszudrücken. Cecile packte Riplay am Arm und wollte ihn fortziehen. »Sei so gut und ignorier seine mangelnden Manieren. Ich habe mein Bestes versucht, aber wie du siehst, hat es nichts genutzt. Vielleicht wird er ja jetzt, wenn er wieder einen Vater hat…« »Was hast du gesagt?«, brachte June heraus und unterbrach Cecile mitten im Satz.. Ungläubig riss er die Augen auf, bevor er sie zu schmalen Schlitzen zusammen kniff und seine Stiefmutter feindselig anstarrte. Er musste sich verhört haben. Nervös und flehendlich blickte Cecile zu dem Mann an ihrer Seite auf und June erkannte, dass er sich wohl nicht verhört hatte. Langsam ging er einen Schritt zurück und schüttelte dabei unablässig den Kopf. Nein, nein, NEIN!! Das durfte doch alles nicht wahr sein! Er wollte das nicht glauben und es dauerte etwas, bis June sich wieder einigermaßen gefasst und den ersten Schock überwunden hatte. Fest presste er die Lippen aufeinander und trat wieder auf Cecile zu. Er war zwar nur ein wenig größer als seine Stiefmutter und nur wenig breiter gebaut, aber seine plötzlich aufkeimende innere Wut ließ ihn viel größer wirken und sein Verhalten wirkte alles andere als liebevoll. Riplay schien sich zwischen sie beide stellen zu wollen, tat es dann aber doch nicht und June ignorierte ihn. Sein Blick war nur auf seine Stiefmutter gerichtet. Sie stand mit dem Rücken zu Riplay und blickte mit einer Gehässigkeit zu June auf, die ihre übliche Haltung gegenüber ihrem Stiefsohn aufzeigte, wenn sie miteinander allein waren. »Also, June… mein Lieber.. Ich hatte gefürchtet, dass es dich aus der Fassung bringt, aber verstehst du denn nicht? Logan und ich sind verliebt und…« Die künstlich süße Stimme klang für den Blondschopf wie Fingernägel auf einer Tafel und er ballte die Hände erneut zu Fäusten. »Ihre Stiefmutter hat mir die große Ehre erwiesen, meine Frau zu werden, Mr. Johnson«, fiel Riplay ins Wort und rückte näher zu Ceciles und seine Stimme und seine blauen Augen wurden hart, als er sie verteidigte. »Wir hoffen, dass sie uns viel Glück wünschen.« Es klang kein bisschen nett, sondern eher wie eine Forderung, der June auf keinen Fall nachgeben würde. Wortlos sah er die beiden lange an. Sein Magen drehte sich um und rebellierte und sein Gesicht wurde mit jeder Sekunde blasser. »Du willst… wieder heiraten?«, krächzte er schließlich. »Sobald es sich einrichten lässt«, kam die Antwort von Riplay, obwohl die ungläubige Frage an Cecile gerichtet gewesen war. June ignorierte den Mann, als wäre er gar nicht da. »Soll das heißen, dass du… fortgehst?« Er sprach immer noch mit Cecile und seine Stimme klang, als würde er gerade erdrosselt werden. Doch schon als er die Frage stellte, hätte June es besser wissen müssen. Cecile würde niemals fortgehen. »Wir werden natürlich eine kleine Hochzeitsreise machen, aber länger kann ich dich doch nicht allein lassen, oder, mein Lieber? Nein, ganz gewiss nicht! Dein guter Vater hat dich mir anvertraut, und dieses große Vertrauen werde ich niemals verletzen, wenn du mich auch noch so sehr dafür hasst. Logan wird hier einziehen und mir einen Teil der Last von den Schultern nehmen, die es für mich bedeutet, die Plantage zu führen. Vielleicht wird ja seine Führung den Einfluss auf dich haben, den ich nicht geltend machen konnte. Ich…« »Das kannst du nicht machen!