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Drei Minuten mit der Wirklichkeit

... wenn die Welt stirbt.
von

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Wer die Augen schließt.

Es gibt wieder dieses Gestern, es gibt Zeichen an der Wand, es gibt Dummheit ohne Grenzen.


 

„Pass auf dich auf, mach nichts Unüberlegtes und-“

„Schon gut, Harry, geh!“ Ihre Stimme klang brüchig und der Auserwählte beugte sich ein letztes Mal für lange Zeit zu ihr herunter. „Ich komme wieder, versprochen.“ Seine Stimme war leise, doch Ginny verstand und zwang sich zu einem Lächeln: „Wenn nicht, benenne ich dieses Kind nach deinem Cousin.“ Sie strich über ihren runden Bauch und sah, dass ihr Liebster die Miene verzog.

Widerwillig drehte er sich um, sein dunkler Umhang bauschte auf. Dann verschwand er zwischen seinen beiden besten Freunden durch die hohen Weizengräser des Feldes und die junge Weasley blieb alleine zurück. Ihr Herz füllte sich mit Schmerz. Sie waren fort. Alle drei.

Das goldene Trio.
 

Und Gewalt in diesem Land. Die Vergangenheit wirft Schatten, einer wirft den ersten Stein.


 

Die Menschen um sie herum kreischen laut auf, überall im Ministerium brannte es. Mit klopfendem Herzen versuchte Astoria Greengrass Ruhe zu bewahren, doch die flüchtende Menschenmasse machte es ihr unmöglich. Ihre kalten Finger griffen unter ihren pflaumenblauen Aurorenumhang und umklammerten ihren Zauberstab. Sie würde nicht kampflos aufgeben. Ihr Blick fiel zur großen Treppe, auf die augenblicklich mehrere Todesser apparierten.

Ihre langen schwarzen Gestalten zogen sämtliche Aufmerksamkeit auf sich.

Eine Hand legte sich auf die Schulter der jungen Hexe und ein Blick nach hinten verriet ihr, dass nur wenige ihrer Kollegen an ihrer Seite blieben, um für das zu kämpfen, an das sie glaubten. Überwiegend waren es die Alten. Ihr Blick wurde entschlossen. Sie würde kämpfen und wenn es das Letztes war, was sie tat. Schließlich glaubte sie an die Welt, die es einst gegeben hatte. Astoria hob den Zauberstab, es war der Beginn einer aussichtslosen und blutigen Schlacht.
 

Doch es werden immer mehr sein, die sich sagen - höchste Zeit für den Mut zur Menschlichkeit.


 

Regungslos stand eine alte Frau vor einem Grab und ignorierte den trommelnden Regen, der auf sie niederprasselte. Ihr leuchtendes Haar klebte an ihrem Kopf und ihre Gesichtszüge - die einer alten Frau, die den Verlust der Jahre gegen die Gewissheit ihrer Würde eingetauscht hatte - verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. „Seit Wochen sind sie schon fort und Ginny bekommt bald ihr zweites Kind. Noch nicht einmal diese Geburt erlebt er mit.“ Sie schlang die Arme um ihren molligen Körper. Ihre Augen blieben an dem Schriftzug des Grabes hängen. „George, Bill und Percy sind auch verschwunden, um irgendwen am anderen Ende der Welt zu retten. Es scheint, als wollten sie unbedingt beweisen, dass sie es Ronald gleichtun können.“ Molly Weasley versuchte zu lächeln, doch es erreichte ihre Augen nicht. Sie hatte bereits ein Kind verlorenen und war sich sicher, dass sie den Tod eines zweiten Kindes nicht überleben würde. „Die Welt braucht Licht und Harry alleine ist nicht in der Lage, ihr das zu geben“, flüsterte sie fast lautlos, dabei vermischte sich eine Träne mit Regen und Schmerz.
 

Wer die Augen schließt, wird nie die Wahrheit sehen, wer noch länger schweigt, wird schweigend untergehen.


 

Sie schrie.

Zum ersten Mal in ihrem Leben brach Astoria Greengrass ihr Schweigen und verlieh ihrer Hoffnungslosigkeit, ihrer Angst und ihrer Pein Ausdruck. Seit Wochen lebte sie in der Dunkelheit der Todesser. In jeder Minute, in der sie ihr schlagendes Herz vernahm, wünschte sie sich, es würde die Letzte sein. Bilder von entsetzlicher Grausamkeit erfassten sie, Gesichter, die sich in ihrem Gedächtnis festbrannten und Schmerzen, welche ihren Körper taub werden ließen. Dann verstummten ihre Schreie und sie erinnerte sich an liebevolle Hände, zärtliche Lippen und einen warmen Atem. Nur zögerlich öffnete Astoria ihre Augen und versuchte diese Wärme zu genießen. Nur diesen Augenblick, nur ein Mal, dann nie wieder. Ihr Wille schwand und mit ihm ihre Hoffnung, noch einmal das Licht der Sonne zu sehen. Es war ein törichter Wunsch und er rückte mit jedem weiteren Atemzug in weite Ferne.
 

Nur bis hierher und nicht weiter und nicht alles ist mir gleich. Lieber einmal nein als tausendmal vielleicht.


 

„Kommen sie?“, fragte eine atemlose Stimme und Percy Weasley drehte sich um.

Sein pflaumenblauer Umhang war verdreckt und eingerissen, doch noch immer trug er diesen mit Stolz. „Ich weiß es nicht, George.“ Dann sah der Ältere wieder über die Gipfel der Berge und ignorierte die beißende Kälte, die an seinem Körper emporkroch. Die beiden Brüder standen neben einer großen Ansammlung von Holz. Dichter Nebel trennte die Täler unter ihnen von den Spitzen des Himmels, auf welchen sie sich aufhielten. „Die Verbindung nach Bulgarien und Frankreich ist schlecht, äußerst schlecht. Es wäre schon ein gewaltiger Fortschritt, wenn hier überhaupt jemand auftaucht“, sprach Percy nüchtern.

„Dann ist es wohl Zeit, diesen Fortschritt zu feiern“, ertönte eine tiefe Stimme und die beiden Weasleys fuhren herum. Durch die einsetzende Dämmerung warfen die Gestalten lange Schatten. Überrascht hob George eine Augenbraue, als er den großen schwarzhaarigen Mann erkannte.

Selbstsicher reichte Percy ihm die Hand. „Bulgarien?“

„Ja, Frankreich wird aufgehalten. Die verdammten Hunde haben Wind von euch bekommen.“ Die beiden Männer gaben sich die Hand und nickten sich kaum merklich zu.

George schwang seinen Zauberstab und das Holz neben ihm ging in Flammen auf. Mit klopfendem Herzen sah der einstige Zwilling, wie auf weiteren Bergspitzen eine kleine Flamme erschien und sich eine Kette bildete.
 

Eine Hand ist eine Brücke über Finsternis und Angst und ein Wort zerbricht das Schweigen.


 

„Scorpius!“

Erschrocken drehte sich ein sechsjähriger Junge um. Er saß hoch oben auf den Zinnen des Schlosses und ließ die kurzen Beine in den Abgrund baumeln. Überrascht grinste er. „Vater!“

„Komm sofort da runter!“ Unsanft wurde der Junge am Kragen gepackt und auf seine Füße gezogen. „Wie kannst du es wagen, den Unterricht zu schwänzen? Professor Avery ist sehr unzufrieden mit dir.“ Die Miene des Älteren wirkte arg verärgert und Scorpius sah beschämt auf seine Füße.

„Ich mag die Räume von Professor Avery nicht“, murmelte er leise und sein Vater sah ihn überrascht an. „Es ist so dunkel und… ich fühle mich dort so eingesperrt“, gab er ehrlich von sich. Verblüfft darüber, dass er die Hände seines Vaters auf seinen schmalen Schultern spürte, sah er auf. Dracos Miene war unergründlich, doch Scorpius kannte diesen Ausdruck nur zu genau. Er hatte falsch gehandelt und würde dementsprechend seine Strafe erhalten.

„Sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen, ist ein Zeichen von Schwäche.“

Wieder blickte Scorpius auf seine Zehnspitzen. Es war der Beginn eines Alptraumes, der erst in vielen Jahren sein Ende finden würde. Mit jedem weiteren Schritt, der ihn weiter weg von der Freiheit führte, schloss er ein Stück von sich selbst ein.
 

Bis du frei atmen kannst. Ein Gefühl kann man nicht teilen. Ehrlichkeit ist nie bequem.


 

Rose hörte Stimmen. Leise kletterte sie aus ihrem Bett und tapste mit nackten Füßen über den kalten Flur. Das Herz der Achtjährigen machte einen Hüpfer. Sie hoffte, dass ihre Eltern wieder da waren. Zuletzt hatte sie die beiden vor über acht Monaten gesehen.

Als sie die Treppen herunter sah, entdeckte sie ihren Cousin Albus. Lauschend saß er im ersten Stockwerk und versuchte etwas, von dem Gespräch der Erwachsenen, mitzubekommen. Dies tat er seit seinem neunten Geburtstag und Rose konnte es ihm noch nicht einmal verübeln.

Die Stimmen der Erwachsenen wurden wilder und lauter, schließlich verstummten sie ganz.

Frustriert erhob sich der junge Potter und sah zum zweiten Stock des Hauses. Rose und er tauschten einen stummen Blick miteinander aus. Dann wandte er den Blick ab und sie nahm enttäuscht ihre Hände vom Gelände. Es ging nicht um ihre Eltern.

„Kommt nach Hause, Mom… Dad“, flüsterte sie leise und schritt zurück in das Zimmer, welches sie sich mit ihren Cousinen Dominique und Lily teilte. Lautlos legte sie sich zurück ins Bett und öffnete die kleine Spieluhr auf dem Nachtisch. Eine sanfte Melodie ertönte und wollte sie in den Schlaf gleiten lassen. Noch bevor Rose Kopf das Kissen berührte, rollte die erste Träne über die Wange der Achtjährigen.
 


 

Und ein Lied ist eine Flamme. Überall kannst du sie sehen.
 

Fortsetzung folgt...

Der Beginn von drei Minuten.

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Ich bin nicht der, der ich sein will und will nicht sein wer ich bin. Mein Leben ist das Chaos, schau mal genauer hin.
 

Wind...
 

… leichtes Flügelschlagen...
 

Wachsam streckte ein weißblonder Junge seinen nackten linken Arm aus. Ein dunkler Adler ließ sich auf ihn nieder und harmonierte mit der grausamen Markierung des dunklen Mals. Zärtlich strich der Junge über das Gefieder des Tieres und band die Nachricht von seinem Bein. Dann entließ er den Adler wieder in die Freiheit. Eine Freiheit, nach der er sich als Kind oft gesehnt hatte. Mittlerweile belächelte er diesen törichten Wunsch.

Scorpius Malfoy sah auf die Nachricht und seine Nackenmuskulatur spannte sich an. Seine Strategie bezüglich des heutigen Überfalls war von den Beratern des dunklen Lords bewilligt worden, nun verlangten sie, dass er seinen Schachzug selbst ausführte. Normalerweise hätte es ihn mit Stolz erfasst, aber jetzt empfand er es als störend. Seine Pläne für den Tag hatten anders ausgesehen.

Die hellen, goldbraunen Augen glitten durch das luxuriöse Zimmer und blieben am Himmelbett hängen. Mit nackten Füßen, fast lautlos, trat er näher und betrachtete mit unbewegter Miene die schlafende Frau. Ihr langes, schwarzes Haar umrahmte ihr schönes Gesicht und ihre Hand tastete auf der leere Seite entlang.

Scorpius bückte sich und hob seine Hose auf. Leise begann er, sich anzuziehen. Ein Blick auf die große Standuhr verriet ihm, dass er die Vorbereitungszeit für den Angriff nutzen sollte. Seufzend strich sich der junge Todesser durch das abstehende Haar und zog sich das schwarze T-Shirt über den Kopf. Dabei streifte sein Blick das dunkle Mal. Ein kurzer Fluss der Erinnerungen zog an seinem geistigen Auge vorbei, als er sich an jene Nacht erinnerte, in der er das dunkle Mal bekommen hatte.

Nie hatte er denselben Stolz verspürt wie seine Geschwister, viel eher hatte diese Markierung sein Herz unendlich schwer werden lassen. Etwas, wovor er sich hütete, offen zu sprechen. Wenn es eins gab, in dem Scorpius gut war, dann im Lernen. Alle Regeln, jede Tradition und jede einzelne Erwartung, die er kannte, hatten ihm dazu verholfen der zu werden, der er jetzt war. Ein Todesser, dessen Weg steil nach oben führte, vielleicht sogar bis an die Seite seines Herrn.

Ein zynisches Lächeln glitt über seine blassen Lippen. Viel Dunkelheit, Schmerz und Demütigungen hatte er über sich ergehen lassen müssen, doch er war bereit gewesen, diesen Preis zu bezahlen. Denn sein Lohn war mehr als nur entschädigend gewesen. Macht, ein Stück Freiheit und Anerkennung einiger Mitstreiter.
 

„Hör auf, so selbstgefällig zu grinsen.“

Der junge Malfoy drehte sich um und erkannte, dass seine Verlobte die Augen aufgeschlagen hatte. „Woher willst du wissen, dass ich nicht weine?“

Sie lachte trocken und strich sich durch das dunkle lange Haar. Ohne sich um ihrer Nacktheit zu scheren, setzte sie sich aufrecht hin und musterte ihn: „Ein Scorpius Malfoy weint nicht. Das hast du noch nie getan.“

„Aus deinem Mund klingt es unmenschlich.“ Er setzte sich auf das Bett und zog seine Schuhe zu sich heran. Als er ihre zarten Finger auf seinem Rücken spürte, wie sie liebevoll seine Muskeln nachzogen und Sekunden später ihre Lippen auf seinen Nacken presste, hielt Scorpius inne: „Lilith, egal was du vorhast, du wirst mich nicht dazu bringen, weiterhin hier zu bleiben, um noch einmal zwischen deine Beine zu verschwinden.“

Augenblicklich löste sie sich von ihm und warf sich zurück in die Kissen. „Sadist. Vielleicht sollte ich zu Floyd gehen und fragen, ob er zu Ende bringt, was du angefangen hast.“

Lachend stand Scorpius auf und zog seinen schwarzen Umhang von seinem Ledersessel. „Dann verschone mich, wenn du enttäuscht wirst, weil er es nicht gebracht hat.“

„Dein Bruder soll ein toller Liebhaber sein“, warf Lilith ein, doch er achtete nicht darauf, sondern dachte lediglich an die Mädchen, die er weinend und arg brutal zugerichtet in den Räumen seines Bruders vorgefunden hatte, als er noch unter Floyd gestanden hatte. Scorpius erinnerte sich nicht gern an die zwei Jahre, in denen er von seinem Bruder hatte lernen sollen. Wissenswerte Lektionen hatten nicht auf den Tagesplan gestanden.
 

Er hatte es mit fünfzehn kaum erwarten können seinen Mentor zu wechseln. Sein Großvater Colin Goodale, ein stark eingerosteter Todesser, mit einem Verstand so scharf wie eine Klinge, brachte ihm bei, dass man mit Wissen und gewissen Kenntnissen weiter kam, als mit roher Gewalt. Dieses kleine Rezept hatte Scorpius die Möglichkeit geboten, sich von seinem Bruder abzuheben. Etwas, was er seinem Großvater bis heute dankte.
 

„Er ist Meister darin, Frauen zu misshandeln und sie dann zu entstellen“, sprach der jüngste Malfoy neutral.

„Schlammblüter werden so behandelt, Scorpius“, merkte Lilith pikiert an und stieg aus dem Bett. Ungeniert schritt auf ihn zu. Zärtlich strich sie durch seine Haare. Sie lächelte. „Wenn du dein Haar zurückkämmst, siehst du von Weitem aus, wie dein eigener Vater.“

„Das Kompliment gebe ich zurück. Du hast ebenfalls viel Ähnlichkeit mit deiner Mutter, wenn du unter mir liegst.“ Seine Mundwinkel zuckten kurz.

Lilith verdrehte die Augen und hauchte ihm ihre Art von Abschiedskuss auf die Wange: „Darüber reden wir heute Abend noch einmal, wenn das Essen mit deiner Familie ansteht. Ich bin gespannt, ob du auch da so eine große Klappe hast.“

Scorpius atmete tief durch und vermied es darauf einzugehen. Er wusste, dass sie nur darauf wartete, einen wunden Punkt bei ihm zu treffen. Lilith liebte es, mit Schwächen zu spielen, doch bislang hatte er jegliche Gefühle, die sie als Schwäche gegen ihn benutzten konnte, geschickt vertuschen können. „Mein Vater wird nicht da sein. Das weißt du.“

Er löste sich von ihr und griff zu seinem Zauberstab auf seinem großen Eichentisch. Er befand sich nicht oft innerhalb dieser Wände, nur wenn Lilith ihr Interesse verlauten ließ. Etwas, was in letzter Zeit zur Regelmäßigkeit wurde.

„Sehe ich dich heute Abend noch?“, wollte sie wissen und sie setzte sich erneut auf das großzügige Bett.

Scorpius beobachtete ihre schlanke Gestalt. Die junge Parkinson gab eine makellose Hexe ab, doch trotzdem reizte sie ihn nicht annähernd so stark, wie sie es eigentlich sollte. Er wandte sich zum Gehen. „Nein, aber vielleicht in zwei Tagen.“

Lilith warf ein Kissen nach ihm und Scorpius fing es leichtfertig ab. Zufrieden mit sich schlüpfte er in den dunklen Gang hinaus und verließ somit seine Gemächer. Seine Schritte hallten an den Wänden entlang, niemand begegnete ihm, lediglich die großen Fackeln an den Steinwänden spendeten Licht und Scorpius bog nach einer gefühlten Ewigkeit ab. In diesem Labyrinth aus Korridoren, Fluren und Abbiegungen fand er sich ohne große Mühe zurecht.
 

Eine lange geschwungene Treppe erstreckte sich vor ihm. Giftiges Grün und dezentes Silber verdeckten die Wände sowie die Decke. Die Fackeln waren durch Kerzen ausgetauscht worden und überraschend konnte der junge Malfoy seinen Begleiter ausmachen. Richard Zabini war ein Mitstreiter, der bereits bei seinem ersten Attentat an seiner Seite verweilte. Nun saß er gelangweilt am Ende der Treppe auf den Stufen und zog an billigen Zigaretten. „Du bist früh dran“, begrüßte Scorpius ihn und der Dunkelhaarige zuckte mit den Achseln. Genüsslich stieß er den Qualm aus und erhob sich träge.
 

Unweigerlich wurde dem jungen Malfoy bewusst, dass es nur sehr wenige Menschen gab, die er in solch einer Form akzeptierte wie Richard. Sie hatten in der Vergangenheit als Kinder oft Strafen zusammen abgesessen. Wobei es bei dem Zabini-Erben eher seine Faulheit war, die ihm Schmerzen einbrachte, während Scorpius eine falsche Denkweise an den Tag gelegt hatte. Sie hatten nie viele Worte miteinander gewechselt und sich Teile ihres Lebens auch in verschiedenen Abteilungen des Schlosses aufgehalten. Aber seit fast über einem Jahr arbeiteten sie wieder zusammen. Mal zu zweit, mal führten sie eine Strategie von Floyd aus und manchmal schlossen sie sich einfach anderen Genossen an.
 

Lediglich, wenn die Strategie von Floyd Malfoy kam, hielten sie sich sehr ungenau an den Plan, denn das ganze überflüssige Blut sparten sie sich gern.

„Dein Plan, für wie viele Leute war der gedacht?“

„Acht“, erläuterte der Blonde teilnahmslos, doch als der Andere verwirrt die Augenbrauen hob, fragte er nach: „Wieso?“

„Der dunkle Lord stellt dir dreißig Mann zur Verfügung. Dabei dachte ich, zehn würden reichen um King‘s Cross einzuheizen. Aber da es sich um blutige Anfänger handelt, denke ich, wir sollten vielleicht nicht auf Parkinson verzichten.“

Scorpius verzog das Gesicht. Es war kein Geheimnis, dass er sich nicht mit dem Bruder seiner Verlobten verstand. „Doch, wir verzichten“, sprach der junge Malfoy und entlockte seinem Freund damit ein leises Lachen.

Richard erhob sich und schritt mit Scorpius durch die gigantische Vorderhalle. Zusammen betraten sie die Ankunftshalle und erblickten unzählige junge Todesser, kaum sechszehn Jahre alt. Ihre langen Umhänge wirkten nicht halb so bedrohlich an ihnen, wie an einem volljährigen Diener des Lords. Sämtliche Jünglinge drehten sich um und jegliches Gespräch verstummte.

Scorpius nickte zufrieden. „Guten Abend die Herrschaften“, begann der Malfoy das Gespräch und schritt an einer langen Reihe von Kaminen vorbei. Dicht hinter ihm folgte Richard. „Bevor wir den Plan durchführen, möchte ich Sie auf etwas aufmerksam machen.“ Vor dem größten Kamin blieb er stehen und sah sie ruhig an. „Tanzt auch nur einer von Ihnen aus der Reihe und hält sich nicht an den vorliegenden Plan, ich warne Sie im Guten, es könnte schmerzhafte Konsequenzen für Sie haben.“ Scorpius schwang leicht seinen Zauberstab und vier Reihen von ihm entfernt ging ein Junge schreiend zu Boden.

Seine Augen waren vor Schmerzen aufgerissen, Speichel trat aus seinem Mund. Das Gesicht wurde weiß und die Fingernägel hinterließen Spuren auf dem harten Boden. Der entsetzliche Schrei lähmte sämtliche Anwesenden, während Scorpius merkwürdig kalt auf sein Opfer herunter sah. Nach einer halben Ewigkeit verstummte der Junge und Scorpius sprach: „Ich schätze es nicht, wenn man mir keine Aufmerksamkeit schenkt, wenn es um die Erläuterung von Regeln geht.“

Nur das Röcheln des gepeinigten Jungen war zu hören und er fuhr unbeirrt fort: „Zwanzig von euch werden Schlammblüter und Blutsverräter voneinander trennen. Seite eins bitte umgehend entfernen, Seite zwei möglichst lebend hier her bringen. Je besser eure Geiseln erhalten sind, desto besser für euch. Die anderen zehn kümmern sich um ein bisschen Chaos.“ Scorpius sah, dass einige vor Vorfreude grinsten und eben jene würde er nicht für diese Aufgabe auswählen. Sie sollten dort draußen einen kühlen Kopf bewahren und nicht die Kontrolle über sich selbst verlieren. „Ein Feuer hier, ein bisschen Explosion da. Sie verstehen sicherlich.“ Er streckte seine linke Hand aus, spreizte die Finger und eine silberne Maske erschien.
 

Der Schutz eines Todessers.
 

„Meine Herren, möge die Show beginnen.“
 


 

Und du glaubst ich bin stark und ich kenne den Weg. Du bildest dir ein, ich weiß wie alles geht.
 


 

„So, ich denke, ich habe alles.“

Ein junges Mädchen mit langen rotbraunen Haaren warf einen letzten Blick in ihre Einkaufstüte. In eiligen Schritten durchquerte sie die große, leicht beschädigte Ankunftshalle von King‘s Cross und sah zur Muggelinformation, wo sie einen hellen grauen Parker ausmachen konnte. Rose lächelte, als sie Dominique erblickte, den hübschen schwarzen Hut tiefer ins Gesicht gezogen und das goldige Haar darunter versteckt. Sie wirkte verängstigt und sah sich ständig um, fast so, als würde sie jeden Moment erwarten, dass jemand sie mitnehmen könnte. Roses Gesichtsausdruck wurde traurig. Seit Jahren war sie nicht mit ihrer Cousine außer Haus gewesen, ohne dass diese ständig gehetzt wirkte.

„Rose, na endlich!“ Die hübsche Veela wirkte sichtlich erleichtert, als sie ihre Cousine entdeckt hatte.

In schnellen Schritten eilte die Jüngere auf sie zu und ergriff ihre Hand. „Ich war doch kaum fünfzehn Minuten weg.“ Fröhlich zog Rose sie hinter sich her und als ihre Finger sich mit denen der Blondine verhakten, fiel ihr auf, wie schrecklich dünn Dominique wieder geworden war. Zu zweit schritten sie durch die Menschenmenge und suchten ihr Gleis. „Alter Gnom! Was ist heute hier los?“, beschwerte sich Rose. Selten hatte sie den Bahnhof so überfüllt gesehen.

„Es sieht aus, als gäbe es irgendwo ein Angebot“, warf Dominique ein, als sie die Treppen zum Gleis hochstiegen. „Sie haben alle dieselbe Tüte. Wahrscheinlich ein Ausverkauf. Schade, dass wir nicht hin können.“

Rose lachte und sah sich suchend nach der Anzeigetafel um. „Ich glaube, Tante Ginny würde uns meucheln, wenn wir den Besuch beim Arzt ausfallen lassen, nur um irgendwo ein paar Kleider mitgehen zu lassen.“

„Gegen neue Kleider hätte ich nichts“, warf Dominique strahlend ein. „Und Lily sicher auch nicht.“

Die beiden Mädchen huschten an anderen Wartegästen vorbei. Schließlich blieb Rose stehen: „Laut unserer Fahrkarte müssen wir hier rein.“ Sie hatte es ihrem Großvater Weasley zu verdanken, dass sie sich so gut mit Muggeln auskannte. In diesem Moment war sie froh, dass sie als Kind spät abends so oft seinen Erzählungen gelauscht hatte. Es war schließlich das erste Mal, dass sie alleine mit Dominique auf Muggelart verreiste. „Und wie es aussieht, sind wir nicht die Einzigen, die auf Muggelfahrzeuge umgestiegen sind.“ Die rothaarige Weasley nickte auf eine kleine Gruppe von Zauberern, die bei der Kleidung eindeutig ahnungslos kombiniert hatte.

Die Blondine kicherte und ließ sich von Rose in den Zug helfen. Sie suchten sich ein leeres Abteil und ließen sich zusammen am Fenster nieder. Rose bemerkte, dass der Atem ihrer Cousine ungleichmäßig ging und sah sie kummervoll an.
 

Bereits als Kind war Dominique merkwürdig schwach gewesen und hatte oft gekränkelt. Manchmal verschlief sie tagelang und manchmal kam sie Tage lang nicht zur Ruhe und plagte sich mit Fieber oder einer Erkältung ab. Ein Arzt, der sich weit oben im Norden aufhielt, versprach Hilfe. Oft hatte Rose daran gedacht, zusammen mit Dominique zu apparieren, doch sie war zu schwach.

Als einzige Art blieb die zeitaufwendige Reise per Muggelart. Sie war gefährlich und doch war Rose bereit, sie auf sich zu nehmen, damit es ihrer Cousine besser ging. Nur der Zufall hatte ihnen den Namen des Arztes und seinen Aufenthalt gebracht.
 

„Danke Rosie“, flüsterte Dominique, als sie den Schal um ihren Hals löste. „Ohne dich wären wir wohl niemals aus Tante Ginnys Fängen entwicht.“

Die Weasley lächelte. „Wir sind auch nur raus gekommen, weil wir in einem Abteil mit Versteck sitzen.“

Verwirrt sah Dominique ihre Cousine an und Rose erklärte: „Unter diesem Teppich hier ist eine Art Hohlraum. Tante Ginny meinte, falls etwas passieren sollte, sollen wir dort rein kriechen.“ Sie verdrehte die Augen, denn eigentlich ging sie nicht davon aus, dass eine so harmlose Zugfahrt einen Anlass für eine stickige Kammer geben würde.

„Außerdem, ich frage mich, warum ausgerechnet heute Todesser angreifen sollten. King‘s Cross ist ein Muggelbahnhof.“ Dominique kramte in der Einkaufstüte herum und reichte ihrer Cousine etwas zu essen und eine Flasche Kürbissaft.

„Hören wir auf, davon zu reden. Hast du eine Idee, was wir Louis zum Geburtstag schenken können? Er wird siebzehn, oder?“, wechselte Rose eilig das Thema, denn es beherrschte schließlich schon jeden Abend beim Essen die Gedanken der Anwesenden.

Dominique biss in ihr Butterbrot und dachte nach. „Grandma hat mir mal erzählt, dass jeder volljährige Zauberer eine Uhr bekommen hat. Wir können diese Tradition doch wieder aufleben lassen.“

Begeistert von der Idee nickte Rose. „Ich glaube, man kann bei Onkel George Uhren bestellen. Ob sie dann funktioniert, ist eine andere Frage.“

„Wird schon klappen. Wir müssen Onkel George nur rechtzeitig Bescheid geben.“ Dominique sah aus dem Fenster und betrachtete das Treiben auf dem Nebengleis. „Tante Ginny hat mal von Hogwarts erzählt, wie sie jedes Jahr in einem Express zur Schule gefahren ist.“

„Kaum zu glauben, dass es in England eine Schule für Magie gegeben hat. Und in Frankreich und Bulgarien ebenfalls“, warf Rose ein. Sie zog ihre Handschuhe aus und fröstelte. Mit einem Blick auf die Uhr stand sie auf. „Ich muss mal eben aufs Klo, bin gleich wieder da.“

Dominique nickte und sah ihrer Cousine nach, wie sie die Abteiltür öffnete und im schmalen Gang verschwand.
 

Rose betrachtete die lachenden Kinder, die mit ihren Eltern verreisten, die alten Leute, die sich mit viel Kraft in den Zug kämpften, und sah sich suchend nach dem Toilettenschild um. Es war das erste Mal, seit sie denken konnte, dass sie sich ohne Begleitung bewegte, wenn sie sich außerhalb des Hauses befand. Schon öfters hatte sie sich gefragt, wie es wohl sein würde, ein ganz normales Leben zu leben. Ihr Grandpa schwärmte davon, doch Rose verließ regelmäßig die Vorstellungskraft, wenn sie versuchte, die Augen zu schließen und sich die freie Welt auszumalen.

Als sie das Toilettenkämmerchen erreichte, schloss sie die Tür hinter sich und setzte sich auf den Klodeckel. Sie zog einen verschlossenen Brief aus der Manteltasche und sah auf den Absender. Ein trauriges Lächeln glitt über ihre Lippen.

Ihr Bruder schrieb ihr regelmäßig, wenn auch in einer Schrift, mit der sie ihre liebe Mühe und Not hatte, sie zu entziffern. Seit über vier Jahren lebten sie getrennt. Sie war bei Tante Ginny geblieben und Hugo hielt sich bei Tante Audrey zusammen mit Louis und Lucy auf.

Vorsichtig faltete Rose den Brief auseinander und betrachtete die Fotos, die er dazu gelegt hatte. Sie zeigten Hugo und Louis, wie sie breit grinsend in die Kamera blickten, dann sah sie Lucy und Louis, wie sie zufrieden nebeneinander schliefen und unweigerlich fragte Rose sich, als sie das Foto genauer betrachtete, ob sich zwischen den beiden etwas entwickeln würde. Sie wirkten so vertraut und sie war sich sicher, dass ihr Bruder dieses Foto heimlich gemacht hatte.

Dann sah sie auf das letzte Foto und ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie sah auf den Brief und erkannte, dass Hugo ein wenig den Dachboden aufgeräumt hatte.

»Mom und Dad, wie sie einmal nicht miteinander streiten.«

Sie lächelte und strich mit den Fingerkuppeln über das Stück Papier. Es gab insgesamt nicht viele Fotos, die sie von ihren Eltern hatten, deshalb empfand Rose es als großes Opfer, dass Hugo sich von solch einem Schatz trennte.

Die lächelnden Gesichter ihrer Eltern sahen so glücklich aus, dass sich ihr Magen leicht zusammenzog. Rose drehte das Bild um und blickte auf das Datum. Es war zur Hochzeit von Dominiques Eltern aufgenommen worden. Wie lange war das nur wieder her? Über zwanzig Jahre?

Leicht betrübt entzifferte sie die letzten Zeilen des Briefes und beschloss, Hugo so schnell wie möglich zurückzuschreiben. Ihm zu erzählen, dass Lily ihn vermisste, dass sie einen Arzt gefunden hatten, der Dominique vielleicht helfen konnte und dass Albus noch immer rebellierte und Tante Ginny es schwer mit ihm hatte.

Immer wieder hatte ihr Cousin verlauten lassen, dass er kämpfen wollte, statt sich wieder verstecken zu müssen. Er war es leid, den eingesperrten Vogel zu mimen und Rose verstand ihn. Ein Bisschen zumindest.

Während James, Victoire und Ted dort draußen mit den Erwachsenen in die Schlacht zogen, durften sie immer wieder ihren Wohnsitz wechseln. Die Wut von Albus war verständlich, doch der Phönix-Orden nahm keine Zauberer, welche die Zwanzig noch nicht erreicht hatten, wo sie doch eigentlich alle mit Siebzehn volljährig waren.

Vorsichtig faltete sie den Brief wieder zusammen und steckte ihn in den gelblichen Umschlag zurück. Irgendwann, das hatten Rose und Hugo sich als Kinder versprochen, würden sie zusammen ein Qudditchspiel besuchen. Onkel Charlie und Tante Ginny schwärmten regelrecht von den Zeiten, als es für ihren Lieblingssport noch eine Liga gegeben hatte.

„Ja…. Irgendwann“, murmelte sie und erhob sich. Es war Zeit zurück zu Dominique zu gehen, sonst machte sich ihre Cousine noch ungesund viele Sorgen.

Leise schloss sie die Klotür hinter sich und wollte gerade ihren Weg zurück ins Abteil fortsetzen, als lautes Geschrei ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Rose drehte sich um und ging kurz darauf in die Hocke. Die Scheiben wurden eingeschlagen und Scherben regneten auf sie herunter. Sie kreischte auf und legte die Hände schützend über den Kopf. Verwirrt und einige Sekunden lang orientierungslos, sah sie sich um. Überall stürmten Menschen aus dem Zug und rempelten sie an. Rose erhob sich und wollte sich zu Dominique durchkämpfen, doch sie wurde brutal aus dem Zug gedrängt.

Die junge Weasley versuchte sich irgendwo festzuhalten, doch sie scheiterte. Auf dem Bahnsteig rannten die Menschen wild durcheinander. Immer wieder ertönten Schreie und irgendetwas knallte. Wieder ging sie leicht in die Hocke und sah, dass Rauch aus dem Inneren des Bahnhofes stieg. Hinter ihr setzte sich der Zug in Bewegung und Roses Augen weiteten sich. „Nein… warte…“ Sie wollte zum Zug und versuchen, wieder herein zu gelangen, doch der Strom an Menschen machte es ihr unmöglich. „Dominique!“ Sie schrie, doch ihre Stimme ging in dem Chaos unter.
 

„Todesser!“, brüllte irgendwo ein Mann und ihr Herz setzte einige Sekunden aus, als sie dem Zug nachsah und dann in den Himmel blickte. Augenblicklich verdunkelte er sich und ein finsterer Schatten legte sich über den gesamten Bahnhof. Wie von selbst schloss sich ihre Hand um ihren Zauberstab.

Und dann sah sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine der Gestalten, die die Welt in Angst und Schrecken versetzte. Sein langer schwarzer Umhang wehte um seinen Körper, die silberne Maske verdeckte feige sein Gesicht. Er hob seinen Zauberstab und Rose folgte seinem Blick. Jeden Moment würde er einen gezielten Fluch in eine Kindermenge schicken. Ohne dass Rose registrierte, was sie da tat, brüllte sie: „Stupor!“

Der Todesser fiel um, die Kinder verschwanden aus seinem Blickfeld. Ihr Herz schlug ungewohnt schnell und sie biss sich auf die Unterlippe. Immer wieder hallten die Worte von ihrem Onkel Harry in ihrem Ohr wieder. „Ich wünsche mir, einer der Leute da draußen hätte den Mut, ein Zeichen zu setzen, nur damit die Welt weiß, dass nicht alle aufgegeben haben.“

Rose wusste nicht, von welchem Zeichen er gesprochen hatte, das Einzige, was ihr einfiel, war ein simpler Spruch. Ihre Hand zitterte, als sie ihren Zauberstab gen Himmel richtete. Laut und deutlich rief sie: „Flagrate!“

Ein großes, brennendes Kreuz zeichnete sich in den Himmel und verdrängte einen Teil der Dunkelheit. Ihr Atem ging unregelmäßig und sie wollte vom Gleis eilen, um eine geeignete Stelle zu finden, die es zuließ, dass sie apparieren konnte. Sie kämpfte sich Richtung Treppe, doch als sie die oberste Stufe erreichte, erkannte sie drei weitere Todesser. Alle drei hoben synchron ihre Zauberstäbe und bevor Rose reagieren konnte, knallte es laut und sie schlug irgendwo mit ihrem Kopf an.
 

Ihr Umfeld verschwand und tiefe Schwärze umfing sie.
 


 

Ich bin dauernd auf der Suche und weiß nicht mehr wo lang. Niemand sieht mir an, wie verwirrt ich wirklich bin.
 


 

„Respekt.“ Zufrieden steckte sich Richard Zabini etwa vier Stunden später eine Zigarre an, während er neben Scorpius den langen Gang vom Hauptsitz des dunklen Lords entlang ging.

Der Blonde nahm seine Maske ab und ließ sie verschwinden. Sein Gesicht spiegelte keinerlei Emotion wieder.

„Der dunkle Lord schien äußerst zufrieden mit dir zu sein“, merkte Richard grinsend an und Scorpius lächelte bitter und setzte hinzu: „Während Parkinson und Floyd aussahen, als wollten sie mich vierteilen.“

„Ach, lass die Idioten. Wenn sie nicht immer einen auf Blutsauger machen würden, sondern unter anderem Mal ihr Köpfchen einschalten, dann würden sie unserem Herrn deutlich machen, dass sie mehr können, als Schlammblüter zum Kreischen zu bringen.“ Er zuckte unwirsch mit den Achseln. „Aber so, nein, was deinen Verstand angeht, bist du ihnen überlegen. Ich frage mich mittlerweile manchmal, von wem du das hast.“

Scorpius sah seinen Nebenmann an, als sie eine Turmtreppe herunter gingen. „Sprich dich aus.“

„Na ja“, gab Richard widerwillig zu und blies den Qualm aus, „deine Mutter ist nicht gerade die Hellste, sie steigt kaum bei einem komplizierten Zauber durch, ein Wunder, dass sie das dunkle Mal erscheinen lassen kann. Dein Vater dagegen…“, Richard neigte den Kopf. „Er ist talentiert, sicherlich auch überdurchschnittlich, aber diese überragende Genialität fehlt ihm.“

Scorpius wehrte mit einer simplen Hand ab. „Du täuschst dich. Mein Vater besitzt mehr Wissen, als ich es je erreichen werde. Nur unterlässt er es, sich von jedem in die Karten gucken zu lassen. Denn vor jemandem, den man unterschätzt, fürchtet man sich nicht.“

„Weise Worte, sie klingen ganz nach Goodale.“

„Immer wachsam, Richard.“

Der Ältere grinste zufrieden und sie erreichten den Keller. „Hat der dunkle Lord gesagt, was wir mit den Blutsverrätern machen dürfen?“

„Das Übliche, wir dürfen uns welche heraussuchen und mit ihnen machen, wonach uns der Sinn steht.“

Richard legte einen Arm um die Schulter seines Mitstreiters und machte ein zufriedenes Gesicht. „Dann hoffen wir Mal, dass etwas Ansehnliches dabei ist. Schließlich warten die Jungs schon sehnsüchtig auf uns.“

„Die Jungs werden grölend vor der Beute stehen und untereinander würfeln, wer wen bekommt.“ Scorpius hasste solche Anschauungen.
 

Zum ersten Mal hatte er eine Beuteaufteilung mit fünfzehn erlebt. Unter der Führung seines Bruders hatten sie einen Jahrmarkt auseinander genommen und am Ende hatte ein jeder den Anspruch auf Spaß gehabt. Das Mädchen, welches Scorpius damals zugesprochen bekam, war hübsch gewesen. Und dennoch vermittelte sie dem damals Fünfzehnjährigen nicht die Freude, die er sich erhofft hatte.

Auch die darauf folgenden Beuteaufteilungen hatten ihn gelangweilt, weshalb er sich seinen Opfern gegenüber recht zeitig erbarmt hatte und ihnen den Tod vergönnte. Besser, als sie später an Floyds Kumpels ausliefern zu müssen. Zumal viele von ihnen sich bereits in einem fatalen Zustand befunden hatten.
 

„Es wird wie immer sein“, schloss er bitter.

„Nicht ganz“, flötete Richard. „Zur Abwechslung ist da unten ein Weib, was ein bisschen Mut besitzt. Das brennende Kreuz am Himmel, es kam von einer Frau. Ich befand mich in Jonathans Nähe und habe die Stimme gehört. Ziemlich laut die Alte, nur im ganzen Chaos war es nicht möglich zu sehen, wo sie stand.“

Scorpius sah ihn ausdruckslos an und Richard blieb stehen. „Ey, jetzt ohne Scheiß!“

„Es fällt mir schwer, das zu glauben.“ Tatsächlich regte sich allerdings etwas Interesse in dem jungen Malfoy. Schließlich hatte er noch nie jemanden vor sich gehabt, der es wagte, sich zu wehren.

„Gut, wenn du sie nicht willst, dann picke ich sie mir raus, wer weiß, was sie noch so drauf hat.“ Richard machte eine kleine Pause, bevor er fortfuhr: „Sie könnte mir arg den Abend versüßen.“

Der junge Malfoy sah ihn warnend an. „Wir werden sehen.“ Dann setzte er seinen Weg fort und wenig später betraten die beiden Jungen den Saal für die Beuteaufteilung.
 

Wie erwartet wurde schon fleißig gefeilscht und Scorpius kam nicht umhin, ein wenig verblüfft zu wirken. Die Beute der Frauen fiel deutlich höher aus, als er es erwartet hatte.

Als registriert wurde, dass sie dazu gestoßen waren, verstummte augenblicklich jegliches Gespräch. Es war schrecklich kalt in dieser Halle, die wenigen Fackeln spendeten kaum Wärme und die Blutlache auf dem grauen Betonboden hatten nackte Fußabdrücke hinterlassen.

Selbstbewusst schritt Scorpius an ihnen vorbei und sprach: „Meine Herren, ich bin äußerst zufrieden mit Ihnen und bevor Sie sich auf Ihre Belohnung stürzten, möchte ich diese Belohnung um einen Blutsverräter reduzieren.“

Die Jungen grinsten und Scorpius nahm dies als Einverständnis hin. Er drehte sich um und blickte in völlig verängstigte Gesichter.

„Ich frage nur einmal“, begann er mit lauter, eindringlicher Stimme und Richard verstand, weshalb seinem Mitstreiter nachgesagt wurde, dass er es ohne Mühe schaffte, innerhalb von zwanzig Minuten in einem Verhör sämtliche Informationen zu erbeuten. Weder seine Haltung noch seine Stimme oder sein Auftreten ließen daran zweifeln, dass er alles, was er sagte, auch ernst meinte.

„Wer von euch hat den Flagrate-Zauber benutzt?“ Er schritt an einer Reihe verängstigter Frauen vorbei. „Wenn sich niemand freiwillig meldet, kann ich nicht garantieren, dass es ein wenig an Zimmerlautstärke zunehmen wird.“ Er zog seinen Zauberstab hervor und sah drohend an der Reihe entlang. Niemand meldete sich, alle hüllten sich in Schweigen. „Gut…“ Er hob den Zauberstab und wollte gerade eine Kostprobe geben, als eine leise Stimme seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
 

„Ich war es.“
 

Zufrieden schritt Scorpius durch die ersten zwei Reihen hindurch und blieb dann an einem Mädchen mit langen zerzausten und verdreckten Haaren hängen.

Ihr leuchtender roter Mantel war eingerissen, ihre Füße nackt und in ihrem Gesicht klebte Blut. Sie zitterte, er wusste nicht ob vor Angst oder vor Kälte, und hatte die Arme um ihren Oberkörper geschlungen. Sie blickte starr auf den Boden, weshalb er ihre Augenfarbe nicht definieren konnte.

Gleichgültig sah er sie an und musterte sie kurz.

Sie war einen ganzen Kopf kleiner als er, jedoch schien sie nicht eingeschüchtert, eher ruhig. Anders als die anderen Frauen gab sie kein Wimmern von sich, geschweige denn irgendeinen anderen Laut. Ungewöhnlich für jemanden, der den Beginn eines Alptraumes vor sich hatte.

Eigentlich bot sie einen jämmerlichen Anblick, doch etwas an ihr hielt seinen Blick fest. Scorpius konnte nicht sagen, was es war, nur, dass er nicht den geringsten Wunsch verspürte, sich dagegen zu wehren. „Sieh mich an.“

Das Mädchen, welches kaum älter sein konnte als er, zögerte, doch schließlich schaute sie auf. Blaue klare Augen bohrten sich in seine, fest und entschlossen.

Der junge Malfoy brauchte einige Anläufe, um sich von ihr zu lösen, dann fand er wieder zu seiner ursprünglichen Verfassung wieder. „Ich nehme sie mit“, sprach er an Richard gewandt. „Falls es Einwände gibt, dann sprich sie aus.“
 

Der Zabini-Erbe winkte lässig an. „Ich stehe auf blond. Das weißt du doch.“ Es schien, als wollte er die aufkommende Anspannung lockern.

Kurz nickten die beiden sich zu, dann wurde das junge Mädchen von zwei Todessern rechts und links abgeführt. Sie wehrte sich nicht, vergoss keine Tränen und es schien, als habe sie sich gänzlich mit ihrem Schicksal abgefunden.

Scorpius schritt zurück durch die Reihen und wurde kurz von Zabini aufgehalten: „Vielleicht solltest du sie erst ein wenig schreien lassen, bevor du sie nimmst. Sie sah nicht besonders ängstlich aus, zudem eher tot als lebendig.“ Er schien vergnügt darüber.

Scorpius erwiderte sein Grinsen und sprach mit lauter fester Stimme: „Meine Herren, Sie dürfen die Beute aufteilen.“

Die Jungen jubelten hinter ihm und die Jagd begann. Überschwänglich huschten sie durch die Frauen hindurch, jeder wollte sich das hübscheste Fleisch sichern, nur Richard blieb gelassen.

„Du solltest dich beeilen, sonst bleibt nichts Blondes mehr“, merkte Scorpius an.

Unwirsch zuckte Richard mit den Schultern. „Und wenn schon. Vielleicht gerate ich durch mein vorbildliches Verhalten endlich einmal an deine Schwester.“

Scorpius klopfte ihm kopfschüttelnd auf die Schulter. Er hatte seinem Mitstreiter schon des Öfteren gesagt, dass seine Schwester keinerlei Interesse an jüngeren Männern zeigte. „Tu, was du nicht lassen kannst, aber sei nicht gefrustet, wenn sie zu dir sagt, du sollst wieder kommen, wenn dein Schwanz ausgewachsen wäre.“

Gespielt getroffen sah er ihn an. „Hat sie das zu Parkinson gesagt?“

„Ja.“

„Die Frau ist ein geiles Flittchen.“

Scorpius rollte mit den Augen und verließ in zügigen Schritten die Halle. Er hatte noch ein Treffen mit seiner Familie und wollte es nicht wagen, zu spät zu kommen. Wenn es sich vermeiden ließ, umging Scorpius gern die Gefahr einer Strafe.

Hinter ihm ertönten die ersten hysterischen Schreie. Schreie, die jeden anderen das Herz zerrissen hätten. Doch er war nicht jeder andere. Er war ein Todesser und hatte im Laufe der Jahre gelernt, das Gefühl in seiner Brust zu ignorieren. Das große mächtige Tor fiel hinter ihm zu, als er die Halle verließ und in einem der vielen Gängen wieder verschwand.

Die Schreie verstummten.
 

Zurück blieb das Geräusch seiner Schritte, welche an den Wänden zurück hallten.
 


 

Stell dich mit mir in die Sonne oder geh mit mir ein kleines Stück, ich zeig dir meine Wahrheit für einen Augenblick.
 


 

Mit klopfendem Herzen sah sie auf das gigantische Bad, welches sich vor ihr erstreckte. Etwas löste sich in ihr und Rose atmete spürbar aus. Sie war davon ausgegangen, dass der junge Todesser sie foltern wollte, sie nur an einen anderen Ort brachte, wo er seinen Spaß weitaus ungestörter ausüben konnte als in der großen Halle. Doch nun befand sie sich in einem gut beheizten Bad und hörte, wie die Todesser die Tür hinter ihr schlossen.

Erleichtert, diese Gestalten los zu sein, lockerte sich ihr Griff in ihren Mantel. Vorsichtig setzte Rose einen Schritt vor den anderen und musterte die Ausstattung. Es gab jeweils zwei Türen, eine, aus der sie gekommen war und eine, durch die sie wahrscheinlich gleich gehen musste.

Ihr Blick fiel auf die vielen Handtücher und die weiße riesige Wanne. Wasser floss hinein und Schaum bäumte sich auf. Auf der anderen Seite entdeckte sie einen menschengroßen Wandspiegel, einen Schminktisch und gestapelte Kleidung. Zögerlich tat Rose, was man von ihr erwartete und begann sich zu entkleiden, um sich dann ins angenehm warme Wasser gleiten zu lassen. Sie seufzte, als sich die duftende Flüssigkeit um ihren Körper schloss und sie den Kopf nach hinten lehnte.
 

Die letzten Stunden waren der pure Alptraum für sie gewesen. Wie ein Tier hatte man sie zu den anderen Frauen getrieben, voller Hektik und Eile. Dabei war sie aus ihren Turnschuhen gestolpert und hatte sich ihre Socken bei irgendetwas eingerissen. Erst als sie dicht an dicht mit den anderen Frauen in einer Zelle gehockt hatte, war ihr Zeit geblieben, sich um den Schaden zu kümmern, doch ohne Zauberstab gestaltete sich dies als schwer.

Schließlich hatte sie die Socken ganz entfernt. Doch bevor sie auch nur einen Gedanken an mögliches Flicken verschwenden konnte, war die Frau neben ihr auch schon von einem Zauber angegriffen worden. Blut war aus ihrem Körper gespritzt, sie hatte geschrien und war röchelnd zu Boden gegangen. Mit Schrecken hatte Rose beobachten können, dass es in mehreren Zellen der Fall gewesen war. Die Stimmen der verzweifelten Frauen hallten auch jetzt noch durch ihren Kopf.
 

Tief einatmend tauchte die junge Weasley mit dem Kopf unter Wasser. Das warme Blut war über ihre Füße gelaufen und hatte ihr Gesicht und ihre Kleidung bespritzt. Sie wollte sich reinigen, die Erinnerung fort wischen, wohl wissend, dass dieses Bad ihr dabei nicht helfen würde. Als sie auftauchte und sich das Haar nach hinten strich, sah Rose an die Decke und konzentrierte sich auf den glamourösen Kronleuchter.
 

Nachdem sie in die große düstere Halle gekommen war und die vielen jungen Todesser gesehen hatte, die sie betrachtet hatten, wie ein Stück Vieh auf dem Markt, war ihr angst und bange geworden. Innerlich hatte sie sich darauf vorbereitet, nicht mehr lange zu leben zu haben. Im schlimmsten Falle sogar damit gerechnet, dass sich einer von ihnen an ihr vergehen würde.

Erst als die zwei letzten Todesser den Saal betreten hatten und sofort Stille eingetreten war, hatte sie ein ganz klein wenig Hoffnung geschöpft, dass es auch bei Unmenschen wie Todessern Regeln einzuhalten galt.

Doch schnell hatte der Blonde ihre naive Hoffnung zerstört.

Die Vorstellung, dass jemand anderes mit einem Unverzeihlichen gefoltert wurde, nur weil sie zu feige gewesen war, um für ihre Tat geradezustehen, hatte Übelkeit in ihr aufsteigen lassen. Ihre Aufrichtigkeit hatte verlauten lassen, dass sie für das brennende Kreuz verantwortlich war.

Außerdem verriet ihr Herz ihr, dass es nichts war, für das sie sich schämen musste. Ihr Herz hatte bis zum Hals geschlagen, als der Todesser vor ihr stehen geblieben war. Sie hatte seinen Geruch von Rauch und Tod vernommen und ihr Magen hatte sich bei dem Geruch von Verwesung zusammengezogen.

Als er ihr befahl aufzusehen, hatte es sie viel Überwindung gekostet. Zu ihrem Entsetzten schien er kaum viel älter zu sein, als sie. Neben dem Alter hatte sie jedoch noch etwas ganz anderes schockiert. Ein Schlächter und Mörder wie er hatte das Antlitz eines Engels.

Noch nie hatte sie solch einen schönen Jungen gesehen. Sie definierte schön, da hübsch kein passender Ausdruck für sein gleichmäßiges und doch ausgeprägtes Gesicht war. Hübsch war auch ihr Cousin Louis. Doch dieser Todesser, mit Augen aus Gold und Haaren so glänzend wie Sonne hatte sie vollkommen aus der Spur gebracht. Sein fester Blick, welcher keinerlei Widerspruch zuließ, hatte sie schlucken lassen.
 

Und zu ihrer Überraschung war sie nun auf seinen Wunsch hin hier gelandet.
 

Rose sah auf die Shampooreihe, die ihr zu Verfügung stand und beschloss, so lange wie nur möglich zu trödeln.

Nachdem sie sämtliche Spülungen durch hatte und ihre Haut anfing zu schrumpeln, quälte sich die junge Weasley aus dem Wasser und wickelte ihren nackten Körper in ein großes Handtuch. Ausgiebig cremte sie sich ein, ließ ihr hüftlanges Haar trocknen und erkannte den typischen Rotstich der Weasleys wieder. Sie lächelte sich zaghaft im Spiegel zu, doch schnell legte sich wieder ein Schatten über ihre falsche Fröhlichkeit.

Sie würde hier nicht lebend rauskommen, egal wie sehr sie sich Hoffnung machte oder versuchte Zeit zu schinden. Früher oder später würde sie sich ihrem Schicksal stellen müssen.

Mit tauben Fingern griff sie zu der Kleidung, die man für sie bereit gelegt hatte, und erkannte ein dunkelgrünes langes Nachthemd. Dazu schwarze schlichte Unterwäsche. Nach einigem Hin und Her zwang sich Rose, die Sachen anzuziehen. Kurz bürstete sie sich noch einmal das lange Haar, dann sah sie auf die verschlossene große Tür.

Es kostete Rose viel Überwindung, das Bad zu durchqueren, doch als sie mit beiden Händen den großen Griff umschloss und tief durchatmete, wurde ihr bewusst, dass es besser war, wenn sie diesen Schritt nicht mehr weiter hinaus schob. „Vielleicht sterbe ich ja auch kurz und schmerzlos.“, flüsterte sie leise. In ihrem Inneren fegte ein stummer Sturm.
 

Mit ein wenig Kraftaufwand stieß sie die große dunkle Tür auf.
 


 

Fortsetzung folgt...
 

Ein nicht endener Alptraum.

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Hast du die Karten verteilt. Entscheidest du, für wen die Sonne lacht und für wen es immer schneit.
 


 

Rose Herz klopfte bis zum Hals, als sie den unbekannten dämmrigen Raum betrat. Ihre feuchten Hände gruben sich in das lange dunkelgrüne Nachthemd. Ihr Blick suchte den Raum ab und sie erkannte drei Reihen voller Bücher. Die Regale reichten bis zur Decke. Mit bloßen Füßen betrat sie den weichen Teppich und staunte. Eine runde Treppe führte ein Stockwerk höher und wieder erkannte Rose nur Regale voller Bücher. Noch nie hatte sie solch einen Raum gesehen. Er wirkte wie eine Bibliothek. Sie drehte sich um die eigene Achse, sah auf die großen Fenster, welche mit dunklen Gardinen geschmückt waren und hörte das Feuer im übergroßen Kamin knistern. Sie stolperte an der schwarzen Couch vorbei und nahm den Kamin näher in Augenschein. Sie konnte nicht flohen.
 

Dann schritt sie zu den Fenstern und suchte nach den Verschluss, doch ein Blick nach draußen verriet absolute Dunkelheit. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Es wäre auch zu schön um wahr zu sein, dass ihr die Flucht so einfach gelingen konnte. Enttäuscht legte sie die Handfläche auf die kalte Fensterscheibe und sah sich an. „Komm schon Rose… gib nicht so schnell auf…“, murmelte sie leise und sah auf den angrenzenden Raum, der die Fensterreihe fortsetzte. Unsicher betrat sie diesen und erkannte eine Art Esszimmer. Es war kleiner als der erste Raum. Gerade als sie das Essen auf dem langen dunklen Tisch ausmachen konnte, fiel ihr ein weiterer Kamin auf. Doch noch bevor sie den ersten Schritt drauf zumachen konnte, ließ eine fremde Stimme sie zusammenzucken.
 

„Das würde ich lassen.“
 

Sie fuhr herum und wich wie von selbst einen weiteren Schritt zurück. Ihre hellen blauen Augen hafteten sich unentwegt auf die dunkle Gestalt, welche sich im Türrahmen befand. Der Fremde zog den langen schweren Umhang von seinen Schultern und sie erkannte jenen Jungen aus der bedrohlichen Halle. Er hatte seine Kleidung gewechselt, jedoch war die Farbe geblieben. Schwarz, wie die Dunkelheit.
 

Roses Blick haftete an seiner Erscheinung. Ihr erster Eindruck verstärkte sich schmerzlich, denn ihr wurde bewusst, dass er trotz seiner Erscheinung die Gesetzte und Ansichten eines Todessers verkörperte. Emotionslos sah er an ihr auf und ab und legte seinen Umhang auf eine Kommode. Als seine hellen Augen so unverblümt auf ihr lagen, musste sie schlucken. Rose ging erneut einen Schritt zurück und stieß mit dem Rücken gegen die Kante des langen, dunklen Esszimmertisches. Er grinste amüsiert über ihre Angst, eine Schwäche, die sie an sich verfluchte. Denn nun wusste er, dass er sie in der Hand hatte. Sie lieferte sich selbst aus.
 

Der unbekannte Junge legte den Kopf leicht schief und betrachtete sie weiter eingehend. Das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht. „Zieh dich aus.“
 

Die Aufforderung, welche einem Befehl gleich kam ließ ihren Atem stocken. Alles in ihr weigerte sich, dem nach zu kommen, weshalb Rose fest die Zähne aufeinander presste. Ihr Herz schlug wild gegen ihre Brust und das Blut in ihrem Kopf rauschte. Wie von selbst hielt sie sich an der Tischkante hinter sich fest und ihr Blick wurde starr. Rose war durchaus bewusst, was er mit ihr machen wollte. Sie sollte dasselbe Schicksal wie tausende von andere Frauen teilen. Aus Reflex presste sie unter dem Nachthemd ihre Beine zusammen und versuchte zu ignorieren, dass er auf sie zuging.
 

Leise und selbstsicher.

Sie sah, dass er keinen Zauberstab in der Hand hielt, wahrscheinlich war ihm bewusst, dass sie ihm so oder so ausgeliefert war und er auf solch eine Hilfe verzichten konnte.

„Hast du mich nicht verstanden?“ Er klang ruhig, doch Rose war, als hätte er sie angeschrien.
 

Als er vor ihr stand und ihr bewusst wurde, dass er sie um einen ganzen Kopf überragte, wurden ihre Hände kalt. Er beugte sich zu ihr runter und sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr. Der Geruch von Tannen und Wald stieg in ihre Nase und unweigerlich schloss Rose die Augen. „Du sollst dich ausziehen.“ Seine Stimme war fast nur ein Flüstern und doch schien sie keinen Widerspruch zu dulden. Dann betrachtete er sie wieder und Rose sah krampfhaft auf seine Brust. Sie wollte ihn nicht ansehen, nicht in solch einem Augenblick wie diesen. Seine Hand fuhr durch ihr langes Haar, er schien über die Farbe überrascht und sie versuchte weiterhin ihr klopfendes Herz unter Kontrolle zu halten. Nach einer halben Ewigkeit, so schien es ihr, spürte sie, wie er das Nachthemd hochzog. Vollkommen vor den Kopf gestoßen, umklammerte sie seine Handgelenke, um ihn von weiteren Dingen abzuhalten. „Nein, bitte!“ Ihre Stimme war überraschend fest, doch er hörte nicht. Mit einem Ruck hatte er sie auf die Tischplatte befördert und sie fiel auf den Rücken.
 

Ihr Kopf schlug auf der harten Tischplatte auf und Rose stöhnte leise vor Schmerz. Ohne, das sie sich wehren konnte, riss er ihren schwarzen Slip kaputt. Das Geräusch von reißendem Stoff zerrte an ihren Nerven. Brutal drückte er ihre Beine auseinander und riss das grüne Nachthemd von unten nach oben in zwei. Dann drängte er sich zwischen ihre Beine und sie hörte, dass er die Schnalle seines Gürtels öffnete. Die erste Träne der Ohnmacht fand den Weg über ihre Wange. Doch trotz des Scharms so entblößt vor ihm zu liegen, wehrte sie sich nicht. Bereits als Kind hatte man sie vor so einer Situation gewarnt und der einzige Rat, den ihre Mutter ihr je gegeben hatte, war, dass sie sich in solch einem Augenblick mit ihrem Schicksal abfinden sollte, damit sie unnötigen Schmerz vermeiden konnte.
 

„Na geht doch“, sprach er zufrieden und Rose keuchte auf, als sie spürte, dass er mit zwei Finger brutal in sie eindrang. Als sie sich in ihr bewegten, beugte er sich weiter zu ihr runter und sie sah in seine hellen braunen Augen, welche sich verdunkelten. Wut und Unverständnis für sein Handeln stieg in ihr auf und sie scheute sich nicht davor zurück, ihn direkt anzusehen. Wenn er sie schändigen wollte, dann wollte sie ihm nicht die Genugtuung geben, sich an ihrem Elend zu ergötzen.
 

Rose sah in seine hellen brauen Augen, ihre Hände gruben sich in sein schwarzes T-Shirt und ihr Atem ging heftig vor Schmerz. „Tu was du nicht lassen kannst!“, sprach sie gequält. „Denn letzten Endes bist du genauso ein Stück Dreck, wie-!“

Sie biss sich vor Pein auf die Unterlippe und schmeckte augenblicklich den metallischen Geschmack von Blut. Brutal drang ein dritter Finger in sie ein und jegliche Angst vor ihm verschwand. Ihr schmerzverzerrtes Gesicht, verwandelte sich in einen verachtenden und strafenden Ausdruck. Sie würde nicht schreien, nein, niemals würde sie ihm diesen Triumph vergönnen. Standhaft blieb sie seinem Blick ausgesetzt und weigerte sich nachzugeben. Ihr Unterleib verkrampfte sich unter der Brutalität.
 

Gerade, als erneut eine Träne über ihre Wange rollen wollte, spürte sie, wie sich die Finger aus ihr herauszogen und ihre Hände lösten sich augenblicklich von seinem T-Shirt. Rose keuchte nach Luft und ihr Körper erschlaffte von der Anspannung. Ihr törichtes Herz wagte zu hoffen, als er sich erhob und seine Hände von ihrem Körper nahm. Sie schloss die Augen und genoss diesen Augenblick der Hoffnung.
 

Leise Schritte führten aus dem Raum, bis sie schließlich vollkommen verstummten und die junge Weasley nur noch ihren eigenen Atem hörte. Zögerlich setzte sie sich auf und hielt das zerrissene Nachthemd zusammen. Ein paar Augenblicke wartete sie, doch als sie nichts als Stille vernahm, rutschte sie vom Tisch und versuchte sich auf den Beinen zu halten. Doch sie knickte ein. Schwach und hilflos ließ sie sich auf die Knie sinken und schlug die Arme um den Oberkörper. Geschafft sah Rose ausdruckslos auf den Teppich unter sich. Dann ließ sie ihren Tränen freien Lauf und wagte es hemmungslos ihre Schwäche zu zeigen. Ihr Körper zitterte und ihre Angst überwältigte sie.
 

Sie würde sterben, ganz sicher.
 


 

Frag mich wirklich nach dem Sinn. Ich denk so oft, dass was nicht stimmt. Leid wohin ich sehe und meistens wo ich's nicht versteh.
 


 

Lily Potter öffnete zaghaft ihre Augen, ein leises Geräusch erklang. Möglichst lautlos erhob sie sich aus ihrem Bett und durchquerte mit nackten Füßen das dunkle Zimmer. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es bereits nach halb drei war. Kurz blickte sie auf die schlafende Gestalt ihrer Cousine Dominique, als ihr Blick weiter glitt, zu dem leeren Bett von Rose, überkam tiefe Traurigkeit sie. Seit dem Anschlag auf King Cross herrschte eine bedrückende Stille im ganzen Haus. Roses Verschwinden hatte den ganzen Alltag zerstört und viele Tränen fließen lassen. Besonders ihre Mutter litt unter Roses Abwesenheit. Denn niemand wusste, wie jemand Onkel Ron und Tante Hermine benachrichtigen konnte, da ihr Aufenthalt, wie so oft, vollkommen unerkannt war.
 

Leise schloss Lily die Zimmertür hinter sich und lauschte dem leisen Geräusch im Flur, sie erkannte schnell, dass es aus dem Zimmer ihres Bruders kam und so huschte sie eilig einen Stockwerk höher. Ohne sich bemerkbar zu machen, drückte sie den Knauf herunter und spähte hinein. Sie erkannte ihren Bruder, wie er eilig etwas aus seinem Schrank nahm und in eine Sporttasche warf. Vollkommen verwirrt sah Lily, dass er alle möglichen Dinge auf seinem Bett ausgebreitet hatte. Essen, Bücher, den alten Tarnumhang ihres Dads, die Karte der Rumtreiber, die sie immer für wertlos gehalten hatte und zu ihrer Überraschung schien genau diese plötzlich eine andere Bedeutung für Albus zu haben.
 

Hastig warf er alles in die magische Tasche und griff nach seinem Umhang, als er sich umdrehte um seine Schuhe anzuziehen, erstarrte er. Erschrocken erkannte er Lily an seiner Tür und seine Miene versteifte sich. Ein wenig überfordert strich er sich durch das zerzauste schwarze Haar. „Lily“, flüsterte Albus gespielt fröhlich, als sie die Tür hinter sich schloss. Ernst sah die Jüngere ihren Bruder an. Sie durchschaute seine Verharmlosung sofort. „Wo willst du hin?“

Er drehte sich um und packte weiter. „Das geht dich nichts an Lils.“

„Auch nicht, wenn ich Mom wecke?“ Augenblicklich hielt Albus inne und sah sie bitter an. „Das würdest du nicht wagen!“

„Doch! Sag mir wenigstens wohin du gehst, ich will auch nicht verlangen, dass du mich mitnimmst.“
 

Der junge Potter packte weiter und sah, dass seine Schwester sich auf sein Bett setzte. „Seit Roses Verschwinden ist nicht viel passiert.“

Verwirrt hob Lily eine Augenbraue und Albus erklärte: „Niemand vom Orden handelt, sie alle verstecken sich seit Monaten unter der Erde, in Hütten oder leben so abgeschieden, dass ich mich frage, ob überhaupt noch Ordenmitglieder existieren, außer unsere Familie.“

„Sie haben viel zu tun“, wies Lily hin. „Außerdem… ohne Dad können sie nicht viel machen. Sie müssen immer auf einen Hinweis von ihm warten.“
 

„Und der letzte liegt bereits zehn Monate zurück“, sprach Albus eisig. „Sieh mal, während da draußen Menschen sterben, die Todesser die Macht immer weiter an sich reißen, Geschäfte schließen und die Zahl der Vermissten ständig steigt, sitzen wir hier rum, nur weil wir zwar volljährig sind, aber die zwanzig noch nicht überschritten haben.“

„Ihr seit zu unerfahren“, erklärte Lily, wie auch seine Mutter bereits zuvor. Albus lachte leise auf. „Um für das zu kämpfen an das man glaubt, ist man nie zu unerfahren.“, er schloss die Tasche und spürte, wie seine Schwester ihn am Handgelenk festhielt.
 

„Was hast du vor Al?“

„Ich gehe nach Hogwarts.“

„Aber das Schloss ist bereits verfallen!“ Lily verstand nicht recht. „Niemand ist dort, bereits vor fünfzehn Jahren haben Todesser dort alles zerstört, was Wichtig sein könnte.“

Albus lächelte. „Und genau deswegen will ich dort hin. Niemand würde mich je dort vermuten, außer man weiß, dass ich Recherchen über Hogwarts angestellt habe.“ Er strich ihr über den Kopf, was sie nur noch fassungsloser machte. „Aber was willst du da?“

Der Potter-Spross griff zu seinen Schuhen und setzte sich neben seine Schwester um sie anzuziehen. „Ich will aus dem Schloss einen Ort machen, wo Menschen hoffen können, wo sich Leute treffen, die Mut haben, die kämpfen wollen. Ich möchte Zeichen setzten, dass die Welt dort draußen, die sich versteckt, weiß, dass noch nicht alle die Hoffnung auf Frieden aufgegeben haben.“

Lily schwieg und betrachtete ihn, dann sah sie sich in seinem Zimmer um. „Das wirst du alleine nicht schaffen.“
 

„Ich weiß, aber wer sagt, dass ich alleine bin?“ Er stand auf und Lily folgte ihm, als er mit seiner Tasche in den Flur ging. „Al, wer da draußen würde dir helfen? Niemand!“

Er zuckte desinteressiert mit den Schultern und betrat das Wohnzimmer, dort machte er den Kamin an und wollte zu dem Flohpulver greifen, als Lily ihn festhielt. „Du wirst da draußen alleine sterben! Was wird Mom sagen!“

„Sie wird es verkraften. Außerdem, ich werde nicht sterben. Ich werde kämpfen und du wirst von mir hören, versprochen.“ Er sagte dies mit solch einer Überzeugung, dass Lily schluckte und seinen Umhang los ließ. „Wenn ich etwas von dir gehört habe, darf ich dann nachkommen?“

Albus hielt inne und sein Blick fiel auf das kindliche Gesicht seiner Schwester, sie wirkte hilflos und noch viel zu jung für eine Welt, wie sie dort draußen wartete. „Ich weiß nicht… es ist gefährlich Lils.“
 

Mit energischen und blitzenden grünen Augen sah sie ihn an, ihr Gesicht war ernst. „Bitte, du hast gesagt, du vermisst Leute, die für das kämpfen woran sie glauben! Wenn ich dein Zeichen wahrnehme, dann weiß ich, dass du lebst und ich würde dir helfen wollen, so wie die anderen Menschen die wegen dir Hoffnung schöpfen.“

Albus zog seine Brille von der Nase und klappte sie zu. Kurz blinzelte er und reichte sie seiner Schwester. „Gib sie mir, wenn du kommst.“ Ungläubig sah sie auf seine Hand und flüsterte: „Aber du brauchst sie!“

„Ja, aber im Moment brauche ich vor allen meine Sehkraft um Fluchtmöglichkeiten zu finden.“ Anders als sein Vater litt Albus unter extremer Weitsichtigkeit. Die Brille diente nur dazu, dass er nicht bereits aus drei Meilen Entfernung sah, ob sich ein Hase oder ein Reh im Feld befand. Die lange Zeit ohne Brille würde ihn jedoch einen hohen Preis kosten. Die Weitsichtigkeit würde irgendwann in extreme Kurzsichtigkeit umschlagen, doch mit dieser Gefahr konnte er umgehen.
 

Lily umschloss die Brille mit beiden Händen und trat einen Schritt zurück, es war ihre Geste, dass sie ihn gehen lassen würde und auf ihn vertraute. Er dankte es ihr mit einem Lächeln, dann trat er ins Feuer und verschwand. Die kleine Potter schritt durch das dunkle Wohnzimmer, welches nur durch das Feuer im Kamin erhellt wurde und ließ sich auf der stark geflickten Couch nieder. Stumm zog sie die Beine an sich. James hatte die Familie bereits vor zwei Jahren verlassen und nun war auch noch Albus fort. Stück für Stück löste sich ihre Familie auf und Lily begann sich zu fragen, ob nicht irgendwann die Zeit kommen würde, in der sie ganz alleine sein würde.
 


 

Warum gibt es Gewalt? Warum gibt es Hass? Manchmal ist es wirklich schlimm und ich weiß nicht mehr wohin.
 


 

Unruhig drehte sich Rose auf die andere Seite, sie war eingeschlafen nachdem die letzte Träne versiegte und zog die weiche Decke noch weiter über sich und…

Sie stutzte.

Decke?

Sofort schlug sie hektisch die Augen auf und sah sich um. Sie befand sich in einem hellen, großen Schlafzimmer. Durch die dünnen Vorhänge drang leichtes Licht in das Zimmer und warf kleine Schatten an die Wand. Ihre blauen Augen betrachteten die weißen Lacken und die vielen Kissen.

Wie war sie hier her gekommen?
 

Rose zog die Decke bis zum Kinn und langte zum Nachtisch um dort die Uhr lesen zu können, doch sie wurde enttäuscht, als sie keine Zeiger erkannte.

„Es ist halb neun“, sprach eine rauchige, alte Stimme und sie zuckte zusammen. Erschrocken sah sie in die rechte Ecke des Zimmers und konnte beobachten, wie sich ein Schatten von einem Stuhl erhob. Mit dem Schwenker seines Zauberstabes glitten die Vorhänge auf und sie sah in ein altes verfurchtes Gesicht. Der Kopf war kahl geschoren und wies tiefe Narben auf. Der alte Mann war klein und stützte sich auf einem Stock ab. Langsam kam er auf sie zu und ließ einen schwarzen Koffer auf den Nachtisch schweben.
 

„Wer sind Sie?“, entfuhr es ihr und sie zog die Decke noch weiter zum Kinn, wohl wissend, dass sie noch immer das zerrissene Nachthemd trug. An der Bettkante blieb er stehen und sie sah auf seine schlichte, aber elegante dunkle Kleidung, bestehend aus einer Weste, Hemd und Faltenhose.

„Unwichtig“, brummte er und öffnete den schwarzen großen Lederkoffer. „Also, wo hat er dich verletzt?“

Verwirrt starrte sie ihn an und erkannte, dass er sich gelassen eine Pfeife ansteckte, der Rauchgeruch stieg ihr in die Nase und sie hustete. „Ich höre?“

„I-Ich bin nicht verletzt“, brachte Rose mühsam heraus und der alte Mann hob misstrauisch eine Augenbraue. „N-Nein wirklich, ich…“ Er pustete ihr den Rauch ins Gesicht und sie hustete. „Eigenartig. Normalerweise bittet er mich sonst nie darum, nach seinem Zeitvertreib zu sehen.“
 

Ihr Körper erstarrte.
 

Zeitvertreib?
 

Natürlich, die Brutalität ihres Peinigers hatte für sich gesprochen. Der alte Mann ließ sich auf dem Bett nieder und betrachtete sie eingehend. Seine graublauen Augen musterten ihr Gesicht. Er wurde ihr unheimlich, schließlich schlich sich ein wissendes Lächeln über seine dünnen Lippen. „Eine Weasley.“, sprach er triumphierend und sie zog scharf die Luft ein. „Woher wissen Sie-!“

„Ein Kinderspiel. Die einzige Familie mit roten Haaren unter den Blutsverrätern sind Weasleys. Euer Clan ist für seine Größe und Ausdauer bezüglich gegen den dunklen Lord zu rebellieren bekannt. Du bist also demnach eine von vielen.“

„Sie werden doch hoffentlich nichts-!“

Wieder unterbrach er sie: „Sagen? Nun, ich schätze Scorpius hat eins und eins zusammenzählen können, als er deine Haare gesehen hat. Dein Rot ist nicht hervorstechend, aber dein kleines Specktakel bezüglich des Feuers spricht Bände. Ein Weasley wehrt sich immer. Zumindest tat er das, bevor Potter vollkommen verschwand.“
 

Der alte Mann wusste überraschend gut über die aktuellen Geschehnisse bescheid und Rose zog die Knie an sich. Sie wusste gar nicht, was sie zuerst fragen sollte. „Wer ist Scorpius?“

„Mein gut geratener Enkel“, erklärte der Alte und sie konnte Stolz in seinen müden Augen erkennen. „Nicht ganz so brutal wie sein Bruder, denn wärst du an ihn geraten, ich schätze von deinem Gesicht wäre nicht mehr viel übrig.“

Sie verstand. Scorpius war der Todesser, der sie gefangen hielt. Er erhob sich mühsam und klopfte seine Pfeife auf dem Nachtisch aus, dann steckte er sie in seine Westentasche. „Ich gebe dir einen Tipp Weasley. Langweile Scorpius nicht, denn je länger du sein Interesse genießt, umso länger bleibt dir zum leben.“

Rose schluckte hart. Ihre Hände umschlossen ihre Knie und sie fühlte sich merkwürdig taub an. „Weißt du Mädchen, vielleicht solltest du deinen Grips benutzen, um ihn zu halten, denn Wissen jeglicher Art stellt ihn ruhig.“

„Warum erzählen Sie mir das?“
 

Er zuckte die Achseln und suchte etwas in seinem Koffer. „Keine Ahnung, vielleicht um dir einen Gefallen zu tun oder aber um dir den Tod ein wenig zu versüßen.“ Er warf ihr eine Salbe auf den Schoss und schloss den Koffer. „Du wirst sie brauchen, wenn du willst, dass er dir beim nächsten Mal nicht noch mehr weh tut.“ Augenblicklich verfärbten sich ihre Wangen rot. Woher wusste er, dass sie Schmerzen in Intimbereich verspürte? Hatte er sie untersucht, während sie geschlafen hatte? Oder war er tatsächlich ein Heiler? Als er zur Tür humpelte und die Tasche von ihrem Nachtisch verschwand, sprach sie: „Danke, fürs zu Bett bringen.“

An der dunklen Eichentür angekommen, hielt er kurz inne. „Du lagst bereits dort, als ich heute morgen kam.“ Dann verschwand er hinter der Tür und ließ ein verwirrtes Mädchen zurück. Sie schluckte erneut und ihr Blick fiel auf die Salbe.
 

Noch verstand sie nicht, was um sie herum gerade geschah.
 


 

Öffne mir die Augen, bade mich im Licht. Ich würde' so gern an etwas glauben.
 


 

Lautlos schritt Scorpius Malfoy an den hohen Bücherregalen entlang. Seine Augen suchten die oberste Reihe ab und je näher er dem Ende des Regals kam, umso mehr schwand seine Hoffnung. Seit Wochen suchte er ein bestimmtes Buch, jegliche Bücheroasen hatte er bereits durch, nur die Bibliothek seines Vaters stand noch aus. Der junge Malfoy befand sich nicht gerne in den Räumen seines Vormundes, zumal er sich unerlaubt hier befand. Am Ende der Reihe strich er sich enttäuscht durch das blonde Haar.

„Verdammt.“

„Weshalb so ungehalten Scorpius?“
 

Die angespannte Haltung des Jungen nahm zu und er schloss kurz die Augen. Dann drehte er sich und erkannte seinen Vater am anderen Ende der Bücherreihe. Die wachsamen grauen Augen fuhren an ihm auf und ab und Scorpius musterte die strengen Gesichtszüge seines Vaters. Sein ganzes Auftreten war geprägt von Arroganz und Stolz, etwas was er als Kind gehasst hatte. Denn alleine mit seiner Anwesenheit hatte sein Vater die ganze Atmosphäre im Raum beeinflussen können. Damals hatte er Angst vor seinem Vater gehabt, besonders nachdem er es zum wiederholten Mal gewagt hatte den Unterricht bei Professor Avery zu schwänzen.
 

Es war die einzige Strafe die er nie vergessen würde. Eine Strafe, so hart, so brutal, dass sie ihn noch heute in schwachen Nächten Alpträume bescherte.

„Ich suche ein Buch“, sprach Scorpius ehrlich und versuchte so unschuldig wie möglich auszusehen. „Discorsi, sagt dir das etwas?“

„Galileo Galilei, ein Muggelwissenschaftler hat das Buch geschrieben, es geht um Astronomie.“

Überrascht, dass sein vorbildlicher Vater sich mit Muggel-Literatur auskannte, schüttelte Scorpius knapp den Kopf. „Ich suche das gleichnamige Werk von Nathan Brown. Es wurde im 17ten Jahrhundert geschrieben.“
 

Das Gesicht seines Vaters verzog sich und Scorpius ging sofort in die Offensive. Gleichgültig zuckte er mit den Schultern. „Egal, war nicht so wichtig.“ Er wollte an seinem Vater vorbei gehen, doch dieser hielt ihn auf. „Woher hast du den Begriff Discorsi?“

Scorpius lachte heiser. „Ach, ich habe vor ein paar Wochen einen Auroren gefasst und unter Folter gestand er irgendetwas von einer Suche. Dabei fiel kurz vor seinem Tod das Wort Discorsi. Ich hätte gerne gewusst, um was genau es sich bei dem Schriftstück handelt.“
 

„Schwarze Magie“, erklärte Draco ruhig, aber wachsam. Scorpius wurde bewusst, dass sein Vater jegliche Reaktion bei ihm genauestens beobachtete. In letzter Zeit kam es häufig vor, dass er spürte, dass sein Vater Misstrauen gegen ihn hegte. Er ließ sich nichts anmerken und schritt desinteressiert weiter.

„Deine Neugier ist äußerst ungesund.“

Der Junge blieb stehen und drehte sich um. „Weshalb?“

Ein feines Lächeln bildete sich auf den kalten Lippen seines Vaters und er trat auf ihn zu: „Scorpius“, er klang mahnend. „Muss ich es dir noch einmal erklären?“
 

Der 17-Jährige sah zu Boden. „Nein.“ Bereits als Kind hatte er ein offenes Interesse und großen Wissensdurst an den Tag gelegt. Sein Fleiß wurde geschätzt, sein Ehrgeiz ebenso, jedoch nur bis zu einem bestimmten Grad. Denn Auffälligkeit jeglicher Art wurde in seiner Familie hart bestraft. Zumindest bei ihm. Floyd durfte mit seiner Brutalität aus der Menge herausstechen und laut seiner Mutter konnte seine Schwester Claire nichts für ihr attraktives Äußeres. Allerdings wurde dabei außer Acht gelassen, dass sie es immer wieder drauf anlegte, den Mittelpunkt eines Geschehens zu bilden.
 

Es war ungerecht. Während Floyd tun durfte was er wollte und Claire alles bekam, wonach sie verlangte, durfte er einfachen Fragen nicht auf den Grund gehen. Etwas, was Scorpius bereits seit seiner Kindheit immer wieder auffiel. Während Fehler bei Floyd immer geflissentlich übersehen worden waren, bekam er eine Strafe nach der anderen wegen jedem kleinen Verstoß. Claire dagegen war noch als Jugendliche verhätschelt worden. Immer wieder hatte Scorpius beobachten können, dass seine Mutter seine Geschwister bevorzugte. Eine Behauptung die er niemals aussprechen würde. Doch mittlerweile war Scorpius sich sicher, dass ihm seine Mutter etwas verschwieg, etwas was das Verhältnis, das sie zueinander pflegten arg verschlechterte. Immer wieder war Scorpius versucht zu fragen, warum sie eine solche offensichtliche Abneigung gegen ihn hegte. Mittlerweile jedoch hatte er sich damit abgefunden und ignorierte die Kälte, die sie ihm entgegen brachte.
 

Sein Blick richtete sich wieder auf seinen Vater und er fragte sich unweigerlich, ob er in einigen Jahren ebenfalls ein Abbild von Arroganz, Kälte und Stolz sein würde. Vor einigen Jahren war es eines seiner größten Ziele gewesen, doch jetzt, wo er mit jedem weiteren Auftrag einen weiteren Schritt auf den dunklen Lord zu machte, verlangte etwas in ihm, nach etwas größerem. Einer Herausforderung, die einen Weg versprach, der noch keine Spuren aufwies.

„Ich hoffe, es stört Mutter nicht all zu sehr, wenn ich heute Abend nicht zum Essen vorbei komme.“
 

Überrascht hob Draco eine Augenbraue, während sie zusammen durch die langen Büchereien schritten. „Lilith wird anwesend sein, du solltest sie besser behandeln Scorpius. Immerhin ist sie eine Parkinson und von ehrwürdigen Blut.“

„Das ist mir durchaus bewusst, allerdings habe ich noch einiges aufzuarbeiten.“ Wenn es um Arbeit ging, dann konnte er sich sein schlechtes Gewissen immer gut reden. Sie traten in die Mitte des Leseraumes und Scorpius wagte es, seine Gedanken auszusprechen: „Ganz ehrlich Vater, ich glaube nicht, dass die Verbindung zwischen Lilith und mir von großen Vorteil wäre.“
 

Draco lachte knapp und schritt an seinem Sohn vorbei zu der großen Sitzecke. „Unsinn. Sie lobt deine Fähigkeiten, deine Geradlinigkeit in höchsten Tönen.“

„Natürlich, sie ist von meinem Ruf angetan, aber nicht von mir als Person.“ Scorpius wusste nicht wie er es beschreiben sollte, denn das einzige was ihm wirklich zu diesem undefinierbaren Gefühl einfiel, war, dass es sich nicht richtig anfühlte, wenn er mit Lilith schlief. Er tat es aus Pflichtgefühl und nicht, weil er es selbst wollte. Genauso wie die ganzen male mit seiner Belohnung, es war niemals um seinen Willen gegangen, immer nur um die Erwartungen. Scorpius konnte sich nur schwer vorstellen, den Rest seines Lebens in dieser Form mit Lilith zu verbringen.

„Scorpius, was erwartest du eigentlich?“ Sein Vater schüttelte kaum merklich den Kopf und griff am Kamin zu einer Zigarre. „Eure Verbindung soll der Reinhaltung des Blutes dienen und nicht eurem persönlichen Gemüt.“
 

Der Junge verstand und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. Möglichst gelassen legte er den Kopf schief und schloss daraus: „Im Klartext, Mutter diente ebenfalls nur als Gebärmaschine. Hattest du nebenbei andere Frauen, oder genügte sie dir immer?“ Er wusste, dass er sich eine unverschämte Frage erlaubte. Doch manchmal konnte er Gedanken, die sich in ihm fest gruben nicht mehr abschütteln. Vor allem die erschreckende Gewissheit hatte sich in ihm festgefressen, dass man ihn nur mit Lilith verlobt hatte, da man ihm nicht zutraute, dass er aus eigener Kraft seinen Weg nach oben fand.

„Diese Diskussion wird dich nicht weiterbringen“, erwiderte Draco ruhig, für den Geschmack seines Sohnes ein wenig zu ruhig. Er drehte sich um und nickte dann. „Gut, ich werde deiner Verlobten Bescheid geben.“

Scorpius wollte sich gerade entfernen, als sein Bruder in den Raum geschritten kam. Stolz, vollkommen von sich überzeugt und übelst gut gelaunt.
 

„Hey Bruder!“, ungeniert zerzauste er Scorpius das Haar und klopfte ihm so feste auf den Rücken, dass der Jüngere leicht hustete. „Immer noch so schwächlich auf den Beinen? Ein Jammer.“ Scorpius sah in das hämische Gesicht des Älteren und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. „Hallo Vater. Ich wollte wissen, ob es dir etwas ausmacht, wenn Elliott und ich ein wenig die Lage in Scottland checken. Du weißt schon, den neuen Hauptsitz dort.“
 

Floyd sprach mit Absicht in Rätseln, denn Scorpius wusste, dass sein Bruder es liebte ihn spüren zu lassen, dass dieser ein vertrauteres und besseres Verhältnis zu seinem Vater pflegte, als er. Es war in seinen Augen nichts, was man hätte beweisen müssen, schließlich war er sich dieser Tatsache bereits bewusst. Bevor er die Antwort seines Vaters vernahm, klopfte er seinem Bruder leicht auf die Schulter und verließ mit einem leichten Nicken das Zimmer. Sein Weg führte weg aus dem Westflügel des Schlosses. Fort von seiner Familie, hin zu seiner geliebten Ruhe und seinen eigenen vier Wänden.
 

Kurz spielte er mit dem Gedanken seinem Großvater einem Besuch abzustatten, bis ihm einfiel, dass der alte Mann bereits wieder im Dienst des Herrn verweilte. Sein Vater selbst kannte sich erschreckend gut mit Heilung und Tränken aus, doch sein Großvater war ein wahrer Meister seines Fachs. Noch heute bewunderte Scorpius ihn für seinen scharfen Verstand, sowie für seine schnelle Auffassungsgabe. Die Jahre, die er bei ihm als Schüler verbracht hatte, waren die schönsten und lehrreichsten seines Leben gewesen, da er zum ersten Mal nicht mit seinen Fragen zurück zu halten brauchte.
 