«, brach es aus June heraus. In seiner Brust pochte es schmerzhaft bei den Worten dieser unmöglichen Frau. Sein Vater hätte sich nie für ihn gewünscht, dass er mindestens zweimal in der Woche von ihr Schläge kassierte, dass sie ihn schlechter behandelte, als einen Hund und jetzt auch noch das… Diese Heucheleien machten ihn unendlich wütend! »Oh June, wieso musst du bloß alles so schwierig machen? Ich wollte doch nur das beste für uns alle…« Ceciles kläglicher Ausruf raubte June jeden Rest von Selbstbeherrschung, die er eben noch mühevoll aufrecht erhalten hatte. »DAS-KANNST-DU-NICHT-MACHEN!«, fauchte er wütend und voller Hass, während er hastig noch einen Schritt auf sie zutrat. Cecile schrie auf und wich genauso hastig zurück. Mit zornesblitzenden Augen packte der Blondschopf seine Stiefmutter an den schmalen Oberarmen und schüttelte sie. »Hast du gehört? Das kannst du nicht tun.. das lasse ich nicht zu!«, schrie er sie an, während ihm Tränen der Verzweiflung in die Augen stiegen. »Reißen sie sich zusammen, Johnson!« Diesmal stellte sich Riplay zwischen June und Cecile, und seine Hände legten sich so fest auf Junes Schultern, dass es richtig weh tat. Mit einem leisen Schrei riss June sich los und gab dabei, wie es zweifellos Riplays Absicht war, Cecile frei. »June, mein Lieber…«, jammerte sie und rieb sich die Arme, während sie kurz davor zu stehen schien in Tränen auszubrechen. Da June jedoch wusste, was für eine Heuchlerin sie war, sah er sie mordlustig an. »Ich schlage vor, wir sollten jede weitere Auseinandersetzung verschieben, bis dein Stiefsohn wieder etwas zu sich gekommen ist«, schlug Riplay vor und legten einen Arm beschützend um Ceciles schmale Schultern, während er June einen Blick zuwarf, in dem sich Ablehnung und eine deutliche Warnung abzeichneten. Dieser Blick jagte einen neuen Schmerz durch seine Brust und June senkte den Kopf, weil er seine Verletzlichkeit nicht zeigen wollte. Eigentlich war es sowieso egal, was er sagte, denn der Fremde würde ihm eh kein Wort glauben. Cecile hatte ihn dermaßen schlecht gemacht, dass er sowieso keine Chance hatte und die wollte June auch gar nicht! »Der Junge ist bei sich!« Ceciles Stimme klang verzweifelt, als sie zu ihm aufsah und ihre kleinen Hände sich an seiner Hemdbrust auf eine Weise festklammerten, die selbst June gerührt hätte, wenn er Cecile nicht so gut gekannt hätte. »Er ist immer so. Er hasst mich schon, seit ich seinen Vater geheiratet habe. Er… er will nicht, dass ich glücklich werde…« Angewidert verzog June das Gesicht, als Cecile geräuschvoll in Tränen ausbrach. Riplay fiel natürlich auf diesen widerlichen Auftritt rein, zog sie in seine Arme und flüsterte ihr beschwichtigend ins Ohr. June kam sich vor, als wäre er kopfüber in einem Alptraum gelandet. Noch einmal nahm June seinen ganzen Mut zusammen und sagte erneut: »Das kannst du nicht tun!« »Ich werde ihre Stiefmutter heiraten, Johnson«, sagte Riplay mit ruhiger, aber harter Stimme und seine Augen waren eiskalt, als er ihn ansah. »Sie sollten sich am besten an diese Vorstellung gewöhnen und uns mit ihrer Theatralik verschonen. Ich muss sie warnen, das sie, sobald ich mit ihrer Stiefmutter verheirat bin, meiner Kontrolle unterstehen und ich bin durchaus in der Lage ungezogene Kinder so zu behandeln, wie sie es verdient haben!« June starrte den Mann an und sah tief in seine Augen, die so kalt und unnachgiebig wie Eis waren. Ein kalter Schauder fuhr ihm über den Rücken, doch er war so besessen von Wut und Hass, dass er zitterte vor Anspannung. Und er war so außer sich, dass er nach Luft schnappte und es fast wie ein Schluchzen klang. Aber June konnte nicht weinen. Er war ein Junge und weinte nie! Eher würde er sich von einer Klippe stürzen, als sich vor diesem Kerl so zu erniedrigen. Hartnäckig biss er die Zähne zusammen und reckte das Kinn in die Luft. June wusste es nicht, aber er sah plötzlich sehr kindlich aus, wie ein hilfloses Mädchen, das nicht wusste, was es tun sollte. Riplay Mundwinkel zogen sich unwillig herunter, als er den verräterischen Glanz in den Augen des Jungen sah und er machte eine Bewegung, als wolle er ihm eine tröstende Hand auf die Schulter legen. June erkannte das Mitleid, das plötzlich in seine Augen getreten war und funkelte ihn daraufhin wütend an. Wie konnte dieser Kerl es wagen Mitleid mit ihm zu haben! »Johnson…« Seine hand legte sich tatsächlich auf Junes Arm und tätschelte ihn kurz, doch June schlug seine Hand brutal zur Seite. »Wagen sie es nicht mich noch mal anzufassen!«, schrie er außer sich und sah ihn genauso hasserfüllt an, wie seine Stiefmutter zuvor. Dann drehte er sich mit einem wuterfüllten Schnauben um und sprang mit einem Satz die Treppe runter, die er vorhin unbewusst hinauf gegangen war. Cecile hatte inzwischen aufgehört zu weinen und schniefte nur noch kläglich an der Brust des Mannes, was June zum Glück nicht mehr mit ansehen musste. Genauso wenig wie den triumphierenden funkelnden Seitenblick, den ihm seine Stiefmutter zuwarf. Rennend floh der Blondschopf zu den Ställen, wobei ihm nun doch die Tränen heiß über die Wangen perlten. Die Abenddämmerung war schon angebrochen, als June auf das Haus zuritt. Firefly, sein einziger treuer Freund war mit schwarzem Schlamm bespritzt und das Tier lief langsam, obwohl sie fast zu Hause waren. Der wilde Galopp durch den Panther-Sumpf bereitete June plötzlich Gewissensbisse. Jasper, der riesige Hund undefinierter Abstammung, der ihm gehörte, seit er ein Welpe war, war noch schmutziger als Firefly. Die Zunge hing ihm weit heraus, aber er hatte seine helle Freude daran gehabt Opossums und Eichhörnchen zu jagen. Das war halb so schlimm, aber June hätte seinem Hengst den Ritt durch den Sumpf ersparen sollen. Daran hatte er jedoch keinen Gedanken verschwendet, als er aufgebrochen war. Während das Haus immer näher kam, schweiften die Gedanken des Blondschopfes zu der Begebenheit von heute früh zurück. Cecile würde wieder heiraten… Die Vorstellung war einfach nur schockierend und sie erschien June irgendwie unwirklich. Er hatte den ganzen Nachmittag mit dieser Neuigkeit gerungen, aber er akzeptierte sie jetzt genauso wenig wie noch vor Stunden, als er vom Hof geflüchtet war. Eigentlich war es ja nicht weiter erstaunlich, dass seine Stiefmutter schon wieder einen neuen Liebhaber hatte, aber heiraten? Das passte überhaupt nicht zu ihrem bisherigen Lebenswandel… Sie hätte nicht mehr die Freiheit sich einen anderen zu suchen, wenn sie ihren Ehemann dann überdrüssig wurde. Und das würde sie werden, so wie June sie kannte. Cecile war einfach keine Frau, die es lange mit einem Mann aushielt. Soviel Erfahrungen hatte er in den letzten Jahren schon sammeln können. An der Abzweigung des Weges, der auf der einen Seite einen Kreis vor dem Haus beschrieb und auf der anderen Seite zu den Ställen führte, ritt June zum Stall. Große alte Eichen bildeten mit ihren verwobenen Ästen, die über dem Weg hingen und schon neue Blätter hatten, einen Baldachin bis hin zum Stall und den Hütten der Sklaven und dem Vorarbeiterhaus dahinter. Aus der Küche neben dem großen Haus und aus der Gemeinschaftsküche der Sklaven stiegen Rauchsäulen auf und die Luft roch nach Rauchsalz. Als June auf das haus zukam, leuchteten nach und nach die Lichter hinter den Fenstern auf. Sissi, Rosas kleine