Jedes Warum, jedes weshalb und jedes Stirnrunzeln hatte den alten Mann ein Lächeln entlockt. Geduldig und erfreut war er auf seine Fragen und Aussagen eingegangen und Scorpius konnte ohne ein schlechtes Gewissen behaupten, dass er jenes Wissen, welches sein Großvater ihm geschenkt hatte, mit Bedacht anwendete. Nicht das er Talent als Heiler zeigte, nein. Viel mehr war es das gewaltige Allgemeinwissen, dass sein Großvater ihm vermittelt hatte. Dinge, die er eigentlich nicht wissen sollte, aber die ihm vielleicht irgendwann einmal nützlich sein würden. Er hatte ihm versprechen müssen diese Weisheiten niemals in irgendeiner Form öffentlich zu erwähnen, sondern sollte sie nur für sich nutzen. Allerdings gab es gewisse Dinge, die ihm ein Rätsel waren und den jungen Malfoy beschlich das Gefühl, dass sein Großvater ihn vielleicht das eine oder andere gelehrt hatte, was gegen die Lehre des dunklen Lords verstieß.
 

Er würde der Sache auf den Grund gehen, Stück für Stück und er wusste auch bereits genau, wer ihm dabei helfen würde.
 


 

Manchmal ist es wirklich schlimm und ich weiß nicht mehr wohin und dann kommt es mir vor, als wenn die Welt in Trümmern liegt.
 


 

„Zum letzten Mal, wo ist Albus?“

Arg verstimmt sah Ginny Weasley auf die beiden Mädchen herunter. Irritiert und hilflos saßen sie vor ihr auf der stark geflickten Couch, noch bekleidet im Pyjama. Dominique unterdrückte ein Gähnen, unter ihren Augen lagen erneut dunkle Schatten und Ginny fragte sich unweigerlich, warum bei diesem schmächtigen Mädchen jegliche Art Trank fehlschlug. Der neue Arzt hatte ihr auch nicht viel helfen können und das, wo sie die beiden Cousinen solch einer Gefahr ausgesetzt hatte.

Der Preis war hoch gewesen.
 

Roses verschwinden quälte sie Stunde um Stunde und immer wieder gab sich Ginny die Schuld dafür, schließlich hätte sie sich nicht dazu überreden lassen dürfen, die beiden alleine reisen zu lassen. Und jetzt war zu ihrer größten Sorge auch noch Albus über Nacht verschwunden.
 

„Hör mal Mom, er ist wie es aussieht mitten in der Nacht, bei Nebel abgehauen, wie sollen wir da etwas mitbekommen haben, wenn wir tief und fest geschlafen haben?“, begann Lily sich zu verteidigen. „Außerdem, glaubst du wirklich Al hätte mit mir über seine Pläne gesprochen? Ich bin fünfzehn und in seinen Augen noch ein Blag! Und was Dome angeht, der Depp ist in sie verschossen und hütet sich davor länger als drei Minuten alleine mit ihr in einem Raum zu sein. Also ist es ausgeschlossen, dass auch nur einer von uns eine leiseste Ahnung hat, wo der lebensmüde Sack hingegangen ist.“
 

Unwillkürlich verschränkte Ginny die Arme vor der Brust, ihr Blick war scharf und misstrauisch. „Das mag sein, aber trotzdem wird der lebensmüde Sack dir als seine Schwester sicherlich irgendetwas zu gezwitschert haben!“

Lily zuckte die Schultern. „Würde es etwas ändern? Du würdest nur James losschicken und damit die Rivalität zwischen den Beiden zum eskalieren bringen.“ Sie pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Im Klartext, du könntest James genauso gut auf Dad ansetzten, denn ich glaube nicht, dass man Albus findet, wenn er nicht gefunden werden will. Schließlich gehört ihm doch der Tarnumhang oder?“
 

Die Mutter schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Auch das noch. „Wahrscheinlich hat er wirklich an alles gedacht!“ Sie raufte sich die Haare, rauschte aus dem Wohnzimmer und stampfte die Treppen zum Zimmer ihres Sohnes hoch um vielleicht erschließen zu können was noch fehlte. Kaum schlug oben eine Tür zu, als Dominique Lily auch schon ins Gebet nahm. „Wo steckt Al!“ Die Andeutung bezüglich irgendwelcher Gefühle war sie geflissentlich übergangen. „Komm schon Lils. Ich weiß, dass du mal wieder mehr mitbekommen hast, als dir eigentlich gut tut!“
 

Vorwurfsvoll sah die hübsche Veela sie an und Lily gab sich geschlagen. „Okay, aber unter einer Bedingung. Du erfährst die ganze Wahrheit erst, wenn du in den nächsten Wochen die Ohren für mich mit aufhältst.“

„Und nach was?“

„Einem Zeichen, etwas, was dort draußen ungewöhnlich ist und hoffen lässt.“

„Lily.“ Dominique fasste sich an die Stirn und massierte diese leicht. „Hoffen auf was?“
 

Ein wissendes Lächeln glitt über die Lippen der jungen Potter. „Hoffen… auf Albus.“
 


 

Und ich sehe mich um, alles froh und bunt und ich frag mich, sind sie alle taub und blind.
 

Fortsetzung folgt...

Spiegelbild.

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Unaufhörlich prasselte der Regen auf die Erde. Über den Bäumen donnerte es und doch war es für den schwarzhaarigen Jungen kein Grund in seinem Laufschritt inne zu halten. Seine sonst so wüsten Haare klebten an seinem Kopf und seine grünen Augen beobachteten wachsam seine Umgebung. Die nasse Kleidung zog an seinem Körper, aber er ignorierte es. Immer wieder stolperte Albus Potter über die eine oder andere Wurzel des Waldes.
 

Jedoch hatte er sich immer wieder rechtzeitig abfangen können. Sein Körper fror, seine Zähne klapperten und seine Haut schmerzte vor Kälte. Der junge Potter zuckte kaum merklich zusammen, als es hoch über ihm erneut donnerte. Zum ersten Mal seit Stunden blieb er stehen und gab seinen heftigen Seitenstichen nach. Sein Atem ging unregelmäßig und heftig. Seine Füße gruben sich in die nasse Erde und er spürte, dass seine Turnschuhe sich mit Wasser füllten. Albus müsste lügen wenn er behaupten würde, er hätte nicht gewusst, wie hart der Weg bis nach Hogwarts war.
 

„Komm schon Alter, je eher du da bist, umso eher kannst du beginnen.“ Einzig alleine sein Traum gab ihm Hoffnung und ließ ihn unbeirrt weiter gehen. Wieder donnerte es und Albus rutschte aus, dieses Mal gelang es ihm sich nicht abzufangen und er stürzte in den Dreck. Er stöhnte vor Wut über sich selbst und blieb ein paar Augenblicke regungslos liegen. Merlin machte es ihm sehr schwer und zum ersten Mal seit Stunden kamen Zweifel in ihm auf. Alleine war sein Vorhaben wirklich kaum zu schaffen, doch Albus hatte bislang immer an die Kraft des Unmöglichen geglaubt.
 

Er schloss die Augen und ließ den Regen auf seinen Körper prasseln. Der junge Potter spürte seinem Atem und die Kälte, welche an seinem Körper hoch kroch. Er musste weiter, egal wie sehr das Wetter versuchen würde ihn aufzuhalten. Erinnerungen stiegen in ihm auf, Momente, die bereits Jahre zurück lagen. An seinem neunten Geburtstag hatte er auf dem Dachboden ein Fotoalbum im alten Haus seiner Großeltern gefunden, als er mit Lily verstecken gespielt hatte.
 

Viele Leute auf den Bildern kannte er nicht, doch ein einziges hatte ihn damals zum nachdenken gebracht. Ein Foto, das seine Eltern, einen Großteil seiner Verwandten und eine Menge unbekannter Hogwartsschüler zeigte. Neugierig wie er war, hatte er seinen Grandpa gefragt und dieser hatte ihn eine Geschichte erzählt, die sein ganzes Handeln beeinflusst hatte. Die Entstehung und Funktion von Dumbledores Armee hatte ihn fasziniert, besonders als sein Grandpa mit stolzen Worten berichtet hatte, dass diese Schüler, ob muggelstämmig, reinblütig und äußerlich schwach, in einer dunklen Zeit zusammen gehalten und gekämpft hatten. Unerschütterlich und furchtlos.
 

Doch die Schlacht von Hogwarts hatte sie in zwei gerissen. Mit einem schrecklichen Gefühl im Magen dachte Albus daran, dass es seinem Vater einst beinahe gelungen war den dunklen Lord zu zerstören. Dessen Seele war zersplittert worden, jedes Horkrux vernichtet, doch ein entscheidendes Detail war vergessen worden. Die Seele des dunklen Lords war durch schwarze Magie, Hass und Zorn so mächtig, dass eine Vernichtung der Horkruxe lediglich dazu geführt hatte, dass seine zerstückelte Seele wieder eins geworden war. Wie Magnetströmungen waren sie aneinander gebunden und zu ihrem Herrn zurück gekehrt.
 

Ein klarer Beweis dafür, dass die dunkle Magie noch lange nicht erforscht genug war. Nur mit Mühe und Not waren viele mutige Kämpfer gerade noch entkommen und als Beweis seines Triumphs zerstörte der dunkle Lord eigenhändig halb Hogwarts und nahm der Welt ein Symbol der Hoffnung.
 

„Scheiß auf den Alten!“ Albus erhob sich und wischte sich den Dreck aus dem Gesicht. Er würde den dunklen Lord einheizen, egal mit welchen Mitteln. Denn so, wie die Welt sich im Moment um ihr eigenes Unglück drehte, konnte es nicht bleiben. Sein Vater trieb sich dort draußen in der Weltgeschichte rum und genau dies konnte er auch. Mit dem einzigen Unterschied, dass er die Menschen wissen lassen würde, dass es ihn noch gab. Bewaffnet mit neuem Mut setzte Albus seinen Weg fort. Seine Fußabdrücke im Schlamm verschwanden hinter ihm, fast so, als würde er mit jedem weiteren Schritt seine hoffnungslose Welt verlassen und eine neue betreten.
 


 

Ich verfolgte Schmetterlinge, bis der Sonnenaufgang meine Augen brach.
 


 

Rose zuckte zusammen, als sie ein lautes Geräusch hinter sich vernahm. Mehrere Stunden war sie alleine gewesen und hatte die Räume inspiziert. Doch leider hatte sie nichts gefunden, was ihr zur Flucht verholfen hätte. Stattdessen hatte sie sich ein besseres Bild von ihrem Peiniger machen können. Die Worte des alten Mannes hatten einen Sinn ergeben. Der junge Todesser schien einen großen Wissensdurst zu haben, die Bücher in seinen Räumen sprachen für eine unbegrenzte Neugier jeglicher Art.
 

Einige Bücher kannte Rose, doch andere, welche ihr unbekannt waren und sie aufgeschlagen hatte, waren so schwer zu lesen, dass sie Angst vor dem Wissen des Todessers hatte. Wissen war eine Art von Macht und sie hatte sich die Frage gestellt, wie er es anwendete. Und, ob es für sie überhaupt irgendeine Chance gab, ihn bezüglich seiner Neugier hinzuhalten, sodass sie die Möglichkeit bekam länger zu leben. Den ganzen Tag hatte sie darüber nachgedacht, was sie ihm bieten könnte und jetzt, noch bevor sie zu einem Ergebnis gekommen war, spürte sie seine Anwesenheit.
 

Sie schluckte hart und schlang ihre Arme um ihren Oberkörper. Durch das Spiegelbild der Fensterscheibe konnte sie ihn sehen und erkannte, dass er ihre Aufmachung musterte. Rose versuchte ruhig zu bleiben. Sie hatte sich einfach Kleidung aus seinem Schrank genommen, da sie ihren zerrissenen Fetzten nicht anbehalten wollte und hoffte, dass sie ihn damit nicht in irgendeiner Art und Weise provoziert oder gereizt hatte.

„Ich schätze es nicht, wenn man mich ignoriert.“
 

Eine Gänsehaut lief über ihren Rücken und sie schloss kurz die Augen, bevor sie sich zaghaft umdrehte. Mit klopfenden Herzen sah sie ihn an und bemerkte, dass er seinen langen schwarzen Umhang über die Couch legte. Er strahlte eine Selbstsicherheit und Arroganz aus, die sie unsicher machte. Besonders nach ihrer letzten Begegnung, als sie seine Kraft zu spüren bekommen hatte. Ohne sie anzusehen, zog er etwas aus seiner Hosentasche und hielt es hoch. Ihr Körper versteifte sich, als sie den Brief ihres Bruders erkannte, mitsamt den Fotos. „Ich vermute, das hier gehört dir?“ Er sah sie mit unbewegter Miene an und Rose trat eilig ein paar Schritte auf ihn zu. Sie wollte nach dem Brief greifen, doch er zog seine Hand weg.
 

Ein gehässiges Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus.

„Bitte, das ist meiner!“

„Sicher“, antwortete er knapp und sah sie herablassend an. „Du wirst ihn wieder bekommen, doch dafür wirst du etwas tun müssen.“

Das Blut in ihren Ohren rauschte, sie verstand nicht ganz und ihr Gesicht drückte Hilflosigkeit aus. „Was willst du?“

Der junge Todesser steckte sich den Brief wieder in die Hosentasche und zog seine schwarzen, ledernen Handschuhe aus. Er schien sich zu langweilen. „Ein wenig Beschäftigung.“
 

„Beschäftigung?“, antwortete sie tonlos und verwirrt, er lachte spöttisch. „Beschäftigung jeglicher Art, falls du verstehst.“

Und ob sie verstand.

Der Boden unter ihren Füßen bekam Risse. Aus reinem Instinkt ging sie vorsichtig einen Schritt zurück.

„Na, na, wer wird denn da Angst haben.“ Seine goldbraunen Augen sahen sie belustigt an und er verringerte den Abstand wieder, indem er auf sie zuging.
 

„Vergiss es!“, sprach sie flüsternd. „Lieber sterbe ich.“

Er belächelte ihren jämmerlichen Widerstand und als sie mit dem Rücken die Wand berührte und nicht mehr weiter zurückweichen konnte, wurde Rose klar, dass es egal sein würde, was sie tat. Letzten endlich würde er kriegen, was er wollte. Ihre Arme schlangen sich fester um ihren Oberkörper und ihr Blick wurde glasig. Er umfasste ihre Handgelenke und zog sie mit einem brutalen Ruck auseinander, seine Augen fuhren ungeniert über ihren Körper und betrachteten sie.
 

„Wirklich töricht von dir, glaubst du wirklich ich würde dich töten, nur weil du nicht freiwillig tust, was ich verlange?“ Er lachte, dann berührte seine rechte Hand ihr langes Haar. Rose schriee auf, als er fest hinein griff und ihren Kopf brutal näher zu sich zog. Jeglicher Spott war aus seinem Gesicht verschwunden und Kälte breitete sich aus. „Hör zu Weasley-!“, bei der Benutzung ihres Namens krampfte sich ihr gesamter Körper zusammen. „- ich sage es nur noch einmal, unterhalte mich, oder ich sehe mich gezwungen dich dem dunklen Lord auszuliefern. Ich bin sicher, dass er seinen Spaß mit dir haben wird, denn eine direkte Verwandte von Potter hebt seine Laune deutlich.“
 

Rose stöhnte vor Schmerzen und versuchte mit aller Kraft die sie aufbringen konnte, seine Hand zu lösen. Als er sie los ließ, brummte ihr Kopf und sie schnappte befreiend nach Luft, jedoch nur kurz. Dann drängte er sie fest gegen die Wand und sie spürte seine kalten Hände, wie sie unter das schwarze T-Shirt fuhren. Ihr Brauch spannte sich an und wieder versuchte sie ihn davon abzuhalten sich ihr körperlich zu nähern.
 

„Schach!“

„Was?“ Er hielt kurz inne und sie hob den Blick. Ihr Herz pochte wie wild, doch es war ein Versuch wert. „Kannst du Schach?“

„Natürlich.“

„Dann lasst uns spielen." Die Sekunden zogen wie Minuten an ihr vorbei und dann erkannte sie zu ihrer grenzenlosen Erleichterung, dass seine Miene sich ein wenig löste und er seine Hände von ihr nahm. „Eine Partie.“

Innerlich dankte Rose Merlin dafür, dass ihr Vater an den wenigen Tagen, die er mit ihr verbracht hatte, die Zeit genutzt hatte, um ihr dieses Spiel beizubringen.
 

Mit dem leichten Schwenker seines Zauberstabs ließ der junge Todesser auf dem kleinen Glastisch vor der Couch ein Brett mit Schachfiguren erscheinen. Gelangweilt ließ er sich auf der Couch nieder und Rose folgte ihm mit tauben Füßen. Ihre Handflächen waren nass vor Angst. Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und ließ ihren Blick auf den ernsten Schachfiguren auf und abgleiten. Sie waren magisch, aber nicht einer von ihnen ließ ein Lebenszeichen von sich verlauten.
 

„Weiß beginnt“, sprach er und lehnte sich zurück, in seinem Blick lag Schalk, anscheinend war er sich sicher dieses Spiel schnell zu gewinnen. Rose straffte die Schultern und begann ihren ersten Zug, Widerstandslos tat der Bauer, was sie verlangte und sah den jungen Todesser an. Ohne einen Blick auf das Brett zu werfen setzte er seinen Zug und sie sah direkt in seine Augen. „Wenn du meinst, dass du nach drei Zügen Schachmatt sagen kannst, dann tut es mir leid deinen eingeschränkten Horizont zu zerstören“, sprach sie mit leiser, aber fester Stimme. Ein Lächeln glitt über seine Lippen und er wendete den Blick ab. Für sie war es ein Zeichen, dass er sie als Spielgegner ernst nahm.
 

Ihre Taktik war aufgegangen und ihr Herz machte einen kleinen Hüpfer. Das Spiel wurde anstrengend und schwer. Denn sie merkte schnell, dass er durchaus ein geübter Schachspieler war und keinen Falls verlieren wollte. Rose musste sich bereits nach seinem vierten Zug konzentrieren, da keine seiner Figuren zufällig auf einem bestimmten Feld standen.
 

„Wer hat dir das Schachspielen beigebracht, Rose?“, sprach er nach einer unbestimmten Zeit und sie sah überrascht und erschrocken zugleich auf. „Wenn ich Beute deiner Art habe, dann informiere ich mich.“, erklärte er ruhig, ohne seinen Blick vom Brett zu nehmen. „Mein Vater und dir… Malfoy?“ Sie kannte durch ihre Familie nur eine schwarzmagische Familie, welche eine solch ungewöhnliche Haarfarbe besaß. Und er war Zweifelsohne einer davon. Sie hatte am Tag lange Zeit zum Nachdenken gehabt, wobei ihr die einstigen Wahrungen ihres Vaters wieder in den Sinn gekommen waren.
 

„Scorpius, nicht Malfoy. Meine Schwester, da mein Bruder keine Lust verspürte sich mit solch einem unsinnigen Spiel aufzuhalten.“

„Sind sie älter oder jünger, deine Geschwister?“ Sie versuchte den Smalltalk im Gang zu halten, denn wer wusste, was sie erfahren würde.
 

„Älter“, sprach Scorpius ruhig, dann strich er sich bei seinem nächsten Zug durch das helle blonde Haar. „Der Typ mit der schrecklichen Schrift ist dein Bruder richtig?“

Sie nickte knapp. „Ja. Hugo hatte schon immer die Angewohnheit zu schreiben, als könnte er das Alphabet nicht.“ Sie lächelte zaghaft und sah, dass der Todesser vor ihr keine Miene verzog. Ihr wurde bewusst, dass sie es mit einem schwierigen Menschen zu tun hatte, etwas, was es noch schwerer machte, an ihn ran zu kommen und etwas Zeit zum Leben zu schinden. Die Worte des alten Mannes bekamen eine vollkommen neue Bedeutung. Doch Rose schwor sich, dass sie alles tun würde, was in ihrer Macht stand um ihn zu beschäftigen. Schließlich gab es sicherlich einiges, was er hinter diesen Schlossmauern noch nicht gelernt hatte. Mit ein wenig mehr Mut blickte sie wieder auf das Schachbrett und nahm sich fest vor das Spiel so lange sie konnte hinaus zu zögern. Es begann eine Schlacht der etwas anderen Art.
 


 

Heute Nacht heften meine Augen am Himmel weil, dass was sie sehen ist ein Schwarm von Engeln.
 


 

So schnell eine junge Frau konnte, rannte sie durch die finsteren Straßen in einem kleinen Ort abgelegen von London. Ein langer pflaumenblauer Umhang wehte hinter ihr her und sie bog vollkommen gehetzt um die Ecke. Ihr langes dunkles Haar klebte an ihrem Kopf, der Regen hatte erst vor ein paar Minuten nachgelassen. Heftig atmend versuchte sie ruhig zu bleiben und drückte sich mit dem ganzen Körper gegen die Hausmauer. In ihrer linken Hand hielt sie fest ihren Zauberstab umklammert und schluckte heftig. Die junge Frau sah auf die alte Laterne, welche mager Licht spendete. Drei lange Schatten kamen näher, zogen an der Hauswand vorbei und ließen sie schließlich hinter sich.
 

Sie war ihnen entkommen. Augenblicklich machte ihr Herz einen Hüpfer. Astoria Greengrass, stolze Aurorin und einer der drei Anführer des Phönix Ordens strich sich das nasse Haar aus der Stirn. Seit über drei Stunden versuchte sie diese Todesser abzuhängen, doch leider hafteten sich die Männer immer wieder an ihre Spur. Vorsichtig spähte sie um die Ecke und umklammerte ihren Zauberstab noch fester.
 

Seit über einer Stunde kam sie ständig von ihrer Route ab, dabei wollte sie eigentlich nichts anderes als einem Mann Namens Michael Conner einen Besuch abzustatten. Kingsley hatte ihr einen Brief gegeben, welchen sie persönliche überreichen sollte.
 

Mittlerweile wog das kleine Stück Papier unendlich schwer in ihrer Hosentasche. Als sie sicher war, dass sich kein weiterer Todesser in der Nähe befand, trat Astoria wieder hinaus auf die dunkle Straße und sah sich um. Sie musste sich an den Straßennamen orientieren, denn mit dessen Aufbau hatte sie sich die Karte für den Bezirk eingeprägt. In Momenten wie diesen, war sie Merlin äußerst dankbar für ihr Gedächtnis, welches sie bis jetzt noch nie im Stich gelassen hatte. So schnell sie konnte rannte sie durch die Gassen, ihre Gestalt spiegelte sich kurz in den Pfützen wieder, bevor sie diesen mit einem hektischen Schritt zerstörte und durch lief.
 

Immer wieder suchten ihre hellen braunen Augen die Straßenschilder ab. Schließlich überquerte Astoria den Marktplatz und ließ eine kleine Kirche hinter sich. Atemlos und unruhig sah sie sich nach einem Backsteinhaus mit einem weißen Briefkasten um. Kingsley hatte ihr keine Hausnummer nennen können, nur den Briefkasten als Erkennungsmerkmal. Die junge Aurorin atmete erleichtert auf, als sie nahezu am Ende der Straße das kleine Haus ausmachen konnte und betrat den Garten. Den Vordereingang mied sie bewusst und benutzte den hinter im scheinbar untrüglichen Haus.
 

Unsicher und vorsichtig schritt sie die Kellertreppe herunter und lauschte kurz dem pfeifenden Wind, als sie es wagte zu klopfen. Selbst den Rhythmus hatte man ihr vorgeschrieben. Etwas, was nur der Sicherheit ihres Besuchs dienen sollte. Dementsprechend dauerte es eine ganze Weile, bis Astoria hörte, dass das Türschloss knackte und sie in das Gesicht eines wachsamen Mannes sah. Sie kannte Michael Conner von der Schule, die sie vor über zwanzig Jahren besucht hatte und erschrak als sie ihn nach so langer Zeit wieder sah.
 

Sein Gesicht war überzogen von Narben, welche von einem magischen Feuer stammen mussten. Schnell zog er sie in den Keller hinein und Astoria stolperte in den abgedunkelten Raum. Sie konnte mehrere ausgeräumte Regale entdecken und kramte in ihrer Hosentasche nach dem Brief. Als sie diesen weiter reichte, riss Conner ihn hektisch auf und schritt ins Innere des Kellers. Vorsichtig folgte sie ihm, schließlich sah er, wie er wortlos nach einer Tasche griff und sie füllte. Astoria versuchte sich abzulenken und besah sich das Chaos, dabei stieg ein unangenehmer Geruch in ihre Nase. „Liegt hier ein Toter?“, rutschte es ihr heraus.
 

„Ja, in Form eines stinkenden Todessers“, erwiderte Conner ungehalten. Während er von einer Ecke zur anderen hetzte sprach er: „Sag Kingsley, wenn er Glück hat, bekommt er die gleiche Ladung das nächste Mal auf eine der ostfriesischen Inseln. Wo, weiß ich nicht, aber Weasley wird schon einen geeigneten Weg finden.“

Astoria nickte zustimmend, schließlich war Percy Weasley einer der wenigen, denen sie restlos vertraute. Michael Conner reichte ihr einen braunen großen Rucksack und sie nahm diesen an. Er war schwer und sie fragte sich unweigerlich, was sie alles mitnehmen sollte. Durch einen simplen Zauber wollte sie ihr Gepäck leichter machen, als er den Kopf schüttelte. „Magische Gefäße lassen sich nicht manipulieren.“, erklärte er ungehalten und sah ihr ins Gesicht. Sie bemerkte seinen seltsamen Ausdruck und als er eine Hand hob und ihre Wange berührte, zuckte Astoria noch nicht einmal davor zurück. Vor ihm konnte sie nichts mehr verbergen, schließlich hatte er sie in ihrer schwärzesten Stunde gefunden und alle möglichen Maßnahmen eingeleitet, dass sie nicht starb. „Du hast dich gut erholt in den letzten Jahren“, begann er. „Und auf dich aufgepasst.“
 

Astoria nickte knapp. „Natürlich, ich habe auch nicht vor sobald alles noch mal über mich ergehen zu lassen.“

„Wie lange ist jene Nacht jetzt hier?“

„Siebzehn Jahre, fünf Monate und drei Tage“, flüsterte die Dunkelhaarige, sie wusste es noch so genau, weil an jenem Morgen, wo sie die Augen zum ersten Mal geöffnet hatte ohne zu hoffen, jeden Moment sterben zu dürfen, ihr zweites Leben angefangen hatte.

„Das Kind, weißt du jetzt, was es geworden ist?“

Astoria schüttelte den Kopf, es war seltsam mit jemanden darüber zu sprechen nach all der Zeit. Ihre Kollegen hatten sie seit jenem Vorfall in Watte eingepackt und dieses Thema immer dezent vermieden. „Nein, aber ich hoffe, dass ich ihm niemals begegnen werde.“

Michael Conner lächelte nachsichtig. „Weil du es nicht erkennen würdest.“

„Sicherlich.“
 

Über ihnen krachte es und beide sahen erschrocken an die Decke. „Sie sind hier“, flüsterte er und sah Astoria ernst an. „Verschwinde durch die Hintertür und lass dich nicht erwischen.“

So schnell sie konnte schulterte sie den Rucksack. „Ein Apparations-Netz findest du außerhalb des Dorfes, wenn du der linken Straße folgst und die ersten Felder entdeckst, dann kannst du es wagen zu apparieren.“ Er griff nach seinem Zauberstab und sie riss die Tür auf.
 

Ein letztes Mal warf Astoria einen Blick über ihre Schulter, dann verschwand sie in die Dunkelheit der Nacht. So schnell sie ihre Füße trugen, stolperte sie durch den dunklen Garten und riss das kleine Türchen auf. Als sie die bepflasterte Straße erreichte und durch die Pfützen rannte, hallten ihre eigenen Schritte unnatürlich laut in ihren Ohren wieder. Wie von selbst zog sie die Kapuze ihres Umhangs über den Kopf und kaum war sie einige Häuser weiter, hörte sie entsetzliche Schreie. Die junge Frau hielt nicht inne, schließlich wusste sie, welcher Anblick sie erwartete. Das dunkle Mal stieg hinter ihr auf und das kleine Haus stand in Flammen.
 

Sämtliche Lichter gingen in den Häusern an denen sie vorbei rannte an. Ihr Atem ging heftiger und Astoria wünschte sich zum ersten Mal, dass sie ein schnellerer Läufer wäre. Der schwere Rucksack zerrte an ihren schmalen Schultern. Doch sie durfte nicht inne halten. Ihr Schatten zog an den Häusern vorbei und ein Blick in den Himmel verriet ihr, dass der Morgen dämmerte. Der Schutz der Nacht würde verschwinden, etwas was ihr sehr Ungelegen kam, denn Todesser mussten sich im Gegensatz zu ihr nicht verdeckt halten.
 

Sie griffen seit einigen Jahren auch am helligsten Tag an. Astoria lief der kalte Schweiß über den Rücken, ihre Füße wurden taub und endlich entdeckte sie sie die Stadtmauer. Nicht mehr lange und sie wäre dem tödlichen Kessel entkommen. Ihre Stiefel berührten den schlammigen Boden, sie sah den leichten Nebel, welcher über die Felder schlich und zog ihren Zauberstab aus ihrer Umhangstasche. Jeden Moment würde sie apparieren können, kalter Wind erfasste ihren Körper und Astoria wollte gerade ihren Zauberstab heben, als sie eine laute Stimme vernahm.
 

„Imobilius!" Der Zauber verfehlte nur knapp ihre Beine und sie stolperte. Gerade noch konnte sie sich abfangen und fuhr herum. „Verkestatum!“ Sie verfehlte den Todesser um einige Zentimeter und sah, dass die Mauer hinter ihm zum Einsturz kam. Während er sich bückte, rutschte seine Kapuze von seinem Kopf und Astoria erstarrte als sie das weißblonde Haar erkannte. Ihre Augen sahen in sein ernstes Gesicht und sie erkannte jenen Ausdruck wieder, den sie seit ihrer Gefangenschaft nie mehr vergessen würde.
 

Draco Malfoy hatte sich noch nie die Mühe gemacht, sich groß zu verbergen, denn seine Erscheinung brachte so viel Angst und Schrecken mit sich, dass er dies gekonnt für sich benutzte. Seine kalten grauen Augen musterten sie und er hob erneut den Zauberstab, Astorias Magen zog sich zusammen, sie wusste was nun passieren würde, schließlich kannte sie die Situation, doch dieses Mal würde sie es nicht auf ein Duell hinauslaufen lassen.

„Incendio!“, brüllte sie und eine beißende Feuerlinie erschien zwischen ihnen. Die Flammen zogen hoch und fingen seinen Crucio-Fluch ab. Ihr Herz schlug ungewohnt schnell, als sie schwach die Gestalt mit dem wehenden schwarzen Mantel ausmachen konnte.
 

Ihre Hände zitterten und sie bemerkte, dass die Flammen überraschend hoch schlugen. Es würde ein wenig dauern, bis er sich einen Weg zu ihr hindurch gekämpft hatte und genau diese Zeit würde sie nutzen. Nutzen um zu verschwinden. Astoria schluckte hart und ihr dummes, naives Herz hoffte, dass er sie nicht erkannt hatte und keine Jagd auf sie machen würde. Die Gestalt der jungen Frau verschwand mit der Morgendämmerung.
 


 

Eine Gefahr ist in der Luft, die so sehr versucht uns Angst zu machen, aber wir sind nicht ängstlich.
 


 

Ohne sich zu bewegen glitten seine hellen braunen Augen über den Körper des schlafenden Mädchens neben sich. Den Kopf in die Hand gestützt, betrachtete er sie seit Stunden beim Schlafen. Sanftes Licht fiel bereits durch die Vorhänge und sagte ihm, dass er jeden Moment zum nächsten Auftrag aufbrechen musste. Zum ersten Mal in seinem Leben empfand er solch eine Pflicht als lästig. Etwas in ihm wollte auf dem großen Bett liegen bleiben und sie dabei beobachten, wie sie wach wurde und die klaren blauen Augen öffnete.
 

Jedoch war der 17-Jährige mittlerweile alt genug um zu wissen, dass sich ein Todesser solchen kindischen Wünschen nicht hingab und sich an seine Pflicht hielt. Lautlos erhob sich Scorpius und schritt Barfuß durch das große schlichte Zimmer. Vor seinem gigantischen Schrank blieb er stehen, zog sich das schwarze Shirt über den Kopf und wechselte ebenfalls die Hose. Gerade als er den Gürtel verschloss und zu einem dicken Pullover greifen wollte, wohl wissend, dass der nächste Auftrag draußen stattfinden würde, hörte er, wie hinter ihm etwas raschelte. Ohne sich umzudrehen, wusste Scorpius, dass das Weasley-Mädchen aufgewacht war. „Du bist eingeschlafen.“
 

Es dauerte eine Weile, bis Rose begriff, dass sie sich nicht mehr im Wohnzimmer befand, sondern erneut in diesem Bett wach geworden war. Sie fasste sich an den Kopf und langsam kehrte die Erinnerung an das Schachspiel wieder. „Wie viel steht es?“

„Unentschieden, nachdem ich deinen Springer den Gar ausgemacht habe“, erklärte er ruhig und bückte sich um seine Stiefel aus dem hinteren Teil des Schranks zu nehmen. Rose sah ihn an und als er sich erhob, zog sie scharf die Luft an. Ihr Blick fiel auf seinen nackten Rücken.
 

Grobe, brutale Narben zogen sich von seinen Schulterblättern, bis hin zur seiner Wirbelsäule und tiefer. Noch nie hatte sie solch etwas Gefährliches und allen Anschein nach schmerzvolles gesehen. Rose blinzelte, dann erkannte sie, dass einige Narben sich von den anderen unterschieden. Es dauerte ein wenig, doch dann dämmerte es ihr. Sie waren ihm ohne Magie zugefügt worden, sondern auf Muggel Art. Sie waren gut verheilt, doch Rose brauchte keine regende Fantasie um zu begreifen, welche Schmerzen er beim Nähen dieser Wunden verspürt haben musste. Ihr Blick wurde glasig und als er sich umdrehte und die Narben aus ihrem Blickfeld verschwanden, schrak sie auf, als er sie unverwandt ansah. In seiner Miene konnte sie keinerlei Regung lesen, ob sie ihn mit ihrer Musterung verärgert hatte oder nicht.
 

„Passende Kleidung liegt auf dem Nachtisch.“ Er ließ sich mit dem Pullover in der Hand in dem großen, mit dicken Kissen verzierten Korkstuhl nieder. Rose schwang die Beine aus dem Bett und nahm den schwarzen Stoff zur Hand. Zum Vorschein kam ein knielanges Kleid, mit langen Ärmeln und einen weiten Wollkragen. Dazu sollte sie eine Strumpfhose und flauschige Schuhe tragen. Auch für frische Unterwäsche hatte er gesorgt während sie geschlafen hatte. Ein schwaches Lächeln glitt über ihre Lippen. „Danke.“

„Probier es an, ich will wissen, ob es passt.“ Er lehnte sich zurück und Rose nickte kaum merklich. „Okay, ich gehe eben ins Bad und-!“
 

„Probier die Sachen hier an.“
 

Es klang so selbstverständlich, dass ein Schauer aus Gänsehaut über ihren Rücken kroch, als ihr die Bedeutung seiner Worte klar wurde. Rose atmete tief durch und war froh, dass die Gardinen das Licht von draußen dämpften.
 

Mit klopfenden Herzen und roten Wangen wendete sie sich von ihm ab und sah erneut auf die Kleidung vor sich. Sie zog sich sein viel zu großes T-Shirt über den Kopf, indem sie geschlafen hatte. Als der Stoff raschelnd zu Boden fiel, schluckte Rose hart, ihre Finger zitterten als sie zum Verschluss des schwarzen BHs tasteten. Ihre Haut brannte und mit fahrigen Fingern versuchte sie sich so schnell wie möglich wieder zu bedecken. Rose brauchte einige Anläufe, um überhaupt den jeweils richtig Verschluss für den neuen grauen BH zu finden. Immer wieder rutschte sie ab, oder verhakte sich. Ihre Bemühungen wurden hektischer. Schließlich spürte sie kalte Finger, die ihr die Arbeit aus der Hand nahmen und den BH am Rücken schlossen.
 

Der Körper der jungen Weasley versteifte sich, als sie seinen Atem im Nacken spürte. Warum hatte sie nicht gehört, dass er aufgestanden war? Wieso bewegte er sich so schrecklich lautlos?

Rose griff zum langärmligen Kleid und zog es sich möglichst schnell über den Kopf, sie wollte fahrig ihren Körper bedecken, als sie spürte, dass das Kleid seinen Händen folgte, erst ihrem Rücken herunter, dann sanft über ihren Po floss und schließlich endete, so wie seine Finger ihren Körper verließen.
 

„Deine Haut ist schön.“
 

Seine schlichten Worte bescherten ihr heftiges Herzklopfen und sie flüsterte: „Danke.“

Zärtlich strich er ihr langes Haar zur Seite und die Stelle an der sein Atem ihre Haut berührte, brannte. „Wenn ich wieder komme, spielen wir weiter. Tu mir den Gefallen und zerbrich dir schon mal den Kopf, welchen Zug du als nächstes machen willst.“, dann ließ er von ihr ab und sie hörte, wie sich seine Schritte entfernten. Kaum dass er das Zimmer verlassen hatte, schlang sie die Arme um ihren Oberkörper und versuchte ihr polterndes Herz unter Kontrolle zu bringen. Sie wusste nicht, was es war, aber seine Anwesenheit veränderte etwas in ihr. Nicht nur ihr Herz ließ sich nicht mehr von ihr kontrollieren, ihr Verstand ebenfalls nicht mehr und es war, als würde sie mit jedem einzelnen Schritt, den sie tat einen auf ihn zu machen und nicht von ihm weg.
 

Er war ein Todesser und sie hatte ihn zu hassen, doch aus einem unerklärlichen Grund, fiel ihr genau dies unheimlich schwer.
 


 

Heute Nacht heften meine Augen am Himmel weil, dass was sie sehen ist ein Schwarm von Engeln. Ich wollte den magischen Himmel berühren und die Engel in ihrem Schwarm grüßen.
 


 

Es war kalt, bitter kalt. Immer wieder rieb Albus seine Handflächen aneinander. Der starke Regen hatte nachgelassen, doch nun zerrte eine extreme Kälte an seinem Körper. Niemals hätte er zu träumen gewagt, dass ihn die Reise nach Hogwarts so viel kosten würde. Der Boden unter seinen Füßen war hart geworden und gefährlich glatt. Er schlotterte und verfluchte sich dafür, dass er nie besonders zugehört hatte, als seine Mutter ihm versucht hatte nützliche Zauber beizubringen. Er wollte gerade fluchen, als er stehen blieb. Der leichte bläuliche Nebel, welcher zwischen den gigantischen Bäumen hindurch schlich, umhüllte seine Füße.
 

Der junge Potter griff zu seinem Zauberstab und umfasste diesen fest. Er lauschte den Schritten und fuhr herum. Es handelte sich um Menschen, keine Frage, zwei wenn er sich nicht irrte. Schwach erkannte er die Umrisse und interpretierte lange Mäntel.

Albus biss die Zähne zusammen und schlich hinter einem Baum. Was suchten Todesser im verbotenen Wald? Sein Atem ging vor Aufregung und Angst heftiger. Jetzt kam es hart auf hart und er musste sich selbst beweisen, dass er sich in der harten Welt hier draußen behaupten konnte. Er hörte sie näher kommen, auch sie stolperten und schienen ungehalten. Konzentriert lauschte Albus ihren Schritten und als er sich sicher war, sie in unmittelbarer Nähe zu haben, sprang er hinter dem Baum hervor und hörte die beiden vor Schreck kreischen. Augenblicklich brüllte er: „Levicorpus!“ Einer der Todesser wurde am Fuß in die Höhe gerissen, während der andere rief: „Lumus Maxima!“ Beißendes Licht blendete Albus und er hob die Hand um seine überempfindlichen Augen zu schützen.
 

„Verdammt Albus! Lass mich runter du Vollidiot!“
 

„Nur wenn Alice die Sonne ausmacht!“, fluchte der junge Potter und stöhnte, als das Licht sich dämpfte und seine Augen aufhörten zu Tränen. Vorsichtig setzte er seinen Cousin ab und sah verschwommen, wie dieser sich seine Kleidung richtete, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Mit dem Ärmel wischte Albus sich über die Augen und seine Sicht klärte sich zögerlich. „Fred, Alice! Was macht ihr hier!“, er klang äußerst ungehalten und fauchte die beiden Jugendlichen wütend an. Fred strich sich durch das dunkle rote Haar und verdrehte die Augen. „Ach komm schon! Als wenn du das nicht wüsstest!“

„Hast du wirklich gedacht, wir lassen dich alleine bis nach Hogwarts laufen? Mit deinem Orientierungssinn kannst du noch nicht mal eine einfache Karte studieren!“, mischte sich Alice ein und pustete sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht. Miesgelaunt betrachtete Albus seine beiden Freunde und sah, dass auch sie sich bestens auf die lange Reise vorbereitet hatten. „Vergesst es! Das ist gefährlich!“
 

Ernst sah Fred ihn an, dann zuckte er zu der Überraschung des Potter-Spross mit den Schultern und wendete sich ab. „Du hast es gehört Alice, wir sind hier nicht erwünscht.“ Er klopfte ihr auf die Schulter. „Aber Fred! Wir können doch nicht so einfach-!“

„Natürlich können wir.“ Der Weasley stolperte über eine Wurzel. „Sobald wir zu Hause sind, kuschen wir vor deiner Mom und verraten meiner Tante, wo ihr Heißgeliebter Sohn hin will.“
 

Sofort klappte Albus sein Mund auf. „Das wirst du nicht tun!“

„Wetten doch?“, warf Fred provokant ein, erfreut über diesen Schachzug sah Alice strahlend zum Potter, dieser kniff die Augen zusammen. „So etwas wie dich nennt man Kameradenschwein!“

„Und so was wie dich nennt man…“ Er wedelte ungeduldig mit der Hand und Alice half ihm bereitwillig aus. „Petzende Sau?“

„Genau! Petzende Sau!“, nahm Albus den Rettungsring an.

„Das heißt, wir dürfen bleiben?“, hackte das Mädchen nach und er warf auch ihr einen giftigen Blick zu. Schweigend drehte Albus sich um und setzte seinen Weg fort. Wohlwissend, dass sie gewonnen hatten, schlugen Alice und Fred hinter ihm zum big five ein.
 

„Übrigens Al!“, rief Alice fröhlich. „Du läufst in die falsche Richtung. Nach Hogwarts geht es in diese Richtung und wenn wir uns beeilen, dann sind wir in zwei Tagen da!“

„Oder in einer Woche, wenn ihr weiter so laut hier rumkreischt!“, fluchte er und wechselte die Richtung. Sofort schwiegen seine beiden Begleiter und stampften neben ihm her. Als Albus das gleichmäßige stampfen ihrer Füße hörte und sich der Nebel nach Stunden lichtete, musste er zugeben, dass ihm die Reise mit Gefährten leichter fiel, als alleine.
 

„Wenn wir ankommen… du weißt was uns erwartet, oder?“

„Eine verlassene Ruine“, erklärte Albus ruhig, während Fred bei diesen Worten grinste. „Und wer darf den ganzen Schnickschnack aufbauen?“

„Du Alter!“ Er klopfte seinem Cousin auf den Rücken. „Schließlich kannst du so etwas besser als ich und Alice wird sich um Verletzte kümmern, während ich den Todessern Angst mache.“

Zu seiner linken Seite hustete Alice verräterisch. „Vielleicht sollten wir eins nach dem anderen machen. Ankommen, Lage checken, aufbauen?“
 

Der Potter nickte knapp.
 

Ziel eins: Ankommen.
 

Fortsetzung folgt…

Botschaft aus Glas.

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Er kämpft hart, wird er sein Ziel erreichen? Er wird überleben, für seine Freunde. Er ist am Ende der Gewinner. Er ist stolz und er wird seine Chance nutzen.
 


 

Feuer und Rauch stiegen in den pechschwarzen Himmel, ängstliche Schreie verstummten. Mit ausdrucksloser Miene sah der junge Malfoy über das brennende Dorf. Sämtliche Häuser standen in Flammen, immer wieder erschien ein weiteres dunkles Mal am Himmel, doch es interessierte ihn nicht. Mit festen Schritten durchquerte er das Feld und betrat das Schlachtfeld. Wie seine Mitstreiter trug auch er die Furcht einflößende Kluft eines Todessers und zum wiederholten Mal fragte sich Scorpius Malfoy, weshalb sie ein bedeutungsloses Dorf wie dieses angriffen. Es war deutlich zu sehen, dass es sich um normale Muggel handelte.

„Es ist ermüdend“, sprach Richard hinter ihm und warf achtlos seine Zigarette zu Boden. „Wie immer, Floyd lässt seine Gruppe meutern und plündern und Elliott steckt alles in Brand was anzündbar ist.

„Was hast du erwartet?“, stellte Scorpius die Gegenfrage, als sie durch die erste Straße schritten. Gleichgültig stieg er über einen leblosen Körper und sah seinen Mitstreitern dabei zu, wie diese ihre jeweiligen Opfer folterten.
 

Ignorant schritt Scorpius an ihnen vorbei. Er hatte sich an die Anweisungen seines Bruders gehalten und das Dorf gesichert. Niemand würde das Massaker im unmittelbaren Umkreis bemerken. Er hatte die Drecksarbeit gemacht, so wie immer. Schließlich durfte er als jüngerer Bruder niemals das Rampenlicht an sich reißen.

„Weißt du, warum ich solche Aufträge lieber unter deiner Führung mache?“ Richard zog seinen Zauberstab aus seinem Umhang. „Weil du diesen Krieg mit Anstand führst.“

„Man kann keinen Krieg mit Anstand führen“, widersprach Scorpius und hob seinen Zauberstab. Gezielt richtete er die Spitze auf einen Muggel, welcher hoch in der Luft schwebte und den mehrere junge Todesser quälten. Der alte Mann schrie wie am Spieß, sein Gesicht war schmerzverzerrt. „Avada Kedavra“

Der tote Körper des Muggels fiel in den Schlamm, sofort drehten sich erzürnte Gesichter nach ihm um, doch niemand wagte es, die Hand gegen ihm zu heben. Die beiden erreichten den Marktplatz und erkannten, dass Floyd die Frauen hatte zusammentreiben lassen. Seine Freunde hielten sie höhnisch in Schach.
 

„Bruder, du kommst zur rechten Zeit.“ Erfreut drehte sich Floyd um, die Maske fehlte und Scorpius wurde mal wieder bewusst, wie provozierend er auf ihn wirkte. Seine Freude wirkte gespielt und Scorpius wusste, dass er in der nächsten Stunde ruhig bleiben musste. Er spielte wohl wissend nach den Regeln seines Bruders und legte den Kopf schief. „Was gibt es?“

Die Fackeln warfen einen Schatten auf die Gesichtshälfte des Älteren und der Jüngere zog sich die Maske vom Gesicht. „Die Grenzen sind gesichert. Du hast hier kräftig aufgeräumt. Sprich, ich bin fertig und kann mich von dannen machen.“

„Noch nicht“, hielt Floyd ihn auf und seine Gesichtszüge gewannen an ungewohnter Härte. „Da der dunkle Lord sich in letzter Zeit als äußerst zufrieden mit dir erweißt, dachte ich, dass du uns vielleicht eine Kostprobe deines Könnens bieten würdest.“ Nun zog Scorpius sämtliche Aufmerksamkeit auf sich. Die Kameraden seines Bruders schlossen einen Kreis um ihn und er wagte es nicht, seinem Begleiter einen Seitenblick zu zuwerfen. Richard war wohl wissend aus dem Kreis hinaus getreten um sich aus diesem Bruderduell raus zu halten.
 

Wachsam sah Scorpius Floyd an. „Nein. Du weißt, dass mir jegliche Art von Vandalismus verboten ist, der sich nicht an die Worte des Lord richtet.“ Er hielt sich klar an die wenigen Gesetzgegebendheiten des dunklen Lords. Seit er nicht mehr unter seinem Bruder arbeitete, musste er sich nicht mehr an dessen Befehle halten, sondern konnte gewisse Unannehmlichkeiten geschickt umgehen. Durch seinen Großvater hatte er gelernt, dass er sich nicht für jede Drecksarbeit missbrauchen lassen brauchte musste und er manchmal gewisse Provokationen einfach Provokationen sein lassen sollte. Er wandte sich zum Gehen, als sein Bruder zum nächsten Schlag ausholte. „Du hast Angst, dass du es nicht packst, Hosenscheißer.“
 

Kurz hielt Scorpius inne, doch dann schritt er weiter. „Nein, ich missachte lediglich nicht meine Befehle, Bruder.“ Der Kreis öffnete sich und dann hörte Scorpius hinter sich zwei Frauen voller Pein schreien. Ohne sich noch einmal umzudrehen, ging er weiter und bemerkte, dass Richard sich ihm schließlich anschloss.
 

„Es ist nicht richtig“, sprach sein Mitstreiter, als sie schließlich das Dorf wieder hinter sich ließen und auf die Felder zugingen. „Dass du dich immer zurück ziehst. Er wird deinem Ruf schaden und deine Autorität in Frage stellen.“

Scorpius schwieg beharrlich, weshalb Richard nach seinem Arm griff. „Scorpius!“ Es kam nur selten vor, dass er seinen Vornamen von anderen Menschen außer Familienmitgliedern vernahm, weshalb er sofort stehen blieb. „Wieso lässt du dich immer herumschupsen!“

„Das tue ich nicht“, erwiderte der Blonde ruhig, doch sein Mitstreiter sah die Lage anders. „Und ob du das tust! Bereits als wir unter deinem Bruder standen, hast du jede höhnische und beleidigende Anmerkung hingenommen. Und jetzt, Jahre später lässt du immer noch alles mit dir machen und dich verspotten!“ Wut schwang in seinen Worten mit, ebenso wie Unverständnis. „So wirst du nie den Rang deines Bruders übertreten!“
 

Scorpius sah in die blass-grauen Augen seines Mitstreiters. „Es gibt Dinge, die verstehst du nicht.“ Der Zabini lachte laut auf. „Wie wäre es, wenn du es mir erzählst?“

Scorpius grinste schwach. „Ein anderes Mal vielleicht.“

„Streich das vielleicht und setzt ein nächste Woche Dienstag dran. Dann könnte es sein, dass du hier ohne Duell raus kommst.“ Er ließ seinen Kameraden los und stumm sahen die beiden Jungen einander an.
 

Schließlich holte Scorpius tief Luft und grinste erneut. „Freitag.“ Dann apparierte er an Ort und Stelle. Richard verdrehte die Augen, wohl wissend, dass er mal wieder den Kürzeren gezogen hatte. „Nicht sehr nett, Freitag bin ich in Rom“, fluchte er und ihn beschlich das Gefühl mal wieder hingehalten zu werden.
 


 

Er kämpft um seine letzten Freunde. Aber seine Freiheit. Die gibt's nicht umsonst. Aber er fühlt, dass er überleben wird.
 


 

Energisch zog eine junge Frau ihren Mantel enger um sich und zog auch ihre dicke Wollmütze tiefer ins Gesicht. Ihre roten Haare waren gut versteckt und ihre rechte Hand umklammerte ihren Zauberstab fester. Mit einem mulmigen Gefühl bog sie ab und riss eine alte, fast eingebrochene Tür eines Hochhauses auf. Mit fliegenden Schritten nahm sie zwei Stufen des modrigen Treppenhauses. Molly Weasley wagte es nicht, sich am Gelände festzuhalten und sich so noch ein wenig schneller hoch zu ziehen. Sie hatte Angst, dass es brach, sobald sie einen Teil ihres Gewichts drauf ablud. Nach einer halben Ewigkeit erreichte sie den achten Stock und bog erneut rechts ab. Ihre dumpfen Schritte hallten in dem kahlen und verdreckten Flur wider. Molly hasste Aufträge dieser Art, besonders, wenn es sich dabei um einen Teil ihrer Familie handelte.
 

Ihre blauen Augen, welche ihrer Cousine Rose sehr ähnlich waren, suchten die lädierten Haustüren ab. Bis sie schließlich stehen blieb und klopfen wollte, als sie den Kopf schüttelte. Wozu sollte sie sich die Mühe dieser Höflichkeit machen, wenn die Tür sowieso nicht abgeschlossen war? Zögerlich öffnete sie die knarrende Tür und betrat die abgedunkelte Wohnung. Ein Gestank von Bier schlug ihr entgegen und sie rümpfte angewidert die Nase. Vorsichtig tastete sie sich vor, bemerkte eine typische Unordnung und brach sich auf dem Weg ins Schlafzimmer bis zu jenem Fenster fast das Genick, da sie über Dosen stolperte.

„Lass die Gardinen zu!“, drohte eine männliche verschlafene Stimme und sie grinste spottend. Sich nicht an seine Worte halten, zog sie energisch die Gardinen beiseite und öffnete das Fenster, eisige Luft zog herein. „Vielleicht das nächste Mal, Jamie.“ Sie sah sich im Zimmer um und bemerkte, dass ihr Cousin murrend die Beine aus dem Bett schwang. „Wie wäre es, wenn du hier mal sauber machst?“

„Wozu, in drei Wochen penne ich ehe wieder wo anders.“
 

Spöttisch hob Molly eine Augenbraue und zog mit ihrem Zauberstab ein rotes Höschen von einem Lampenschirm. „Oder bei einer anderen.“ Sie seufzte. „Hör mal Jamie, es ist nur wirklich nicht die Zeit für solche Weibergeschichten. Das ist die dritte in dieser Woche. Meinst du nicht, du solltest bei einer bleiben? Was wenn du etwas tust, was du später bereust?“
 

James strich sich durch das zerzauste dunkle Haar und rieb sich dann den Schlaf aus den Augen. Er ließ sie weiter sprechen und schien jeglichen Ärger über sich ergehen zu lassen. „Du solltest deinem Vater alle Ehre machen und nicht alles stehen und liegen lassen!“ Es war deutlich heraus zu hören, dass Molly sich ärgerte, doch bevor sie sich richtig in Rage reden konnte, zog James sie an der Hand ins Bett und setzte sich ungeniert auf sie. Erschreckend stellte sie fest, dass er nackt war und zog scharf die Luft ein. Ein süffisantes Grinsen schlich über seine Lippen. Er sah, dass sie seinen Blick mied und peinlich berührt an die Decke sah.

„Was? Ist es dir unangenehm?“ Er forderte sie heraus, denn schließlich war sie die Einzige, die ihm regelmäßig die Leviten las, wenn er ein wenig über die Strenge geschlagen hatte.
 

Seine rauen Hände schoben ihren Mantel auseinander und fuhren unter die karierte Bluse.

„James, hör auf!“ Sie wollte sich erheben, doch er machte es ihr nicht möglich. „Wieso? Es geht dir gegen den Strich, dass ich mache, was ich will. Wenn ich mir meinen Spaß bei dir holen kann, dann brauche ich nicht mehr über die Strenge zu schlagen.“ Er klang anzüglich und augenblicklich kroch eine heftige Röte in ihr auf. Seine Hände rissen die Bluse auf und umschlossen gekonnt ihre üppigen Brüste. Seine rauen Lippen folgten der Spur seiner Hände und Molly versuchte sich unter ihm zu bewegen, doch mit wenig Kraftaufwand hielt er sie in Schach. Seine Hände zerrten an ihrem Hosengürtel und öffneten diesen, als ihr ganzer Körper erschlaffte.
 

Just hatte ihr Widerstand nachgelassen und er sah auf. Ihr Blick war starr an die Decke gerichtet. Innerlich seufzte James und ließ registriert von ihr ab. „Ja, ich habe schon verstanden, du willst es nicht.“ Er rollte sich von ihr runter und schritt nackt wie er war ins Bad. „Vielleicht solltest du mal anfangen, dich locker zu machen, Molly.“

„Um mich dann von dir ficken zu lassen? Nein James, ich habe weitaus besseres zu tun.“
 

Sie hörte das Wasser der Dusche rauschen und kämpfte sich aus dem Bett, kurz darauf verstummte der Wasserstrahl und sie hörte ihn sagen: „Du hast auch so schon wenig zu lachen, wie wäre es mit ein bisschen Abwechslung?“

„Du weißt, dass es nicht richtig ist. Denk an deinen Ruf und deine Aufgaben! Du solltest mit bestem Beispiel voran gehen und den Menschen dort draußen Hoffung geben, außerdem hat sich der Orden wieder bei mir gemeldet und Kingsley fragt an, ob du nicht für Plan-!“
 

„Weißt du das alles auswendig oder liest du das ab?“ Genervt von all der wartenden Arbeit kam er aus dem Bad und bückte sich um aus seiner mitgenommenen Reisetasche frische Kleidung zu nehmen.

„Auswendig“, seufzte Molly und strich sich das lange rote Haar nach hinten. Dann schwieg sie und sah betreten zu Boden. „Außerdem… deine Mutter hat geschrieben.“

„Und was will sie?“ James klang gelangweilt und griff zu seinen Zigaretten. Molly zog den Brief aus ihrer Jackentasche und legte ihn auf den Nachtisch, dann erhob sie sich vom Bett und schritt zur Tür. „Ich denke, ich spreche für deine ganze Familie, wenn du dir mal ein Beispiel an deinem Bruder nimmst.“
 

„Wieso sollte ich? Würde ich mit dem Furzknoten gleichziehen, dann säße ich jetzt zu Hause.“

„Oder auch nicht“, konterte Molly ruhig und stieg über einen Haufen Bierdosen. „Dein kleiner Bruder von Furzknoten ist zu Hause abgehauen und hält deine Mutter auf Dauertrab. Sie lässt fragen, ob du eine Ahnung hast, wo sie ihn suchen könnte.“

Langsam drehte James sich um, seine Cousine meinte es also tatsächlich ernst, als sie erklärte, Albus wäre von zu Hause abgehauen. Erst verschwand Rose und jetzt auch noch sein unzuverlässiger Bruder. „Was hat er denn auf seiner Flucht alles mitgenommen?“
 

„Fred und Alice. Die Beiden fehlen ebenfalls schon seit zwei Tagen.“ Sie hielt in der Tür inne und drehte sich um. „Weißt du James, auch wenn Albus erst achtzehn ist, so besitzt er doch den Mut eines Potters. Beweißt einen kühlen Kopf und zeigt Courrage, etwas was dir noch fehlt.“ Sie verließ die kleine Wohnung und hörte ihn laut auflachen. Innerlich seufzte Molly erneut. So lief es immer. James nahm sie nicht ernst und reagierte stets mit Spott. Sie hoffte, dass irgendwann einmal der Moment kommen würde, wo er den Ernst der Lage sehen würde und er seinem Namen alle Ehre machte.
 


 

Er ist frei, frei wie der Wind. Er ist frei und wird gewinnen, weil er für die Ehre kämpft.
 


 

„Langsam wird es gruselig.“

Überrascht sah Scorpius vom Schachbrett auf und erkannte, dass die junge Weasley angestrengt die Stirn runzelte. Nach jenem provokanten Auftrag hatte Scorpius sich nicht schnell genug zurückziehen können. Jetzt, wo er sich wieder in seinen eigenen Räumen befand, weit weg von all dem Stress von Rangkämpfen und ständigen Rivalitäten, breitete sich eine große Welle der Zufriedenheit in ihm aus.

„Erläutere deine Ansicht genauer.“
 

Rose veränderte ihre Sitzhaltung und streckte ihren Nacken. Seit fast zwei Stunden spielten sie mit Schachfiguren gegeneinander und mit höchster Konzentration wollte keiner von beiden nachgeben. „Nun ja, egal welchen Zug ich mache, du quittierst ihn und egal, was du machst, ich werde ihn ebenso abwehren. Im Klartext, wir schieben bis morgen unsere Türme hin und her.“ Sie griff geistig abwesend zu der großen Platte mit Obst und biss in einen Pfirsich.

„Nein, ich schätze spätestens in einer Stunde habe ich dich Schachmatt gesetzt“, erklärte er ruhig und entlockte ihr ein Grinsen. „Unsinn. Dafür müsste ich schon diesen Bauern hier weg setzten und naiv genug sein um meinen Läufer dort hin zu bugsieren.“
 

Er grinste leicht und bemerkte, dass auch sie ihm einen amüsierten Blick zuwarf. Jedoch nahm Scorpius‘ Gesicht schnell wieder den neutralen Zug an. „Erklär mir, warum du das Kreuz in den Himmel geschickt hast, Rose.“

Sie sah weiterhin auf das Schachbrett, bis sie schließlich aufsah und gezwungen lächelte. „Ich glaube nicht, dass du verstehen wirst warum, aber es hat etwas mit Hoffung zu tun.“
 

Scorpius verstand ihre Aussage tatsächlich nicht und bat sie darum, sich weiter zu erläutern. Rose lächelte bitter. „Weißt du, wenn man sein Leben lang nichts anderes kennt, als immer unter der Obhut seiner Tante zu stehen, keinen einzigen Schritt ohne Begleitung machen zu können, dann fragt man sich, ob es nicht hätte auch anders sein können.„ Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Onkel George erklärte mir dann, also als Kind, dass mein Leben durchaus anders aussehen könnte, wenn durchaus mehr Menschen den Mut dort draußen besitzen würden, um Zeichen zu hinterlassen, dass sie noch hoffen.“ Unwirsch zucke Rose mit den Schultern. „Aber wie du siehst, war es eine törichte Idee.“
 

„Wurdest du nicht bestraft, als du diese Frage stelltest?“

Überrascht sah sie ihn an. „Nein, natürlich nicht. Wieso?“

Scorpius sah sie verblüfft an, dann strich er sich durch das Haar und erklärte: „Wenn ich eine Frage gestellt habe, nach dem Was-wäre-wenn-Prinzip, wurde ich bestraft.“ Er blickte wieder auf das Schachbrett und sah auf ihren Zug.

„Die Narben… auf deinem Rücken, kommen sie von solch einer Bestrafung?“, wagte Rose zu fragen und hielt unweigerlich die Luft an, als sie seinem Blick begegnete. Seine Augen wirkten emotionslos und starr. „Ja. Ich mochte die Dunkelheit im Klassenzimmer nicht und habe geschwänzt. Mein Vater fand mich und erklärte mir, dass es schwach wäre, sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen.“ Er lächelte zynisch. „Ich habe gefragt, ob Gefühle nicht menschlich wären und daraufhin habe ich lernen müssen, dass man manche Fragen lieber offen lässt.“

Das Gesicht der jungen Weasley veränderte sich, ihr Blick galt nicht dem Springer, der seine Position wechselte. „Aber deine Fragen bleiben doch!“
 

„Gewiss“, nickte der Todesser. „Und einen Teil kann man durch äußerst effiziente Bücher beantworten. Andere dagegen werden wohl ewig offen bleiben.“

„Und die wären zum Beispiel?“ Rose musterte das Brett.

„Warum ein Mann wie Potter plötzlich verschwindet oder weshalb Gefangener Nummer 1537 lieber den Tod wählt, als seine Familie von Schlammblütern zu verraten.“ Er zuckte mit den Schultern, so wie sie es zuvor getan hatte. „Lauter so Kleinigkeiten.“

„Warum beschäftigt dich so etwas?“

„Keine Ahnung, vielleicht weil ich finde, dass jeder das Recht hat, seine Meinung zu vertreten?“ Er lächelte. „Mein Bruder würde mich für verrückt erklären und rumposaunen ich würde darauf pochen, alle Schlammblüter als Geisel zu nehmen.“ Er schüttelte erneut den Kopf. „Tja… und dann würde ich ganz schnell bei den Knechten landen und eine noch größere Schande für die Familie werden.“
 

Etwas in Rose setzte sich zusammen. Ihr Bild von den jungen Todessern veränderte sich. Noch konnte Rose nicht sagen in welche Richtung, doch ihr Interesse war zweifelsohne geweckt. „Darf ich fragen, wie eure Strafen aussehen?“, wagte sie sich vor und zog ihren Turm ein Feld zurück.

„Je nachdem, Folter durch Crucio oder durch viel Fantasie, wie du gesehen hast.“

„Wie alt warst du da?“

„Sechs. Was soll das werden, ein Frage-Antworten-Spiel?“ Er klang belustigt, doch Rose wusste, dass sie dem ersten Schein oft nicht trauen durfte. „Vielleicht, habe ich noch eine Frage.“

Unwirsch zuckte er wieder mit den Schultern, weshalb sie den Blick senkte. Es war eine Frage, die Rose schon seit Beginn des Abends quälte und dessen Antwort sie sich selbst nicht geben konnte.
 

„Warum hast du von mir abgelassen, obwohl es offensichtlich war, dass du Gewalt anwenden würdest, wenn ich mich dir nicht fügen würde?“
 

Rose spürte, dass er aufsah, ihr Herz klopfte bis zum Hals. Sie schluckte kaum sichtbar und hoffte, dass sie den Bogen nicht überspannt hatte, schließlich durfte sie nicht vergessen, dass sie einen Todesser vor sich hatte, an dessen Händen Blut klebte.

„Keine Ahnung“, gab er zu. „Ich würde es auf deinen strafenden Blick schieben.“

Irritiert sah Rose auf und bemerkte, dass er ihre Frage durchaus ernst genommen hatte. „Es fühlte sich falsch an, was ich tat. Und zwar zum ersten Mal.“

Scorpius setzte seinen Bauer weiter und sah sie an. Seine braunen Augen begegneten ihren blauen. „Schachmatt“, erklärte er lächelnd und beobachtete, wie sich ihre ängstliche Miene augenblicklich veränderte. „Du schummelst!“, wagte sie es die Behauptung aufzustellen. „Das kann gar nicht sein!“ Sie suchte das Brett ab und Scorpius stand auf. „Gewonnen ist gewonnen.“ Er schien amüsiert über ihre Entrüstung. „Jetzt bin ich dran mit Beschäftigung aussuchen.“

Augenblicklich versteifte sich der Körper der jungen Weasley, sie sah ihn wachsam an und bemerkte, dass er hinter die Couch trat. „Kennst du Nathan Brown? Er schrieb das Buch Discorsi.“
 

Überrascht nickte Rose und erhob sich ebenfalls. „Klar, er hat auch noch andere Bücher geschrieben, falls ich mich recht erinnere.“

„Du weißt aber nicht, wo ich das Werk Discorsi noch herbekomme, oder?“

Sie schüttelte den Kopf und folgte ihm in seine kleine Bücherei. Sie schritten zwischen den hohen Regalen auf und ab. „Keine Ahnung, ich weiß, dass meine Mutter Mal so ein Buch hatte, aber ich glaube, dass ist mit all den anderen Büchern verbrannte, als deine Kollegen unser Haus gefunden haben.“

Ungehalten darüber brummte Scorpius, jedoch wollte er sich seine Misslaune nicht anmerken lassen und führte die Unterhaltung weiter. „Egal, erzähl mir, welche Werke du bist jetzt gelesen hast.“
 

Rose wurde bewusst, worauf der Heiler, welcher an ihrem Bett verweilt hatte, hinaus gewollt hatte. Ihr Peiniger besaß einen großen Wissensdurst. Etwas, was sie sich zunutze machen sollte. Jedoch gab es noch etwas, was sie hoffen ließ. Der junge Malfoy schien ein Denker zu sein, jemand der gerne gewisse Dinge hinterfragte. Bevor sie auf seine Frage antwortete, versuchte sie an seiner Neugier zu appellieren.
 

„Weißt du, was ich nicht verstehe?“

Er drehte sich um und schritt unbeirrt rückwärts weiter. Rose sah ablenkend auf die Regale und verknotete die ihre Finger nervös miteinander. „Na ja, du wurdest als Kind bestraft, weil du die falschen Fragen gestellt hast, ungerecht oder?“

„In deinen Augen vielleicht.“

„In deinen nicht?“
 

Scorpius blieb stehen und musterte sie. „Was willst du mir damit sagen?“

Die junge Weasley spürte, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte. Bedacht versuchte sie die richtigen Worte zu finden. „Ohne dich verärgern zu wollen, aber bestrafst du die Menschen dort draußen nicht ebenfalls, weil sie eine falsche Denkweise vertreten, so wie du, als Kind?“

Sie hielt fast die Luft an, als seine hellen braunen Augen sie durchbohrten. Dann schlich ein spöttisches Lächeln über seine kalten Lippen. „Vielleicht.“

Rose seufzte, vielleicht schien eines seiner Lieblingswörter zu sein. Da sie sich auf dünnem Eis bewegte. „Interessante Sammlung“, merkte sie mit einem Nicken auf die Bücher an. „Jedoch alle rassistisch veranlagt?“ Der Todesser ging auf den Themenwechsel ein. „Natürlich, aber wenn man zwischen den Zeilen liest, enthüllen sie einige interessante Dinge.“
 

Rose hörte ihm aufmerksam zu und das Gefühl der Hoffung, als sie ihn dabei betrachtete, wie er ihr Bücher empfahl, verstärkte sich. Er wirkte so anders, als sie erwartet hatte. Bei ihrer ersten Begegnung war ihr nichts als Kälte begegnet, dazu Ignoranz und Gewalt, doch nun, wo sie den Tipp des alten Mannes für bare Münze genommen hatte, spürte sie, dass der Alte gewollt hatte, dass sie einen Teil der Moral des Malfoy verdrehte. Und mittlerweile war sie sogar so weit, um zu glauben, dass sie ihn tatsächlich bewegen könnte, diesem brutalen Dasein ein Ende zu setzten. Aber sie wusste auch, dass dies keine Sache von drei Tagen war und sie nicht zu offensichtlich vorgehen durfte.
 


 

Er ist frei und er wird gewinnen, weil sein Herz tapfer ist. Er kämpft um sein Leben.
 


 

„Sei bloß vorsichtig!“

Albus verdrehte die Augen und angelte zum nächsten Ast. Seit fast drei Tagen waren sie nun schon unterwegs und er bekam das dumpfe Gefühl, dass sie seit gestern im Kreis herumliefen. Mit fiel Kraftaufwand schaffte es der junge Potter, sich einen Ast höher zu ziehen, um einen Blick über die Spitzen der Bäume werfen zu können. „Du hörst dich an wie eine Mutterglucke!“

Alice verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und reckte weiterhin den Kopf um den Schwarzhaarigen nicht aus den Augen zu verlieren. „Ich bin ganz sicher, dass wir in die richtige Richtung gegangen sind! Laut Karte sind wir nur noch ein paar Meilen von Hogwarts entfernt.“
 

„Wie dem auch sei…“, gähnte Fred neben ihr und besah sich die Schrammen und Schnittwunden an seinen Armen. „… ich hätte nichts dagegen, wenn wir unsere Reise ein ganz klein wenig beschleunigen könnten. Nicht, dass ich mich mit Mutter Natur nicht verbunden fühle, aber jetzt ganze Monate in dieser Matsche zu nächtigen und dabei Bekanntschaft mit seltsamen Schnittmücken auf Dauer zu machen, ne lass mal.“
 

Alice sah ihn mahnend an. „Du klingst wie ein Weichei!“

„Ich bin eins“, gab Fred ohne Scham zu und sah nun ebenfalls hoch in den Baum, auf den sich sein Cousin seit einer halben Stunde quälte. „Hey Al! Wie ist die Luft da oben?“

„Extrem gut!“, konterte der Potter und riss sich leicht das Hosenbein ein und stöhnte frustriert. „Scheiße!“ Innerlich verfluchte er sich dafür, dass er Freds Schnapsidee auf einem Baum zu springen tatsächlich ernst genommen hatte. Doch besser, er bekam einen Überblick, wo genau sie sich befanden, als dass sie weiter blind durch den Wald hopsten. Außer Mücken und Glühwürmchen waren sie niemandem begegnet. Eine erschreckende Tatsache, angesichts der Situation. Natürlich hatte er gewusst, dass viele Kreaturen nach Voldemorts Machtergreifung ihre Heimat verlassen hatten. Der einst so verbotene Wald machte nun überhaupt keinen verbotenen Eindruck mehr. Er schien verlassen, leblos und verwahrlost.
 

Mit viel Vorsicht gelang es Albus, auf einen weiteren Ast zu klettern und reckte den Hals, er hatte eine kleine Lücke zwischen den abgestorbenen, fast schon schwarzen Blättern ausmachen können und arbeitete sich nun bis zu dieser Lücke vor. Sein Blick fuhr über Baumkronen und er verengte die Augen zu Schlitzen. Er erkannte Felder und schließlich etwas, was sein Herz höher schlagen ließ. Das Sichtbild seiner Augen veränderte sich, die Farben verschwanden, ein schwarzweißes Bild erschien, dafür wurde seine Augen noch schärfer und er sah einige Meilen weiter. Albus erkannte Ruinen und ihm wurde bewusst, dass Hogwarts in einem durchaus schlechterem Zustand war, als er erwartet hatte. „Ich schätze, wenn wir stramm durchmarschieren, dann sind wir heute Abend da“, rief er laut und seine Freunde stöhnten erleichtert auf. Vorsichtig machte sich Albus wieder auf den Weg nach unten. „Aber ich glaube, wir haben durchaus mehr Arbeit vor uns, als erwartet.“

„Was soll das heißen? Wie viel Arbeit?“, wollte Fred alarmiert wissen und der Potter sah nach unten. „Ähm… kannst du Dächer errichten?“
 

Fred lachte laut auf, er klang sarkastisch und leicht ratlos. „Hör mal Al. Ich weiß, wie man eine Tür in die Angel setzt oder Tapeten anbringt, aber für den Grundbau eines Gebäudes und dann noch magisch, hättest du den Prinzen mitnehmen müssen.“

„Als wenn Louis sein trautes Nest verlassen hätte“, spottete Albus. „Außerdem, wenn ich Louis dabei haben wollte, dann hätte ich auch gleich James anschreiben können. Mein ach so toller Bruder hätte das sicher ein paar seiner Leute aufgebrummt.“ Er sprang den letzten Meter zu Boden und erkannte die ernste Miene seines Cousin. „Ey Fred, ich weiß, dass ich ein bisschen viel verlange, aber vielleicht kannst du dir Hogwarts ja auch erst einmal angucken und mir dann sagen, was du hinkriegst und was nicht.“
 

„Lasst uns erst mal ankommen.“ Alice schulterte ihre Tasche und nickte den beiden Jungen zu. Zusammen traten sie den letzten Abschnitt der Reise an. Ihre Schritte wurden immer schneller und hektischer. Albus bekam nach über drei Stunden Angst, dass sie unvorsichtig werden könnten, doch als sie bei Anbruch der Dämmerung aus dem Wald stolperten und heftig atmend die Felder betrachteten, löste sich ein wenig Anspannung aus seiner Brust.
 

Mit müden Knochen ging Fred in die Hocke und versuchte seinen rasenden Atem unter Kontrolle zu bekommen. Alice dagegen strich sich eine dichte Locke aus dem Gesicht und unweigerlich fiel ihr Blick auf Albus. Ein Lächeln glitt über ihre Lippen, als sie den Cousin ihrer besten Freundin betrachtete. Seine giftigen grünen Augen leuchteten vor Vorfreude und sie wusste, dass Albus es nicht erwarten konnte endlich etwas in dieser düsteren Welt zu bewegen. Möglichst gelassen stützte sie den Ellenbogen auf seiner Schulter ab und sprach: „Und was, wenn dort irgendwelche Junkies rumhängen?“
 

„Was sind Junkies?“, wollte Albus ahnungslos wissen und Alice lachte. „Muggel, die sich Spritzen in den Arsch jagen und dann vollkommen high sind. So wie Hugo, wenn er zu viele Süßigkeiten gefressen hat.“

„Dann geben wir ihnen einen fetten Tritt in den Arsch und räumen dort trotzdem auf“, merkte Fred an und machte den ersten Schritt durch das Feld.
 

Immer wieder rutschten sie im nassen Schlamm aus oder blieben mit dem Fuß stecken. Sie meckerten, sie stöhnten und fluchten und nicht zum ersten Mal wünschte Albus sich, dass er seinen Besen mitgenommen hätte. Dreckig und erschöpft erreichten sie nach einer halben Ewigkeit die Ruine des Schlosses. Es sah schlimmer aus, als die drei Jungendlichen angenommen hatten. An vielen Stellen waren die Grundmauern stark beschädigt, die Verwahrlosung war deutlich anzusehen und keiner der drei konnte sich vorstellen, dass dies einmal eine Zauberschule gewesen sein sollte. Geschockt über diesen fatalen Zustand strich sich Albus ratlos über das Kinn. Seine Vorfreude dämpfte sich ein wenig und gerade als er einräumen wollte, dass seine Idee bezüglich aus dem alten Schloss einen Stützpunkt zu machen, vielleicht nicht umsetzbar war, kramte Alice neben ihm in ihrer Tasche rum.
 

Gefasst schlug sie ein kleines Notizbuch auf und erklärte: „Also der magische Grundstein ist noch gelegt, apparieren kann man erst-!“ Sie drehte sich um und zeigte auf den Beginn des verbotenen Waldes. „-dort. Außerdem, wenn wir diese… ähm… diesen Stall aufbauen, wird das niemand sehen, erst wenn er den verbotenen Wald hinter sich hat und das Feld durchschreitet, wird sichtbar sein, dass Hogwarts wieder zu seiner ursprünglichen Form zurück findet.“ Sie sah wieder auf die Ruine und bat Fred mit seinem Zauberstab Licht zu machen. Mutig schritt sie zwischen den Steinen hindurch und betrat vorsichtig die große Eingangshalle, welche ihre Glanzzeiten bereits hinter sich hatte.
 

„Wenn wir es wirklich schaffen, hieraus wieder ein Schloss zu machen…“, sie sah an die Decke und zu dritt betraten die sie die einstig schöne große Halle, wo die Häuser zum Essen zusammen gefunden hatten.

„… dann kann ich euch versichern, dass wir einen Stützpunkt haben, so sicher, so groß und so-!“

„Komm zum Punkt, Alice“, brummte Fred und die Dunkelhaarige strahlte: „Im Klartext, Albus‘ Idee ist bombastisch, nur mit viel Arbeit verbunden.“

„Na großartig“, erklärte sich Fred wenig begeistert. „Und wo sollen wir anfangen?“

„Im Keller“, sprach Albus wenig beeindruckt und holte die Karte der Rumtreiber hervor. „Dort wird wohl das meiste noch intakt sein.“ Er sah auf die Karte und suchte nach der richtigen Treppe, die sie in den Kerker führen würde. „Dort können wir vielleicht auch erst einmal die Nacht verbringen.“
 

Die drei Jugendlichen kämpften sich durch Staub, Asche und kaputten Statuen, sowie zerbrochenen Stein. Angewidert zerstörte Fred mit seinen Zauberstab fuchtelnd ein großes Spinnennetz, während Alice vor lauter Staub ihre Nase nicht aus ihrem Taschentuch bekam.

„Wonach suchst du eigentlich?“, erlaubte sich Fred die Frage, als er angeekelt auf ein kleines Podest sprang, um Kakerlaken aus dem Weg zu hüpfen.

„Mein Dad hat mal erzählt, dass die Slytherins damals ihren Gemeinschaftsraum im Keller hatten, irgendwo hier.“ Vorsichtig und mit seinem Zauberstab bewaffnet tastete Albus sich vor. „Da die meisten Todesser aus Slytherin kommen, schätze ich, dass ihr Turm den wenigsten Schaden davon getragen hat.“ Er blieb stehen. „Hier muss es sein.“

Alice leuchtete auf ein leeres Porträt. „Na toll, und wie kommen wir da rein?“

„Wir rufen nach irgendwem“, schlug Fred vor. „Irgendwo wird ja wohl noch ein Porträtbewohner rumgammeln.“ Erneut gähnte er und alle drei zuckten zusammen, als eine fremde Stimme ertönte: „Ich würde gammeln vielleicht gegen Däumchen drehen eintauschen.“
 

Sie fuhren herum und sahen erneut auf das eben noch leer gewesene Porträt. Nun sah lächelnd ein alter Mann auf sie herunter. Vergnügt und erfreut blitzten die Augen hinter seinen Halbmondgläsern hervor und sah sie wachsam an. Sein weißer Bart reichte bis über den Bauch und Alice legte unwillkürlich den Kopf schief. Sie kannte diesen Mann, dessen war sie sich ganz sicher.

„Möchte einer von euch ein Zitronenbrausebonbon?“

„Nein danke!“, lehnte Albus kühl ab. „Würden Sie trotzdem Ihren hübschen kleinen Rahmen beiseite schwingen, damit wir die Lage da drin checken können?“

Amüsiert über den Ton des Jüngeren lachte der Alte und sah vergnügt in die Runde. „Wenn die Herrschaften sich vorstellen würden?“
 

„Wie wäre es, wenn du den Anfang machst, alter Mann.“

„Sei nicht so frech, Al!“, wies Alice ihn zurecht und lächelte das Porträt an. „Ich bin Alice, Alice Longbottom, der mit den roten Haaren-!“

„Ist ein Weasley, ja… fragt sich nur von welcher Ecke.“

Die Stirn runzelnd sah Fred ihn an. „Wie aus welcher Ecke?“

„Nun ja.“ Der alte Mann gluckste. „Es gibt Charlie Weasley, Bill Weasley, Percy Weasley...”
 

„Wer sind Sie? Hellseher?”, empörte sich Albus leicht misstrauisch.

„Nein, ein Schulleiter, der eben jedes seiner Kinder kennt.“ Er legte den Kopf schief. „Fred oder George?“

Der Rothaarige grinste breit: „Was meinen Namen angeht oder meinen Vater, wenn es das erste ist, dann die erste Lösung und wenn’s das zweite ist, dann die zweite Lösung.“
 

„Ja… das habe ich mir schon fast gedacht.“ Die blauen wässrigen Augen des Alten hefteten sich an den Schwarzhaarigen. „Ein Potter!“, riet er. „Die Haare sprechen dafür, ebenso wie die Augen.“

„Potter der zweite“, erklärte Albus ungeduldig. „Wenn Sie mit James quatschen wollen, dann müssen Sie leider sämtliche Rahmen der Welt abquatschen und bei meinem Dad ist sowieso Holz und Malz verloren.“

„Schon gut, schon gut.“ Wieder kicherte der Alte, dann sah er wieder in die Runde. „Mein Name ist Professor Dumbledore und ich wünsche euch einen angenehmen Aufenthalt.“ Er schwang das Bild zur Seite und der junge Potter seufzte: „Na endlich!“
 

Alice gab ihm einen leichten Stoß in die Seite. „Albus!“, sprach sie mahnend. Doch er zuckte nur mit den Schultern und kletterte durch das Loch. Dabei entging ihm der wachsame Blick des Alten. Als Albus den ehemaligen Gemeinschaftsraum betrat, flammte augenblicklich ein Feuer im Kamin auf. „Stark eingerostet und ein wenig…“

„In Schuss gehalten?“, beendete Fred den Satz und sein Herz schrie vor Freude, als er die Couch sah. „Oh Alter, schlafen!“ Mit einem Satz warf er sich auf die Couch und genoss den Moment der Entspannung. „Keine Ahnung, wie dein Dad, Tante Hermine und Onkel Ron diesen Horror Monate ausgehalten haben.“

Auch Albus ließ sich entspannt in einen Ohrensessel fallen und legte die Füße auf einen kleinen Sockel, sein Körper entspannte sich. Alice dagegen streckte sich auf dem weichen Fellteppich aus und schloss die Augen. „Hunger… aber darum kümmern wir uns bitte morgen.“
 

Der Potter-Spross grinste. „Punkt eins, angekommen erledigt und die genaue Lage checken wir…“, er sah auf seine abgenutzte Armbanduhr. „… in sagen wir mal… neun Stunden.“

„Angenommen!“, riefen Fred und Alice im Chor, während Albus bereits die Augen geschlossen hatte und mit jedem Atemzug weiter ins Land der Träume abdriftete.
 


 

Manchmal stolz und manchmal traurig, aber er kämpft für ein besseres Leben. Was du gibst, bekommst du zurück.
 


 

Müde legte Rose das aufgeschlagene Buch beiseite, sie gähnte ausgiebig und murmelte: „Bett!“ Als sie sich erhob, schwankte sie leicht. Seit Stunden grub sie sich nach Herzenslust durch die Bibliothek ihres Peinigers und hatte mit Staunen Werke entdeckt, deren Existenz sie für vergessen gehalten hatte.

Belustigt beobachtete Scorpius vom Regal aus, wie sich die junge Weasley schwankend durch den Raum kämpfte. Wahrscheinlich waren ihre Beine eingeschlafen. Mit schnellen Schritten durchquerte er den Raum und bot ihr gerade noch vor einem Sturz Halt.

„Danke… ich glaube meine Beine sind eingeschlafen“, murmelte sie, bestätigte seine Vermutung und gähnte ausgiebig. Am Türrahmen hielt sie sich fest. Dankend lächelte sie.
 

Scorpius sah in ihre tief-blauen Augen und etwas in ihm drehte sich erneut. Wie von selbst streckte er seine Hand aus und strich durch ihr weiches seidiges Haar. Unwillkürlich verschwand das Lächeln von ihren blassen Lippen und ihre blauen Augen wendeten den Blick von ihm. Ihre schmale Hand berührte seine, die sich fest in ihr Haar vergraben hatte und nun bis zu ihrer Wange strich. Sie machte etwas mit ihm, doch noch konnte er nicht in Worte fassen, was genau sie tat. Zuerst erregte sie mit ihrem Mut seine Neugier, dann mit ihrer Erscheinung sein Interesse. Er hatte schon immer eine Schwäche für das Unbekannte und Herraustechende gehabt. Als ihm in der ersten Nacht bewusst geworden war, dass er eine Weasley in seinen Räumen hatte, hatte er großen Spaß gewittert, doch stattdessen gab sie ihm etwas, was ihm einiges mehr wert war.
 

Antworten auf Fragen, die er nie offen hatte stellen dürfte. Sie verriet niemanden ihrer Leute, nur deren Ansichten und deren Beweggründe. Etwas, was ihn faszinierte und zum Nachdenken brachte. Ihre Worte knöpften ein wenig an den Worten seines Großvaters an und unterstrichen seine kleinen Lehren. Seine Handfläche auf ihrer Wange brannte, die Kälte verschwand und Scorpius spürte, wie sein Herz schneller schlug. Das unbestimmte Gefühl, welches ihn bereits verfolgte, als er zum ersten Mal in ihre klaren Augen gesehen hatte, verstärkte sich. „Sieh mich an, Rose“, sprach er ruhig und sah, wie sie seiner Anforderung zögerlich nachkam.
 

Der junge Malfoy betrachtete jeden Zentimeter ihres hübschen Gesichtes, sein Daumen strich an ihrem Kinn entlang und hob ihr Gesicht so an. Er spürte ihren stockenden Atem und dann ihren leichten Rückzug, indem sie sich mit dem Rücken gegen den breiten Türrahmen lehnte. Sein Gesicht beugte sich zu ihr runter, gefährlich nahe.

„Du bist wie Wärme.“

„Und du wie Kälte“, flüsterte sie und er bemerkte das leichte Zittern in ihrer Stimme, ein spöttisches Lächeln breitete sich schwach auf seinem Lippen aus. „Hast du Angst vor mir?“, stellte er ungeschont die Frage und spürte, dass sie gequält schluckte.
 

Ehrlich nickte sie zaghaft.

„Brauchst du nicht“, sprach er flüsternd an ihrem Ohr. „Zumindest noch nicht.“

Sie wendete ihr Gesicht, wahrscheinlich um ihn direkt anzusehen, diesen Augenblick nutzte er und seine gierigen Lippen fanden ihre. Wärme und Hoffnung traf auf Kälte und Verderben.

Nicht die Spur zurückhaltend oder scheu küsste er sie. Sein Kuss war fordernd und wollend. Rose schloss die Augen und wollte sich irgendwo fest halten, als seine Hände sich mit ihren verhakten und sie gegen den breiten Rahmen drückten. Die Leidenschaft mit der er sie gefangen hielt, überrumpelte und verwirrte sie zugleich. Jedoch schien ihm dies egal zu sein. Während sie den Kuss löste um nach Luft zu schnappen, zog er ihren betönenden Duft von frischer Waldwiese ein und gab ihr nur diesen Moment der Eigenkontrolle. Dann nahm er sie wieder für sich ein und verführte sie hoffnungslos mit seinem Können.
 


 

Er hat die Macht, er gibt nicht auf und er fühlt sich Tag für Tag stärker.
 

Fortsetzung folgt…

Rebellen der Sonne.

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Hallo, bin ich es, den du suchst? Denn ich frage mich wo du bist und ich frage mich was du tust.
 

Der Nebel schlich noch über den Feldern und die schwachen Sonnenstrahlen hatten noch nicht den Boden erreicht, als ein schwarzhaariger Junge durch den zertrümmerten Teil des Schlosses schritt. Mit jedem weiteren Schritt wurde sein Herz schwerer. Ein wenig überfordert betrat er die ehemalige große Halle und sah auf die eingestürzte große Wand. Wie sollte er Hogwarts in solch einem schlechten Zustand wieder aufbauen?

Albus strich sich durch das zerzauste Haar und seufzte. „Super!“

„Weshalb so sarkastisch, Albus?“

Sofort fuhr der junge Potter herum und seine Miene entspannte sich. In der großen Tür konnte er seinen Cousin Louis erkennen.

„Was machst du hier?“

Unwirsch zuckte der Blonde mit den Schultern und schlenderte gelassen durch den Staub, seinen Seemannssack hatte er geschultert und unter seinen Augen lagen leichte Schatten. Sein sonst so goldenes Haar wirkte schmutzig, ebenso wie seine Kleidung. „Du bist ein dummer Junge. Hast du wirklich geglaubt, du könntest Hogwarts von Hand auf wieder aufbauen?“
 

Wütend über diese Provokation ballte Albus die Hände zur Faust. „Was willst du hier?“, wiederholte er sich und sah, wie sein Cousin seinen Sack auf den Boden abstellte und sein Blick desinteressiert in der großen Halle umher schweifte. „Dir von deiner Mutter ausrichten, dass sie dir den Hintern so hart versohlen wird, dass du eine Woche nicht mehr sitzen kannst.“

Albus warf den Kopf in den Nacken. „Schon klar, warum hast du sie dann nicht gleich mitgebracht?“

„Nun ja“, erklärte Louis. „Ich war zu sehr damit beschäftigt mir Tante Audrey vom Hals zu halten, um in einer unschuldigen Nacht meinen hübschen Arsch über den Gartenzaun zu schwingen, weil der Kamin verriegelt worden ist.“

„Weshalb und woher wusstest du, dass wir hier sind?“ Noch immer verstand Albus nicht. Louis und er waren noch nie die besten Freunde gewesen, ihr Verhältnis war durch ihre unterschiedlichen Ansichten stets angespannt gewesen. Nicht zuletzt auch, weil Louis keinen Hehl daraus machte, dass er sich gerne aus allem raus hielt.
 

Zum ersten Mal seit seiner Ankunft sah Louis seinen Cousin direkt an, seine Miene wirkte ernst. „Du darfst davon ausgehen, dass ich leicht verstimmt bin, Potter!“ Albus erkannte, dass sein Cousin seinen Zauberstab in den Händen hielt und wich einen Schritt zurück. „Du weißt genau, dass Fred nicht in der Lage ist, Wände oder Dächer zu ziehen und trotzdem erlaubst du ihm mit dir zu gehen und lässt mich am Arsch der Welt sitzen!“

„Ich wollte Fred nicht mitnehmen!“, fluchte Albus. „Er ist mir einfach gefolgt!“

„Natürlich!“, konterte Louis betont gelangweilt. Stumm sahen sich die beiden an und langsam dämmerte es dem Schwarzhaarigen, sein Gesicht entspannte sich. „Louis… bist du eifersüchtig?“

„So ein Unsinn!“, wehrte der Blonde ab, doch je länger Albus diese Möglichkeit in Erwähnung zog, desto sicherer wurde er sich. „Doch, du bist eifersüchtig, weil ich Fred als Cousin bevorzugen könnte und-!“ Er stockte, denn Louis hielt die Spitze seines Zauberstabs wütend auf sein Gesicht gerichtet. Seine dunklen blauen Augen funkelten wütend und Albus atmete augenblicklich flacher. Noch nie hatte er seinen Cousin erlebt, dass dieser die Kontrolle über sich verloren hatte.
 

„Du bist ein kleiner Verräter, Potter!“ Er klang merkwürdig gefasst. „Während ich zu Hause rum sitzen soll, wolltest du hier ein Projekt starten, was verdammt viele neue Möglichkeiten eröffnet! Hast du wirklich gedacht, ich würde das auf mir sitzen lassen, wo ich doch diesen kleinen Traum hier seit deiner Kindheit kenne?“

„Louis, ich-!“

„Wage es ja nicht, dich rauszureden, du Betrüger!“

„Aber ich habe-!“

„…- einen Sinn für Größenwahnsinn entwickelt, ja!“ Sein schönes Gesicht lief rot an vor Zorn. „Wie hast du dir das eigentlich vorgestellt hier? Wolltest du das Dach mit Planen abdecken?“
 

„Nein, er wollte dir eine Nachricht zukommen lassen“, mischte sich gähnend eine dritte Stimme ein. Fred hatte die ehemalige große Halle ebenfalls betreten und sah sich das kleine Duell an. „Mal im Ernst Louis, als wir gestern hier angekommen sind, haben wir schon mit den Gedanken gespielt, dich hier her zu locken. Dass du uns aber zuvor kamst, hätte ja niemand ahnen können.“

„Und wieso habe ich das Gefühl, dass ihr zwei mich ständig ausschließen wollt?“

„Vielleicht weil wir dich akustisch nie hören?“, ließ Albus anmerken und schob die Spitze des Stabes von seinem Körper weg. „Ein Wunder, dass wir noch wissen, wie du klingst.“

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten und Fred schob sich zwischen die beiden Cousins. „Bevor wir uns hier gegenseitig duellieren, Louis, wie sieht es aus, kannst du uns hier helfen?“

Der Blonde schien besänftigt und seine Miene entspannte sich. Nach seiner langen Reise, die er zwar alleine angetreten war, aber um einiges schneller als die anderen drei, wirkte er müde und erschöpft, jedoch war er nicht bereit sich dies anmerken zu lassen. „Wo wollt ihr anfangen?“
 

„Ich würde sagen, im Keller und dann arbeiten wir uns hoch“, schlug Albus vor und Fred nickte. „Japp, außerdem bin ich sicher, dass ich gestern Abend irgend so eine Kammer gesehen habe, wo das eine oder andere Interessante dabei sein könnte.“

„Aber bevor wir anfangen… essen“, warf Louis ein und holte sich das Einverständnis der anderen beiden.
 


 

Fühlst du dich irgendwo einsam oder gibt es jemanden, der dich liebt? Sage mir, wie man dein Herz gewinnen kann.
 


 

Bewegungsunfähig ließ Rose ihren Blick über ihren Nebenmann gleiten, sie lagen zusammen auf dem großen Bett und im ersten Moment des Aufwachens hatte sie sich kurz gefragt, wie sie hier her gekommen war. Dann war die Erinnerung der letzten Nacht wieder gekommen. Ihre Lippen brannten, als sie an die leidenschaftlichen und gierigen Küsse des Todessers dachte. Ihr Oberkörper lag auf seiner Brust, weshalb sie seinen Atem spürte. Seine Hand lag auf ihrem Rücken, fast so als wolle er sich vergewissern, dass sie keine überstürzte Flucht wagte. Rose lächelte sanft, als sie das gelöste Gesicht des Jungen betrachtete. Schlafend wirkte er unwillkürlich hübsch, mit zitternden Fingern strich sie ihm eine helle blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Sein Augenlied zuckte und sie sprach leise: „Guten Morgen.“

Scorpius öffnete schwerfällig die Augen, selten hatte er so gut geschlafen wie in dieser Nacht, auch wenn es ihn viel Überwindung gekostet hatte, die Augen überhaupt zu schließen. Wie von selbst strichen seine Finger zärtlich über ihren Rücken und eine Gänsehaut breitete auf ihrer Haut aus.
 

„Du schläfst wie ein Toter“, sprach Rose amüsiert. „Schnarchst nicht, drehst dich nicht, alleine dein Atmen verrät, dass du noch lebst.“

Scorpius lächelte wissend. „Normalerweise schlafe ich auch nicht so lange.“

„Bitte? Es waren doch gerade mal sechs Stunden.“

„Vier reichen.“

Sie stöhnte bei der Vorstellung und strich sich das lange Haar hinter das Ohr. „Wann gibt es bei euch eigentlich immer Frühstück?“, versuchte sie das Gespräch weiter zu führen und beobachtete wachsam, wie er durch ihr langes Haar strich und sie ansah. „Weißt du, ich hätte auf etwas ganz anderes Hunger.“

Rose stellte sich dumm und lächelte hilflos. „Worauf denn?“ Bevor sie reagieren konnte, spürte sie seine Lippen schon auf ihren und jeglicher Widerstand wurde gebrochen. Ihre Welt drehte sich, denn er rollte sie von sich herunter um selbst die Oberhand zu gewinnen. In den Tagen, die sie ihn bereits schon kannte, hatte sie nur zu deutlich gespürt, dass er es nicht mochte, wenn man ihm die Kontrolle aus der Hand nahm. Seine Küsse wurden fordernder und stürmischer. Er drückte ihre Arme über ihren Kopf zusammen und hielt sie mit einer Hand fest, die andere fuhr zu ihrem Bauch. Er berührte ihre nackte Haut und sie streckte unwillkürlich ihren Rücken durch. Trotz der Hitze in ihr wehrte sich etwas Schreiendes vor diesem Schritt.
 

Bevor die junge Weasley reagieren konnte, setzte ihr Herz einen Vierteltakt aus. Seine kalte Hand strich über ihren Bauch, welcher sich unter seiner zärtlichen Berührung verkrampfte. Sie wolle etwas sagen, doch er ließ ihr keine Möglichkeit. Wissend drang seine Zunge in ihre Mundhöhle und trennte ihre Lippen. Er wollte sie schmecken, sie intensiver besitzen und ihr jeglichen Widerstand nehmen. Scorpius war, als könnte er ihr Herz schlagen hören, ebenso ihre Angst einatmen. Doch statt ihr diese zu nehmen, wollte er endlich das, was sie ihm bereits seit Tagen verwehrte. Er war nicht dumm, natürlich hatte er ihre Taktik ihn hinzuhalten verstanden, eine Zeit lang hatte er ihr Spiel mitgespielt. Es hatte ihn amüsiert und so manch neue Fragen aufgeworfen, nach dessen Antworten er nun suchte, doch trotzdem blieb tief in ihm das Verlangen einmal ihre Wärme zu spüren, die ihm so fremd war.
 

Fremd, reizvoll und neu.

Alles Unbekannte jeglicher Art faszinierte ihn. Sie faszinierte ihn und Scorpius war in der Nacht klar geworden, dass sie ihn auf irgendeine Art und Weise in der Hand hielt. Eine gefährliche Abhängigkeit.
 

Scorpius‘ Hand schob sich höher und er zog den schwarzen BH über ihre Brust. Erschrocken legte Rose den Kopf in den Nacken und unterbrach so den Kuss. Heftig atmend wollte sie etwas sagen, doch seine Lippen zogen eine prickelnde Spur, von ihrem Kinn, ihrem Hals herunter bis zu ihrer Halsbeugen. Sachte saugte er an ihrer Haut, seine Nase atmete ihren Duft von Milch und Honig ein und sein Verstand schrie nach mehr. Seine raue Hand streichelte ihre nackten Brüste. Zärtlich strich er mit den Daumen über ihre Spitzen und merkte, dass diese sich sofort aufrichtete. Ein ungewollter Seufzer entwich ihrer Kehle. Scorpius öffnete die goldenen Augen, er sah ihr schönes Gesicht, erkannte, dass sie sich kontrolliert auf die Unterlippe biss und ihre Wangen eine gesunde Röte angenommen hatten. Sein Blick glitt an ihr vorbei und sein Körper erstarrte. Durch das offene Fenster erkannte er einen Raben, der sich auf der Fensterbank nieder gelassen hatte. Augenblicklich wurde sein Körper kalt und er ließ von ihr ab. Den heftigen und erleichterten Atem des Mädchens nahm er nicht mehr war. Wie in Trance stieg er aus dem Bett und schritt zu dem Vogel.
 

Der Rabe stand für den Tod eines Familienmitgliedes.
 


 

Ich bin in meinen Gedanken mit dir alleine gewesen und in meinen Träumen habe ich deine Lippen tausendmal geküsst.
 


 

Eine schleichende Dunkelheit legte sich über die verfallene Ruine, welche einst das stolze Hogwarts symbolisierte. Müde und erschöpft stützte sich der junge Potter am Rande des einst so großen Balkons ab. Den ganzen Tag hatten sie geschuftet und gearbeitet, mit vereinten Kräften sogar dafür gesorgt, dass der ganze Keller einigermaßen stand und sicher war. Morgen würde Alice damit anfangen die gefundenen Vorräte zu sortieren, während Fred die ersten Räume einrichtete und Louis die nächsten Wände zog. Albus‘ Blick glitt über die weiten Felder und in seinem Kopf baute sich ein weiterer Plan zusammen. Mit keiner Minute, die er hier war, bereute er es von zu Hause fort gegangen zu sein. Denn mit jeder neuen Tat verstärkte sich der Drang in ihm, etwas gegen diese Kälte und Grausamkeit in der Welt zu tun. Ein Lächeln zitierte seine Lippen, als er an den eigentlichen Grund für sein Handeln dachte.
 

Ein wunderschönes Gesicht tauchte vor seinem geistigen Auge auf. Helle blaue Augen sahen in seine und ein helles zartes Lachen erklang in seinen Ohren. Albus schloss die Augen und dachte an das schöne Wesen seiner Cousine. Ihren betörenden Duft von Blüten und Sonne, den er beim Schachspiel eingeatmet hatte, ihre schmalen schwachen Hände, die ihn zärtlich durch das Haar gestrichen hatten. Als wäre es erst gestern gewesen, erinnerte er sich an jenen Abend, als der Stein ins Rollen gebracht worden war. An seinem neunten Geburtstag, der von einem grausamen Ereignis überschüttet worden war.
 

Sein Onkel Charlie war gefallen.
 

Der Tod hatte ihn einfach aus der Mitte der Familie gerissen, die fröhliche Stimmung war in bittere Traurigkeit umgeschlagen und Albus hatte sich schweren Herzens auf den Balkon verzogen. Innerlich hatte er gehofft, dass sein Vater ihn überraschen würde, so wie Lily an ihrem Geburtstag. Doch angesichts des plötzlichen Mordes an seinem Onkel erklärte ihm sein Verstand, dass er sich diesbezüglich keine Hoffungen machen brauchte. Jedoch war für ihn als Kind nichts wichtiger gewesen als seinen Geburtstag zu feiern und so wieder einen Schritt zur Volljährigkeit zu machen. Mit leichter Bitterkeit dache Albus an den Moment zurück, als sich seine Welt in eine andere Richtung gedreht hatte. Mit schleppenden Schritten war er zu der Hollywoodschaukel getrapst und hatte Dominique mit einem Buch ausmachen können. Ihr kränklicher Körper war in eine Decke eingehüllt und das schöne goldene Haar der damals 12-Jährigen hatte sie im schwachen Licht der Sonne kurz aussehen lassen wie ein gestürzter Engel. Liebevoll hatte Dominique ihn in den Arm genommen und ihm durch das abstehende Haar gestrichen. Ohne Worte hatte sie verstanden, dass er traurig war. Der Tod seines Onkels, den er eigentlich nie richtig kennen gelernt hatte, dämpfte etwas in seinem Herzen, doch gleichzeitig zog dieses Ereignis auch an ihm vorbei, während seine Mutter hemmungslos weinend in der Küche saß und die Kerzen auf seinem Kuchen unaufhörlich brannten.
 

„Was ließt du da?“, hatte er mit einem Blick auf das Buch in den Händen seiner Cousine gefragt und sie hatte es selbst einen Moment lang schweigend angesehen. „Ein Werk von Bertolt Brecht.“

„Ist es gut?“

„Schwer.“

„Wieso?“

Dominique hatte gelächelt und war auf diese Frage nicht eingegangen. Albus hatte seinen Kopf auf ihre Schulter gelegt und die Schaukel war sanft vor und zurück gewippt. „Ich finde, Brecht ist ein kluger Mann“, begann sie und Albus hatte die Stirn gerunzelt. „Weshalb?“

„Unglücklich ist ein Land, das Helden nötig hat!“, zitierte Dominique. „Er hat Recht, oder?“

Albus hatte den Kopf gehoben und sie angesehen. „Wenn ein Land keine Helden hat, müsste dann nicht irgendjemand mutig genug sein und ein Held werden wollen?“ Es war kindliche Naivität gewesen, er hatte es bereits damals gewusst, doch als Dominique antwortete, bekam seine Welt eine andere Form. „Manchmal wartet jeder auf so einen Helden um ihm zu folgen, den Helden selbst will keiner verkörpern, denn die meisten Helden sterben früh und das will wirklich niemand.“
 

„Würdest du solch einen Helden mögen?“

Dominique hatte gelächelt und ab da war Albus sich sicher gewesen, dass er genau solch ein Held hatte werden wollen. Doch seine Unfähigkeit hatte er Jahre später auf eine brutale Art und Weise spüren müssen. James war das geworden, was er hatte werden wollen. Die Welt sah auf seinen Bruder, schließlich war dieser herausragend, talentiert und äußerst mächtig. James war das Erbe seines Vaters angetreten und nicht er. Bewundernde Blicke galten dem Älteren, aufmunternde Worte und zu Albus‘ Hass das Herz Dominiques. Der Boden unter seinen Füßen war in zwei gerissen, als er gesehen hatte, wie James und Dominique sich am letzten Abend still und heimlich von einander verabschiedet hatten, als sein Bruder dem Orden beigetreten war. Damals hatte der Orden Zauberer bereits mit Erreichen des Neunzehnten Lebensjahr aufgenommen. Besitz ergreifend hatte James die Blondine an sich gezogen, sie gegen die Wand gedrückt und sie geküsst. Im ersten Moment hatte Albus erwartet, dass sie sich wehren würde, doch stattdessen zog sie seinen Bruder näher an sich und erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Regungslos war Albus hinter der Tür stehen geblieben und hatte den Worten der beiden gelauscht.
 

„Tut mir leid, dass ich dich so zurück lassen muss.“

„Muss es nicht, schließlich hast du mir eine einzigartige Erinnerung geschenkt, James.“

„Wenn auch nur für eine Nacht… ich habe die Zärtlichkeiten mit dir genossen, ganz ehrlich.“

„Weiß ich doch.“

Albus war erst sechszehn gewesen und dennoch hatte er die Bedeutung dieser Worte verstanden. James hatte mit ihr geschlafen und diese Tatsache ließ das Herz in seiner Brust aufhören zu schlagen. Er hatte Dominique immer beschützen wollen, war für sie da gewesen und an diesem Tag war dem jungen Potter klar geworden, dass diese Gefühle, die er für seine Cousine empfunden hatte, einen ganz besonderen Namen trugen.
 

Liebe.
 

Sie sollte ihn so ansehen, wie sie James angesehen hatte, ihre Worte sollten ihm gelten, nur ihm alleine und sie sollten dieselbe Bedeutung haben, wie die, die sich an seinem Bruder gerichtet hatten. Seit diesem Tag war der Drang nach Heldentum und Tätigkeit in ihm immer größer geworden und nun befand er sich hier. Auf Hogwarts. Wo das Grauen mit dem Tod von Dumbledore seinen Anfang genommen hatte und Albus war sich sicher, hier würde es auch sein Ende finden.
 

Der kalte Wind spielte mit seinen Haaren und über ihm leuchteten die Sterne bereits - wie kleine Hoffnungsschimmer. Sie waren dabei, einen neuen Stützpunkt aufzubauen um ein Zeichen zu setzten, das dem dunklen Lord Angst machen würde. Und wenn sie es geschafft hatten, die Welt ein kleines Stück zu verbessern, dann würde er Dominique sagen, was er für sie empfand. Auch wenn die Möglichkeit bestand, dass sie seine Gefühle nicht erwidern würde, so wollte er, dass sie zumindest die Wahrheit kannte.

„Hey Al, willst du nicht reinkommen? Louis und Fred besprechen, wie sie morgen vorgehen wollen.“

Er drehte sich um und erkannte Alice, die eingehüllt in einem großen Stricktuch auf ihn zuging. Der Potter nickte kaum merklich und ging ihr entgegen. „Sie meinten, je schneller sie arbeiten, desto schneller könnte alles vorbei sein.“

„Vielleicht“, stimmte er zu und legte einen Arm um sie. „Übrigens, du siehst zehn Jahre älter aus, wie wäre es mit einem Bad?“

Röte zog über ihre Wangen und sie stieß ihn in die Rippen, stöhnend blieb Albus stehen und hielt sich die Seite. „Das war ein Witz!“
 

„In jedem Witz liegt ein Körnchen Wahrheit!“, zickte sie ihn an. „Sorg für fließendes Wasser und ich nehme jeden Abend ein Bad, wenn nicht sogar mit dir zusammen!“

Albus lachte laut auf und trappte hinter ihr her. „Ne lass mal, nachher fällst du noch über mich her und das wollen wir ja beide nicht, oder?“

Alice schritt die Treppen zum Keller herunter. „Als wenn ich über dich herfallen würde, Träumer!“ Eine unbestimmte Hitze war in ihr hoch gekrochen und ihre Wangen glühten. Sie schluckte hart, während sie versuchte, ihr heftig klopfendes Herz unter Kontrolle zu bekommen. Diese Art der Gefühlsregung musste sie in Albus‘ Nähe unbedingt vermeiden. Etwas, was ihr nur mäßig gelang. Als er an ihr vorbei sprang und den großen ehemaligen Gemeinschaftsraum, indem sie die erste Nacht verbracht hatten betrat, sah sie ihm nach. Sie durfte sich nicht in ihn verlieben, wohl wissend, dass es bereits zu spät für diesen Gedanken war. Denn solch eine naive Tat könnte die Freundschaft zwischen ihnen kosten.
 


 

Ich kann es in deinen Augen sehen. Ich kann es in deinem Lächeln sehen, du bist alles was ich jemals wollte.
 


 

Atemlos und gehetzt betrat Scorpius etwa 20 Minuten später das Schlafzimmer seines Großvaters. Seine Eltern befanden sich bereits in diesem luxuriösen dunklen Raum, welcher von zig Kerzen erhellt wurde. Der Schatten des Jungen zog in langer Form an der Wand entlang und er hörte die leisen Worte seiner Mutter. Mit lautlosen Schritten trat Scorpius näher auf das große Himmelbett zu und merkte, dass sein Vater sich kaum merklich umdrehte, als er die fast lautlosen Schritte seines Sohnes vernahm. Die engelsgleiche Gestalt seiner Mutter kniete neben dem Bett und strich seinem Großvater sanft über den Arm. Ihr helles blondes gelocktes Haar, welches alle Malfoys besaßen, fiel in weichen Wellen über ihren Rücken. Sie trug ein ahnmutiges schwarz-lilanes Kleid und einen kurzen langärmligen Bolero, während sein Vater die schlichte schwarze Kleidung eines Todessers bevorzugt hatte – so wie er. Scorpius trat ans Bett und der erste Blick auf seinem Großvater ließ ihn nach Luft schnappen.
 

Der alte Mann war über und über mit Wunden übersäht. Blut sickerte durch die Verbände und die rechte Gesichtshälfte wirkte komplett entstellt. Die Brust des einstigen Lehrmeisters hob und senkte sich schwach. Seine runzlige Hand zitterte, als er seinen Enkel erblichte und Colin Goodale lächelte schwach.

„Bei Merlin, was ist passiert?“, entfuhr es Scorpius und erntete einen bösen Blick von seiner Mutter. „Niemand hat dir erlaubt zu sprechen!“, fuhr sie ihn scharf an. Es war ihr üblicher Tonfall wenn sie mit ihm redete, weshalb er nicht drauf einging. Schweigend betrachtete er seinen Großvater, der ihn einst aus Floyds Fängen befreit hatte. Der alte Mann war einer der Wenigen, auf die er sich stets verlassen hatte, jemand der seine Fragen beantwortete, jemand der ihn für sein anders Denken nicht bestrafte, einfach jemand, der für ihn an unschätzbaren Wert gewonnen hatte. Etwas schnürte ihm die Kehle zu und Scorpius begriff, dass es sich hierbei um Angst handelte. Angst seinen Großvater vielleicht verlieren zu können. Der alte Mann hustete und seine Augen tränten. Mit jedem weiteren Hustenanfall drang mehr Blut durch den verbundenen Körper. Scorpius wusste um welch schrecklichen Fluch es sich hierbei handelte und er fragte sich immer wieder, wie sein Großvater zwischen die Fronten geraten konnte.
 

„Floyd und Claire werden jeden Moment kommen, Vater“, murmelte Eloise zärtlich. Etwas Ungewohntes bei seiner kalten und engelsgleichen Mutter. „Halte noch ein wenig durch.“ Sie spürte eine Hand auf ihre Schulter und wusste, ohne sich umzudrehen, dass es sich um ihren Gatten handelte. Sein fester Griff spendete ihr Trost und gab ihr Kraft vor ihrem Vater keine Schwäche zu zeigen. Denn Schwäche war in ihren Augen ein Aspekt von Weichheit und sie war nicht weich, sondern stolz und stark.

„I-Ich möchte mit… Scorpius reden“, flüsterte Colin Goodale leise. „Alleine…“

Verblüfft über diesen Wunsch sah der Junge, dass seine Eltern einen stummen Blick miteinander tauschten. Dann lächelte Eloise gespielt zärtlich. „Vater, findest du nicht, dass wir in diesem schweren Augenblick bei dir bleiben sollten, bis die ganze Familie da ist?“

„Nein… geht… ich will mit Scorpius… alleine sein.“ Sein Blick war bittend und duldete keinen Widerspruch. Zögerlich nickte Eloise und drehte sich um, sie war Scorpius einen verachtenden Blick zu. „Wage es nicht, ihn zu überanstrengen! Ich warne dich!“

Scorpius regte sich nicht, die Blicke seiner Eltern ließen ihn wissen, dass sie keine Antwort, egal welcher Art dulden würden. Sie ließen ihn ungern und nur widerwillig alleine im Raum zurück, etwas was ihr Misstrauen gegen ihn nur noch unterstrich.
 

Die Tür des Zimmers fiel ins Schloss und Scorpius sah in die gütigen Augen des alten Todessers. „Komm… näher“, bat dieser leise und Scorpius kniete sich hin um ihm besser lauschen zu können. Der Junge zuckte zusammen, als er die zittrige Hand spürte, die über sein Haar strich. Sehnsüchtig musterte Colin seinen Enkel. Er war das Abbild eines perfekten Malfoys. Stolz, reinblütig, intelligent, überdurchschnittlich und herausragend. Der gelungene Todesser. Mit einem einzigen Unterschied. Colin war sich sicher, dass sein Enkel schon seit seiner Kindheit ahnte, dass etwas in seiner Familie oder mit ihm nicht stimmte und er fand, dass es an der Zeit war, den Jungen wissen zu lassen, was ihn von seinen Geschwistern unterschied. Floyd und Scorpius waren sich nur im äußerlichen Sinne ähnlich, ihre Charakterzüge grundverschieden. Claire dagegen teilte die eine oder andere Gemeinsamkeit mit ihrem jüngeren Bruder, doch spürbare Ähnlichkeit war auch zwischen ihnen nicht vorhanden.
 

„Habe ich dir schon mal gesagt, wie stolz… ich auf dich bin?“, flüsterte Colin und lächelte zufrieden, Scorpius erwiderte es und nickte knapp, die Hand seines Großvaters tätschelte seine Wange. „Deine Strategien sind hervorragend, dein Wissen wird immer größer… und dein Können ist erschreckend gut. Perfekt für den dunklen Lord.“

„So sollte es doch auch sein, oder Großvater? Dazu diente doch deine gute Ausbildung.“

„Nein, meine Ausbildung sollte dir einige Charakterzüge… austreiben, nachdem dein Bruder erfolglos war“, gestand er und merkte, dass seine Stimme kurz brach. Sein Enkel runzelte verwirrt die Stirn, weshalb der alte Mann einen Augenblick schwieg. „Scorpius, hast du dich nie gefragt, weshalb du rasantere Fortschritte gemacht hast, als dein Bruder oder weshalb dein Vater… dich bestrafte, wenn du zu weit gedacht hast?“

„Doch, aber ich denke, dass liegt an meiner ungesunden Naivität.“

„Haben sie dir das gesagt?“ Scorpius verstand die Definition von sie und zuckte nur knapp mit den Schultern, woraufhin Colin an die Decke sah und schluckte. „Sie lügen. In Wahrheit ist es etwas anderes…, was sie dich bestrafen lässt.“

„Meine nicht akzeptable Neugier?“
 

Colin sah ihn wieder an, die müden Augen musterten ihn, Stolz schwang in seiner Stimme mit. „Es ist keine Neugier, es ist dein Genie.“

„Genie“, sprach der Junge tonlos und der alte Todesser nickte leicht. Seine Stimme wurde wieder fester. „Ja, etwas, was dir deine Mutter vererbt hat.“

Er sah, dass Scorpius nicht verstand und griff in das schwarze T-Shirt seines Enkels um ihn näher zu sich zu ziehen. „Eloise ist nicht deine Mutter, Scorpius.“

Vor den Kopf gestoßen weiteten sich die hellen braunen Augen. „Das heißt, ich trage zu Unrecht den Namen Malfoy.“ Entsetzen schwang in seiner Stimme mit.

„Nein, Draco Malfoy ist rechtlich gesehen dein leiblicher Vater, doch deine Mutter ist kein Todesser, sie gehört dem Phönix-Orden an.“

Scorpius strich sich konfus durch das blonde Haar, er wusste überhaupt nicht, wie er reagieren sollte. „Eine Schlammblüterin?“ Er klang fassungslos.

„Nein, ein Reinblut“, erklärte Colin und das Bild der jungen Frau erschien vor seinen Augen, als hätte er sie gestern zum letzten Mal gesehen. „Sie ist dir sehr ähnlich… Charakterlich gesehen, äußerlich bist du dein Vater, außer die Augen…“
 

Der Junge wendete den Blick ab, seine Welt um ihn herum drehte sich, diese Neuigkeit überrollte ihn. „Scorpius…“ Er strich erneut über die Wange seines Enkels, es war eine ungewohnte zärtliche Geste. Eine Seltenheit. „Hör mir genau zu… bitte.“

Es fiel ihm schwer tief durchzuatmen und seinem Großvater die vollste Aufmerksamkeit zu schenken. „Ich will, dass du in meine Räume gehst, sobald du den Raum verlässt. Passwort ist Veritaserum, hinter dem Bild deiner Großmutter befindet sich ein Hohlraum. Meine Erinnerungen, eine Nachricht und weitere Anweisungen.“ Er atmete flacher. „Du kannst die Anweisungen ignorieren und dein Leben weiter führen wie bisher. Oder aber du hältst dich an meinen Anweisungen und bekommst Antworten auf all die Fragen-!“ Er tippte gegen die gerunzelte Stirn seines Enkels. „- die sich hier hinter verbergen. Denn es gibt Dinge, die dich beschäftigen und die dir niemand hier erklären wird, weil es verboten ist.“

„Ich soll die Gesetze des dunklen Lords brechen?“, keuchte Scorpius ungläubig auf und sein Großvater lachte. „Ich bin ein Todesser, ich habe mich an sie zu halten!“ Er klang entrüstet. „Nein mein Junge… laut dem dunklen Mal scheinst du einer zu sein, doch wenn du hier reinhörst…“, er tippte auf das Herz. „… dann hast du bereits gemerkt, dass du nach etwas anderem strebst. Es hat noch keinen Namen, aber du willst es finden.“ Colin versuchte seinen verkrampften Körper zu lockern und verzog leicht das Gesicht.
 

„Du bist anders, Scorpius, mach dir dies zu nutzen… und verschwende dein Talent, dein Genie und Wissen nicht damit, ein Leben lang wichtigen Fragen und Antworten auszuweichen. Dein Vater wird nie zu lassen, dass du dich frei entfaltest… aus Angst, das Erbe deiner Mutter könnte in dir durchkommen.“

„Wieso hat er Angst davor?“ Etwas in Scorpius überschlug sich. Sein Vater war unfehlbar. Er war einer der zehn besten Todesser, die hinter dem dunklen Lord standen. Niemand konnte ihm Einhalt gebieten, niemand!

„Weil deine Mutter eine äußerst mächtige Hexe ist. Mutig, unerschrocken… und bereit zu kämpfen. Sie ist einer der Anführer des Phönix-Ordens.“

Scorpius schluckte, sein Hals war schrecklich trocken, seine Hände wurden taub vor Kälte und sein Körper fühlte sich merkwürdig fremd an. „Wer ist sie, wie heißt sie?“

„Astoria Greengrass.“
 

Der Boden unter ihm zerbrach in tausend Teile. „Greengrass? Sie ist tot! Auf ihren Kopf waren 600 Galleonen ausgesetzt!“

„Nein, sie lebt, schließlich… habe ich dafür gesorgt.“ Ein triumphierendes Grinsen schlich über das zerfurchte Gesicht des Alten. „Scorpius, finde sie und ich verspreche dir, dass sie dein Leben besser gestaltet, als du es hier je haben kannst.“ Er atmete tief durch. „Ich werde heute Nacht sterben, dass weiß ich. Der Fluch hier-!“ Er sah an seinem zerfetzten Körper herunter. „Zerrt an mir und ich bin nicht stark genug, um ihn zu bekämpfen. Wenn ich tot bin, dann wirst du alleine sein. Niemand wird dich unterstützten, alle werden sie weiterhin auf dich herunter sehen und dich behandeln wie Dreck, weil sie dein Können nicht zu würdigen wissen, außer der dunkle Lord vielleicht.“ Er war immer lauter geworden vor Zorn. „Lass dich hier nicht kaputt machen, Scorpius, sondern geh und mach aus deinem Leben mehr, als nur ein Todesserdasein.“

Wie in Trance erhob sich der Junge. „Aber wieso… ich verstehe nicht… ich meine…warum willst du das, obwohl wir nicht dasselbe Blut teilen?“

Colin nickte leicht. „Wir teilen zwar nicht das Blut, aber unsere Herzen… schlagen im gleichen Takt, etwas, was viel wertvoller ist. Und jetzt geh… und dreh dich nicht noch einmal um.“
 

Scorpius ballte die Hände zur Faust, seine Fingernägel gruben sich in sein Fleisch. „Du warst ein großartiger Lehrmeister und ein besserer Großvater als Lucius es je sein wird“, flüsterte er leise, doch Colin verstand und schloss die Augen. „Danke.“ Dann wendete Scorpius sich ab und mit jedem Schritt, den er Richtung Tür ging, verließ er die Welt eines geliebten Menschen. Seine dumpfen Schritte hallten in seinen Ohren wieder, als er die große Flügeltür erreichte, hielt er kurz inne und dann hörte er etwas, was er sein Leben lang gewollt hatte.

„Ich bin stolz auf dich, Scorpius. Vergiss das nicht.“

Er biss sich heftig auf die Unterlippe, sein Herz zog sich zusammen und die Gewissheit, seinen Großvater nie wieder zu sehen ließ seine Hände zittern. Scorpius hob den Kopf um stark seinen Eltern gegenüber zu treten und keine Scheu zu zeigen, seinem Vater in die Augen zu sehen. Innerhalb von Sekunden hatte er den Raum verlassen und die Tür fiel hinter ihm zu, es war als würde ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Stolz sah er zu seinen Eltern, welche sich in der Sitzecke am Kamin nieder gelassen hatten. Eloise strafte ihn mit ihrem Blick, weil er lange mit ihren geliebten Vater alleine gewesen war, während sie draußen gekränkt hatte ausharren müssen.
 

Normalerweise währe Scorpius ihrem Blick ausgewichen, doch dieses Mal hielt er ihr stand und sah sie herablassend an, dann ging sein Blick zu seinem Vater und er erkannte die gewohnte Kälte in seinen Augen. Eine Kälte, die etwas aus ihm machen wollte, was er nicht war. Scorpius reckte das Kinn. Mit fremder Stimme sprach er: „Großvater will euch sehen.“ Dann wendete er sich von ihnen ab und verließ die Räume. Möglichst ruhig machte er sich auf dem Weg in die privaten Gemächer seines Großvaters um dessen letzte Aufgabe zu erfüllen. Innerlich tobte ein Sturm in Scorpius und als er das Passwort nannte, das Bild beiseite schwang und er jenes Versteck ausmachte, von welchem Colin gesprochen hatte, schloss er kurz die Augen. Dann sah er auf die Erinnerungen und die Briefe. Seine Hände zitterten, als er die kleine Flasche mit der weißen Erinnerung umschloss und im dumpfen Licht betrachtete.

Er wollte die Wahrheit wissen, die Antworten auf seine Fragen und vor allen wollte er begreifen, wonach er laut seinem Großvater suchte.
 

Scorpius öffnete die Flasche und schloss die Augen. Die Welt um ihn herum verschwand und nahm eine andere Zeit ein. Eine Zeit in der alles Begann.

Seine Geschichte.
 


 

Meine Arme sind weit geöffnet, denn du weißt einfach was zu sagen ist und du weißt einfach was zu tun ist. Und ich möchte dir so gern sagen: "Ich liebe dich."
 


 

Starr stand eine junge Frau auf einem dunklen Friedhof. Schwaches Licht flackerte in den alten Laternen und ihr Blick glitt über die vielen zerstörten Grabsteine. Eisiger Wind zerrte an ihrem schmalen Körper und sie zog die Kapuze ihres Umhangs vom Kopf. Schwarzes langes Haar umrahmte ihr Gesicht und helle braune Augen sahen auf das Grab vor sich. Schweren Herzens legte sie die Blumen in ihrer Hand nieder. Ihr Herz wurde schwer. Es war das dritte Grab, welches Astoria Greengrass in diesem Monat besuchte und sie beschlich das Gefühl, dass sie in ferner Zukunft noch weitere besuchen musste. Sie rieb ihre Handflächen einander, die trotz der roten Stoffhandschuhe kalt waren und sah auf den Namen eines einstigen Mitstreiters.
 

Michael Conner.
 

„Es tut mir leid“, sprach sie gefasst und atmete tief aus. „Ich hätte besser aufpassen sollen, als ich dich aufsuchte.“ Astoria vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Manchmal empfand sie sich als überaus unqualifiziert. „Ich hätte wissen müssen, dass diese Schweine überall lauern und wir mal wieder einen Verräter unter uns haben.“ Astoria war es Leid, ständig von ihren eigenen Leuten verraten zu werden und jedem zu misstrauen. Außer Percy und Kingsley wagte sie es kaum noch, jemand anderem ihre Pläne und Strategien auszuhändigen. Zaghaft legte sie ihren Kopf schief und schluckte. „Weißt du, was ich mich lange gefragt habe? Ob du Daphne je vergessen konntest?“ Die Frage hatte ihr immer wieder auf der Zunge gelegen, denn erst Wochen nach dem Tod ihrer Schwester hatte Astoria anhand gut versteckter Tagebücher heraus gefunden, dass Michael Conner und Daphne eine Affäre miteinander gehabt hatten.

War es Liebe gewesen oder beruhte die Beziehung auf rein körperlicher Ebene?

Sie würde es nie erfahren, denn schließlich waren Conner und Daphne beide tot. Beide ermordet von verhassten Todessern.
 

Doch das war der Lauf der Dinge und mittlerweile hatte Astoria sich damit abgefunden. Abgefunden, mit einer Sache die so schrecklich alltäglich geworden war.
 

Dem Tod.
 

Fortsetzung folgt…

Zartbitter – eine einzige Erinnerung.

.
 

.
 

.
 

Nimm meine Hand, lass uns gehen, irgendwo können wir unsere Seelen ausruhen lassen.
 


 

Sie schrie unaufhaltsam und immer wieder hallte ihre eigene Stimme ihr in den Ohren wieder. Es war ein Ausdruck des Schmerzes und der Schwäche. Ihr Wille bekam Risse ihre Stärke drohte zu schwinden und ihre hellen braunen Augen weiteten sich vor Pein. Der Schmerz zog von ihren Zehenspitzen bis hoch zu ihrem Kopf. Als er ruckartig aufhörte, fiel ihr Körper schlaff zu Boden. Sie merkte noch nicht einmal, dass ihr Atem heftig und keuchend ging. Ihre Lunge musste schmerzen, doch ihr Körper war taub. Vollkommen regungslos blieb sie auf dem harten Steinboden liegen und vernahm die gehässigen Stimmen der Todesser um sie herum. Die Augen geschlossen haltend, versuchte sie ruhig zu bleiben, an etwas anderes konnte sie nicht denken.

„Für einen Auror wirklich jämmerlich.“

Astoria Greengrass schluckte bitter und öffnete die Handflächen, sie spürte außer Schmerzen Kälte. Seit Wochen lebte sie in der Dunkelheit der Todesser. In jede Minute, in der sie ihr schlagendes Herz vernahm, wünschte sie sich, es würde die Letzte sein. Bilder von entsetzlicher Grausamkeit erfassten sie, Gesichter, die sich in ihrem Gedächtnis festrannten und die Tatsache, dass sie diese Menschen nie wieder sehen würde.
 

Sie schmeckte ihr eigenes Blut und versuchte die zuckenden Bilder vor ihren Augen zu verdrängen. Immer wieder erschien eine glühende Eisenstange vor ihr, welche sie in die Handfläche gedrückt bekommen hatte, ihr Bild vor Augen verschwamm als sie eben auf jene verstümmelte Hand sah. Die junge Frau roch ihr offenes Fleisch und unterdrückte die Übelkeit. Doch sie ertrug es, jeden körperlichen Schmerz hatte sie mit Würde ertragen. Die Hiebe auf den Rücken, die Brandwunden und auch jeglichen Unverzeihlichen, doch nun war ein Nerv in ihr gerissen.
 

Astoria hatte in den letzten Stunden immer wieder mit ansehen müssen, wie ihre Kollegen qualvoll hatten sterben müssen. Die Erinnerungen des Todessers hatten sie gepeinigt wie keine andere Folter.

Jede einzelne Erinnerung.

Schließlich hatte man sie mit den Schreien ihrer Schwester gefoltert. Daphne war - im Gegensatz zu ihr - zu der Beuteaufteilung gekommen. Man hatte sie gefangen genommen, als sämtliche Menschen das Ministerium hatten verlassen wollen. Anders als ihre Schwester, kämpfte sie in solch einer aussichtslosen Situation, was dazu geführt hatte, dass man die Ältere anders behandelte als sie. Daphnes Hilflosigkeit, als sie als Beute präsentiert worden war hatte ihr das Herz gebrochen. Astoria wusste, dass die Erinnerung des Todessers hätte gefälscht sein können, doch die Tatsache, dass ihre Schwester verlangt hatte, man solle sie lieber töten, als sie körperlich zu schädigen, hatte sie wissen lassen, dass es sich um die echten Worte ihrer Schwester handelten. Sie vernahm die dumpfen Schritte, die ihre Zelle verließen und kaum hülle die erlösende Stille sie ein, wagte sie es, für diese paar Sekunden zu hoffen.
 

Dann erreichten gepeinigte Schreie aus der Nebenzelle sie und erneut schloss Astoria die Augen. Ihr Körper begann zu zucken. Etwas Salziges berührte ihre Lippen und es dauerte ein wenig, bis sie begriff, dass es sich um den Geschmack ihrer Tränen handelte. Mit tauben Gliedern drehte sie ihren Körper stöhnend auf die Seite und zog die Arme an den Körper. Warum tat ihr niemand den Gefallen und erlöste sie mit einem gezielten Fluch von all diesem Elend? Übelkeit stieg in ihr auf, ebenso Hoffnungslosigkeit. Se wollte vergessen, wo sie war und sah auf den flackernden Schatten, den das schwache Licht ihr gab. Unweigerlich dachte sie an die Zeit, bevor der dunkle Lord die Macht an sich riss. An die Tage, die sie mit ihrer Familie verbracht hatte, in Sonne und Wärme. Sie erinnerte sich an die schönen Augenblicke und die längst vergessenen Worte ihrer Eltern, dass sie niemals alleine sein würden, solange sie beide leben würden. Doch jetzt waren sie tot und Astoria wurde bewusst, dass ihre Schwester auch nicht mehr lange mit ihr auf dieser Erde von Hölle verweilen würde. Sie wollte lieber sterben, bevor sie sich den Tod ihres liebsten Menschen mit ansehen musste.
 


 

Wir werden uns hinsetzen wo es warm ist, du sagst: schau, wir sind hier allein.
 


 

Hetzende Schritte hallten in ihrem Kopf wieder, doch Astoria machte sich nicht die Mühe sich auf zusetzten. Seit Wochen lebte sie in dieser Zelle und mit der Zeit hatte sie aufgehört zu hoffen, dass dieser Alptraum mit jedem neuem Geräusch vorbei sein könnte. Sie blieb in der Ecke auf dem Stroh liegen und schlang die Arme fester um ihren zitternden Körper, gerade als sie erneut in eine Art Dämmerzustand fallen wollte, hörte sie, wie sich die schwere Eisentür ihrer Zelle öffnete.

„Oh Tori!“

Augenblicklich öffnete sie schwerfällig die Augen. Es war, als hätte sie die entsetzte Stimme ihrer Schwester gehört. Warme weiche Hände strichen über ihre Wange und Astoria blickte in das wunderschöne und sorgenvolle Gesicht Daphnes. Grüngraue Augen sahen in ihre stumpfen braunen. Mit zitternder Hand berührte Astoria ihre Wange und sah, wie ihre Schwester die Tränen unterdrückte. „Himmel, was haben sie mit dir gemacht?“

„Du lebst“, flüsterte Astoria leise und versuchte sich aufzusetzen. Ihr Blick fiel auf die sauberere Kleidung und etwas irritierte sie. „Du hast…“
 

„… Glück gehabt“, unterbrach Daphne sie. Die Blonde wollte gerade etwas hinzu setzten, als sich eine männliche gelangweilte Stimme einmischte. Erschrocken sah sie über Daphnes Schulter und erkannte einen Hochgewachsenen Todesser, der sich gegen die kalte Mauer ihres Verlieses, eines unter vielen in diesem Schloss, lehnte. Astoria erkannte nur schwach sein Gesicht, markant, herablassend und angewidert. Die Aurorin war sich sicher, dass sie ihn bereits einmal gesehen hatte, nur konnte sie seine Erscheinung im ersten Moment nicht zuordnen. Zärtlich strich Daphne ihrer Schwester durch das zerzauste lange Haar und flüsterte: „M-Malfoy… er ist gut zu mir… und möchte mit dir sprechen.“ Dann senkte sie den Blick und alles in Astoria verkrampfte sich.
 

Natürlich.
 

Wie hätte ihr das nicht auffallen können. Draco Malfoy, der die Schuld an Dumbledores Tod trug und somit die ganze Verantwortung bezüglich des Krieges. Nur wegen diesem arroganten, egoistischen Schwein litt die Welt. Sofort verzog sich Astorias Gesicht. Blanke Wut machte sich in ihr breit, als sie ihn auf sich herunterblicken sah. Seine Hände steckten in seinem langen schwarzen Todessermantel, sein Haar war so streng zurückgekämmt wie seit der Schulzeit. Lediglich der Ausdruck seiner Augen und die Form seines Gesichtes hatten sich verändert, hatten an Härte dazu gewonnen.
 

„So, so, Daphnes kleine Schwester also.“ Ein wissendes Lächeln zierte seine Lippen, es sollte provozierend wirkten, doch es verfehlte seine Wirkung. „Steh auf, ich unterhalte mich bevorzugter Weise von Angesicht zu Angesicht.“ Alles in Astoria rebellierte, aber als sie sich für Ignoranz entscheiden wollte, ließ er sie wissen: „Ich kann nachhelfen, wenn du dadurch schneller bist.“

Unwillkürlich dachte sie an Schmerzen, die sie sich sparen konnte. Sie musste sich an der Wand abstützen um nicht mit den Knien wieder einzuknicken. Die schlechte Versorgung von verschimmeltem und undefinierbarem Essen hatte sein Bestes gegeben um sie schwach und anfällig zu machen. Es dauerte, bis sie sich komplett aufgerichtet hatte, doch er schien keine Eile zu haben, stattdessen spürte sie seinen Blick an sich auf und ab fahren.

„Ich bin hier um dir einen Deal vorzuschlagen“, begann er, als sie das Kinn stolz reckte um sich nicht das letzte bisschen Würde nehmen zu lassen. Er sah ihr ebenfalls unerschrocken ins Gesicht. „Du kommst hier raus, mitsamt deiner Schwester. Ich lasse euch fliehen. Bringe euch bis zur Grenze, ob ihr es rüber schafft, ist euer Problem“
 

„Kein Haken?“, wollte sie spöttisch wissen und sah in seine kalten grauen Augen. „Sei nicht dumm, es gibt immer einen Haken“, wies er pikiet drauf hin. Astoria legte den Kopf schief, ein schwaches Grinsen lag auf ihren Lippen. „Dann sprich dich aus, Malfoy.“
 

Er schien amüsiert und trat einen Schritt auf sie zu, schließlich stand er vor ihr und sie roch Rauch und verwestes Fleisch. Eine Gänsehaut schlich über ihren Körper. Seine Hand stützte sich an der Wand hinter ihr ab und er sprach emotionslos. „Daphne langweilt mich, ich will sie durch dich ersetzten und wer weiß, vielleicht bringst du mir ein bisschen mehr Spaß als deine hübsche, aber äußerst dumme Schwester. Bist du es wert, könnt ihr eure Beine in die Hand nehmen, wenn nicht…“ Er sah sich um. „…befindest du dich bald wieder hier.“

Astorias Herz klopfte bis zum Hals. In ihrem Kopf rauschte es. Spaß bringen? Spaß in welcher Form? Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sprach er: „Damit wir uns richtig verstehen, ich meine körperlichen Spaß und nicht auf irgendwelche Sauftouren bezogen – dafür hat man schließlich Kumpels.“

Ihre Welt drehte sich. Körperlich bezogener Spaß war die letzte Stufe ihrer Erniedrigung. Doch der Gewinn, wenn sie diese Schande über sich ergehen lassen sollte, war unwillkürlich hoch.
 

Freiheit, leben, das Ende vom Alptraum.

Er sah sie verächtlich an, fast so, als wüsste er bereits, wie sie antworten würde, schließlich war es kein Geheimnis, dass sie als Aurorin lieber den Tod vorziehen würde, als sich für solch einen Kauf bereit zu zeigen.

„Einverstanden.“

Ihr blieb keine andere Möglichkeit um das Leben ihrer Schwester zu retten, außerdem – es war doch nur eine einzige Nacht.

Vorfreude spiegelte sich in seinen kalten grauen Augen wieder, eine Vorfreude, die sie hätte warnen sollen und doch war sie zu geblendet von Hoffung um es zu merken.
 


 

Es fühlt sich an, als wenn ich mich selbst töte. Alles war so wertlos, ich verdiente das nicht. Ich rannte in Kreisen, ich verletzte mich selbst.
 


 

Essen…

Es bekam eine neue Bedeutung für sie, genauso wie warmes Wasser, welches ihren Körper umhüllte und ihre groben Wunden heilte. Astoria lehnte den Kopf zurück, sie atmete tief den Duft der Kräuter im Wasser ein. Das Gefühl der Falschheit beschlich sie und Astoria schloss die Augen. Einen Augenblick vergas sie, wo sie sich befand und genoss das Gefühl von Wärme. Ihr Magen schmerzte nicht mehr, er hatte Nahrung bekommen, ebenso ihr Kopf. Das Pochen hinter ihrer Schläfe war verstummt. Und alles hatte sie einem verhassten Mann zu verdanken. Nur ungern stieg sie schließlich aus der Wanne und begann sich anzukleiden. Ihre Haut schmerzte leicht, als sie das schwarze Korsett anzog und das lange, ebenfalls schwarze Nachthemd über ihren Körper floss. Astoria betrachtete sich im Spiegel. Sie hatte sich verändert. Vor über einer Stunde hatten tiefe dunkle Schatten unter ihren hellen braunen Augen gelegen, ihr Haar war stumpf gewesen und jetzt fiel es ihr glatt und glänzend über die Schultern. Innerlich schlug ihr Herz unruhig und sie zwang sich, wieder an Stärke zu gewinnen.
 

Astoria beschloss mit erhobenem Haupt das Bad zu verlassen und schritt zu der Tür auf der anderen Seite des Raumes. Kraftvoll öffnete sie diese und betrat die luxuriösen Räume des Todessers. Durchgehend war vieles in dunklem Grün gehalten, die fröhlichen und hoffungsvollen Farben waren verbannt worden. Die dunklen Farben erdrückten sie und als sie die große Sitzecke genauer musterte, da sie eine leichte Bewegung am Kamin ausgemacht hatte, wurde ihr schwer ums Herz. Der blonde Malfoy stand zum Feuer gewandt und hatte ihr demonstrativ den Rücken zugewendet. Ihm ausweichend besah sie sich die schweren Ledersessel und den teuren weichen Teppich unter ihren Füßen.
 

„Du hast lange gebrauch“, sprach er ruhig, doch gleichzeitig spöttisch, fast so als schien er zu glauben, dass sie Angst vor ihm hatte und deshalb trödelte. Gelassen ließ er sich auf der Couch fallen und griff zum kleinen Nebentisch um sich eine Zigarre zur Hand zu nehmen. „Trink dir Mut an, falls du das brauchst.“ Draco grinste provozierend und deutete auf den Kamin, wo sich mehrere Sorten Wein tummelten. Astoria sah starr auf die blutrote Flüssigkeit und spürte, wie ihr Körper von einer Gänsehaut überzogen wurde. „Nein danke, ich verzichte.“
 

Draco legte den Kopf schief und musterte sie. Sein kühler Blick glitt von ihrem Gesicht, ihren gelösten Haaren über ihren Körper bis hin zu ihren nackten Füßen. Astoria hatte es nicht gewagt, ihm in die Augen zu sehen und trotzdem spürte sie seine schonungslose Musterung. Er hatte den Kopf schief gelegt und zog genüsslich an der Zigarre, sie dagegen schloss kurz die Augen und atmete jenen Geruch ein, der sie an niedergebrannte Häuser erinnerte.

„Warum ziehst du nicht diesen langen Fetzen aus und hörst auf, es hinaus zu zögern?“

Kurz verkrampften sich Astorias Hände, sie durfte keine Schwäche zeigen, nur wenn sie ihn in der heutigen Nacht unterhielt, konnte sie auf einen Weg in die Freiheit hoffen. Wenn sie sich zusammen riss, wenn sie sich selbst etwas vorspielte, dann konnte sie ihm etwas Neues und Aufregendes bieten – zumindest hoffte sie es.

Ihr Herz schlug bis zum Hals und sie erinnerte sich an die Worte ihrer Mutter - egal, was ihnen auch zustoßen möge, Daphne und sie hatten lernen müssen, alles für ihr Überleben zu tun, auch wenn sie dann ihren äußerst empfindsamen Stolz dafür vergessen müssten. Jedoch bekam für Astoria dieses Handeln eine weitere Bedeutung.
 

Verrat.
 

Verrat an sich selbst.
 

Doch sie war auch Slytherin, genau wie er selbst, einen Teil ihres Stolzes würde er nicht brechen können und sie fragte sich unweigerlich, ob er das wusste. Arrogant, so wie sie es bereits in der Kindheit gelernt hatte, drehte sie sich um und ließ sich lasziv auf seinem Schoß nieder. Nun legte auch sie den Kopf schief und sprach mit fester Stimme: „Warum bequemst du dich nicht und ziehst es mir aus?“ Sie nahm ihm die Zigarre aus der Hand und zog fest dran, dann drückte sie diese auf dem kleinen Nebentisch aus, ohne den Blickkontakt zu ihm zu brechen. Selbstbewusster als sie eigentlich war, starrte sie in das helle freundliche Grau seiner Augen. Sie erinnerten an Sturm und doch an Sicherheit, die solch ein Chaos mit sich brachte. Schließlich sah sie als gejagter Auror nicht umsonst einen Sturm als Vorteil an. Er spielte mit und so erschrak sie leicht, als seine kalten Hände ihren Körper zum ersten Mal berührten. Von der Hüfte aus, fuhren sie genüsslich höher, strichen an ihrer Seite entlang, bis sie schließlich den runden Ausschnitt erreichen. Mit einem brutalen Ruck riss er das Nachthemd in zwei. Der kostbare Stoff gab sofort unter seinen Händen nach, trotz der Gewalt sahen sie sich immer noch an, schließlich erkannte sie ein leichtes Grinsen auf seinen blassen Lippen.
 

„Ganz Slytherin, Greengrass?“
 

Gleichgültig befreite sie den Rest ihres Körpers von dem weichen Stoff und wagte es, das Grinsen zu erwidern. Ohne zu antworten, nahm sie seine Hände und führte sie an ihrem Körper entlang und zum ersten Mal brach er den Blickkontakt um seinen Händen mit den Augen zu folgen. Ihm gefiel, was er spürte und sah, etwas, was er ihr zu verstehen gab. „Du bist ein Biest“, sprach er belustigt, als sie sich erheben wollte, doch er sie wieder zu sich zog und seine gierigen Lippen die ihre verschlossen. Indem er sie küsste, nahm er ihr unweigerlich die Luft zum Atmen. Mit einer ungestümen Leidenschaft, die ihr gänzlich fremd war, fiel er über sie her. Teils mit Gewalt, doch teils mit solch einer Hingabe, dass sie ihrem eigenen Körper nicht mehr traute. Ihm schien es nicht wichtig zu sein, sie einmal zu nehmen und dann auszutauschen. Stattdessen er behandelte sie, als wollte er jeden Augenblick der Nacht voll auskosten. Gekonnt und wissend setzte er seine Lippen ein, um ihre Haut brennen zu lassen, seine Hände streichelten Teile ihres Körpers, so verlockend, dass Astorias Verstand schwächelte.
 

Die junge Aurorin gab sich hin, als er sie schamlos erkundete, von ihr schmeckte und ihre Sinne schwinden ließ. „Lass dich gehen“, befahl er mit rauer Stimme als ihr entblößter Körper auf dem weichen Teppich vor dem Kamin lag und sie das Klicken seines Hosengürtels in ihren Ohren vernahm.

„Das kann ich nicht“, wisperte sie lautlos, doch statt Brutalität erfuhr sie angestachelten Ergeiz. Ohne zu warten, nahm er sie - heftig und wollend. Sie spürte es mit jedem seiner Stöße und die Kontrolle ihres eigenen Körpers verschwand. Haltlos befand sie sich in den Armen eines Todessers und ließ ihn machen, was er wollte. Eine erschreckende Tatsache. Die Achtung vor sich selbst verschwand, ebenso wie ihre Hemmungen. Wie hätte sie schließlich ahnen können, dass er sie liebte, wie sie es noch nie zuvor erlebt hatte. Unschickliche Geräusche drangen über ihre Lippen, ihr Körper reagiert auf eine Art, die sie erschaudern ließ und als die Welle von undefinierbaren Gefühlen sie mit sich riss, vernahm sie nur noch ihr heftig schlagendes Herz.
 

Zitternd zog Astoria die Glider an ihren Körper, als er sich aus ihr heraus zog und sich erhob. Sie schloss die Augen und versuchte die Übelkeit und die Scham darüber, was sie getan hatte, runter zu schlucken und zu ignorieren. Achtlos wurde etwas über sie geworfen und sie klammerte sich an den weichen Stoff. Ohne ein Wort zu verlieren, hörte sie, wie Malfoy sich anzog und durch das Zimmer schritt, bis seine Schritte schließlich vollständig verstummten.

Er verschwand und zum ersten Mal seit Tagen wagte sie es, die Augen fest zu schließen und für einige Stunden tief zu schlafen.
 


 

Ich rannte in Kreisen, ich verletzte mich selbst, nur meinen Sinn zu finden. Alles war so wertlos, ich verdiente das nicht.
 

„Wo ist Daphne?“ Astoria versuchte sich zu beruhigen, doch eine Welle von Panik beherrschte sie. Seit Tagen war sie in diesen dunklen Räumen alleine gewesen und abgesehen von einem Hauselfen, der ihr hin und wieder etwas zu Essen und zu trinken gebracht hatte, war ihr niemand begegnet. Jetzt, nach einer Ewigkeit, wie ihr schien, hatte der blonde Malfoy mitten in der Nacht seine Räume wieder betreten. Er wirkte müde und gestresst, doch sie ignorierte seinen erschöpften Zustand. Schließlich stand es nicht zur Debatte, sich um einen Todesser und seine dunklen Augenränder zu sorgen.

„Dort wo sie hingehört, auf die andere Seite“, sprach Draco emotionslos und warf seinen langen Umhang über die Stuhllehne des langen Esstisches. Das Herz der jungen Frau machte einen freudigen Hüpfer. Hoffnungsvoll trat sie auf ihn zu und sah, dass er sich seine schwarzen ledernden Handschuhe auszog und sie achtlos auf den Tisch warf. „Und wann darf ich hier weg?“ Sie sah in sein ernstes Gesicht, der Mantel, der ihn gegen die eisige Kälte der Welt schützte, fand ebenfalls seinen Weg auf das Polster des Stuhls. Ein unangenehmer Geruch stieg Astoria in die Nase und sie verzog angewidert das Gesicht.
 

Verbranntes Fleisch.
 

Blut.
 

Rauch.
 

Einen halben Meter blieb sie vor ihm stehen und sah auf die kühlen Lippen, welche sich in ein spöttisches Grinsen verwandelten. Dann sah er sie an und sämtliche Glieder gefroren in Astoria. Ihr Körper wurde kalt und sie ballte die Hände zur Faust.

„Sie ist drüben. Bei euren kleinen Helden“, erklärte Malfoy immer noch ungewohnt ruhig, sie dagegen schluckte und ein Kloß breitete sich in ihrem Hals aus. „Ganz so, wie wir es abgemacht haben.“

„Und wann kann ich hier weg?“ Ihr war die Frage erneut nur schwer über die Lippen gekommen und sie sahen weiter stumm einander an. Langsam verstand Astoria und kaltes Grausen überkam sie. Ihr Herz wurde unendlich schwer. Bitterkeit stieg in ihr auf. „Du hast nicht vor, mich gehen zu lassen, richtig?“
 

„Schlaues Mädchen.“

„Wieso? Wir haben ausgemacht, dass-!“

„Ich weiß, was wir ausgemacht haben.“, unterbrach Malfoy sie und legte erneut den Kopf schief, eine Angewohnheit, die ihr seltsam vertraut vorkam. „Aber jetzt ernsthaft, Greengrass. Auf deinen Kopf sind 600 Galleonen ausgesetzt, weil der dunkle Lord vermutet, dass du ein Geheimniswahrer des Ordens bist, mit solch einem Wissen kann ich dich unmöglich gehen lassen.“
 

Die junge Frau ging einen Schritt zurück, doch er verringerte den Abstand sofort wieder. Pure Berechung unterstrich seine Worte. „Außerdem bietest du mir, im Gegensatz zu meiner Frau, etwas, was ich noch lange genießen will.“

„Du widerst mich an!“, spuckte sie ihm entgegen. „Hast du denn überhaupt keinen Stolz?“

Er zuckte nur unwirsch mit den Schultern und sie stieß mit dem Rücken gegen die Couch. Wütend schlug sie seine Hand weg, als er sie berühren wollte. „Weißt du, das ist mir eigentlich vollkommen egal.“

Astoria wendete sich ab, sie konnte den Geruch von Tod nicht ertragen, schließlich stieg in ihr die grausame Frage auf, ob er auf seinem Schachtzug jemanden begegnet war, der ihr sehr am Herzen lag. „Das ist Ehebruch!“, klagte sie hilflos an.

„Wen interessiert es.“ Er klang gelangweilt und schien das Thema wechseln zu wollen. „Komm Greengrass, ich habe einen harten Tag hinter mir. Zeig dich gnädig.“

Sie wollte ihm zeigen, wie gnädig sie war und schellte zur Ohrfeige aus, doch scheinbar mühelos hielt er ihre Hand fest. Nicht im Mindesten beeindruckt.
 

„Du stehst also auf Gewalt?“ Er riss ihre Hand brutal nach unten und sie drehte sich vor Schmerzen, damit er ihr den Arm nicht brach. Grob stieß er sie zur Seite. „Nur zu, ich habe kein Problem damit, dich auf andere Art und Weise schreien zu lassen.“

Astoria verlor die Kontrolle, sie wusste nur noch, dass sie irgendwann auf das Bett im düsteren Nebenzimmer geschmissen worden war und verzweifelt versucht hatte zu entkommen. Es hatte ihn amüsiert und belustigt zu gleich. Innerlich hatte Astoria sich geschworen, keinen Laut von sich zu geben, wenn er sie peinigen wollte, doch sie brach ihren Vorsatz just in dem Moment, in dem sie kommen sah, was er ihr antun wollte. Der Todesser umfasste ihre Hüfte, schob das schwarze Kleid hoch und riss ihren Slip kaputt. Mit aller Kraft wollte sie sich wegziehen, seine Hand von ihr lösen, doch er ließ es nicht zu.
 

Dann drang er brutal und ohne Rücksicht in sie ein.
 

Er überschritt eine Schmerzgrenze, eine Grenze, von der sie noch nicht einmal gewusst hatte, dass sie diese besaß. Der Schrei verließ ihre Kehle, ehe sie es verhindern konnte.

„Hör auf, bitte!“

Doch er ignorierte sie. Nahm sie weiterhin grob von hinten und sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr.

Roch Tod und Verderben.

Hilflos drückte Astoria ihr Gesicht in das Kissen und grub ihre Hände in das Lacken. Ihr Körper erschlaffte, die Kraft zum Wehren versagte. Ein Teil in ihr starb und noch wusste sie nicht, dass es sich dabei um einen Winkel ihres Herzens handelte. Sie war dort, wo sie nie hatte hingewollt, im Bett eines Todessers, der sie zu ersetzen wusste. Freiwillig hätte sie lieber den Tod gewählt.
 


 

Ich werde mich immer erinnern. Ich werde es für immer bereuen. Ich erinnere mich an helle braune Augen.
 


 

„Wieso genießt du nicht?“ - Die Frage irritierte sie.
 

Astoria hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Stunden waren zu Tagen geworden und Tage zu Wochen. Und immer wieder hatte sich dasselbe Spiel wiederholt. Nach einem Auftrag, egal zu welcher Uhrzeit, er suchte sie immer wieder auf. Oft schlief er mit ihr, mal mit Gewalt und mal zärtlich und leidenschaftlich. Und an anderen Tagen sah er ihr einfach nur dabei zu, wie sie las, Rätsel löste oder ins Feuer starte. Ja, und dann gab es Nächte, in denen sie vergas, wer sie war. So wie diese. Stunden hatte er sie geliebt, immer wieder mit ihr geschlafen und sie schließlich wortlos in seine Arme gezogen. Ihr nackter Rücken berührte seine Brust und seine Hände hatten sich um ihre Hüfte geschlungen. Zärtlich rieb sein Daumen über ihre Hand und sein Gesicht hatte sich in ihren Nacken vergraben. „Dein Körper verrät dich, aber dein Wesen verschließt sich.“

„Interessante Beobachtung.“

Er lachte leise und verschloss ihre Hand mit seiner. Unsicher sah Astoria auf das ungewöhnliche Bild.
 

„Dass du mich hasst, war nicht weiter schwer heraus zu finden. Aber dein Hass kommt nicht von der Gewalt, die ich dir antue.“

Sie schloss die Augen, seine Worte rissen etwas in ihr auf, etwas, was sie immer verborgen halten wollte. Doch er ahnte nicht, dass er einen Punkt traf, der versteckt hätte bleiben sollen.

„Eher daher, dass du nicht verhindern kannst, dass es dir auf einer verruchten Art gefällt, wenn ich mit dir schlafe.“

Er hatte den Bogen überspannt und Astoria löste sich ruckartig von ihm. Eine unermessliche Wut machte sich in ihrem Magen breit. Sie wollte aus dem Bett klettern, doch er hielt sie fest.

Ungeschickt landete sie auf seiner Brust und sah ihm ungehalten in die grauen Augen. Obwohl es im Zimmer relativ dunkel war und nur wenige Kerzen Licht zuließen, konnte sie das Grau seiner Augen erkennen. Er wirkte ungewohnt müde, etwas, was ihr in den letzten Tagen immer stärker aufgefallen war. „Wage es ja nicht, mir so etwas noch ein einziges Mal zu unterstellen!“ Wütend funkelte sie ihn an, er ließ sich jedoch nicht einschüchtern.
 

Zärtlich strich er durch ihr langes Haar und unweigerlich krampfte sich ihr Herz zusammen. Wieso sah er sie so an? Weshalb brachte er ihr etwas entgegen, was sie irritierte und zu hassen begann? All diese widersprüchlichen Gefühle, die er in ihr weckte, machten ihr Angst. Ein Lächeln glitt über seine Lippen. „Weshalb so unehrlich?“

„Wenn hier einer unehrlich ist, dann wohl du?“

„Ach.“ Er nahm es gelassen. „In welcher Hinsicht?“

Ihr Herz klopfte bis zum Hals und sie sprach: „Bezüglich deiner Frau, du verletzt sie.“

„Nein.“ Draco drehte sie, sodass er über sie gebeugt war und sie auf den Rücken lag. „Eloise weiß, dass es eine Frau gibt, die mich besser zu beschäftigen weiß, als sie.“

„Du behandelst sie wie Dreck!“

„Vielleicht, doch bis jetzt hat sie sich noch nicht beschwert.“ Seine kalten Hände wanderten über ihren Körper und Astoria wurde bewusst, worauf er aus war. Statt sich zwingen zu lassen, tat sie, was er wollte, um so jeglichen Schmerz zu vermeiden.
 

In all der Zeit hatte sie gelernt, dass es unter bestimmten Umständen weiser war, zu tun, was er wollte, statt ihn zu verstimmen. Sein Gesicht vergrub sich in ihrer Halsbeugen. „Ich wünschte, dass du dich ein einziges Mal gehen lassen würdest. Nur ein einziges Mal.“

Ihre Hände fuhren durch sein weiches Haar und der jungen Frau wurde die Erschöpfung seiner Stimme bewusst. Zärtlich verwöhnte er sie, nahm sie, wie schon so oft zuvor und langsam beschlich Astoria das Gefühl, dass sie für ihn etwas darstellte, was er bei seiner Frau und in seinem Leben als Todesser vermisste. Er verlor sich bei ihr, entfloh der Wirklichkeit, auch wenn er sie immer wieder spüren ließ, dass sie nur einen Zeitvertreib darstellen sollte.

Sie hinderte ihn nicht daran und schloss die Augen, um ihrer eigenen Wirklichkeit zu entfliehen.
 


 

Aber zu mir warst du perfekt. Ich werde durch dieses Leben gestreut. Sie ist wie ein Engel gegangen.
 


 

Astoria sah auf ihr Spiegelbild. Ihr Herz zerriss und ihre Hände tasteten sich über ihren Bauch.
 

Sie war schwanger.
 

Und er wusste es. Das Kind würde auf die Welt kommen, schließlich hatte er ihr klar zu verstehen gegeben, dass Kinder von diesem Blut einen wichtigen Teil in der magischen Gemeinschaft des dunklen Lords bildeten. Die erste schwache Träne rollte über ihre blasse Wange, als sie daran dachte, dass ein solch kleines ungeborenes Lebewesen einem Schicksal gegenüber stand, welches sie sich nie für eines ihrer Kinder gewünscht hatte.

„Ich bekomme das Kind von einem Mann, den ich nicht liebe“, flüsterte sie tonlos und zuckte zusammen, als sie ein Geräusch vernahm. Sie sah in den Spiegel und betrachtete Draco, der näher trat. Erneut schien er von einem Auftrag zu kommen. Gelassen zog er sich aus und schritt auf sie zu. Wissend umarmte er sie von hinten und legte seine Hände auf ihren leicht gewölbten Bauch. „Belüg dich nicht wieder selbst.“ Er betrachtete sie und Astoria fragte sich unweigerlich, ob sie Freude in seinen Augen erkennen konnte.
 

„Es wird ein Junge“, sprach er. „Ganz sicher.“

„Wie soll er heißen?“, wagte sie es zu fragen und bemerkte, dass er mit den Schultern zuckte. „Keine Ahnung.“

„Hyperion“, lächelte Astoria. „Nach meinem Vater.“

Der Todesser nahm seine Hände von ihr und entkleidete sich weiter, dann schritt er auf die große Wanne mit dampfenden Wasser zu. „Von mir aus. Hyperion Malfoy.“

Astoria legte den Kopf schief. Oder aber Hyperion Greengrass, setzte sie in Gedanken hinzu. Es war eine törichte Idee und doch ließ diese sie lächeln. Ein merkwürdiger Gedanke, hoffen zu können, ihr Kind würde angesichts der Umstände ihren Namen tragen.
 


 

In einer Welt so, so gottlos und gedankenlos, weiß ich nicht, wie wir diese, all diese ganze Liebe hervorbrachten, die du uns brachtest.
 


 

Ihr Körper verkrampfte sich und sie sah schwach auf den alten Mann, der versuchte, ihr zu helfen. Astoria wusste nicht, wo sie sich befand. Draco hatte sie plötzlich in einer Nacht fort gebracht. Und nun lag sie hier, in fremden Räumen und versuchte, ihr Kind auf die Welt zu bringen. Ihre Sicht war verschwommen und sie hörte immer nur die sanften Worte des alten Mannes. Seit Tagen kümmerte er sich um sie, Draco dagegen hatte ihr ein letztes Mal in die Augen gesehen und dann war sie ohnmächtig geworden. Erwacht bei diesem Mann in einem übergroßen Bett. Ihre Glieder hatten sich taub und schwer angefühlt.

Ihr Atem ging heftig und eine weitere Wehe überrollte sie. Schweiß lief über ihren Rücken und das weiße Nachthemd klebte an ihrem Körper. Der Schein der Kerzen ließ zu, dass ihr Blick durch das große bücherreiche Zimmer glitt.
 

„Sie machen das gut, Astoria.“ Ein kaltes Tuch berührte sachte ihre Stirn und sie sah in wässrige graue Augen. Schwach streckte sie ihre Hand aus. „Warum tun Sie das, Colin?“

Er lächelte nachsichtig und strich ihr langes Haar aus der Stirn.
 

„Vielleicht weil ich ein wenig Hoffnung brauche?“

Sie verstand nicht und erneut überrollte sie eine Welle von Schmerzen. Die nächsten Stunden lauschte Astoria der weichen Stimme des Todessers und versuchte an eine Zeit zu denken, wo all diese Pein vorbei sein würde. Stunde um Stunde glaubte sie, an die Grenzen ihrer Möglichkeiten zu kommen und immer wieder fanden ihre Gedanken zu jenem Todesser, dem sie all das zu verdanken hatte.

Warum war er nicht hier?

Weshalb hatte er sie scheinbar bedeutungslos abgeschoben und ließ sie alleine?

Astoria fühlte sich wie Dreck und seine Worte, denen sie einst so viel Bedeutung beigemessen hatte, verloren an Wert.
 

Ihr Umfeld schwand und sie lauschte nur noch der anweisenden Stimme Colin Goodales. Schließlich erreichte ein unbekannter Schrei ihre Ohren und sie öffnete schwach die Augen.

„Ein Junge“, flüsterte sie schwach und der alte Mann nickte kaum merklich, kurz sah sie auf das winzige Geschöpft, in dessen Adern ihr Blut floss. „Hyperion.“ Rot, runzelig und quäkend gab der Junge zu Besten, was er von der neuen Welt hielt und Astorias Herz wurde unendlich schwer. Niemand würde diesen kleinen Jungen vor dem Bösen beschützen, sonder das Böse würde ihn aufziehen, als wäre es selbstverständlich, Menschen die Kehle durch zu schneiden und Leben auszulöschen.
 

Der Gesichtsausdruck der jungen Frau wurde traurig, als sie sah, dass Colin das Bündel Leben aus ihrem Sichtfeld verschwinden ließ.

„Astoria, Sie müssen wissen, Blut ist dicker als Wasser.“ Es schien, als habe er ihre Gedanken gelesen. Erschöpft sah sie ihn an und spürte ihren gleichmäßigen Atem. „Ich bin sicher, er wird alles andere als ein Abbild des Bösen sein, denn tief in ihm schlägt sein Herz einen Takt wie das seiner Mutter.“

Er trat zu ihr und sie sah auf den Zauberstab in seiner Hand. Erlösung breitete sich in ihr aus. Er würde sie hoffentlich töten und dem Alptraum ein Ende bereiten. Wollend schloss sie die Augen und flüsterte: „Bitte…“
 

Doch sie starb nicht.
 

Schwärze umhüllte sie, ihr Bewusstsein verschwand.
 


 

Wenn das Leben ist, werde ich auf Wiedersehen sagen. Das ist alles wert, was mich verletzt.
 

Ich hatte dir mein Herz gegeben und lasse es nur dich halten. Ich hatte dir meine Seele gegeben, aber ich verkaufte sie bereits.
 

An diesem Tag.
 


 

Ein Schatten trat in das Zimmer, sein langer Umhang wehte hinter ihm her und Colin Goodale sah über seine Schulter. Die müden Augen fanden den Jüngeren. „Sie ist bewusstlos und wird gleich über die Grenze gebracht“, informierte er unnötigerweise. „Dein Sohn liegt dort.“

Gewohnt gleichgültig schritt der Todesser auf das kleine Bett zu und sah auf das frisch geborene Kind. Vorsichtig hob er es heraus und strich über das weißblonde Köpfchen. „Ein Junge.“, sprach Draco ruhig, ganz so, wie er es erwartet hatte.

„Hyperion“, erklärte Colin und wusch sich die Hände. Er betrachtete die Miene des frisch gewordenen Vaters, wohl wissend, dass er bereits zwei seiner Enkel auf die Welt gebracht hatte. Jedoch schien diesem Kind eine andere Bedeutung beigemessen werden.

„Scorpius Hyperion Malfoy“, antwortete Draco. „Der erste Name symbolisiert seinen Geburtsmonat, der Zweite ist ein Gefallen und der dritte verspricht Ansehen.“
 

Der alte Mann schwieg, er sah jedoch unentwegt auf das Kind. In seinen Gedanken formte sich eine andere Form der Namensbedeutung wieder.

Scorpius brachte Gefahren mit sich, Hyperion versprach ein Erbe, das jenseits des dunklen Lords alles in den Schatten stellen würde und Malfoy würde den Glanz des Namens brutal verändern. Verändern in eine Form, die aus Blut, Hass und Verderben Hoffung, Unaufhaltsamkeit und Licht machen würde.

„Zwinge niemandem zu früh eine Note auf, Draco“, wies Colin hin und nahm seinen Blick von dem Kind. „Denn es lässt sich nicht alles an einem Namen fest machen, sondern manchmal auch an dem Blut, welches man in sich trägt.“
 


 

Ich hatte alles gegeben, nur um deine Ewigkeit zu haben. Das Beten um einen Retter. Wünsche mir, dass sie aufgenommen und gerettet wird.
 

Scorpius öffnete ruckartig die Augen. Er lag auf dem weichen Teppichboden im Arbeitszimmer seines Großvaters. Seine Gedanken rasten. Starr sahen seine hellen braunen Augen an die Decke und er wagte es nicht, sich zu rühren. Der Brief, der eine äußerst hohe Wichtigkeit symbolisierte, verweilte sicher in seiner rechten Hand. Das Herz des Jungen schlug einen unregelmäßigen Rhythmus.

„Ich verstehe…“, murmelte er zusammenhangslos. Scorpius verstand die Botschaft seines Großvaters ohne den Brief. Wie ein Faustschlag in den Magen traf ihn die Erkenntnis, wonach er suchte.
 

Nach Freiheit und Unendlichkeit.
 


 

Ich werde nicht atmen, es sei denn, dass du atmest, werde nicht verbluten es sei denn, dass du verblutest. Den Tag, an dem ich im Dezember ging, so jämmerliche und blaue Himmel. Der Finsternis und Nacht zugewandt.
 

Fortsetzung folgt…

Gestern starb ich.

.
 

.
 

.
 

»Ich bekomme das Kind von einem Mann, den ich nicht liebe. «
 

»Der erste Name symbolisiert seinen Geburtsmonat, der zweite ist ein Gefallen und der dritte verspricht Ansehen. «
 

Nein…
 

„Scorpius brachte Gefahren mit sich, Hyperion versprach ein Erbe, das jenseits des dunklen Lords alles in den Schatten stellen würde und Malfoy würde den Glanz des Namens brutal verändern“, wiederholte der Blonde leise die Worte, welche seinem Großvater am Tage seiner Geburt durch den Kopf gegangen waren. Es waren bloß Worte, doch gerade diese belanglosen Behauptungen gaben ihm etwas, was er bereits seit Jahren suchte.
 

Antworten.
 

Tief in seinem Herzen hatte er immer gewusst, dass er sich von den anderen Malfoys unterschied. Die Denkweise seines Bruders engte ihn ein, die Gefühlsspanne seiner Schwester hatte Grenzen, die Einstellung seines Vaters empfand er als fehlerhaft und die Liebe seiner Mutter war bloße Illusion. Sein ganzes Leben war ein einziger Schatten gewesen.

Scorpius dachte an die junge Frau, welche von seinem Vater vergewaltigt worden war. An ihre hellen brauen Augen, die den seinen so ähnlich waren, an ihrer Haltung gegenüber ihrem Glauben und sich selbst. Er wollte sie kennen lernen, wollte sie beobachten, wissen, weshalb sie diese Einstellung vertrat und wissen, was aus ihr geworden war.
 

Wie in Zeitlupe nahm der Blonde war, das sein Herz wieder zu schlagen begann. Sein Umfeld kehrte zurück und mit einem Mal wusste Scorpius, was er zu tun hatte. Wie von selbst erhob er sich mit tauben Körper und öffnete die Briefe, die sein Großvater ihm hinterlassen hatte. Ohne hinein gesehen zu haben, wusste er, was drin stand. Nämlich ein Fluchtplan, der ihm helfen würde, die Mauern des dunklen Lords zu durchbrechen.
 

Mit ruhigen Händen faltete er die Briefe auseinander und las. Er würde sich an jede einzelne Anweisung halten. Mit jedem weiteren Wort begriff er, dass der alte Mann ihn bereits seit Jahren aus diesem Schloss haben wollte. Jeder seiner Schritte war genaustens durchdacht. Er sollte den dunklen Lord um eine Versetzung am anderen Ende von Russland bitten. Niemand riss sich darum, den Stützpunkt dort warm zu halten und er als aufstrebender Todesser würde mit bestem Beispiel voran gehen.
 

Die Lüge, er brauche Arbeit um keine Schwäche zu zeigen, würde ihm mühelos von den Lippen gehen. Denn jeder wusste, dass die stolzen Malfoys sich nicht mit Trauer oder großen Gefühlsregungen aufhielten, sondern eisern ihren Weg gingen.

Niemand würde erwarten, dass in den nächsten Monaten ein Lebenszeichen aus Russland kommen würde, weil die Verbindung in den hintersten Winkel als äußerst schlecht galt. Niemand würde Verdacht schöpfen. Die perfekte Gelegenheit und die junge Weasley würde er mitnehmen - als Beschäftigung.
 

In Wirklichkeit würde er etwas ganz anderes mit ihr machen, etwas was sie sicherlich für sich zu nutzen wusste. Scorpius faltete die Briefe zusammen und schritt zum Kamin, dort warf er sie ins Feuer. Laut seinem Großvater musste er nach Hogwarts, dort musste er ein Gemälde eines Professor Dumbledore ausmachen und ihm seine Situation erklären. Er kannte den Mann nicht, doch etwas sagte Scorpius, dass er in diesem Punkt seinem Großvater zu vertrauen hatte. Der Blick des Jungen hob sich, seine Hand ballte sich zur Faust und eine bislang unbestimmte Wut legte sich über ihn. Natürlich hatte er gewusst, das Vergewaltigungen in dieser Zeit an der Tagesordnungen standen, auch war ihm klar gewesen, dass nicht jede Ehe eines Todessers von Respekt und Ehre gesegnet war, aber dass er ein Bastrad war und alle Welt es gewusst zu haben schien, machte ihm klar, weshalb er von oben herab behandelt worden war.
 

Scorpius biss sich leicht auf die Unterlippe, wendete seinen Blick vom Feuer und schritt aus dem Raum.

Er hatte etwas zu erledigen. Etwas, was sein Leben von Grund aus verändern würde.
 

Im selben Moment erlosch ein Licht auf der anderen Seite des Schlosses.
 

Gestern starb ich, morgen blutet es. Ein Fall in dein Sonnenlicht.
 

„Wir kommen voran!“ Stolz sah Albus auf den großen Plan vor sich. Es war bereits wieder Nacht und die vier Freunde saßen am Kamin im Gemeinschaftsraum der Slytherins. Vor ihnen lagen die Baupläne für Hogwarts und mit Stolz hatte der junge Potter festgestellt, dass die unteren Räume alle wieder intakt waren.

„Aber auch nur, weil ich Stunde für Stunde meinen Hals riskiere“, murrte Louis und biss in sein hartes Brötchen. Erst vor ein paar Stunden war Alice mit ein wenig Proviant wieder gekommen und hatte ihnen gestanden, dass sie diese heimlich aus einer Bäckerei stibitzt hatte. „Echt Albus, die Zustände sind katastrophal, wir brauchen dringend mehr Hilfe. Wenn wir in dieser Besetzung weiter machen, dann sind wir Ostern niemals fertig. Wir brauchen mehr Unterstützung, man! Egal in welcher Form.“

Albus raufte sich die Haare, die brutalen Worte seines Cousins wühlten etwas in ihm auf und Louis schien nicht inne halten zu wollen. „Wenn du aus dieser Ruine hier einen Stützpunkt machen willst, dann lass dir was einfallen.“
 

„Louis“, ermahnte Fred. „Albus versucht doch schon alles!“

„Nein, tut er nicht.“ Der Blonde sah seinen Cousin herablassend an. „Er will einen Widerstand planen und mit vier Leuten lässt es sich halt nicht viel Widerstand leisten!“

„Das weiß ich!“, fuhr Albus ihn scharf an. „Und es wird sich auch ändern!“

„Wann?“

„Wenn ich das erste Zeichen gesetzt habe.“

Vollkommen verwirrt sahen ihn alle drei Freunde an und Alice trat zu den Jungs. In der Hand hielt sie gebratenen Fisch am Stöckchen. Ihre großen grauen Augen sahen ungläubig zwischen den Jungen hin und her. „Ein Zeichen? Erklär dich.“

Albus strich sich durch das dunkle Haar, er seufzte tief und suchte nach den richtigen Worten. Unruhig schritt er im Raum auf und ab, schließlich begann er: „Mein Dad ist weg… keiner weiß, wo er ist. James dagegen riskiert dort draußen seinen Arsch, aber niemand kriegt es mit.“

„Weil er sich durch die Gegend vögelt“, warf Alice ungeschont ein und erntete einen vorwurfsvollen Blick von allen drei Männern. „Was? Es ist nur die Wahrheit!“
 

„Wie dem auch sei“, lenkte Albus die Aufmerksamkeit wieder auf sich. Seine Miene war ernst. „Onkel George erwähnte, dass früher die ganze Welt wusste, dass es Menschen gab, die sich gegen den dunklen Lord wehrten. Ich möchte, dass es wieder so wird. Im Moment versteckt sich jeder, ein Zustand, der immer schlimmer wird. Ich meine, Leute, mal im Ernst, wie lange wollt ihr noch eingesperrt in einem Haus sein? Nur um dann irgendwann euer Leben aufs Spiel zu setzten und dann feststellen zu müssen, dass ihr Wache für nix schiebt?“

Seine Worte klangen verbittert und seine Freunde sahen betrübt zu Boden, weil er die Wahrheit aussprach. „Sobald hier alles einigermaßen in Schuss ist, möchte ich ein Zeichen der Hoffnung setzten, ich will, dass Menschen, die nicht mehr wissen wohin, hier finden, was sie suchen. Ein wenig Ruhe und Hoffnung. Verletzte sollen sich hier erholen können, Kinder auf ihre Eltern hoffen und Menschen wie wir, die nicht kämpfen dürfen, es aber wollen, sollen die Gelegenheit bekommen.“ Die Worte hangen schwer in der Luft und Albus setzte hinzu: „Ich weiß, dass es alles andere als einfach ist, weshalb ich froh bin, dass ihr mir helft.“
 

„Aber dafür brauchst du mehr als drei Freunde“, ertönte eine alte Stimme und die Kinder fuhren herum. Dumbledore sah sie über seine Brille hinweg an. Jedoch schien dem alten Mann zu gefallen, was er soeben gehört hatte.