Tochter, die eines Tages die Stelle ihrer Mutter als Köchin einnehmen sollte, lief von einem Zimmer ins andere und zündete die Lampen und Kerzen an, wie sie es jeden Abend tat. Der Lichtschein aus den Fenstern, hüllte den weißgetünchten Backsteinbau in einen warmen Schimmer. Das Haus war vor der Jahrhundertwende erbaut worden und seitdem war es von einem Rechteck aus Backsteinen zu einem T gewachsen, dessen Querbalken aus Holz errichtet waren. Das ganze war weiß angestrichen worden. Im ersten Stock ragten auf der Galerie zwölf imposante dorische Säulen bis über die mit Schnitzereien verzierten Dachtraufen auf. Die lange Treppenflucht, die von der Auffahrt bis zum oberen Säulengang führte, unterstrich die majestätische Erscheinung des Hauses. June liebte sein zu Hause mit einer Inbrunst, die ihm erst jetzt bewusst wurde. Die Plantage war über Generationen im Besitz der Familie seiner Mutter, den Hodges, gewesen. Als seine Mutter, Elizabeth Hodge, ein Einzelkind, Thomas Johnson aus Virginia geheiratet hatte, hatte sich anscheinend nie die Frage gestellt, wo das frisch verliebte Ehepaar leben würde. Das Anwesen würde, wenn die Dinge ihren natürlichen Lauf nahmen, eines Tages an Elizabeth fallen. Mit den Jahren konnte Josiah Hodge, seinem Schwiegersohn in aller Ruhe beibringen, wie man ein Unternehmen verwaltete, dass mehr als zehntausend Morgen Baumwollfelder umfasste, aber auch eine Sägemühle, eine Spinnerei, eine Schmiede und neunhundertzweiundneunzig erwachsene Sklaven, die dort arbeiteten. Was niemand hatte voraus sehen können, war, dass Elizabeth Hodge-Johnson ihre Eltern nur um zwei Jahre überleben würde. Thomas Johnson hatte kaum ein Jahr später wieder geheiratet – Cecile Bradshaw war ein hübsches kleines Mädchen, das er auf einer Reise nach New Orleans kennen gelernt hatte – und war rund ein Jahr danach gestorben. In der Verliebtheit in seine Kindfrau hatte Thomas das Anwesen testamentarisch mit allem Drum und Dran Cecile hinterlassen und nur zwei Bedingungen gestellt. Erstens, dass June, sein Sohn von Elizabeth auf Lebenszeiten dort wohnen könne, falls er dieses Recht in Anspruch nehmen wollte, und zweitens, dass keiner der Sklaven, die zur Zeit seines Todes zum Anwesen gehörten verkauft werden dürfte. Damals war June erst acht Jahre alt gewesen, als sein Vater gestorben war und daher hatte es ihm nichts weiter ausgemacht, dass das Anwesen an Cecile gefallen war. Aber es war sein zu Hause, würde es immer sein. Daran konnte sich durch irgendwelche rechtlichen Verfügungen nichts ändern. Erst der Schock, den Ceciles Ankündigung am Nachmittag hervorgerufen hatte, hatte dem Jungen klargemacht, wie ungewiss seine Zukunft in Bezug auf die Plantage eigentlich war. Irgendwie war er nie auf den Gedanken gekommen, dass Cecile je wieder heiraten könnte. Natürlich hätte er sich das denken können, aber bisher hatte seine Stiefmutter ja auch nicht den Anschein erweckt, dass sie sich eine feste Beziehung wünschte und insgeheim wusste June, dass sie nicht lange bei diesem Mann bleiben würde, ob nun verheiratet oder nicht. Cecile mochte eben Männer und zwar so viele, dass sie sich nie für einen einzelnen entscheiden konnte, egal wie gut der auch aussah. Nur leider war er selbst auch ziemlich dumm gewesen, musste der Blondschopf sich schmerzlichst eingestehen. Wie ein Strauß hatte er den Kopf in den Sand gesteckt und sich schlicht geweigert unerfreuliche Dinge zu erkennen. Und noch viel dümmer war er gewesen, als er auch nur einen Moment lang gehofft hatte, dass Cecile fortgehen würde. Natürlich