„Das Problem ist, dass es schwer ist, wirkliche Freunde zu finden, wenn man von seiner Familie sein Leben lang eingesperrt wurde“, erklärte Albus und trat näher zum großen Bilderrahmen. Der Alte zwinkerte verschwörerisch. „Mr. Potter, dies sollte das kleinste Problem werden, was Sie hier haben.“

Nicht verstehend runzelte Albus die Stirn und der Mann antwortete: „Ich gehe davon aus, dass ich genug Freunde für uns beide besitze. Bis wann wäre es Ihnen recht, dass ich Helfer schicke?“

Albus lachte spöttisch, dann grinste er: „Wenn Sie gut sind, dann bis morgen.“

Die blauen Augen des einstigen Direktors funkelten und Albus bekam eine Gänsehaut, als er den wissenden Ausdruck musterte. Irgendetwas sagte ihm, dass der Alte sein Wort halten würde.
 

Er verschwand und Albus hörte, dass Fred sich erhob. Vertraulich legte er einen Arm über die Schulter seines Cousins. „Al, du solltest eindeutig Redenschreiber werden.“ Die Beiden grinsten und schritten zurück zum Feuer. Louis mied den Blick zu ihnen und aß weiter. Schließlich setzte sich Alice neben ihn und gab ihm einen leichten Stoß in die Rippen.

„Jaha… ich schließe mich an. Doch was das Erdgeschoss angeht, müssen wir echt noch mal reden.“
 

„Aber morgen“, setzte Alice mahnend hinzu. Albus und Fred setzten sich ebenfalls und sie saßen sich eine Weile lang stumm gegenüber. Dann aber brach überraschend Louis die Stille. „Die Idee mit dem Stützpunk ist grandios…“, gab der blonde Prinz zu. „ Auch wenn ich an der Umsetzung zweifle.“

„Das kannst du ruhig“, gab Albus zu und öffnete die Wasserflasche. „Aber wenn ich Recht behalten sollte, dann schuldest du mir was.“

Louis grinste, etwas, was er selten tat und widmete sich wieder seinem Essen. Es war ein angespannter und schweigsamer Abend.
 

Die Arbeit in Hogwarts zerrte an ihren Kräften, ebenso an der guten und freundlichen Stimmung. Doch keiner von ihnen war bereit, jetzt schon aufzugeben.
 

Die Zukunft ist weit offen, außerdem glaube ich zu wissen, warum Hoffnung stirbt.
 

Stunden um Stunden war sie ihm blind gefolgt, hatte auf seine Bitte hin wortlos getan, was er verlangte und war bereit gewesen, jede noch so dringende Frage runter zu schlucken. Doch nun, bekleidet in Jeans, Stiefel, dicker Jacke und einem gefütterten Mantel schien etwas in Rose zu hoffen.
 

Hoffen auf Freiheit.
 

Als kalter Wind durch ihre Glieder fuhr und sie sich nach einer schieren Ewigkeit in einem Wald aufhielt, dessen Frühling bereits Jahre zurück zu sein schien, sah sie mit verwirrtem Gesicht auf den Rücken des blonden Todessers. Unter ihren Füßen knirschte der Boden und die Dunkelheit machte es ihr schwierig, ihre Umgebung genau wahrzunehmen. Zum ersten Mal seit Stunden blieb Scorpius stehen und drehte sich zu ihr um.

„Ist es mir jetzt erlaubt zu fragen?“

Sein versteinertes Gesicht ließ keinerlei Regung zu und sie fragte sich unweigerlich, ob irgendetwas vorgefallen war, was ihn jegliches Leben aus dem Körper gesaugt zu haben schien. Alles was er tat, tat er in Trance. Wie er sprach, wie er Befehle erteilte, wie er seinen Weg, dessen Ziel sie nicht kannte beschritt und wie er seine Umgebung wahrnahm. Es schien, als wäre er gar nicht wirklich da.
 

Es war, als würde eine unsichtbare Wand zwischen ihnen stehen. Eine Wand, die Kummer versprach und welche in ihr ein beklemmendes Gefühl hervor rief.
 

Seine goldenen Augen sahen starr in ihre blauen und ihr wurde bewusst, dass sie sich diese Mauer aus Veränderung nicht eingebildet hatte. Er zog etwas aus seiner ledernden Umhängetasche und sie blinzelte, als er ihr einen Zauberstab reichte. „Wage es nicht, mich damit anzugreifen, denn du wirst eindeutig den Kürzeren dabei ziehen.“ Mit tauber Hand, nahm sie ihn an und konnte es selbst kaum glauben, als sie dieses Stück Magie wieder in ihren Händen spürte. Es gab ihr einen Teil ihres Selbstbewusstseins wieder, sowie einen Teil ihrer Freiheit. „Wenn du dem Pfad dort folgst…“, er zeigte an ihr vorbei. „… dann kommst du zu einem kleinen Dorf, dort kannst du apparieren und zurück zu deiner Familie.“

Es klang wie Musik in ihren Ohren, weshalb sie unfähig war sich zu regen. „Bitte?“

„Hast du nicht gehört? Du sollst verschwinden!“ Seine Stimme war nun lauter und hatte den leichten Klang von Bedrohung. „Hau ab und geh dahin zurück wo du herkommst.“

Ihre Beine bewegten sich, ihr Puls raste und Rose begriff, dass er ihr die Chance zur Flucht gab. Noch einmal würde er sich sicherlich nicht wiederholen.
 

„Danke.“ Tiefer und ehrlicher konnte sie ihre Dankbarkeit nicht ausdrücken.
 

Rose drehte sich um und rannte so schnell sie konnte den schmalen Pfad entlang. Der lange Umhang wehte hinter ihr her und die kalte Morgenluft brannte in ihrem Gesicht. Sie würde frei sein, jeden Augenblick, wenn sie den Wald hinter sich lassen würde und dann…

Ja und dann… würde sie zurück zu ihrer Familie kehren. Sie würde ihnen sagen, wie gut es ihr ergangen war, ihnen erklären, dass nicht alle Todesser die Ansicht des Lord teilten und…
 

Die junge Weasley verlangsamte ihre Schritte. Sie schloss kurz die Augen und rief sich das Gesicht des Todessers in Erinnerung, der in ihr ein Chaos ausgelöst hatte, welches sie nicht zuordnen konnte. Ihre Wangen wurden automatisch rot, als sie an die besitz ergreifenden Lippen dachte, die sich auf ihre gelegt hatten, an die Zärtlichkeiten, die er ihr geschenkt hatte und an seine Blicke, die sie verfolgt hatten. Sein Wesen war bereits zu Beginn verschlossen und ernst gewesen, doch seine Neugier hatten ihm Züge der Menschlichkeit verpasst, die sie magisch angezogen hatten.
 

Sein Verstand arbeitete ähnlich schnell wie ihrer, etwas, was sie genossen hatte, denn er konnte großen Gedankensprüngen mühelos folgen. Rose dachte an die Farbe seiner Augen, sie war so ungewöhnlich wie gruselig, doch für sie waren sie eine neue Definition von Anders sein. Scorpius war kein Todesser, wie man es von ihm erwartete, grausam und wahnsinnig. Er wirkte diszipliniert und nachdenklich. Rose blieb stehen. Sie dachte an sein merkwürdiges Verhalten den ganzen Tag über.
 

Etwas hatte sich in seinem Leben verändert und zwar von gewaltigen Ausmaßen. Im Moment schien es eine negative Wirkung auf ihn zu haben, er wirkte wie eine Puppe, die tat, was man von ihm verlangte, die Fähigkeit alles in Frage zu stellen schwand und mit einem Mal legte sich eine kalte Hand um ihr Herz. Würde er so werden, wie andere seines Reviers?

Kalt, herzlos und grausam?

Rose ballte die Hand zur Faust und umschloss den Zauberstab fester. Sie wollte nach Hause, keine Frage, aber was würde sie dort erwarten? Das Gleiche, wie vor ihrer Gefangennahme? Der selbe Trott, das selbe Versteckspiel?

Nein, das ergab keinen Sinn.

Anders dagegen, wenn sie sich in seiner Nähe befand. Ein Gefühl sagte ihr, dass es falsch von ihr wäre, jetzt zu gehen, außerdem wollte etwas merkwürdig Fremdes in ihr bei ihm bleiben.

Wie dumm und naiv sie doch war.

Rose schloss die Augen und versuchte ruhig zu atmen, ganz langsam wurde ihr bewusst, wovon dieses Gefühl ausging.
 

Ihrem Herzen.
 

Wie von selbst drehte sie sich um und schritt den Pfad zurück. Sie wollte bei ihm bleiben, wollte wissen, was er als Nächstes tat und erfahren, warum sich sein Wesen dermaßen verändert zu haben schien. Hoffentlich erwischte sie ihn noch. Nicht auszudenken, wenn er bereits wie vom Erdboden verschluckt wäre. Rose stolperte fast über ihre eigenen Füße, als sie an jenem Ort ankam, wo sich ihre Wege getrennt hatten. Leichter Nebel kroch über den Boden und ein Blick in die Baumkronen verriet ihr, dass es jeden Augenblick Morgen werden würde. Sanftes Licht fiel auf die Erde und die dunklen Blätter erlaubten ein Schattenspiel. Rose hätte diesem kleinen Naturspiel gerne ihre Aufmerksamkeit geschenkt, doch dafür hatte sie keine Zeit. Ihre blauen Augen suchten ihr Umfeld ab, schließlich spannte sich ihr Körper an. Rose hatte ihn entdeckt. Er saß hinter einem dicken Baumstamm und hatte ihr den Rücken zugewendet.
 

„Was willst du noch hier? Verschwinde.“
 

Rose zuckte kaum merklich zusammen und fragte sich unweigerlich, woher er wusste, dass sie es war. Unsicher ging sie einen Schritt auf ihn zu. „Hau ab!“ Seine Stimme war lauter geworden, der wütende Klang war nicht zu überhören. Doch Rose vernahm noch etwas anderes. Etwas, was sie noch nie bei einem Todesser bemerkt hatte.

„Scorpius, ich-!“

„Du sollst abhauen!“ Er klang zornig. „Bitte!“

Die junge Weasley ließ sich nicht einschüchtern und trat immer näher, es war egal, was er wollte. Ihr Herz schlug einen Takt höher und mit jedem Schritt näher war sie sich sicherer, dass er weinte. Unerschrocken ging sie vor ihm in die Knie und bemerkte, dass er die Arme um seinen Oberkörper geschlungen hatte, sein Blick war starr zu Boden gerichtet, weshalb sie ihm sanft das blonde gelöste Haar aus dem Gesicht strich und seine peinliche Schwäche erblickte.
 

Er umfasste ihr Handgelenk und sah auf. Tränenspuren zogen über seine Wange, doch er besaß genug Kontrolle über sich um seine Lippen zu einem matten Lächeln zu verziehen.

„Wieso tust du nicht, was ich verlange?“ Er klang müde und schloss gequält die Augen.

„Wieso erzählst du mir nicht, was dich so traurig stimmt?“, stellte sie die Gegenfrage.

„Ich bin nicht traurig“, wehrte er ab und schluckte hart. Er spürte die zarte Berührung des Mädchens und ließ es geschehen. Mit der freien Hand strich sie liebevoll durch sein Haar und er konnte nicht anders, als sie an sich zu ziehen. Hilflos vergrub Scorpius sein Gesicht in ihrem Bauch und atmete ihren Geruch von Waldblumen ein. Wieder entwichen ihm Tränen und er ließ es geschehen. Nein, er war nicht traurig, er war lediglich überfordert. Der junge Todesser spürte die Wärme der Weasley und versuchte zu vergessen. Doch es gelang ihm nicht.
 

Nie wieder würde er nach Hause zurück kehren können. Das Schloss des dunklen Lords hatte er für immer verlassen. Er war ein Verräter und irgendwann würde er auffliegen. Die gnadenlose Jagt auf ihn würde beginnen. Eine Jagt, die er nicht überleben würde. Er war gut, keinen Zweifel. Was duellieren anging, so hatte er lediglich gegen seinen Vater und seinen Bruder je den Kürzeren gezogen, doch es war noch etwas Anderes, was ihm zu schaffen machte. Sein Großvater war tot, der einzige Mensch, der ihn je so akzeptiert hatte, wie er wirklich war. Gleichzeitig traf ihn der Schock, dass seine Mutter einer der meist gesuchten Menschen der Welt war. Astoria Greengrass, eine der Anführer des Ordens. Er hatte sich nie groß Gedanken über sie gemacht, doch nach den Erinnerungen war ihm bewusst geworden, dass er viel von der jungen Frau geerbt haben musste, wenn er äußerlich nur nach seinem Vater schlug. Sein Interesse war geweckt, aber gleichzeitig hatte diese Erkenntnis ihm etwas genommen. Das Leben als Todesser würde nicht seine Zukunft sein.
 

Niemals.
 

Denn sein Herz schlug nicht im Einklang mit den Erwartungen anderer.
 

Der Stille dieses Klanges kann man bald folgen. In Form eines Sonnenuntergang.
 

Wütend und zutiefst gekränkt riss eine junge Frau mit langen roten Haaren die Tür zum Besprechungsraum auf. Das Versteck unter der Erde brachte einige entscheidende Nachteile mit sich, unter anderem den Gestank. Doch der große Vorsteil bestand darin, dass niemand hier unten in den Kanallöchern nach ihnen suchte. Mit den Monaten waren die Räume ein wenig sauberer geworden, ebenso geräumiger. Mit Magie hatte man sie gegen Überflutungen geschützt, auch wenn Molly nicht glaubte, dass es je zu solch einer heftigen Überschwemmung kommen würde, dafür wütete die Natur im Moment in einem anderen Bereich. Ihre hellen blauen Augen suchten den Raum ab und sie fand den Gesuchten mit drei weiteren Auroren beschäftigt über Karten diskutieren.

„Wir setzen hier und hier Wachen ein und beobachten die Lage. Wenn sich in zwei Wochen nichts tut, dann ziehen wir ab.“

„James Sirius Potter!“ Molly war sichtlich ungehalten und der Anführer der Russlandgruppe drehte sich noch nicht einmal zu ihr um.
 

Ihr langer Schatten zog an den feuchten Wänden entlang und sie schritt um die Gruppen von Kerzen, die den Raum erhellten. Die Auroren sahen sie unsicher an und James gab ihnen mit einem Wink zu verstehen, dass sie gehen konnten. Die Männer waren um einiges älter und erfahrener als er und doch hielten sie sich an sein Wort. „Hör auf hier rumzukreischen“, gab er schlecht gelaunt zurück und strich sich durch das dunkle Haar. Rauchend blieb sie hinter ihm stehen. „Weshalb schiebe ich wieder zwei Wochen Wache?“ Sie klang wütend und ihre Augen funkelten. „Das kann doch nicht Sinn der Sache sein! Wir müssen die verdächtigen Orte, wie Bürogebäude und U-Bahnschächte auch von Innen inspizieren! Kein Todesser wäre so dämlich und würde den Vordereingang benutzen! Schon mal was von apparieren gehört?“ Sie hatte sich so in Rage geredet, dass ihr entgangen war, mit welchem Blick er sie ansah.
 

„Du kennst meine Meinung darüber“, gab er knapp zurück und für ihn schien das Gespräch damit beendet. Doch Molly war noch lange nicht fertig. „Und du verschwindest seit einiger Zeit einfach! Niemand weiß, wo du bist und alle Welt macht sich Sorgen! James, das ist nicht richtig!“

Er lachte trocken. „Wer bist du, meine Mutter?“ Er drehte sich wieder um, damit er die Karte studieren konnte. „Nein, aber wenn du das nicht in den Griff bekommst, dann-!“

„Was dann? Rennst du zu meinem Daddy und petzt? Spar dir den Atem, Molly.“

Das Blut stieg ihr zu Kopf und sie spürte ihre Fingernägel, die sich in ihre Handfläche gruben, weil sie diese zur Faust ballte. „Du…!“ Sie suchte nach den richtigen Worten, zu sehr beherrschte die Wut sie. „Wie kannst du es wagen, du…!“

„Hurensohn und Klugscheißer? Sprich dich ruhig aus.“ Er schien gelangweilt und Mollys Hand zitterte, als sie nach ihren Zauberstab tastete. Gerade als sie ihren Zauberstab aus ihrem Umhang ziehen wollte, drehte er sich in Sekundenschnelle um und riss sie herum, sodass sie mit dem Rücken auf dem Tisch lag. Er besaß eine Kraft in den Armen, die sie stöhnen ließ, gleichsam der Schmerzen, die sie im Rücken verspürte.
 

Geübt drückte er ihre Arme mit einer Hand zusammen, sodass er die andere frei hatte und bedrohlich seinen eigenen Zauberstab in der Hand hielt. Unfähig, sich zu regen sah sie in sein gelangweiltes Gesicht. Die grüngrauen Augen, welche ihrem Onkel sehr ähnlich waren, sahen sie stumm an.

„Wage es nicht noch einmal, mich von hinten anfallen zu wollen.“ Es klang wie eine Drohung und Molly schluckte leicht. Dann ließ er ihre Arme los und tätschelte ihr leicht die Wange. Als wäre nichts gewesen, wendete er sich vom Tisch ab und machte kehrt. Molly konnte es nicht glauben. Noch immer raste ihr Herz, doch die Tatsache, dass er es gewagt hatte, sie auf den Tisch zu werfen, hatte sie für einen Augenblick sprachlos gemacht. Doch nun raffte sie ihre Kraft zusammen und versuchte ihm hinterher zu sprinten.

„James! Wir sind noch nicht fertig! Hör auf, mir ständig davon zu laufen!“ Doch er reagierte nicht. Stur schritt er an den Kerzen vorbei und sie holte ihn erst an der Tür ein. Gerade als sie ihn am Ärmel seines Pullis erwischte, fuhr er erneut herum.
 

Doch dieses Mal hatte sie bereits mit seiner Wehr gerechnet und war nicht einmal halb so überrascht und verblüfft wie eben. Allerdings nahm ihr dieses Mal etwas ganz Anderes die Luft zum Atmen. Bestimmt hatte er sie gegen die Wand gedrückt und seine rauen Lippen trafen ihre. Molly wurde schwindelig, weshalb ihre Hände sich in seinen Pulli gruben. Er strich durch ihr langes rotes Haar. Wollend öffnete er ihre Lippen mit der Zunge um sie zu schmecken. Endlich konnte er sich seinen Teil holen, den er bereits so lange verlangte. James verlor sich in ihrer Süße, sein Atem ging heftiger und er wollte augenblicklich mehr. Seine Hand fuhr zu ihrer Hüfte und sein Herz machte einen Sprung, als sie den Kuss erwiderte. James zog sie fester an sich und drängte sich gegen sie. Es war ein Feuer, welches nicht mehr zu löschen war, das sie miteinander verband. Wie oft hatte er ihr bereits nachgesehen und wie oft hatte sie ihn abgewiesen oder seine Worte nicht ernst genommen? Doch jetzt, da er sie spüren ließ, dass er sie von oben herab sah, schenkte sie ihm Aufmerksamkeit. Zwar in einer anderen Form, als er es sich gewünscht hatte, aber sie sah ihn.
 

Heftig keuchend löste Molly den Kuss, ihr Atem ging stockend und sie schob ihn ein wenig von sich weg. „W-Was tust du?“ Sie schien verwirrt.

„Das, was ich will“, flüsterte er rau. „Dich stört es, dass ich verschwinde, wie wäre es, wenn du die Frau wirst, die mich beglückt. Wir hätten schließlich beide was davon.“ Er spürte, dass ihre Hand zuckte und umfasste wissend ihr Handgelenk. Noch immer standen sie so quälend dicht beieinander. „Du bist widerlich!“

„Ich rede nicht von bedeutungslosem Sex, Molly.“ Ein bitteres Lächeln zitierte seine Lippen. „Ich spreche von mehr, etwas, was du dir noch nicht einmal vorstellen kannst.“ James ließ sie los und gab ihr Freiraum. An ihrem Blick konnte er sehen, dass sie tatsächlich nicht verstand. Der Potter wendete den Blick ab und verließ den Raum. Weshalb dachte sie nur immer, dass er sie als Zeitvertreib sehen würde, wo sie doch die einzige Frau war, die er wirklich besitzen wollte.
 

Als er durch die feuchte Kanalisation schritt und seine eigenen Schritte in seinen Ohren widerhallten, wurde James die Leere in seinem Herzen wieder bewusst. Der Krieg zerrte an seinen Nerven, aber auch an seinem Wesen. Seit er als Ersatzheld für seinen Vater her hielt, wünschte er sich nichts sehnlicher, als irgendwo ein bisschen Wärme und Vertrauen zu spüren. Etwas in ihm sagte ihm, dass Molly ihm genau dies geben könnte. James wusste nicht, ob er das Gefühl Liebe nennen sollte, was er für seine Cousine empfand, zumal sie bereits aus der selben Familie kamen. Gesetzlich würden seine Gefühle vielleicht erlaubt sein, aber moralisch würde kaum jemand dafür Verständnis haben, besonders Molly selbst nicht. James rieb sich über das Gesicht und versuchte seine Gedanken zu verdrängen. Angesichts der Tatsache waren sie unnötig und nutzlos! Es herrschte Krieg und er sollte sich nach Mollys Worten um mehr kümmern, als nur um Vermutungen.
 

Wie Recht sie hatte…
 

Verlieren, was gefunden war. Eine so ausgehöhlte Welt aufgehoben in einem Kompromiss.
 


 

„…bus…“
 

„Al…“
 

„Mens…. W…ch auf!“
 

„ALBUS!“
 

Mit einem Ruck saß er kerzengerade und sah in das erleichterte Gesicht seiner besten Freundin. Alice zog an seinem Arm und sprach: „Du musst sofort mitkommen!“

„Hä?“ Zu einem intelligenteren Kommentar war er am frühen Morgen noch nicht fähig und gähnte laut.

„Das heißt wie bitte!“, wies sie pieket drauf hin und zerrte weiter. Genervt erhob sich der Schwarzhaarige und bemerkte, dass die anderen beiden Jungen den Gemeinschaftsraum bereits verlassen hatten. Mehr oder weniger freiwillig ließ er sich mitzerren und stolperte mit offenen Turnschuhen und nur bekleidet in einer Jogginghose durch den Keller. Alice hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht und war in ihre Stiefel geschlüpft. Barfuss lief sie durch den langen Flur, bis hoch in das noch immer zerstörte Erdgeschoss.
 

„Du wirst es nicht glauben, aber der alte Mann hat sein Wort gehalten.“ Sie wurde immer schneller und Albus stolperte. Schließlich erreichten sie die einst so punkvolle große Halle und die grünen Augen des Schwarzhaarigen weiteten sich überrascht. „Bei Merlin… was…“

Er sah auf über fünfzig Hauselfen, die alle neugierig zu ihm auf sahen. Vollkommen verwirrt blickte er zu Louis und Fred, welche auf Steinen saßen. Die beiden Jungen zuckten nur mit den Schultern, weshalb Albus versuchte, das Chaos selbst zu lösen. Ein wenig irritiert ging er zögerlich auf die Hauselfen zu und sprach: „Ähm, guten Morgen.“

Sofort verstummten sie und sahen ihn schweigend an. „Könnte mir einer von euch… ähm sagen… warum ihr hier seid?“

Einer der vorderen Elfen trat auf ihn zu. „Mister Potter…“ Er verbeugte sich tief und holte Luft. „Wir hegen die Absicht, Hogwarts zu beziehen.“

„Hogwarts zu beziehen?“ Albus runzelte die Stirn und ein weiterer Elf trat vor. „Hogwarts ist unser Zuhause gewesen, Mister Potter… es soll es wieder werden… Professor Dumbledore hat versichert, Mister Potter würdet es aufbauen.“
 

„Zumindest bin ich dabei“, stimmte Albus zu und lachte unsicher. „Aber alleine gestaltet sich das Ganze als schwer.“ Er zeigte um sich.

„Lassen Sie uns helfen, Mister Potter“, sprach ein dritter Elf unterwürfig. „Mister Potter werden nicht enttäuscht sein!“

Ungläubig sah er die Elfen an. „Aber… ich kann euch nichts für eure Hilfe geben.“

„Das brauchen Sie nicht… wir bevorzugen es, sobald Hogwarts wieder unser zu Hause ist, die Küche zu beanspruchen.“

Ein Lächeln breitete sich auf Albus’ Gesicht aus. „Gerne! Jeder Zeit! Louis.“ Er winkte seinen Cousin zu sich. „Kannst du ihnen sagen, wo sie dir helfen sollen? Nicht, dass wir hinterher ein organisatorisches Chaos haben.“ Er klang so heiter, wie schon lange nicht mehr. Und als er sah, dass Louis die Elfen sofort postierte und diese augenblicklich mit ihrer Arbeit anfingen, bemerkte er zum ersten Mal die Morgenröte, die sich über den Himmel zog und ein romantisches Licht auf die weiten Felder der Ländereien warf.
 

Jemand zerzauste ihm die Haare und er sah auf Alice, die neben ihn getreten war und seinem Blick folgte. „Sieht so aus, als würde dein Traum langsam Form annehmen. Hast du dir eigentlich je Gedanken über das Zeichen gemacht?“

„Nein“, gestand Albus. „Ich ziehe es vor, zu improvisieren.“ Sein spitzbübisches Grinsen ließ auch Alice lächeln und das verräterische Gefühl in ihrer Brust verstärkte sich. Doch bevor sie antworten konnte, sprang Fred die beiden von hinten an und legte jedem einen Arm auf die Schulter. „Leute, ich finde, wir sollten Louis trotzdem nicht ganz alleine mit diesen Elfen lassen. Nicht, dass er aus Hogwarts ein neumodisches Museum macht. Mit ganz vielem künstlerischen Schnickschnack.“

„Als wenn er das wagen würde“, konterte Alice und löste sich von ihm. „Wie wäre es mit anziehen und dann Ärmel hochkrempeln?“

Fred und Albus tauschten einen vergnügten Blick aus, schließlich warf Fred ihr seine Hose über den Kopf und spazierte an ihr vorbei. Irritiert zog sich Alice das Stück Stoff vom Kopf und sah, wie er in Shorts an ihr vorbei schritt. Albus tat es ihm gleich und sofort verfärbten sich die Wangen des Mädchens hoch rot.
 

„Einmal bitte waschen!“, rief der Potterspross heiter und sie keifte: „In Eulenscheiße, ganz sicher!“
 

Antworten zu finden ist all die Fragen zu vergessen, die wir an unser Zuhause stellten. Illusionen des Sonnenlichts und das Betrachten einer Lüge werden mich warten lassen.
 

Scorpius blieb stehen, sein Blick glitt durch den Wald und Rose drehte sich zu ihm um. Seit Tagen waren sie unterwegs und hatten seit dem Beginn ihrer Reise nicht viele Worte miteinander gewechselt. Denn wenn, dann hatte sie die meiste Zeit über geredet. Belangloses und unwichtiges Zeug. Als sie gefragt hatte, ob sie aufhören sollte zu reden, hatte er sie gebeten es nicht zu tun. Dennoch war Rose unsicher geblieben. Seine Schweigsamkeit machte ihr Sorgen, doch er wollte nicht drüber reden, auch wohin sie gingen, wusste sie nicht. Jetzt, als er stehen blieb, hörte sie augenblicklich auf, von einem Buch zu reden, welches sie vor einer Ewigkeit gelesen hatte.
 

„Was ist los?“

„Hörst du das?“

Sie runzelte die Stirn und lauschte. „Ich höre nichts.“

„Genau das ist es.“ Er nahm seinen Blick von den Baumkronen und sah sie ernst an. „Wir sind seit vier Tagen unterwegs und ich habe noch nicht ein Tier gesehnen oder gar gehört. Was bedeutet, dass der Wald tot ist.“
 

Eine Gänsehaut fuhr über ihren Körper. Sie hatte schon oft gehört, dass manche Wälder leblos seit dem Krieg waren. Aber sie selbst befand sich zum ersten Mal in solch einem toten Wald.

„Lass uns hier Pause machen und das Lager aufschlagen.“

Überrascht sah sie ihn an und strich sich durch das zerzauste Haar. „Wir haben noch nie ein Lager aufgeschlagen und… es ist mitten am Tag.“

Scorpius reagierte nicht, sondern bog leicht nach links ab. „Dort gibt es einen See, wir könnten uns waschen.“

„Hey, Scorpius, ich rede mit dir!“ Sie lief hinter ihm her und der Boden unter ihren Füßen wurde matschig. Verwirrt registrierte Rose, dass selbst die Jahreszeiten und das Wetter in diesem Wald verrückt spielen mussten. Sie wollte gerade erneut schimpfen, als sie den großen See erblickte. Schwaches Sonnenlicht fiel auf das Wasser und es glitzerte wie tausend Diamanten.
 

Seit Langem hatte sie nichts so Schönes mehr gesehen und schluckte. Scorpius schritt selbstsicher zum Ufer und kramte dort in seiner Tasche herum. Innerhalb von Minuten erschien ein Zelt vor ihr und sie sah ihn nicht verstehend an.

„Es ist leider nicht magisch vergrößert. Aber alle Male besser als nichts. Drinnen sind Decken und eine Matratze“, murmelte er und Rose blieb neben ihm stehen. „Wenn wir Holz sammeln, können wir was zu Essen braten und wenn-!“

„Wohin gehen wir?“ Sie sprach diese Frage nicht um ersten Mal aus, doch wie zu erwarten war, antwortete er auch dieses Mal nicht. Rose seufzte, als er weiter auspackte und Material aus der Tasche zog, welches ihnen die Reise deutlich erleichtern würde. Und ganz langsam dämmerte Rose ein Teil des Geschehens.
 

„Du gehst nicht mehr zurück zum dunklen Lord“, stellte sie tonlos fest und er hielt kurz inne. „Deshalb hast du auch alles Mögliche dabei, was man zum Überleben braucht, oder?“

Die junge Weasley ließ sich neben ihm nieder ohne ihn anzusehen. Kurz sahen sie stumm auf den See und auf das Licht, welches ihnen einen kleinen Teil der Hoffnung gab. „Warum die Flucht?“

„Weil Etwas es mir unmöglich machte, zu bleiben.“

„Was?“
 

„Die Wahrheit.“ Scorpius sah sie an und wieder entdeckte sie den traurigen Ausdruck in seinen Augen. Irgendetwas war geschehen und noch immer wusste sie nicht, was ihm so zu schaffen machte. Rose zuckte noch nicht einmal zurück, als er durch ihr Haar strich und erneut ein schwaches Lächeln über seine Lippen glitt. Sie hatte jegliche Angst vor ihm verloren, stattdessen hatte sich das unbekannte Gefühl in ihrem Herzen verstärkt. Wenn sie sah, dass er sich quälte, wollte sie ihm helfen, wenn er lächelte, blühte etwas in ihr auf und wenn er voller Sehnsucht in die Ferne blickte, dann wollte sie wissen, was er sah.

Roses Gesicht erstarte, als sie in seinen goldenen Augen versank. Mit einem schmerzlichen Schlag in die Magengrube wurde ihr bewusst, wie sie das Gefühl für ihn einzuordnen hatte.
 

Sie hatte sich in ihn verliebt.
 

Eine erschreckende Tatsache, wo er doch so ganz anders als sie war. Ihre Ansichten gingen auseinander, ihre moralischen Vorstellungen ebenfalls. Doch trotzdem schlug ihr Herz schneller, wenn sie bei ihm war. Wenn er sie berührte, dann brannte ihre Haut und wenn er sie ansah, so wie jetzt, dann blieb die Zeit um sie herum stehen. Rose fragte sich, ob er ein ähnliches Gefühl für sie empfand, auch wenn sie es tief in ihrem Herzen bezweifelte.

„Tut mir leid“, sprach er ruhig und sie verzog unmissverständlich das Gesicht. „Verzeih, dass ich so schweigsam war.“ Sie sah, dass es ihn Kraft kostete, diese Worte auszusprechen, doch sie war bereit, ihm entgegen zu kommen. „Du kannst es wieder gutmachen, indem du mir sagst, wo wir hingehen und weshalb wir dort hin müssen.“

Scorpius seufzte tief, doch das Lächeln hatte noch immer nicht seine Lippen verlassen. „Neugieriges Mädchen.“

Rose erwiderte das Lächeln und erkannte dann, dass er müde wirkte. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen und sie wusste, dass es von dem erheblichen Schlafmangel kam, da er die Tage, die sie bereits zusammen auf Reise waren, so gut wie nie ein Auge zugemacht hatte.
 

„Wir sind auf dem Weg nach Hogwarts… ich muss zu einem Albus Dumbledore.“
 

Lass mich gehen und ich werde rennen und ich werde nicht schweigen. Lass mich gehen und ich werde rennen und ich werde nicht schweigen. Und Hoffnung bleibt zurück und dieser Krieg ist nicht vorbei.
 

Da ist ein Licht.
 

Da ist die Sonne.
 

Fortsetzung folgt…

Der Hirsch von Slytherin.

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.
 

.
 

Stolz ließ der junge Potter seinen Blick über das Erdgeschoss gleiten. Er befand sich in der großen Ankunftshalle und sah auf das Werk der Elfen. Albus war es vorgekommen, als hätten sie in Stunden geschafft, wozu seine Freunde und er Monate gebraucht hätten. Ein verräterisches Hochgefühl machte sich in seiner Brust breit, doch er wusste es nicht zu unterdrücken. Hogwarts erstrahlte in neuem Glanz und innerhalb einer halben Woche wäre es wieder in seinem ursprünglichen Zustand vorzufinden. Dunkelheit schlich über die Länderein und wie von selbst schienen die im Schloss verteilten Kerzen anzuspringen. Fasziniert beobachtete Albus die Lichter und schritt in die große Halle. Die einstigen Haustische standen wieder an ihrem ursprünglichen Ort, ebenso hang das Wappen Hogwarts’ an den hohen Wänden und Albus ließ seinen Blick zu dem großen Tisch am Ende der Halle gleiten. Irritiert trat er näher und strich sich fragend durch das dunkle Haar.
 

„Der Lehrertisch, Mr. Potter.“

„Sie schon wieder.“ Langsam bekam Albus das Gefühl, dass der Alte ihm auf Schritt und Tritt folgte. Der einstige Schulleiter blickte von einem großen Porträt aus auf den langen Tisch und der Jüngere konnte ein wehmütiges Lächeln beobachten. „Wie lange ist es her, als Sie dort zum letzten Mal gesessen haben?“, fragte er höflich und Dumbledore lächelte noch eine Spur breiter. „Meinen letzten Abend hatte ich im sechsten Schuljahr Ihres Vaters. Wie ich gehört habe, hat er seinen Kindern im Allgemeinen sehr wenig über sich erzählt.“

Albus zuckte mit den Schultern und setzte sich auf die Kante des Lehrertisches. „Mein Dad hat nie viel Zeit mit meinen Geschwistern und mir verbracht. Jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne. James kann zwar von sich aus behaupten, dass er die meiste Zeit mit Dad verbracht hat, aber das Meiste bezog sich auf Trainingsstunden.“
 

„Der Krieg nimmt uns vieles, was wir früher als selbstverständlich genommen haben“, seufzte der Alte und Albus konnte nicht anders, als ihm zu zustimmen. „Professor Dumbledore… ich habe da eine Frage an Sie…“

Freundlich sahen ihn die blauen Augen an, weshalb der Schwarzhaarige den Kopf schief legte und sprach: „Damals hatte der Orden des Phönix kein Zeichen, so wie es die Todesser heute haben. Ich frage mich, ob es angesichts… angesichts der momentanen Situation nicht sinnvoll wäre… wenn der Wideraufbau von Hogwarts ebenfalls eins hätte… aber ohne, dass es verraten würde, dass es tatsächlich eine andere Art von Widerstand gibt, der mit Hogwarts in Verbindung gebracht werden kann?“ Er wusste, dass er sich kompliziert ausdrückte, doch das eigentliche Problem war diesbezüglich ja auch kompliziert. „Na ja, ich dachte, es wäre vielleicht wirklich toll, wenn die Menschen da draußen wieder hoffen könnten und einige sich vielleicht auch daran erinnern würden, dass Hogwarts noch existiert, aber es sollte möglichst keinem Todesser auffallen.“
 

„Die Idee ist nicht schlecht, Mr. Potter“, erklärte Dumbledore, auch wenn der Jüngere deutliche Zweifel daraus hören konnte. „Nur schwer umzusetzen. Was wenn Sie sich auf die Farben der Häuser reduzieren würden?“

Albus dachte nach. „Die Farben, also Gryffindor, Slytherin, Hufflepuff und Ravenclaw. Das wären rot, grün, blau und gelb.“

„Haben Sie schon mal daran gedacht, Ihren Patronus in diese Farben zu tauchen?“

„Kennen Sie denn einen Spruch?“

„Mein lieber Junge, es gibt kaum etwas, was ich nicht weiß. Probieren Sie es doch mal mit Expecto Patronum Prassimus.“

Misstrauisch sah Albus ihn an und zog seinen Zauberstab aus seiner Umhangstasche. „Muss ich irgendwas beachten?“

„Sie müssen nur die Hand still und ausgestreckt halten.“
 

Albus konzentrierte sich, sein Herz klopfte heftig und er rief mit lauter Stimme: „Expecto Patronum Prassimus!“

Nichts passierte.

Entrüstet sah er den alten Mann an. „Sie sind ein Aufschneider!“, fluchte er und Dumbledore lachte vergnügt. „Nein mein Junge, Sie sind ein unsicheres Würstchen.“

Albus stutze. „Unsicheres Würstchen?“
 

„Ja, wenn der Klang Ihrer Stimme fester wäre und Sie an etwas denken, was Ihren sehr wichtig ist, dann wird dem Zeichen nichts mehr im Weg stehen.“ Albus wendete den Blick ab und sah auf die Spitze seines Zauberstabes. Dann schloss er die Augen und dachte an das, was eine große Bedeutung für ihn hatte. Er dachte an das Lachen seiner Mutter, wenn sein Vater sich für einige Tage zu Hause befand, Lily, wie sie wütend hinter ihm her schimpfte und James, wie er ihn zärtlich im Vorbeigehen die Haare zerzauste. Dann glitten seine Gedanken zu Dominique, der Duft von zarten Blumen stieg ihm in die Nase, silbriges Haar und strahlende Augen erschienen vor ihm und unwillkürlich musste er lächeln. Dies waren alles Dinge, Momente und Augenblicke die ihn unsagbar glücklich gemacht hatten und ihm etwas wert waren, doch wie er den Alten mittlerweile einschätze, musste sich die Vorstellung von etwas Wichtigem von all dem anderen abheben.
 

Seine Erinnerungen führten ihn weiter zurück, zurück an einen Abend, an dem er vollkommene Harmonie verspürt hatte. Es war einer der wenigen Nächte gewesen, die sein Vater bei ihnen verbracht hatte. Nur zu gut konnte sich Albus an das kleine Landhaus mit der Terrasse erinnern, die Dämmerung hatte eingesetzt, das köstliche Abendessen seiner Mutter war beendet gewesen und Glühwürmchen hatten der Nacht einen traumhaft schönen Anblick gegeben. James und Lily hatten zusammen die Schaukel am großen Baum in Beschlag genommen, während er über die Wiese des angrenzenden Waldes geschritten war, möglichst nahe bei den verspielten Lichtern in Form der Glühwürmchen. Lautlos hatte Albus sich, damals kaum sechs Jahre alt, im Gras nieder gelassen und diesem kleinen Naturschauspiel stumm beigewohnt. Seine grünen Augen hatten sich an die Lichter geheftet, die ihm in seiner kindlichen Naivität vorgegaukelt hatten, dass es sich um eine andere Form von Sternen handelte. Dann hatte er eine Bewegung am Waldrand vernommen und war erschrocken zusammen gezuckt.
 

Nicht weit von ihm, war ein stolzer Hirsch mit einem großen Geweih erschienen. Die Knopfaugen des Tieres ließen ihn nicht aus den Augen und Angst hatte den Körper des Kindes erfasst.

»Hab keine Angst, er wird dir nichts tun. « Die ruhige Stimme seines Vaters und die feste Hand auf seiner Schulter hatten ihm schlagartig ein Gefühl der Sicherheit gegeben. Eine Sicherheit, die er nie wieder verspürt hatte. »W-Woher willst du das wissen? «

Sein Vater hatte sanft gelächelt und erklärt: »Mein Patronus ist auch ein Hirsch, es ist als würde ich einem Freund begegnen und Freunde tun einander nichts. «

Die Erklärung war so simpel und einfach gewesen, dass sie ihm als Kind eine Antwort gegeben hatte, die er sein Leben lang nicht vergessen würde. Denn sein Vater hatte ihm gezeigt, dass man einander vertrauen konnte, auch wenn man sich nicht besonders lange kannte. Vertrauen war eine Sache des Herzens. Etwas, womit er noch nicht besonders gut umgehen konnte, aber wo er bereit war, einen Schritt nach dem nächsten zu tun.
 

„Expecto Patronum Prassimus!“
 

Wind kam auf und ein Patronus in Form eines stolzen Hirsches zischte aus seiner Zauberstabspitze. Leuchtend dunkelgrün hüpfte er durch die große Halle und verschwand, als Albus gerade realisierte, was er geschafft hatte. Freudig sah er zu dem alten Mann, doch dieser hatte nachdenklich das Gesicht verzogen. „Was ist?“

„Eine seltsame Mischung“, murmelte Dumbledore und Albus stutzte erneut. „Der Hirsch auf mich bezogen? Also, weil mein Patronus ein Hirsch ist?“, er klang zutiefst verunsichert.

„Nein, die Farbe und der Hirsch. Einst war der Hirsch ein Zeichen für Ihren Vater, schließlich ist sein Patronus als einziger ein Hirsch, doch die Farbe spricht vom Haus Slytherin.“ Etwas in Albus verkrampfte sich. „I-Ist das schlecht?“ Schließlich wusste er, was es mit diesem Haus auf sich hatte.

„Nein, eher im Gegenteil. Slytherin bedeutet ehrliche und treue Freundschaft, etwas, was zu Ihrem Charakter passt, Mr. Potter.“
 

Dumbledore lächelte freundlich, als er das verwirrte Gesicht des Jungen betrachtete. Etwas sagte ihm, dass er mit Albus Potter eine durchaus hellere Zukunft erreichen konnte, als er es je mit Harry in Erwägung gezogen hatte. Eine Tatsache, die ihm das nicht mehr schlagende Herz erwärmte. „Wie es aussieht, Mr. Potter, ist der Weg zu der Erfüllung Ihres Traumes nicht mehr weit.“
 


 

Du fingst meine Tränen in deinen Augen. Du gabst mir Kraft, Hallo zu sagen.
 


 

Der Wind frischte auf und zerrte an einem schmalen Körper, doch die junge Frau zeigte sich davon wenig beeindruckt. Ihr langes blondes Haar umrahmte ihr Gesicht und ihre wachsamen grauen Augen sahen auf den klaren See, wo vor weniger als einer Woche ihr Großvater beerdigt worden war. Eine alte Tradition der Todesser war es geworden, den Leichnam auf ein Floß, wie einst für Ritter und Könige im fernen Mittelalter, zu legen und diesen hinaus aufs Wasser treiben zu lassen, dann erst wurde er durch einen simplen Spruch angezündet. Claire Mirabelle Malfoy hatte die Bestattung verpasst. Bedauerlicher Weise war sie zu spät, da ein Auftrag hoch oben im Norden sie aufgehalten hatte. Ihr Herz wurde bei dem Gedanken an den alten Mann unendlich schwer. Es war nicht so, dass sie zu ihrem Großvater ein so inniges Verhältnis gehabt hatte wie ihr jüngster Bruder. Doch Colin hatte ihr stets das Gefühl vermittelt, dass er es nicht als eine Schande empfand, dass sie ihren Verstand benutzte. Sie hatte bereits früh festgestellt, dass Scorpius überdurchschnittlich intelligent war, denn sein logisches Denken hatte sich bereits im frühen Alter beim Schach bemerkbar gemacht.
 

Doch gegen sie kam er nicht an.
 

Eine Tatsache, die ihr jüngster Bruder lächelnd hingenommen hatte und ihr Großvater gelobt hatte, anders als ihre Eltern und Floyd. Ihr älterer Bruder hatte sie belächelt und sich über ihren Verstand lustig gemacht, während ihr Vater ihr verboten hatte, diesen in bestimmten Situationen zu benutzen und dass sie sich an Regeln zu halten habe. Ihre Mutter hatte nur mit den Augen gerollt und sie immer wieder spüren lassen, wie sehr sie ihr Wissen missbilligte, weshalb sie sich später nur noch nachts in die Bibliothek geschlichen hatte. Und hin und wieder war sie dabei heimlich auf Scorpius getroffen.

Das klare Spiegelbild des Waldes brach, da einige Blätter des angrenzenden Waldes sich auf der Wasseroberfläche nieder ließen. Claire zog ihren Mantel enger an sich und strich sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht. Erst vor ein paar Stunden hatte sie erfahren, dass Scorpius sich hatte versetzen lassen. Ihr schlauer Bruder. Weit weg von Floyd würde es ihm gewiss besser gehen, doch mit seinem Genie hätte er sich einen anspruchsvolleren Ort suchen sollen und keinen solch mickrigen Stützpunkt.
 

„Claire! Bei Merlin, wieso bist du in dieser schrecklichen Gegend fest gewachsen!“ Die müde und angespannte Stimme ihrer Mutter hallte zu ihr rüber und die blonde junge Frau sah sich um. Wie zu erwarten, erblickte sie ein Abbild der Eleganz und der Perfektion. Als Kind hatte Claire genauso sein wollen wie sie, stolz, erhaben und schön, doch mit zunehmendem Alter hatte sich ihr Weltbild verändert, genauso ihr Schönheitsideal. Ihre Mutter war schlank, fast schon zierlich. Sie dagegen eher kurvig und sehr fraulich. Früher hatte sie unter ihrer runde Hüfte und ihrem großen Busen gelitten, mittlerweile hatte sie sich damit abgefunden. Schließlich konnte ihre Bitterkeit auch nichts daran ändern. „Ich wollte mich noch einmal persönlich von Großvater verabschieden“, gestand sie ehrlich und erkannte ein leichtes Zucken um die schmalen Mundwinkel ihrer Mutter. „Bei allem Respekt, du weiß, dass wir heute nicht auf dich warten können.“ Sie schritt elegant über den Steg und strich ihr dann ungewohnt liebevoll über die Wange. „Schließlich warst du viel zu lange fort.“ Eloise lächelte warm.
 

Die junge Frau versuchte das Lächeln ebenso ehrlich zu erwidern, doch es misslang ihr kläglich.

„Lilith wartet übrigens auf dich, sie ist ganz wild darauf, dir die neusten Gerüchte zu erzählen.“ Mit einem Schmunzeln dachte Claire an ihre beste Freundin, welche sich nun auf eine Zukunft mit ihrem jüngsten Bruder vorbereitete. Sie wusste, dass Scorpius Lilith nicht liebte und es beruhte auf Gegenseitigkeit, doch ihre Freundin war bereit sich zu fügen, zumal Scorpius sie gut behandelte. Anders, als bekannte Todesser. Er schlug sie nicht, log sie nicht an und machte keine Versprechungen, die er nicht zu halten beabsichtigte. Ihr Bruder war ein Mann, der seiner Frau einen Liebhaber in der Ehe erlauben würde, mit der einzigen Einschränkung, dass die Kinder, die sie zur Welt brachte, von seinem Blut waren.
 

Eigentlich eine Tatsache, die sich Claire auch für sich selbst wünschte. Sie war nicht so naiv um zu erwarten, dass ihr Vater ihr einen Traummann heraussuchen würde. Nein, er würde nach dem besten Blut und der ältesten Familie vorgehen. Innerlich hoffte sie seit Monaten darauf, dass sie Richard bekam, denn schließlich war der beste Freund ihres Bruders ein Mann, der sie gut behandeln würde. Seine Heißblütigkeit auf sie war nicht zu übersehen und schmeichelte ihr auf eine gewisse Art und Weise. Zumindest so lange, bis sie daran dachte, dass noch genau fünf andere Männer zur Verfügung standen und die den Vorstellungen ihres Vaters entsprächen. Jugson, Carrow, Selwin, Travers und Parkinson. Besonders Letzter machte ihr zu schaffen. Sie kannte Elliott bereits, seit sie Kinder waren, früher war er still, wortkarg und auf seine Art verträumt. Doch jetzt als Erwachsener war er gezeichnet von Brutalität und Grausamkeit. Er war respektlos, selbstherrisch und jähzornig, eine Mischung die Claire Angst machte.
 

„Außerdem…“, riss Eloise sie aus ihren Gedanken. „… wollen wir doch deinen großen Abend nicht verpassen, denn dein Vater hat sich endlich entschieden, welcher Mann dir die Ehre erweisen darf.“

Ihr Herz schlug ungewohnt schnell und ihre Lippen wurden trocken. „Wer?“

„Das, mein Mädchen, erfährst du heute Abend. Er wird dir gefallen!“

Mit einem schlechten Gefühl ließ sich Claire von ihrer Mutter vom Steg führen. „Wird es eine Verlobungsfeier geben?“

„Nicht im eigentlichen Sinne. Dein Vater hat beschlossen, dass es angesichts des Todes deines Großvaters, dezent zugehen soll. Er will dir und deinem Verlobten die Möglichkeit geben, dass ihr erst für euch seid und euch aneinander gewöhnt und in einigen Monaten schließlich die geplante Zeremonie, die der dunkle Lord bewilligen wird, durchschreitet.“
 

Ihr Magen zog sich zusammen und doch versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen. Claire hob ihr Kinn und erwiderte stolz: „Dann wäre es wohl das Beste, wenn ich mich in meine Räume zurück ziehe und fertig mache.“ Und mit jedem weiteren Schritt, den sie vom See weg machte, machte sie einen neuen in Richtung Zukunft.

Eine Zukunft im goldenen Käfig.
 


 

Fandest mich gestrandet auf deiner Insel. Ich fühlte mich geborgen, angekommen.
 


 

„Wunderschön“, hauchte Rose leise und ihre klaren blauen Augen leuchteten, als sie das einst so zerfallene Schloss betrachtete. Sie konnte sich nur zu gut daran erinnern, dass Onkel George ihr erzählt hatte, dass Hogwarts von den Todessern verwüstet worden war, doch wie es aussah, hatte eine treue Seele sich still und heimlich daran gemacht, dem Schloss zu neuem Glanz zu verhelfen. Von Weitem hatten Scorpius und sie erst nur eine Ruine gesehen, doch je näher sie dem Gemäuer gekommen waren, umso deutlicher war ihnen geworden, dass das Schloss von einem Schutzzauber umgeben war. Zusammen schritten sie nun über die große Wiese und hielten ihre Zauberstäbe fest umklammert. Kurz sah das junge Mädchen auf den Todesser neben sich. Seine Augen waren wachsam und sie erkannte, dass er misstrauisch wirkte.

„Ob der Phönix Orden-!“

„Nein“, flüsterte Rose ruhig. „Sie haben nie versucht Hogwarts als Standort zu benutzen“, gab sie zu und als sie die mächtigen Treppen hoch stiegen und sich umdrehten, sahen sie über die freigegebene Landschaft.
 

„Hogwarts war eine Schule?“, wagte Scorpius zu fragen und Rose nickte. „Ja, meine Eltern und der Rest meiner Familie haben sie unter der Führung von Dumbledore besucht. Sie schwärmen regelrecht von der Zeit.“

„Mein Vater hat es nie erwähnt.“ Der Malfoy wendete leichtfertig den Blick ab und Rose fragte sich unweigerlich, was genau vor über einer Woche vorgefallen war, was ihm so schmerzte. Sie konnte förmlich die Last auf seinen Schultern sehen und hoffte, dass sie ihm bald einen Teil davon abnehmen konnte. Rose hob die Hand und wollte ihn berühren, ihm Trost spenden, doch als sie seinen ernsten und stolzen Gesichtsausdruck sah, ließ sie die Hand wieder sinken.

Sie vergaß.

Ein Malfoy brauchte keinen Trost, schon gar nicht von einer mickrigen kleinen Weasley. Eine Tatsache, die sie nicht bestreiten konnte.
 

Ohne etwas von ihren Gedanken mitbekommen zu haben, schritt Scorpius selbstsicher durch den Innenhof und betrat wenig später die Ankunftshalle. Kerzen spendeten Licht und er fühlte eine bislang unbekannte Wärme in sich aufsteigen. Die Umgebung war ihm vertraut, ebenso fühlte es sich vollkommen richtig an, dass er in diesen Ort eindringen durfte, ohne jemanden Rechenschaft schuldig zu sein. Sein Herz zog sich zusammen, als er jene Definition fand, welche seine Gefühle beschrieb.

Es war als würde er nach einem langen Tag nach Hause kommen. Der wachsame Blick des jungen Todessers glitt hoch zur Decke, er musterte die kunstvollen Zeichnungen, dann sah er auf die große Treppe und drehte sich einmal im Kreis. Das Schloss wirkte so ganz anders, als der Hauptsitz des dunklen Lords. Hell, freundlich und vor allem beschützend. Seine hellen braunen Augen sahen zu dem unsicheren Mädchen, welches noch in der gigantischen Tür der Ankunftshalle stand. Gerade als er etwas sagen wollte, wirbelte er herum.
 

„Expelliarmus!“, donnerte seine Stimme und ein Quicken ertönte. Überrascht sah er, wie ein dunkler langer Haarschopf hinter eine Statur sprang, doch bevor er sich mehr mit ihr beschäftigen konnte, nahm er auch schon eine Bewegung oberhalb der Treppe wahr und zielte. „Imobilius.“ Verwirrt erkannte er einen Jungen mit roten Haarschopf, der gänzlich erstarrt zu sein schien. „Was zum-!“, Scorpius kam nicht weiter, denn irgendetwas riss ihn von den Füßen. Er konnte sich gerade noch am Treppengelände abfangen und riss den Kopf herum, ohne zu wissen, auf wen er zielte, rief er: „Nox!“ Sofort gingen sämtliche Kerzen aus und hüllen die Halle in Dunkelheit. Höllisch konzentriert lauschte Scorpius den Schritten und fand schnell heraus, dass sich insgesamt noch zwei weitere Menschen irgendwo hier befanden, denn das Mädchen hatte einen beißenden Schluckauf. Wahrscheinlich vor Angst und regte sich links von ihm nicht. Die Schritte kamen näher, einer von beiden stieß sich den Zeh und stöhnte mit zusammen gebissenen Zähnen und Scorpius grinste.

Er hatte ihn. „Lumus Maxima!“ Ein Junge schrie und ging zu Boden, er hörte den anderen laufen und wendete sich. „Verkestatum!“ Er wollte den anderen an die Wand schleudern, doch der letzte schien ein wenig schneller zu reagieren, als seine drei Mitstreiter.
 

Ein Schutzschild erschien und wehrte seinen Zauber ab, Scorpius war überrascht und erzeugte mit Protego ebenfalls ein Schutzschild um eine Rüstung abzufangen, welche auf ihn zu raste. „Levicorpus!“ Sein Gegner wurde am Knöchel in die Luft gerissen und Scorpius hörte etwas klirren, der Zauberstab war seinem Angreifer wohl aus der Hand gefallen. Der junge Todesser versuchte sich innerlich zu beruhigen, da das Adrenalin in seinen Kopf geschossen war. Betont wachsam lauschte er den Geräuschen, nichts. Es befanden sich genau fünf Leute in der Halle, einer davon war Rose und sie schien vor Schreck wie erstarrt zu sein. Scorpius’ Körperhaltung entspannte sich und er brachte mit einem leichten Schwenker seines Zauberstabs, die Kerzen wieder dazu sich anzuzünden.

„Scorpius, ist alles in Ord- Louis?“ Rose wollte auf ihre Begleitung zu laufen, als sie den blonden Jungen am Boden entdeckte, der sich verzweifelt und stöhnend die Augen rieb. Ihr Blick glitt zur Decke. „Albus?“, dann zur Treppe. „Fred? Bei Merlin was-!“
 

„Rosie!“ Jemand stürzte sich in ihre Arme und die junge Weasley. „Alice?“ Nun war sie gänzlich sprachlos und strich sich durch das rotbraune Haar. „Wir dachten, du bist bereits tot oder irgendwo auf der Welt verschleppt worden und-!“ Die Dunkelhaarige redete wie ein Wasserfall. „Albus wollte Hogwarts wieder aufbauen, doch es was schwierig. – Niemand weiß wo wir sind, alle denken, das wir – WAS MACHST DU HIER?“

„Ähm… ich begleite jemanden.“ Sie nickte zu Scorpius und Alice riss den Kopf herum. Ihre Augen weiteten sich. „Du begleitest einen Todesser?“ Ihre Stimme schien sich vor Angst zu überschlagen und sofort stellte sie sich beschützend vor ihre Freundin. Ihr Blick wurde grimmig und Rose spürte, dass Alice die völlig falschen Schlüsse zog.

„Alice… Scorpius ist anders, als du glaubst.“ Sie schritt an ihrer Freundin vorbei, auf den blonden Jungen zu. Ein unsicheres Lächeln lag auf ihren Lippen. „Ähm… der Junge dort oben ist mein Cousin Albus“, erklärte sie und konnte erkennen, dass die Mundwinkel ihres Gegenübers zuckten. „Der Junge, der sich da hinten nicht mehr bewegen kann, ist ebenfalls mein Cousin, Fred… und dies ist Louis…, das Mädchen Alice, meine beste Freundin.“
 

„Jagen sie mir einen Fluch auf den Hals, wenn ich sie los lasse?“, fragte Scorpius ruhig, denn er wusste, dass wenn Gefahr bestehen würde, er sie jeder Zeit wieder außer Gefecht setzen könnte. Rose sah zu Albus. „Würdet ihr?“

„Verdammt! Ja natürlich!“

„Albus.“ Sie klang tadelnd und sah ihren Cousin wütend an.

„Er ist ein Todesser!“

„Und du eine Witzfigur, bist du jetzt fertig?“ Sie sah, dass er beleidigt war und erklärte: „Scorpius hat mich aus dem Stützpunk des dunklen Lords geschmuggelt und mich gut behandelt. Er hat verhindert, dass ich getötet wurde!“ Ihre Stimme war laut und eindringlich. „Er hat mir zudem die Wahl gegeben, wieder nach Hause gehen zu können, aber ich bin freiwillig mit ihm weiter gezogen, also erweist ihn bitte ein bisschen mehr Höflichkeit!“

„Lass nur Rose, ich bin es gewohnt“, winkte Scorpius ab und ließ den Zauberstab sinken. Albus raste fünfzehn Meter in die Tiefe und kreischte wie am Spieß. Gerade noch rechtzeitig konnte Rose ihren Zauberstab zücken und den brutalen Sturz aufhalten. Einen halben Meter über dem Boden kam ihr Cousin gerade noch zum Innehalten und keuchte erleichtert. Fassungslos starrte sie den Blonden an und wollte ihn gerade zurecht weisen, als sie sah, dass er sich zu Louis runter beugte, der noch immer mit den Folgen des hellen Lichtes zu kämpfen hatte und sich die tränenden Augen rieb.
 

Scorpius zog etwas aus seiner schmalen Ledertasche und schien eine Art Salbe auf die Augenlieder aufzutragen, sofort stöhnte Louis leise auf, doch als Rose näher trat, sah sie, dass Louis bereits wieder in der Lage war, seine Lieder schwach zu heben.

„Danke“, murmelte er gepresst und Scorpius zuckte mit den Schultern, dann erhob er sich wieder. Innerlich raufte Rose sich die Haare, die Situation schien so absurd und doch realistisch, dass sie nicht anders konnte. „Wisst ihr, wo ich einen Professor Dumbledore finde?“

Albus rappelte sich mühsam auf und sah den blonden Todesser feindselig an. „Was willst du von ihm?“

„Mit ihm über etwas Wichtiges reden“, erwiderte Scorpius knapp, denn er spürte, dass sich der Schwarzhaarige sträubte, ihm zu sagen, wonach er suchte. „Es ist etwas Privates.“

„Nun…“ Albus schritt auf ihn zu und merkte, dass Fred wachsam seinen Zauberstab hob. „… dann hoffe ich, dass es nicht so privat ist, dass wir deinen Ausführungen nicht lauschen dürfen.“ Er mochte es nicht, wenn jemand aus dem Nichts auftauchte und tat, als würde sich die Welt um ihn drehen. Sein Instinkt sagte ihm, dass der junge Todesser vor ihm genau zu jener Sorte Mensch gehörte.
 

Der Blonde zuckte mit den Achseln. „Von mir aus. Ihr werdet es eh nicht weiter erzählen.“

„Was macht dich da so sicher?“, empörte sich Alice und ihre Augen blitzen gefährlich. Scorpius ließ sich zu einem arroganten und selbstgefälligen Lächeln herab. „Weil ich euch vorher unter die Erde bringen werde, wenn ihr einen Gedanken dran verschwendet, zu quatschen.“
 


 

Liebe bist du, alles so zu sehen, wie du es siehst. Neben dir aufzuwachen, dir alles zu geben zu, was ich bin. Du lässt mich in unbekannte Tiefen tauchen, ich schloss meine Augen, lernte zu sehen.
 


 

Unsicher sah Claire ihren Vater an. Nach einem langen ausgiebigen Abendmahl zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Mutter, hatte ihr Vater sie ins Lesezimmer rufen lassen. Normalerweise hielt sie sich überwiegend mit Scorpius in diesen vier Wänden auf. Bereits in der Kindheit hatten sie oft zu zweit am Kamin gelegen und sich gegenseitig Geschichten oder Anwendungen für bestimmte Zauber vorgelesen. Doch nun, in einem engen schwarzen Kleid, mit Korsage und welligen offenen Haaren, wusste sie, dass sie jeden Moment ihrem Verlobten gegenüber stehen würde.

„Ich hoffe, dir ist bewusst, wie wichtig der heutige Tag ist, Claire.“

„Das ist der Tag, an dem ich meinen Verstand gänzlich ausstellen soll“, murmelte sie und sah, dass Draco sie warnend ansah. „O Vater!“, begann sie wie so oft. „Ich weiß, du willst nicht mehr darüber diskutieren, aber ich verstehe immer noch nicht, warum ich mich in bestimmten Situationen dumm stellen soll! Was ist so schlimm daran, dass mein Wissen ein bisschen…“, sie suchte nach den richtigen Worten und Draco half ihr bereitwillig aus. „Inakzeptabel ist?“ Seine spöttischen Augen begegneten ihr und Claire schwieg. „Wir haben schon hundert mal darüber diskutiert und ich werde den alten Kram nicht noch mal aufwärmen“, entgegnete Draco gereizt. „Fakt ist, dass ich etwas von dir erwarte und du diesen Erwartungen gerecht werden wirst.“
 

„Wer ist es?“, wollte Claire wissen und reckte das Kinn. „Wenn ich mich schon wie ein dummer Flubberwurm verhalten soll, dann sollte er es auch wert sein.“

Draco lächelte bitter und ließ sich in seinem dunkelgrünen Ohrensessel nieder. „Jemand aus besten Kreisen, dem ich durchaus zutraue mit dir fertig zu werden. Er genießt einen ausgezeichneten Ruf, das Vertrauen des dunklen Lords und seine Zukunft verspricht viel versprechend zu werden. Alles in einem also ein Mann, dem du Respekt zu zollen hast.“

Claire biss sich auf die rot geschminkte Unterlippe. „Ist er viel älter als ich?“

„Falls du denkst, ich verheirate dich an einem Greis, dann nein. Sein Alter befindet sich im Toleranzbereich.“ – was so viel hieß, dass sie durchaus auf einen jüngeren und noch nicht ganz so brutalen Jungen hoffen konnte. „Also?“

„Was?“

„Hältst du dich an das, was wir vor deiner Abreise abgemacht haben? Ich schwöre dir Claire, wenn ich nur ein Wort der Klage über dich höre, dann werde ich nicht davor scheuen, dir persönlich die Strafe aufzuhalsen!“ Es war eine ernst gemeinte Drohung.
 

Leicht schüttelte die junge Frau den Kopf und sah ihren Vater in die sturmgrauen Augen, welche ihren so ähnlich waren. „Nein, ich werde mich wortlos fügen“, versprach sie und Draco nickte zufrieden. Dann stand er auf und strich eine weiche Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Einen Augenblick lang hatte Claire das Gefühl, dass er sie zärtlich und liebevoll ansah, doch dann zog wieder die eisige Maske über sein Gesicht. „Er erwartet dich in den Räumen, die euch der dunkle Lord als eure eigenen hat zukommen lassen. Südturm.“

Sie nickte knapp und wendete sich ab. Möglichst stolz und unerschrocken verließ sie ihre Familie, die einst schützend die Hand über sie gelegt hatte. Während sie die dunklen Gänge entlang schritt und das lange schwarze Kleid ihre Beine umspielte, bemerkte sie, dass eine Gänsehaut über ihre nackten Schultern kroch. Doch sie ignorierte das beklemmende Gefühl und straffte die Schultern. Sie war eine Malfoy, sie hatte keine Angst zu haben. Mit jedem weiteren Schritt, den Claire machte, versuchte sie ihr heftig schlagendes Herz zu beruhigen.
 

„Weshalb machst du dir den Kopf“, murmelte sie leise. „So lange es nicht Parkinson ist, kannst du doch mit allem leben.“ Sie versuchte sich selbst Mut zu machen, denn schließlich gab es nur einen Mann, mit dem sie eine Zukunft voller Angst erleben würde und warum sollte ihr Vater ausgerechnet jenen Mann für sie aussuchen? Höchst unwahrscheinlich. Claire hatte die Tür, welche die Gemächer vom Flur trennte, erreicht und stieß diese mit leichtem Kraftaufwand auf. Im ersten Moment erblickte sie lediglich einen großen Raum, durch hunderte von Kerzen erleuchtet. Warme Farben an den Wänden vermischten sich mit den dunklen der Möbel. Fast lautlos trat die junge Frau ein und sah sich um. Geschmack schien ihr Verlobter schon einmal zu beweisen, fragte sich nur, wie es mit seinen Umgangsformen aussah. Neugierig sah sich Claire um und schritt um die großen Ledersessel, sowie um den gigantischen Schreibtisch, welcher an den hohen Fenstern stand. Ihre Augen suchten die ausgebreiteten Unterlagen ab. Schließlich nahm sie ein Pergament zur Hand und suchte nach dem Abbild des Familienstempels.

„Nein!“, flüsterte sie tonlos, ihre grauen Augen weiteten sich. Ihr ganzer Körper gefror zu Eis und ihr Herz krampfte sich zusammen. Nein, dass konnte nur ein schlechter Scherz sein.
 

„Ich sehe schon, pure Begeisterung breitet sich in dir aus.“
 

Ihr Kopf ruckte nach rechts und dort erblickte sie jenen verhassten Mann, von dem sie sich die letzten fünf Wochen erfolgreich hatte fernhalten können. Die Haltung der jungen Frau spannte sich an. Mit emotionsloser Miene musterte sie den Mann, der mit jedem weiteren Schritt näher auf sie zukam. Das bronzefarbende Haar stand leicht ab und seine tief dunkelgrünen Augen musterten sie mit Schalk. Um seinem Blick nicht zu begegnen, besah sie sich seine schlichte dunkle Kleidung.

„Du bist ein Witz, Parkinson.“

„Und du mein zukünftiger Bettwärmer, Mirabelle.“

Etwas in ihr spannte sich an, schließlich war er der Einzige, der sie je mit ihrem Zweinamen ansprach. Als er vor ihr stehen blieb, bemerkte sie, dass er sie um einen ganzen Kopf überragte. „Was hast du vor?“, wollte sie wachsam wissen und er schmunzelte. „Ich habe nur mein Versprechen wahr gemacht. Erinnerst du dich?“

„Nein“, sprach sie schlicht, wohl wissen, dass sie log. Nur zu gut erinnerte sie sich an jene Nacht, als sie aneinander geraten waren, weil sie nicht die gleiche Meinung vertraten. Er hatte es gewagt mit einer ihrer Freundinnen zu spielen und sie dann seinen Freunden zu übergeben.
 

Eine größere Schmach gab es für einen Todesser nicht. Isalie hatte Wochen gebraucht um sich von dieser Schmach zu erholen und als Claire davon erfahren hatte, hatte sie versucht ihn vor seinen gesamten Freunden bloß zu stellen, indem sie ihm ins Gesicht geknallt hatte, dass er gemäßigt seines Standes seit diesem Vorfall jegliche Mädchen aus höherem Hause verjagt hatte und sich mit einer Frau aus der unteren Gesellschaft zufrieden geben werden müsse. Da niemand seinen eingeschränkten Horizont ertragen könnte. Er war zum Gespött der Woche geworden und wie sie voraus gesagt hatte, waren alle Töchter aus höheren Hause gegen ihn abgeneigt. Nicht, dass er schlecht aussah, keineswegs. Doch seine Art zu denken machte den meisten Angst, denn niemand konnte je mit Sicherheit sagen, was er als nächstes tun würde, dafür war er zu undurchsichtig. Zu undurchschaubar.

„Ich habe dir gesagt, dass es mir egal ist, was die höheren Töchter von mir denken, da ich am Ende sowieso dafür sorgen würde, dass du die Beine für mich breit machst.“ Ein Schauer lief über ihren Rücken, als er vor ihr zum Stehen kam und ihr nackter Rücken die kühlen Fensterscheiben berührten.
 

„Ich weiß von dem Versprechen, was du deinem Vater gegeben hast, Mirabelle. Du wirst dich meinen Worten niemals widersetzen, ich werde es zudem nicht dulden, dass du etwas tust, was meinen Vorstellungen nicht entspricht.“ Seine klaren Augen sahen in ihre und sie versuchte sich von ihrer Angst nichts anmerken zu lassen. „Mag sein“, erwiderte sie so kühl wie sie es als eine Malfoy gelernt hatte. „Jedoch gehst auch du nicht ohne Einschränkungen in diese Verbindung.“

Elliott lächelte abwerten. „Oh glaub mir, die kleine Einschränkung nehme ich gerne in Kauf.“

„Darf ich wissen, welche du mit meinem Vater ausgemacht hast?“ Wieder grinste er selbstgefällig und Claire wünschte sich, nicht gefragt zu haben. Er stützte sich seitlich von ihr ab und kam ihr somit gefährlich nahe. „Ich soll in meiner Ehe mit dir keine Bastarde zeugen. Scheint, als habe er Angst, dass du mich langweilen könntest.“ Er sah an ihrem Körper herunter und sie roch Rauch und leichten Alkohol. „Aber ich bezweifele es mit ruhigen Gewissen, mit Recht oder Mirabelle?“
 

Sie schnappte nach Luft, als sich seine kalten Hände auf ihre Hüfte legten. „Ich zweifle“, brachte sie hochnäsig hervor. „Schließlich gehen deine Vorlieben Richtung klapperdürre Dummchen und damit bist du leider bei mir falsch.“

Noch immer hatte sie ihm dieses widerwärtige Grinsen nicht aus dem Gesicht wischen können, er wurde nur unverschämter. „Falsch. Du verwechselst mich mit deinem verehrten Bruder.“ Er ließ sie wieder los und ging ein paar Schritte zurück. Leicht neigte er seinen Kopf nach rechts und betrachtete sie, seine Miene wurde ernst, doch in seinen Augen konnte sie einen merkwürdigen Glanz ausmachen. „Heute in vier Tagen ist Vollmond. Ich erwarte dich in meinen Gemächern und wage es nicht dich zu drücken.“

Claire reckte erneut das Kinn und warf sich die Haare über die Schultern. „Wie der Herr es wünscht!“ Sie legte möglichst viel Hohn und Spott in ihre Stimme, doch es schien ihn nicht zu berühren. Zufrieden grinste er wieder und verließ rücklings das Zimmer. „Und denk daran, Mirabelle. Wenn ich komme, ist jeglicher Fetzten Stoff von deiner Haut, also mach dir nicht die Mühe dich anzuziehen.“
 

Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.
 


 

Liebe bist du, du verzauberst die Welt, wie ich es nie erlebte. Schönheit umgibt dich, Liebe bist du. Und ich weiß, dass es deine Wege sind. Sieh hin, ich folge dir.
 


 

Scorpius spürte die Musterung des alten Mannes, welcher von seinem Porträt auf ihn herunter sah, auch die Blicke im Nacken, von Roses Familie brachte ihn jedoch nicht aus der Ruhe.

„Nun denn, Sie haben nach mir verlangt?“, begann Albus höflich und bemerkte die Wachsamkeit des Jungen. Ein zartes Lächeln schlich über die jungen harten Lippen. „Ja… ich soll Ihnen etwas mitteilen, also eine Nachricht zukommen lassen, sie schien wichtig zu sein.“

Hinter Scorpius warfen sich Albus und Rose einen nicht verstehenden Blick zu, dann blickten sie den einstigen Schulleiter fragend an.

„Nun denn, dann lassen Sie sich nicht aufhalten“, sprach Dumbledore und die weisen blauen Augen blitzen hinter der Brille hervor. Der blonde Junge holte tief Luft, dann sprach er: „Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren von Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir ungefragt gehen.“ Scorpius kannte die Bedeutung der Worte nicht, doch für seinen Fordermann schienen sie eine zu haben.
 

Die Miene des alten Mannes blieb stehen, er musste sich im Porträt setzten, dann sah er Scorpius erneut an. „Er ist tot… Colin Goodale?“

„Ja“, bestätigte er trocken und spürte erneut, wie sich sein Herz zusammen schnürte. Einen Augenblick lang sagte niemand etwas, die ganze Halle schwieg. Schließlich durchbrach Dumbledore sie und murmelte etwas in seinen Bart. Er besah sich den fremden Jungen erneut. „Scorpius… der Jüngste“, merkte er unwichtiger Weise an. „Weshalb sind Sie hier?“

„I-Ich hielt es nicht… für richtig, dort zu bleiben… wo ich war“, begann der junge Todesser zögerlich und erntete ein Schnauben von Albus. „Ach und weshalb? Weil dir aufgefallen ist, dass deine Sippe von Mördern dir nicht mehr brutal genug sind?“

Scorpius ließ sich nicht provozieren, sondern sah kurz auf seine Hände. Dann sprach er aus, was ihn bereits als Kind verfolgte. „Ich möchte Antworten. Antworten auf zu viele offene Fragen.“

„Weshalb?“, mischte sich nun auch Louis ein. „Um einen Weg zu finden, Onkel Harry zu töten, damit der dunkle Lord die Macht an sich reißt?“
 

„Nein“, widersprach Scorpius und drehte sich halb um. „Ich will wissen, was es für ein Gefühl ist Freiheit und Unendlichkeit zu spüren, ich will wissen, wie es ist, wenn man durch Londons Straßen geht, ohne mit einem Angriff zu rechnen. Ich will sehen, wie sich Hogwarts’ Mauern wieder mit Krach und Lärm von Schülern füllt, ich möchte das Ministerium betreten und mit jedem Schritt die Gerechtigkeit in diesem zentralen Stützpunkt spüren und ich will…“, er holte Luft und seine hellen braunen Augen sahen fest in Albus grüne. „… ich will wissen, wieso so viele Menschen ihren Glauben an Hoffung verloren haben, während andere täglich dafür ihr Leben riskieren.“ Scorpius sah wieder zu Dumbledore. „Mein Großvater schickte mich zu Ihnen, weil er mir kurz vor seinem Tod Antworten versprach und ich hoffe, dass Sie nun in der Lage sind, sie mir zu geben.“

Hinter den halbmondförmigen Brillengläsern strahlten die blauen Augen, doch bevor Dumbledore etwas sagen konnte, kam ihm Albus zuvor.
 

Er trat einen Schritt vor und sprach: „Wie heißt du?“

„Scorpius Hyperion Malfoy.“

Albus musterte den Jungen, der in etwa so alt wie er sein musste. „Wenn du wirklich Antworten auf all deine Fragen haben willst… weißt du, was dies bedeutet?“

„Einen Verrat an meine Seite, ja. Der Tatsache bin ich mir durchaus bewusst.“

Dumbledore sah vergnügt in die Runde, dann blickte er zu Albus. „Mr. Potter, es kommt eine Menge Arbeit auf Sie zu und noch dazu eine wahrscheinlich große Bereicherung für Ihre kleine Heldentruppe.“

Albus schien nicht halb so zuversichtlich wie sein Namensgeber und warf dem Blonden einen abfälligen Blick zu. „Sollte das ein Trick sein, dann lass dir gesagt, dass ich keine Möglichkeit offen lassen werde, um dir im Schlaf die Kehle aufzuschlitzen.“ Dann drehte er sich um und verließ die Halle mit wehendem Umhang. Scorpius sah ihm nach, sein Herz machte einen Sprung, denn er hatte einen Ort gefunden, an dem er einige Zeit lang bleiben konnte und wer wusste, ob er nicht von hier aus eine Möglichkeit fand, seine Mutter zu finden.
 

„Keine Sorge, Potter. Ich werde dir keine Möglichkeit geben.“
 

Fortsetzung folgt…

Blutroter Seeadler.

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Denke über die Generationen nach und darüber, zu sagen, dass wir für unsere Kinder und Kindeskinder die Welt verbessern wollen. So dass sie wissen, dass sie in einer besseren Welt leben und darüber nachdenken, ob sie sie verbessern können.
 


 

„Du willst ein Zeichen setzten?“ Scorpius hatte versucht sich in den letzten drei Tagen einzugewöhnen und letztendlich war er erst am heutigen Abend genau dahinter gekommen, was Albus Severus Potter eigentlich plante. Jedoch nur, weil es diesem Rothaarigen – Fred, wenn er sich richtig entsann, rausgerutscht war. Nun befanden sie sich alle in der Küche der Hauselfen und nahmen das Abendessen zu sich. „Ein Zeichen, was Hoffnung spendet und von Widerstand spricht?“

Peinlich berührt sprang Albus auf und der Tisch wackelte gefährlich, weshalb Louis, Fred und Alice nach den Bechern griffen. Rose dagegen verdrehte bei so viel kindischem Verhalten nur die Augen. Seit ihrer Ankunft versuchte sie Scorpius dabei zu helfen, sich mit ihrer Familie zumindest ein ganz kleines Bisschen anzufreunden, doch jeder Versuch war bislang fehlgeschlagen.
 

Alice war freundlich zu ihm, wenn auch ein wenig kühl. Louis schloss sich ihr an, nur dass er Scorpius die meiste Zeit des Arbeitens ignorierte. Fred schien der Einzige zu sein, der sich ein wenig für den Todesser erwärmen konnte, denn sie hatte des Öfteren gesehen, wie Fred versuchte Scorpius in ein Gespräch zu verwickeln, während sie zusammen dabei waren, das Dach des Westturmes zu errichten. Es schien, als würden sie sich ganz gut verstehen, auch wenn sie sich die meiste Zeit über Feuerwerkskörper unterhielten. Immerhin hatte Fred bereits ein Lächeln aus ihm herausgelockt.
 

Ganz anders dagegen Albus. Jeden Abend, wenn alle Arbeit erledigt war, forderte er Scorpius zu einem Duell auf, welches sie meist draußen auf der großen Wiese bestritten. Bislang hatte ihr Cousin immer den Kürzeren gezogen und sie fragte sich unweigerlich, warum er es nicht langsam bleiben ließ, sich von Scorpius in den Dreck schubsen zu lassen. Jedoch konnte sie nicht bestreiten, dass Albus Fortschritte machte und sie wurden von Tag zu Tag sichtbarer, weil der junge Malfoy nach jedem Kampf die Geduld aufbrachte, ihrem Cousin die verwendeten Flüche zu erklären. Doch noch immer schien Albus ein gewisses Misstrauen gegen ihn zu hegen.
 

„Jetzt fang bloß nicht an, dich über mich lustig zu machen!“

Scorpius runzelte die Stirn. „Machst du Witze? Ich finde die Idee genial!“ Sämtliche Köpfe ruckten zu ihm und er zuckte mit den Schultern. „Na ja, sein wir doch mal ehrlich. Seit Monaten gab es keine Aktion mehr vom Phönix Orden, selbst der dunkle Lord ist mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass er sie alle zerschlagen hätte. Es wäre mehr als erfreulich, wenn Potters Streich aufgehen würde.“
 

Fred grinste und zögerlich setzte Albus sich wieder.

„Da gibt es nur ein Problem, das Al bislang außer acht gelassen hat“, wies Louis wieder auf den Boden der Tatsachen hin. „Wie soll er ein Zeichen des Widerstands setzten, wenn er nicht weiß, wo ein kleiner schwacher Punkt deiner Todessersippe zu finden ist.“

Scorpius Lippen umspielten ein wissendes Lächeln und Rose fragte sich unweigerlich, was sein eigentliches Ziel sein mochte. Er erhob sich und sprach: „Potter, lässt deine Arroganz es zu, dass wir uns kurz unter vier Augen unterhalten?“
 

Rose sah, dass Albus' Augenbraue zuckte, schließlich willigte er ein und die beiden jungen Männer verschwanden aus der Küche. Louis Blick folgte den beiden und er erhob sich zeitgleich mit Fred.

„Was habt ihr vor?“, wollte Rose sofort wissen und ihre Cousins sahen sie durchdringlich an.

„Nur für den Fall, dass dein Todesser vorhat, aus Al ein dunkles Mal zu machen… wir wollen sprungbreit sein, falls es zwischen den beiden eskaliert.“

Innerlich seufzte die Rothaarige, doch die Bedenken konnte sie ihrer Familie nicht verübeln. „Nur für den Fall, dass es tatsächlich eskaliert…“, spielte sie das Spielchen mit, „… ihr glaubt doch nicht wirklich, dass ihr in der Lage seid, Scorpius Schachmatt zu setzten? Denn nach allem, was ich vor einigen Tagen gesehen habe, seid ihr punkto duellieren echt lausig.“ Statt sich provozieren zu lassen verließen die beiden Jungen die Küche und sie blieb mit ihrer besten Freundin alleine zurück. Alice beugte sich leicht vor und umschloss ihre Teetasse.
 

„Empfindest du etwas für Malfoy? Sei ehrlich, Rosie! Lügen ist zwecklos!“

Erwischt liefen ihre Wangen leicht rot an und sie senkte den Blick. „Ja… er fasziniert mich… und ich… ähm… würde es mit deinen Gefühlen für Albus gleichsetzten.“

Die Teetasse ihrer Freundin knallte auf den Tisch, fassungslos starrte Alice sie an. „Ein Todesser! Rose, er ist ein Todesser! Bist du von allen guten Geistern verlassen?“

„Ich weiß, Alice. Ich weiß, dass es schwachsinnig ist… aber weißt du, er ist ganz anders als das Bild, was wir von einem Malfoy haben.“

„Ein Todesser!“, plädierte Alice weiter und Rose verdrehte die Augen. „Merlin, ich weiß! Willst du es mir noch buchstabieren? Abgesehen davon, ich weiß sowieso nicht, wer schlimmer ist, Scorpius oder Albus?“ Sie wusste schon lange, dass ihr Gegenüber es satt hatte, ständig als beste Freundin angesehen zu werden.

„Was die Begriffsstutzigkeit angeht, eindeutig Albus. Verdammt, Rosie, er checkt aber auch nichts! Wirklich rein gar nichts!“
 

„Tja…“, begann die junge Weasley und nahm einen kräftigen Schluck von ihrem Tee. „Hast du es je mit der ehrlichen Variante probiert? Es ihm einfach gesagt?“

„Nein“, gestand die Brünette mit einem leichten Rotschimmer auf der Nase. „Aber ich kann auch nicht besonders gut mit Worten.“

„Dann würde ich zur Tat übergehen“, plädierte Rose schonungslos und sah ihr tief in die Augen. „Wir könnten uns ja… na ja… gegenseitig unterstützen. Sagen wir… in drei Wochen hat jede von uns es ihm gesagt.“

Kurz tauschten sie einen verstehenden Blick miteinander, dann nickte Alice. „Also gut… drei Wochen, keinen Tag mehr oder weniger.“

„Sieh dich vor, Longbottom“, grinste Rose herausfordernd. „Ich wette, dass packst du nicht.“

„Und ich wette für dich mit, dass ich es doch packe.“ Die beiden Mädchen lächelten und ihr Gespräch driftete zu weniger wichtigen Inhalten ab. Eine Tatsache, die sie für ein paar Stunden vergessen ließ, dass sie sich mitten im Krieg befanden.
 


 

Da ist ein Platz in deinem Herzen und ich weiß, dass es Liebe ist und dieser Platz könnte viel heller sein als morgen. Und wenn du es wirklich versuchst, dann wirst du herausfinden, dass du nicht weinen musst.
 


 

„Habe ich Sie richtig verstanden?“

„Natürlich haben Sie das und hören Sie bitte auf, hier einen auf überrascht zu machen“, wies Albus die Neuigkeit mit einer Handbewegung ab. „Ich will wissen, ob jeder Expecto Patronum Prassimus eine andere Farbe hat.“

Dumbeldore, welcher sich zusammen mit dem jungen Potter und dem Todesser im Gemeinschaftsraum der Slytherins befand, runzelte die Stirn. „Nein, nur jemand mit einem starken Willen, und insgesamt wird es auf der Welt auch nur vier Menschen geben, die ihn ausführen können, da es für Hogwarts nur vier Gründer gibt.“

Verwirrt rieb Albus sich die Stirn. „Und trotzdem haben Sie es mich ausprobieren lassen?“
 

„Ja, denn ein Potter bildete für Hogwarts bislang immer Hoffung. Angefangen bei ihrem Großvater, der im ersten Krieg gegen Tom Riddle als Auror Hoffnung weckte, dann ihr Vater als Symbol für Hoffnung und nun ihr Bruder und Sie. Was hatte ich da zu verlieren.“

Scorpius ließ sich in einen Sessel sinken. „Ist es ein großer Zufall, wenn es zwei Leuten zusammen am selben Ort gelingt, einen Expecto Patronum Prassimus hervorzubringen?“
 

„Natürlich“, sprach Dumbledore aufklärend. „Dieser Zauber ist sehr wenig verbreitet. In meinem ganzen Leben haben ihn bereits erst fünf Menschen ausprobiert und vier davon sind bereits tot. Mr. Potter ist demnach also der einzige, bei dem ich je erlebt habe, dass er es geschafft hat. Sie müssen beide wissen, dass sich die Gründer von Hogwarts auch über den Tod hinaus immer noch selbst aussuchen, wer ihr Erbe missbrauchen darf. Jedoch ist jedem von ihnen etwas anderes wichtig. Slytherin hielt von einer aufrichten Freundschaft, einem unbeugsamen Willen und einer Spur Listigkeit, um das eigene Vorhaben durchzusetzen sehr viel.“
 

Albus und Scorpius sahen einander kurz an. Dann nickte der Dunkelhaarige. „Ich sehe schon, einen perfekten und sicheren Plan auszuhecken wird uns viel Arbeit kosten.“

„Aber sie wird sich lohnen.“ Scorpius erhob sich wieder und schritt mit Albus zum Porträtloch. „Haben Sie dank, Dumbledore.“

Der alte Mann schien verwirrt, nichts ahnend, was er gerade getan hatte. Im kalten Gang trennten sich die beiden Jungen und Scorpius schritt zum Slytheringemeinschaftsraum. Dort suchte er leere Blätter und eine große Weltkarte zusammen und kniete sich am Kamin auf den Boden.
 

Mit hoher Konzentration versuchte er sich zu erinnern, wo die ganzen Stützpunkte, egal ob groß oder klein, verteilt worden waren. Sie würden Freds Wissen über Knaller brauchen und natürlich musste sich diese Alice dazu bereit erklären, im neu angebauten Gewächshaus so viel Medizin herzustellen, wie sie nur konnte. Louis dagegen sollte einige Räume umstrukturieren. Während Rose in der noch erhaltenden Bibliothek nach einem Zauber Namens Fidelius suchen sollte, um das Schloss für Todesser gänzlich unsichtbar zu machen. Sobald ihr Plan einmal aufgegangen war, durften sie sich keinen einzigen Fehler mehr erlauben.
 

Völlig in seine Arbeit versunken, bemerkte Scorpius nicht, wie sich das Porträt zum Gemeinschaftsraum öffnete, erst als er leise Schritte vernahm, sah er auf.

„Wie lange willst du denn noch machen? Es ist halb drei“, sprach Rose belustigt und ließ sich neben ihm nieder. Er erkannte, dass sie ihre Kleidung gegen einen schlichten blauen Pyjama eingetauscht hatte. Ihr Umgangston hatte sich sehr verändert, seit sie aus dem Schloss des dunklen Lords fort waren, doch ihre Themen, über die sie sich unterhielten, waren dieselben. Nur hatte Scorpius das Gefühl, dass sie seit der Ankunft in Hogwarts weitaus mehr lachte, als er es je zuvor bei ihr gesehen hatte.
 

„Geh doch ins Bett, wenn du müde bist“, wies er sie darauf hin und fing gerade noch ein Kissen ab, das sie nach ihm warf.

„Indem ich mir Louis Meckerei anhöre, dass er sich ausgeschlossen von Al und dir fühlt?“

Scorpius zuckte mit den Achseln und sie griff nach einer Decke, um sich darin einzumummeln. „Also… seit wann können Albus und du so gut miteinander, dass ihr jetzt schon gemeinsam Pläne schmiedet?“

Sie klang ehrlich neugierig, weshalb Scorpius schwach lächeln musste. „Eigentlich mag dein Cousin mich nicht besonders, was wohl auch daran zu liegen scheint, dass ich ihm in einem Duell hoch überlegen bin, aber er lernt damit umzugehen.“

„Töne des Lobes?“, höhnte Rose belustigt und wurde überrascht, als er ihr antwortete. „Mag sein, dass dein Cousin ein wenig störrisch ist und gewiss kein Auge für Mädchengefühle besitzt.“ Er zwinkerte kurz und Rose verstand, dass er Alice Blicke bemerkt haben musste. „Aber was seine Vorstellung von Widerstand angeht und sein ungebrochener Wille zu kämpfen, so ziehe ich den Hut vor ihm. Er hat genaue Vorstellungen davon, was er tun will und was nicht. Etwas, was er gewiss von seinem Vater geerbt hat.“
 

„Wenn man den Worten meiner Tante glauben darf, dann war James früher schlimmer.“ Sie sah ins Feuer. „Früher hat er jegliche Regel gebrochen und hat gemacht, was er wollte, doch als er älter wurde, richtete er sich immer mehr nach den Leuten um ihn herum.“ Ihr Gesichtsausdruck wurde bitter. „Der Einzige, der sich nie anpassen wollte, war Albus und als sein bester Freund hielt Fred natürlich immer zu ihm, auch wenn er nicht jede Entscheidung nachvollziehen konnte, so akzeptierte er sie zumindest. Seit einigen Jahren auch Alice.“

„Apropos Alice, wo wir so gerade dabei sind. Sag deiner Freundin, dass sie es besser lassen sollte, Potter so schmachtende Blicke zu zuwerfen. Er wird sie sowieso nicht bemerken.“ Scorpius sah gleichgültig auf die Weltkarte und markierte mehrere Stellen.
 

„Wieso?“ Rose klang empört und er sah von Russland nach Scottland. „Weil Potter auf ein anderes Mädchen steht.“ Scorpius sah sie an und er ließ ihr keine Zweifel, dass er es auch ernst meinte. „Sein Blick in die Ferne, wenn er sich unbeobachtet fühlt, spricht dafür, dass er auf sie wartet.“

„Wer soll das sein?“

Er lachte. „Das weiß ich doch nicht, du kennst deinen Cousin länger, also müsstest du mir die Antwort geben können.“
 

Der junge Malfoy sah, dass er sie leicht verstimmt hatte, jedoch ließ sie sich nichts anmerken und rollte sich neben ihm ein. „Erzähl mir von deiner Familie“, bat sie und zu ihrer Überraschung ließ er sich tatsächlich dazu herab. „Mein ältere Bruder, Floyd, ist ein wahres Schwein, brutal, rücksichtslos und von Macht zerfressen. Niemand konnte ihm bislang Einhalt gebieten. Um es schlicht zu sagen, wir haben nicht gerade das beste Verhältnis zu einander, er scheint mich zu hassen.“ Unwirsch zuckte er mit den Schultern. „Wahrscheinlich weil ich mehr Verstand als er besitze. Meine Schwester, Claire Mirabelle, ist eigentlich ein ganz nettes Mädchen, als Kinder haben wir viel Zeit miteinander verbracht. Köpfchenmäßig ist sie mir hoch überlegen, ihr Verstand ist messerscharf, doch als Frau hast du unter dem dunklen Lord nichts zu melden.“

„Ist sie schön?“

„Oh ja“, gab Scorpius ohne Hemmungen zu. „Viele Männer lecken sich alle zehn Finger nach ihr, wobei letzten Endes mein Vater entscheiden wird, wen sie heiratet.“
 

Rose hob leicht den Kopf. „Draco Malfoy?“

„Genau.“ Scorpius griff nach einer Schriftrolle. „Ich will nicht sagen, dass er ein schlechter Vater ist, eher sehr streng und konsequent. Als Kind habe ich mir immer gewünscht, er könnte ein bisschen wie mein Großvater sein. Liebevoll und verständnisvoll. Aber so ist er einfach nicht. Weshalb er perfekt zu meiner Stiefmutter passt. Eloise, kühl, kalt und arrogant. Und Lilith schien ein Abbild von ihr zu sein.“
 

Sofort spitze die Weasley die Ohren, denn er redete ohne auf ihren Gesichtsausdruck zu achten. „Lilith ist die beste Freundin meiner Schwester.“ Sein Gesichtsausdruck wurde bitter. „Und meine Verlobte.“ Augenblicklich verkrampfte sich Rose' Herz, auch als er weiter redete, spürte sie noch immer den beißenden Stich. „Im Prinzip ist sie unwichtig, schließlich wurde die Verbindung von unseren Vätern beschlossen.“ Damit schien seine Ausführung beendet zu sein, weshalb Rose ihn musternd ansah. „Wenn Eloise deine Stiefmutter ist, wer ist dann deine richtige Mutter?“
 

Er hielt in seinen Bewegungen inne und Rose bemerkte sofort, dass sie einen schwachen Punkt erwischt hatte. Kurz flammte etwas wie Schmerz in seinen Augen auf und als er fragte: „Kannst du mir etwas über Greengrass erzählen?“, riss der Boden unter ihren Füßen in zwei, wurde ihr bewusst, weshalb ihr seine Augen so bekannt vorgekommen waren. „Astoria Greengrass?“, flüsterte sie heiser, doch er bejahte es nicht, sondern sah sie nur an. Konfus strich Rose sich durch das Haar und schloss kurz die Augen, dann fuhr sie hoch. „Scorpius, deine Mutter ist eine der drei Anführer des verbliebenen Phönix Ordens? Das ist- ich meine wieso und warum weiß es niemand?“
 

Der blonde Junge tat, als würde es ihm egal sein, doch sie konnte genau erkennen, dass dem nicht so war. „Mein Vater hat sie vor Jahren vergewaltigt und weil sie vom stolzen Blut war, das Kind austragen lassen. Danach ist sie achtlos über die Grenze geworfen worden.“ Erneut zuckte er mit den Schultern. „Ende der Geschichte.“
 

Ihr Herz hämmerte bis zum Hals, als sie begriff, was sich vor 18 Jahren abgespielt haben musste, weshalb ihr die aufkommende Stille zuerst nicht weiter auffiel. Erst als im Kamin ein Stück Holz laut in sich zusammenfiel, zuckte sie kaum merklich zusammen. Scorpius arbeitete weiter, es machte den Anschein, als habe sie ihn nie gestört. Ihre Kehle war trocken und doch versuchte sie etwas zu sagen. Sie versagte vor so viel grausamer Nachrichten. Das Einzige, was sie tun konnte, war ihm dabei zu zusehen, wie er mit all dieser Wahrheit sich selbst zerbrach. Sie verstand seine Flucht, seine Trauer und seine Angst – etwas, was er sich nicht anmerken ließ. Und zum ersten Mal wurde Rose mit dem wahren Wesen eines Todessers konfrontiert. Trauer war ein Wort für Schwächlinge, innerliches Chaos ebenso und sie fragte sich unweigerlich, was mit dem kleinen Gefühl Liebe war.
 


 

Wenn du wissen willst, warum es eine Liebe gibt, die nicht lügen kann? Liebe ist stark, sie ist nur dort, wo mit Freuden gegeben wird. Wenn wir es versuchen, dann werden wir sehen, in dieser Ehre können wir keine Angst und keine Bedrohung fühlen.
 


 

Innerlich zitterte sie.
 

Der helle Vollmond ließ Licht in das dunkle Zimmer fallen, doch sie ignorierte die täuschende warme Atmosphäre. Claire war mittlerweile alt genug, dass sie wusste, dass die vielen Kerzen, die das Zimmer in ein angenehmes Licht tauchten, nur dazu dienten, dass ihr Peiniger einen herrlichen Blick auf sie hatte. Eine Gänsehaut lief über ihren Körper und sie schlang die Arme um die Brust. Starr sah sie aus dem bodenlangen Fenster und versuchte der grausamen Dunkelheit ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Verzweifelt hatte sie versucht mit ihrem Vater zu reden, schließlich mit ihrer Mutter, doch beide hatten ihr nur einen strafenden Blick gegönnt. Und nun stand sie hier, mit klopfendem Herzen, darauf hoffend, dass ihr Verlobter nicht kommen würde. Mit jeder Stunde, seit sie die Gewissheit mit sich rumschleppte, dass Elliott ihr Verlobter war, hatte sie begonnen, ihn mehr und mehr zu hassen. Für seine Arroganz, seine Kälte und seine Ignoranz. Niemals würde sie sich ihm freiwillig hingeben, lieber ließ sie sich von ihm zwingen. Wohl wissend, dass sie sich damit keinen Falls Schmerzen ersparte.
 

Claire hörte Schritte und sah durch das Spiegelbild der Fensterscheibe, dass ihr Verlobter das Gemach betraten hatte. Sein Blick glitt an ihr hinab und ein spöttisches Grinsen machte sich auf seinen Lippen breit. „Ich dachte, ich hatte mich klar genug ausgedrückt.“

„Sag bloß, du hast etwas gegen mein Nachthemd?“, versuchte sie zu witzeln und klang dabei so sarkastisch, wie es ihr nur möglich war. Nie hätte sie diesen Fetzen Stoff freiwillig angezogen. Das Rot leuchtete auf ihrer blassen Haut und das Wissen, dass es darunter nicht besser aussah, sondern nur noch reizvoller, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Er trat näher und sie sah, dass er seinen Umhang ablegte. „Komm schon, Mirabelle. Zieh dich aus und lass es mich so angenehm wie möglich machen.“

Den Teufel würde sie tun!
 

Sie spürte, dass er durch ihr langes blondes Haar strich. Wieder konnte sie ihn atmen hören und war überrascht, als ihr dieses Mal statt Rauch und Alkohol der Duft von Wald und Harz in die Nase stieg.
 

„Hör auf.“ Sie wollte seine Hände von ihren Schultern schlagen, doch kaum, dass sie sich geregt hatte, spürte sie auch schon, wie er sie grob umdrehte und sie mit dem Rücken gegen die kalte Scheibe drückte. Seine Miene war ernst und sie schnappte vor Schreck nach Luft. „Wage es ja nicht, mit mir zu spielen“, zischte er und ließ ihre Handgelenke wieder los. Gleichgültig zog er sich den schwarzen Pullover über den Kopf und ließ diesen achtlos zu Boden fallen. Als er sich auf dem Bett niederließ, haftete sein schamloser Blick gnadenlos auf ihr. „Na komm schon, oder muss ich nachhelfen?“
 

Ihr Körper versteifte sich, als ihr bewusst wurde, dass sie sich vor ihm ausziehen sollte. Natürlich hatte sie sich bereits dem einen oder anderen Mann nackt gezeigt und auch mit ihnen Sex gehabt, doch Elliott war nicht irgendein Mann. Er war der Einzige, dem sie sich niemals freiwillig hingegeben würde. Schließlich waren sie wie Katze und Maus. Er wollte nicht sie, sondern lediglich ihren Stolz brechen und sich an ihrer Scham ergötzen.
 

Die junge Malfoy zwang sich, das Kinn zu recken und sich nichts anmerken zu lassen. Ihre Hände waren taub, als sie die Träger des roten kurzen Nachthemdes zur Seite schob und der weiche Stoff haltlos zu Boden glitt. Das spöttische Lächeln war von seinen Lippen verschwunden und ihr Herz schlug bis zum Hals. Die dunklen grünen Augen glitten von ihrem Gesicht, zu ihren Brüsten, welche üppig und voll von dem dunkelroten Spitzen-BH verdeckt wurden, dann von ihrem Bauch, zu ihrer breiten Hüfte, bis hin zu ihrer goldenen Mitte. Sie konnte förmlich spüren, wie sehr er darauf brannte, dass sie auch den letzten schützenden Stoff von ihrem Körper pellte. „Hör mal, wie wäre es… wenn wir das ganze noch ein wenig hinausschieben?“
 

„Vergiss es“, wehrte er sofort ab und legte den Kopf in den Nacken. Genüsslich betrachtete er sie. „Weiter.“

Claire schluckte hilflos und ließ ihre Hände zum Verschloss ihres BHs gleiten. Ohne dass sie es verhindern konnte, schlich eine verräterische Röte über ihre Wangen. Sie mochte seinen musternden Blick nicht, denn er vermittelte ihr etwas Billiges und Unwürdiges. Normalerweise war sie es, die die Männer ohne Rücksicht verführte, doch er ließ ihr nicht die Spur einer Chance, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Ihr Selbstbewusstsein schwand bedächtig.
 

Lautlos fiel der BH zu Boden und sie musste sich zusammenreißen, um nicht schützend die Hände um ihren Oberkörper zu schlingen. Zuerst weigerte sie sich, ihm in die Augen zu sehen, doch als sie sich überwand, stutze sie. Sein Blick hatte sich verändert. Statt höhnisch und verachtend war er nun wollend und vor allem glänzend. Ihm schien zu gefallen, was er sah, etwas, was sie ein wenig aus dem Konzept brachte. Erst als Elliott sich wieder erhob, wurde Claire bewusst, dass er keineswegs die Zügel des Geschehens in der Hand hielt, sondern lediglich die Richtung bestimmte. Sie dagegen konnte entscheiden, was sie daraus machte. Er wollte sie demütigen? Diese Chance würde sie ihm nicht bieten.
 

„Zieh mir die Hose aus.“ Es klang wie ein Befehl, doch Claire lächelte nur. Als sie vor ihm auf die Knie ging und die Schnalle seines Gürtels in ihren Ohren klickte, biss sie sich leicht auf die Unterlippe. Sie würde ihm zeigen, wohin man kam, wenn man es wagte, eine Malfoy wie eine Magd zu behandeln. Selbstbewusst und gekonnt ließ sie seine schwarze Unterhose bald darauf folgen und begann ihm zu zeigen, wie sie mit Männern umsprang, die zu viel wollten. Seine Hände gruben sich in ihr blondes Haar und seinen Lippen entwich ein Keuchen. Sie wollte ihn kommen lassen und sodurch jegliche Schmach zurückzahlen. Doch Elliott durchschaute ihr Vorhaben und zog sie zu sich hoch. „Nicht so, Mirabelle.“
 

Seine gierigen Lippen drückten sich auf ihre und als sie die Weiche des Bettes spürte und seine liebevollen Hände, drehte sich die Welt um sie herum viel zu schnell. „W-Was tust du!“, flüsterte sie hilflos zwischen seinen Küssen, als er ihr rotes Höschen von den Beinen zog. „Dich so oft zum Orgasmus bringen, bis du vollkommen erschöpft und willig in meinen Armen liegst.“

„Vergiss es!“
 

Doch sie täuschte sich. Ihm gelang, wovor sie sich im Herzen die ganze Nacht lang sträubte. Er tat Dinge mit ihr, von denen sie bis zur jener Nacht noch nicht einmal gewusst hatte, dass sie sich so gut anfühlten. Seine Lippen, seine Hände, sie schienen überall zu sein und Claire verlor jegliches Zeitgefühl. Ihr Körper brannte und immer wieder krallten sich ihre Finger Halt suchend ins Bettlaken. „H-Hör auf! Bitte!“, keuchte sie atemlos und bewirkte nur, dass er noch tiefer in die Trickkiste griff. „Unsinn… wenn ich jetzt aufhören würde, dann würdest du doch nicht auf deine Kosten kommen, Mirabelle.“ Eine Gänsehaut zog über ihren Körper, als sie ihren Namen vernahm. Seine rauchige Stimme drang an ihr Ohr und als er sich von ihr löste, konnte sie endlich nach Luft ringen. Doch lange gewährte er ihr diese Atempause nicht. Als er sich über sie legte und mit einem festen Stoß in sie eindrang, gruben sich ihre Fingernägel in seinen Rücken.
 

Was machte er nur mit ihr?
 

Claire spürte keine Erniedrigung, lediglich Lust und unendliches Verlangen, wobei der törichte Gedanken, er habe am Ende doch bekommen, was er wollte, sich in ihre Gedanken schlich. Doch sie schob diesen beiseite und lauschte seinem Stöhnen. Sein Körper war überzogen von einer glänzenden Schweißschicht. Ein Zeichen dafür, dass auch er eine gravierende Schwäche zugelassen hatte. Nämlich den Beweis, dass auch sie ihn in der Hand hatte. Er wollte sie und das mit jedem Zentimeter seines Körpers. Er drang immer wieder fest und grob in sie ein, jedoch ohne ihr dabei wehzutun und als er sich in sie ergoss, spürte sie, dass nicht nur von ihren Schultern eine unendliche Last fiel. Elliott war ihr Verlobter, ein Mann, den sie Zeit ihres Lebens für seine Brutalität verachtet hatte. Doch ausgerechnet heute hatte er ihr bewiesen, dass er sie durchaus gut behandeln würde, zumindest so lange sie tat, was er von ihr erwartete.
 

Doch Claire hatte es noch nie geschafft, sich nach den Worten eines Mannes zu richten. Bei ihrem Vater nicht und sie bezweifelte, dass es ihr bei ihrem Verlobten gelingen würde.
 


 

Und der Traum, in dem wir anfangen zu begreifen, wird an einem Ort voller Freuden in Erfüllung gehen. Und die Welt, an die wir einst geglaubt haben, wird wieder in Anmut erstrahlen.
 


 

Es knallte.
 

In sämtlichen Regionen Russlands.

Es handelte sich um kleine Zentralpunkte, doch die Masse an Angriffen war umso wirkungsvoller. In Pevek hatte Fred es fertig gebracht, ihnen ein Feuerwerk zu fabrizieren, das dafür sorgte, dass ein Loch in das widerwärtige Gefängnis der Todesser gesprengt wurde, dass selbst ein Elefant hindurch gepasst hätte. Geschockt von diesem Angriff waren sämtliche Todesser außer Gefecht gesetzt worden, sodass Muggel und unschuldige Zauberer die Flucht zu Fuß mühelos gelang.

In Urgal hatte Scorpius ein Waffenlager der besonderen Art zunichte gemacht, etwas, was er als Genugtuung empfunden hatte.
 

Orsk war um eine Folterkammer ärmer, sowie Pechora um einen weiteren Stützpunkt. Prächtige Feuerwerkskörper rasten durch die Gegend und erhellten den dunklen Nachthimmel. Bei Tag war es den Jugendlichen zu riskant erschienen, auch nur einen Fuß in dieses gewaltige Land zu setzten. Russland war groß und gewiss würden nicht alle Menschen auf der Welt von ihrem kleinen Widerstand erfahren, dennoch genug, damit diese Aktion sich auszahlte.
 

Zufrieden hockte Scorpius irgendwo in Moskau auf einen Hochhaus und lächelte, als er an die knalligen Farben dachte und an die entsetzten Schreie seiner einstigen Kollegen. Es fühlte sich merkwürdig an, etwas Gutes getan zu haben. Anders, als wenn er von einem blutigen Schlachtfeld zurück in die Festung musste. Kalter Wind fuhr in seine Glieder, weshalb er den Umhang fester um sich schlang und die Kapuze tiefer ins Gesicht zog. Eins musste er Fred lassen. Seine Fantasie bezüglich großen Krawums war wirklich beachtlich.
 

Respekt.
 

Jemand apparierte und er machte sich nicht die Mühe sich umzusehen, schließlich erkannte er bereits an den Schritten, um wen es sich handelte. „Verdammt, was für ein Durcheinander“, trällerte Albus Potter vergnügt und gesellte sich zu dem einstigen Todesser. „Wer hätte gedacht, dass es so einfach werden würde. Ein kleiner Spruch und alles fliegt in die Luft. Peng!“ Er lachte und Scorpius konnte es ihm noch nicht einmal verübeln.
 

Als der Pottererbe neben ihm zum Stehen kam und seinem Blick folgte, seufzte er und setzte sich. Der kalte Wind schien ihm nichts auszumachen und Scorpius fragte sich, ob bei seinem Nebenmann ein ähnliches Gefühl in der Brust herrschte.

„Du hast Rosie immer gut behandelt?“

Überrascht von der plötzlichen Frage nickte der Blonde. „So weit, wie eure Definition von gut behandeln mit meiner übereinstimmt. Ich habe ihr nichts getan und sie gebeten zu gehen, als ich die Festung verlassen habe.“

„Aber sie wollte nicht“, murmelte Albus wissend. Der dunkle Himmel begann sich zu verfärben. „Du bist seltsam, Malfoy“, entfuhr es ihm und Scorpius fragte sich, worauf er hinaus wollte. „Aber dieses `seltsam´ macht dich irgendwie anders.“

„Inwiefern anders?“

„Na ja, ihr Malfoys seid bekannt für eure Brutalität und Loyalität gegenüber dem dunklen Lord, aber du verkörperst etwas anderes.“
 

Scorpius grinste bitter und gestand. „Ich bin kein ganzer Malfoy, Potter, ich war nie einer und werde nie einer sein. Dafür fehlen mir die Erbanlagen, keine Fragen zu stellen. Ich war meinem Vater bereits als Kind zu neugierig und werde es auch in einigen Jahren noch sein.“

Albus Miene wurde ernst, es fiel ihm nicht leicht, doch schließlich sprach er: „Mir soll es ab jetzt egal sein, ob du ein Malfoy, ein Patil oder ein Brown bist.“ Er reichte Scorpius die Hand und dessen Augen strahlten Ungläubigkeit aus. Unsicher und vollkommen überfordert nahm er dessen Hand an. „Ab jetzt Albus, oder auch Al, mach’s, wie du es willst.“

Mit trockener und belegter Stimme antwortete er: „S-Scorpius…“

Der Potter erhob sich und klopfte sich den Dreck von der Hose. „Wir werden nie die besten Freunde, das wissen wir beide, aber vielleicht können wir damit anfangen, uns zu akzeptieren.“
 

„Oder damit anfangen, diese Welt ein klein wenig zu verändern“, setzte Scorpius hinzu. Albus nickte zustimmend. „Richtig, etwas, was weder dir noch mir alleine gelingt.“ Die beiden Jungen sahen einander an. „Bereit?“

Scorpius nickte und sah zu der Stelle, wo jeden Augenblick die Sonne aufgehen würde. Ein Aufgang, der nie wieder derselbe sein würde, denn ab jetzt würde es Hoffnung geben.

„Expecto Patronum Prassimus!“, sprach Albus neben ihm mit klarer Stimme und ein dunkelgrüner leuchtender Hirsch trat aus der Spitze des Zauberstabs. Er würde den Menschen im Osten Hoffnung geben, zumindest so weit die Kraft des Patronus reichte. Mit erstaunten Augen betrachtete Scorpius den Hirsch und flüsterte: „Potter.“

„Genau“, erwiderte Albus. „Der Hirsch ist das Kennzeichen meines Vaters, vielleicht wird es Missverständnisse geben, doch eins unterscheidet meinen Hirsch von dem Patronus meines Dads.“

„Slytherin, die Farbe.“
 

Albus schien erfreut und Scorpius konnte unwillkürlich den Stolz darüber in dessen grünen Augen erkennen. Er war kein typischer Potter, kein normaler Held, sondern ein rebellierender und seinen eigenen Weg gehender Junge, der mit Fantasie und Hartnäckigkeit für etwas kämpfte, was viele bereits vergessen hatten.
 

Für ein Morgen.
 

Scorpius sah auf seinen Zauberstab, schloss die Augen und sprach mit ruhiger Stimme: „Expecto Patronum Prassimus!“ Er spürte eine Wärme in sich aufsteigen und als er Albus verblüffte Stimme neben sich vernahm, öffnete er die Augen. „Ach du dicke Eulenscheiße!“

Scorpius Körper erstarrte, sein Mund öffnete sich, doch als er auf das Tier vor sich starrte, verschwand jegliche Sprache. Ein stolzer kräftiger Seeadler zog seine Bahnen über ihren Köpfen. Feuriges rot machte seine Körperfarbe aus und er sah seinen Nebenmann an. Dieser schien jedoch vollauf begeistert. „Ich hätte es wissen müssen! Verdammt! Gryffindor, die Farbe rot. In deinem Herzen regiert Tapferkeit und Mut. Ebenso wie Ehrlichkeit und Reinheit. Scorpius, du bist ein Symbol für Hoffnung und Kampf!“
 

„Also habe ich dich mal wieder übertrumpft“, merkte der Blonde an und erntete einen leichten Seitenhieb. Albus grinste und als Scorpius seinen Adler Richtung Westen schickte, hatte er zum ersten Mal das Gefühl, die Welt verändert zu haben. Zu welchen Außenmaßen, das würde er noch erfahren.
 


 

Wir hören auf zu existieren und fangen an zu leben. Dann scheint es, dass immer genug Liebe da ist, um uns daran wachsen zu lassen. Mach eine bessere Welt daraus, eine bessere Welt.
 


 

„Mama, sieh mal.“ Ein kleines Mädchen in Ungarn zeigte in den Himmel. „Ein roter Adler!“

Die Mutter reckte den Kopf und ihre Augen weiteten sich. Nicht weit von ihr stand eine mollige alte Frau mit ergrauten roten Haaren. Auch sie blieb stehen und schien ihren Augen nicht zu trauen. Molly Weasley fasste sich ans Herz. Zum ersten Mal seit Jahren wagte sie es, wieder zu hoffen. Neben ihr blieb ihre Schwiegertochter stehen. Fleur schien verwirrt und griff zugleich zu ihrem Zauberstab, doch die alte Frau hielt sie zurück. „Lass ihn noch ein wenig fliegen und Hoffnung verbreiten.“

„Wer schickt ihn?“

Sie lächelte. „Hoffen wir auf jemanden, der nicht vergisst, wofür sich das Kämpfen lohnt.“ In der ganzen Straße waren die Menschen stehen geblieben, einige zeigten auf die verblassende Spur, die der Adler hinterließ, andere zerbrachen sich bereits den Kopf darüber, ob sie sich dieses Zeichen nicht eingebildet hatten.
 


 

Wir könnten so hoch fliegen. Lass unseren Geist nie sterben. In meinem Herzen fühle ich, dass ihr alle meine Brüder seid. Erschafft eine Welt ohne Angst, wo wir zusammen Freudentränen weinen.
 


 

Ungläubig sah eine junge Chinesin auf den grünen Hirsch, der zwischen den Menschen der Straße verschwand. Im ersten Moment war sie, wie viele andere bewegungsunfähig, doch dann spürte sie, wie ihr Herz augenblicklich höher schlug. Cho Chang umklammerte das Päckchen mit den Lebensmitteln, die sie geklaut hatte, um einen Teil ihrer Familie sättigen zu können, enger an sich. Seit Jahren hatte sie ihn nicht mehr gesehen, geschweige denn etwas von ihm gehört. Doch er schien wieder da zu sein. „Harry“, flüsterte sie leise und spürte, wie ihr Tränen aufstiegen. Der schwere Stein in ihrem Herzen zerfiel und ein ganz klein wenig Hoffnung machte sich in ihr breit. Eine Hoffnung, die sie bereits vergessen hatte. Sie wandte ihren Blick ab, zog die Mütze tiefer ins Gesicht und setzte ihren Weg fort. Immer wieder fanden neue Tränen den Weg über ihre Wange, aus Erleichterung und Freude. Neville Longbottom hatte recht gehabt, indem er ihr vor Monaten geschrieben hatte, dass irgendwann der Tag kommen würde, an dem sich alles zum Guten wenden würde. Ihr törichtes Herz begann zu glauben, dass jener Tag nicht mehr all zu fern lag.
 


 

Zusehen, wie die Nationen ihre Schwerter zu Pflugscharen machen. Wir könnten es wirklich schaffen, wenn du etwas für das Leben übrig hast. Mach es zu einem kleinen Raum, um eine bessere Welt zu schaffen.
 

Fortsetzung folgt…

Helden gefunden.

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Datum: 1 8 : 0 2

Uhr: 0 4 : 3 5
 

Ein blutroter Seeadler erstreckte sich am Himmel und zog wie eine Sternschnuppe am Himmelsfeld vorbei.

Weit weg von jeglicher Zivilisation.

Sein Spiegelbild glitt über einen klaren tiefen See und erregte die Aufmerksamkeit dreier Menschen, die wachsam und misstrauisch sofort zu ihren Zauberstäben griffen. Die junge Frau runzelte die Stirn. „Ein Seeadler… die Farbe von Gryffindor. Was geht nur vor sich?“

„Vor ein paar Tagen hat uns doch dieser alte Mann von einem Hirsch in giftigem Grün erzählt“, wies einer der beiden Männer hin. „Die Menschen glauben, dass die Zeichen von uns kommen.“

„Ob es eine Falle von du-weiß-schon-wen ist?“, die Frau schien mit dem Schlimmsten zu rechnen, doch der dritte Mann schien etwas anderes im Sinn zu haben. Seine grüßen Augen folgten dem Adler, bis er verschwand. „Es ist der zweite in diesem Monat… warten wir ab.“ Harry Potter traute dem Zeichen nicht, genauso wenig wie seine beiden Freunde. Die Zeit würde seine wahre Bedeutung zeigen.
 


 

Datum: 2 4 : 0 3

Uhr: 2 0: 0 3
 

Das Hauptgebäude von Kyzyl wurde gestürmt. Sämtliche Todesser waren zu Tode gekommen, doch gleichzeitig auch jede Menge wichtiger Informationen verloren gegangen. Gehetzt rannte James Potter durch die nach Rauch stinkenden Gängen, vorbei an verstümmelten Körpern und bereits toten Kollegen. Er wagte es nicht ihren Namen zu Rufen, aus Angst niemals eine Antwort zu erhalten. Russ klebte an seiner Kleidung und ein heftiger Schnitt zog sich an seinem Arm entlang. Wie töricht er gewesen war, als er Molly erlaubt hatte, sich einen Auftrag auszusuchen. Wer hätte auch ahnen können, dass sie sich in eine Lebensmüde Furie verwandelte, seit diese komischen Zeichen ihr eine irrationale Hoffung in den Kopf gesetzt hatten. Er blieb stehen und sah sich im einstigen Kommandoraum um, der Rauch machte es ihm unmöglich eine klare Sicht zu behalten. Hektisch hob und senkte sich seine Brust und dann sah er sie. Ihr rotes Haar war Dreck überzogen und ihr Körper lag leblos am Boden. Doch ihre Brust hob und senkte sich leicht.
 

Datum: 2 7 : 0 3

Uhr: 1 8: 2 2
 

„Der verdammte Hirsch ist vor drei Tagen in London gesehen worden, sämtliche Idioten spielen verrückt, weil sie denken Potter ist wieder da!“, fluchte Kingsley und sah seine beiden Kollegen an. Es hatte ihn viel Kraft gekostet, dass eine Sitzung stattfand, an der alle drei Anführer des verbliebenen Phönix Orderns teilnahmen. „Und von James fehlt jede Spur, seit er sich in Kyzyl übernommen hat! Wahrscheinlich ist er tot!“

Percy Weasley sah müde über den Rand seiner leicht angeschlagenen Brille. Dann strich er sich durch das Haar, bei dem Gedanken, seinem Schwager zu erklären, dass sein Sohn tot war, lief es ihm eiskalt dem Rücken runter. „Was schlägst du jetzt vor?“, wandte er sich an die Frau unter ihnen. Astoria Greengrass hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Seit sie in Amerika dafür sorgte, dass einige Menschen keinen Hunger leiden mussten und immer wieder die Vorräte der Todesser aufbrach, war sie nur noch selten nach Europa gekommen. „Um ehrlich zu sein… mir gefällt das Ganze.“

Verwirrt sahen die Männer sie an und sie lächelte leicht. „Wusstet ihr, dass sich in den letzten Wochen 14 Aktionen gegen die Todesser ereigneten?“

„Nein, was ist daran so besonders?“

„Muggel lehnten sich gegen sie auf. Der Hirsch und der Adler scheinen ihnen Mut zu geben.“
 

Datum: 3 0 : 0 3

Uhrzeit: 2 3 : 0 1
 

Kyzyl war gestürmt worden…

Die gesamte Zentrale in die Luft geflogen…

Sein Herz setzte aus...

Scorpius war tot.

Noch immer hörte Draco die Schreie seiner Tochter, als sie haltlos in sich zusammen gebrochen war. Claire war ihm steht’s eine gute Schwester gewesen, weshalb ihre Trauer umso größer war. Ihm selbst war, als hätte man ihm das wertvollste aus der Brust gerissen. Vor dem dunklen Lord hatte er keinerlei Schwäche gezeigt und die Nachricht wortlos hingenommen. Doch jetzt spürte er jedes einzelne Jahr in seinen Knochen. Schlaff sank sein Körper in das Polster und er starrte ins das Feuer. Reglos und versteinert. Erst als etwas Salziges seine Lippen berührte, begriff er, dass er weinte. Eine Schwäche, die er seit Jahren nicht mehr zugelassen hatte. Doch nun erweckte sie in ihm ein tröstendes Gefühl. Stumm und leise suchten sich die Tränen ihren Weg. „Floyd…“, sprach er tonlos wie immer, sein Ältester sah mit starrer Miene aus den bodenlangen Fenster und regte sich nicht. „Du weißt, was du zu tun hast.“ Es war seine Strafe, ganz sicher...

„Ja“, ertönte die belegte Stimme des Älteren und Draco erkannte, dass sie zitterte.
 

Datum: 1 6 : 0 4

Uhrzeit: 2 1 : 4 5
 

„Der Stützpunkt in München ist angegriffen worden und keine halbe Stunde später hat man einen blutroten Adler gesehen!“ Ein Mann, der so gerade an der Küste von Walsh in eine herunter gekommene Kneipe stürmte, strahlte über das ganze Gesicht. Sofort wurden die Gespräche lauter und heiterer. James, welcher sich in einer hinteren Ecke befand und sein Gesicht mit mehreren Bandagen abgedeckt hatte, um nicht erkannt zu werden, sah zu der schlafenden Frau neben sich. Seit ihrer Flucht vor Todesser und auf der suche nach keinem verlassenen Stützpunkt des Phönix Ordens waren mehrere Wochen vergangen und James hatte mittlerweile begriffen, dass Kingsley, sein Onkel Percy und Astoria das ganze System umstrukturieren.

„Lasst uns nach Hogwarts gehen, bitte James.“ Molly war aufgewacht und sah ihn müde an.

„Weshalb?“, erwiderte er brummig und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier. „Uns erwartet nur eine Ruine.“

„Nein, ich bin sicher, dass der Hirsch und der Adler ein Zeichen Hogwarts sind. Die Farben sprechen dafür.“ Sie nahm ihm seinen Krug aus den Händen. „Erinnerst du dich nicht an Albus Worte, als er noch ein Kind war? Als du ihn ausgelacht hast, dass er kämpfen wollte?“

Natürlich tat er das, wie könnte er je die dummen Worte seines neunjährigen Bruders vergessen.
 

»Ich will Größeres schaffen, als auf Dad zu warten! Ich will ein Symbol für Hoffung setzten und Hogwarts wird mein erstes Ziel sein! «
 

Datum: 1 1 : 0 5

Uhrzeit: 0 6 : 5 6
 

Lauwarmer Frühlingswind kam auf und spielte mit dem dunkelgrauen Mantel des jungen Mannes. Er befand sich am Gelände der Tower Bridge und sah dem Himmel dabei zu, wie er sich langsam und zögerlich in ein helles Rot verwandelte. Die Schwärze der Nacht verschwand und hinterließ in seiner Brust das Gefühl, einen weiteren Tag etwas Gutes getan zu haben. Seine dunkelbraunen Haare wehten im Wind und deine goldenen Augen glitten über die Wasseroberfläche. Es war eine lange Nacht gewesen und Fred hatte bereits dezent darauf hingewiesen, dass er bald mehr Feuerwerkskörper benötigte, wenn sie weiterhin vor hatten größere Stützpunkte anzugreifen. Außerdem brauchten sie dringen Verstärkung, doch bislang war noch niemand nach Hogwarts gekommen, weshalb er langsam an Albus glauben, dass doch noch jemand kommen würde, zweifelte. Scorpius gähnte und zuckte kaum merklich zusammen, als neben ihm jemand apparierte.
 

„Hacke, mit diesen dunklen Haaren bist du echt schwer auszumachen!“, meckerte Albus direkt drauf los und Scorpius erkannte, dass sein Umhang leicht rauchte. Wahrscheinlich hatte dieser bei seinem kleinen Attentat Feuer gefangen. Da die Brücke menschenleer war verdrehte der ehemalige Todesser nur die Augen und wies kleinlich drauf hin: „Es war doch deine Idee, weil ich als Blondine zu schnell auffallen würde.“

„Besonders, weil alle Welt denkt, du bist tot“, murmelte Albus und schüttelte kaum merklich den Kopf. Es hatte ein wenig gedauert, bis die Nachricht zu ihnen gedrungen war, dass sein Standort, wo er sich laut der Informationen der Todesser aufhielt, gestürmt worden war. Louis und Rose schlugen sich deshalb zwar unerkannt etliche Nächte in Kneipen um die Ohren, aber nur so schafften sie es auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Die Tatsache, dass er von seiner Familie für tot gehalten würde, zeigte ihm, wie wenig es für ihn einen Weg zurück gab, wenn erst einmal rauskommen würde, dass er die Seiten gewechselt hatte.
 

Überraschender Weise legte Albus einen Arm auf seine Schulter und folgte seinem Blick auf das Wasser. „Lasst uns nach Hause verschwinden.“

Es war verblüffend, wie schnell Albus Hogwarts als sein Zuhause bezeichnen konnte, doch Scorpius würde lügen, wenn er leugnen würde, dass es bei ihm ähnlich war. Hogwarts brachte eine Wärme mit sich die er nie wieder missen wollte. Besonders als er an zwei helle blaue Augen dachte, welche ihn nach jedem Auftrag erfreut erwarteten. Zwischen Rose und ihm hatte es sich in ein Ritual umgewandelt, dass sie immer auf den jeweiligen anderen an der großen Treppe warteten. Egal ob sie erst in Morgengrauen kam, oder er früh am Abend. Jedes mal konnten sie beide damit rechnen, dass der jeweilige andere da sein würde. Mit einem leisen plopp apparierte die beiden Jungen und die Sonne ließ ihre Strahlen über das Wasser gleiten, sodass die Oberfläche glitzerte, wie ein Meer von Diamanten.
 


 

Heute ist einer der Tage an denen uns alles gelingt. Das Gefühl "Wir haben uns selbst übertroffen" wird am Ende dieses Tages unter Wahnsinn verbucht.
 


 

„Okay, weshalb feiern wir noch mal?“ Mit einer mürrischen Miene sah Louis Weasley auf den großen gedeckten Tisch vor sich. Die Küche war von den Hauselfen mit mehreren Kerzen geschmückt worden, bunte Lichter erstreckten sich an der Decke und der verführerische Duft von leckeren Essen stieg den Jugendlichen in die Nase. Fröhlich begannen die Mädchen zu essen, während Louis und Fred eher um die Wette gähnten.

„Ich würde sagen, die Tatsache, dass wir noch leben“, flötete Albus unbeschwert und biss in sein Hühnchen, dann goss er sich großzügig ein Glas Feuerwhisky ein und tat es seinen Kollegen gleich, während die beiden Mädchen abwinkten. Nach etlichen Köstlichkeiten, mehreren Krügen Kürbissaft und einem prall gefüllten Bauch lehnte sich Rose zurück und erkannte überall zufriedene Gesichter.
 

„Ich will ja niemanden zu nahe treten, aber ich würde mich nun gerne verabschieden.“ Louis gähnte ausgiebig und Rose erkannte die tiefen Ränder unter den Augen ihres Cousins. Fred schien es ähnlich zu gehen, denn auch er hang fast mit der Nase in seinem Nachtisch. Seine Augen waren geschlossen und sein Kopf stütze sich auf seine Handfläche. „Wird Zeit, dass wir nach drei Tagen Arbeit endlich mal wieder in den Genuss von Schlaf kommen.“ Er stupste Fred an und dieser sah verwirrt auf und hob die Hand als wollte er abstimmen. „Ich bin gänzlich mit Scorpius einer Meinung.“

Alice verdrehte die Augen. „Unsere Konferenz bezüglich der langsamen ausgehenden Knaller war gestern.“

„Ach ja“, murmelte Fred zusammenhanglos und erhob sich. „Wie dem auch sei, schlimm wenn wir uns in unsere Betten schmeißen?“

Niemand protestierte, weshalb die beiden glücklich von dannen schlurften und Rose ihnen grinsend nach sah. „Ich würde sagen, sie fallen gleich tot ins Bett!“
 

Albus schnaufte. „Wie armselig. Scorpius und ich haben auch viel gearbeitet und trotzdem sind wir noch fit. Vielleicht sollten wir sie mal die Drecksarbeit machen lassen.“

„Oho…“, sprach Rose zutiefst sarkastisch und schenkte ihm einen mitleidigen Blick. „Will klein Albus anfangen zu schmollen?“, sie piekte ihn in die Wange und er verzog das Gesicht. „Fang du nicht auch noch an wie Alice! Ich bin kein Hund, der wau wau macht!“

Die Freunde lachten und Albus erhob sich beleidigt. Bewaffnet mit der Flasche Feuerwhisky erhob sich der Potter und verließ mit einem tödlichen Blick die Küche. Als alle schwiegen, seufzte Alice und sprach: „Ich soll ihm nachgehen, weil ich Schuld an diesem Übel habe?“

„Solltest du, ja“, nickte Rose zustimmend und sah, wie ihre Freundin sich schweren Herzens erhob und dabei gleich eine Platte mit Essen mitnahm. „Ihr wollt ja nur alleine sein!“, ließ Alice verlauten und Rose lief rot an. „Unsinn!“ Mit einem viel sagenden Lächeln, welches Scorpius nicht bemerkte, verschwand die Dunkelhaarige ebenfalls.
 

Die junge Weasley legte den Kopf schief und musterte ihrem Gegenüber. Die dunklen Haare standen ihm gut, denn noch immer besaß er in ihren Augen das Ansitz eines Engels. Jedoch unterschied er sich nun von dem Jungen, den sie einst kennen gelernt hatte. Das was er tat, entsprachen nun tatsächlich den Taten eines Engels. Scorpius ließ von seinem Nachtisch ab und suchte in seiner Hosentasche nach den Zigaretten, die ihm Louis vor kurzen zugesteckt hatte. Angewidert verzog Rose das Gesicht und er ließ die Schachtel wieder zurück gleiten. „Na schön… ich verkneif es mir.“ Er griff zu seinem Butterbier und bemerkte ihren lächelnden Blick. „Was?“

„Nichts. Ich finde nur… das… na ja, dir die Haare stehen, du siehst deiner Mutter nun sehr ähnlich.“

Er grinste schwach, weshalb sie seufzte und sich vorbeugte. „Ich habe dir nie erzählt, was ich über sie weiß, nicht?“ Scorpius zuckte mit den Schultern. „Du wirst deine Gründe haben.“
 

„Nein. Ich war einfach ein wenig unsicher, wie du es aufnehmen würdest.“

Überrascht sah er sie an. „Ist sie so schrecklich?“

„Nein, so großartig.“ Ihr Gesichtsausdruck wurde melancholisch. „Weißt du, Astoria Greengrass ist eine sehr schöne Frau, ihr Wesen strahlt Stärke und Zuverlässigkeit aus. Niemand würde bei der Statur einer so schmalen und kleinen Frau vermuten, dass sie einen Verstand besitzt, der bislang tausende von Menschen gerettet hat. Sie ist einfach zu überragend. Innerhalb von Sekunden ist sie in der Lage eine Situation abzuwägen, die Schlüsse zu ziehen und zu handeln.“ Rose sah in ihr Glas. „Nicht jeder würde in so einer brenzligen Situation einen kühlen Kopf bewahren.“ Sie lächelte. „Als ich ihr das erste Mal begegnet bin, war ich elf. Sie ist freundlich und ihr Lachen wirkte so echt und unverbraucht, dass ich nie verstanden habe, warum eine solche Frau immer noch alleine war.“
 

Scorpius lächelte bitter. „Glaub mir, nach all dem, was ich raus gefunden habe, verstehe ich, dass sie alleine geblieben ist. Hat sie sonst noch Kinder?“

„Nein.“ Rose schüttelte den Kopf. „Aber sie ist die Patentante meiner Cousine Molly. Auch wenn sie nicht oft da war, so hat sie ihre Pflichten meiner Cousine gegenüber jedoch nie vergessen.“

Er schwieg, weshalb sie das Thema für abgeschlossen hielt. Betreten sah Rose auf ihre eigenen Hände und schrak auf, als sie plötzlich spürte, wie er sich neben sie auf die lange Bank setzte. Zum ersten Mal seit Wochen waren sie wieder alleine, etwas was ihr heftiges Herzklopfen bescherte. Zärtlich strich er ihr durch das Haar und sah sie mit einem undefinierbaren Blick an. Sie lächelte und nahm seine Hände in ihre. Erschreckender Weise bemerkte sie Schwielen und mehrere Brandblasen, doch sie schienen ihm nicht zu schmerzen oder aber, er spürte diese Art Schmerz bereits nicht mehr. „Hast du je daran gedacht wieder in die Festung zurück zu kehren?“

„Nein“, gab er offen zu und ihr Herz machte einen Hüpfer. „Es war eine gute Entscheidung gegangen zu sein. Und du, bereust du es nicht, nach Hause gegangen zu sein?“
 

Sie verneinte ebenfalls und als Scorpius den Blick abwendete, sprach sie aus, was sie bereits seit Tagen mit sich rumschleppte. „Du magst Alice, oder?“

„Natürlich, sie ist ganz nett“, erwiderte Scorpius ohne zu überlegen, doch als er ihren Blick sah, musste er lachen. „Ist da wer eifersüchtig?“

„Unsinn!“, wehrte sie ab, doch als er sie in seine Arme zog uns sie seinen Duft von Tanne einatmete, wurde ihr bewusst, dass es durchaus so war. „Okay, gut, du hast mich ertappt! Zufrieden?“

Er lachte erneut und sie spürte, dass ihre Wangen rot wurden. „Rose, Rose, Rose, darüber mach dir mal keine Gedanken. Ich stehe nicht auf Brünetten.“

„War deine Verlobte nicht schwarzhaarig?“

„Das ist etwas anderes.“

Sie löste sich von ihm und erhob sich. „Weißt du, Scorpius… ich will ehrlich sein. Mir liegt etwas an dir.“ Das Geständnis kostete sie viele Nerven und verdammt viel Mut und trotzdem tat sie es, schließlich war sie sich sicher, dass er diese Mühe wert sein würde. Ihr Herz schlug bis zum Hals und sie wagte es kaum ihn anzusehen „Aber das ich nicht weiß, woran ich bei dir bin, macht mich echt fertig!“, gestand sie und dachte an all die Abende, die sie neben ihm am Kamin eingeschlafen war. Er küsste sie nicht mehr, er machte keine Annäherungsversuche mehr, es war, als würde sie sich mit einem guten Freund unterhalten und genau das wollte sie nicht.
 

Er sah sie an, der Ausdruck auf seinem Gesicht wirkte verblüfft, dann wechselte er zu Härte und Kälte. „Wovon sprichst du?“

„V-Von einem Gefühl in meinem Herzen… was ich zum ersten mal verspüre.“ Die Worte schnürten ihr fast die Luft ab. „Und das auch nur bei dir.“ Rose musste raus aus der Küche, weg von ihm, denn das, was sie ihm gerade offenbart hatte, war alles andere als eine Zimperlichkeit. Sie hatte sich in ihn verliebt, eine Tatsache, die sie nicht mehr abstreiten konnte. Innerlich hoffte sie, dass er sie auffalten möge, sie zu fassen bekam und ihr stammelnd erklärte, dass er ähnliche fühlte.
 

Aber das Tat er nicht.
 

Und wieder einmal wurde Rose schmerzlich bewusst, wie anders er doch war. Liebe war kein Gefühl um das sich ein Todesser riss, besonders nicht wenn es von einem Mädchen aus der unteren Klasse kam, wie in ihren Fall.
 

Überfordert sah Scorpius ihr nach, es dauerte etwas, bis er begriff, was sie ihm gerade gestanden hatte.

Liebe… ein Wort, das selten jemand in seiner Familie in den Mund genommen hatte. Claire war immer rot geworden, wenn er als Kind danach gefragt hatte, was für sie Liebe war und sein Großvater hatte steht’s in die Ferne gesehen und gelächelt. Wie von selbst zog er am Ende doch die Zigaretten zur Rate und zog genüsslich dran. Als der Rauch ihn umhüllte, legte er den Kopf in den Nacken.

Wie sollte er darauf reagieren?

Natürlich mochte er Rose, er fühlte sich wohl in ihrer Nähe, genoss es bei ihr zu sein und fühlte sich in einer gewissen Art und Weise zu ihr hingezogen. Doch ob er es Liebe nennen konnte, das wusste er nicht. Denn in seinen Augen war Liebe ein starkes Wort, eins, was man nicht ohne Grund in den Mund nahm. Von Liebe zu sprechen hatte etwas Gefährliches.
 

„Sie macht abhängig“, murmelte er zu sich selbst und wiederholte nur die Worte, welche ihm einst sein Vater eingetrichtert hatte. Etwas in Scorpius sagte ihm, dass er diese Meinung nicht teilen sollte, doch an wessen Rat sollte er sich dann halten? Auf dieser Seite galten andere Werte, andere Definitionen und Richtlinien. Sie waren ihm vollkommen unbekannt und Scorpius fragte sich unweigerlich, ob er je auf jemanden treffen würde, der sie ihm abgesehen von Rose erklären würde, ohne darüber zu lachen.
 


 

Haben uns nicht immer verstanden, das als beweis für Menschlichkeit und manchmal war der Alleingang Vielleicht der goldene Weg im Nachhinein.
 


 

Fred gähnte laut, als er sich zusammen mit Louis schlussendlich auf den Weg in den jeweiligen Turm machte. Noch einmal hatten sie die Dächer überprüft und waren dabei aneinander geraten, ob es nicht gut wäre für einen eventuellen Angriff die Türme als Vorteil zu benutzten, indem man Bogenschützen aufstellte, oder nach magischen Möglichkeiten suchte. Dabei hörten sie rennende Schritte und irgendwo ein Lachen.

„Ich würde sagen… Albus hat den Alkohol ins Spiel gebracht.“, riet Louis gelangweilt und zusammen setzten sich die beiden auf eine große Fensterblatte und sahen hinaus auf die dunklen Länderein. Genüsslich steckte sich Louis eine Zigarette an und bot Fred ebenfalls eine an, doch dieser wehrte dankend ab. „Lass mal, ich bin so oder so schon zu süchtig nach Feuer.“
 

Louis grinste breit und Fred konnte es nur erwidern. „Langsam läuft es.“

„Ja, allerdings frage ich mich, ob es nicht weiser wäre, wenn es genau vier Leute gäbe, die diese Zeichen erscheinen lassen können“, überlegte der Rothaarige laut. „Aber dieser Dumbledore meinte, dass es eben genau nur vier solche Leute gäbe und das Al und Scorpius zwei Menschen sind, die sich durch Zufall am selben Ort befinden ist schon heftig.“

„Du kannst es nicht, richtig?“, erriet Louis und lehnte sich gegen das Gemäuer.

„Du doch auch nicht.“

Ertappt zuckte der Blonde mit den Schultern. Sie hatten es beide ausprobiert, doch bei ihnen hatte sich rein gar nichts getan.

„Vielleicht ist James einer von ihnen, ich meine als Sohn von Onkel Harry… oder es ist Teddy, immerhin hat er sich in Spanien einen wirklich guten Ruf gemacht, als Spion im Muggel-Ministerium.“
 

„Da muss ich die Herren enttäuschen.“

Sofort fuhren die Jungen herum und zückten ihre Zauberstäbe. Dumbledore lächelte vergnügt von einem dunklen Porträt herab und erleichtert stieß Fred die Luft aus. „Können Sie sich nicht lauter anschleichen?“

„Verzeihen Sie, aber es gestaltet sich bei solch einer Auswahl von Porträts als recht schwierig das Richtige für solch eine Ankündigung zu finden.“ Er nickte auf die vielen kleinen Bilder um sich herum und Louis strich sich angenervt durch die Haare. „Was für eine Ankündigung?“

Der alte Mann grinste bis über beide Ohren, fast so, als wäre ihm ein guter Streich gelungen. „Ich habe die letzte Person gefunden, welche den Expecto Patronum Prassimus benutzten kann. Und er ist schon auf dem Weg hier her.“

Sofort horchte Fred auf. „Die letzte Person? Aber ich dachte, es müssen genau vier sein und Scorpius und Al sind zusammen gerechnet zwei“, er klang wie ein Lehrer, der seinem Schüler die einfache Mathematik nahe legen wollte.
 

„Mr. Weasley!“, begann Dumbledore tadelnt. „Ich befinde mich durchaus in dem Zustand die einfache Mathematik anzuwenden. Ich wollte Sie lediglich unterrichten, dass Sie mir den jungen Mann nicht angreifen, wenn er sich durch den verbotenen Wald gekämpft hat.“

„Und woran erkennen wir, dass es sich um keinen Todesser oder Junkie handelt?“, harkte Fred nach und wieder lachte Dumbledore. „Meine Herren, Sie werden lediglich ihre beiden anderen Männern fragen, Sie werden ihn schon einordnen können.“
 

„Einorden in was?“, spuckte ihm auch Louis entgegen, doch bevor auch nur einer etwas anderes sagen konnte, horchte Dumbledore auf und sprach: „Da ruft jemand, ich bin dann mal weg Jungs“, er zwinkerte.

„Hey!“, Fred war aufgesprungen, aber als er das Bild erreichte, war es bereits wieder leer. „Der Alte kommt und geht, wann es ihm passt, echt sehr Verantwortungsvoll.“

Louis legte den Kopf schief. „Also nimmt Albus Plan große Formen an?“

„Ich würde eher sagen, der ganze Stress lohnt sich so langsam.“
 


 

Komm, wir bleiben noch 'ne Weile unerreichbar, denn zum Träumen ist am Ende noch viel Zeit.
 


 

Lachend ließen sich Albus und Alice auf dem Boden nieder. Sie hatten den Astronomieturm erreicht und tranken gut gelaunt den Feuerwhisky. Eigentlich hatte sie vorgehabt auf ihn aufzupassen, doch seine wechselnde Laune, und in diesem Fall ins Gute, hatten dazu geführt, dass sie sich einfach anstecken hatte lassen. Genüsslich streckte sie die Beine aus und starrte in den Sternenhimmel, welcher durch einen magischen Trick zu sehen war. „Louis hat sich hier echt was schönes einfallen lassen“, sprach sie und spürte, dass er sich neben sie legte. Alkohol stieg ihr in die Nase, weshalb Alice tief seufzte. „Al, du solltest nicht ganz so viel trinken.“ Sie richtete sich halb auf und wollte ihm die Flasche aus der Hand nehmen, doch er war stur. „Wieso, heute haben alle frei.“

„Aber das Böse schläft nicht.“

„Doch…“, brummte der Potterspross. „Auch Todesser müssen schlafen.“
 

Sie lachte verstehend und zerrte weiter an der Flasche. „Mag sein, aber trotzdem wäre es mir lieber, wenn du damit aufhört, morgen wirst du einen schlimmen Kater haben und es bitter böse bereuen.“

Alice versuchte es vernünftig, doch bei Albus war nicht viel mit Vernunft zu erreichen, weshalb sie sich weiter rüber beugte und nun mit beiden Händen an der Flasche zerrte. „Sieh mal, Al, wenn ich könnte, dann würde ich dir Rose hier her pfeifen, aber-!“

„Alice…“ Er hob die freie Hand und strich durch ihr gewelltes braunes Haar. „… du riechst nach Sonnenblumen.“ Erschrocken darüber, dass er ihr Haar berührte hielt sie inne. „Natürlich, das ist mein Shampoo, wonach sollte ich denn sonst riechen?“

„Keine Ahnung… ich habe mir nie Gedanken drüber gemacht.“

„Ach, aber jetzt hast du Zeit dafür?“ Alice lachte trocken, doch er erwiderte es nicht und als sie ihm ins Gesicht sah, erkannte sie, dass seine hellen grünen Augen sie unverkennbar musterten. „Was ist…? Langsam machst du mich echt nervös mit deiner komischen Stimmungsschwankung.“
 

Ein schwaches Grinsen schlich über seine Lippen. „Schön, dann bin ich wohl der Erste, der dich nervös macht.“

„Wer hat das gesagt?“ Sofort kroch eine verräterische Röte über ihre Wangen und sie hoffte, dass er es nicht merkte. Albus lachte. „Hast du nicht mal selbst gesagt, dass der Junge der dich nervös macht, noch geboren werden müsste?“

Alice erinnerte sich an jenem Nachmittag, als ihre beiden besten Freunde sie mit ihrem Pech beim anderen Geschlecht aufgezogen hatten und schloss kurz die Augen. „Danke, das du mich dran erinnerst, wie anziehend ich bin“, sie klang zutiefst sarkastisch.

„Nein, so war es nicht gemeint“, sprach Albus, als er begriff, dass er sie verletzt hatte, leicht beugte er sich vor und ihr Griff um die Flasche lockerte sich ein wenig.

„Sondern?“ Sie spürte seinen Atem und ihr Herz schlug so heftig, dass sie Angst bekam, er möge es vielleicht hören.

„Anders“, erwiderte er schlicht und dann tat er etwas, was ihr für Sekunden das Herz stehen bleiben ließ.
 

Weiche warme Lippen berührten ihre, zaghaft und vorsichtig. Sie schmeckte Feuerwhisky und Kürbiskuchen. Ihre Hand löste sich von der Flasche und als sie ihre Lippen zögerlich öffnete, um ihren besten Freund machen zu lassen, wonach ihm stand, erhob sich sein Oberkörper. Alice spürte Wärme in sich aufsteigen, Wärme die sich in ihrem ganzen Körper breit machte. Sie roch Vanille und hielt sich haltlos am Pulli ihres Gegenübers fest. Albus schlang seine Arme um ihre Hüfte und drehte sie, sodass er sich über sie beugen konnte. Atemlos lösten sie sich von einander und sahen sich an. Alice wollte etwas sagen, doch die Stimme versagte ihr, weshalb sie schluckte. Zärtlich strich eine Hand ihr das Haar aus dem Gesicht und noch bevor sie sprechen konnte, küsste er sie erneut. Es würde nicht bei diesem einen Kuss bleiben, dafür setzte der Verstand beider zu früh aus. Sie handelten, so wie es ihre Gefühle für richtig. Fahrig, unerfahren und ungeschickt gaben sie sich vollkommen hin, wohl wissend, dass es ein Fehler sein würde.
 

Doch keiner von beiden konnte zu diesem Zeitpunkt den Ausmaßen für ihr Handeln voraussehen. Denn der Preis den sie für diese Schwäche bezahlen würden, war enorm.
 


 

Denn es werden wieder Helden gesucht, die unter Feuer was vertragen. Unaufhaltsam, nie zu stolz, sich zu verlieren.
 


 

Die Sonne glitt auf und Scorpius öffnete schwerfällig die Lider. Er hatte schlecht geschlafen und wollte das Spiel der morgendlichen Sonne beobachten. Gähnend schritt er durch die Ankunftshalle und streckte sich, als er nach draußen trat. Seit einigen Tagen ging er morgens gerne durch das ruhige Schloss und genoss die Stille um sich herum. Seine nackten Füße, die die Kälte des Bodens spürten gaben ihm ein erquiekendes Gefühl von Freiheit. Warmer Wind fuhr durch seine Haare und er sah in den klaren Himmel. Als er in der Festung gelebt hatte, war er nie in den Genuss eines Tagesanbruchs für dich alleine gekommen, da er die Nacht über meist gearbeitet hatte und tot müde ins Bett fiel, oder aber, weil er ständig umgeben von Kameraden war. Nun setzte er sich auf das Gelände draußen auf der Treppe und sah über die Felder.
 

Die Erinnerung an dem, was Rose ihm an Vorabend gestanden kam wieder hoch und er zog erneut die Zigaretten zur Rate. Wie sollte er ihr nach diesem Geständnis gegenüber stehen, wenn er noch nicht einmal wusste, wie er reagieren sollte, oder in wie fern er diesen Worten Bedeutung beimessen konnte?

Überfordert raufte er sich die dunkelbraunen Haare und zog gelassen an seiner Zigarette. Vielleicht sollte er mit Albus darüber reden, oder mit Louis. Wobei er beim zweiten ein besseres Gefühl hatte. Bei Fred würde er sich hüten, da er dem Clown mit Sicherheit keinen sinnvollen Tipp für ihn hätte und bei Alice würde er sowieso schlechte Karten haben, da diese ohne Zweifel Roses beste Freundin war. Er würde nahezu ins offene Messer laufen.

„Super“, murmelte er und seufzte tief. „Was für eine Schande. Ein Malfoy der nicht weiß, was er tun soll.“ Er sah wieder über die Felder und stutzte. Scorpius sah erst einmal, dann zweimal hin, schließlich war er sich sicher, eine Bewegung ausgemacht zu haben. Hektisch griff er zu seinem Zauberstab und huschte die Treppen herunter. Und je näher er kam umso deutlicher wurde ihm, dass genau vier Personen auf Hogwarts zu steuerten.
 

Ihre Schritte waren schleppend und vorsichtig, denn auch sie hielten ihre Zauberstäbe fest umschlossen. Vorsichtig schritt Scorpius näher und spürte das feuchte Grass unter seinen Füßen. Dann erkannte er einmal feuerrotes und einmal weißblondes Haar. Zwei Mädchen und zwei Jungen.

„Hey, wer seit ihr?“

„Wer bist du?“, brüllte das kleinste Mädchen zurück und warf ihre rote Mähne nach hinten.
 

„Ich habe zuerst gefragt!“, witzelte Scorpius und dann blieb er stehen. „Potter?“

„Ganz genau du… Unbekannter.“ Die junge Frau neben ihr lächelte schwach und als er sie genauer betrachtete weiteten sich seine Augen. Noch nie hatte er solch ein schönes Wesen gesehen gesehen. Ihr langes silbriges Haar reichte bis zur Hüfte, ihre klaren blauen Augen strahlten Heiterkeit und Erleichterung aus. Nur mit viel Willenskraft wendete er seinen Blick ab. Er sah auf den kleinen Jungen neben der Potte. Aufmüpfig sah er grimmig zu ihm hoch und als Scorpius in die blauen Augen des Jungen blickte, wusste er, wen er vor sich hatte. Diese Farbe hatte er nur ein einziges Mal gesehen und sofort hatte sie deutliche Spuren bei ihm hinterlassen. „Hugo“, sprach er ohne nachzudenken. „Hugo Weasley.
 

Verwirrt sah der Junge auf. „Woher weißt du das?“ Sein Zauberstab zitterte und als Scorpius ihn fest hielt, zuckte er zusammen. Den ehemaligen Todesser wurde bewusst, wie viel Anstrengung es dem Jungen kostete, sich nicht auf der Stelle einzunässen. „Deine Schwester, Rose, sie ist hier.“

Die Miene des Jungen veränderte sich. Von Angst und versuchten Mut zu Ungläubigkeit und schließlich zur Freude. „S-Sie ist im Schloss?“

„Ja. Kannst dich ja selbst überzeugen.“ Sofort zischte der Junge an ihm vorbei und Scorpius sah ihm kurz nach, wie er zwei Stufen der großen Treppe auf einmal nahm. „Eure Brüder ebenfalls.“ Er sah die beiden Mädchen an. „Albus und ähm… Louis nehme ich mal an.“

Die Blonde runzelte verwirrt die Stirn. „Louis ist hier? Und warum… woher?“

„Ihr habt beide diese seltsame anziehende Ausstrahlung.“
 

„Veela-Blut“, informierte ihn die kleine Potter unnötigerweise und zog ihre Cousine an ihm vorbei. „Also No-Name, lasst uns die wirklich wichtigen Dinge mal eben klären, dann kümmern wir uns um dich.“ Sie schupste ihn mit einer Arroganz herum, die ihm merkwürdig bekannt vorkam. „Armer Al.“ Er schüttelte kaum merklich den Kopf und sah auf die letzte Person, welche misstrauisch das Schloss besichtigte. Die Kleidung des Jungen war verdreckt und abgetragen, sein Schuhwerk lädiert und sein asiatisches Gesicht wies Schrammen auf. Dunkle Augen sahen ihn argwöhnisch an und der Asiat pustete sich eine störrische Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Okay, ich ähm… bin Scorpius.“ Er reichte ihm unsicher die Hand, welche der Junge musterte, ehe er sich knapp verbeugte und dann annahm. „Shun Chang.“

Scorpius wusste nicht woher dieses plötzliche Gefühl kam, aber eines wusste er, als er die Hand des anderen berührte.
 

Sein Gegenüber beherrschte den Expecto Patronum Prassimus.
 


 

Denn es werden wieder Helden gesucht, die erst gar nicht danach fragen. Fragen wie viel, fragen weswegen, fragen für wen...
 


 

So schnell Fred konnte, rannte er die Treppen zum Astronomieturm hoch. Sein Gesicht glühte vor Freude und er suchte bereits seit einer halben Stunde nach seinen zwei besten Freunden. Durch ein Porträt hatte er den Hinweis bekommen, dass sie im Turm übernachtet hatten. „Bestimmt zu viel getrunken und dann unfähig irgendwo mit den Kopf angeschlagen.“ Er grinste bei der Vorstellung und schnappte heftig nach Atem als er die vielen Stufen endlich hinter sich hatte. Fred wischte sich den Schweiß aus der Stirn und stieß die Tür auf.

„Hey Al, du kannst dir nicht vorstellen wer hier ist und -!“, er brach ab. Mit aufgerissenen Augen sah er auf das Bild, was sich ihm bot.

Sein bester Freund schloss gerade seine Jeanshose und sah ihn ebenso geschockt an, wie er ihn, dann erblickte er Alice, die ihm den Rücken zugewendet hatte und sich ihren Pullover wieder über den Kopf zog. Etwas ratterte in Fred Kopf und er sah wieder zu Albus, welcher seinem Blick auswich.
 

„Sag mir, dass es nicht war ist…“ Er sah, wie seine beste Freundin die Arme um ihren Oberkörper schlang. „Alice, sag mir, dass es ein Scherz ist, ich meine… Seid ihr von allen guten Geistern verlassen? Verdammt Albus, Dome ist hier!“

Der junge Potter erstarrte gänzlich und schluckte kaum merklich: „Aber… wie…“

„Lily, Hugo und Dome, sie sind Scorpius gerade auf dem Feld entgegen gekommen.“

Hektisch stieß Albus Fred beiseite und rannte die Treppen herunter. Als der Rothaarige hörte, wie sein Freund die Treppen runter polterte und der Krach schließlich verstummte, wagte er es Alice anzusprechen.
 

„W-Warum… ich meine Alice, du weißt das er…“ Fred wusste nicht so recht, wie er es sagen sollte und war überrascht, als sie sich zu ihm umdrehte und ihn mit fester Miene ansah. „Ist das alles, was du mir jetzt sagen willst?“

„N-Nein.. ich ähm…“ Fred war überfordert und wusste nicht, was er nun tun sollte. „Ich… der dritte…wegen Expecto Patronum Prassimus… das bist du… und…“, er faselte unmögliches Zeug, doch als er das schmale Lächeln seiner besten Freundin sah, wusste er, dass er recht hatte. Die Frage nach dem Warum lag ihn auf der Zunge und doch schluckte er sie angesichts der Ereignisse runter. „Kommst du nach?“, hilflos sah er sie an und sie nickte kaum merklich, zögerlich verließ Fred das Zimmer und schloss die Tür hinter sich, doch bevor sie zu fiel, hörte er, dass Alice verzweifelt versuchte ihren Schluckauf zu verbergen. Nach all den Jahren Freundschaft wusste er, dass sie nur Schluckauf bekam, wenn sie mit aller Macht versuchte Tränen zu unterdrücken.
 

Geistig abwesend schlug Fred sich gegen die Stirn. Das was er immer befürchtet hatte war eingetroffen. Er hatte schon länger vermutet, dass sie sich in Albus verliebt hatte, doch eigentlich war er immer davon ausgegangen, dass niemals zwischen ihnen etwas sein würde, weil Albus vernünftig genug war, um ihr Herz nicht anzutasten. Doch nun hörte er es förmlich in tausend Teile zerbrechen.
 


 

Dass wir was finden, war für uns von vornherein klar und wir nehmen es uns raus, ein bisschen mehr von dieser Welt zu sehen. Ein kleines Stückchen Ewigkeit versteckt sich hinter uns.
 

Fortsetzung folgt…

Ein Wink der Zukunft.

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Wir kommen von einem langen Weg, aber wir werden nicht zeigen wo wir waren. Ohne Erfolg, ohne schöne Zeiten, aber denk daran…
 


 

Scorpius schritt hinter den jungen Asiaten in die große Halle. Unwillkürlich war er wachsamer geworden und hatte ein ungutes Gefühl dabei, diesen Shun Chang wie einen Freund aufzunehmen. Wobei die Definition von Freund sowieso nicht der seiner Mitstreiter übereinstimmte. Für sie war Freund jemand, der dieselbe Meinung vertrat und mit dem man Seite an Seite kämpfte. Für ihn war ein Freund jemand, mit dem man Seite an Seite starb und dem man etwas anvertraute, was einen unschätzbaren Wert mit sich trug.
 

Sein Leben.
 

Bislang war Scorpius erst einer einzigen Person begegnet, bei der er bereit gewesen war, den Titel des Freundes zu benutzen. Richard Zabini. Ihn zurückzulassen, hatte ihn geschmerzt, zumal er seinen langjährigen Gefährten gern in den Plan seines Großvaters eingeweiht hätte, anstatt ihn zurückzulassen. Immer wieder, wenn er nachts nicht hatte schlafen können, hatte Scorpius an Richard denken müssen, ebenso an Claire und sich gefragt wie es den beiden ergangen sein mochte.
 

„Und das habt ihr alles alleine aufgebaut? Wahnsinn!“, erstaunte sich die junge Potter und sah sich mit großen Augen um. „Kaum zu glauben, dass in euren Köpfen tatsächlich so etwas, wie logisches Denken existiert.“

Louis, der bereits seine Schwester begrüßt hatte, gab ihr eine leichte Kopfnuss, weshalb Lily ihm die Zunge herausstrecke. „Ist doch wahr! Wenn wir bei Tante Audrey einen Test über einfache Haushaltszauber geschrieben haben, seid ihr immer alle durchgefallen. Außer natürlich Rosie!“
 

Scorpius sah, wie die Rothaarige schwach lächelte und sich aus der Umarmung ihres Bruders befreite. Hugo schien peinlich berührt, als er still und heimlich ein paar Tränen vor Freude verdrückt hatte. „W-Wie bist du eigentlich… den Todessern entkommen?“, hickste der Jüngere und zog so die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Dominique löste den hellblauen Schal von ihrem ihren Hals und runzelte die Stirn. „Richtig. Tante Ginny hat gehört, dass du in der Menschenmenge haltlos untergegangen bist.“

„Ähm… Scorpius hat mir ähm… irgendwie geholfen, aus dem Chaos zu kommen“, log sie und mied bewusst den Blick des jungen Malfoys.
 

Hugo sah Scorpius skeptisch an und fragte: „Wie das? Es war doch ein vollkommenes Durcheinander, seid ihr nicht aufgefallen?“

„Nein“, erklärte Scorpius sachlich. „Schließlich waren es meine Leute die sie mitgenommen haben.“ Er lehnte sich gegen eine hohe Säule und sah die verwirrten Gesichter der Neuankömmlinge. Niemand schien zu verstehen, niemand außer Shun Chang. Augenblicklich zog er seinen Zauberstab hervor und richtete ihn genau auf Scorpius Nasenspitze. Sein Gesicht war wutverzerrt und Scorpius erkannte einen überraschenden und vollkommen hilflosen Gefühlsausbruch. „Todesser!“

Sofort verschwand die fröhliche Atmosphäre und Scorpius sah aus dem Augenwinkel, wie Louis zu seinem Zauberstab griff. „Was tut ein verdammter Todesser hier?“, spuckte Shun ihm entgegen. Der junge Malfoy ließ sich zu einem leichten Lächeln herab. „Dasselbe wie ein verbitterter Junge.“
 

Louis trat auf die Beiden zu und legte eine Hand auf die Schulter des Asiaten, um ihn ein wenig von seinem Gegenüber weg zu ziehen. „Scorpius ist der dritte, der den Expecto Patronum Prassimus beherrscht. Albus, mein Cousin, ist der andere“, die Stimme des Blonden war ruhig und Scorpius selbst sprach: „Ich würde dir raten, es zu lassen.“

Shun verzog das Gesicht höhnisch. „Ach und weshalb?“ Ohne Scheu umfasste Scorpius das Handgelenk seines Gegenüber, seine Miene war starr und sie sahen einander unentwegt an. „Was bringt es dir, mich jetzt umzubringen?“

„Eine ganze Menge!“, zischte Shun. „Da wäre zum Beispiel Zufriedenheit, Rache und gestillte Ruhelosigkeit, durch einen einzigen Mord.“
 

„Dann räche dich an der Person, die dir so viel Leid angetan hat!“ Die Stimme von Rose riss Scorpius aus seine Anspannung. Ruhig und gefasst war sie durch die Reihen getreten und trat hinter Shun. Zärtlich legte sie die Hand auf seinen Arm und Scorpius sah, dass sie seinen Blick mied. „Es wird dir nichts bringen Blut an deinen Händen kleben zu haben, das nicht böse ist“, sie sprach ruhig und bedacht. „Scorpius hat mich gerettet und geholfen Hogwarts wieder aufzubauen… und er hat durch seinen Adler Hoffung verbreitet. Wenn du ihn jetzt tötest, dann tötest du die Hoffung ebenso.“

Shun kämpfte einen inneren Konflikt, Scorpius sah es in seinem Gesicht, doch letzten Endes ließ er zögerlich die Hand sinken. „Elender Todesser!“, zischte er und drehte sich um. Im sicheren Abstand neben Hugo und Lily blieb er stehen. Scorpius wollte Rose gerade danken, als sein Blick auf Albus fiel. Stürmisch stolperte er die Treppen runter und als er sah, weshalb das Gesicht des jungen Potters vor Freude glänzte, verstand er. Das Mädchen, auf das Albus gewartet hatte, war die hübsche Veela.
 

„Dominique! Du bist tatsächlich mitgekommen!“ Er zog sie überschwänglich in seine Arme und die junge Frau lachte glockenklar. Es war in Scorpius Ohren ein schönes Lachen und der Todesser bemerkte, dass er dem Veela-Charme ebenso auf dem Leim ging, wie viele bereits vor ihm. „Natürlich, wir haben uns an Lilys Worten gehalten und Hugo hat uns schließlich abgepasst und sich angeschlossen.“

Zärtlich zerzauste Albus die Haare seiner kleinen Schwester, nickte Hugo zu und wendete sich wieder an Dominique. „Soll ich dir das Schloss zeigen? Wir haben hier echt was aufgebaut!“ Es schien, als würde alles in den Hintergrund rücken. Noch nicht einmal die Anwesenheit des jungen Asiaten schien Albus aufzufallen. Und unweigerlich musste Scorpius lächeln, als er die roten Wangen seines Mitstreiters bemerkte und unentwegt vor sich hin plapperte. Lily gab ebenfalls immer ihren Kommentar dazu und zu dritt machten sie einen solch vertrauten Eindruck, dass Scorpius einen leichten Anflug von Neid in sich aufsteigen spürte.
 

„James und Molly können also auch nicht mehr weit sein“, die merkwürdig kühle Stimme Alices ließ ihn herumfahren und Scorpius sah augenblicklich, dass etwas nicht stimmte. Ihre Haltung wirkte steif und die einstige Fröhlichkeit war weg.

„Wieso James und Molly? Sie arbeiten doch für den Phönix Orden“, erwiderte Rose und er war sich nicht sicher, ob auch diese etwas von der Veränderung ihrer Freundin mitbekommen hatte. Alice schüttelte den Kopf. „Ich habe gerade Dumbledore getroffen, den alten Mann im Porträt. Ein Stützpunkt ist gefallen und bislang gelten James und Molly als unauffindbar. Und da der Phönix Orden sofort seine Systeme umstrukturiert hat, weiß niemand wo sie sich im Moment befinden.“

Rose sah zu Lily, diese schlug angesichts der Nachricht die Augen nieder und die Ältere wusste sofort, dass sich ihre kleine Cousine bereits seit Jahren schreckliche Sorgen um ihren ältesten Bruder machte. Albus dagegen zuckte nur lasch mit den Schultern und Scorpius schien es, als pflegte dieser ein ähnlich schlechtes Verhältnis zu seinem Bruder wie er. Was er dem Schwarzhaarigen angesichts seiner Erfahrung mit älteren Geschwistern nicht verübeln konnte.
 

Fred trat in die Mitte der Empfangshalle und sprach: „Jetzt wo alle Erben zusammen sind, können wir ja den direkten Angriff starten und die Feuerwerkskörper erweitern.“

Vollkommen verwirrt runzelte Scorpius die Stirn. „Hogwarts besteht aus vier Gründern, wir sind nur drei.“ Er zeigte auf Albus, Shun und sich selbst.

„Expecto Patronum Prassimus.“ Überrascht fuhr der junge Malfoy herum und starrte das fast himmelblaue Einhorn an, welches durch die Halle galoppierte, vom Boden abhob und durch ein Fenster verschwand. „Nein, wir sind vollzählig.“, erklärte Alice schrecklich sachlich, ihr Blick traf den von Albus. Dieser verzog das Gesicht, vor Unglauben und Wut drüber, dass sie nichts gesagt hatte. Scorpius konnte sich denken warum. Er schwieg und schenkte Rose einem kurzen Blick, doch diese schien genauso ratlos. „Ich weiß es erst seit gestern Abend, als ich es vor dem Essen ausprobiert habe“, klärte Alice die offene Frage und sah zu Shun. „Wie sieht dein Patronus aus?“

„Ein goldener Waldkauz“, erwiderte Shun knapp und bevor auch nur einer etwas dazu sagen konnte, nahm Alice die Führung des Gesprächs in die Hand. „Wie Fred schon sagte, es wird Zeit, dass wir uns an etwas Größeres heranwagen.“
 

„Und das wäre?“, spukte Albus ihr mit verkniffener Miene entgegen. Fred lächelte spitzbübisch. „Jetzt, da wir mehr Unterstützung haben, können Rose, Louis und ich euch helfen. Dome, Hugo und Lily können hier die Stellung halten und wir uns aufteilen. Nach meinen Informationen braucht ein verstecktes Dorf im Süden Nahrung, sonst müssen sie ihr sicheres Versteck verlassen. Außerdem haben wir Dank Scorpius einige Pläne erhalten, sprich: wir könnten Überfälle vereiteln und einige Waffenlager plündern.“
 

„Du hast dir ja richtig Gedanken gemacht“, witzelte Louis und Fred zog breit grinsend etwas aus seiner Jeanstasche. „Natürlich und ich habe auch schon alle Schachzüge fertig.“ Die Gruppe kam näher und als er das Papier auf faltete, wurde Scorpius bewusst, dass er es mit durchaus klügeren Köpfen zu tun hatte, als vorerst angenommen. Während Fred seinen Plan erläuterte und Louis an einigen Ecken ausbesserte, glitt der Blick des jungen Malfoys zu Rose. Seit gestern mied sie ihn. Fast so, als wäre es ihr unangenehm, was sie ihm gestanden hatte. Etwas, was er nicht verstand. Schließlich gab es seiner Meinung nach keinerlei Grund dafür. Schweigend lauschte er den Ausführungen der beiden Weasleys und gab sich einverstanden damit, zusammen mit Fred Essensvorräte zu klauen und einem Dorf weiter zu leiten.
 

„… dann würde ich sagen, treffen wir uns um sechs, damit wir uns zusammen aufmachen können. Denn laut Dumbledore gibt es einen einzigen Ort, von dem man auf Hogwartsgelände apparieren kann.“ Freds Stimme verstummte und Lily zog freudig an den Ärmel ihres Bruders. „Und jetzt zeigst du uns Hogwarts, Al!“

Dominique lächelte zart und zerrte ebenfalls an Albus. „Damit wir uns spätestens heute Abend ein ganz klein wenig auskennen.“ Die grünen Augen leuchteten und er verschwand mit den beiden Mädchen. Louis dagegen erbarmte sich Shun gegenüber und Alice schloss sich ihnen an. Rose hörte, dass Fred noch einige Fragen an Scorpius hatte und beschloss diesen Moment zur Flucht zur nutzen. Mit flinken Füßen huschte sie die Treppe hinauf, bis sie schließlich in die ehemalige Bibliothek trat. Sie mochte diesen Ort, auch wenn viele Regale noch leer standen, da einige Bücher ihre Existenz bei einem großen Feuer hatten einbüßen müssen.
 

Mit klopfenden Herzen schritt Rose zwischen den hohen Regalen entlang und schluckte heftig. Sie bereute es, was sie am Vorabend getan hatte.
 

Wie naiv sie gewesen war.
 

Der Zeitpunkt war denkbar schlecht gewesen. Hinzu kam, dass sie ihn nahezu überfallen hatte. „Du bist so verdammt dumm, Rose!“, sprach sie mit sich selbst und lehnte die Stirn gegen ein Regal.

„Dumm würde ich dich nicht nennen. Eher quer denkend.“

Gelassen schritt Scorpius an dem großen Regal entlang und musterte alle Bücher, welche sie hatten finden können, als sie mit dem Aufbau begonnen hatten. Rose wendete sofort den Blick ab und lehnte sich gegen die Bücher. Sie wollte ihn nicht sehen, wollte nicht spüren, wie ihr Herz bei seinem Anblick automatisch schneller schlagen würde und sie wollte verhindern, dass sie hinterher etwas tat, was sie später erneut bereuen würde. Seine Schritte hallten unnatürlich laut in ihren Ohren wider und als er vor ihr stehen blieb, atmete sie unweigerlich den Geruch von Tanne und Minze ein.
 

„Es regnet“, sprach er zusammenhanglos und Rose folgte seinem Blick, der zum Fenster gerichtet war. Klare, feine Regentropfen trommelten sanft gegen die Scheibe. „Ja“, antwortete sie knapp und wollte sich an ihm vorbei schieben, als er sie fest hielt. Seine braunen Augen sahen fest in ihre und seine Miene war ungewohnt ernst. „Was ist los mit dir?“

Verwirrt stammelte sie: „I-Ich weiß nicht w-wovon du sprichst.“ Doch davon ließ Scorpius sich nicht beirren und verstärkte seinen Griff um ihr Handgelenk. „Davon, dass du dich so seltsam verhältst.“

Unsicher lachte Rose. „Was erwartest du von mir? Ich meine, nachdem was ich dir gestern Abend gesagt habe.“ Sie erkannte eine ungewohnte Regung in Scorpius Gesicht und wagte es nicht weiter zu sprechen. „Und wegen so etwas nichtigen kannst du mir nicht mehr in die Augen sehen? Ich bitte dich, Rose!“, er klang belustigt und der Hohn in seiner Stimme war für sie wie ein bitterer Schlag in den Magen. „Wegen so etwas nichtigen?“, wiederholte sie ungewollt heftig. „Du nennst es nichtig?“
 

Unwirsch zuckte er mit den Schultern. „In meinen Augen ist es das.“

Der Boden unter Roses Füßen gab nach und mit einem Mal verstand sie. Die Welt in der Scorpius aufgewachsen war, war vollkommen anders als ihre. „Wie definierst du dann das Wort Liebe?“ Es hatte sie viel Mut gekostet diese Frage auszusprechen und erneut zuckte er mit den Schultern. „Nenne es meinetwegen Spaßhaben, oder ein wenig Vergnügen. Wenn beide Menschen in dieselbe Richtung denken, was dies angeht, so würde ich sagen, ist die Definition ähnlich.“

Seine Erklärung war so brutal und typisch für Menschen seiner Sippschaft, dass sich eine kalte Hand um ihr Herz legte. „Spaß zu haben und Liebe sind zwei verschiedene Dinge“, zischte sie und sah ihn angewidert an, doch noch immer konnte sie diesen überheblichen Ausdruck in seinem Gesicht erkennen. „Ich glaube kaum.“

Und dann tat er das, womit er sie bereits beim ersten Mal vollkommen aus der Bahn geworfen hatte.
 

Er küsste sie.
 

So leidenschaftlich und besitzergreifend, dass Rose mit dem Rücken gegen das Regal stieß und sie sich an seinen Schultern festhalten musste. Seine kühlen Lippen auf ihren heißen fühlten sich an, wie etwas selten Verbotenes. Und erneut ließ sie es geschehen, öffnete ihren Mund um ihn schmecken zu lassen und spürte wie er durch ihr langes Haar strich. Ihre Gedanken rasten, doch die Hitze, welche in ihr aufstieg, machte es ihr unmöglich klar zu denken. Seine Hände verließen ihr Haar und griffen nach ihrer Hüfte, um sie näher an sich zu ziehen. Sein Atem streifte ihre Wange und erst, als hinter ihr ein paar Bücher umfielen, schaffte sie es, ihn von sich zu drücken indem sie ihre Hände gegen seine Brust stemmte. Heftig atmend sah sie ihn an und erkannte erneut den Anflug eines wissenden Lächelns auf seinen Lippen. Kaum hörbar sprach er: „Deine Definition von Liebe und meine, lassen sich miteinander verknüpfen.“ - „Nein!“, erwiderte Rose heftig und schüttelte den Kopf. „Du beziehst sich dabei auf das Körperliche“

„Was dir eine Menge Spaß macht“, klärte er auf und sie funkelte ihn böse an. „Diesen Spaß – wie du es nennst, will ich nur mit jemand erleben, der die gleichen Erwartungen an die Liebe hat, wie ich.“
 

Scorpius sah sie herablassend an. „Das ist doch Unsinn!“

„Nein, ist es nicht!“, fuhr sie ihn an. Sie schlug seine Hände weg. „Warum sagst du mir nicht gleich, dass ich dir eigentlich vollkommen gleichgültig bin und gerade dazu ausreiche, die Beine breit zu machen um diesen Spaß zu erleben!“, sie klang verletzt und Scorpius verzog das Gesicht. Dann lachte er. „Was für ein Blödsinn. Du weißt genau, dass ich dich nicht nur deswegen schätze. Wenn ich gewollt hätte, dass du bei drei deine Beine spreizt, dann hätte ich damals gewiss zu anderen Mitteln gegriffen.“ Es lief ihr eiskalt den Rücken herunter, als ihr bewusst wurde, wovon er sprach. „Und warum hast du es nicht getan, wenn du doch eigentlich nur deinen Spaß haben wolltest?“ Rose hob den Kopf und erkannte zum ersten Mal seit sie ihn kannte, Ratlosigkeit. Scorpius stieß sich vom Bücherregal ab und wendete den Blick von ihr.
 

„Ich weiß es nicht.“
 

Etwas in Rose zerriss und sie verließ so schnell sie konnte die Bücherei. Erneut flüchtete sie vor ihm und es war erschreckend, dass es bereits das zweite Mal innerhalb zwei Tagen war. Es tat gut zu wissen, dass sie am heutigen Abend für einige Stunden weit weg von ihm kommen würde. Zusammen mit Alice würde sie ihren Auftrag gerecht erfüllen und Ablenkung bekommen. Ablenkung, die ihr gut tun würde.
 