würde sie die Plantage nie verlassen. Sie gehörte ihr. Und deswegen konnte sie auch ungestraft mitbringen wen sie wollte, ob nun Ehemann, Liebhaber, oder sonst wen und sie konnte diesem Kerl dann die Plantage überlassen, die von der Blutsverwandtschaft her an June hätte fallen müssen. Im gleichen Moment kam ihm ein anderer Gedanke in den Sinn und er schluckte. Konnte Cecile die Plantage verkaufen? Das wäre entsetzlich, aber June konnte sich die Frage nicht beantworten. Er hatte nie daran gedacht sich zu erkundigen. Mit dem blinden Vertrauen der Jugend hatte er daran geglaubt, das Leben würde ewig so weitergehen wie bisher. Er hatte nie auch nur in Betracht gezogen, dass sie etwas ändern würde, bis er am heutigen Morgen ziemlich schmerzhaft mit der Nase darauf gestoßen worden war und June wurde sich sehr deutlich bewusst, wie viel er eigentlich zu verlieren hatte. Die Plantage, sein zu Hause, gehörte dieser intriganten Frau und er stand dieser Tatsache machtlos gegenüber. Wenn Cecile diesen Logan wirklich heiratete und Kinder bekam, dann würden diese Kinder so gut wie sicher die Erben sein und nicht etwa June. Und allein die Vorstellung war qualvoll, lähmend und unerträglich. Doch June hatte keineswegs die Absicht, das alles bis dahin geschehen zu lassen. Er war zwar klein und nicht besonders stark, aber er war eine Kämpfernatur und hatte vor, verbissen und bis zum letzten um sein zu Hause zu kämpfen! Im Laufe des Nachmittags hatte June beschlossen, dass er alles tun würde was nötig war, um diese Eheschließung zu verhindern. Selbst wenn er gezwungen sein sollte mit Firefly über den zukünftigen Bräutigam zu galoppieren. Allein die Vorstellung, Riplay makellose Erscheinung zertrampelt im Staub vor sich zu sehen, zauberte dem Blondschopf das erste Lächeln des Tages auf seine ebenmäßigen Züge. Wenn es sein musste, würde er ihn erschießen, um sein zu Hause zu retten. Aber es war anzunehmen, dass wahrscheinlich keine derart drastischen Maßnahmen erforderlich waren. June brauchte sicherlich nur von Ceciles überaus großer Schwäche für Männer, und zwar viele Männer, zu erzählen, um ihn so weit zu schockieren, dass er Hals über Kopf wieder aufbrach. June hasste es eigentlich Dinge auszuplaudern, aber er hatte das Gefühl in diesem Fall keine andere Wahl zu haben. Cecile verdiente seine Loyalität sowieso nicht, so hinterhältig wie sie sich ihm gegenüber immer verhielt und ihn demütigte. Noch bestand zwar kein Grund zur Verzweiflung, sagte er sich immer wieder, denn Cecile und ihr Liebhaber waren noch nicht verheiratet, aber allzu viel Zeit konnte er sich nicht lassen. Schließlich hatte June den Stall erreicht und entdeckte Aban, der dürr, gebeugt und alt wie immer in der Stalltür stand und ihn mit besorgter Miene musterte. Sein kaffeebraunes Gesicht entspannte sich sichtlich, als er June sah und ein sanftes Lächeln erschien auf seinen runzligen Zügen. »Das war aber auch an der Zeit, Mr. June«, begrüßte ihn der Alte. June lächelte herzlich zurück, denn er mochte den Mann. Er war wie ein zweiter Vater für ihn geworden, seit sein richtiger Vater verstorben war, trotzdem er ein Sklave war. »Ich war mit Firefly im Sumpf, Aban. Er ist vollkommen verschmiert…« Beschämt senkte June den Kopf, nachdem er dem anderen die Zügel gereicht hatte. »Ja, das sehe ich, Mr. June«, meinte er ruhig und mit sanfter Stimme. Normalerweise hätte er sich die Freiheit herausgenommen und sein Missfallen deutlich ausgedrückt. Er gehörte schon von Junes Geburt an zur Familie und besaß einfach diese Freiheit und June wäre ihm nicht im mindesten böse gewesen, wenn er ihn ausgeschimpft hätte wie ein kleines ungezogenes Kind. Er wusste, dass es bei diesem einen Mal geblieben wäre und die Sache wäre abgehakt, nicht wie bei Cecile, die noch eine Woche später darauf herumhacken musste. Doch Aban sagte kein Wort, was darauf schließen ließ, dass er von der Sache heute früh gehört haben musste. »Mach sie sich keine Sorgen, ich kümmere mich schon um Firefly…«, versprach er verständnisvoll und tätschelte dem Pferd den Hals, ehe er es in den Stall führte. June seufzte. Die Neuigkeiten mussten sich wie ein Lauffeuer verbreitet haben, wenn sogar Aban davon wusste, der eigentlich nur im Stall beschäftigt war. Vom Haus bis zum Stall war der Weg aber auch nicht weit. Erneut seufzte der Blondschopf, als der alte Mann noch einmal in der Tür erschien und ihm den Ratschlag gab: »Wenn ich sie wäre, würde ich in der Küche essen und gleich ins Bett gehen. Sie sollten Miss Cecile bis morgen früh aus dem Weg gehen.« Verwundert zog June die Augenbrauen zusammen. »Weshalb denn? Ich habe ihr noch einiges zu sagen!«, meinte er daraufhin und war leicht verwundert. Wusste Aban etwas, was ihm entgangen war? Aban biss sich nun nachdenklich auf die Unterlippe und die Worte kamen so widerwillig heraus, als sei er nicht sicher, ob es richtig war zu sagen, was er sagen wollte. »Er ist noch da – Miss Ceciles Kavalier. Ich glaube es führt zu nichts, wenn sie sich heute Abend noch einmal auf einen Streit mit den beiden einlassen.« »Er ist noch da?«, schoss es ungläubig aus Junes Mund und er starrte das Haus mit geballten Fäusten an. »Bildet der Kerl sich etwa ein, all das gehört schon ihm?«, knirschte der Blondschopf mit den Zähnen und er konnte spüren, wie erneut Übelkeit in ihm aufstieg. »Ich weiß nicht, was er denkt, Mr. June. Ich weiß nur, dass sie sich einen Haufen Ärger einhandeln, wenn sie… Mr. June, seien sie jetzt bloß nicht zu vorlaut!« Die letzten Worte rief ihm der alte Mann nach, denn June marschierte bereits auf das Haus zu. Kopfschüttelnd murrte Aban vor sich hin, als er June nachblickte und geistesabwesend mit einer Hand über den Türrahmen strich. Dann richtete er den Blick zum Himmel, als erwartete er von dort göttliche Hilfe für den kleinen Wildfang, denn er wusste, dass man eher einen Flusslauf eindämmen konnte, als den Jungen zu stoppen, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. June vergaß völlig seine Erschöpfung und seine schmutzige Kleidung, während er mit kriegerischen Schritten und kämpferisch erhobenem Kinn auf den Haupteingang zustapfte. Sein Zorn, der sich im Laufe des Nachmittags abgekühlt hatte, war neu entfacht. Er würde nicht zulassen, dass sich dieser Eindringling kampflos in seinem Haus einrichtete!! Wahrscheinlich setzten sie sich gerade im Esszimmer an den Tisch. Cecile wollte ihren Liebhaber bestimmt beeindrucken, und daher würde es sicherlich ein großartiges Mahl geben. Da June den ganzen Tag nichts gegessen hatte, knurrte sein Magen schon bei dem Gedanken an etwas zu Essen. Siedend vor Wut stieg er die Stufen hinauf und legte sich bereits seine Worte zurecht. Wortgewandt würde er Riplay von der Plantage vertreiben und zwar so, dass er nie mehr zurückkam. Ceciles Hass auf ihn würde dann natürlich größer denn je sein und seine Steifmutter würde ihm das Leben zur Hölle machen, aber das war ein vergleichsweise kleiner Preis dafür, um die Plantage und sein zu Hause zu retten. Jedenfalls bis zum nächsten Mann… Aber darüber wollte June jetzt nicht nachdenken. Wenn er erst