 

Ich verstehe die Bedeutung von "ich kann dieses Gefühl nicht beschreiben" Es fühlt sich so unecht an. Dafür kann ich nachts ich die Hand sehen, die mich an die Tatsachen der Wahrheit erinnert.
 


 

Nach Luft schnappend vergrub sie ihre Fingernägel in das weiße, seidige Laken. Eine dünne Schicht aus Schweiß hatte ihre Haut überzogen. Claire Mirabelle Malfoy schloss kurz die Augen und zählte innerlich bis zehn, dann atmete sie den verhassten Geruch von Nikotin ein. Sie lag unbedeckt auf dem Bauch und neigte leicht den Kopf. Scheinbar gleichgültig drehte ihr Verlobter den kleinen Stängel zwischen seinen Fingern. Hier, im düsteren Raum schien sich Elliott besonders wohl zu fühlen. Bislang hatte Claire erstaunliche Eigenarten an ihm beobachten können.
 

Er mochte den Morgen, besonders wenn die Sonne schwach hinten den Wolken verweilte, es schien als würde er den Anbruch eines neuen Tages genießen, wenn er kurz am Fenster stehen blieb und hinaus blickte. Im Gegensatz zu ihrem Bruder, welcher sein bester Freund war, mochte er keinen Lärm in den eigenen Räumen. Anlässe und spontane Feten besuchte ihr Verlobter nur widerwillig. Auch hielt er sich nicht gerne in geschlossenen Räumen auf, den egal wann immer er eine Möglichkeit erkannte, verschwand er nach draußen. Schachzüge und Pläne waren für ihn eine lästige Angewohnheit, da er des Öfteren fallen gelassen hatte, dass solch ein Papierkram am Ende sowieso umstrukturiert werden müsse.
 

„Was ist?“, seine raue barsche Stimme ließ sie die grauen Augen abwenden. Elliott hatte sich aufgesetzt und verzog leicht das Gesicht, als sein Rücken das Kissen berührte. Sofort verfärbten sich Claires Wangen rot, denn sie hatte es wieder getan. In den letzten Wochen hatte er ihr jeden Tag mehrmals beweisen wollen, dass er die Macht besaß mit ihr machen zu können, wonach ihm der Sinn stand. Sie trotze ihm, so lange sie konnte, denn er erwies sich als ein besserer Liebhaber, als sie bislang angenommen hatte. Immer wieder hatte sie die Kontrolle verloren und es beschämte sie, dass er es wusste. Ihr Verlobter lehnte sich nach vorne und zog die Knie zum Körper. „Sei so gut und kümmere dich drum.“ Lange Spuren von Fingernägeln zogen sich über seinen makellosen Rücken und Claire griff beschämt zu ihrem Zauberstab. Mit einem simplen Spruch schlossen sich die feinen Wunden und sie legte den Zauberstab erneut zur Seite. Etwas unbeholfen hatte sie die weiche Bettdecke über ihren Körper gezogen. Denn egal wie oft er mit ihr schlief und egal ob er von sich aus bereits behaupten konnte, dass er ihren Körper besser kannte, als ihr lieb war, sie besaß ihm gegenüber immer noch eine Schamgrenze.
 

Elliott blies den Rauch aus und sein Blick glitt zu ihr. Leicht neigte er den Kopf und ein schwaches Grinsen schlich über seine Lippen. „In drei Tagen hörst du auf, mich verarschen zu wollen.“

Nicht verstehend hob sie den Kopf und er stieg nackt aus dem Bett. Gleichgültig griff er zu seiner Kleidung und begann sich anzuziehen. Claire versuchte sich zu entsinnen, was er gemeint haben könnte. Sie wusste, dass in drei Tagen der Moment ihrer Vermählung gekommen war, aber seine Verstimmung ließ sich dadurch nicht erklären. „Was meinst du?“, sie klang naiv, was ihn noch mehr zu reizen schien. In schnellen Schritten, trat er um das Bett herum und riss die Nachttischschublade neben ihr auf. Als er eine kleine Dose herausholte, versteifte sich ihr Körper. „Ich habe dir bereits gesagt, dass du die nicht mehr brauchst. Stell meine Geduld nicht weiter auf die Probe!“ Er zerdrückte die Dose und dessen Inhalt. Claire zwang sich keine Miene zu verziehen und schluckte hart. „Und ich habe dir gesagt, dass ich es zu früh finde.“

„Es ist nie zu früh.“

„Doch!“, wagte sie es ihm zu widersprechen, was sie prompt bereute. „Mit dir zu schlafen ist eine Sache, aber dir den rechtmäßigen Erben zu schenken eine andere.“
 

Er ließ die zerdrückte Dose fallen und sie war sich mehr als nur sicher, dass sie dessen Inhalt nicht mehr als Verhütungsmittel benutzen konnte. Seine Hand griff in ihr langes Haar und sie wartete auf die Gewalt, doch es kam zu keiner. „Seltsam, das du genau dies nicht als Möglichkeit siehst, mich hinzuhalten.“

„Bitte?“

Elliott drückte sie auf den Rücken und saß nun auf ihr, seine Hände umschlossen ihre Handgelenke und drückten sie neben ihren Kopf auf das Laken. „Sieh es doch so, wenn du schwanger wärst, würde ich meine Finger von dir lassen. Aber andererseits, wenn du nicht willst, dass du schwanger wirst, scheint dir der Sex zu gefallen.“

Es war eine unverschämte Behauptung und er wusste es. Doch Claire war nicht bereit sich von ihm provozieren zu lassen. Kühn reckte sie das Kinn und sprach: „Nein. Du weißt, dass ich nur mit dir schlafe, weil ich mich den Worten meines Vaters fügen muss. Das hat nichts mit deinen jämmerlichen Fähigkeiten als Liebhaber zu tun.“
 

Lachend ließ er ihre Hände los und zum ersten Mal seit sie ihn kannte, hatte sie das Gefühl, dass er ehrlich amüsiert war. Vergnügt ließ er seine Hände unter die Decke wandern und strich über ihren nackten Bauch. „Wenn es eines gibt, was du nicht kannst, Mirabelle, dann ist es lügen.“ Er streichelte ihre Brüste und setzte hinzu: „Besonders wenn dein Körper dich jede Nacht erneut verrät.“

Claire versuchte seine Hände beiseite zu schieben, doch das einzige, was ihr gelang, war ihn in seinem Tun zu stoppen. Sie versuchte sich aufrecht hinzusetzten, was ihr nur mäßig gelang und sprach: „Es ist zu früh, Elliott. Du bist kaum zwanzig und deine Position vor dem dunklen Lord ist noch nicht gefestigt.“
 

Ein wenig überrascht hob er eine Augenbraue und sie fuhr fort: „Du leitest im Moment sehr riskante Attentate, wenn dir etwas dabei passiert und ich schwanger werde, dann wird das Kind ein Bastard. Denn in den jetzigen Reihen gibt es niemanden, der das Kind eines anderen Mannes anerkennen würde. Weder Zabini, noch Nott. Willst du das?“

Er hatte darauf plädieren wollen, dass ihre eigene Mutter, bei der Geburt ihres Bruder selbst erst siebzehn Winter gezählt hatte, doch jetzt, wo er ihre ernste Miene sah, begriff er, dass es ihr tatsächlich ernst damit war.
 

Sie saß ihm nun gegenüber und bemerkte die jugendlichen Züge in seinem Gesicht, die verrieten, dass er tatsächlich erst 19 Jahre alt war. Scorpius hatte ein ähnliches Wesen besessen. Von seinen Gedanken her, war ihr kleiner Bruder seinem älteren Bruder immer Jahre voraus gewesen. Bei Elliott war es sein Handeln. Er tat kalt und emotionslos, wenn er seine Arbeit nachging, doch tief in seinem Inneren hatte er einst einen Konflikt zu kämpfen gehabt. Sie wusste es, weil ihre Mutter ihr verraten hatte, dass die Schamgrenze irgendwann zu Eis gefriert und sie sich sorgen darüber gemacht hatte, weil es bei Floyd bereits im frühen Alter der Fall gewesen war. Ein Menschenleben weniger störte ihn bereits nicht mehr und besonders nach Scorpius Tod hatte Claire das Gefühl, dass ihr älterer Bruder mit diesem Verlust nicht klar kam. Er war aufs äußerste brutal, ließ keinen Mord aus und behandelte seinen Zeitvertreib so sadistisch, dass ihr das Blut in den Adern gefror. Claire vermutete, dass mit Scorpius' Tod eine Schmerzgrenze bei Floyd überschritten worden war, schließlich würde er sich sonst nicht so barbarisch aufführen.
 

„Natürlich nicht“, schloss Elliott ihren Gedankengang. Sie lächelte schwach und lehnte ihre Stirn gegen seine. Noch konnte sie die widersprüchlichen Gefühle zu ihm nicht einordnen. Auf der einen Seite hasste sie ihn für seine Arroganz und Rücksichtslosigkeit, aber auf der anderen Seite versprach er nichts, was er nicht halten konnte und stand ihr mit ungeschorener Ehrlichkeit gegenüber. „Wer führt das Attentat dieses Mal an?“

„Dein Bruder, wie immer. Dieses Mal gibt es lediglich einen Ortswechsel. San Francisco bietet bessere Möglichkeiten einen neuen Stützpunkt aufzubauen, als New Jersey. Das Waffenlager soll also umfunktioniert werden, sprich, es wird unnötige Arbeit.“
 

„Etwas, was du doch schrecklich gerne machst.“

Elliott erhob sich träge und schenkte ihr einen missgelaunten Blick. „Wenn ich wieder komme, wirst du mich für diese vergoldete Zeit entschädigen.“

Sofort zog sich Claires Magen zusammen, doch sie ließ sich nichts anmerken. „Was wäre dem Herr den recht? Ein gutes Abendessen, eine Massage oder-!“

„Eine reizende Verlobte, die mich nackt erwartet.“ Er zog sich seinen Pullover über den Kopf und konnte so gerade noch ein Kissen Abfangen, welches seinem Kopf gefährlich nahe kam.
 

Brummend kämpfte sich Claire aus dem Bett und rutschte fast von der Bettkante, als sie das Kissen als Revanche an den Kopf bekam. Mit hochrotem Kopf drehte sie sich um, erkannte aber, dass die Tür so gerade ins Schloss fiel. Sofort schloss sie ihren Mund wieder, wo sie gerade dabei gewesen war ihm ein paar heftige Wörter entgegen zu schleudern. Seufzend bückte sich Claire und hob die kleine zerdrückte Dose auf. Als sie diese in den Händen hielt, wurde ihr ein weiterer Grund bewusst, weshalb sie noch nicht bereit war den Wunsch nach einem Erben nachzukommen. Sie selbst traute sich nicht zu, in ihrem Alter Mutter zu werden. Denn wenn es eines gab, was sie mit Bestimmtheit sagen konnte, dann dass sie wollte, dass ihr Kind nicht für den dunklen Lord Drecksarbeit erledigen musste. Das Gefühl, das eigene Kind ziehen zu sehen und nicht zu wissen ob es wieder kommt oder nicht, wollte sie sich selbst ersparen.
 


 

Ich verstehe die Bedeutung von "ich kann dieses Gefühl nicht beschreiben" Es fühlt sich so unecht an. Dafür kann ich Nachts kann ich die Hand sehen, die mich an die Tatsachen der Wahrheit erinnert.
 


 

Missmutig sah sich Scorpius in der verlassenen und arg heruntergekommenen Hütte des Wildhüters um. Staub stieg ihm in die Nase und er bemerkte den skeptischen Blick von Fred. Sie sollten für den heutigen Abend zusammenarbeiten und die Vorräte ins besagte Dorf bringen. Shun, Albus und Louis sollten ein Attentat verhindern. Rose und Alice kümmerten sich um das Waffenlager, etwas, was Scorpius gar nicht gefiel, doch seine Meinung war in der allgemeinen Abstimmung untergegangen.

„Also um Punkt zwölf sind alle wieder oben im Schloss, wenn nicht werden wir davon ausgehen, dass ihr tot seid“, schloss Albus und er warf einen knappen Seitenblick auf die beiden Frauen. Rose verdrehte die Augen. „Es wird schon klappen, schließlich sind wir bestens gerüstet!“

„Genau!“, stimmte Fred fröhlich mit ein und ließ mehrere verstimmte Blicke über sich ergehen. „Hey, Rosie war diejenige, die uns bei den kleinen Wettkämpfen immer geschlagen hat.“
 

Verwirrt sah Scorpius zu Albus, dieser schüttelte abwinkend den Kopf. „Onkel Bill hat uns hin und wieder Unterricht im duellieren gegeben. Rose hat aus Louis und mir immer Eulenscheiße gemacht.“

„Und ich werde es wieder tun, wenn du nicht langsam aufhörst mit diesen Geplänkel!“, sie warf ihren langen Zopf nach hinten und reckte das Kinn. Erneut verdrehte Albus die Augen und wendete sich ab, dabei fiel Scorpius auf, dass er Alice bewusst mied. Definitiv hatte er etwas verpasst, denn es war nicht Albus Art seine beste Freundin zu ignorieren. Er bemerkte parallel dazu, dass Fred sich ebenfalls vollkommen neben der Spur benahm, wenn er mit einem von beiden direkt sprach. Es war, als wollte er ihnen etwas mitteilen, ohne dabei irgendetwas Wichtiges zu verraten. Fast wie bei dem Spiel „Stille Eule“, wo jeder ein kleines Wörtchen weiterflüsterte.

„Also, viel Glück!“, sprach Albus und hob den Zauberstab. Alle in der Hütte taten es ihm gleich und innerhalb von Sekunden veränderte sich Scorpius Umwelt. Sein letzter Blick galt Rose, die seit dem Vorfall in der Bibliothek distanzierter den je zu sein schien, dann sah er auch schon auf mehrere gut gefüllte Regale.
 

Fred leuchtete mit einem einfachen Lumos voran und zog zwei Säcke aus irgendwo hervor. „Hier, steck' so viel ein, wie du kannst, sie sind magisch vergrößert.“ Scorpius nickte knapp und tat, was er verlangte. Alles, was er für wichtig hielt: Brot, Obst, Gemüse, Milch, Käse - er verlor den Überblick- fand den Weg ins Innere des Sackes. Gleichzeitig bemerkte der junge Malfoy, dass der Sack immer schwerer wurde, obwohl sich die Produkte im Inneren verkleinerte. Er bemerkte, dass Fred auch vor Süßigkeiten nicht halt machte und Scorpius schellte sich dafür, dass er nicht daran gedacht hatte, dass gerade Schokolade bei Schocksituationen gut sein würde. „Wie groß ist das Dorf?“, wollte er wissen, als sie Seite an Seite Konserven mitgehen ließen. „Klein genug, dass es von deiner Sippe noch nicht entdeckt wurde.“

„Haben sie eine gute Abwehr?“

„Nein“, brachte Fred schwach heraus. „Es sind überwiegend ganz alte Leute und Kinder, die zusammen leben. Also zu schwach um zu kämpfen.“
 

Nach kaum zwanzig Minuten waren die Säcke so schwer, dass Scorpius seinen kaum noch heben konnte. Ächzend apparierte er erneut und sank kurz darauf in Matsch ein. Neben ihm stöhnte Fred, als er das Feld vor ihnen besah. „Merlin! Meine Stiefel habe ich erst gestern geputzt.“

Scorpius grinste breit, doch es verging ihm, als er den Sack auf seinen Schultern leicht anhob und einige Zentimeter tiefer im Schlamm verschwand. „Ich sehe schon, wie Rose uns entgegen schreit, wir sollen die Schuhe gefälligst draußen ausziehen, um den armen Hauselfen nicht noch mehr Arbeit zu machen.“ Seine Begleitung brummte irgendetwas vor sich hin und als sie den Abhang hinunter taumelten, legte sich Scorpius hin und rutschte einmal durch die nasse Erde. Hinter ihm lachte Fred heiter auf und er warf diesen einen bösen Blick zu. Es dauerte einige Anläufe, bis der Malfoy sicher war, dass er den Boden kein zweites Mal küsste. „Dieses verdammte Dreckloch! Die Leute werden es uns danken, wenn wir wie Schlammkobolde vor ihnen aufkreuzten!“

„Hör auf zu fluchen und guck nach vorne, denn irgendwo hier sollen Steine-!“
 

Fred hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, als Scorpius auch schon stolperte und der Sack über seine Schulter rutschte, sodass er sich bäuchlings hinlegte. Der Weasley biss sich schmerzhaft auf die Unterlippe und musste sich zusammenreißen, um nicht schallend über das dunkle Feld zu brüllen. „Eigentlich wollte ich dich darauf aufmerksam machen, dass hier irgendwo Stolpersteinchen liegen, aber wie ich sehe, bist du von selbst darauf gekommen.“

„Auch wenn es schwer vorstellbar ist, ich finde das alles andere als lustig!“, knurrte Scorpius nun sichtlich ungehalten und erhob sich ein zweites Mal. Mürrisch wischte er sich mit dem Ärmel über das Gesicht und ließ nun seine Begleitung voranschreiten. Zu seinem Bedauern schien Fred hervorragend zu sehen, denn er erlaubte sich nicht ein einziges Missgeschick. An den halb verfallenen Backsteinmauern angekommen, warf er einen knappen Blick auf das heruntergekommene Schild. „Bournemouth.“
 

Die Straßen schienen wie tot und Scorpius fragte sich unweigerlich, woher Fred wissen wollte, dass hier überhaupt noch Menschen lebten, denn in keinem Haus brannte Licht. Scorpius rümpfte die Nase und roch Salz. Irgendwo in der Nähe musste als das Meer sein. Kalter Wind fuhr durch seine Glieder. Vor einem halb verfallenen Haus blieb Fred stehen und klopfte in einem rhythmischen Takt. Sofort wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet und sie schlüpften beide hinein. Es blieb Dunkel und Scorpius musste sich höllisch konzentrieren Fred zu folgen, indem er sich gänzlich auf sein Gehör verließ. Der alte Boden knarrte unter seinen Füßen und er hörte eine Tür aufgehen. Dumpfes Licht erstreckte sich vor ihm und als sich Scorpius ein paar Stufen herunter wagte, trat er in den allgemeinen Aufenthaltsraum. Ein kleines Feuer brannte in dem kleinen Ofen und mehrere Leute saßen dicht beieinander.
 

„Mr. Pepper? “, wagte Fred zu fragen und ein alter Mann erhob sich mühsam. Gebückt und auf einem Stock stützend kam er auf sie zu. Ein schwaches Lächeln zierte seine Lippen und Scorpius bemerkte, dass er müde wirkte. Fast so als wäre der Krieg ein Jäger der ihn jagte. „Fred, mein lieber Junge, du hast doch tatsächlich dein Wort gehalten.“

„Ein Weasley hält immer sein Wort“, verkündete Fred pikiert und öffnete den Sack. Scorpius dagegen sah sich im kahlen Raum um und entdeckte drei Kinder, die leise auf dem Boden am Feuer saßen und mit Karten spielten. Er wusste nicht warum, aber trat näher zu ihnen und bückte sich.
 

Das Mädchen unter ihnen sah ihn überrascht an, sie schien nicht älter als acht und ihr langes Haar war zu einem schlaffen Zopf geflochten. Scorpius schluckte kaum hörbar, denn ihre großen grauen Augen erinnerten ihn an Claire, wie sie im selben Alter mit ihm Schach gespielt hatte. Es war eine der wenigen Verbindungen, die er zu seinen Geschwistern hatte. „Willst du mitspielen?“, fragte der dunkelhäutige Junge zu seiner Linken und Scorpius lächelte. „Nein Danke. Mögt ihr Süßes?“, er zog eine Schachtel Zuckermäuse aus dem Sack und reichte sie ihnen. Sofort strahlten die kindlichen Gesichter und ein Stich jagte ihm bei dem Gedanken ins Herz, dass ein Teil seiner Familie und einstigen Freunde für ihr Elend verantwortlich war.
 

„Cool! Endlich mal wieder was anderes als diese eklige Brühe!“, der Junge zu seiner rechten Seite musterte die Packung, als wäre sie besonders wertvoll. „Danke! Und du willst wirklich nicht mitspielen?“

Scorpius sah auf die Karten vom Kinderspiel Schwarzer Grimm und verneinte lächelnd. „Vielleicht das nächste Mal.“

„Versprochen?“, das Mädchen sah ihn mit hoffenden Augen an und er nickte kurz, dann bemerkte er, wie jemand eine Hand auf seine Schulter legte und er hätte in der Hocke sitzend fast das Gleichgewicht verloren. Erschrocken zog er die Luft ein, als er in das zerfurchte Gesicht der alten Frau blickte. Ihre grünen Augen musterten ihn wachsam und ihr faltenreiches Gesicht wirkte Furcht einflößend. Als ihre runzligen, gebrechlichen Hände nach seiner rechten Handfläche griff, versteifte sich sein Körper. Scorpius spürte, wie ein Schauer von kaltem Eis seinem Rücken herunter kroch und wurde unweigerlich wachsamer.
 

„Annie, hör auf den armen Jungen so zu erschrecken!“, wies der alte Mann Namens Pepper sie zurecht, doch die Dame ließ sich nicht beirren, sondern ihr faltiger Mund verzog sich zu einem Lächeln. Sanft drehte sie Scorpius Hand, sodass sie auf die Handfläche sehen konnte. Im ganzen Raum wurde es still, nur noch das Knistern des Feuers war zu hören und Scorpius bemerkte, dass sie sich die Linien seiner Hand genauer ansah. Der Ausdruck ihrer Augen verwandelte sich von Neugier, in Skepsis und schließlich zu Unglaube. „Du kommst aus der Dunkelheit“, flüsterte sie und strich mit den Zeigefinger über seine Handfläche. „Dort war es kalt und schmerzvoll für dich.“

Überrascht zog Scorpius die Brauen hoch. „Ja… vielleicht.“

„Im Moment ist dein Herz unsicher, dein Wesen ebenfalls.“ Sie hob den Kopf und ihre grünen Augen sahen in seine braunen. „Du vermisst die Dunkelheit und doch treibt dich ein Wunsch wo anders hin. Zu etwas Großen und Vollkommenen.“ Ihr Finger strich über seine Lebenslinie. Sie hatte einen kleinen Bruch, auf dem ihr Zeigefinger verweilte. „Etwas ist in dir gestorben, dein Leben hat einen Wendepunkt angenommen, doch du bist unschlüssig ihm zu folgen.“
 

Scorpius sah auf seine Hand. „Was wird passieren, wenn ich weitermache, wie bisher?“

„Ich bin keine Wahrsagerin, lediglich eine Handleserin“, erwiderte die alte Annie, dennoch erkannte er, dass sie weiter die Sprache seines Körpers erforschte. Die Falte zwischen ihrer Stirn wurde größer und er spürte unweigerlich, wie sein Herz schneller schlug. „Laut dieser Linie…“, sie tippte sanft mit den Finger drauf. „Wirst du etwas Großes und Mächtiges bewerkstelligen, dein Leben ist außergewöhnlich, in welchen Zusammenhang kann ich nicht sagen, lediglich, dass du einen ähnlichen Weg, wie Harry Potter vor dir zu haben scheinst.“

Einige Leute lachten, doch Annie schien dies nicht zu stören. Erneut sah sie ihn an, ihr Blick machte ihn nervös. Leise wisperte sie, sodass nur er es hören konnte: „Unglücklich ist ein Land, das Helden nötig hat“
 

Scorpius wurde schwindelig und er erhob sich. „Sie täuschen sich. Ich bin alles andere als ein Held.“ Annie schlug die Augen nieder. „Das wird die Zeit zeigen“, damit gesellte sie sich zu den Kindern, doch er spürte ihren wissenden Blick und wendete ihr den Rücken zu. Das Herz in seiner Brust wog plötzlich unendlich schwer. „Wir müssen weiter, Fred.“ Sein Begleiter nickte wortlos und verabschiedete sich. Die kalte Nachtluft erlöste etwas in ihm und als Scorpius den Blick seines Begleiters begegnete, fragte er ausweichend: „Wo müssen wir jetzt hin?“ Fred tat ihm den Gefallen und deutete auf eine dunkle Gasse. „Wir haben das halbe Dorf vor uns.“
 


 

Vergiss niemals wo du herkommst, tu niemals so als wäre das alles echt. Irgendwann wird das alles ein Traum von jemandem sein. Nimm dich vor den Armen der Enttäuschung in acht. Fühle jeden tag dass du zu weit weg davon bist. Bis jetzt war jeder Tag dazu da um mehr zu machen. Sicher ist es gut hier zu sein.
 


 

Ein letztes Mal warf Astoria Greengrass einen Blick auf die Karte vor sich. Mehrere Kerzen erhellten den dunklen Raum und sie biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. Ihr langes Haar war zu einem Zopf zurück gebunden und bekleidet in Jeans und einem weiten grauen Pullover sah sie aus, wie ein Muggel . „Und ihr seid sicher, dass sie das Waffenlager in einen Stützpunkt umfunktionieren?“ Soeben war die Nachricht in ihren kleinen Unterschlupf gedrungen, dass eine große Bewegung von Todessern bevorstand. Die zwei Männer vor ihr nickten knapp.

„Wir haben zwanzig Minuten um möglichst viele Muggel im Umkreis von drei Kilometer zu evakuieren.“

„Wobei es riskant ist, denn wir wissen nicht wie viele von den Schweinen bereits anwesend sind und wo sie positioniert worden sind.“
 

Astoria zögerte kurz, schließlich sah sie auf. „Wir müssen es trotzdem versuchen. Rufen Sie die anderen her und bilden Sie sofort Fünfergruppen. Wir müssen zusehen, dass niemand verloren geht, noch mehr Verluste können wir uns die nächsten Sechs Monate nicht leisten.“

Sofort stürzten die beiden Männer aus dem Raum und sie griff nach ihrem langen Mantel. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihr, dass der Himmel diese Nacht sternenlos sein würde.

Ein schlechtes Omen.

„Merlin steh uns bei, wenn wir dieser Hölle entkommen sollen“, murmelte sie leise und umschloss ihren Zauberstab fester. New Jersey war schon immer ein unsicheres Gebiet gewesen, doch seit sich Vorfälle von kleinen Überfällen häuften, schien ein Todesser zu riechen, dass sich hier viele Phönix Order versteckt hielten. Beiläufig sah Astoria auf ihre Armbanduhr und schluckte. Es war bereits halb Elf, in knapp anderthalb Stunden würde sich der Standort von Percy und Kingsley verändern und außer ihr wusste niemand, wo die Truppen der beiden zu finden waren.
 

Sollte sie also in der heutigen Nacht sterben, so würde sie viele Leben mit sich in den Tod reißen. Etwas, was sie zu verhindern wusste.
 


 

Wir sind so weit gekommen und haben uns so weit nach oben gestreckt und wir haben jeden Tag und Nacht in das Auge geschaut. Und wir sind immer noch so jung und hoffen nach mehr, aber denk daran…
 


 

Rose rannte so schnell sie konnte, sie wagte es kaum innezuhalten. Ihr Herz pochte so laut, dass sie Angst verspürte, dass ein Todesser es hören möge. Der Plan war nach hinten losgegangen. Es waren zu viele Todesser am geplanten Ort gewesen. Das Waffenlager wurde doppelt so gut überwacht, wie sie es eigentlich erwartet hatten. Die junge Weasley sprintete hinter mehrere Mülltonnen und versuchte ihren Atem zu kontrollieren. Schweiß lief über ihren Rücken und sie besah sich ihren aufgeschürften Ellenbogen. „Verflixt, beim Barte Merlins!“, fluchte sie innerlich. Sie hatte Alice verloren, als eine Wache Alarm geschlagen hatte. Ihre beste Freundin hatte sie nach rechts abgesetzt, weshalb sie kopflos losgelaufen war. Sie bemerkte, wie ihre Hände zitterten und zwang sich zur Ruhe.
 

Es würde einen Ausweg geben, ganz sicher.

Dass sie vielleicht verloren war, daran wollte sie nicht denken.
 

Wir sind nicht unbesiegbar, nein wir sind nur Menschen… nur Menschen.
 

Fortsetzung folgt…

Ruf nach mir.

.
 

.
 

.
 

Wenn Du nach mir rufst, wenn ich Dich atmen höre, bekomme ich Flügel um zu fliegen. Ich spüre, ich bin am Leben. Ich könnte nicht viel höher gelangen, mein Geist nimmt einen Flug, denn ich bin am Leben.
 


 

Die Minuten verstrichen nach ihrem Gefühl wie Stunden und Rose wagte kaum tief Luft zu holen, zu sehr hielt die Angst sie gefangen. Apathisch riskierte sie einen Blick auf die Uhr und schluckte hart.

Kurz nach eins.

Die Anderen mussten bereits gemerkt haben, dass irgendetwas in ihrem Plan schief gelaufen war. Ob Alice es geschafft hatte zu apparieren? Rose wusste, dass die Todesser sofort ein Schutzschild aufgebaut hatten, um zu verhindern, dass Flüchtlinge ihnen entwischen konnten. Sie suchte verzweifelt nach einem Schlupfloch, doch bislang war sie bei vier missglückten Fluchtversuchen angekommen. Möglichst vorsichtig riskierte die junge Weasley es, einen Blick um die Ecke zu wagen. Nichts regte sich. Mit pochenden Herzen jagte sie die schmale Straße entlang, achtsam und fahrig. Das Fabrikgelände hatte mehrere Tücken aufzuweisen, als ihr gut tat, weshalb sie innerlich betete, dass dieser Alptraum von Flucht bald vorbei sein möge. Sie musste das Gelände umgehend verlassen und durch den angrenzenden Wald entwischen. Doch bislang kam es ihr so vor, als würde sie im Kreis rennen.
 

Schweiß klebte an ihren Händen und Rose schlüpfte hinter einen großen Container. Irgendwo hörte sie Schritte und wich selbst in die Dunkelheit zurück.

Merlin, bitte ließ sie das ganze unbeschadet überleben. Denn dieses Mal würde sie nicht das Glück haben und auf einen Menschen wie Scorpius hoffen können. Kurz schlug sie die Augen nieder und dachte an das hübsche Gesicht des Malfoys.

Sie waren im Streit auseinander gegangen, etwas was sie nun zutiefst bereute. Rose verschwand erneut hinter einem Container und ging in die Hocke. Es war hoffnungslos. Sie konnte sich überhaupt nicht orientieren und verstrickte sich mehr und mehr auf dem Gelände.

Ihre Gedanken blieben bei dem blonden Todesser. Vor ein paar Stunden hatte er sie mit Wut erfüllt, doch jetzt spürte sie, dass sich eben jene Wut in Sehnsucht umwandelte. Warum hatte sie ihn so hart angefahren? Sie hatte doch gewusst, dass seine Werte sich von ihren unterschieden. Statt Geduld und Verständnis aufzubringen, hatte sie ihn für sein Denken verurteilt. Etwas, was sie niemals hatte tun wollen und wofür sie sich nun schämte. Schließlich respektierte er die Sichtweise ihrer Welt, sie dagegen ließ ihn keinerlei Raum für freie Entfaltung.
 

Natürlich missbilligte sie seine Definition von Liebe, aber vielleicht hätte die Zeit ihm gezeigt, dass er falsch lag. Ohne, dass sie ihn dermaßen hätte anfahren müssen.

Es tat ihr leid.

Die Schritte kamen näher und Rose umklammerte ihren Zauberstab fester. Sie würde auffliegen, jeden Moment. Ein Duell war unausweichlich, denn die Schatten kamen immer näher. Sie war verloren. Ihre Beine wurden weich und drohten nachzugeben. Doch sie musste sich erheben, wenn sie ihren Feinden Paroli bieten wollte. Gerade als sie einen Schritt vorwärts gehen wollte, schlangen sich zwei Arme um ihre Hüfte und zogen sie nach unten. Erschrocken zog sie scharf die Luft ein und wollte sich wehren, als sie den Duft von Tanne und Harz einatmete. Ihr Körper versteifte sich und presste sich an seinen. Scheinbar lautlos glitten sie zu Boden und er drückte sie instinktiv fester an sich.
 

Scorpius.
 

Seine Hand umklammerte ihren Zauberstab, fast so, als wollte er sie aufhalten, sich bemerkbar zu machen. Atemlos lauschte sie den Schritten und drehte leicht den Kopf. Seine hellen braunen Augen blickten in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.

„Hast du jemanden, Feist?“

„Nein, die verdammte Göre ist sicherlich in die andere Richtung. Niemand wäre so blöd und würde diesen Umweg riskieren.“

„Dann lasst uns hier verschwinden und Parkinson reinen Wein einschenken.“

Der andere lachte trocken. „Wenn uns Malfoy nicht bereits vorher auseinander nimmt, weil wir unachtsam gewesen sind.“

Die Schritte entfernten sich wieder und Rose sah unentwegt in das Gesicht ihres Retters.

Malfoy!

Sie wusste nicht, ob es sich dabei um seinen Bruder, oder um seinen Vater handeln würde.
 

Erst als die Schritte und Stimmen der Männer gänzlich verstummten, erhob sich Scorpius und zog sie mit hoch. Er sprach nicht, sondern griff nach ihrer Hand und deutete ihr so, mit ihm zu kommen. Verwirrt stellte Rose fest, dass er mit Schlamm beschmutzt war und keinen Umhang trug, sondern lediglich seine eingerissene Jeans und den viel zu großen schwarzen Pullover. Vertrauensseelig rannte sie hinter ihm her und bemerkte, dass er durchaus geübter mit solchen Situationen zu sein schien als sie. Er verließ sich besser auf seine Augen und Ohren, als sie es getan hatte und zögerte nicht einen Augenblick, als er sich einen Weg zwischen die ganzen Container bahnte. Einen Augenblick lang bewunderte Rose den Orientierungssinn des einstigen Todessers und als sie schließlich vor einem hohen Maschendrahtzaun Halt machten und sie die Umrisse des Waldes erkannte, keimte für einen Moment Hoffnung in ihr auf. Scorpius ließ ihre Hand los, hob den Zauberstab und murmelte etwas. Lautlos brannte sich ein Loch in den Zaun, gerade groß genug, dass sie beide hindurch passten.
 

Mit dem ersten Schritt auf freien Boden füllten sich Rose‘s Lungen mit Luft. Sie drehte sich um und sah, wie er das Loch wieder schloss. „Wir müssen bis auf die andere Seite des Waldes. Erst dort können wir apparieren“, flüsterte er gehetzt und erneut griff er nach ihrer Hand um sie hinter sich her zu ziehen. Immer wieder stolperte Rose, doch sie schaffte es jedes Mal wieder aufzustehen, um weiter zu gehen. Ihr Atem hinterließ dünne Wolken aus Rauch und unter den dichten Ästen des Waldes fühlte sie sich merkwürdig sicher. Sie dachte an die Legende von Robin Hood und verstand, warum die Ausgestoßenen, den Wald als ihren Zufluchtsort benutzt hatten.
 

Irgendwo krächzte ein Rabe und ein Schauer lief über ihren Rücken. Nach einer Weile, die ihr schier unendlich vorkam, wurde Scorpius langsamer und sie bemerkte, dass sie vor Anstrengung zu keuchen begonnen hatte. Seitenstiche machten sich bemerkbar.

„Wir sind in Sicherheit“, sprach er heftig atmend und drehte sich zu ihr um. „Mein Bruder und sein Kumpel sind noch nie auf die Idee gekommen, im Unterholz nach Flüchtlingen zu suchen.“ Ein bitteres Lächeln schlich über seine Lippen und Rose konnte es im ersten Moment nicht erwidern. „Wo ist Alice? Ist sie in Hogwarts?“
 

Verwirrt runzelte Scorpius die Stirn. „Nein. Ich dachte du wüsstest wo sie ist.“ Sofort wollte die junge Weasley kehrt machen, doch er hielt sie fest. „Wir müssen sofort zurück und ihr helfen!“

„Vergiss es. Wenn wir jetzt zurückgehen, dann schnappen sie uns! Außerdem wissen wir gar nicht, ob sie es vielleicht nicht doch alleine geschafft hat!“

Seine Worte lösten nur noch mehr Panik in ihr aus. „W-Wie hast du mich ü-überhaupt gefunden?“

„Ihr wart um zwölf nicht zurück, also habe ich es auf gut Glück versucht. Ich sollte laut Albus Worten nur die Grenze nach euch absuchen, aber dann habe ich deinen Schatten gesehen und-!“, er hielt inne und hob seinen Zauberstab, augenblicklich versteifte sich Rose‘s ganzer Körper.
 

„Leg das Ding nieder, oder wir werden ungemütlich!“, drohte eine unbekannte Stimme und sofort hörten sie mehrere Schritte. Scorpius fuhr herum und bemerkte, dass sie von fünf Leuten umzingelt waren. Nur langsam ließ er die Hand mit dem Zauberstab sinken und zog Rose enger an sich. Ein leises „Lumos“ ertönte und er blickte in fünf männliche, ernste Gesichter. Lange Umhänge verhüllten ihre Körper, doch keiner von ihnen ließ daran zweifeln, dass sie nicht bereit waren bis zum Äußersten zu gehen. Rose hickste, ein Schluckauf der Angst machte sich ihr bemerkbar.
 

„Ey Wooder, das sind noch Kinder. Sieh sie dir an, sie scheinen vor den Todessern davon gelaufen zu sein.“

„Wer seid ihr?“, wollte Scorpius barsch wissen, doch Rose umschloss seine Hand fester. „I-Ihr… arbeitet ihr für den Orden des Phönix?“ Ihre Wangen glühten und sie hoffte, dass sie Recht behielt. Der Mann Namens Wooder hob eine Augenbraue. „Wer seid ihr?“

„Ich bin Rose! Rose Weasley, die Tochter von Hermine und Ronald Weasley und das ist ein Freund von mir Sc-!“

„Scott.“, mischte sich Scorpius tonlos ein. Kurz sahen die Männer einander an, bis sie schließlich näher traten und Rose erleichtert lächelte. Walter Wooder strahlte. „Rosie!“ Er ließ den Zauberstab sinken und die aufkommende Gefahr schien erstickt zu sein.
 

„Merlin, was machen Kinder wie ihr hier?“

„Ein unglücklicher Zufall“, erklärte sie ausweichend. „Unter welcher Führung arbeitet ihr? Unter Onkel Percy?“

Die Haltung der Männer entspannte sich und sie baten die beiden Jugendlichen ihnen zu folgen. „Nein“, erklärte Walter Wooder und rückte sich seine übergroße Brille, die ihn aussehen ließ wie Erich Honecker, zurecht. „Schon lange nicht mehr. Dein Onkel hat das Kommando in Russland übernommen. Die USA ist kein Gebiet für Frontkämpfe, nun ja, eigentlich, heute schien es eine Ausnahme zu sein.“
 

Misstrauisch und wachsam folgte Scorpius Rose und erkannte, dass sie nach ein paar Minuten den Wald hinter sich ließen und vor einer Reihe alter Häuser inne hielten.

„Wallengstreet Neun, Kinder.“

Scorpius verstand und schloss die Augen, dann schob sich das versteckte Haus zwischen die anderen und er schritt möglichst unauffällig hinter Rose her. Als er die große Eichentür hinter sich ließ und das Innere betrat, schnappte er nach Luft. Eine gigantische Eingangshalle erstreckte sich vor ihm. Sie wurde von hunderten von Kerzen beleuchtet und er konnte mehrere wachsame Zauberer ausmachen. Einige schritten wortlos an ihnen vorbei, andere waren direkt an der Tür positioniert.
 

„Halleluja, wie lange gibt es diesen Stützpunkt schon?“, wagte es Rose zu fragen. „Bemerken die Todesser ihn nicht, wenn so viele Menschen am selben Ort sind?“

„Nein“, erklärte Wooder vergnügt und setzte sich von seinen Kollegen ab. „Kommt, ihr seid sicherlich hungrig.“ Er führte sie durch die gigantische Halle, bis hin zu einer kleinen Seitentür. Ungläubig sah sich Scorpius um und konnte nicht glauben, dass er sich tatsächlich in einem Stützpunkt des Ordens befand. Würde er noch für den dunklen Lord arbeiten, so wäre dies die kostbarste Information, welche er je weitergeleitet hätte. Doch er hatte die Seiten gewechselt, weshalb er sich daran gewöhnen sollte, diese Menschen als Verbündete zu sehen und nicht als Feinde.

In der Küche ließ er sich wortlos gegenüber von Rose fallen und spürte, dass sie sich sichtlich wohl zu fühlen schien. Ihre Haltung entspannte sich und sie ließ sich lachend von einer kleinen pummeligen Frau Essen auftischen. Höflich und herzlich reichte sie Scorpius eine Schale voll Zwiebelsuppe und er zögerte, als er das Stück Brot annahm. Wooder setzte sich zu ihnen. „Also Kinder, was hat euch an diesen Ort getrieben?“
 

„Ein unglücklicher Zufall“, wich sie erneut aus und griff beherzt zu. „Und euch?“

„Wir wussten, dass die scheiß Kerle aus dem Waffenlager einen Stützpunkt machen wollten, aber das wir es gleich mit der Malfoy-Brut und dem Parkinson-Schlächter zu tun kriegen, hätte ja niemand ahnen können.“ Er klang sichtlich ungehalten. „Ein Gutes hatte das Ganze. Ihre Strategien haben deutlich nachgelassen, sind simpel und relativ einfach, haben selten einen Plan C. Es scheint, als wäre ihnen der Mann für geschickte Pläne davongelaufen.“

Rose warf Scorpius einen stummen Blick zu, den er flissentlich ignorierte.
 

Doch sein Schweigen schien die Aufmerksamkeit des alten Mannes zu wecken. „Scott… richtig? Woher kommst du?“

„London“, brummte Scorpius knapp. „Rose und ich haben uns im Zug kennen gelernt.“

„Im Zug?“, ungläubig sah er die junge Weasley an. „Es hieß du seihest von Todessern verschleppt worden! Wie könnt ihr euch im Zug kennen gelernt haben?“

Sie lächelte unsicher. „Na ja, es scheint, als hätte es ein Missverständnis gegeben. Ich würde nie von Todessern gefangen gehalten, mir ist die Flucht gelungen. Bin so gerade noch in einen Zug gesprungen. Wie Scott halt auch.“ Der Name war ihr nur schwer über die Lippen gekommen.
 

Wooder schüttelte ungläubig den Kopf. „Dann wird es höchste Zeit, dass wir deine Familie benachrichtigen. Es wird Ginny freuen zu hören, dass zumindest du wohlauf bist. Deine Cousins, Albus, Louis und Fred sind verschwunden. Ebenso Hugo, die kleine Lily, Dominique und seit einem Monat auch deine beste Freundin Alice.“

Ihr Magen zog sich zusammen und Scorpius trank einen großen Schluck Wasser. „Und keine Spur von ihnen?“, wollte Rose scheinheilig wissen. Scorpius hätte fast gelächelt und zwang sich förmlich ernst auszusehen. Schließlich wusste er, wo sich die Weasley-Sippe wirklich aufhielt. Das Gespräch über den Schlingel von Albus, der alleine in die Welt getreten war und in den Augen des Orden des Phönixes schrecklich naiv gehandelt hatte, wurde zum Mittelpunkt, weshalb es Scorpius unterließ weiterhin achtsam zuzuhören. Erst als das kleine Mütterchen erfreut den Kopf hob und von den vielen Töpfen abließ, hielt er inne, seine zweite Schüssel Zwiebelsuppe zu vertilgen.
 

„Astoria, auch ein Schlückchen?“
 

Sein Kopf fuhr herum und sein Herz setzte einen winzigen Augenblick aus. Das Erste, was er hörte, war ihr Lachen, dann nahm er die langen dichten Haare war und das gleichmäßig schöne Gesicht. Sie war älter geworden, als in den Erinnerungen, welche er gesehen hatte, doch ihrer Schönheit hatte dies keinen Abbruch getan. Ihr schmaler und doch kurviger Körper war unter der Muggelkleidung zu erkennen. Ihre Haltung war gerade und stolz, ganz so wie es sich für eine ehemalige Slytherin gehörte. Doch das wohl Faszinierende an ihr waren ihre hellen braunen Augen, die seinen so ähnlich waren. Sofort wendete Scorpius den Blick ab und versuchte sein rasendes Herz unter Kontrolle zu behalten. Seine schwitzigen Hände gruben sich in seine Jeanshose und als er vernahm, wie sie Rose herzlich begrüßte und sie kein halber Meter mehr von einander trennte, musste er sich zusammen reißen um ruhig zu bleiben.

„Ich bin wirklich froh, dass du noch lebst, Rosie! Es wird deiner Familie den gesamten Monat retten, nachdem sich der Rest deiner Sippschaft wie Tom Sawyer verhalten hat.“

„Das ist der Weasley-Potter-Gen“, erklärte Rose und war mit der Situation vollkommen überfordert, weshalb sie versuchte, sie so gut es ging zu meistern. „Übrigens, darf ich vorstellen, Scott, ein guter Freund von mir.“
 

Scorpius schluckte und nahm sich zusammen, dann sah er auf und blickte in das freundliche Gesicht seiner Mutter. Sie reichte ihm die Hand. „Freut mich dich kennen zu lernen. Danke dass du auf klein Rosie aufgepasst hast.“

Unweigerlich musste er grinsen und nahm ihre Hand an. Seine Haut kribbelte und der junge Malfoy versuchte so normal wie möglich zu klingen. „Keine Ursache, aber es war echt anstrengend, weil klein Rosie es hervorragend versteht, sich in Schwierigkeiten zu bringen.“

„Sehr witzig!“, mischte sich Rose nun ein und schaffte es, die Unterhaltung weiter auf neutraler Bahn zu halten. Stumm dankte er es ihr und lauschte den Ausführungen der beiden Frauen, dabei entging ihm der Blick, den Wooder ihm zu warf.
 

Und genau diesen Augenblick der Schwäche würde er in wenigen Stunden teuer bezahlen. Die Schwäche, dass er seinem heftig klopfenden Herzen nachgegeben hatte und diesen surrealistischen Augenblick genießen wollte. Denn ganze siebzehn Jahre waren zwischen den Erinnerungen und der heutigen Zeit vergangen. Neugier, die ihn fragte, wie seine Mutter wirklich war. Ob er nur die Seite der stolzen und cleveren Kämpferin des Orden des Phönixes kennen lernte oder ob es ihm vielleicht gelang einen Blick auf die Person Namens Astoria Greengrass zu werfen?
 

Unruhig versuchte er sich auf sein Essen zu konzentrieren. Er musste Ruhe bewahren, wenn er sich nicht verraten wollte, schließlich war das Kenzeichen eines Todessers in seine blasse Hand eingebrannt worden. Unwillkürlich ballte er seine linke Hand zur Faust. Es war nicht das erste mal, dass er das dunkle Mal auf seinem Köper verfluchte. Doch einen Herrn, wie dem dunklen Lord, widersetzte man sich nicht und wenn man es schließlich doch wagte, dann könnte es sein, dass man diesen Widerstand mit seinem Leben bezahlte.
 


 

Wenn Du mich ansiehst, kann ich den Himmel berühren und ich weiß, ich bin am Leben.

Wenn Du den Tag schützt und ich einfach davon schwebe, all meine Ängste sterben, bin ich froh, dass ich am Leben bin.
 


 

Unruhig starrte Scorpius seit Stunden an die Decke. Es war eine Nacht, wie er sie gewohnt war.

Ruhelos und quälend.

Er warf einen Blick auf Rose Armbanduhr und betrachtete ihr friedliches Gesicht, welches ihm bereits seit über drei Stunden zugewendet war. Bald würde die Sonne aufgehen und er lag noch immer wach neben ihr. Das Bett, dass sie sich teilten war schmal und überraschenderweise hatte sie es abgelehnt, dass er freiwillig den Boden vorzog. Zu gut war ihm ihr Streit in Erinnerung geblieben. Aber Rose hatte ihn überrascht, als sie ihn zu sich ins Bett gezogen hatte. Zuerst war er verwirrt gewesen, doch dann war er mit logischem Denken schnell auf des Rätsels Lösung gekommen. Sie hatte einen schrecklichen Tag hinter sich. Einen Tag mit einer gewaltigen Portion Angst und Schrecken. Es war verständlich, dass sie in solch einer Nacht nicht alleine sein wollte.
 

Vorsichtig erhob sich Scorpius und seine nackten Füße berührten den knarrenden Holzfußboden. Der dunkle Raum war klein und vollgestellt mit unnötigen Sesseln und Tischen. Wahrscheinlich hatte man das große Wohnzimmer des Hauses ausgeräumt um einen Versammlungsraum daraus zu machen. Schwaches Licht fiel durch das dreckige Fenster und Scorpius strich sich durch das braune unordentliche Haar. Seit er mit dem Potter-Spross eine Aktion nach der Nächsten ausführte, sah er selbst aus, wie jemand aus der Heldenfamilie. Zeit für seine empfindlichen Haare blieb kaum noch, doch mittlerweile war es ihm egal, wie er aussah, solange ihn niemand erkannte. Schließlich konnte es tödlich enden, wenn er seinem Bruder ins Auge fiel, oder gar seinen Vater.
 

Jemand berührte sanft seinen Arm und er neigte den Kopf leicht. Mit müden Augen sah Rose ihn an und flüsterte: „Wo willst du hin?“

„Nur in die Küche und mir was zu Trinken holen“, sprach er ruhig und sah, dass sie ihm nicht glaubte. „Du darfst hier nicht rumschnüffeln. Wenn sie etwas bemerken, dann-!“

Er grinste schwach. „Ich bleibe artig, versprochen.“ Er sah zu seinem Zauberstab, der auf dem Nachttisch lag und als wollte er ihr etwas beweisen, ließ er diesen dort liegen.
 

„W-Wenn wir morgen hier weg sind, lass uns reden“, sprach Rose und mied dem Blick zu ihm. Er zuckte mit den Schultern. „Von mir aus“, dann grinste er wieder. „Schlaf weiter. Ich bin in fünf Minuten wieder da.“ Möglichst leise durchschritt er den Raum und schloss achtsam die Tür hinter sich. Dann sah er sich im halbdunklen Gang um, welcher nur von Kerzen beleuchtet wurde. Niemand war zu sehen und Scorpius huschte die Treppe herunter. Dort angekommen war er kurz davor, wirklich in die Küche zu gehen und sich brav etwas zu Trinken zu holen, ganz so, wie er äußerlich vorgehabt hatte. Doch als er nach links blickte, war ihm bereits bewusst, dass er sein Wort brechen würde. Die Versuchung, den möglichen Versammlungsraum zu betreten, war zu groß. Er hatte einen Großteil der Zauberer und Hexen nach ihrem späten Abendessen dort hinein gehen sehen. Kurz lauschte Scorpius, ob auch alles still war, dann öffnete er die große Flügeltür.
 

Warmes Licht fiel auf den Boden und er sah direkt auf einen monströsen Kamin. Zaghaft trat er näher und wollte dem langen Tisch zu seiner rechten Seite Aufmerksamkeit schenken, als er herumfuhr und mit voller Wucht gegen die Wand neben der Flügeltür geworfen wurde. Sofort drückten zwei Männer ihre Fäuste gegen jeweils eine seiner Schultern und er stöhnte vor Schmerz. Seine nackten Füße verloren den Boden und Scorpius riss die Augen auf. Mit einer scheinbar kalten Gleichgültigkeit trat Wooder näher und riss an den Pulloverärmel zu seiner Linken. Der Stoff riss ein und die anwesenden acht Leute im Saal erkannten das dunkle Mal.
 

„Ganz wie ich es vermutet hatte“, sprach Wooder zufrieden und Scorpius sah, wie er angeekelt angesehen wurde. Ein jeder umklammerte seinen Zauberstab fester und war bereit aufs Äußerste zu gehen.

„Immer Wachsam – ganz wie Alastor“, sprach eine zufriedene Frauenstimme und Scorpius Magen drehte sich um, als er Astoria Greengrass aus einem Schatten treten sah. Sie hatte ihre Kleidung gewechselt und ihr langes Haar fiel offen über ihre Schulter. „Mal sehen, wie viel wir aus ihm heraus bekommen.“
 

Als wäre dies der Startschuss gewesen, schrie Scorpius auf. Schonungslos fiel sein schmerzender Körper zu Boden und er begriff, dass man ihn zuerst mit Crucio willensschwach machen wollte. Es war, als würde seine Seele in tausend Stücke zerspringen. Unglaublicher Schmerz machte sich in ihm breit und er biss ganz, wie er es gelernt hatte, die Zähne zusammen. Sein Schrei verstummte und grässliche Bilder zogen vor seinem inneren Auge vorbei.
 

»Sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen, ist ein Zeichen der Schwäche. «
 

Nein! Er wollte nicht daran denken. Niemals! Doch gegen seinen Willen erinnerte er sich an die Nacht, in der er zum ersten Mal lernte, was es hieß, die falschen Fragen zu stellen. Erneut sah er die Zelle, blickte in das Gesicht eines Henkers und hörte die Schreie von Gefangenen aus der Nebenzelle. Er war erst sechs Jahre alt gewesen und doch hatte man ihn behandelt, wie einen Volljährigen.
 

»Habe ich dir schon mal gesagt, wie stolz… ich auf dich bin? «
 

Worte, die er einst einmal von seinem Vater hatte hören wollen. Seinen kühlen und geachteten Vater, den er zu hassen begonnen hatte. Immer wieder hatte er die Schläge seines Lehrers und die Folterung durch seine vermeintliche Mutter ertragen müssen. Niemals war sein ach so toller Vater ihm zur Hilfe gekommen und als er blutend und vollkommen leer in der Ecke einer unbedeutenden Zelle gelegen hatte, hatte er begriffen, dass er auf Wärme nicht hoffen konnte. Andere Bilder, von schreienden und weinenden Kindern zogen an ihm vorbei. Leere Augen von alten Leuten sahen ihn an. Dann ertönte das klirrende Lachen seines Bruders in seinem Ohr. Krank und wahnsinnig führten die Untergebenen seine Befehle aus. Köpfe waren zu seinen Füßen gerollt und Übelkeit stieg in ihm auf. Nun vermischte diese sich mit Schmerzen.
 

»Du bist ein Versager, Scorpius, akzeptier das und mach das Beste aus deinem jämmerlichen Leben. «
 

Elliott hatte Recht gehabt, er war tatsächlich ein Versager. Tausend Nadeln gruben sich in sein Herz, sein Körper krümmte sich und ein gequälter Laut drang über seine Lippen. Es möge aufhören, dieser Schmerz, der ihn zerriss. Keuchend dachte er an Rose, welche nichts ahnend etwa ein Stockwerk über ihm schlief. Hatte sie sich in seinen Fängen genauso hilflos gefühlt? Hatte er ihr ähnliches Leid angetan, das er gerade durchlebte? Scorpius Gedanken brachen ab, als erneut eine Welle von brennendem Schmerz durch seine Brust fuhr und er

seine Arme um den Oberkörper schlang. Seine Fingernägel gruben sich in seine Oberarme, durch den Stoff des grauen Pullovers.

Nein, er würde nicht betteln, dass sie aufhörten. Niemals.
 

„Genug“, beendete jemand die schier unendlichen Minuten der Qualen. Scorpius spürte, wie man ihn rechts und links packte und über den Boden zog. Dann riss man ihn an den Haaren hoch und er spürte, wie eine gefährliche Hitze über seine rechte Gesichtshälfte kroch.

Sie hielten ihn direkt ans Feuer.

„Zeig dich kooperativ und du wirst vielleicht ein paar Stunden länger atmen dürfen“, entwich es Wooder kalt. „Also, was kannst du uns anbieten?“

Scorpius hustete und versuchte so ruhig wie möglich zu bleiben, doch dabei schlug sein Herz wie wahnsinnig – fast als wollte es ihn in Voraus umbringen. „Ihr kommt zu spät!“, krächzte er kaum hörbar.

„Wir sind nie zu spät!“, zischte der bullige Mann zu seiner Rechten. „Sprich oder stirb.“ Sein Gesicht wurde noch weiter zum Feuer gedrängt und der junge Malfoy konnte förmlich spüren, wie ein Teil seiner Haut verbrannte.

„Schweine wie du, sollten in unserer Gegenwart lieber den Mund aufmachen, als hier den Helden für einen Wahnsinnigen wie den dunklen Lord zu riskieren.“, sprach Astoria gefährlich ruhig und ein bitteres Lächeln entwich seinen Lippen.
 

Scorpius konnte sie nicht sehen, doch er konnte erahnen, dass sie direkt hinter ihm stand. „Und weil Sie uns so unwiderstehlich finden, haben Sie auch bereitwillig die Beine breit gemacht.“

Irgendwer zog scharf die Luft ein und dann schrie Scorpius auf. Mit voller Wucht war sie auf sein Bein getreten und er könnte schwören, dass sein Knochen nachgegeben hatte. Er wusste nicht, weshalb er diese unfassbare Behauptung aufstellte, doch er wollte wissen wie sie reagierte. Ob sie ihren Namen als gefürchteter Auror gerecht wurde und keinesfalls eine so schwache Frau war, wie sein Großvater versprochen hatte. Sein anderes Bein gab nach und er stürzte in den Ruß des Kamins. Er hatte kaum nach Luft geschnappt, als man ihn auch schon wieder hoch riss und erneut die unerträgliche Hitze an seiner Wange empor kroch.

„Frech werden empfiehlt sich in meiner Anwesenheit nicht“, erklärte sie geduldig. „Wenn du uns nichts zu bieten hast, bist du wertlos und du weißt, was das bedeutet.“ Die Spitze eines Zauberstabs drückte sich in seinen Nacken und Scorpius schloss die Augen.
 

„Was tut ihr da?“
 

Entsetzen schwang in Rose Stimme mit und fassungslos riss sie die Augen auf. Gegen Scorpius Willen war sie wach geblieben und hatte auf ihn gewartet. Als er nicht zurückgekommen war, hatte eine böse Vorahnung sie beschlichen und nun fühlte sie sich bestätigt. „Lasst ihn sofort los!“, keuchte sie. „Ihr tut ihm weh!“ Zwei Männer versperrten ihr den Weg und sie sah panisch zu Astoria. „Er ist anders, als die Todesser, die ihr kennt!“ Der Zauberstab in ihren Händen wog entsetzlich schwer, doch Rose wusste, dass sie keinerlei Chance hatte, sich gegen die anwesenden Auroren zu behaupten.
 

„Ist leider schwer zu glauben, Rosie“, sprach Wooder Zähne knirschend. „Hör auf dich von seiner hübschen Fassade blenden zu lassen und sieh der Tatsache ins Gesicht. Er ist ein Mörder!“ Der alte Mann richtete nun ebenfalls den Zauberstab auf Scorpius Haupt. Vollkommen hilflos sah sie den jungen Todesser an, doch er zeigte keinerlei Gegenwehr, weshalb sie nicht anders konnte, als zu verlangen: „Sag ihnen die Wahrheit oder sie werden dich umbringen.“

„Das kann ich nicht“, flüsterte er tonlos. „Denn wenn ich das tue, könnte es sein, dass meine verfluchte Familie jagt auf dich macht, Rose.“
 

Sie verstand nicht, weshalb er ihr entgegen zischte: „Verdammt, sie glauben du bist tot! Genauso wie ich. Bist du nie auf die Idee gekommen, dass es auch unter Auroren Verräter gibt?“

Der Boden stürzte unter Rose zusammen. Nie hätte sie einen Gedanken daran verschwendet, dass es in ihren eigenen Reihen, wo alle so vertraut und herzlich miteinander umgingen, jemanden gab, der sie alle an den Galgen liefern konnte. Ein Puzzelteil fügte sich dem nächsten und mit einem Mal konnte sie sich die Tatsache erklären, warum der Orden des Phönix immer wieder seine Systeme verändert hatte. Schlicht und ergreifend, weil sie nie den schwarzen Peter unter sich ausmachen konnten. Würde Scorpius ein Wort verraten, würde der Spion spitzkriegen, dass er noch lebte und sie ebenfalls. Schnell würde man eins und eins zusammen zählen und die gnadenlose Jagd würde beginnen. Schließlich reichte man dem dunklen Lord nicht einfach so seine Kündigung ein. Aber wenn sie jetzt schwieg, dann würde er ganz sicher sterben. War er wirklich bereit, solch einen hohen Preis zu bezahlen, nur damit sie weiter im Schutz der Anonymität leben konnte? Damit seine Familie sie nicht für seinen Seitenwechsel verantwortlich machte?
 

Ihr Herz verkrampfte sich, als man sie anfauchte, sie solle gehen und die Sache den Erwachsenen überlassen.

„W-Wenn ihr ihn umbringt, macht ihr einen schrecklichen Fehler!“, begann Rose mit überraschend fester Stimme. „Denn ihr wisst nicht, wie wichtig er für viele Menschen ist.“

„Also ist Scott auch nicht sein richtiger Name“, brummte Wooder verstimmt und Rose nickte leicht. „Wer ist das Stück Dreck wirklich?“

Rose bewegte ihre Lippen, doch Scorpius wütende Stimme brachte sie zum schweigen. „Halt die Klappe, bitte!

„Ich kann nicht, denn wenn ich es tue, wirst du sterben! Begreif das doch!“

„Mach einmal in deinem Leben was richtig und halt‘s Maul!“, er wählte mit purer Absicht diese harten Worte, damit sie eingeschüchtert tat, was er verlangte. Doch Rose durchschaute seinen simplen Plan und reckte das Kinn.
 

In Momenten wie diesen hörte sie auf ihren klaren Verstand und ihr ängstliches Herz. „Nein, ich tue nicht das, was ich für das Richtige halte, sondern handle so, dass ich meine Tat nicht bereue und ich werde sie bereuen, wenn ich jetzt dumm zugucke, wie du zugrunde gehst!“

„Genug von diesem Drama!“, unterbrach Astoria und drehte sich halb zu Rose um. „Spucks aus oder verschwinde Rose. Wenn er unbedingt verrecken will, dann erfüllen wir ihm den Wunsch gerne.“

Bitter lächelte die Rothaarige. „Das gerade du das sagen musst.“ Verwirrt hob Astoria eine Augenbraue. „Sprich dich aus.“

Rose stieß die beiden Auroren beiseite und sah direkt zum Kamin. Der Körper des einstigen Todessers hing schlaff in den Fängen seiner Gegner und sie sah deutlich, dass er ohne seinen Zauberstab wenig ausrichten konnte. Körperlich war er noch immer ein 17jähriger Junge, der sich ohne Waffe kaum zur Wehr setzen konnte.
 

„Wenn ihr ihn tötet, dann geht euch ein Genie verloren. Die Pläne für seine Sippschaft mit Plan C, die du so in den Himmel gehoben hast, Wooder, kommen von ihm und seit er den dunklen Lord verraten hat, fällt euch das Katze und Mausspiel mit den Todessern leichter.“ Rose erkannte, wie der alte Mann fassungslos auf den Jungen vor sich starrte und die anderen Auroren ungläubig den Kopf schüttelten. „Er hat mich damals aus dem Kerker geholt und mir eine gute Unterkunft gewilligt.“

„Damit du für ihn auf dem Rücken liegst!“, brüllte ihr ein großer schlanker Auror zu und sie brüllte zurück: „Nein verdammt! Er hat mich nicht angerührt!“ Erbost zeigte sie mit dem Finger auf den Ankläger. „Dieser verfluchte Todesser, den ihr töten wollt, hat mich gerettet und ist der Besitzer des Expecto Patronum Prassimus! Der rote Adler, den ihr seit Monaten am Himmel seht, ist sein Werk! Ihr würdet die vier Erben Hogwarts auseinander reißen, wenn ihr jetzt unüberlegt handelt.“
 

„Die vier Erben?“, wagte es Astoria zu fragen und Rose zitterte vor Wut. „Ja! Albus vertritt Slytherin mit dem Hirsch seines Vaters, Alice Ravenclaw mit einem Einhorn, genau das, was ihr heute zum ersten Mal gesehen habt. Shun Chang ist der Vertreter von Hufflepuff mit einem Waldkauz und euer Opfer dort drüben handelt im Namen von Godric Gryffindor, gekennzeichnet mit einem Adler!“
 

Noch immer gruben sich die festen Griffe der Männer in seine Schulter und Rose bezweifelte, dass irgendjemand ihren Worten glauben schenkte. Also ergriff sie die letzte Möglichkeit, denn es gab etwas, was Astoria schneller handeln ließ, als alles andere. „Bitte, lasst ihn leben!“

Die Anführerin des Ordens biss sich leicht auf die Unterlippe. Es schien, als würde sie mit sich ringen, doch am Ende siegte ihr klarer Menschenverstand. Ein Verstand, der dem von Scorpius so ähnlich war. „Tut mir leid, Rose. Aber Todesser bleibt Todesser. Es ist zu riskant ihn leben zu lassen. Er kennt das Passwort zu diesem Haus und wir können es uns nicht leisten, diesen Standort wieder aufzugeben.“ Die Männer drückten Scorpius Gesicht in die Flamme und er schrie auf vor Schmerzen.

„Mir tut es ebenfalls leid“, flüsterte sie und hob ihren Zauberstab. Mit einem gezielten Fluch rauschten die beiden Auroren zur Seite und Scorpius fiel japsend zu Boden. Keuchend hielt er sich seine rechte Gesichtshälfte. Sofort wurde Rose der Zauberstab entrissen und alle acht Auroren waren wachsamer den je.
 

„Verdammt Rose!“, entfuhr es Astoria und sie sah das Mädchen mit einen verstimmten Gesichtsausdruck an. Wut erfüllte ihr Gesicht. „Willst du, dass wir dich umbringen müssen?“

„Würde mein Vater es tun?“, stellte sie die Gegenfrage und Astoria richtete erneut den Zauberstab auf Scorpius. „Nein, natürlich nicht!“

„Würde Onkel Harry gegen Albus oder James den Zauberstab erheben?“

„Wo denkst du hin!“, sprach Astoria aufgebracht und die junge Weasley verzog leicht das Gesicht. „Und warum tust du es dann?“ Ihre Stimme überschlug sich. „Fällt dir denn gar nichts auf? Seine Haltung, seine Wachsamkeit, als er das Haus betreten hat und vor allen seine Augen?“

„Ich verstehe nicht?“

Ein Nerv in Rose riss und sie heulte wütend auf. „Er ist der zweite Erbe der Malfoys!“

„Er ist nicht blond!“, warf Wooder sofort ein. „Alle Malfoys sind blond!“
 

„Natürlich!“, blaffte Rose ihn an. „Mit dem einzigen Unterschied, dass Scorpius Malfoy, eben seinen Verstand sprechen lässt und nicht seine Magie! Ihm war klar, dass die Haare seine Familie verraten würde! Blond hättet ihr ihn bereits im Wald umgelegt!“

Nach ihrem Ausbruch sagte lange Zeit niemand etwas und Rose vermied es bewusst Scorpius anzusehen. Dieser hatte sich mühsam aufrecht hingesetzt und versuchte den Schmerz auf seiner rechten Gesichtshälfte zu ignorieren.
 

„Also wirklich ein Malfoy…“, wiederholte einer der Auroren unnötigerweise und Scorpius konnte nicht anders als sarkastisch hinzu zu setzten: „Und? Haben Sie jetzt einen Preis gewonnen?“ Er zuckte zusammen, als die Spitze eines Zauberstabs seine verletzte Gesichtshälfte berührte. Er spürte, dass die Wunde augenblicklich heilte. Dann sah er zwei hellbraune Augenpaare. Scorpius hörte fast auf zu atmen und als Astoria vor ihm auf die Knie ging, versteifte sich sein ganzer Körper. Ihre schmalen Hände zitterten leicht, als sie die Hände hob, um sein Gesicht zu berühren. Sie schien etwas an ihm zu suchen und unschlüssig strich sie durch sein Haar. Scorpius schloss die Augen und genoss die zärtliche Berührung. Sanft zog sie seine Konturen nach. Schließlich hielt sie inne.
 

„Draco hat sein Versprechen gebrochen“, wisperte sie fast lautlos und der Junge vor ihr lächelte zaghaft. „Weil er mich erst Scorpius und dann Hyperion genannt hat? Es sollte lediglich einem Wortspiel dienen.“

„Ich kann es mir denken“, sprach sie verstehend. „Hyperion sollte lediglich einen Gefallen symbolisieren, richtig?“

„Ja, wobei mein Großvater anderer Meinung war“, sprach er und öffnete die Augen. Flüssiges Gold sah in flüssiges Gold, mit dem einzigen Unterschied, dass die Augen seiner Mutter müde und ausgelaugt wirkten und seine vor Kraft nur so trotzten.

„Goodale, was war seine Definition deines Namens?“

„Scorpius verspricht die Gefahr, Hyperion symbolisiert ein Erbe, was den dunklen Lord an seine Grenzen stößt und Malfoy würde den Glanz des Namens brutal verändern.“

„Klingt ganz nach Goodale.“

„Ja.“
 

Scorpius wusste nicht, was er sagen sollte. Zu absurd kam ihm diese Situation vor. Doch zum Glück nahm die Frau vor ihm die Fäden des Gesprächs in die Hand. „War dein Vater gut zu dir?“

„Nein“, antwortete Scorpius ehrlich. „Ihm missfiel meine Neugier und mein Wissensdurst.“

Ein trockenes Lachen entwich Astorias Kehle. „Hätte ich mir denken können.“

„Doch er ließ mich niemals spüren, dass ich nicht zu ihm gehören würde. Schließlich musste ich genauso wie meine Geschwister eine Strafe über mich ergehen lassen, wenn ich nicht nach seinem Willen funktionierte.“

Die Haltung der Frau spannte sich an. „Das tut mir leid.“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Muss es nicht. Schließlich hat es mich nicht umgebracht.“ Eine peinliche Stille entstand und er spürte, das sämtliche Auroren ihn beobachteten und nicht verstanden, was vor sich ging. Doch es war ihm egal. Denn die Tatsache, dass er zum ersten Mal in seinem Leben frei und offen mit seiner Mutter sprach, hatte etwas so Privates und Wichtiges, dass er sich in diesem Augenblick um niemanden kümmern wollte.
 

Astoria wendete kurz den Blick ab, dann atmete sie tief durch und er schien zu ahnen, was sie wissen wollte. „Nein, er hat mir nie von dir erzählt“, sprach Scorpius es gerade aus. „Es kam mir eher so vor, als wollte er mir alles austreiben, was ihn an dich erinnerte. Mein Großvater hat mir kurz vor seinem Tod die Wahrheit zukommen lassen.“

„Die Wahrheit.“

„Über alles, ja.“ Er legte leicht den Kopf schief. „Und dann bin ich zusammen mit Rose gegangen.“

Ein bitteres Lächeln breitete sich auf Astorias Lippen aus und sie strich erneut durch sein Haar. Diese einfache Geste löste eine Gänsehaut auf seinem Rücken aus und er ergriff ihre Hand. Leise sprach sie: „Es tut mir leid, dass ich nie da war, Scorpius…“ Sein Name hatte durch ihre Stimme einen seltsamen Klang angenommen.

Einen Klang, der sein Herz unweigerlich höher schlagen ließ.
 


 

Wenn Du mich berührst, wachsen Geister hinauf. Gott weiß, dass ich der bin, der Dir beisteht.
 

Mit letzter Kraft hob ein großer dunkelhaariger Mann den Kopf. Auf seinem Rücken trug er eine Frau, welche ungleichmäßig atmete. Ihr rotes Haar war zerzaust und ihre schmalen Hände hielten sich an seiner Jacke fest. James lächelte, als sich vor ihm Hogwarts erstreckte. Endlich war er angekommen. Es hatte sie zu zweit Wochen gekostet, den Weg nach Hogwarts zu finden. Ein paar Mal hatten sie sich im verbotenen Wald verlaufen. Doch jetzt, bei Anbruch der Dämmerung, erreichten sie ihr Ziel.

„Wir sind da, Molly.“ Seine Stimme war heiser und erschöpft. „Al hat ganze Arbeit geleistet. Sieh, wie schön Hogwarts ist.“

Die junge Frau auf seinem Rücken murmelte etwas, doch er konnte spüren, wie sie den Kopf anhob und ihre blauen Augen glänzten. Seit drei Tagen plagte sich Molly mit einer Grippe herum und James hoffte, dass es in Hogwarts jemanden gab, der sich um sie kümmern konnte. Mit jeden weiteren Schritt hatte der Potter-Erbe Mühe nicht im Schlamm zu versinken. Die Wiese war aufgeweicht und machte es ihm so unnötig schwer, dass Schloss zu erreichen.
 

Schweiß lief über seine Stirn und er fragte sich, wie er es die letzten drei Tage überhaupt geschafft hatte, den Weg alleine mit Molly auf seinem Rücken zurück zu legen.

„Sie sind da“, hauchte Molly an seinem Ohr und eine Gänsehaut jagte über seinen Rücken. Mühsam hielt er inne, dann hörte er eine Stimme, die ihn erleichtert ausatmen ließ.

„Fred, komm sofort her, James und Molly sind angekommen!“

Louis.

Er war ebenfalls hier.

Starke Arme hoben die junge Frau von seinem Rücken und jemand stützte ihn. James spürte, wie alle Kraft von ihm wich. Doch das beklemmende Gefühl von Schwäche blieb aus. Stattdessen machte sich Erleichterung und Hoffnung in ihm breit.

„Man Alter! Hast du die quer durch den verbotenen Wald geschleppt?“, entfuhr es Fred, als er Molly neben Louis her trug. Ein schwaches Lächeln wich über seine Lippen und Louis nahm ihn ebenfalls Huckepack, als sie die Treppen erreichten. James war in diesem Moment mehr als nur dankbar, dass seine beiden Cousins bereits die Volljährigkeit erreicht hatten und alles andere als schmächtig waren.
 

„Wir haben uns schon gefragt, wann ihr kommt, denn einer von euch musste ja rallen, was die Farben der vier Patroni Hogwarts symbolisieren. Also, wer war’s?“, wollte Fred wissen und James erkannte die gigantische Eingangshalle. „Molly“, sprach er tonlos und ließ den Blick schweifen. Niemals hätte er gedacht, dass es seinem kleinen Bruder gelingen würde, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Vorsichtig setzte Louis ihn auf den glänzenden Marmorboden ab und warf sein blondes Haar nach hinten, während Fred breit grinste. „Wettschulden sind Ehrenschulden, Lulu-Boy.“

Während James sah, wie seine Cousins, sich um einen Wettbetrag stritten, versuchte er einen besseren Eindruck von der Halle zu bekommen. Die Säulen verliehen dem Schloss etwas Majestätisches und die breiten Bögen, die einen Blick in die einstige große Halle zuließen, taten ihr Übriges. Gegen eine Säule lehnend, wischte sich James Potter die abstehenden Haare aus der Stirn und fragte sich, mit welcher Hilfe Albus dies alles auf die Beine gestellt hatte.
 

„Respekt“, sprach er mehr zu sich selbst, legte den Kopf in den Nacken und dann erkannte er ihn. Seinen ach so tollen Bruder, der mit ernster Miene die große Treppe herunter kam und sich zuerst Molly ansah. „Fieber. Wahrscheinlich Überanstrengung. Wie lange hat sie das schon?“, fragte er an Fred gewandt, während James seinen Bruder musterte. Albus hatte sich verändert. Das Haar war unordentlicher denn je, etwas, was ihm als erstes ins Auge fiel, bis sein Bruder ihn direkt ansah. Die kindlichen Gesichtszüge waren fast verschwunden, die ungesunde Naivität in seinen Augen ebenfalls. Stattdessen blickte James in Wachsamkeit und Argwohn. Albus wies Fred an, seine Cousine in eines der vielen freien Zimmer zu bringen und einen gewissen Dumbledore nach ihr zu schicken, als er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete und auf ihn zukam. Es kam dem Älteren so vor, als sei er noch ein Stück gewachsen, was vielleicht auch an seiner ungewohnt selbstbewussten Haltung liegen könnte. „Was willst du hier?“, sprach Albus herablassend, als er vor James zum stehen kam. Dieser zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich dachte, hier könnte ich ein paar Nächte durchschlafen und etwas Warmes essen.“
 

Albus grinste höhnisch und nickte knapp. „Lass dich nicht aufhalten“, dann wendete er sich ab und James erwiderte das Grinsen zum Rücken seines Bruders gewandt. Cleverer kleiner Junge. An Zynismus und Gelassenheit mangelte es ihm nicht mehr. James erinnerte sich nur zu gut an seine eigenen Worte, als Albus ihm als Kind von seinen Plänen bezüglich Hogwarts erzählt hatte. Lass dich nicht aufhalten.

„Ts.“ James schüttelte den Kopf und versuchte sich zu erheben, doch er verlor das Gleichgewicht. Halb im Sturz spürte er, wie jemand seinen schwachen Körper auffing. Verwirrt blickte er nach links und erblickte langes rotes Haar.

„Ja, ja, Al hat sich eine Menge bei dir abgeguckt. Du solltest dich schämen, dass du ihm so viel schlechtes Benehmen beigebracht hast.“

„Ach Lily“, brachte er gerade noch heraus, bevor Louis ihn zu seiner anderen Seite stützte. Das verräterische Lächeln seiner Schwester verriet, dass sie verstand.
 

Im Moment war er noch nicht in der Lage ernsthaft mit ihr zu diskutieren, doch er würde es gewiss nachholen.
 

Später.
 


 

Durch gute und durch Probezeiten.
 

Und es hat gerade Mal begonnen. Ich kann den Rest meines Lebens kaum erwarten.
 

Fortsetzung folgt…

Tausend kleine Scherben.

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.
 

.
 


 

Ich war sie.

Sie war ich.

Wir waren eins.

Wir waren frei.
 

Alice zitterte am ganzen Körper. Seit Stunden hielt man sie bereits in diesem kahlen Raum gefangen. Umgeben von Dunkelheit und großen Kisten, welche mit einem schweren Inhalt beladen waren, hatte sie sich auf dem Boden nieder gelassen und die Beine zum Körper gezogen. Ihr erster Auftrag und sie hatte es bereits vermasselt. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass ihrer besten Freundin die Flucht gelungen war. Etwas, was sie stark annahm, denn die letzten Stunden hatte sie den Worten der Todesser vor der Tür gelauscht und vernommen, wie diese sich über einen Eindringling auf der Flucht unterhalten hatten. Mit schmutzigen Händen strich sich Alice eine Haarsträhne aus dem Gesicht und blickte dann auf den unebenen Boden. Dumpfes Licht fiel durch ein Dachfenster und der Morgen kündigte sich an. Wie naiv sie doch gewesen war. Nur weil sie wusste, wie Scorpius und Albus solche Aufträge immer erledigten, hieß das nicht automatisch, dass sie dasselbe Talent bezüglich Anschläge besaß. Bei dem Gedanken an Albus schmerzte ihr Herz. Die Blicke, die er seiner Cousine Dominique schenkte, erzählten von Gefühlen, die unheimlich tief waren.

Liebe.

Liebe, die sie selbst spüren wollte.
 

Natürlich hatte sie in jener Nacht gewusst, dass sie einen Fehler begann. Wenn Alkohol im Spiel war, dann konnte sie nur den schwarzen Grimm ziehen. Unsicher und unerfahren waren seine Berührungen gewesen und doch voller Wärme. Vorsichtig strichen ihre Fingerkuppen über ihre Lippen und sie erinnerte sich an den Geschmack seiner Küsse. Alice konnte nicht mehr sagen, wann sie das merkwürdige und lästige Gefühl namens Liebe zum ersten mal bei Albus verspürt hatte, doch die Tatsache, dass dieses Gefühl immer stärker geworden war, je länger sie ihn kannte, ließ sich nicht leugnen. Sie mochte seine stürmische, heitere und zuversichtliche Art. Die grünen Augen, die in der Sonne der Farbe von dichtem Sommerlaub nahe kamen und das schwarze chaotische Haar. Immer wieder hatte sie dem Drang nachgeben müssen, es zu berühren, bis zu der Nacht, die sie im Nachhinein vielleicht sogar die Freundschaft zu ihm kosten könnte. Hemmungslos hatte sie sich fallen lassen. Es war ihr egal gewesen, dass es sich bei ihm nicht um wirklich starke Gefühle handelte, die er zu ihr hegte, sondern lediglich um Freundschaft.
 

Die Erkenntnis war umso bitterer gewesen, auch wenn Alice von der Liebe zu Dominique gewusst hatte, so war ihr die Realität doch immer weit weg erschienen. Gegen eine Frau wie diese würde sie nicht ankommen. Schön, verführerisch und zierlich, weckte sie in jedem Mann den Beschützerinstinkt. Zusätzlich lockte Veela-Blut mit dem feinen Gemisch von Weasley-Genen, selbst Scorpius war diese Besonderheit nicht verborgen geblieben. Sie hatte es an seinem Blick gesehen.

Alice schloss die Augen und atmete tief die kalte Luft ein. Jetzt war es sowieso unwichtig, denn sie würde sterben. Ganz egal wie sehr sie auch hoffen möge, einen Todesser wie Scorpius würde sie kein zweites Mal treffen. Wie aufs Stichwort knarrte die Tür und jemand trat ein. Träge hob das junge Mädchen den Kopf und ihre Augen weiteten sich erschrocken, als sie die Umrisse erkannte. Als er seinen Zauberstab hob und sich der Raum durch einige Kerzen erhellte, erkannte sie jene grausame Visage, vor der sie gewarnt worden war.
 

Floyd Elope Malfoy betrat den Raum. Seine Haltung war von Stolz durchtränkt, seine Schritte fest und seine Statur überragte vermutlich die meisten Männer, die sie kannte. Sein helles blondes Haar, welches Scorpius ebenfalls besaß, war streng zurück gekämmt und kräuselte sich im Nacken leicht. Mit Wachsamkeit suchte er den Raum ab. Die dunkle Farbe der Todesser und der lange Umhang verliehen ihm etwas Mächtiges und Alice redete sich selbst ein, dass sie sich davon nicht täuschen lassen durfte. Sein Blick glitt über sie, er schloss die Tür und trat näher. Als er sich die schwarzen Handschuhe auszog, kämpfte sie sich auf die Füße. Sie wollte nicht, dass er auf sie herab sah, wie auf ein Stück Dreck, wo doch die Beschreibung eher auf ihn passte. Ihre Fingerspitzen wurden kalt und Alice bemerkte, wie die Angst in ihrem Körper aufstieg. Nach den Worten des jüngeren Malfoy gab es nur wenige Adjektive, die ihn beschrieben. Brutal und gefährlich.
 

Ein wissendes und kaltes Lächeln zierte seine Lippen, als er einen Meter vor ihr zum stehen kam und erkannte sie die grausame Ähnlichkeit zwischen den Brüdern. Lediglich die weichen Gesichtszüge ließen vermuten, dass Scorpius der Jüngere von ihnen war.

„So, so. Expecto Patronum Prassimus also.“ Seine Stimme war eisig und jagte ihr eine Gänsehaut über den Körper. Er setzte sich auf eine große Kiste, sodass er seine langen schlanken Beine baumeln lassen konnte. „Wie viele gibt es noch von euch?“

Es war eine einfache Frage und Alice biss sich auf die Unterlippe, etwas was sie kurz darauf bereute, denn ein nicht zu beschreibender Schmerz jagte durch ihren Körper. Schreiend ging sie zu Boden und umklammerte ihren Oberkörper. Es war das erste Mal, dass sie den Crucio am eigenen Leib erfuhr und es war schrecklicher, als sie es sich je hätte vorstellen können. Tausende von Nadeln durchbohrten sie und ihre Muskeln verkrampften sich. Nach einer schieren Unendlichkeit kam sie heftig keuchend zur Ruhe und versuchte zu atmen. Ihre Lunge schmerzte, ihr Herz und ihre Seele ebenfalls.
 

„Wir können dieses Spielchen die ganze Nacht spielen“, merkte der Todesser an. „Und lass dir gesagt sein, ich habe Talent und Geduld für diese Art Spiel.“

In ihrem Kopf rauschte es, doch Alice kämpfte sich mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, wieder auf die Beine. „Nur zu. Lieber verrecke ich unter deiner Hand, Malfoy, als dass ich auch nur ein Wort des Verrats über die Lippen bringe.“

Leicht verwirrt hob sich eine feine Augenbraue des blonden Mannes. „Woher weißt du, wer ich bin?“ Er rutschte von der Kiste und Alice spuckte ihm vor die Füße.

„Woher ich deinen Namen kenne, Floyd? Wunder dich nicht drüber, denn bald wird die ganze Welt wissen, wer du bist, da du als Schlächter tot unter der Erde liegst!“ Sie klang höhnisch und rechnete erneut mit Schmerzen, als sie das feine Grinsen auf seinen Lippen sah. „Immerhin wird mein Name nicht vergänglich sein.“ Er trat näher und Alice wich automatisch einen Schritt zurück. „Du hast also nicht vor zu sprechen, kleines Mädchen, auch wenn ich dich noch so oft von Crucio schmecken lasse?“

„Nein“, erwiderte sie schroff und als er vor ihr zum stehen kam, blickte sie in stumpfe graue Augen.
 

Der Geruch von Rauch und verwestem Fleisch stieg ihr in die Nase und ihr Rücken berührte die große, farblose Wand. Wären sie sich bei einem anderen Umständen begegnet, so hätte sie ihn als hübsch bezeichnet, doch jetzt zierten seine schönen Züge Grausamkeit – ganz so wie Scorpius es erzählt hatte.

„So? Dann werde ich zu einem anderen Mittel greifen müssen, um dich gefügig zu machen.“

„Zu körperlicher Gewalt?“, stellte sie die mutige Frage und konnte erneut Verblüffung in seinen Augen erkennen. „Tu dir keinen Zwang an. Doch ich bin sicher, dir fällt noch etwas viel besseres ein, schließlich heißt es, du seist recht erfinderisch, was Sadismus anbelangt.“

Floyd wurde augenblicklich wachsamer. Es ging ihm gegen den Strich, dass dieses Mädchen so gut über ihn informiert war und er nicht die leiseste Ahnung hatte, wer sie war. Unwillkürlich sah er in ihre dunkelblauen Augen und musterte die betont gleichgültige Miene. Crucio würde sie nicht zum Sprechen bringen, sondern sie lediglich den Verstand verlieren lassen und töten wollte er sie noch nicht, schließlich war die Neugier in ihm stärker, als das Verlangen nach Blut.
 

Seit Scorpius Tod war er seltsam unzufrieden und ruhelos von einem Auftrag zum nächsten. Wie lange Elliott als sein Partner das noch mitmachte, wusste Floyd nicht. Doch sein Handeln diente lediglich der Rache. Floyd schluckte hart, als er an die ruhige Miene seines Bruders dachte, die ihn einst so oft zur Weißglut getrieben hatte. Als Scorpius zu Beginn seiner Todesserweihe unter ihm gestanden hatte, hatte er den wissenden und aus seiner Sicht arroganten Ausdruck gehasst. Aber als Scorpius den Lehrer gewechselte und in seinem Großvater einen Ausbilder der besonderen Art gefunden hatte, war die Kluft zwischen ihnen kleiner geworden. Zwar hatte Floyd gewusst, dass sie wohl niemals ihre Überzeugungen miteinander teilen würden, aber er hatte Scorpius für seine seltsame Denkweise akzeptieren können.

„Wonach steht dir denn?“ Er legte den Kopf schief und ein höllisches Grinsen zierte seine blassen Lippen. „Möchtest du langsam und mit Hingabe zerstückelt werden oder ist dir eher nach einem brutalen und heftigen Tod?“

„Wie wäre es, wenn du mich überraschst und mich einfach gehen lässt?“, höhnte sie und er konnte nicht leugnen, dass sie ihn amüsierte.
 

„Wie heißt du?“

Sie schwieg und er trat näher, sodass er direkt vor ihr stand. Sein Gesicht kam dem ihren gefährlich nahe. Floyd beugte sich zu ihr herunter und hauchte: „Keine Spielchen, kleines Mädchen und vielleicht, aber auch nur ganz vielleicht kann ich deiner Bitte nach etwas Untypischen nachkommen.“ Er ließ den Zauberstab sinken und sie fragte sich, ob er das nur tat, um ihr Hoffnung vorzutäuschen. In die Ecke getrieben, schloss sie die Augen und flüsterte: „Alice… Alice Longbottom.“

Floyd verharrte, er kannte diesen Namen zu gut. Neville Longbottom, ein Widerstandskämpfer, der seit langem nichts mehr von sich hatte hören lassen. Zärtlich wickelte er eine wellige Locke um seinen Finger und betrachtete das glänzende Haar des Mädchens. Langsam verstand er, weshalb sie ein Wissen besaß, dass über das einer normalen Hexe hinaus ging. Als Tochter eines Rebellen hatte sie natürlich mehr Informationsquellen, als jemand, der in einer Familie lebte, die ständig auf der Flucht war.
 

„Ob du es, mir glaubst oder nicht, kleine Alice, du fängst an mir zu gefallen.“

„Oh bitte nicht“, sprach sie gespielt sarkastisch. „Ich kann mich jetzt schon kaum vor Verehrern retten.“ Sie wusste nicht, woher sie den Mut für ihre frechen Worte nahm, doch die Tatsache, dass sie so oder so sterben würde, nahm ihr die Angst vor ihm. Floyd löste sich von ihr und seine heitere Miene veränderte sich zur Ausdruckslosigkeit. Seine kalten Finger hoben ihr Kinn an und er sprach: „Vorerst wirst du mir ein wenig die Langeweile der nächsten Stunden nehmen. Wenn du gut bist, dann kannst du mir öfters zu Diensten sein.“

Es dauerte einige Sekunden, bis Alice verstand, was er mit zu Diensten sein meinte. „Niemals, lieber sterbe ich freiwillig, als für dich die Beine breit zu machen!“

Floyd grinste selbstgefällig. „Ich bin gespannt, ob du das auch noch behauptest, wenn du erst einmal unter mir liegst.“ Er schritt rückwärts zur Tür und die Dunkelheit schien seinen Körper zu verschlucken. Die Kerzen gingen aus und als Alice hörte, wie die schwere Tür ins Schloss fiel, sackte ihr Körper zusammen.
 


 

Da ist jemand, der mich anruft.

Ist sie es?

Ja.

Ist sie es.
 

Die Uhr kündigte die erste Stunde des neuen Tages an. Müde hob ein schwarzhaariger Junge den Kopf und sah von dem großen Tisch auf. Mehrere Karten und Pläne lagen vor ihm und Albus rieb sich die Augen. Seit drei Tagen trug er endlich wieder seine Brille und seine empfindlichen Augen ließen ihn spüren, wie sehr er sie eigentlich in Anspruch genommen hatte. Sein Blickfeld wirkte verschwommen und er wusste, dass es ihn einige Tage kosten würde, bis sich seine Sicht wieder klärte. Einst hatte ihm sein Großvater erzählt, dass Augen wie seine, etwas Besonderes waren. Als Kind hatte er ihm keinen Glauben geschenkt, doch jetzt wusste er es besser. Scorpius hatte offen zugegeben ihn für seine extreme Weitsichtigkeit zu beneiden, er dagegen verspürte Neid, wenn er an die Flexibilität seines Mitstreiters dachte. Erst vor knapp sechs Stunden hatte Scorpius ihm auf mysteriöser Weise durch ein selbst schreibendes Pergament die Nachricht zukommen lassen, dass er Rose in Sicherheit bringen konnte und noch nicht sagen konnte, wann sie es wieder bis nach Hogwarts schafften. Doch von Alice fehlte jede Spur.
 

Bei dem Gedanken an Alice krampfte sich sein Herz zusammen. Es war falsch gewesen, dass er mit ihr geschlafen hatte, das wusste er und doch konnte er an jenem Abend nicht anders handeln. Ihr Duft, ihre Anwesenheit, ihre Stimme, all das hatte ihn wie etwas Magisches in einen Bann gezogen. Erst am Morgen, als er neben ihrem nackten Körper wach geworden war und den Schaden, den er angerichtet hatte, vor Augen geführt bekam, hatte Albus begriffen, dass er ein Narr war. Wie konnte er mit seiner besten Freundin schlafen, wo doch sein Herz für Dominique schlug?

Frustriert ließ der junge Potter von den Plänen ab und dachte an seinen Bruder. Seit Tagen schlief er durch und Lily hatte ihn wissen lassen, dass James ausgemergelt und gefährlich erschöpft wirkte. Molly dagegen erholte sich hervorragend von ihrer Grippe. Es erschrak Albus selbst, dass ihm der Zustand seines Bruders egal zu sein schien. Doch die Tatsache, dass er wusste, dass James mit Dominique vor Jahren geschlafen hatte, ließ Hass in ihm aufsteigen.
 

„Merlin, bin ich abartig“, sprach er leise zu sich selbst und vergrub den Kopf in seinen Händen. Jemand betrat auf leisen Sohlen den Raum und er machte sich noch nicht einmal die Mühe sich umzudrehen, schließlich besaß er die seltene Gabe, die Menschen anhand ihrer Schritte zu erkennen. „Solltest du nicht im Bett sein, Dome?“

„Ich kann nicht schlafen“, sprach sie ruhig und ließ sich neben ihm nieder. Unwillkürlich stieg der Duft von zarten Rosen in seine Nase und Albus schloss kurz die Augen. Seine Gedanken kreisten den Hauch eines Augenblicks um Sonnenblumen. Warum, wusste er selbst nicht. Der junge Potter-Spross zwang sich zu einem Lächeln und sah sie an. Zärtlich strich er durch ihr Haar und erschrak über diese Geste. Gerade als er seine Hand erschrocken zurück ziehen wollte, ergriff Dominique sie. Ihre feinen Gesichtszüge entspannten sich und ihre blassen Lippen zierte ein Lächeln. „Ich bin so froh, hier zu sein.“

„Warum?“

„Weil ich nun weiß, dass es dir gut geht.“
 

Albus wendete seinen Blick ab, seine Miene verhärtete sich und sein Herz raste. Eine leise, naive Stimme in ihm machte sich Hoffnungen. Hoffnungen, die er im Keim ersticken wollte, bevor er jene Schmerzen noch einmal verspürte, die James in ihm ausgelöst hatte. Zarte und schmale Finger berührten seine Wange und sein Körper versteifte sich. Dominique rutschte näher zu ihm, ihr Atem streifte ihn und Albus vergaß zu atmen.

„Was ist mit dir?“, wisperte sie heiser und strich durch sein zerzaustes schwarzes Haar. Er antwortete nicht und als ihre Hand die seine umschloss, begriff Albus, worauf sie hinaus wollte. Seine Gedanken überschlugen sich vor Freude, doch sein Herz pochte nur aufgeregt vor sich hin.

Etwas fehlte.

Etwas Entschiedenes, was er bereits einmal verspürt hatte. Doch sein Gedächtnis ließ ihn kläglich im Stich. Dominique drängte sich an ihn und bat ihn mit einer zärtlichen Geste, sie anzusehen. Er tat es und spürte weiche, sehnsüchtige Lippen auf seinen. Es folgte ein Kuss, der ihm buchstäblich den Boden unter den Füßen wegzog. Voller Hingabe und Vertrauen küsste sie ihn und raubte ihm jeglichen Widerstand.
 

In diesem schwachen Moment bäumte sich in ihm die Frage auf, ob es seine Gefühle für Dominique waren oder ihr Veela-Blut, was ihn so willenlos werden ließ. Albus wusste erneut, dass er einen Fehler begann, als er sie handeln ließ, doch aus einem unerklärlichen Grund war er nicht im Stande, sich ihrer Anziehungskraft zu entziehen. Unter ihrer Führung begann er einen weiteren großen Fehler. Seine Umwelt verschwand, er ließ sich von etwas Unbekanntem leiten und verlor sich. In hingebungsvollen Küssen ertrank er und handelte aus reinem Instinkt. Erst als sein Name über ihre Lippen glitt und ein heiseres Stöhnen diesem folgte, klärte sich seine Sicht. Der Nebel aus Verwirrtheit und Unwissenheit, der ihn die letzten Tage begleitet hatte, verschwand. Seine Haut war von Schweiß überzogen und seine Muskeln verkrampften sich, als er spürte, wie Dominique über ihm keuchend zusammen sackte. Seine Hände zitterten, als er ihr durch das lange seidige Haar strich und etwas in ihm fiel laut klirrend zu Boden.
 

Albus keuchte nach Luft, sein Atmen ging ebenfalls so unregelmäßig wie der seiner Cousine. Ihre hellen blauen Augen blickten in seine grünen, als sie lächelte und ihre Stirn gegen seine lehnte. Es war wie ein gewaltiger Tritt in die Magengrube, als ihm bewusst wurde, dass er nicht in dieses helle blau sehen wollte, sondern in ein blau, dass Freude und Fröhlichkeit ausstrahlte. Nicht in einem klaren blauen Himmel, nein, sondern in den tiefen Abgrund eines Meeres.

Alice…

Das Gefühl, welches in seinem Herzen fehlte, wenn er Dominique küsste, gehörte ihr. Die klare Sicht, als er mit ihr schlief, brachte ihre Wärme mit sich. Die Gänsehaut, wenn sie seinen Namen flüsterte, verschaffte nur ihre Stimme ihm.

Er war ein blutiger Narr. Dumm und naiv schlief er mit seiner Cousine, in dem Glauben, dass sein Herz vor Freude und Liebe überquellen würde, doch in Wirklichkeit brachte diese Entscheidung nur Schmerzen mit sich. Wie in Trance nahm Albus war, wie seine erste Liebe den Kopf auf seine Brust legte und seinem Herzschlag lauschte. Er schluckte hart.
 

Das, was haltlos zu Boden fiel und in tausend Scherben zerbrach, war sein eigenes Herz und erschreckenderweise kam ihm der Klang der Zerstörung sehr bekannt vor. Ihm war, als hätte er ihn bereits einmal still und leise gehört.
 

Sonnenblumen…

Das leise Klirren seines Herzens…

Alice…
 

Wir waren jung.

Wir waren falsch.

Uns ging es gut.

Ganz allein.
 

Vorsichtig und leise betraten drei Menschen, dick eingemummelt in ihren langen schwarzen Reiseumhängen ein verfallenes Gebäude inmitten von Cardiff. Wales war vor über einem Jahrzehnt aufs übelste von Todesser verwüstet worden. Kaum einen Muggel oder einen Zauberer hatte etwas an diesen zerstörerischen Ort gehalten. Kalter Wind fegte durch die verlassenen Straßen und die meisten Häuser waren bis auf ihre Grundmauern niedergebrannt worden. Dicke schwere Regentropfen fielen nun durch das einsturzgefährdete Dach und einer der drei Menschen sah auf. Seine Gestalt war hager, in der rechten Hand hielt er fest seinen Zauberstab umschlossen und als er hinter sich jemanden fluchen hörte, sprach er: „Was ist, Ron?“

„Dieser verfluchten Spinnen sind hier überall!“, erklärte sein bester Freund angewidert und zum ersten Mal seit Tagen ließ sich Harry Potter zu einem schwachen Lächeln herab. „Was suchen wir hier überhaupt?“

Hermine seufzte, als sie an Harry vorbei schritt. „Manchmal denke ich, du machst dir einen Spaß daraus, so zu tun, als könntest du nicht lesen.“

„Wie bitte? Was soll das denn-!“

„Eine Bibliotheca“, half Harry aus. „Stand zumindest vorne am Eingang. Hermine hofft immer noch, dass wir diese Ausgabe von Nathan Brown finden.“
 

Ron schnaufte verächtlich und stieg über einen herabgestürzten Balken. „Wir suchen seit Jahren nach diesem Buch. Hatten wir nicht alles abgeklappert, wo es hätte sein können? Vermutlich ist es verbrannt, als Hogwarts untergegangen ist.“

„Oder aber es steht in einer unauffälligen Muggel-Bibliothek“, wies Hermine hin und Harry runzelte die Stirn. „Und wie kommst du dann ausgerechnet auf Cardiff?“

Die Frau versuchte sich zu orientieren und sah sich suchend um. „Na ja, wir gehen seit acht Jahren davon aus, dass Nathan Brown ein Zauberer war, richtig?“

Die Männer nickten und folgten ihr. Je tiefer sie in die verfallene Ruine gelangten, umso stärker wurde der Geruch von verfaultem Fleisch. Wahrscheinlich hatte sich der eine oder andere naive Muggel eine Unterkunft für die Nacht gesucht und dabei mit seinem Leben bezahlt. Allen drein lief ein eisiger Schauer über den Rücken, als sie daran dachten, wie viele tote Menschen sich hier befinden mussten. „Wir wissen, er hielt sich bis kurz vor seinem Tod irgendwo in Wales auf. Zudem wurde bei unseren Nachforschungen deutlich, dass er eine Geliebte in Cardiff hatte.“

„Jaha“, gab Ron genervt von sich und sprang erneut angeekelt zur Seite, als er ein Spinnennetz entdeckte. Schonungslos schritt Hermine voran, schließlich kletterte sie gekonnt eine gefährlich instabile Treppe herunter. Als ihre Füße wieder festen Boden spürten, sprach sie leise: „Lumos.“ Licht erstreckte sich aus ihrem Zauberstab und sie wartete, bis ihre Freunde ihr folgten.
 

„Worauf willst du jetzt eigentlich hinaus?“, wagte es Harry zu fragen und folgte ihr in die grausige Dunkelheit des Gebäudes. Sein Blick streifte kurz das eingefallene Gesicht einer jungen Frau, dessen rechte Gesichtshälfte bereits von den Ratten zerfressen war. Übelkeit stieg in dem Helden auf, als er daran dachte, dass dieses arme Geschöpft wahrscheinlich nur Schutz vor den Todessern gesucht hatte und gefunden worden war.

„Browns Geliebte war die Tochter einer reichen Handelsfamilie und sehr gebildet. Sie wird also viel gelesen haben.“

„Du meinst, er hat ihr die Discorsi gegeben?“, riet Ron dümmlich und Hermine nickte bestimmt. „Richtig.“

„Aber wir haben doch das Anwesen und alle anderen Orte, die in Frage kamen abgesucht.“

„Schon möglich.“ Die Brünette blieb stehen und ein breites Grinsen huschte über ihr Gesicht. „Aber da sind wir ja auch noch davon ausgegangen, dass Brown ein Zauberer war und seine Geliebte eine Hexe.“
 

Harry starrte sie an. Etwas hinter seiner Stirn schien zu begreifen. „Du meinst, er war ein Muggel?“

„Sicherlich. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Discorsi im 17ten Jahrhundert geschrieben worden ist, damals konnte aber leider nicht jeder lesen und schreiben und Zauberer haben sich diesbezüglich sicherlich nicht sehr von den normalen Muggeln unterschieden.“

„Im Klartext, Brown war ein Muggel und hat sich von einem Zauberer dessen Entdeckung diktieren lassen?“

„Genau!“ Hermine setzte den Weg fort. „Was auch erklärt, warum wir an keinem magischen Ort einen Hinweis finden. Brown wird das Buch, das von Ketzerei und Ungläubigkeit nur so trotzt, versteckt haben. Wir wissen, dass er bereits damals verfolgt worden ist, wegen seinem skandalösen Leben bezüglich des Fräuleins. Er wird das Buch aus Angst, dass es beschädigt werden könnte, nicht mitgenommen haben. Weshalb ich also stark davon ausgehe, dass seine Geliebte es versteckt hat und wo würde es am wenigsten auffallen? Natürlich in einem Paradies der Bücher.“ Sie streckte die Arme aus und Ron öffnete den Mund um etwas zu sagen. „Aber hier ist alles verbrannt!“
 

„Vielleicht auch nicht.“ Hermine schien zuversichtlich und bog im Labyrinth des Kellers zielsicher ab. Schließlich betrat sie einen verstaubten Raum, der früher einst für ein Lagerraum genutzt worden schien. Mehrere Akten aus dem Rathaus stapelten sich. Papier übersäte den Boden und Harry fragte sich, wie Hermine so sicher war, hier etwas zu finden. Als er den Gedanken laut aussprach erklärte sie: „In den Briefen, die sich Brown und seine Geliebte geschrieben haben, waren Hinweise. Ich habe sie analysiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Discorsi sich irgendwo hier befinden müsste.“

„Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit?“, wollte Ron wissen und als Hermine breit lächelte, begriff er. Sofort probierten sie eine Reihe von Zaubersprüche aus, um in den Besitz des Buches zu gelangen, ohne jeden Stein umzudrehen. Doch es nutze nichts, sie mussten es auf die Kindertour nach dem Motto, Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein, machen. Angestachelt vom plötzlichen Erfolg suchte das einst goldene Trio hartnäckig nach irgendwelchen Geheimverstecken.
 

Stunden vergingen und der Schweiß lief Harry über den Rücken. Ständig schob er neue Regale beiseite oder murmelte angestrengt irgendwelche Flüche um vielleicht vorhandene magische Barrieren aufzuheben. Staub klebte in seinem Gesicht und er wischte sich mit dem Ärmel seiner Jacke über die schweißige Nase. Immer wieder hörte er seinen besten Freund seufzten, vor Anstrengung, aber auch vor Hoffnung, dass sie dem Frieden endlich einen gewaltigen Sprung näher kommen würden. Die dunklen Zeiten sollten vorbei sein und in Vergessenheit geraten, doch Harry wusste, dass ein Krieg wie dieser, niemals vergessen werden durfte. Kurz setzte er sich auf einen umgestürzten Schreibtisch und zog ein Taschentuch aus seinem Mantel, um sich über das Gesicht zu wischen. Seine Kehle brannte vor Durst, doch er wagte es in dieser angespannten Situation nicht, sich zu beschweren und seinem Bedürfnis nachzugehen. Seine Gedanken schweiften zu dem letzten Kneipenbesuch, den sie unter einer Verkleidung gewagt hatten. Die magische Welt sprach von nichts anderen mehr, als diesen ominösen Zeichen, die der ganzen Bevölkerung Hoffnung zu geben schienen.
 

Alle Welt schien zu glauben, dass der grüne Hirsch von ihm stammte und der rote Adler von einem seiner Freunde. Doch dann hatte etwas Entscheidenes die Menschen verunsichert. An einem Abend waren genau vier Zeichen gesichtet worden. Neben dem Adler und dem Hirsch hatten sich ein Einhorn und ein kleiner Waldkauz am Himmel erstreckt und da jeder wusste, dass Ron, Hermine und er zu dritt losgezogen waren und somit von der Bildfläche verschwanden, musste man diese Zeichen jemand Anderem zuordnen. Innerlich hoffte Harry, dass der Phönix Orden gewachsen war und dies ein neues Zeichen als Aufforderung zum Kampf war, aber irgendetwas ließ ihn daran zweifeln. Vielleicht die Tatsache, dass ausgerechnet der Hirsch grün war, irgendwie passten gewisse Dinge nicht zusammen. Wieso waren erst nur der Hirsch und der Adler gesichtet worden? Warum hatte es so lange gedauert, bis das Einhorn und der Waldkauz dazu gekommen waren? Zudem hatte es nur eine einzige Nacht gegeben, wo alle vier Zeichen in Erscheinung getreten waren.
 

„Verwirrend“, murmelte der Auserwählte und strich sich durch die Haare. Es würde wohl Zeit werden, seinen einzigen Kontaktmann zu belästigen. Selbst Ron und Hermine wussten nicht, dass es jemanden gab, zu dem er ununterbrochen Kontakt gehalten hatte, während sie durch die Weltgeschichte gezogen waren. Harry hatte es für besser gehalten, schließlich war es sowohl für ihn, als auch für seinen Kontaktmann immer ein sehr riskantes Spiel gewesen und je mehr Menschen von ihrer Verbindung wussten, je instabiler wurde sie.

Plötzlich ertönte ein erquickender Schrei und Harry fuhr herum.

„Ich habs! Ich habs!“ Hermine überschlug sich vor Freude und stolperte über mehrere dicke Ordner. Ron und Harry traten näher und erkannten, dass die Augen der jungen Frau vor Freude leuchteten. In ihren Händen hielt sie ein dickes staubiges Buch, dessen Seiten bereits gelb verfärbt waren. Sofort bildeten sie einen Kreis um Hermine, die das Buch vorsichtig aufschlug. Harry erkannte gerade noch den Einband und den Namen Nathan Brown, sowie Discorsi. „Es lag versteckt hinter einem Regal, ein paar Steine sind aus der Mauer herausgebrochen und es ist leicht hervor gerutscht. Ein Wunder, dass es noch ganz ist,“ sprach Hermine und Harry vermutete, dass es magisch geschützt war. Ron leuchtete ihr mit seinem Zauberstab und unsicher sahen sich die drei Freunde an. Als die Augen der jungen Frau über die feine Schrift huschten, verzog sie enttäuscht das Gesicht. „Es ist auf Latein.“

„Und?“

„Mein Latein ist lückenhaft. Es wird dauern, ehe ich übersetzten kann, was man von uns verlangt.“
 

Harry seufzte tief, doch sein Herz pochte wie wild. „Kannst du trotzdem schon etwas sagen, wenn du nur einen kurzen Blick drüber wirfst?“ Hermine verdrehte die Augen und ließ sich breitschlagen, es zu versuchen. Während Harry und Ron also artig, still und schweigsam durch den Raum schlenderten, Wache hielten oder sich einfach nur ruhend auf dem Boden niederließen, versuchte Hermine Stunde um Stunde etwas von den genialen und gefährlichen Ausführungen Nathan Browns zu begreifen. Ihre Augenbrauen zogen sich konzentriert zusammen und als sie nach einer halben Ewigkeit entnervt das Buch zuschlug, sahen die beiden Männer auf. „Vergesst es! Brown war ein Meister des fachwörterlichen Schnickschnacks! Ich kann nur so viel sagen: Du-weißt-schon-wer kann hiermit in die Enge getrieben werden, sprich arg geschwächt, sodass du-!“ Sie sah Harry an. „-eine Chance besitzt ihn an Ort und Stelle zu halten. Seine Magie wird geschwächt oder unterdrückt, je nachdem, wie man es definiert und-!“

„Hermine, wo ist der Knackpunkt?“, unterbrach Ron sie ungeduldig und seine Frau schenkte ihm einen tadelnden Blick. „Diese vier Zeichen, ihr erinnert euch?“
 

„Natürlich, der Hirsch, der Adler, das Einhorn und der Waldkauz“, zählte Harry auf und sie nickte beträchtlich. „Das sind die vier Erben Hogwarts. Wenn sie ein bestimmtes Ritual durchführen, dann sind sie in der Lage, die dunkle Magie zu drücken und zu zerstören, doch dafür muss Du-weißt-schon-wer festgehalten werden. Er würde verschwinden, wie genau, habe ich noch nicht verstanden, aber wie es aussieht hat sich jemand sehr genau mit dem Zauber der Horkruxe beschäftigt und das Problem, vor dem wir nun stehen bereits vorausgesehen.“

„Steht da wer?“, harkte Ron nach und seine Frau schüttelte den Kopf. Harry nahm ihr das Buch aus der Hand und musterte den Einband erneut. Dann sah er auf und sprach: „Wenn diese vier Zeichen wirklich in Verbindung mit Frieden stehen und dann auch noch mit Hogwarts, dann liegt meine Vermutung nahe, dass wir dem alten Schloss einem Besuch abstatten sollten.“
 

Ein zartes Lächeln schlich über die Lippen seiner besten Freunde und Harry wusste, welcher Gedanken ihnen durch den Kopf ging. Es war, als würden sie nach Hause zurück kehren.
 


 

Wenn du entscheiden kannst, wohin du gehen willst …

Und du weißt die Sachen, die du wissen willst…

Lächelst du?
 


 

Leise betrat sie den Raum und schloss möglichst lautlos die Tür hinter sich. Seit einer Woche kam sie Tag für Tag zu Besuch und jeden mal erblickte sie zuerst das unberührte Tablett mit Essen auf dem runden Tisch, dann das leere Bett, schließlich sahen ihre traurigen blauen Augen zum Fenster. Molly seufzte leise und schritt durch den großen Raum. Er war erschreckend dunkel und sie fragte sich, ob James in der ganzen Woche je eine Kerze angemacht hatte. Gleichgültig nahm sie seinen Zauberstab vom Nachtisch und wollte Licht machen, jedoch reagierte keine Kerze und sie brauchte zwei weitere Anläufe, bis die ersten kleinen Flammen den düsteren runden Raum erhellten. James sah noch nicht einmal auf, noch immer hockte er auf der Fensterbank und starrte nach draußen in die Kälte. Er trug nichts anderes außer seiner Schlafhose und einem dünnen Shirt. Als Molly hinter ihm zum Stehen kam und vorsichtig seine Schulter berührte, sprach er: „Was willst du?“

„Du hast schon wieder nichts gegessen.“

„Ich habe keinen Hunger.“

„James, so wirst du nie wieder richtig fit!“ Es klang vorwurfsvoll, aber auch besorgt.
 

Der einstige stolze Potter zuckte nur mit den Schultern. „Und wenn schon, ich kann sowieso nichts ausrichten, was nützt es also, wenn ich fit bin?“

Molly schluckte hart. „Albus hat seinen Kampf noch vor sich! Ich weiß nicht, was er vorhat, aber er hat Angst.“

James lachte leise. „Unsinn, Al ist mehr Potter, als ich es je sein werde.“

„Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass er gerade erst achtzehn ist und Angst hat, vor dem was kommen wird.“ Molly nahm James Gesicht in beide Hände und zwang ihn, sie anzusehen. Erschreckende dunkle Ränder lagen unter seinen Augen, es schien, als hätte er sich selbst aufgegeben, seit er sie bis nach Hogwarts gebracht hatte. Dass die Todesser seine Gruppe zerschlagen hatten, obwohl er nichts dafür konnte, nahm er als persönliche Niederlage auf. Er gab sich die Schuld, für die vielen Toten und schien die Verantwortung für einen weiteren Widerstand gegen den dunklen Lord komplett abzulehnen, obwohl er einst mit Leidenschaft und Ehrgeiz für Frieden gekämpft hatte.
 

„Jetzt hör mal zu, ich weiß nicht, was zwischen Albus und dir vorgefallen ist, was euer Verhältnis so zerrüttet hat. Aber eins weiß ich, Al würde es dir danken, wenn du ihn jetzt nicht alleine lassen würdest.“

„Er braucht mich nicht mehr, Molly. Im Gegensatz zu mir ist Al stark und voller Tatendrang.“ Seine Worte klangen so endgültig, dass es ihr im Herzen weh tat. „Warum bist du nur so? Ist dir denn alles egal geworden?“

James schwieg und sie begriff, dass er im Inneren so ausgebrannt schien, wie ein gebrochener Mann. „Wo ist der Junge, der ständig seinen Kopf durchsetzten musste? Der mit Dreistigkeit Jagd auf Todesser machte und der sich holte, was er wollte?“

„Gestorben“, antwortete James knapp, „Es gibt ihn nicht mehr.“ Erneut wendete er den Blick ab und sah aus dem Fenster. Seine Stimme war matt und müde.
 

Molly schluckte hart, ihr Körper fühlte sich merkwürdig kalt an und sie widerstand nur schwer dem Drang ihn zu schütteln und anzuschreien, er solle sich wieder so arrogant und protzig verhalten, wie sie es von ihm gewohnt war. Sie wollte den selbstbewussten, kämpferischen James wieder. Den James, den sie mit Mühe und Not immer wieder in seine Schranken gewiesen hatte. Jetzt hatte sie einen gebrochenen Mann vor sich, der des Kämpfens müde war. Ihr Herz pochte bis zum Hals, als sie einige Schritte von ihm zurück sah. Einige Schritte von ihm zurück trat

Sie wollte ihn wieder, so sehr… und war bereits alles dafür zu tun.
 


 

James lauschte ihren Schritten und wartete darauf, dass sie den Raum wieder verließ, doch dann blieb sie stehen und etwas fiel raschelnd zu Boden. Verwirrt drehte er sich um und sein Körper erstarrte. Mit einem festen Blick sah sie ihn an und öffnete die ersten Knöpfe ihrer Bluse. Als sie diese achtlos von ihren Schultern zog und zu Boden gleiten ließ, schluckte er hart. „Molly, was tust du?“

Unbeirrt fuhr sie fort und öffnete den Gürtel ihrer Hose, vollkommen überrumpelt glitt James von der Fensterbank und hob ihren Umhang auf. „Hör auf!“

„Nein“, sprach sie hart und stieg aus ihrer Hose, sodass sein Blick ihren Händen folgte, welche nun die Träger ihres BHs von den schmalen Schultern schoben. Hilflos lächelte er schwach und umfasste ihre Handgelenke. „Hör auf!“, wiederholte er erneut. „Das ist es nicht, was du willst.“

„Woher willst du das wissen?“

James verzog ernsthaft das Gesicht. „Lüge nicht, schließlich hast du mich oft genug abgewiesen und mir zu verstehen gegeben, dass du dich niemals auf solch ein Niveau begeben wirst.“

„Meinungen können sich ändern.“
 

Der Potter-Erbe sah sie mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an. „Weshalb der plötzliche Wandel?“ Seine Stimme war zögernd und vorsichtig, unwillkürlich versteifte sich sein Körper, als er ihre schmalen Hände an seinem Hosenbund spürte.

„Hör auf zu fragen, bitte.“

Molly stellte sich auf die Zehenspitzen und ihre Lippen berührten seine. Nur federleicht, fast schon wie ein feiner Lufthauch. Doch es genügte, dass James die Beherrschung über sich verlor. Haltlos küsste er sie und erneut flammte jene besitzergreifende Ader auf, die er in ihrer Gegenwart immer unter Mühe unterdrückt hatte. Lauernd wartete James darauf, dass Molly ihn von sich drückte, so wie er es von ihr gewohnt war. Aber sie tat es nicht. Stattdessen wurde sie fordernder, drückte ihn gekonnt auf sein zerwühltes Bett und strich sich verführerisch das Haar über die Schulter. Innerlich bebte sie, als sie in seine glänzende Augen sah. Nein, sie würde es nicht bereuen, dessen war sie sich sicher. Denn in ihrem Herzen hatte sie bereits längst gewusst, warum sie James wirklich auf Abstand gehalten hatte.
 

Sie hatte nicht Eine von vielen sein wollen.
 

Doch nun war der Wunsch nach seiner Nähe haltlos. James raue Hände erkundeten schamlos und gekonnt ihren Körper und es schien ganz natürlich, dass sein Name den Weg über ihre Lippen fand. Er liebte sie, so wie es zuvor noch nie jemand gewagt hatte. Als er sich auf sie drehte, griff sie nach seinem Zauberstab, der auf dem Nachtisch lag und murmelte schwach etwas. Unbewusst ging James davon aus, dass sie den Verhütungszauber sprach. Er ließ sich jedoch alle Zeit der Welt und trieb sie bewusst an den Rand des Wahnsinns. Erst, als sie ihn erneut auf den Rücken drückte und selbst die Führung übernahm, begriff er, dass es kein Traum war, sondern pure Realität.
 

Molly vergrub ihr Gesicht in seiner Halsbeugen und begann sich zu bewegen, James griff zu ihrer Hüfte und versuchte den Strom des Aktes mitzubestimmen, doch Molly machte es ihm unmöglich. Es war, als würde er zum ersten Mal in seinem Leben wirklich wahrgenommen und verspürte ein Gefühl, so heftig, so fremd, wie er es noch nie getan hatte.

Ja, er liebte Molly, bereits als Kind war sie seine Lieblingscousine gewesen. Erst nach der Nacht mit Dominique hatte er begriffen, dass es nicht die Schönheit einer Veela war, die ihn verzauberte, sondern der Charme einer rothaarigen Ziege, die ihm mit einem einzigen Lachen den Boden unter den Füßen wegziehen konnte. Wenn sie sich in seiner Nähe befand, spürte er eine Wärme, die er bislang lediglich bei seiner Mutter bemerkt hatte. Wenn sie ihn ansah, konnte er in dem Blau ihrer Augen versinken und wenn er sie küsste, dann schmeckte ein Teil von ihm einen winzigen Augenblick lang Frieden.
 

Aber all dies wusste sie nicht.
 


 

Wenn du gesagt hast, was du sagen wolltest…

Und du weißt, wie du spielen willst…

Bist du frei?
 


 

Kalter Wind fuhr durch sein Haar, bauschte seinen dunklen Umhang auf und ließ einen Schleier von schwarzen Blättern über den klaren See gleiten. Der Himmel war grau und die ersten schweren Tropfen eines aufkommenden Regenschauers fielen zu Boden. Der Mann ignorierte die Kälte, welche an seinem nassen Körper hinauf kroch. Starr sah er auf den See, der den Todessern als Grabstätte diente. Er hatte schon viele Menschen an diesem Ort verabschiedet und war sich sicher, dass es auch sein Schicksal sein würde. Müde holte er tief Luft, dann glitt seine rechte Hand in seine Manteltasche und er zog eine silberne Taschenuhr hervor. Sie war ein altes Familienerbstück und niemals würde jemand darauf kommen, dass diese unauffällige Uhr ein Geheimnis verbarg, welches ihn sein Leben kosten könnte. Seine Hand zitterte, als er die Uhr öffnete und das magische Ziffernblatt beiseite schob.
 

Der Mann blickte in einen kleinen Spiegel, dort erblickte er ein allzu vertrautes Gesicht, welches ihn sorgenvoll ansah. Der Zwei-Wege-Spiegel war seine einzige Verbindung zu seinem Kontaktmann, sollte er diesen verlieren, war es aus. Aus mit dem Leben. Zu seinem Glück schien ein Jeder die Existenz des Two-Way Mirror vergessen zu haben.

»Du siehst schrecklich aus, wenn ich das anmerken darf. «

Der angespannte Mann verzog bitter die Lippen. „Erlaub dir kein Urteil über mich, du siehst noch eine Nummer schlechter aus.“

»Liegt an dem schlechten Essen, was ist deine Ausrede? «

Ein bitteres Lachen entwich seiner Kehle. „Überraschende und plötzliche Todesfälle, die äußerst verdächtig erscheinen. Aber das ist unwichtig. Was gibt es so wichtiges, dass du dich nach acht Monaten plötzlich wieder meldest?“
 

Unsicher kratzte sich der Mann im Spiegel an der Nase. »Du musst nach Hogwarts, am besten bis zum zwanzigsten, denn wir haben einen Weg gefunden, ihn zu vernichten, aber dafür werden wir dein Wissen brauchen. «

Verwirrt runzelte der Todesser die Stirn, ein Kloß breitete sich in seinem Hals aus, es schien so unwirklich. „Was heißt das konkret?“

»Vielleicht ist der Frieden nicht mehr so weit entfernt, wie vor einigen Jahren.« Mit diesen Worten verschwand der Mann und der Todesser klappte die Uhr zu. Sein Blick ruhte auf dem See, dann sah er in den grauen Himmel und schloss die Augen. Der Frieden war nicht mehr weit entfernt – welch eine Täuschung. Etwas in ihm sträubte sich gegen diese Hoffnung, schließlich war es nicht das erste Mal, dass der Frieden angeblich näher rückte.

Harry Potter hatte ihn schon einmal enttäuscht und er hatte diesen Fehler fast mit seinem Leben bezahlt. Bis nach Hogwarts war es ein weiter Weg und in den kommenden drei Tagen sah er keinerlei Möglichkeit das Schloss des dunklen Lords zu verlassen, vielleicht auch nicht rechtzeitig bis zum zwanzigsten
 

„Wir werden sehen, wie gnädig Merlin ist.“
 

Du wirst so hoch sein, du wirst fliegen…

Durch das Meer…

Wirst du stark!
 

Fortsetzung folgt…

Die Gefangene.

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.
 

.
 


 

„Und du bist dir wirklich sicher?“ Die Stimme von Astoria Greengrass klang unsicher. Sie befand sich im großen Saal, zusammen mit ihren engsten Vertrauten. Die Kerzen waren beinahe heruntergebrannt und sie alle standen um einen runden Tisch, auf dem mehrere Pläne lagen. Scorpius sah auf, sein Haar war wieder blond, wenn auch nicht mehr weißblond. Die magische Farbe hatte nachgelassen und verpasste ihm nun einen dunkelblonden Ton. Durch die wenigen Tage Ruhe fühlte er sich gelassener und ausgeruhter. Einige Gespräche, die er mit seiner Mutter geführt hatte, hatten entscheidend dazu beigetragen. Scorpius wollte es erst leugnen doch je besser er seine Mutter kennen lernte, umso mehr verstand er, warum sein Vater sie nur schwer hatte gehen lassen können. Sie verkörperte genau das, wonach ein jeder Malfoy strebte. Genialität, Geradlinigkeit und Unerschöpflichkeit. Sie sah die Welt mit anderen Augen, positiv und konnte noch immer auf Harry Potter hoffen. Dafür bewunderte er sie. Gleichzeitig hatte er bei ihren vielen Gesprächen festgestellt, dass ihre Art zu denken sich ähnelte. Und zum ersten Mal hatte Scorpius begriffen, weshalb sein Vater ihn für jede nicht angebrachte Frage bestraft hatte.
 

Scorpius hatte sich lange gefragt, ob sein Vater mit Strenge reagiert weil er es nicht hatte ertragen können, dass in den Adern seines Sohnes das Blut einer Blutsverräterin floss.

„Ganz sicher, Potter sucht nach dem Buch Discorsi. Wenn man seine Nachrichten entschlüsselt, dann kommt immer nur ein einziges Wort dabei heraus.“

„Weißt du, was die Discorsi beinhaltet?“, wollte der alte Wooder wissen und der ehemalige Todesser schüttelte den Kopf, dann reichte er den neusten Brief des Helden herum. „Nein, aber Potter scheint den Order des Phönix nach Hogwarts schicken zu wollen. Sieht aus als habe er etwas Wichtiges gefunden.“

„Dann steht die letzte Schlacht bevor“, merkte jemand an und die Gruppe nickte synchron. Astoria erklärte die Sitzung für beendet und befahl, dass Kingsley und Percy ebenfalls benachrichtigt wurden, doch Scorpius hielt die Gruppe kurz zurück. „Hogwarts steht unter Albus Kommando, der Hauself läuft dort in seine Richtung, macht das euren Leuten klar. Denn wenn ihr dort ankommt und versucht Hogwarts unter eurer Kontrolle zu bringen, dann wird sich dies rächen, schließlich hat er Hogwarts aufgebaut. “
 

„Rächen, in welcher Form?“ Wooder hob eine Augenbraue. Scorpius zuckte knapp mit den Schultern. „Rose hat irgendein Buch – eine Geschichte über Hogwarts – durchgeackert.Dort wurden Hinweise deutlich, derjenige, der Hogwarts nach einem Fall wieder aufbaut, eine ungeahnte Macht über das Schloss besitzt.“

Kurz sahen alle einander an und Astoria sprach: „Schärft den Leuten ein, dass sie sich höflich verhalten sollen.“ Mit diesen Worten war die Sitzung beendet und die Auroren verließen den Saal. Scorpius rollte die Karten zusammen und betrachtete ein letztes Mal die Briefe. Er bemerkte nicht, dass seine Mutter zurückgeblieben war und sein Profil musterte.

„Schon seltsam.“

Scorpius schrak bei ihren Worten auf und erkannte einen melancholischen Blick in ihren Augen. Möglichst gelassen setzte er sich auf die Kante des runden Tisches.
 

„Was ist seltsam?“ Sie trat näher und blieb neben ihm stehen. „Du siehst deinem Vater so erschreckend ähnlich, aber dein Herz scheint in einem vollkommen anderen Rhythmus zu schlagen. Es muss deinem Vater Angst gemacht haben, dass du so anders warst.“

„Woher willst du das wissen?“

Astoria lachte leise. „Ich weiß es einfach. Alleine wie du mit Rose die letzten Tage umgegangen bist, obwohl du sie hassen müsstest, hat jeden hier stutzen lassen. Zudem scheinst du unnatürlich ehrlich, da Wooder dich all deine Aussagen unter Veritaserum wiederholen ließ. Es gab nicht ein einziges Wort der Abweichung.“ Zärtlich strich sie ihm eine Haarsträhne aus der Stirn. Scorpius schloss die Augen und genoss diese liebevolle Geste.
 

In der ganzen Woche, in der er sie kennen gelernt hatte, war im bewusst geworden, was ihm durch dem Krieg alles verwehrt worden war. Eloise hatte ihm nie die Gefühle einer Mutter entgegen gebracht, viel eher hatte sie ihn immer wieder spüren lassen, dass er nicht willkommen war. Außer seinem Großvater hatte er niemanden gehabt, mit dem er über seine Sorgen hätte sprechen können. Aber als der alte Mann gestorben war, hatte ihn an jenen Ort nichts mehr gehalten. Natürlich hatten ihm seine Geschwister etwas bedeutet und auch für seinen Vater hatte er etwas übrig, doch das Verlangen nach Freiheit und Licht war größer gewesen.
 

„Hast du ihn geliebt?“ Die Frage war schneller über seine Lippen gekommen, als er sich hatte kontrollieren können. Erschrocken über sich selbst öffnete er die Augen und spürte, wie sich ihr Körper kaum merklich versteifte. Astoria lächelte immer noch, dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und sah starr ins Feuer. „Das ist eine schwierige Frage, Scorpius.“

„Du musst sie nicht beantworten, tut mir leid, dass ich überhaupt gefragt habe.“ Es war ihm unangenehm, doch seine Mutter schien Verständnis zu haben. „Muss es nicht und um ehrlich zu sein, diese Frage habe ich mir in den letzten Jahren ebenfalls oft gestellt. Und dabei bin ich zu einem Entschluss gekommen.“
 

Überrascht sah Scorpius sie an und sie sprach ruhig und ohne jeglichen Hass: „Ich glaube, wären Draco und ich uns in einem anderen Zeitalter begegnet, dann wäre unsere Verhältnis anders ausgefallen.“

„Sicherlich.“

„Ja, Draco verkörperte alles, was ich je von einem Mann wollte: Intelligenz, Zielstrebigkeit und Ehrlichkeit. Nur leider setzt er seine Fähigkeiten für die falsche Seite ein. Würde er für den Phönix Orden arbeiten, er hätte einen vollkommen anderen Reiz.“

„Ich weiß, was du meinst.“ Scorpius rutschte von der Tischkante und sprach: „Würde es dich stören, wenn ich nicht mit euch nach Hogwarts aufbrechen würde, sondern nachkomme?“
 

Nicht im mindesten überrascht nickte Astoria. „Wo willst du hin?“

„Es gibt ein Strandhaus, Großvater hat mich als Kind manchmal mit hingenommen. Bevor Todesser es finden, will ich ein letztes Mal dort hin und es dann zerstören.“

„Wo liegt es?“ Sie fragte nicht nach dem warum, denn wenn es für sie von Bedeutung werden würde, dann teilte Scorpius es ihr sicherlich mit.

„Irgendwo in Dänemark. Es ist sechs Jahre her, seit ich zum letzten Mal da war.“

„Geh nicht alleine. Nimm jemanden mit… Rose zum Beispiel.“
 

Verdutzt sah Scorpius sie an. „Wieso sollte ich?“ Astoria legte den Kopf schief und sprach neckisch: „Ich finde du solltest etwas klären. Denn wenn du weiterhin jeden männlichen Auror ansiehst, als würdest du ihn jeden Moment Avada Kedavra aufhalsen, wenn er mehr als drei Wörter mit Rose wechselt, dann stehen wir dem dunklen Lord bald alleine gegenüber.“

„Unsinn.“

„Hör auf es abzustreiten, Scorpius. Jeder Hippogreif sieht, dass du an ihr hängst, aber zu feige bist es sie wissen zu lassen. Wobei Wooder eher auf die Variante tippt, dass du angesichts der schnulzigen Gefühle, die du für sie entwickelt hast, überfordert bist.“
 

Der junge Malfoy legte die Unterlagen geordnet auf den Tisch und sah sie drohend an. „Ich habe keine schnulzigen Gefühle.“

„Dann wird es dich sicher auch nicht interessieren, dass Skills sie nach dem Lunch geküsst hat und es ihr gefallen zu haben schien.“ Mit Mühe verkniff sich Astoria das Lachen, als sie sein Gesicht sah. „Ach Scorpius, was ist eigentlich so schlimm daran, dass dir Rose… nun ja wichtig ist und du dich verliebst hast?“

„Rose und meine Definition von Liebe stimmt nicht miteinander überein. Also kein Grund schlafende Dementoren zu wecken.“

Astoria folgte ihrem Sohn durch den Saal. „Weil du Sex willst und sie kuscheln?“
 

Empört drehte sich Scorpius um. „Du hast mit ihr geredet?“

„Nein, aber ich könnte in Versuchung kommen.“ Kurz vor der Tür, hielt sie ihn auf. „Was würdest du machen, wenn Rose bei der Schlacht von Todessern verschleppt worden wird wäre?“

„Ihnen bei lebendigen Leib die Gedärme rausreißen?“, sprach er brüsk und sah, wie sie sich ein Grinsen nur mit Mühe verkniff. Neckisch tätschelte sie seine Wange und schüttelte den Kopf. „Sag ihr doch, dass du sie liebst. Was ist so schwer daran?“

„Alles?“ Der Sarkasmus war in seiner Stimme nicht zu überhören. Sie knuffte ihn in die Seite. „Scorpius, wenn du nicht willst, dass sie sich jemand anderem zuwendet, dann musst du ihr das sagen. So wird sie glauben, du bist lediglich daran interessiert, mit ihr zu spielen.“
 

„Ich weiß.“

„Dann unternimm etwas.“ Mit diesen Worten öffnete Astoria die schwere Eichentür und trat in den langen Flur des Hauses. Scorpius sah ihr nach, wie sie in die Küche verschwand, dann hörte er jemanden die Treppe herunterkommen und sah auf. Rose strahlte. „Und alles geklärt? Wann geht es zurück nach Hogwarts?“ Ihr langes rotbraunes Haar war zu einem dicken Zopf gebunden und er war versucht das Band zu lösen und durch die glänzende Pracht zu streichen. „Morgen früh.“ Scorpius betrachtete ihr erfreutes Gesicht und schluckte hart, bevor er sprach: „Allerdings ohne mich.“

„Wo willst du hin?“ Sie sah besorgt aus, doch er grinste. „Nach Dänemark. Ich möchte, dass du mich begleitest.“

„Was machen wir da? Urlaub?“

„So etwas ähnliches.“
 

Rose stutzte, besonders als er unbeirrt seinen Weg in die Küche fortsetzte. „Scorpius, was heißt, so etwas ähnliches? Hey, ich rede mit dir!“
 

Ich werde nicht dieselben Fehler machen, die du getan hast. Ich werde mir nicht erlauben

meinem Herzen so viel Leid zufügen zu lassen. Ich werde nicht fallen so wie du, du fielst so hart. Ich lernte den harten Weg, es nie so weit kommen zu lassen.
 

„… und deshalb halte ich die ganze Sache für einen Fehler“, schloss Albus seine Ausführung ab und sah die junge Frau neben sich an. Ihr langes blondes Haar wehte im Wind und ihr Blick war starr auf die Ländereien gerichtet. Der Morgen war kühl und versprach viel Regen, genauso wie am Vortag. Doch der erlösende Schauer war bislang ausgeblieben. Dominique lehnte sich gegen das schmuckvolle Steingelände und zog unweigerlich ihren dünnen Mantel enger um sich. Beide befanden sich auf dem gigantischen Balkon, der zu beiden Seiten eine C-Förmige Treppe aufwies und von dem aus man direkt in die Ankunftshalle gelangen konnte. Noch hatten sie die Kamine nicht an das Flohnetzwerk angeschlossen, es schien Albus zu riskant.

„Du liebst mich nicht.“

„Doch!“, sprach der Potter-Spross hastig und suchte nach den richtigen Worten, allerdings kam die Veela ihm zuvor. „Ich hätte es wissen müssen.“

„Dome…“ Albus strich sich hilflos durch das Haar. „Du warst das erste Mädchen, in das ich mich verliebt habe, aber ich habe jemanden gefunden, der das Gefühl von Liebe übertrumpft. Es tut mir leid. Ich… ich hätte nicht mit dir schlafen sollen, obwohl…“

„Vollkommen richtig!“ Dominique sah ihn an. Ihre schönen Züge waren gekränkt und verletzt. „Aber das habt ihr Potter-Jungs wohl so an euch. Ihr schlaft mit mir, obwohl ihr jemand anderes liebt.“
 

Albus starrte sie an. Ein Schatten legte sich über sein Gesicht. „Aber das mit James… du wolltest…“

„Ja, ich wollte, aber da dachte ich auch, ich würde den Winter nicht überleben.“ Verachtend sah sie ihn an. Alleine der Ausdruck ihrer Augen, jagte Albus einen eisigen Schauer über den Rücken. Ihr Griff um das Gelände wurde fester. „Ich wollte nur ein einziges Mal wirklich geliebt werden, Albus. Ist das zu viel verlangt gewesen? Ich dachte, nach deinen Gesten zu Hause, nach deinen Blicken…“

„Es tut mir leid!“, wiederholte er reumütig und wollte sie berühren, doch sie schlug seine Hand weg. Verletzt sah sie ihn an. „Du bist genauso wie James, willst deinen Spaß und wenn du ihn gehabt hast, wirfst du dein Spielzeug weg! Schämst du dich nicht?“

„So ist es nicht!“, versuchte der Potter zu erklären, doch ihm fehlten die Worte.

„Nein? Aber wie es aus deiner akzeptablen Sicht ist, kannst du natürlich auch nicht erklären!“ Sie wollte ihn zur Seite stoßen und wieder ins Innere des Schlosses gehen, als ihr Körper sich verkrampfte und sie sich ans Herz fasste. Sofort fing Albus den verkrampften schmalen Körper auf und half ihr, sich auf den kalten Boden zu setzten. Erschrocken sah er, wie sie keuchte und ihre schönen blauen Augen sich vor Angst weiteten.
 

„Ich hole Hilfe, warte!“

„Nein!“ Dominique ergriff seine Hand. „B-Bitte bleib!“ Ihre Stimme war brüchig und zitterte vor Schmerzen. „Mir k-kann sowieso niemand helfen…“

„Aber-!“ Sie lehnte den Kopf gegen seine Brust, ein heftiger Krampf überschüttete ihren Körper. Hilflos sah Albus mit an, wie Dominique gegen die Zeit kämpfte und verlor. Er rief nach Hilfe, doch hier draußen hörte ihn niemand. Ihr zierlicher Körper wirkte wie Glas in seinen Armen. Ihr Atem wurde unruhiger, schließlich schwächer und als er spürte, dass ihr Körper erschlaffte, drückte er sie noch fester an sich. Sein Gesicht vergrub er in ihrem seidigen Haar und die Kälte kroch an seinen müden Gliedern empor. Doch davon spürte Albus nichts. Die Welt drehte sich um ihn herum weiter, während er versuchte zu begreifen, dass er etwas Wertvolles verloren hatte. Seine beste Freundin… und nun seine erste große Liebe. Sie war einfach gestorben, ohne dass er es verhindern konnte. Und er fühlte sich hilflos, so wie schon sein ganzes Leben lang. Erneut schlich sich eine Frage in seine Gedanken, nämlich, wer zuließ, dass so viel Trauer und Verlust über die Welt verhängt wurde.

„Nein…“, flüsterte Albus und bemerkte, dass die erste heiße Träne über seine Wange lief. Es folgten weitere. „Nein… bitte…“ Von einem Augenaufschlag auf dem nächsten hatte seine Welt erneut eine brutale Wendung bekommen.
 

Er verlor alles.
 

Das Letzte, das er Alice gegenüber getan hatte, war sie zu ignorieren. Das Letzte, was er mit Dominique gemacht hatte, war ihr Vorwürfe zu machen und sich mit ihr zu streiten. Das Leben war nicht gerecht, es strafte ihn für jeden kleinen Fehler, den er sich erlaubte. Wie ein Häufchen Elend kniete er am Boden und vernahm noch nicht einmal, wie jemand aufgeregt den Balkon betrat, scheinbar mit einer guten Nachricht, dann sah der Bote, was geschehen war und machte kehrt. Albus dachte an das strahlende Lächeln, dass ihm Dominique in Kindertagen geschenkt hatte, an die Geduld, die sie ihm entgegengebracht hatte und die wunderschönen kindlichen Erinnerungen, die er mit ihr in Verbindung brachte.

»Unglücklich ist ein Land, das Helden nötig hat. « Ihre Stimme war zutiefst traurig gewesen, als sie ihm diese These erklärt hatte und er begriff warum. Der Krieg hatte sie kaputt gemacht und er würde es auch mit ihm machen, wenn er keinen Abstand zu den Grausamkeiten des Alltags herstellte. Albus wusste nicht, wie Scorpius dies je gelungen war, vielleicht, weil er immer gewusst hatte, dass es etwas gab, was sein Leben verändern konnte. Aber bei ihm war es anders, er musste selbst dafür kämpfen.
 

Bitterlich weinte er und spürte erneut, dass lebte. Ein Gefühl, worüber ein mancher glücklich wäre, aber er verfluchte dieses Gefühl. Schließlich machte ihm diese Schwäche deutlich, dass weitere Schmerzen und Verluste folgen würden. s.o.

Er verlor sich in einer Welle aus Trauer und Hilflosigkeit. Doch dann spürte er einen Griff, der ihn festhielt. Jemand drückte ihn an sich. Albus roch Staub, Schweiß und eine Wärme, die er seit fast einem Jahr nicht mehr wahr genommen hatte. Er ließ den schlaffen und geliebten Körper seiner Cousine los, jemand nahm sie ihn aus den Armen und erneut erschütterten Tränen seinen Körper. Albus vergrub sein Gesicht in dem rauen Pullover, es tat gut für einen Augenblick zu spüren, dass es jemanden gab, der ihn auffing. Doch der Potter wusste, dass dieser Halt nicht von Dauer war. Er genoss, für diesen Moment glauben zu können, dass der Halt bleiben würde, sobald er los lassen würde. Seine Hände gruben sich in den Pullover und sein Körper begann vor Trauer zu zittern.
 

„W-Warum b-bist du plötzlich hier?“ Seine Stimme war weniger als ein Flüstern und trotzdem wurde er verstanden.

„Weil du der Welt eine neue Hoffnung gegeben hast, Albus.“

Er holte tief Luft und lauschte der Stimme seines Vaters. „Hogwarts aufzubauen, die Zeichen durch der Patroni, eine Leistung, die ich dir niemals zugetraut hätte.“ Harry strich ihm durch die Haare, ein trauriges Lächeln zierte seine Lippen und als der Auserwählte aufsah, entdeckte er seinen ältesten Sohn. Mit unbewegter Miene stand James am Eingang zur Empfangshalle und betrachtete das Geschehen. Er war merkwürdig dünn geworden, sein Gesicht wirkte eingefallen und angespannt und zum ersten Mal entdeckte er die Müdigkeit des Krieges an seinem Ältesten. James sah kurz auf Albus, dann kehrte er ihnen den Rücken zu und Harry begriff, dass etwas zwischen seinen Söhnen stand. Etwas, was sie immer weiter voneinander entfernte.
 

In der großen Halle hatten Hermine und Ron ihren Sohn begrüßt und saßen nun ihren Neffen und Nichten gegenüber. Herzhaft hatte Ron zugegriffen und vergaß vor lauter Hunger fast zu kauen. Der lange Tisch von Gryffindor hatte sich großzügig mit Speisen bedeckt. Ununterbrochen erzählte Ron mit vollen Backen und Hermine verzog angewidert das Gesicht, als sie ihm dabei zusah. Schließlich sprach sie an Fred und Louis gewandt: „Okay, wem gehört welches Zeichen?“

Knapp erklärte Fred, wie eins zum anderen gekommen war, jedoch verschwieg er, dass sie einen ehemaligen Todesser unter sich hatten. „Und Rose ist zur Zeit beim Phönix Orden. Greengrass hat uns wissen lassen, dass Onkel Percy und Kingsley morgen früh anreisen werden, sprich der Widerstand kann beginnen.“

„Mit der Hilfe, von den vier Hogwarts-Erben“, schloss Hermine und erklärte knapp, was sie in dem Buch Discori gefunden hatten und dass sie mit Dumbledore über die lateinische Übersetzung sprechen musste.
 

Erst als Albus die große Halle betrat und Harry den toten Körper Dominiques in einen anderen Raum trug, verstummten die aufgeregten Gespräche. Louis erhob sich sofort und Fred konnte erkennen, dass sein Cousin mit unbewegter Miene seinem Onkel folgte. Louis schien gefasst und ruhig, als er zusah, wie sein Onkel seine Schwester auf ein leeres und unbezogenes Bett legte.

„Tut mir leid“, sprach Harry, doch Louis schwieg. Stumm betrachtete er das schöne Gesicht Dominiques, schließlich seufzte er. Es war nicht so, dass ihr Tod ihn kalt ließ, aber im Gegenzug zu Albus kannte er sie kaum. Sie waren an verschiedenen Orten aufgewachsen, hatten kaum einander gesehen, lediglich durch unregelmäßige Briefe war der Kontakt zwischen ihnen nicht abgebrochen. Seit er elf war, hatte er gewusst, dass sie vor ihm sterben würde und nun war es passiert. Louis setzte sich auf die Bettkante und schloss ihre klaren Augen, welche seinen so ähnlich war. Er spürte den festen Griff seines Onkels auf seiner Schulter und seine Haltung straffte sich.
 

„Du solltest dich um den Konflikt zwischen James und Albus kümmern“, sprach Louis und spürte, wie sein Onkel ihn verwirrt ansah. „Molly weiß mehr darüber.“ Knapp strich er seiner Schwester ein letztes Mal durch die Haare, dann erhob er sich und verließ das Zimmer. Harry sah ihm nach, ein dumpfes Gefühl beschlich ihm und langsam verstand er, dass in den Monaten seiner Abwesenheit etwas zwischen seinen Kindern passiert war, was man nicht mehr Streit nennen konnte. Er schritt in die große Halle und hörte gerade noch, wie Fred sprach: „Wir sollen alles euch überlassen? Nun, das wird nicht gehen Onkel Ron.“

„Wieso nicht? Ihr seid zu jung für den Krieg, lasst das den Phönix Orden regeln!“

„Du meinst, wir sollen wieder zurück zu Tante Ginny und Däumchen drehen?“ Louis schien gelangweilt, aber auch ungehalten, er trat zu Lily, Hugo und Fred. Harry schien es, als würden sie eine geschlossene Einheit bilden. „Das kannst du vergessen! Denn falls du es übersehen hast, Onkel, dies ist der Stützpunkt der D. A und Mitglieder des Phönix Ordens dürfen sich hier nur mit der Einwilligung von Albus aufhalten.“

„Das ist doch-!“ Sämtliche Köpfe ruckten zu dem Potter-Spross, der hinter seiner Tante stand und seinen besten Freund überrascht ansah.
 

Fred stand auf. Seine Stimme war fest und es war, als würde er jedes einzelne Wort mit ruhigen Gewissen vertreten. „Die volle Wahrheit! Dieses Schloss wurde von Albus wieder aufgebaut, die Zeichen stammen aus seinem genialen Hirn und er war es, der den Menschen Hoffnung gab, während der Phönix Orden dort draußen irgendwo in einem Gully herumkroch! Von euch hat man über ein Jahr nichts mehr gehört und jetzt, wo ihr glaubt, ihr hättet eine Lösung für das Problem namens dunkler Lord, glaubt ihr, alles hört auf euer Kommando?“
 

„Fred, du-!“, begann seine Tante, doch er unterbrach sie. „Verzeih, dass ich deinen genialen Verstand in Frage stelle, aber so wie ihr euch das Ganze vorstellt wird das nichts! Hört auf euch mit fremden Federn schmücken zu wollen und benehmt euch so, wie wir es von euch gewöhnt sind und nicht wie die Helden von Morgen!“

Jemand klatschte laut und die gesamte Gruppe fuhr herum. Albus Dumbledore lächelte vergnügt von einem Porträt herunter. „Eine vorzügliche Rede, Mr. Weasley. Harry, mein Junge. Schön, dass du den Weg zurück gefunden hast.“

Harry nickte knapp und trat zu der streitenden Gruppe, dann sah er erneut seinen einstigen Mentor an. „Habe ich das richtig verstanden, gewisse Leute dürfen sich nur mit deiner Einwilligung hier aufhalten?“
 

Der einstige Schuldirektor verzog die Miene. „Nicht mit meiner, sondern mit der deines Sohnes.“

Harry sah Albus verwirrt an. „Wie bitte?“

„Du hast richtig verstanden“, sprach der Junge mit belegter Stimme, er schien geistig kaum anwesend zu sein. „Hogwarts steht unter meinem Willen. Ich habe es als Erster betreten und zu seinem Aufbau den entscheidenden Schritt getan. Die Hauselfen, Geister und magische Räume und Vorkommnisse sind mit meinem Willen verbunden. Wenn ihr also wollt, dass wir-“ Er nickte die kleine Gruppe zu, die zu ihm hielt. „-wieder verschwinden, dann werde ich augenblicklich den Befehl geben, dass Hogwarts zerstört wird.“
 

„Das kannst du nicht tun!“, fauchte Ron und sprang auf, doch sein Neffe hatte

nur einen kühlen Blick für ihn übrig. „Wenn ich das richtig verstanden habe, dann sagte Tante Mine etwas von Erben von Hogwarts. Nun, ihr werdet, wenn ihr euren neuen Plan umsetzten wollt, nicht ohne Shun-!“ Er nickte zu dem Asiaten, der sich bislang im Hintergrund gehalten hatte und nun in ein Brötchen biss. „-Scorp, Alice und mich auskommen. Und alle gehören zur neuen D.A!“

„Du hast das alles genau geplant“, stellte Harry fest, doch sein Sohn würdigte ihn keines Blickes. Er war blass und dunkle Ringe zeichneten sich unter seinen Augen ab. „Was anderes blieb mir nicht übrig. Anders wäre ich von Mom nie weggekommen.“
 

Harry verstand. „Und wenn wir dich darum bitten würden, den Orden hier aufzunehmen?“

„Nur wenn Shun, Scorp und ich bei den Besprechungen dabei sein dürfen und am Plan mitwirken können.“

„Was ist mit Alice?“

„Das wissen wir nicht.“ War die knappe Antwort und Harry begriff sofort, dass es nicht der beste Zeitpunkt war, darüber zu reden. Der Auserwählte dachte nach und verschränkte die Arme vor der Brust. „Gut, einverstanden, ihr seid dabei, aber unter einer Bedingung. Wir spielen beide mit offenen Karten. Eure Informationen gegen unsere. Und als Einschränkung, bei der Erstellung des letzten Planes wird von deiner Seite einer anwesend sein und von meiner Seite einer.“

Albus hob den Kopf, in seinen müden grünen Augen blitzte Entschlossenheit auf und Harry kam nicht drum herum, zu lächeln. „Einverstanden. Ohne doppelten Boden.“
 


 

Ich sah dich sterben, ich hörte dich weinen, jede Nacht in deinem Schlaf. Ich war so jung,

du hättest es besser wissen sollen, als dich an mir abzustützen.
 


 

Sorgenvoll sah Claire zu, wie ihr Vater sich seinen langen Todesserumhang über die Schultern warf und sich seine schwarzen Lederhandschuhe anzog. Selten hatte sich Claire seit ihrer Hochzeit mit Elliott in den Räumen ihrer Familie aufgehalten. Ganz in dunkelgrün war sie vor den dunklen Lord getreten, welcher die Worte ihrer Verbindung gesprochen hatte. Elliott hatte wie jeder Todesser stolz seine dunkle Kutte getragen. Ohne die Miene zu verziehen, hatte er den Worten seines dunklen Herrn gelauscht und schließlich wortlos zum Messer gegriffen und sein Blut mit ihrem vereint. Für Muggelkinder schien dies ein Ritual für Blutsbrüderschaft, ein Märchen, dass niemals in der Wirklichkeit existiert hatte. In ihrer Welt stand dies für eine ewige Verbindung, die selbst über den Tod hinaus bestehen bleiben würde. Doch falls Claire gehofft hatte, nach ihrer Eheschließlung würde sich irgendetwas ändern, so hatte sie sich getäuscht. Elliott blieb weiterhin arrogant, stolz und so verdammt selbstsüchtig. Innerlich hatte Claire gehofft, er würde von ihr ablassen und mehr Aufträge an der Seite ihres Bruders nachgehen, doch stattdessen schien er mehr Zeit denn je zu haben.
 

„Wo willst du hin, Vater?“ Sie erhob sich aus dem dunklen Sessel und trat näher an ihn heran. Draco sah noch nicht einmal auf, sondern griff zu der silbernen Maske. Als seine Tochter sie ihm jedoch aus der Hand nahm, runzelte er irritiert die Stirn. „Claire, lass die Spiele.“

„Wo willst du hin? Der Morgen bricht bald an!“

„Weshalb du deinen Gatten von seinem Schreibtisch wegzerren solltest, anstatt deinen alten Vater zu bemuttern.“ Er rollte mit den Augen, doch sie ließ nicht locker. „Wieder irgend so ein gefährlicher Auftrag? Begleitet Zabini dich oder Floyd?“

Draco gab sich geschlagen und nahm ihr die Maske wieder aus der Hand, doch bevor eine Lüge über seine Lippen glitt, schnitt Claire ihm auch schon das Wort ab: „Wenn es um den Orden geht, hast du dich noch nie mit einer Maske geschmückt! Es muss also etwas Wichtigeres sein. Geht es um Potter?“

„Nein“, gestand Draco gereizt darüber, dass seine Tochter eine solch gute Beobachtungsgabe bewies. Elliott würde sich hüten müssen, sie je anzulügen. „Wir haben einen Spion unter uns und der dunkle Lord bat mich, ihn aus dem Weg zu räumen.“

„Einen Spion?“ Claire klang ungläubig und ihr Vater fuhr fort: „Seit mehreren Jahren scheint er Informationen weiter zu leiten und jetzt ist Schluss damit.“
 

„Wann bist du wieder hier?“

„Claire, hör auf Fragen zu stellen!“ Dracos Stimme war sichtlich ungehalten, aber Claire ließ sich nicht einschüchtern, nicht nachdem er ihr einen Gatten wie Elliott beschert hatte.

„Also?“

„Vielleicht in zwei Wochen, bis dahin sei artig und versuche deinem Mann ein wenig entgegen zu kommen.“
 

Die junge Frau sah ihn mahnend an, schließlich nickte sie knapp. Als wenn sie nicht immer bereitwillig tat, was Elliott verlangte. Sollte sie ihm jemals seinen Anteil als ihr Gatte verweigern, würde es wohl die Klatschweiber über eine Woche beschäftigen, wie eins zum anderen gekommen war.

„Sei vorsichtig.“ Die Worte kamen schneller über ihre Lippen, als sie realisierte, was sie gesagt hatte. Draco schenkte ihr einen unterkühlten Blick und sprach: „Finde in der Zwischenzeit heraus, was deinen Bruder so milde stimmt. Ich durfte mir die gesamte letzte Woche nicht eine Beschwerde über seine Gewalttätigkeit anhören.“ Mit diesen Worten verschwand er durch den Kamin und Claire schlang die Arme um den Körper. Die Tatsache, dass ihr Vater es mit einem Spion zu tun kriegen sollte, machte sie nachdenklich und zum ersten Mal fragte sie sich, wie hoch er wirklich in den Gunsten des dunklen Lords stand. Wie weit seine Fähigkeiten reichten und wie geachtet er wirklich war.
 

Als Mädchen hatte sie davon wenig mitbekommen, schließlich waren ihre Brüder in die Gesellschaft der Todesser eingeführt worden und begriffen was Rang und Namen hatte. Sie hatte sich stets auf Gerüchte verlassen müssen und über ihren Vater hatte sie mit Scorpius sowieso so gut wie nie gesprochen, bei Floyd war die Hoffnung auf ein vernünftiges Gespräch ebenso gleich null gewesen. Claire wendete dem Kamin den Rücken zu und verließ die Räume ihres Vaters. Ihre Gedanken drifteten zu ihrem ältesten Bruder. Natürlich wusste sie, was Floyds uneingeschränkte Aufmerksamkeit bekam. Ein Mädchen, blutjung und so verboten, wie sie es niemals hätte sein dürfen. Bislang hatte Claire sie nur ein einziges Mal getroffen, nämlich als sie sich verzweifelt im Bad hatte waschen wollen und immer wieder in Tränen ausgebrochen war. Ohne dunkle Vorahnung hatte sie sich ein Buch von Floyd wieder holen wollen und hatte die jämmerlichen Geräusche vernommen.
 

Alice Longbottom war auf den ersten Blick ein unscheinbares Mädchen, doch als sie sich nieder gekniet und in die blauen Augen gesehen hatte, war Claire eins klar geworden. Die Tochter des Ordenmitglieds war alles andere als ein schwaches Weib, an dem Floyd sein Ego aufpuschte. Sie war dezent hübsch, doch zeichnete sie noch etwas anderes aus. Claire konnte es nicht beschreiben, aber ihr wurde bewusst, dass eben dies Floyd festhielt und auf einer Weise zähmte, die ihr unbekannt war. Claire betrat ihre eigenen Räume und erkannte ihren Gatten an seinem Schreibtisch. Sein rotbraunes Haar stand in alle Richtungen ab und er zeigte keinerlei Anzeichen, ob er sie bemerkt hatte oder nicht. Leise schritt sie auf ihn zu und setzte sich auf die Schreibtischkante. „Wo hast du dich wieder herum getrieben, Mirabelle?“
 

„Hey, ist es mittlerweile verboten den eigenen Vater zu besuchen?“ Sie strich durch sein unordentliches Haar und schenkte ihm ein Lächeln. Elliott erwiderte es und legte die Feder in seiner Hand zur Seite. „So viel ich weiß, wollte dein alter Herr zu einem Auftrag aufbrechen.“

„Ich habe ihn lediglich verabschiedet.“ Überrascht sah sie, wie er ihre Hand umfasste und über ihre Handfläche strich. Es war eine der wenigen zärtlichen Gesten, die sie, abgesehen vom Geschlechtsakt, miteinander teilten. Immer wieder hatte sich Claire gefragt, ob Elliott ihr tiefe Gefühle entgegenbrachte und sie ihr nur auf dieser Art und Weise zeigen konnte oder ihr gegenüber so ambivalent handelte, weil er versuchte dem Versprechen ihres Vaters gerecht zu werden, es aber mit sich selbst nicht vereinbaren konnte.
 

Sie würde es wohl nie erfahren.
 


 

Du hast nie an jemand anderen gedacht, du sahst einfach nur deinen Schmerz. Und jetzt weine ich mitten in der Nacht, wegen derselben verdammten Sache...
 


 

Alice starte stumm an die Decke, sie lauschte den leisen Schritten ihres Peinigers und fragte sich, wie viele Tage sie bereits bei ihm verweilte. Die vielen Kerzen, die den dunklen Raum erhellten strahlten eine Wärme aus, von der sie versucht war, sie zu berühren. Doch Feuer verbrannte. Alice schloss die Augen und spürte noch immer seine erfahrenen Hände auf ihren Körper. Zu Beginn hatte sie sich gewehrt, geschrien und schließlich kraftlos aufgeben. Mehr als einmal hatte sie sich gewünscht zu sterben, dass er selbst ihrem jämmerlichen Leben ein Ende setzte und der Alptraum vorbei war.

Aber das tat er nicht.
 

Mit einer Ausdauer und einer Leidenschaft, die ihr fremd war, hatte er sie immer wieder genommen und jedes Mal aufs Neue hatte er ihr eine Berg und Talfahrt beschert, für die sie sich schämte. Floyd Malfoy machte etwas mit ihr, was ihrem Körper auf grausiger Art und Weise gefiel. Immer wieder hatte sie ihn gebeten damit aufzuhören, doch er tat es nicht. Stattdessen bewies er ihr hinterlistig, dass es ihm sooft er wollte gelang, dass sie nach seinem Willen reagierte.
 

Schwerfällig erhob sie sich und wickelte das weiche dunkelgrüne Bettlaken um ihren nackten Körper. Sie hörte das Wasser der Dusche rauschen und sah müde durch das Zimmer. Alice wusste, dass jegliche Art von Flucht sinnlos war und roch das warme und verführerische Essen. Kurz sah sie nach rechts, zum großen langen Eichentisch. Beladen von Köstlichkeiten, die Alice noch nie alle auf einem Tisch gesehen hatte. Kurz war sie versucht hinzugehen und dem Drang nach Hunger nachzugeben. Aber dann erregte der Kamin ihre Aufmerksamkeit. Bislang hatte sie sich ausschließlich den Fenstern gewidmet, wo sie stets nur Dunkelheit erwarten konnte. Alice runzelte die Stirn, als sie die Fotos in den silbernen Rahmen genauer betrachtete.
 

Ihr Körper versteifte sich, als sie Scorpius erkannte. Vorsichtig nahm sie das Bild zur Hand und studierte die Miene des angeblich toten Malfoys. Es zeigte die drei Geschwister, Claire, wie sie mittlerweile wusste, saß auf einem edlen Sofa und hatte die langen Beine übereinander geschlagen. Ihr langes blondes Haar fiel ihr in leichten Wellen über die Schulter und Alice kam sie vor wie ein verbotener Engel, der bereits vor langer Zeit von Merlin fallen gelassen worden war. Dann besah sie sich Scorpius und setzte sich in einen der nahe stehenden Sessel. Ein schwaches Lächeln zierte ihre Lippen, als sie den wissenden Ausdruck in seinen Augen erkannte. Kein Hauch Fröhlichkeit war zu sehen, doch dafür beißende Intelligenz, die nur darauf wartete auszubrechen.
 

„An einem Familientreffen interessiert?“, hörte sie eine belustigte Stimme hinter sich und zuckte kurz zusammen. „Deine Geschwister?“

Floyd nahm ihr das Bild aus der Hand und stellte es zurück an seinem Platz. Kurz musterte Alice seine Erscheinung in der schlichten schwarzen Kleidung. Er war Scorpius auf so grausamer Art und Weise ähnlich, dass sie Bauchschmerzen bekam, wenn sie ihn betrachtete. Das helle blonde Haar war frisch zurückgekämmt, er roch nach Limette und unter seinen grauen Augen lagen leichte Schatten und sie wusste, dass sie von Übermüdung kamen.
 

Floyd schlief schlecht, dies hatte sie bereits nach der ersten Nacht, die er sie festhielt, bemerkt. Alpträume schienen ihn zu plagen, zumindest hatte sie es vermutet. Da er sowieso bereits ihre Würde angetastet hatte, sprach sie laut aus, was sie beschäftigte: „Suchen dich deine Opfer als Geister heim oder schlägt ein Schlaftrank nicht mehr an?“ Es klang leicht provozierend, doch als sie sah, wie seine Haltung gelassen wurde, spürte sie, dass sie eine Seite an ihm berührt hatte, die er gut versteckt gehalten hatte. „Nein, es sind Bilder und immer wieder dieselben. Sie lassen sich auch mit einem primitiven Trank nicht vertreiben.“
 

Alice schluckte hart und erhob sich, um zum Essen zu gehen. Als sie den Stuhl beiseite schieben wollte, spürte sie, dass er das Laken von ihrem nackten Körper zog und sie schlang schützend die Arme um ihren Oberkörper. Würde er sie wieder nehmen? Vollkommen unvorbereitet und ohne jeglicher Scham? Kurz schloss sie die Augen, riss sie jedoch auf, als sie ein weiches Stück Stoff auf ihren Schultern spürte. Verwirrt zog sie den schwarzen Bademantel an und bemerkte, dass er ihr das Haar aus dem Kragen zog.
 

„Es sind Bilder, die mir zeigen, wie qualvoll mein Bruder gestorben sein könnte.“

Alice hörte die Ehrlichkeit in seiner Stimme und fragte sich, ob Scorpius je erfahren würde, dass er seiner Familie niemals so egal gewesen war, wie er stets betont hatte. „Ich war nie gut zu ihm, aber das durfte ich auch nicht.“

„Weshalb?“ Sie drehte sich um und erkannte den matten Blick, dann glitt ein schwaches Grinsen über seine Lippen und sie begriff, dass er die Bedeutung seiner Worte abschwächen wollte. Floyd trat einen Schritt auf sie zu und sie stieß mit dem Rücken gegen die Tischkante. Er engte sie bewusst ein und sie begriff worauf er aus war. „Ah, natürlich, nichts ohne Gegenleistung.“ Alice sprach die Worte gelangweilt aus, doch als sie seine Lippen an ihrem Hals spürte, ballte sie ihre Hände zu Fäusten und ihre Nägel gruben sich in ihre Handflächen.
 

„Nenn es Aufmerksamkeit, Alice.“ Die Art, wie er ihren Namen aussprach, ließ eine Gänsehaut über ihre Haut rieseln. Seine Lippen fuhren eine Spur von ihrem Hals, zu ihrem Kinn und fanden schließlich ihre Lippen.

Und dann geschah, was immer geschah.

Ihr Verstand setzte aus und jegliche Gegenwehr in ihr starb. Er raubte ihr jegliche Luft zum Atmen und riss ihr den Boden unter den Füßen weg und dieser Tatsache war er sich erschreckenderweise bewusst. Sie wünschte sich, er würde Gewalt anwenden, doch stattdessen gab er ihr das Gefühl, dass sie es billigte, was er mit ihr tat. Schließlich verriet ihr Körper sie immer wieder.
 

Dafür begann sie sich selbst zu hassen.
 


 

Du hast nie an jemand anderen gedacht, du sahst einfach nur deinen Schmerz. Und jetzt weine ich mitten in der Nacht, wegen derselben verdammten Sache...
 


 

Mit müden Gliedern erhob sich Albus Severus Potter von den unteren Stufen der Eingangstreppe. Seine Nase war zu und sein Kopf pochte vor Schmerzen. Verzweifelt hatte Albus versucht auf den Tadel seiner Mutter zu hören, den er sich seit Kindertagen einprägte hatte, doch die Tränen waren weiter gelaufen. Dominiques Tod nahm ihn mit, so sehr, dass Albus verzweifelt nach einer Flasche Feuerwhisky gesucht hatte, doch leider war er nicht an seiner Tante vorbei gekommen. Sie schien die Küche die ganze Nacht zu bewachen und auch keiner der Hauselfen brachte ihm, worum er bat, stattdessen hatten sie versucht, ihn mit Kürbissaft zu vertrösten.

Verdammt! Er war keine zwölf mehr!

Er trat in die Mitte der Ankunftshalle und hielt inne, als er Schritte hinter sich hörte.
 

„Du solltest ins Bett gehen, Al.“

Wut stieg in dem jungen Potter auf, als er die Stimme erkannte und er fuhr herum. Er sah auf ein Häufchen Elend, was sich sein Bruder nannte. Dicke Schatten lagen unter seinen grünen Augen und seine Haut schien so blass als habe sie monatelang keine Sonne gesehen.

„Erbärmlich“, flüsterte Albus, wohlwissend, dass er selbst kein besseres Bild bot. „Lass mich in Ruhe und verschwinde.“

Doch James ließ sich nicht abschütteln und kam in langsamen Schritten die große Treppe herunter. „Tut mir leid, dass ich im Moment das Verlangen verspüre, dir auf die Nerven zu gehen.“

„Weck Fred und geh dem auf die Eier!“, knurrte der Jüngere und wollte ihm wieder den Rücken zuwenden, als James erneut sprach: „Welch vulgäre Aussprache du zu pflegen scheinst, du solltest aufhören mir alles nach zu machen, Al.“

Er blieb stehen, seine Hände ballten sich zu Fäusten, mit einem abschätzigen Blick, sah er ihn an. „Ich habe dich noch nie nach gemacht. Dein Verhalten ist es nicht würdig, dass sich auch nur irgendjemand ein Beispiel daran nimmt.“
 

Überraschenderweise kam nur ein schwaches Lächeln über James Lippen und er erreichte das Ende der Treppe. Im Schein der Kerzen, die die Ankunftshalle beleuchteten, sah er die deutlichen Anzeichen des Krieges am Körper seines jüngeren Bruders. Eine Tatsache, wo von der er sich geschworen hatte sie immer zu vermeiden. Doch mal wieder hatte er versagt. Allerdings schmerzte die Einsicht, dass er Albus nicht vor den Plänen einer egoistischen Cousine in Engelsallüre hatte schützen können. Natürlich bedauerte er den Tod Dominiques, allerdings konnte er ihr nicht verzeihen, was sie verlangt hatte.

„Du heulst wegen der falschen Frau, Al. Sie war keineswegs der Engel für den du sie jahrelang gehalten hast.“

„Als wenn du das beurteilen könntest!“

„In der Tat, schließlich besitze ich, was sich Frauenkenntnisse nennt.“ Die Provokation war nicht zu überhören und ehe Albus sich selbst unter Kontrolle hatte, zückte er seinen Zauberstab und zischte: „Verkestatum!“

James rührte sich nicht und gerade, als der Fluch ihn zu treffen drohte, durchbrach eine dritte Stimme die Halle.
 

„Protego!“
 

Die beiden Brüder fuhren herum und erkannten das fassungslose Gesicht ihres Vaters. Mit erhobenem Zauberstab rauschte Harry Potter in die Ankunftshalle und schien nicht glauben zu können, was er soeben gesehen hatte. „Was in Merlins Namen geht hier vor?“, herrschte er seine Söhne an, doch beide schwiegen. Harry trat zwischen beiden und erkannte, dass Albus den Blick abwendete, während James seinen Bruder schonungslos ansah. Beide bissen sich auf die Unterlippe, so wie es Ginny oft tat, wenn sie über etwas nachdenken musste und Zeit schinden wollte. Langsam, aber sicher verlor Harry die Geduld. Etwas war zwischen seinen Kindern vorgefallen, denn Lily hatte ihm gegenüber beim Abendessen ständig nicht zu überhörende Andeutungen gemacht, dass man Albus und James nicht im selben Raum alleine lassen konnte. Gut, er war Monate lang verschwunden gewesen und hatte eigentlich nicht das Recht sich plötzlich einzumischen, aber die Tatsache, dass seine eigenen Kinder bereit waren sich zu duellieren, schlug dem Fass den Boden aus.
 

„James, Albus! Ich schwöre bei allem was mir heilig ist, ich werde euch beide unter Veritaserum setzten, mit Gewalt wenn es sein muss, wenn ihr nicht freiwillig mit der Sprache rausrückt!“ Harry ließ keinerlei Zweifel zu, dass er nicht jedes seiner Worte ernst meinte. „Ich will die ungeschminkte Wahrheit, Jungs!“

James sah seinen Vater bitter an und grinste gehässig. „Du willst du Wahrheit, Dad? Gut, die sollst du kriegen.“ Kurz sah er Albus an, dann sprach er: „Meinem geliebten Bruder wäre es am liebsten, ich würde bereits unter der Erde liegen!“
 


 

Wegen dir - Weiche ich nie zu weit vom Gehweg ab.

Wegen dir - Lernte ich auf der sicheren Seite zu spielen, damit ich nicht verletzt werde.

Wegen dir - Find' ich es schwer nicht nur mir zu vertrauen, aber jedem um mich herum.

Wegen dir bin ich ängstlich.
 

Fortsetzung folgt…

Rabenfeder.

.
 

.
 

.
 

Ganz egal, wie sie uns nennen. Wie auch immer sie uns angreifen. Ganz egal,

wohin sie uns bringen. Wir werden unseren eigenen Weg zurück finden.
 


 

„Wie bitte?“

Harry traute seinen Ohren kaum und starrte seinen Ältesten fassungslos an. Dann glitt sein Blick zu Albus. „Ist das wahr?“ James hob trotzig das Kinn. „Und das alles nur, weil ich mit Dominique geschlafen habe. Dafür, dass es dir das Herz gebrochen hat, hast du dich aber ziemlich gut mit Alice amüsiert“ Diese Provokation konnte Albus nicht auf sich sitzen lassen. Er wollte nicht wissen, wer seinem Bruder von seinem Ausrutscher mit seiner besten Freundin erzählt hatte, aber die Tatsache, dass er sprach, als würde er sich über ihn lustig machen, reizten ihn. Erneut hob er seinen Zauberstab, doch bevor er Schaden anrichten konnte, schritt erneut sein verfluchter Vater ein. „Expelliarmus!“ Sein Zauberstab landete in der sicheren Hand seines Vaters, dessen Miene Wachsamkeit und Entsetzten wiederspiegelte.

„Dabei wollte ich lediglich, dass sie die Finger von dir lässt.“

Verwirrst starrte Albus ihn an. „Wieso?“

„Wieso?“, wiederholte James verächtlich. „Weil sie genau wusste, dass sie sterben wird und du an ihr hängst. Sie sollte es dir nicht schwerer machen, als du es so oder so schon haben wirst.“ Er zuckte knapp mit den Schultern. „Ich habe nicht freiwillig mit Dominique geschlafen, Albus. Sie hat mich auf ihre Weise erpresst!“
 

Ungläubig sah der Jüngere seinen Bruder an und erkannte einen bitteren Zug um seinen Lippen. „Sie wusste, was du für sie empfindest, aber gleichzeitig war ihr auch bewusst, dass du unendlich leiden würdest, wenn sie sich auf dich einlassen würde. Ich wollte sie davon abhalten, egoistisch und nach ihrem Willen zu handeln, verdammt Albus, du warst erst fünfzehn Jahre alt, ein halbes Kind, du wärst an ihrem ständigen Leid und ihren Egoismus kaputt gegangen.“

„Wie kannst du es wagen, über ihre Gefühle zu bestimmen!“, schrie Albus ihm wutentbrannt entgegen. „Du tust, als könntest du entscheiden, wie sie zu leben hatte und wie nicht!“

„Sie hat dich nicht geliebt, Albus!“, brüllte James zurück. „Sie wollte dich lediglich benutzen! In all den Jahren, in denen sie dir Hoffnungen gemacht hat! Dabei warst du für sie nie mehr, als ein Bruderersatz! Ganz egal, was sie gesagt hat!“

„Wie kannst du das wissen? Wie kannst du etwas behaupten, das du nicht beweisen kannst!“

Harry wollte sich einmischen, doch als er sah, dass James sich erneut auf die Unterlippe biss, begriff er, dass dieser Konflikt von seinen Kindern beendet werden musste.
 

„Du tauchst hier auf und meinst den großen Macker spielen zu können? Dabei warst du noch nicht einmal in der Lage deine eigene Truppe zu schützen und ihnen konkrete Pläne zukommen zu lassen!“ Er gestikulierte wild und aufgebracht. „Dann erzählst du mir das Blaue vom Himmel und verlangst wirklich, dass ich dir glaube, wo du dich doch die Hälfte meines Lebens über mich lustig gemacht hast?“ Er schüttelte angewidert den Kopf. „Nein, James. Die Zeiten, denen ich dir heulend hinterher gelaufen bin und in dir den großen Helden gesehen habe, sind vorbei!“ Wütend wandte sich Albus ab und entfernte sich von seiner Familie, als er erneut die Stimme seines Bruders vernahm. „Ich kann es beweisen.“

Um sich zu beherrschen grub er seine Fingernägel in seine Handflächen. „Und wie? Durch Teeblätter lesen?“

„Albus!“ Harry reagierte zunehmend gereizt wenn man in seiner Gegenwart mit Wahrsage kam.

„Du kannst meine Erinnerungen haben.“
 

Der Körper des Jüngeren erstarrte und als er in das Gesicht seines Bruders blickte, sah er die Entschlossenheit in dessen matten grünen Augen. Die Haltung des Älteren erschlaffte und wirkte kraftlos. „Als Cousine habe ich Dominique respektiert“, sprach er ruhig. „Aber als Frau habe ich sie gehasst! Sie machte es mir zu Hause unmöglich zu atmen. Ständig hat sie mich erpresst, dass du den Ersatz für mich spielen würdest, sobald ich nicht mehr da bin. Verdammt Albus, ich habe sie nicht geliebt und dass hat sie in ihrer weiblichen Ehre verletzt!“ Er strich sich hilflos durch das dunkle Haar. „Nur weil ich nicht auf ihre Veela-Anziehungskraft hereingefallen bin, musstest du herhalten! Und gestern hat sie bekommen was sie wollte, obwohl sie von Louis wusste, in welch verzwickter Situation du gesteckt hast! Doch sie wollte ihre Drohung wahr werden lassen, da sie begriffen hat, dass-!“, er schluckte müde. „… du Molly liebst“, beendete Harry den Satz und lächelte sanft. Als James fragen wollte, woher er das wusste, kam ihm sein Vater zuvor. „Ich sehe so etwas, James. Schließlich habe ich nicht Gefühlsgröße eines Teelöffels.“
 

Die beiden Brüder grinsten knapp und Harry trat zwischen sie. Er müsste lügen, wenn ihn die Beichte seines Ältesten überraschte.