gesehen hatte, wie entsetzte dieser Kerl war, wenn er die Wahrheit erfuhr, würde Cecile vielleicht die Vorstellung aufgeben wieder zu heiraten. Und wenn nicht… Schön der Reihe nach, dachte June. Jetzt musste er sich erst mal mit dem aktuellen Fall befassen. June nahm nichts um sich herum wahr, nicht den nächtlichen Gesang der Grillen und auch nicht das vereinzelte Quaken der Frösche. All seine Gedanken drehten sich nur um die bevorstehende Auseinandersetzung… darum, was er zu tun hatte, um den Eindringling von der Plantage zu vertreiben, der eine Bedrohung darstellte. Daher entging ihm auch die Glut des Stumpens auf der Veranda und er nahm auch den Mann nicht wahr, der an einer Säule lehnte und rauchte und aus zusammengekniffenen Augen zu ihm herüber sah. »Guten Abend, Johnson.« Die leise Stimme überrumpelte ihn unerwartet. Sie schien aus dem Nichts zu kommen und als June auf der obersten Treppenstufe erschrocken herumschwang, brachte ihn die plötzliche Bewegung aus dem Gleichgewicht. June wankte mit weit aufgerissenen Augen und wäre fast die Treppe heruntergestürzt, die er eben hinaufgestiegen war. Doch blitzschnell bewegte sich eine Hand durch das Dunkel, umfasste seinen dünnen Oberarm und bewahrte ihn vor dem Sturz. June stolperte jetzt vorwärts und fiel seinem Retter an die Brust. Seine Hände und seine Stirn pressten sich an seine Hemdbrust, während sein Herz heftig klopfte. Einen Moment blieb er so stehen und rang um Luft. Die Treppe war steil und ein Sturz hätte mit ziemlich großer Sicherheit beträchtliche Verletzungen mit sich gebracht. Davor hatte dieser Mann ihn bewahrt, aber schließlich war es seine Schuld, dass er beinahe gestürzt wäre, daher bestand für den Blondschopf kein Grund zur Dankbarkeit. Der Mann roch nach Leder und guten Zigarren und seine Brust unter den Leinen fühlte sich unglaublich warm und kräftig an. June war zwar etwas größer als seine Stiefmutter, aber gegen diesen Kerl mit den unverschämt breiten Schultern wirkte er einfach nur zierlich und schwach. All das nahm June innerhalb von Sekunden wahr, bevor er sich kräftig von dem anderen abstieß und auf Abstand ging. Bereit ihn zu beschimpfen, hob June den Kopf, doch in der Haltung und seinem Gesichtsausdruck stand etwas, was ihn augenblicklich vergessen ließ, was er hatte sagen wollen. Ein seltsames Gefühl machte sich in dem Blondschopf breit, das er überhaupt nicht einordnen konnte. Vorsichtig sah er dem Mann in die Augen, die in der späten Dämmerung fast farblos waren. Augen, die verschleiert, wachsam und so räuberisch wie die eines Wolfes waren. Als er in diese Augen blickte, erkannte June plötzlich, dass der Mann ein Feind war, der sich dieses Begriffes würdig zeigen würde. Trotz seines schönen Gesichts und seiner eleganten Kleidung, trotz seiner leisen und höflichen Art im Auftreten, verrieten ihn diese Augen. Allein der Blick bescherte June eine Gänsehaut und die kleinen Härchen in seinem Nacken stellten sich sträubend auf. Das hier war mit eindeutiger Sicherheit kein vornehmer Pflanzer und auch kein Landadel, den ein Polster aus Reichtum verweichlicht hatte. Dieser Mann war eine Kämpfernatur, genau wie June. Und er befürchtete, dass dieser Kerl weitaus erfahrener im Kampf war als er selbst. Tbc... Hach.. ich war fleißig.. merkt ihrs...?? *grins* Auch hiermit viel Spaß, nach dem spannenden Prolog.. ^^ Ich hoffe meine krative Phase ist nach der Prüfung dann nicht mit meinen ganzen Gehirnzellen gemeinsam völlig erschöpft. © by desertdevil Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)