„Lass dich nicht von einer Frau verbittern und kaputt machen“, beendete James seine Ausführung. Albus sah betreten zu Boden, dann verließ er die Eingangshalle. Seine Schritte hallten laut an den hohen Wänden wieder und als sie verstummten, ließ sich James müde auf eine Stufe der großen Treppe nieder. Harry kam näher und kniete sich neben ihn. Stolz strich er ihm durch die Haare und James sprach: „Ich war immer ein Arsch von einem Bruder, aber dass, das konnte selbst ich nicht mit mir vereinbaren.“

„Du bist doch kein Arsch von Bruder“, widersprach Harry schwach lachend und tätschelte ihm die Schulter. „Du bist lediglich ein Narr, der dachte, alles alleine regeln zu können. Genauso wie dein Schwachköpf von kleiner Bruder.“ Eindringlich sah er seinen Ältesten an.
 

„Es war richtig was du getan hast, James. Albus wird sich jedoch alleine mit der Wahrheit auseinander setzten müssen.“

„Ja und er wird mich dafür hassen.“

„Nicht immer. Glaub mir, irgendwann wird er dieses überflüssigen Hasses müde.“

James sah in die grünen Augen seines Vaters und zum ersten Mal verstand er, warum Menschen, denen er begegnete und berichten konnten, ihn gesichtet zu haben, so hoffnungsvoll in die Zukunft blickten. In den Augen seines Vaters spiegelte sich Zuversicht wieder, sie zeigten mit jedem Wimpernschlag, dass er seine Worte so ernst meinte.
 


 

Ganz egal, was sie uns erzählen. Ganz egal, was sie tun. Ganz egal, was sie uns lehren. Was wir glauben, das ist wahr.
 


 

„Es ist herrlich!“

Scorpius verdrehte die Augen. Seine Nase war eisig und rot. Sie tat weh vor Kälte. Seine Füße fühlten sich an, wie am Boden festgefroren und jeder Muskel seines Körpers sehnte sich nach Wärme.

„Sieh nur, man sieht das Meer und guck mal, die Dünen sehen aus, wie-!“

„Rose, bitte! Du tust, als wärst du noch nie in einem anderen europäischen Land gewesen!“

„War ich auch nicht!“ Rose stolperte hinter ihm her. Sie beide trugen dicke Kleidung und stiegen seit über einer Stunde immer wieder über einer Düne nach der nächsten. Man sah das Meer, wenn man eine Düne erobert hatte und jedes Mal, wenn Rose über die Unendlichkeit des Wassers blickte, schien sie vergnügter denn je. Seit der dunkle Krieg ausgebrochen war, spielte das Wetter verrückt, da sich die Feen nicht mehr um die Natur kümmerten. Scorpius hatte für diese Tatsache nur noch ein Lächeln übrig, da er verstand, weshalb sie diese kleinen harmlosen Kreaturen lieber versteckt hielten, als sich um ihre Aufgabe zu kümmern. Niemand starb freiwillig und aus Edelmut.
 

„Bei Merlin, Scorpius, sieh mal!“

Entnervt blieb er stehen und wartete auf sie. Mit geröteten Wangen deutete sie erneut auf das Meer und sprach: „Die Sonne geht unter, sieh dir das Farbenspiel an. Ist das nicht wunderschön?“

Die Benutzung ihrer reizenden, begeisterten Adjektive ließ ihn lächeln. „Noch schöner ist die Sonne morgens.“

„Warum?“

„Weil es dann einen einzigen Augenblick gibt, in dem du einen unbefleckten, reinen Tag vor dir hast. Du spürst die Harmonie, die Merlin uns schenken will, die aber von der Wirklichkeit verschluckt wird.“ Seine ernsten Worte ließen Rose aufsehen und sie erkannte einen wehmütigen Zug in seinem Gesicht. Jedoch verschwand er sofort wieder, als er weiter sprach: „Na ja, das war meine Überzeugung als Kind. Lass uns doch morgen bis zum Strand gehen, dann zeige ich dir eine geheimnisvolle Bucht.“ Rose zwang sich zur Heiterkeit und sie nickte fröhlich. Dann bemerkte sie, dass er ihre Hand ergriffen hatte und sie hinter sich her zog. Es war ein merkwürdiges Gefühl erneut Herzklopfen zu verspüren, als wäre sie wieder dreizehn und hätte ihren ersten Kuss von Fred bekommen.
 

Seit ihrem Streit in der Bibliothek hatten sie kaum einen Augenblick alleine verbracht und wenn, dann hatten andere Dinge die Aussprache zwischen ihnen verhindert. „Weshalb sind wir eigentlich hier?“

„Ich muss etwas aus dem Ferienhaus meines Großvaters holen. Außerdem möchte ich ein wenig dort bleiben, bevor ich es niederbrenne.“

Die junge Weasley schwieg und als sie nach einer halben Ewigkeit endlich da zu sein schienen, stellte sie sich auf Zehenspitzen um über Scorpius Schulter zu sehen. Ihre blauen Augen strahlten als sie das kleine Haus umgeben von Dünen entdeckte. „Hier habe ich manchmal ganze sechs Wochen verbracht. Mein Großvater hat

meinen Vater in den Glauben gelassen, ich würde durch Dreck kriechen und lernen was es heißt in der Wildnis zu überleben.“ Scorpius half ihr die Düne herunter und Rose betrachtete das kleine Haus genauer. Es wirkte alt und heimisch. Die Fenster waren verschmutzt und wiesen Kratzer auf, doch das tat der Faszination keinen Abbruch. „Ich war schon Jahre nicht mehr hier.“

„Warum?“, wagte Rose zu fragen und Scorpius verzog das Gesicht. „Die folgenden Jahre gelang es meinem Großvater nicht mehr, mich der Obhut meines Vaters zu entziehen.“
 

Zusammen traten sie zur Tür und Scorpius tippte fünf Mal mit seinem Zauberstab gegen das Schloss, dann glitt die Tür knarrend auf. Rose rechnete mit Staub, doch überraschender Weise war das Haus sauber. Verwirrt runzelte sie die Stirn und Scorpius erkläre: „Es ist ein praktischer Zauber den einst meine Großmutter auf das Haus gelegt hat.“ Die junge Weasley trat ein und fröstelte kurz, kaum dass sie an Wärme gedacht hatte, hörte sie auch schon, dass irgendwo ein Feuer anging. Neugierig trat sie durch die kleinen hölzernen Räume. Sie wirkten gemütlich und merkwürdig heimisch. Die Küche hatte eine kleine Bar mit runden Hockern, frisches Obst quoll aus einer Schale und sie griff zu einem Apfel. Herzhaft biss sie hinein und genoss den süßlichen Geschmack auf ihrer Zunge. Dann musterte sie durch die Küche das Wohnzimmer. Rechts und links von ihr erstreckten sich Regale voller Bücher, während der altmodische Backsteinkamin die Mitte des Raumes einnahm. Vor ihm lag ein dickes Fell und davor waren alte, geflickte Sessel positioniert worden.
 

Scorpius riss die Küchenschränke auf und merkte an, dass sie genug zu essen da hatten. Rose lächelte und legte ihren dicken Mantel über einen der Sessel, dann betrachtete sie noch das kleine angrenzende Bad und den Schlafraum. Die Fenster gingen bis zum Boden und der Geruch von Minze stieg ihr in die Nase. Zart blaue Gardinen schmückten die Fenster und Rose setzte sich auf das weiche Bett. Die Decken waren überzogen von hellgrünen Laken und sie ließ sich träumerisch rückwärts fallen. „Also hier hätte ich als Kind auch gerne meine Zeit verbracht.“ Sie erhob sich wieder und schlüpfte aus den dick gefütterten Stiefeln. Dann steckte sie den Kopf aus der Tür und sah, wie Scorpius am Kamin stand und einen Brief auffaltete. Sofort verschwand ihre Heiterkeit, als sie seine angespannte Haltung erkannte. „Was ist los?“

„Albus hat geschrieben. Potter und seine Freunde sind in Hogwarts angekommen, der Orden wird erwartet und dein Cousin hat einen Handel mit seinem Vater geschlossen.“

„Einen Handel?“ Sie war verwirrt. „Ja. Die Schlacht findet bei Vollmond statt, aber den Plan werden Albus, Potter und jeweils zwei ihrer Berater entwerfen. Er bat mich, dabei zu sein.“

„Ist das gut, oder schlecht?“
 

Er drehte sich zu ihr um und grinste breit. „Keine Ahnung, wir werden sehen. Hast du Lust uns was zu kochen?“

„Kochen?“, Rose runzelte die Stirn. „Wieso sollte ich?“

„Weil ich es nicht kann und Hunger habe.“ Empört stemmte sie die Hände in die Hüfte. „Spielen wir eine Runde Schach drum!“ Sie nickte auf das Brett, welches sich in dem Regal befand und Scorpius grinste noch eine Spur breiter. „Du verlierst, Weasley, das weißt du doch.“ Rose genoss es, ihn so heiter und frech zu erleben, es war als würde die Last eines Todessers von ihm abfallen und sie begriff, dass dies vielleicht der Junge war, der Scorpius ohne diesen schrecklichen Krieg geworden wäre.
 


 

Ganz egal, wie sie uns nennen. Wie auch immer sie uns angreifen. Ganz egal, wohin sie uns bringen. Wir werden unseren eigenen Weg zurück finden.
 


 

Es war dunkel und kühl. Eine unangenehme Feuchtigkeit lag in der Luft, doch ein großer, schlanker Mann ließ sich davon nicht stören. Unbeirrt schritt er durch die halb verfallene Ruine. Sein langer Schatten zog an den kahlen Betonwänden entlang und unweigerlich zog der Todesser seinen Mantel enger um sich. Im dritten Stockwerk des einstigen Einkaufszentrums blieb die dunkle Gestalt stehen und zog sich die silberne Maske über das Gesicht. Er lauschte einer leisen Stimme und zog seinen Zauberstab unter seinem Mantel hervor. Die Stimme wurde lauter und es schien, als würde sein Opfer mit jemanden sprechen. Draco Malfoy trat einen Schritt vor und sprach: „Impedimenta!“
 

Der andere Todesser erstarrte und Draco ließ sich zu einem gehässigen Lächeln herab. Die Wände zu seiner linken Seite waren aufgerissen und Teile der Decke weggesprengt worden. Schimmel und mehrere gefährliche Risse taten sich auf, doch Draco ging unbeeindruckt weiter auf seinen erstarrten Kameraden zu. „Tss, tss Peakes. Eigentlich hatte ich gedacht, dass du nach der letzten Anspielung aufhörst doppelt zu pokern.“

„Friss Gras, Malfoy!“

Er lachte und riss seinen Gegenüber die Maske vom Gesicht. Ein gekennzeichnetes Gesicht von Krieg und Kämpfen sah ihn unvermittelt an. Unweigerlich stieg Ekel in ihm auf. „Ihr Gryffindors widert mich an. Von eurem Mut ist nur noch Verrat und Egoismus übrig geblieben.“

Jimmy Peakes, der einstige Treiber seines Hauses, lachte verbittert. Hass spiegelte sich in seinen Augen wieder. „Du weißt doch gar nicht, wovon du sprichst! Du kennst es doch nicht anders, als solch einen Irren, wie dem dunklen Lord zu dienen!“
 

Ohne auf die Provokation einzugehen schritt Draco um ihn herum und betrachtete den verfallenen Raum. „Du hattest die Wahl, etwas, was ich nicht hatte.“ In seinen Worten schwang kurz ein feiner Hauch ein Bitterkeit mit, dann gewann Gleichgültigkeit wieder die Oberhand. „Avada Kedavra.“ Das grüne Licht beendete ein Menschenleben und der schlaffe Körper Jimmy Peakes fiel in sich zusammen und auf den staubigen Boden. Unberührt stieß Draco den toten Körper mit der Fußspitze zur Seite, sodass der Verräter auf dem Rücken lag. Gleichgültig suchte er die Taschen ab um etwas Verdächtiges zu finden. Schließlich zog er eine Uhr hervor und ein wissendes Lächeln glitt über seine Lippen. „Der Trick ist alt, Potter.“ Die Uhr fiel zu Boden und der Todesser richtete seinen Zauberstab auf das einstige Erbstück.
 

„Incendio!“ Die kleine Uhr ging in Flammen auf und Draco wendete sich zufrieden ab. „Einen Schnüffler weniger.“ Er wollte sich gerade abwenden, als seine Gestalt inne hielt. Der finstere Himmel hatte an Helligkeit gewonnen. Eine schwache, aber dennoch vorhandene Linie zwischen anderen verlassenen Hochhäusern und dem Nachthimmel zeichnete sich ab. Kurz genoss der Malfoy dieses Schauspiel und schloss die Augen. Dies waren die wenigen Augenblicke in denen er sich sicher sein konnte, dass dieser Moment ihm gehörte. Niemand beobachtete ihn, niemand stand über ihn und niemand war auf dem Sprung ihn umbringen zu wollen. Vier Tage Zeit hatte der dunkle Lord ihm gegeben, den Verräter aufzuspüren und dem Tod zu überreichen. Er hatte lediglich sechs Stunden gebraucht um seinen Auftrag zu erfüllen. Die verbliebene Zeit gehörte ihm und Draco wusste bereits genau, wonach ihm stand.
 

Ein zufriedenes Lächeln glitt über seine blassen Lippen und er wandte sich vom der Dämmerung ab. Kurz richtete er seinen Zauberstab auf den Toten. Dieser ging in Feuer auf und der Todesser verließ den zerstörten Raum. Es würde Wochen dauern, bis jemand die Spuren von Peakes ausmachen würde, zu seinem Vorteil. Noch begriff Draco nicht, was sein einstiger Kollege hier gewollt hatte und nun hatte er dieses Geheimnis mit ins Grab genommen. Ein Funken der Reue stieg in ihm auf, jedoch nur den Hauch eines Augenblicks. Dann verspürte er wieder dieselbe Leere, die ihn seit fast zwei Jahrzehnten begleitete.
 


 

Ganz egal, ob keine Sonne scheint oder ob der Himmel blau ist. Ganz egal, wie alles endet, mein Leben fing mit dir an.
 


 

Der Wind wurde heftiger, stürmischer und stärker, doch dem kleinen Backsteinhaus, versteckt in den Dünen, schien dies nichts auszumachen. Magisch geschützt wirkte es wie ein Fels in der Brandung. Die Nacht brach an und Scorpius lehnte sich zufrieden gegen den Sessel. Hinter ihm stand ein Schachbrett, welche Schlacht er gewonnen hatte. Rose schob ihren Teller beiseite und genehmigte sich einen Schluck Wasser. „Wer hätte gedacht, dass du eine Schwäche für Pfannkuchen hast.“

„Immer schon, wobei ich gehofft habe, du würdest-!“

„Mich selbst zum Nachtisch anbieten?“, witzelte sie und legte sich lang hin. Während sie in der Küche versucht hatte, etwas Essbares zu fabrizieren, hatte Scorpius einige Bücher aus dem Regalen gezogen, welche sie nun interessiert musterte. „Was ist das? Schwarze Magie?“

„Nein, lauter unwichtige Muggelbücher. Wichtig ist das, was drin steckt.“

Verwirrt schlug Rose eines der Bücher auf und zog ein Foto heraus. Überrascht sah sie auf. „Fotos?“

„Ja, ich will sie sammeln und in ein Album kleben, denn sie sind das Einzige, was ich hiervon mitnehmen möchte.“
 

Scorpius legte den Kopf in den Nacken, seine Lippen zierte ein ehrliches Lächeln. „Aber genug davon. Lass mich mal nach den Dingern morgen suchen, nicht dass du noch was findest, was nicht für deine Augen bestimmt ist.“ Rose lachte schallend auf und klappte das Buch wieder zu. „Und was wäre das?“

„Keine Ahnung, schließlich weiß ich nicht, was mein gerissener Großvater hier alles versteckt gehalten hat.“

Neugierig schlug Rose erneut ein Buch auf und ihr Herz erwärmte sich. Sie sah auf einen breit grinsenden blonden Jungen, der kaum älter als acht zu sein schien und durch die Dünen rannte. Ihm jagte ein in die Jahre gekommener Mann nach und sie erkannte beim genaueren hinsehen Colin Goodale. Die Sonne schien und ein heftiger Wind zerzauste die Haare von Enkel und Großvater. „Gab es viele solcher Sommer?“

„Nein. Aber ich habe jeden einzelnen genossen. Besonders hilfreich waren diese Momente, als ich mich gegen Dementoren behaupten musste.“
 

Rose verstand, denn soweit sie wusste, war bei solch einem Umgang eine starke glückliche Erinnerung enorm wichtig. Sie legte das Foto beiseite und betrachtete ihren Nebenmann, wie er mit ernstem aber zufriedenen Gesichtsausdruck ins Feuer sah. Rose erhob sich ein wenig und legte ihr Kinn auf seine Schulter. Ihr Herz pochte bis zu Hals als sie den Duft von Harz einatmete. Harz und noch etwas, etwas vertrautes, nach dem nur Scorpius roch. Kurz schloss sie die Augen und bevor sie begriff, was sie tat, sprach sie: „Weißt du, was ich gedacht habe, als ich im Waffenlager fest saß und keinen Ausweg nach Draußen gesehen habe?“

Sein Körper versteifte sich, als sie ihm so nahe kam und Rose atmete tief durch. „Ich habe es bereut, dass ich mich mit dir gestritten habe, obwohl ich mir geschworen hatte, deine Denkweise zu akzeptieren. Tut mir leid.“ Er neigte leicht den Kopf und Rose schluckte. „Ich habe vergessen, wie schwer es sein muss, sich plötzlich an andere Normen und Werte zu orientieren und Unmögliches von dir erwartet.“

Scorpius drehte sich ein wenig und er sah, dass sie seinem Blick auswich. Sanft strich er ihr über die Wange und ließ eine Gänsehaut über ihren Rücken nieseln.
 

Zart, aber bestimmt küsste er sie und Rose öffnete bereitwillig die Lippen um ihn schmecken zu lassen. Er hatte sie schon oft geküsst, doch dieses Mal erschien es ihr anders, fast schon wichtiger. Scorpius zog sie zu sich und wie von selbst setzte sie sich auf seine Hüfte. Ihr Herz überschlug sich und ihr Innerstes raste, als sie daran dachte, dass dies vielleicht das letzte Mal sein könnte, dass sie so ungestört beieinander waren. Was, wenn sie bereits morgen angegriffen wurden? Was, wenn Scorpius oder sie die Schlacht nicht überleben würden? Würde sie sich dann immer wieder für das hassen, was sie nicht getan hatte und wie sie zu feige gewesen war, die Erfüllung ihrer Wünsche selbst in die Hand zu nehmen?

Nein.

Rose wollte nicht noch einmal den Fehler machen und nach dem Was-wäre-wenn fragen. Sie drückte ihn auf den Rücken und löste atemlos den Kuss. Verwirrt sah er sie an und sie zog sich mit tauben Fingern den Pullover über den Kopf. Dann ließ sie das Stück Stoff achtlos neben sich fallen.

„Rose, was-!“
 

Seine Frage wurde mit ihren Lippen erstickt und mutiger, als sie sich eigentlich fühlte, strich sie unter seinen grauen Pullover. Seine Bauchmuskeln zogen sich unter ihren sanften Streichelein zusammen. Seine Hände verweilten stur auf ihren Oberschenkeln und Rose fragte sich, ob er nicht verstand worauf sie hinaus wollte, oder ob er aus Unsicherheit zögerte. Wie es aussah, würde sie ihrem Handeln mehr Eindeutigkeit verleihen müssen. Sanft strichen ihre Lippen über seine Wange und zogen eine feuchte Spur bis zu seiner Halsbeugen. Scorpius seufzte leise auf, als sie ihn liebkoste und ihre Hände zu seiner Gürtelschnalle glitten. Als er das Klicken der Schnall vernahm, erstarrte sein Körper. Es schien als habe jemand in seinem Kopf einen Schalter umgelegt.

Hastig umfasste er ihre schmalen Handgelenke. Mit einem Ruck hatte Scorpius sich erhoben und sah in ihr rotes Gesicht. „Warum tust du das?“ - „Weil ich es will.“ Die Ernsthaftigkeit in ihrem Gesicht und die Festigkeit ihrer Stimme irritierten ihn, weshalb Scorpius ihre Hände zögerlich los ließ. „Du weißt, dass es kein Zurück gibt, wenn wir jetzt weiter machen?“ Statt zu antworten strich sie sich provokant das lange Haar über die Schulter und Scorpius fragte sich, ob sie ihn damit herausfordern wollte.
 

Betont gleichgültig zog er seinen Pullover aus und bemerkte, dass die hellblauen Augen der jungen Weasley prüfend über seinen Oberkörper fuhren. Roses Lippen entwich ein Lächeln, als sie erneut mit den Fingerkuppeln über die zarten, aber dennoch sichtbaren Muskeln fuhr. Sie war so beschäftigt damit, dass sie nicht bemerkte, wie er ihren Hosenknopf mit geschickten Fingern öffnete und an der Jeans zerrte. Bereitwillig hob Rose den Hintern an und strampelte die Jeans von ihren Beinen, dann strichen seine rauen Hände von ihren Fußknöcheln, zu ihren Knien und schließlich ihre Oberschenkel empor. Ungeduldige Lippen empfingen sie und ihr Herz setzte einen Vierteltakt aus, als seine Zunge hemmungslos ihren Mund erkundete. Haltlos seufzte sie in den Kuss hinein. Seine Hände griffen in ihr langes Haar, fast so, als müsste er sich an ihr festhalten.
 

Sie gab sich hin.
 

Vergaß Ort und Stunde.
 

Seine Küsse schmeckten nach Liebe und Hoffnung. Seine Hände ließen ihren Körper erzittern und als seine raue Stimme an ihr Ohr drang und sie keuchend ihren Namen vernahm, wusste Rose, dass sie richtig gehandelt hatte. Die wenigen Stunden, die ihnen blieben, war sie ihm so nahe, wie kaum einem Mann zuvor. Ihr erster, war ein Freund namens Lorcan gewesen, doch die Gefühle, die sie Scorpius entgegenbrachte, konnten bei Lorcan nicht mithalten. Sie waren tiefer und ehrlicher. Der junge Todesser liebte sie leidenschaftlich und schamlos. Rose erlebte eine Nacht, die sie beschämte, aber gleichzeitig auch so sehr genoss, dass sie diese niemals missen wollte. Sie begriff, dass alleine Gefühle den menschlichen Akt zu etwas Besonderem machen konnten. Innerlich zersprang sie vor Glück, als Scorpius in sie eindrang und sie eins wurden. Sie raste in einer nicht fassbaren Geschwindigkeit einer Klippe entgegen, die sie schwinden ließ. Immer wieder hörte Rose ihren Namen und als sie die Fingernägel in den Rücken des jungen Malfoys grub, bemerkte sie seine Zurückhaltung. Scorpius schien es unvergesslich machen zu wollen.
 

Ihr Rücken rieb immer wieder unter der Kraft seiner Stöße über den Teppich. Rose hatte das Gefühl innerlich zu verbrennen und die Kontrolle ihres Körpers entglitt ihr, als Scorpius ein letztes Mal seine Hand zwischen ihre pochenden Schenkel gleiten ließ und weiterhin in sie stieß. Dann verkrampfte sich sein Körper und kurz darauf ergoss er sich in ihr. Atemlos und keuchend ließ er sich neben ihr fallen und sie lauschte den unregelmäßigen Atemzügen. Auch ihre Brust hob und senkte sich hektisch. Ein zärtliches Lächeln glitt über ihre Lippen, als sie den Kopf nach rechts wand und seinen Schweiß überzogenen Körper betrachtete. Scorpius lag im Gegensatz zu ihr auf dem Bauch, auch er hatte ihr sein Gesicht zugewendet. Seine hellbraunen Augen musterten sie ernst, dann umschloss er seine Hand mit ihrer und betrachtete sie melancholisch. Rose konnte nur ahnen, was ihm durch den Kopf ging und fragte: „Was denkst du?“
 

„Nun…“, er dachte über seine Worte nach und Rose vernahm das Knistern des Feuers. Zwischen ihren Schenkeln klebte noch immer die verräterische Spur des Aktes. Innerlich dankte sie ihrer Mutter für ihre Hartnäckigkeit gegenüber einem Verhütungstrank, den sie nur einmal im Jahr einnehmen musste. Das brauen hatte ihr jedes Mal den letzten Nerv geraubt, ebenso war die Angst vor dem Ende des Spinnxblutes eine Zeit lang ihr Begleiter gewesen. Doch jetzt, wo der Frieden vielleicht nicht mehr in allzu ferner Zukunft lag, würde die Angst um eine mögliche Vergewaltigung nicht mehr tragend sein.

„…ich dachte daran, dass es seltsame Zufälle gibt.“

„Wieso?“

Scorpius lachte leise. „Als ich mit dir schlafen wollte, hast du mir eine Standpauke gehalten, dass dies nicht deinen moralischen Vorstellungen entspricht, wegen Liebe und so und jetzt schmeißt du dich mir freiwillig an den Hals.“

„Tja.“
 

Scorpius bemerkte ihren trockenen Tonfall und der Griff um ihre Hand verstärkte sich. „Rose, ich respektiere deine Vorstellungen, doch gleichzeitig frage ich mich, warum du deine Normen änderst?“

„Manchmal muss man Kompromisse eingehen“, sprach die Weasley ruhig und bemerkte, dass er sie merkwürdig musterte. Der Blick gefiel ihr nicht, weshalb sie weiter sprach: „Hör zu Scorpius. Du weißt, wie ich empfinde und deshalb hör auf dir einen Kopf darüber zu machen, warum ich mit dir geschlafen habe.“ Eine Gänsehaut rieselte über ihren Körper, als sie spürte, wie er sanft mit den Fingern über ihren nackten Bauch strich. Er sah ihr nicht in die Augen, sondern betrachtete das Spiel seiner Finger und die Regung ihres Körpers. Ein zartes Lächeln schlich über seine Lippen und den seltsamen Ausdruck in seinem Gesicht sah sie zum ersten Mal. Er drückte Zufriedenheit und Glück aus, aber auch Unsicherheit und Verwirrung.
 

„Würdest du es noch mal tun?“ Seine Frage ließ Rose stutzen. „Bitte?“ Ohne auf ihre Unschlüssigkeit einzugehen sprach er weiter: „Du bist seltsam, Rose. Einfach nur seltsam.“, hinter ihm fiel Holz in sich zusammen und die wohliger Wärme ließ nach. Jedoch machte es keinen von beiden etwas aus. Die junge Weasley drehte sich auf die Seite. „Und ist dieses seltsam gut?“ Scorpius lachte leise. „Sehr gut. Schließlich sorgst du so dafür, dass ich mich wohl niemals mit dir langweilen werde.“ Er drehte sie und beugte sich über sie. Seine Lippen strichen sanft über ihre und er spürte ihren warmen Atem auf seinem Gesicht. „Lass mich dich noch einmal lieben“, flüsterte er leise und eine Gänsehaut überzog ihren Körper. Zärtlich strich er ihr durch das Haar, was bei ihrer ersten Begegnung seine Aufmerksamkeit errungen hatte. Kurz zögerte Scorpius, bis er spürte, wie sie sein Gesicht in beide Hände nahm und ihn liebevoll musterte. „So oft du willst“, wisperte sie und schloss die Augen. Scorpius küsste sie und jedes Mal, wenn er sie mit dieser Geste beglückte, gewann sie eine weitere Definition dazu.
 

Dieses Mal hatte Rose das Gefühl, dass ihr Glück sich so überwältigend und nicht greifbar anfühlte, weil ihre Herzen im selben Takt schlugen.
 


 

Mir wird unsere Liebe ewig bewusst sein. Wenn Tränen doch nur Lachen wären, wenn die Nacht doch nur der Tag wäre, wenn doch nur Gebete erhört würden, dann würden wir Gott sagen hören…
 


 

Albus Severus Potter stand auf der großen Wiese die sich vor Hogwarts erstreckte. Jeweils fünf Meter rechts und links von ihm erstreckte sich eine lange Reihe von Fackeln. Sie bildeten einen Weg vom verbotenen Wald bis zu ihm. Sein dunkelgrüner Umhang wehte um seine Füße und seine Brille steckte in seiner Jackentasche. Trotz der Dunkelheit konnten seine scharfen Augen sehen, wie bei Tag. Er schätze seine Augen und hörte hinter sich, wie sein bester Freund unruhig hin und her schritt. Kalter Wind kam auf und Albus verzog kurz das Gesicht. Seit über vier Stunden warteten sie auf den Orden des Phönix und ganz langsam machte sich deutlich, wie sehr die Geduld der Jugendlichen litt. Anders, als bei seinem Vater, der neben ihm im Gras saß.
 

„Bei Merlin, haben die schon mal was von nötigem Schlaf gehört?“, fluchte Fred schließlich und Louis grinste neben ihm breit. „Dich zwingt niemand, hier zu warten. Kannst also auch ins Bett gehen.“

„Um dann den großen Augenblick zu verpassen, indem Al als Retter der Welt gefeiert wird?“

„Jungs“, Harry verdrehte die Augen. „Das wird kein Fest, so wie ihr euch das vorstellt, sondern lediglich ein Empfang.“ - „Wird mein Vater da sein?“, hörte Harry die Stimme seiner Nichte Molly und er nickte. „Alle Anführer. Kingsley, Astoria und Percy“, dann sah er zu Louis und Fred. „Bill und George werden ebenfalls im Laufe des Tages eintreffen, also haltet schon mal eine glaubwürdige Ausrede bereit.“ Fred winkte gelassen ab. „Das war das Erste, worüber ich mir Gedanken gemacht habe, als ich Tante Hannah mit einem Schlaftrank außer Gefecht gesetzt habe.“ Fred hörte das abfällige Schnauben seines Onkels hinter sich. Ron konnte es immer noch nicht fassen, dass sämtliche Potters und Weasleys mit viel Fantasie und Dreistigkeit ausgebrochen waren um ihren Cousin zu unterstützen. Albus schien einen gefährlichen und gleichzeitig bewundernswerten Einfluss auf die Menschen in seinem Umfeld zu haben.
 

Ron ergriff die Hand seiner Frau und sah sie kurz. Hermines Blick sprach Verwirrung und schließlich richtete er seine Augen auf den Sohn seines besten Freundes. Harry und Albus sahen von hinten einander so erschreckend ähnlich, dass Ron sich fragte, ob beiden ein identisches Schicksal vorherbestimmt war. In all den Jahren, die er nun Seite an Seite mit Harry gekämpft hatte, hatten ihn spüren lassen, wie schnell die Zeit vorbei gerannt war. Hugo wurde im Sommer 16 Jahre alt, seine Rose hatte sich sicherlich zu einer wunderschönen hübschen Frau entwickelt und mit einem kurzen Blick auf seine Neffen und Nichten unterstrich die Tatsache, dass seit dem Fall von Hogwarts Jahrzehnte vergangen waren. Und jetzt schien es in einer neuen Generation aufzublühen. Während die einstigen Widersacher alt und schwach wurden, einer nach dem anderen starb und ihr Widerstand deutlich nachließ, baute Albus etwas auf, was eine neue Form von Hoffnung symbolisierte.
 

Er trug den Namen zweier Helden und sein Nachname versprach ein Erbe von Hoffnung. Noch Kämpfte Ron dagegen an, aber er verspürte ebenfalls Vertrauen und den Funken Hoffnung auf Frieden, wenn er Albus ansah. Niemand zweifelte an seinen Plänen und jeder unterstützte ihn wortlos. Von Harry wusste er, dass die ganzen Attentate auf die Stützpunkte der Todesser, nicht nur alleine Albus Verdienste waren, sondern dass ein Freund ihn unterstützte. Beiden lagen die Strategien und konnten Talent in Sache Duell vorweisen, während Fred sich um die Feuerwerkskörper gekümmert hatte und Louis Hogwarts zu seiner alten Pracht zurück half. Ron wollte den unbekannten Freund kennenlernen und fand es nicht verwunderlich, dass Albus ihn als seinen Berater gewählt hatte. Anders dagegen bei Harry. Dieser ließ Hermine und ihn beide außen vor und zog jemanden zur Rate, den er ebenfalls nicht kannte. Ron vermutete den Kontaktmann, von dem sein bester Freund seit Jahren heimlich Informationen des dunkeln Lords bekam. Wie und wo war ihm immer ein Rätsel gewesen, doch die Heimlichtuerei schien an Ende zu haben, sobald der unbekannte Zauberer eingetroffen war.
 

„Sie kommen!“, riss Hugo ihn aus seinen Gedanken und Ron reckte das Kinn. Vor ihm drehte sich Albus um und grinste breit. „Hey Louis, wie viele Betten haben wir?“

„Je nachdem“, sprach der Blonde zaghaft. „Wieso?“ Das Grinsen des Potters wurde noch breiter und Harry war versucht zu fragen: „Was siehst du?“

„Ne halbe Armee. Sieht so aus, als haben sich Greengrass, Kingsley und Onkel Percy getroffen.“

Harry runzelte die Stirn, dann erkannte er mehrere kleine Lichter. Sie schienen von Zauberstäben auszugehen. Die paar Lichter, wurden zu einem Strohm, schließlich zu einem Meer. Wie Glühwürmchen schienen sie mit der Nacht zu verschmelzen. Harry erhob sich und nickte seinem Sohn knapp zu, dann sah er wieder auf die Widerstandskämpfer, die auf ihn zu kamen. Angeführt von bekannten Gesichtern beschleunigten sich ihre Schritte. Einige sahen staunend und ehrfürchtig zum Schloss, andere ließen Vorsicht walten.
 

Ein breites Lächeln lag auf den Lippen der dunkelhaarigen Frau, als sie Harry umarmte. „Ich hätte ja im Leben nicht gedacht, dass wir uns ausgerechnet hier wieder treffen, Potter.“

„Ich ebenfalls nicht“, antwortete er lächelnd und sah, wie ihr Blick auf seinen Sohn fiel. Astoria reichte ihm die Hand und Albus nahm sie verwirrt an. „Albus, nehme ich an? Scorpius spricht in höchsten Tönen von dir.“

Ohne auf das Kompliment einzugehen sprach er: „Danke im Übrigen, dass Sie seinem jämmerlichen Leben kein Ende gemacht haben.“

„Bedank dich bei Rose, sie hat die Notbremse gezogen.“ Harry verstand nicht und schluckte die Fragen die auf seiner Zunge lagen runter. Alles würde sich klären, dessen war er sich sicher. Unweigerlich ließ der Auserwählte seinen Blick schweifen um vielleicht seinen Informanten ausfindig zu machen. Doch es war ihm unmöglich das vertraute Gesicht in der Menge zu finden.
 

Widerwillig wandte er sich ab und begrüßte einen großen Teil seiner Familie. Sein Informant und gleichzeitig Verbündeter würde schon kommen. Schließlich fand er immer einen Weg ihn zu kontaktieren. Wichtiger war im Augenblick die Tatsache, dass der Widerstand wieder aufzuleben zu schien. An einem Ort, wo die Geschichte der Magie begonnen hat.
 


 

Und ich werde dich sicher und fest halten und vor dem Sturm beschützen. Ganz egal, ob es dort öde ist. Ein Traum kommt dort zur Welt.
 

Fortsetzung...

Die Definition von Mut.

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Von dem Moment an, als ich sprechen konnte, wurde mir gesagt, dass ich zuhören soll. Jetzt gibt es einen Weg und ich weiß, dass ich gehen muss.
 

Noch nie hatte Fred die große Halle Hogwarts so voll erlebt und fragte sich, ob es in den besten Zeiten des Schlosses auch so lebhaft zugegangen war. Überall wurde diskutiert und sich freudig begrüßt. Jeder schien jeden zu kennen. Herzhaft griffen alle zu den Köstlichkeiten, die sich an den vier Haustischen erstreckten und Fred sah sich nach Louis und Albus um. Hugo und Lily schienen Shun die Anwesenden vorzustellen, damit sich der Asiate nicht ganz so einsam vorkam, doch Einsamkeit schien nicht mehr möglich als er seine Mutter gesichtet zu haben schien.

„Ist ja ein richtiger Massenauflauf hier“, merkte er an, als er seine Freunde erreichte. Louis, der genüsslich in ein Sandwich biss, zuckte mit den Schultern, während Albus gelassen an seinem Butterbier nippte. Zufriedenheit lag auf seinem Gesicht, aber in seinen Augen erkannte Fred noch immer den Schmerz über den Verlust seiner geliebten Dominique.

„Meinst du, die werden sich an deine Anweisungen halten? Schließlich bist du nicht gerade die Führungsperson, die sie sich vorstellen“, sprach der Rothaarige als er

sich ein Brötchen vom Tisch nahm.
 

„Ach weißt du, das ist mir eigentlich herzlich egal. Scorpius wird ihnen schon Dampf machen.“

„Oder sie dermaßen erschrecken, dass sie laut kreischend in den verbotenen Wald zurück rennen“, warf Louis ein und die drei Jungen mussten lachen. Jedoch fand der Blonde schnell wieder zur Ernsthaftigkeit zurück. „Wann wirst du deinem Vater deinen Partner bezüglich der Pläne vorstellen?“

„Morgen Abend, wenn vielleicht seiner endlich eingetroffen ist. Er macht ein riesen Geheimnis daraus.“ Albus schüttelte den Kopf. „Bei Merlin, wie wichtig kann er sein?“

„Solange es nicht der dunkle Lord selbst ist“, witzelte Fred lachend, doch niemand teilte mit ihm diesen Witz. Stattdessen sahen sie ihn nur ernst und leicht entschuldigend an. Verdutz sah er seine Freunde an. „Was ist los?“

„Wir müssten uns dringend unterhalten, junger Mann“, ertönte es hinter ihm und Freds Körper erstarrte. Nur widerwillig drehte er sich um und erblickte einen rothaarigen Mann, der verstimmt die Arme vor der Brust verschränkt hielt. Sein Gesicht war dem von Fred sehr ähnlich, jedoch machten sich die Spuren des Krieges deutlicher bemerkbar, als bei dem Jungen. Seine Kleidung war alt und an mehreren Stellen geflickt.
 

„Hey Dad, ich wusste gar nicht, dass du auch hier bist!“, flötete Fred heiter, doch George vorzog nicht einmal die Miene, lediglich seine rechte Augenbraue zuckte gefährlich.

„Komm mir nicht so! Was hast du dir dabei gedacht Hannah außer Gefecht zu setzten, nach alldem was sie für dich getan hat? Mit einem Schlummertrank, Fred ich bitte dich!“ Er hob die Hände zum Himmel.

Entschuldigend sah Fred ihn an. „Anders habe ich keine Möglichkeit gesehen an ihr vorbei zu kommen. Verdammt Dad, sie scheint mit offenen Augen zu schlafen! Voll gruselig!“

George ging nicht drauf ein, sondern zeterte weiter. „Und dann dieses gefährliche Feuerwerk! Ganze dreizehn Meilen hat man die Knaller gesehen! Jemand hätte verletzt werden können! Eine Schande, dass du die ganzen kreischenden Glühwürmchen benutzt hast um die Muggel zu erschrecken, damit sie weglaufen! Und die Filibusterknaller, ich hätte sie als Erkennungsmerkmal benutzt, so dass alle Welt begriffen hätte, dass ein Weasley dabei ist und nicht um Todessern das Hirn weg zu pusten.“
 

Fred sah seinen Vater schlagartig stirnrunzelnd an. „Dad, könnte es sein, dass du dich darüber ärgerst, dass die Ideen nicht von dir kommen?“

„Natürlich!“, sprach George. „Verflixt Fred, ich bin wahrlich beeindruckt! Wer würde sich nicht wünschen seine Fantasie in diesem Maße ausleben zu können? Aber dieser kontrollsüchtige Orden lässt ja keinen Platz für solche Kinderlein!“ Er zog seinen Sohn in die Arme und zerzauste ihm die Haare. „Warum hast du mir nicht geschrieben, was du vorhast? Ich wäre sofort mitgekommen!“

Gänzlich verwirrt sahen Albus und Louis ihren Onkel an, bevor sie sich gegenseitig einen fragenden Blick zu warfen. „Wenn meine Mom auch so reagiert, dann habe ich nichts zu befürchten.“, murmelte der Potter-Spross.

„Dann freut es mich, dich enttäuschen zu dürfen“, ertönte eine für ihn nur allzu bekannte Stimme und er wagte es kaum sich umzudrehen. Hinter ihm stand eine rothaarige Frau, mit funkelnden braunen Augen und sah ihren Sohn sichtlich verstimmt an. Ginny Potter war bekannt für ihre Wutausbrüche und ihr gewaltiges Stimmorgan. „Du hast genau drei Minuten, mich zu überzeugen dir nicht den Kopf abzureißen.“
 

Louis klopfte seinem Cousin mitleidig auf die Schulter bevor er sich erhob, um sich diesen Kampf zu ersparen.

„Kameradenschwein“, entfuhr es Albus, doch es war Louis herzlich egal. Er dagegen würde den heutigen Abend einen großen Bogen um seine Tante Audrey machen und versuchen die Zeit an einem stillen Ort tot zu schlagen, bis man ihn wieder brauchte. Während der Blonde durch die große Halle schritt, beobachtete er einige Widersehenszenen und blieb stehen, als er seine Eltern erblickte. Die einstige Schönheit seiner Mutter hatte arg gelitten. Unter ihren Augen lagen dunkle Schatten und ihre Haut schien zum zerreißen gespannt. Louis konnte sich denken, welche Nachricht seine Eltern soeben erhalten hatten. Sie hatten ein Kind verloren, Dominique. Seine Mutter begann zu weinen und brach haltlos in den Armen seines Vaters zusammen. Dieser strich tröstend über ihren Rücken und hob den Kopf. Seine Augen erfassten ihn und Louis zuckte kaum merklich zusammen.
 

Bill streckte seine Hand aus und Louis verstand. Unsicher trat er auf seine Eltern zu und wieder einmal wurde ihm bewusst, wie wenig er sie doch kannte. Die meiste Zeit in seinem Leben waren sie bei dem Orden gewesen und hatten ihn bei Verwandten abgegeben. Jeder wurde ihm klar, dass sie zwar ihre Zeit nicht mit ihm verbracht hatten, sondern eher Todesser hinterher gejagt hatten, aber gleichzeitig mit ihren Gedanken bei ihm gewesen waren.

„Tut mir leid“, sprach er ruhig und mit fester Stimme. Seine Mutter sah ihn an, sie lächelte schwach und dann spürte er eine seltene Geste. Beide nahmen ihm in den Arm und ließen ihn Wärme und Trost spüren. Er erwiderte die Umarmung und vergrub sein Gesicht in dem seidigen Haar seiner Mutter.
 


 

Und jedes Mal, wenn ich weinte, habe ich alle Dinge, die ich wusste, in mir bewahrt. Es ist schwer, aber es ist schwerer es zu ignorieren.
 


 

Stille umhüllte den jungen Todesser und eine bohrende Kälte kroch an seinem Körper empor. Seit Stunden starrte Richard Zabini auf den dunklen See vor sich. Er war ein Symbol für Tod und die Asche eines jeden Todessers fand den Weg hierhin. Außer die seines besten Freundes. Blind ging der Dunkelblonde ein paar Schritte zurück, das Holz des Stegs knarrte unter seinen Füßen und seine graublauen Augen schlossen sich kurz. Richard atmete tief ein, eher er sprach: „Es war nicht sehr nett von dir, dich einfach alleine vom Acker zu machen, Scorpius. Wolltest du mir nicht noch etwas erzählen?“

Seine kalten Hände ballten sich zu Fäusten und der Zabini. „Lügner. Natürlich hast du dein Wort mal wieder nicht gehalten. Das hast du noch nie, wenn es darum ging dich aus der Affäre zu ziehen.“ Ein schwaches Lächeln glitt über seine Lippen bevor er sich nieder hockte und etwas aus seiner Manteltasche zog.
 

Vorsichtig stellte Richard das kleine Glas ab und betrachtete das magische Teelicht. Einmal in der Woche stellte er ein neues auf, warum wusste er selbst nicht. Normalweise verabscheute er kitschige Rituale, doch als seine Mutter ihm erzählt hatte, dass dies ein Weg war, einen Toten wissen zu lassen, dass man bereit war ihn gehen zu lassen und ihn nicht vergessen würde, hatte das erste Glas seinen Weg hier hin gefunden.

„Na denn alter Freund, ich muss los. Eine langweilige Veranstaltung bezüglich Montagues Beförderung steht mir bevor.“ Ein kleines Licht flammte im Glas auf und Richard apparierte an Ort und Stelle. Als er sich erhoben hatte, war sein Umfeld ein anderes. Die großzügigen Räume Tony Montagues waren festlich in den Farben von Slytherin geschmückt. Überall tummelten sich Kollegen und Bekannte. Gleichgültig übergab Richard seinen Mantel einen Hauselfen. Dann nahm er sich ein Glas Blutwein und gratulierte mit einem falschen Lächeln seinem angeblichen Freund. Richard mochte Tony nicht, doch wie einst Scorpius ließ er sich nicht in seine Karten schauen und heuchelte.
 

Früher hatten ihn solche Veranstaltungen amüsiert. Zusammen mit seinen besten Freund hatte er höflich Leute begrüßt, zweideutige Bemerkungen fallen gelassen und abseits die Leute betrachtet. Die Zeit totzuschlagen war erträglich gewesen und nach seinem Tod hatte auch eine Zeitlang Claire seine Nähe gesucht. Nur wenige Augenblicke hatten sie bislang ungestört miteinander über den Verlust, den sie sich teilten, reden können, denn mit Elliott Parkinson hatte er sich nicht anlegen wollen. Nur zu deutlich hatte Richard sehen können, dass er es nicht billigte, wenn man sich zu lange in der Nähe seiner Gattin aufhielt. Verständlich bei einer solch schönen Frau. Doch nun war er alleine und zählte die Minuten, wann er sich schlussendlich von dieser Sippe verabschieden konnte. Überall wurde gelacht, angegeben und Neuigkeiten ausgetauscht.
 

„Zabini, ich hätte gewettet, dass du dich drückst.“

Richard betrachtete die junge Frau hinter ihm abschätzend. Ihr langes, schwarzes Haar fiel glatt wie Schnittlauch über die Schulter und ihr ebenfalls dunkles Kleid betonte ihren verführerischen Körper. „Lilith“, antwortete er tonlos und sie lächelte. Nach Scorpius Tod hatte er sie nur noch selten gesehen, auch war ihm gänzlich fremd, wie sie mit dem Verlust ihres Verlobten umging. Äußerlich ließ sie sich nichts anmerken, doch Richard wusste, dass sie als stolze Parkinson ihre wahren Gefühle unterdrücken konnte.

„Schweigsam wie immer?“, sie lehnte sich gegen die große, dunkle Fensterscheibe und sah ihn belustigt an. In ihrer Hand hielt sie ein Sektglas und ließ die Flüssigkeit leicht hin und her wippen. „Ich bin lediglich gelangweilt und sehne mich nach Abwechslung.“

„Abwechslung?“, widerholte sie unnötigerweise und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Vom Alltag?“

„Vielleicht“, gab er knapp zu und trank sein Glas in einem Zug leer. Lilith neigte den Kopf und strich zärtlich mit den Fingerkuppeln über seine Brust. „Ich kann dir Abwechslung bieten, allerdings müsstest du dafür mitkommen.“
 

Richard wusste, dass er es hätte sein lassen, doch er tat es nicht. Willig folgte er ihr in ihre Räume und als sie ihr Kleid öffnete und nackt vor ihm stand, schaltete sich sein Verstand aus. Für ein paar Stunden wollte er der Eintönigkeit und der Trauer entwichen.

„Gefällt dir, was du siehst?“, vernahm er die liebliche Stimme Liliths und betrachtete ausgiebig ihren wohlgeformten Körper. Es war ihm ein Rätsel, wie Scorpius diese Frau hatte gegen eine Beute austauschen können.

„Ganz ansehnlich“, sprach Richard und zog sich das schwarze Shirt über den Kopf aus, dann trat er näher und Lilith ließ sich nackt, wie Merlin sie schuf auf ihrem Bett nieder. Herausfordernd schlug sie die Beine übereinander und warf ihren Kopf in den Nacken. Der Zabini beugte sich zu ihr herunter und strich zärtlich von ihrem Gesicht, dann zwischen ihren erregten Brüsten und schließlich über ihren flachen Bauch. Sie folgte seiner Hand mit den Augen und stieß hörbar heiße Luft aus, als er ihre Beine einander löste und zwischen ihre Schenkel glitt. Hart, grob und dominant. Die junge Frau zog ihn an den Schultern zu sich und hauchte: „Ich stehe nicht auf Schläge, Zabini.“ Seine Lippen streiften ihre. „Gut, ich nämlich auch nicht.“
 

Dann verloren sie sich.
 


 

Ich war mal so wie du jetzt und ich weiß, dass es nicht leicht ist ruhig zu sein, wenn du etwas findest, das weitergeht.
 


 

Hustend und keuchend stolperten Scorpius und Rose am späten Abend durch einen Kamin direkt in die Ankunftshalle Hogwarts. Den ersten Kamin hatte Albus bereits anschließen lassen, auch wenn er ihn mit einem bestimmten Passwort versehrt hatte. An der Hand zog Scorpius Rose hinter sich her und blickte in das breit grinsende Gesicht von Albus Potter. Hustend wischte sich der Blonde den Staub aus dem Gesicht und fragte irritiert: „Das Passwort war Zitronenbrausebonbon?“

„Cool was? Niemand hätte das je rausgefunden“, strahlte der Potter-Spross und Scorpius schüttelte knapp den Kopf. Dann hatte etwas anderes seine Aufmerksamkeit erregt.

„Was ist das so voll hier?“, staunte Rose und riss die Augen auf, als sie ihre Tante Audrey erkannte. Sie ließ Scorpius Hand los und eilte auf ihre Tante zu, dann erblickte sie ihre Eltern und die Freude war unendlich groß. Freudig fiel sie ihrer Mutter um den Hals und drückte sie fest an sich.
 

Scorpius betrachtete die Szene mit einem gemischten Gefühl und war mehr als nur froh, als Albus ihm heiter auf die Schulter klopfte und sprach: „Wird Zeit, dass wir uns in das Büro des Schulleiters begeben. Mein Vater hat seinen Berater von einer Stunde als angekommen gemeldet. Weiß der Geier wer das ist, wobei Fred darauf wettet, dass es sich um den alten Dumbledore via Porträt handelt.“ Scorpius folgte seinem Freund die Treppen hinauf und begegneten mehreren Hexen und Zauberern, die in einem Gespräch vertieft waren, oder aber laut verkündeten, dass Bett nun aufzusuchen. Gut gelaunt plapperte Albus vor sich hin. „Der Orden ist hier angetanzt und hat sich sofort untergeordnet. Sie haben um Aufnahme gebeten und respektieren anscheinend meine Ansagen, dass ich keine Aktionen gegen den dunklen Lord billige. Voll verwirrend.“ Er drehte sich zu Scorpius um, als sie den dunklen Korridor entlang schritten. „Lediglich mit meinem Onkel gab es ein paar Meinungsverschiedenheiten und-!“

„Albus“, unterbrach Scorpius schließlich seine Ausführungen. „Warum soll ich den letzten Schlachtplan mit deinem Vater aushandeln? Warum hast du nicht Fred oder Louis gebeten, schließlich hat der eine Ahnung von Ablenkungsmanöver und der andere kann die Struktur des Schlosses am besten für nützliche Angriffe analysieren.“
 

„Mag sein.“ Albus war stehen geblieben. „Aber ich vertraue niemanden so stark wie dir, wenn es um effiziente Vorarbeit geht. Bislang sind deine Pläne immer aufgegangen. Außerdem kennst du das Schloss besser, als irgendeine Karte.“ Er grinste schwach. „Sieh es ein, Scorpius, du bist der Einzige, bei dem ich durch ein Feuer springen würde, wenn du sagst spring.“

Dem Blonden war alles andere als zum Lachen zumute. „Wieso?“

„Weil ich bei dir sicher sein kann, dass ich lebend diese Aktion überstehen kann und ich will, wenn sich mit uns mehrere hundert Leute in den Kampf stürzen, das so viele wie möglich wieder nach Hause zurückkehren.“

Scorpius verstand. Albus wollte keine Familien unnötig auseinanderreißen und auch niemanden gefährden, der aufgrund seiner mangelnden Ausbildung unnötig in Gefahr geraten würde. Scorpius klopfte seinem Kameraden auf die Schulter. „Schon klar. Dann wollen wir uns mal gegen die Alten durchsetzten.“
 

Die Art und Weise, wie Scorpius die Alten betonte ließ Albus schmunzeln. „Weiß dein Vater eigentlich, dass du mich mitbringst?“

„Nö. Er machte ja auch so ein riesen Geheimnis draus, wer an seiner Seite die Feder zückt. Also gleiches Recht für alle.“

Scorpius wunderte sich über die lockere Art seines Freundes und hob eine Augenbraue, als Albus vor dem Wasserspeier stehen blieb und das Passwort sprach.

„Zitronenbrausebonbon? Sehr interessant.“ Der Potter grinste noch eine Spur weiter, als sich der Speier zur Seite bewegte und er voran trat. „So, wie versprochen wir sind pünktlich, Dad. Und wehe du-!“
 

Weiter verfolgte Scorpius die Worte seines Freundes nicht. Sein Blick erfasste zuerst den großen Harry Potter, der hinter einem großen runden Tisch stand und Pläne ausbreitete, dann sah er auf die Person, die am Kamin stand und einen schwarzen Umhang über einen Stuhl stand. Scorpius Augen weiteten sich und er zog aus reinem Reflex seinen Zauberstab aus der Manteltasche.
 

„Stupor!“, brüllte er, doch der Mann war schneller. „Protego!“ Ein Schutzschild ging hoch, vollkommen verwirrt fuhr Harry Potter herum. „Was zum-!“

„Crucio!“ Scorpius griff eiskalt zum Unverzeihlichen, jedoch wich sein Gegner geschickt aus und sprang hinter ein Pult, das in die Luft flog. Er wollte gerade zum nächsten Fluch ausholen, als Harry Potter persönlich einschritt. Der Auserwählte schaltete schnell. „Expelliarmus“ Scorpius Zauberstab wurde aus seinen Händen gerissen und landete in der freien Hand Harry Potters. „Was zum Geier und Kuckuck ist hier überhaupt los!“, polterte er los und Scorpius war kurz davor Albus seinen Stab zu entreißen. Doch der Schwarzhaarige entfernte sich sofort ein paar Meter und drückte seinen Zauberstab an sich, als er begriffen hatte, was sein Freund von ihm wollte. Wütend und aufgebracht ballte Scorpius die Hände zu Fäusten. Seine braunen Augen hefteten sich auf den Mann, der zögerlich über den Schrott des Schreibtisches herum trat.
 

„Scorpius?“ Im ersten Augenblick hatte Draco Malfoy geglaubt seine Augen würden ihm einen Streich spielen, doch dann erkannte er die Statur seines Sohnes, das bekannte Gesicht, die hellen Haare und die Stimme.
 

Er lebte.
 

Sein Herz schien vor Ungläubigkeit und Verwirrung überzuquellen. Draco spürte, wie er von selbst unsicher auf seinen völlig aufgelösten und wütenden Sohn zuging. Fast wie in Trance steckte er die Hand nach ihm aus. Monate lang hatte er ihn für tot gehalten, sich dafür gehasst, dass er seinem Jungen so vieles noch nicht gesagt hatte und jetzt stand er lebendig vor ihm. Als Draco seine Fahrigkeit erkannte, versuchte er sich zusammen zu reißen und blickte in das herablassende Gesicht seines Sohnes, was ihm vom Ausdruck her so grausam ähnlich war.

„Also, ich habe ja gewusst, dass wir uns ähnlich sind, Dad. Aber bist du sicher, dass wir Vater und Sohn sind und nicht Zwillinge mit derselben Neigung? Urgs… wie pervers.“

„Albus“, sprach Harry mahnend, doch sein Sohn zeigte sich entrüstet. „O Verzeihung, dass ich dachte, ein wenig Ironie würde die Stimmung retten.“ Albus wendete sich nun gänzlich an seinem Vater und seine Stimme überschlug sich fast: „Verdammt Dad, erzähl mir nicht, dass Draco Malfoy, ich betone, Draco Malfoy – der meist gesuchte Todesser Europas dein Spion ist!“
 

Harry fühlte sich zu Unrecht angegriffen. „Guck dich mal besser selbst an! Ich darf daran erinnern das Scorpius Malfoy den Orden das Leben schwer gemacht hat mit seinen verflucht genialen Plänen?“

„Pah!“, winkte Albus ab. „Aber im Gegensatz zu deinem Informanten hat meiner recht schnell die Seite gewechselt und gecheckt das er als Erbe Gryffindors mehr ausrichten kann.“

„Gryffindor?“, widerholte Draco tonlos, doch Scorpius antwortete nicht. Stumm starrten sie einander an. Zwischen ihnen lag so viel Unausgesprochenes, so viel Hass und Unverständnis, dass Harry begriff, dass er zuerst die Mauer beider Malfoys einreißen musste. „Sieht so aus, als hättest du ganze Erziehungsarbeit geleistet, Draco.“ Kopfschüttelnd ließ sich der Auserwählte auf der Kante des runden Tisches nieder. „Er besitzt das Feingefühl Greengrass bezüglich des Spuren Verwischens und deinen Mut die Seite zu wechseln, wenn es ungünstig ist.“

„Mut?“, spuckte Scorpius ihm gehässig entgegen und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Menschen umzubringen und eiskalt zu töten wird mit Mut definiert?“ Er sah Harry fassungslos an. „Wie können Sie einem solchen Mann vertrauen, Mr. Potter! Er steht in der ersten Reihe des dunklen Lord, er führt hunderte von Schlächter an! Er erzieht seine eigenen Kinder mit dem Unverzeihlichen, er-!“

„- Ist dir sehr ähnlich, Scorpius“, unterbrach Harry ruhig und erkannte die Ungläubigkeit in den Augen des Jungen.
 

Draco lockerte seine Haltung, ein unbestimmtes Gefühl aus Erleichterung und Stolz machte sich in ihm breit. Ein schmales Lächeln glitt über seine Lippen. „Dich hat eine Frau zum Wechsel bewegt.“ Alle drei Anwesenden starrten ihn nun an und Scorpius schüttelte den Kopf. Sarkastisch warf er ein: „Natürlich und ein Troll, ein Oger und ein Zwerg!“

Albus stotterte: „W-Woher wissen Sie-!“ Doch es war Harry der die Frage mit einem zufriedenen Gesicht beantwortete. „So viel zum Thema Ähnlichkeit.“

Verwirrt sah Scorpius schließlich seinen Vater an, als er begriff, dass die Aussage ernst gemeint war. „Ich verstehe nicht… welche Frau?“

„Kannst du dir das nicht denken?“ Draco zog seine schwarzen Handschuhe aus und wendete seinen Blick kurz auf dem Tisch vor sich. Noch heute sah er seine Gefühlsregung für die einzige als schwach an. Natürlich hegte er tiefe und liebevolle Gefühle für seine Kinder, doch die Jahre und die Erziehung seines Vaters hatten ihn gelehrt dies zu verbergen. Anders, als bei einer einzigen Frau, die ihn Jahre lang in seinen Träumen heimsuchte.

„Mom?“ Scorpius Stimme klang unsicher und die Art und Weise, wie er Mom aussprach, ließ Draco wissen, dass sie einander bereits getroffen hatten.
 

„Ja“, war seine schlichte Antwort.

„Aber du hast sie gefangen genommen, missbraucht und schließlich beseitigt!“, spuckte Scorpius ihm entgegen und Draco dachte unweigerlich an seinen Schwiegervater. „Ich habe sie gehen lassen, Scorpius und dir versucht eine sichere Zukunft zu bieten.“

Der Jüngere brach in schallendes und höhnendes Gelächter aus: „Sie gehen lassen? Das ich nicht lache, du hast sie beseitigt wie ein Stück Dreck!“

Ohne auf die Beschimpfung einzugehen erklärte der Todesser: „Hätte ich sie bei mir behalten, wäre sie früher oder später gestorben.“

„Unter deiner Hand!“, brüllte Scorpius ihm entgegen und Harry hatte genug. „Schluss damit, so kommen wir nicht weiter. Fakt ist, dass wir zusammen arbeiten werden! Schließlich haben wir ein und dieselbe Schlacht zu gewinnen! Albus, Scorpius, ihr erklärt uns, wie das Prinzip der Erben Hogwarts funktioniert. Draco, du zeigst uns wie die Wachpläne für den besagten Tag aussehen und worauf wir achten müssen.“
 

Vater und Sohn sahen einander an. Voller Misstrauen und Sorge. Nur widerwillig schluckte Scorpius seinen Hass runter und trat näher an den Tisch.

„Duellieren könnt ihr euch später“, gab Albus sein Butterbier dazu, als er sich in einem gut gepolsterten Stuhl am King Arthur-Tisch niederließ. Dann sah er zu seinem Kameraden. „Reine Formfrage, wenn wir gleich da rausgehen. Ich bin dein Sekundant, oder?“

„Albus!“, mahnte Harry erneut und sah überrascht, wie sich die Lippen des jungen Malfoys zu einem Lächeln formten. Die beiden Jungen waren ihm ein Rätsel, so verschieden und doch einander sehr ähnlich. Kurz warf Harry einen Seitenblick auf seinen einstigen Erzfeind und musste ebenfalls Lächeln, als er bemerkte, dass sie beide die Arme vor der Brust verschränkt hielten.
 


 

Wie kann ich versuchen es zu erklären? Wenn ich es tue, dreht er sich weg. Es war immer dasselbe, dieselbe alte Geschichte.
 


 

James Potter erhob sich und beschloss die große Halle zu verlassen. Sie schien sowieso nur noch spärlich besucht und die Müdigkeit zerrte an seinem Körper. Seine Mutter hatte wie ein Adler darüber gewacht, dass Lily und Louis pünktlich ins Bett gingen – fast als wären sie noch fünf und keine fünfzehn. Wahrscheinlich schob sie jetzt auch vor deren Zimmer Wache. Kurz sah der Potter-Erbe zum Ravenclaw-Tisch und erkannte, dass sein Onkel Ron und seine Tante Hermine auf Rose einredeten, doch diese winkte immer wieder ab. Sie schienen trotz der Wiedersehensfreude heftig zu diskutieren. Er würde drauf wetten, dass es um den jungen Malfoy ging. Jedoch verspürte James nicht den leisesten Drang, sich einzumischen, obwohl er wusste, dass man dem Jungen vertrauen konnte. Gähnend streckte er sich, als er durch die langen Korridore Hogwarts ging und schließlich das Passwort zu seinem Zimmer sprach. Das Porträt schwang zur Seite und James machte mit einem simplen Zauberspruch Licht. Die vielen Kerzen sprangen an und er schrak zusammen, als er bemerkte, wie sich eine Gestalt in seinem Bett bewegte.

„Verdammt Molly, musst du mich so erschrecken?“

Sie öffnete verschlafen die Augen und drehte sich streckend zu ihm um. Ein erfreutes Lächeln lag auf ihren Lippen.
 

„Na endlich, ich dachte schon, du würdest die Nacht über wieder aufbleiben.“

Verwirrt runzelte James die Stirn. Es war bereits öfters vorgekommen, dass Molly auf ihn gewartet hatte und in seinem Zimmer nächtigte, statt in ihrem eigenen. Zum Beischlaf war es nicht noch einmal gekommen und James ekelte sich vor sich selber, weil er diese Schwäche zugelassen hatte. Nicht, dass er es nicht genossen hätte, denn das hatte er. Aber er wollte nicht, dass sie mit ihm schlief, weil sie ihn aufmuntern wollte. Als Ablenken von seiner inneren Zerrissenheit. „Warum bist du nicht bei deinem Vater?“, erkundigte er sich und zog sich das Shirt über den Kopf. Sie verzog die Miene. „Nachdem ich mir zwei Stunden seine besorgte Predigt anhören durfte, habe ich seine Aufmerksamkeit auf Lucy gelenkt, die sich sicherlich ungerecht behandelt fühlen müsste, wenn er sich nur mit mir befassen würde.“

„Und natürlich ist er sogleich gesprungen“, beendete James die Ausführungen und setzte sich auf das Bett um seine Schuhe auszuziehen. Hinter ihm strich Molly sanft mit den Fingerkuppeln über seinen nackten Rücken. Es war als zog sie seine Wirbelsäule nach.
 

Eine Gänsehaut jagte über seinen Körper. „Molly…“, begann er, doch sie schien seine Ermahnung zu ignorieren. „Ich finde nicht, dass du das tun solltest.“

„Ich dagegen finde sehr wohl, dass ich es tun sollte“, sie erhob sich und legte ihr Kinn auf seine Schulter. Der Duft von Vanille stieg in seine Nase.

„Du schläfst nur mit mir, damit ich nicht zum Wrack werde.“

Ihre Hände strichen über seine Brust, reizvoll und provokant. „Nein. Das ist nur eine Ausrede, damit ich in deinen Genuss komme“, gestand sie leise und er drehte sich halb zu ihr um. „Ich werde das bereuen“, sprach er und sie küsste ihn wortlos. Ihr schien es egal zu sein und James war es leid, sich ständig zurück halten zu müssen. Wild griff er unter ihr kurzes Nachthemd und zog ihr den Slip von den Beinen. Molly drehte sich herum, sodass sie auf ihn saß und nestelte an seiner Hose, während er zwischen ihre Schenkel tastete. Ein heiseres Stöhnen entwich ihren Lippen, als er in sie eintauchte. Sie war bereits tief nass und er sah sie erstaunt an. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich auf dich gewartet habe“, hauchte sie gegen seine Lippen und sie griff gekonnt in seine Hose. Der Potter-Erbe drückte den Rücken durch, dann spürte er, wie sie sich mit ihm vereinte.
 

Es folgte eine Nacht, die ihn die Wirklichkeit vergessen ließ.
 


 

Es ist nicht die Zeit für eine Veränderung, entspann dich einfach, nimm es leicht. Du bist immer noch jung, das ist dein Fehler.
 


 

An einem anderen Ort, zur selben Zeit endete für zwei weitere Menschen der Augenblick des Vergessens. Der Raum, der vor einigen Stunden noch von Kerzen hell erleuchtet war, schwieg nun in vollkommener Dunkelheit. Richard Zabini drückte seine Zigarre auf dem Nachtisch aus und sah auf die schöne Frau neben sich. Er hatte mit der Ex-Verlobten seines besten Freundes geschlafen, wie widerlich war er eigentlich?

Lilith war eine überaus attraktive, dennoch kalte Frau. Sie liebte wild und leidenschaftlich und ohne Kompromisse. Zwar hatte sie sich ein paar Mal die Zügel aus der Hand nehmen lassen, doch grundsätzlich bestimmte sie, wo es lang ging.

„Du fickst ganz akzeptabel, Zabini. Doch Scorpius hat länger durchgehalten.“

Die Erwähnung Scorpius ließ ihn grinsen. „Kein Wunder, dass er sich so schnell mit dir gelangweilt hat, so wie du einen Orgasmus vorspielst. Das Stöhnen würde ich noch mal ein bisschen üben, Parkinson.“
 

Leichtfüßig schwang Richard seine Beine aus dem Bett und streckte sich genüsslich. Irgendwie fühlte er sich besser, ausgeglichener. Es war als wäre eine gewaltige schwere Last von seinen Schultern genommen worden. Als er zu seiner Kleidung griff, hörte er, wie sich Lilith hinter ihm drehte. „Unter wen arbeitest du im Moment?“

„Unter deinem selbstverliebten Bruder. Ein Glück das er mit Claire beschäftigt ist, sonst würde ich wohl jede Nacht durch Schlamm kriechen.“, er stand auf und nahm seine Hose vom Ohrensessel. Als er sich umdrehte, sah er wie Lilith sich provokant reckte und er das Verlangen verspürte, sie ein weiteres Mal zu nehmen. Doch sein Stolz hielt ihn zurück, denn er wusste, wenn er sie wissen lassen würde, dass sie eine äußerst starke Wirkung auf ihn hatte, dann würde er ihr Interesse verlieren.
 

„Claire ist hübsch, nicht wahr?“

„Absolut heiß“, sprach er schamlos. „Und ich hasse deinen Bruder dafür, dass er dieses hinreißende Geschöpf für sich beanspruchen darf.“

Lilith lachte heiser und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Er ist ihr bereits seit drei Jahren verfallen und jetzt, wo er hat, was er wollte, wird er es wohl auch vollkommen auskosten.“

„Wer kann es ihm verübeln.“ Lilith schwieg, weshalb Richard den Kopf schief legte. „Ist das Eifersucht in deiner Stimme?“

„Nein“, wies sie gleichgültig ab und kletterte aus dem Bett. Nackt und aufreizend schritt sie zum Tisch und steckte sich verführerisch eine Traube in den Mund. „Und was hast du jetzt vor?“

„Mich meinem Job zu widmen, warum?“, verwirrt zog er sich seinen Mantel über und sie setzte sich auf die Tischkante. Elegant schlug sie die Beine übereinander und ließ ihn wissen: „Wenn du gedenkst das Ganze zu widerholen, dann lass es mich wissen.“
 

Richard verstand das Angebot und ließ sich erneut nur zu einem Grinsen herab. Er fühlte sich wie ein Arsch, fast so, als hätte er Scorpius hintergangen, weil er mit ihr geschlafen hatte. Doch gleichzeitig gab sie ihm das Gefühl von Zeitlosigkeit. Es war als könnte er so alles vergessen, was um ihn herum geschah. Den Wechsel zu Elliott, den Verlust seines besten Freundes und die Antriebslosigkeit. Galant trat er näher und sah sie unentwegt an. Seine Hand griff an ihr vorbei in die Obstschale. Sein Atem streifte ihre Wange und ihre Lippen trennten nur noch wenige Zentimeter voneinander. „Natürlich gedenke ich das Ganze zu widerholen. Ich will schließlich wissen, ob du dich gebessert hast.“, mit diesen Worten ließ er von ihr ab und biss in den Apfel bevor er sich aufmachte um den Raum zu verlassen. Lasziv leckte Lilith sich über die blutroten Lippen. „Du weißt was Lilith bedeutet?“

„Natürlich.“

„Dann weißt du auch, worauf du dich einlässt.“

Statt zu antworten, ließ Richard die Flügeltür ins Schloss fallen.
 

Von dem Moment an als ich sprechen konnte, wurde mir gesagt, dass ich zuhören soll. Jetzt gibt es einen Weg und ich weiß, dass ich gehen muss.


 

Nach über fünf Stunden stand der Plan gegen den dunklen Lord. Jede Lücke war gestopft worden, jeder Fluchtweg genutzt und für den Fall, dass ihr Plan A nicht aufging, ein Plan B und C entwickelt. Scorpius sah zum Fenster und stellte fest, dass die Dunkelheit des Himmels nachgelassen hatte. In knapp einer halben Stunde würde der Morgen anbrechen.

„Ich bedanke mich und denke, besser vorbereiten können wir uns nicht“, riss Harry Potter den jungen Malfoy aus seinen Gedanken.

„Und jetzt ins Bett“, schloss Albus und gähnte herzhaft. Scorpius lächelte schwach. Zum ersten Mal seit langen fühlte er sich ruhig und ihm wurde bewusst, dass der Kampf vielleicht für immer vorbei sein könnte. Diese Hoffnung ließ ihn über den Boden schweben, gleichzeitig jedoch hatte er auch Angst vor dem Frieden, da er noch nie eine Weltordnung, ohne Krieg erlebt hatte. Keinerlei Vorstellung pflanzte sich in seinem Kopf.

„Draco, du wirst alles tun, damit deine Tarnung nicht auffällt und Scorpius-!“, der Junge sah den Auserwählten gleichgültig an. „-du wirst mit Al üben, wie man zu Freiheitskämpfer spricht. Mich beschleicht nämlich das Gefühl, dass es ihm an Autorität und zivilisierter Wortwahl mangelt.“

„Ja, ja, tu nur weiter so, als wäre ich nicht da“, brummte Albus verstimmt und Scorpius grinste breit. „Wird schon.“
 

Die beiden Jungen wandten sich zum gehen, damit sie ihren müden Hintern ins Bett schwingen konnten, als Harry seinen Sohn zurück hielt. So kam es, dass Scorpius durch das Porträtloch kletterte, dicht gefolgt von seinem Vater. Als der Wasserspeier sich wieder schloss, begriff Scorpius das er seinem Vater im dunklen Korridor vollkommen ausgeliefert war. Das halbe Schloss musste noch schlafen und niemand würde ihm zur Hilfe kommen, falls Draco Malfoy es auf eine kleine Auseinandersetzung ankommen ließ. Gleichzeitig fragte Scorpius sich jedoch selbst, ob er Hilfe billigen würde. Wortlos wollte er sich auf in sein Zimmer machen, als er einen festen Griff um seinen Arm spürte. Brutal riss Draco seinen Sohn herum und Scorpius keuchte unter dem Schmerz in seinem Arm kurz auf. Zuerst spiegelte sein Gesicht die blanke Wut wieder, bis er seinen Vater ansah. Verwirrt hielt Scorpius inne und ließ seinen Zauberstab wieder in seinen Umhang gleiten. Noch nie in all den Jahren hatte er in den Augen seines Vaters so etwas wie Schwäche oder Verletzung gesehen. Gefühle jeglicher Hinsicht waren verboten gewesen. Scorpius wusste nicht, wie oft Claire als Kind eine Strafe erlitten hatte, weil sie Mitleid gezeigt hatte.
 

Bevor der Junge wusste was geschah, strich eine unsichere Hand durch sein Haar und Scorpius begriff, dass sein Vater sich zusammen riss. „Du lebst“, flüsterte Draco fast Tonlos und ein dicker Klos machte sich in seinem Hals breit. Knapp nickte er. „Bei Merlin, du lebst.“

Und dann verstand Scorpius zum ersten Mal, dass selbst der kälteste Todesser niemals vollkommen gefühlstot sein konnte. Die Umarmung war fest und verzweifelt. Der junge Malfoy schloss kurz die Augen und roch Minze und Wald, als er das Gesicht in der Schulter seines Vaters vergrub. Draco atmete heftig und schien seine Freude im Zaun halten zu wollen. So lange, bis er die Hände seines Sohnes auf seinem Rücken spürte. „Ich habe geglaubt, du bist tot.“

„Das war der Plan.“

„Hervorragend aufgegangen.“

Nur zögerlich löste Draco die Umarmung unbeholfen und betrachtete seinen wieder auferstandenen Jungen. Es tat ihm in der Seele weh, seiner Tochter und seinem Ältesten nicht sagen zu dürfen, welchen Augenblick des Glücks er durchlebt hatte.
 

Scorpius wusste nicht, was er sagen sollte, zu durcheinander war er. „Dann sehen wir uns erst in der Schlacht wieder?“

„Ja“, beantwortete Draco die Frage und sah knapp an seinem Sohn vorbei, als er einen Schatten erkannt hatte. Sein kompletter Körper versteifte sich und seine Hände wurden merkwürdig taub.

Erschrocken starrte ihn eine hübsche Frau an. Jenes Gesicht, das er seit 17 Jahren nicht vergessen konnte. Sie war so schön, wie er sie in Erinnerung hatte. Das Herz des Todessers schlug einen neuen Rhythmus an und der Moment, in dem er ihr in die hellen braunen Augen sehen konnte, schien ewig anzuhalten. Fast so, als wäre die Uhr der Zeit stehen geblieben. „Astoria“, ihr Name hatte den bitteren Beigeschmack der Vergangenheit, doch gleichzeitig auch den Klang nach Wärme. Ihre Hand tastete nach ihrem Zauberstab, doch als sie sah, dass er den seinen unbeachtet ließ, lockerte sich ihre Haltung. Nicht jedoch ihre Wachsamkeit. „Draco“, erwiderte sie schlicht und Scorpius trat zur Seite, damit sie sich gegenüber standen.
 

Es war eine merkwürdige Situation, nach all den Jahren. Spannung lag in der Luft und gleichzeitig Hilflosigkeit. Alleine ihn anzusehen machte Astoria unsicher. Peinlich berührt wendete sie den Blick ab und versuchte sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. „Ich wollte dich fragen, ob du Lust auf ein Frühstück verspürst“, sprach die Greengrass an ihren Sohn gewandt. Scorpius reagierte unsicher, weshalb sein Vater die schwierige Situation für ihn löste. „Wir sehen uns“, sprach er knapp und zog sich seinen Todessermantel enger um sich, bevor er ihm zunickte und scheinbar gleichgültig an Astoria vorbei ging.
 

Seine Schritte hallten im dunklen Korridor wieder und die Dunkelhaarige wagte es nicht, sich umzudrehen um ihm nachzusehen. Tief durchatmend schloss sie die Augen und lauschte seinen Schritten, bis sie vollkommen verstummten. Erst als Scorpius auf sie zu trat und seine Arme um sie legte, fiel etwas in ihr zusammen. Astoria lehnte ihre Stirn gegen seine Brust und öffnete die Augen. „Danke, mein Großer.“ – „Kein Problem.“

Eine Weile schwiegen sie, bis sie sich von ihm löste und sprach: „Lasst uns frühstücken.“ Scorpius sah sie überrascht an, da sie keinerlei Verlangen nach Klärung zu verspüren schien. Er konnte nicht wissen, dass ihr mehr Fragen auf der Zunge lagen, die er hätte beantworten können, doch die Angst nach der Wahrheit ließ sie schweigen. Ein einziger Gedanke raste ihr auf dem Weg in die große Halle immer wieder durch den Kopf.
 

Er war wieder da.
 

Nutz deine Zeit, denke viel nach. Denke an alles was du hast, es wird morgen immer noch für dich da sein, aber deine Träume vielleicht nicht.

Es gibt einen Weg und ich weiß, dass ich gehen muss
 

Fortsetzung folgt…

Die Zeit steht still.

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In der großen Halle war es unruhig. Die Abendsonne färbte den Himmel rot und die ehemaligen Haustische waren bis auf den letzten Platz besetzt. Hauselfen, Zentrauen und vier Halbriesen, unter ihnen auch Hagrid hatten sich zu den Hexen und Zauberern gesellt. Sie alle redeten aufgeregt durcheinander, manche flüsterten leise, andere polterten ungeniert über den Tisch. Von außerhalb der Gruppe betrachtete Ron Weasley das Durcheinander und lehnte sich gegen die Wand. Harry trat neben ihn und gab ihm einen aufmunternden Klaps auf die Schulter. „Was habe ich heute Morgen gehört? Rosie hat dir gestern Abend beim Dinner ihren Freund vorgestellt?“

„Ein Malfoy!“, spuckte Ron angewidert. „Ein elender Todesser, ich hätte nie gedacht, dass mir mein eigenes Kind einmal so viel Schande machen würde!“

„Ron, Scorpius ist ein prima Junge – gebildet, höflich, einer der Erben Hogwarts und ganz rein zufällig ist er auch noch der Grund, weshalb deine Tochter lebt.“

„Weil sie die Beine breit gemacht hat!“ Harry verdrehte die Augen. „Nein, eben nicht“, versuchte der Potter zu erklären. „Bei Merlin, was sagt Hermine zu dem Jungen?“

„Sie hat sich von seinem schnulzigen Charme und seinem hübschen Gesicht einlullen lassen!“
 

Es fiel Harry schwer diese Worte zu glauben, zumal er seiner Freundin eine gute Menschenkenntnis zutraute. „Sollte ich den Kampf überleben, so werde ich versuchen, alles in die Wege zu leiten, um dieser Liebelei ein Ende zu machen!“

Zu dieser Äußerung schwieg Harry, denn etwas anderes hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Drei Tage hatte Albus immer mal wieder mit Scorpius zusammen gesessen und in anderen Stunden einen Blick über die Pläne riskiert. Es war erschreckend, wie sehr sich sein jüngster Sohn verändert hatte. Die Stärke und Zielsicherheit, die er einst in James Augen gesehen hatte, zeigten bei Albus Züge eines mutigen und sicheren Anführers. Es schien, als würde er seinen Namen eine neue Bedeutung geben. Albus versprach Genialität, Severus nicht zu brechende Treue und Potter Leben.
 

Unwillkürlich musste er lächeln und beobachtete, wie Scorpius seinem jüngsten Sohn Mut zusprach und schließlich nickte. Kurz sahen sich die beiden an, dann trat Albus auf die kleine Erhebung, wo einst der Lehrertisch gestanden hatte und nun nur noch das Podest des Schulleiters stand. Harry sah, dass Scorpius der Menge den Rücken zuwendete und den Zauberstab hob. Es erschien eine gigantische Leinwand, die er lediglich aus dem Muggelkino kannte.

„Was in aller Welt haben die beiden vor?“, sprach Bill verwirrt neben ihm und langsam, aber ahnend, antwortete Harry: „Ich vermute, Al will etwas deutlich machen.“

„In Form einen Tilms?“, entwich esArthur, der sich zu ihnen gesellte. Deutliche Spuren des Alters waren an ihm haften geblieben, doch seine braunen Augen strahlten noch immer die Zuversicht auf Frieden aus, wie unter der Führung Dumbledores.

„Films“, korrigierte Harry wie von selbst und verschränkte die Arme vor der Brust
 

Albus richtete seinen Zauberstab an seine Kehle und murmelte: „Sonorus“ Die letzten Silben des Spruchs hallten laut in der Halle wieder und alle Köpfe wandten sich zum Lehrerpult.

„Hallo“, sprach Albus ruhig, „Es freut mich, dass ihr alle hierhergekommen seid. Mit hoffentlich ein und demselben Ziel: heute Nacht in die Schlacht zu ziehen und der Dynastie des dunklen Lords ein Ende zu machen.“ Er holte tief Luft, bevor er weiter sprach. „Alle, die heute freiwillig ihr Leben riskieren, möchte ich darauf hinweisen, dass ich als Hogwarts Wiederaufbauer zusammen mit den Erben Hogwarts anführen werde, aber gleichzeitig keinerlei Verantwortung für jeden Einzelnen hier übernehmen werde. Das Einzige, was ich tun werde, ist einen Plan zu verteilen, an den ihr euch halten müsst. Tut ihr es, dann kann ich euch versprechen, dass der Sieg der unsere sein wird. Tut ihr es nicht, so wird der Kampf vergebens sein.“ Albus ließ von Fred, Louis und Shun Blätter verteilen. Unruhiges Gemurmel wurde deutlich.
 

„Wir werden gemeinsam auf jeden von uns Acht geben. Die Verantwortung teilen wir uns. Wenn wir sterben, dann alle zusammen.“ Hinter dem Jungen erschien ein Bild das den Phönix Orden in seinem ersten Krieg zeigte. Die Bilder veränderten sich. Die Zeit von Lily und James Potter war abgelaufen, neue Hexen und Zauberer traten hinzu. Remus Lupin, Tonks… kurz blickte Harry zu seinem Patenkind, das auf der anderen Seite der Halle zusammen mit seiner Verlobten stand und dessen Gesicht sich kaum merklich verhärtete. Schließlich erschien ein letztes Bild und Harry erkannte die damalige DA.

„Meine Cousine sagte einmal: unglücklich ist ein Land das Helden nötig hat und sie hat recht! Lasst uns aus diesem traurigen Land, wo es verboten erscheint glücklich zu sein, zu lachen, sich frei zu fühlen und an einem Ort zu bleiben, ein Land machen, das sich wieder Heimat nennt. Der dunkle Lord brachte nicht nur über England Verderben, sondern über alle Länder dieser Welt. Das Leid, dass wir erlebt haben, ist ein Teil unseres Lebens, der uns heute hier zusammen gebracht hat. Man könnte es Schicksal nennen, doch ich bin anderer Meinung. Nicht was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus.“ Albus sah in die Runde, die Bilder anderer Länder und deren Verluste verschwanden hinter ihm.
 

Über die große Halle hatte sich eine gespenstische Stille gelegt. Albus sah kurz auf die leere Fläche des Pultes. „Es gibt leider keinen erkennbaren Weg vor uns, sondern nur hinter uns, deshalb lasst uns den unbekannten Weg zusammen gehen. Nicht als Auserwählte.. !“ Harry grinste breit und viele drehten sich zu ihm um. „…Nicht als Anführer des Ordens und auch nicht als ehemaliger Todesser.“ Die Blicke von Albus und Scorpius streiften sich kurz. „Sondern als Gefährten, Freunde und Vertraute.“

Hagrid erhob sich und nach und nach taten es mehrere Anwesenden ihm gleich. Sie klatschten, erst langsam und zögerlich, schließlich heftig und laut. Beschämt und sichtlich erleichtert trat Albus von der Bühne und schlug mit Scorpius zum Big Five ein. Es schien als waren beide zufrieden mit sich.
 

Harry bemerkte, dass Bill anerkennend nickte: „Wer etwas bewirken will, muss starke Worte finden.“

„In der Tat“, stimmte Astoria Greengrass zu und reichte Harry eine Pergamentrolle. „Es haben sich alle damit einverstanden gezeigt, dass du nach der Schlacht, sollten wir sie überstehen, die neue Ordnung herstellen sollst. Neue Gesetzte treten mit deiner Erlaubnis in Kraft, Begnadigungen ebenfalls und solltest du aus einem bestimmten Grund nicht in der Lage sein, diese Entscheidungen zu treffen, fällt die Macht an Ron und Hermine. Alle Anwesenden haben sich einverstanden erklärt. Nun ja, bis auf ein, zwei Ausnahmen, aber wir leben in einer Demokratie und die Mehrheit entscheidet. Zumindest war es einst so.“

„Ron und Hermine?“, wiederholte Bill trocken. „Hermine kann ich verstehen, aber bei Rons hitzigem Gemüt?“

„Ich gebe dir gleich hitziges Gemüt!“, brauste Ron neben Harry auf und er schob sich zwischen die Brüder. „Soweit wird es gar nicht erst kommen, okay?“

Ron war versucht etwas zu sagen, doch Harry brachte ihn mit einem einzigen Blick zum Schweigen. Verstimmt sah Ron sich nach seiner Frau um und sah, wie sie Rose folgte.
 

Ungeniert erfasste Rose die Hand des jungen Malfoys und sprach: „Beeindruckende Rede Al, wann geht es los?“

„Kurz vor Mitternacht“, erklärte der Schwarzhaarige und sah, wie seine Tante in ruhigen Schritten näher kam. Hermine lächelte knapp. „Dann bleibt noch ein wenig Zeit für ein Abendessen.“

„Oh Mom, ich glaube kaum, dass ich irgendetwas runter kriege“, empörte sich Rose, doch Scorpius strich ihr lächelnd durch das Haar. „Du solltest besser was essen, es könnte nämlich sein, dass der Kampf bis in die frühen Morgenstunden geht und da wirst du jede Kraft brauchen.“

„Kluge Worte“, merkte Hermine freundlich an. „Dir sind solche Kämpfe nicht fremd oder?“

„Nein, aber ich schätze Sie würden trotzdem nur mit einem Kratzer da rauskommen, während ich vielleicht mit Ach und Krach den Notausgang erreiche.“

„Unsinn“, lachte Hermine geschmeichelt und sofort hob Albus eine Augenbraue, als er das Spielchen erkannte. Scorpius lächelte zaghaft, fast schon schüchtern. „Doch, ich meine, Sie machen seit Jahren dem dunklen Lord das nicht lebenswerte Leben zur Hölle, nicht dass er dort nicht Dauergast wäre, aber das verdient Respekt.“ Seine Hand blieb auf Rose Hüfte haften. „Und meinen haben Sie, Mrs. Granger.“
 

Albus verschränkte die Arme vor der Brust und warf seiner Cousine einen viel sagenden Blick zu. Diese zuckte nur hilflos mit den Schultern.

„Hör auf mir zu schmeicheln, Scorpius. Magst du mit uns zusammen zu Abend essen?“

„Nein!“, entschied eine männliche Stimme und der Blonde nahm sofort seine Hände von Rose. Diese verdrehte die Augen. „Warum nicht Dad?“

„Familienessen, geschlossene Gesellschaft.“

Scorpius verstand den Wink mit dem Hexenhut nur zu gut und verabschiedete sich höflich. „Verständlich. Also dann, ich glaube, die Lady da hinten hat Probleme mit den Plan.“

Kaum war Scorpius in der Menschentraube untergetaucht, als ihn Rose, sowohl vielleicht: als auch Hermine sich ungehalten dem Mann im nicht existierenden Haus zuwendeten.
 

„Okay Dad, was hast du gegen Scorpius?“

„Er ist ein Malfoy!“, war die schlichte Antwort und Hermine schenkte ihm ein zynisches Lachen. „Der auf unserer Seite ist und Rosie den Hals gerettet hat!“

Unwirsch winkte Ron ab. „Er ist nicht gut für Rose. Außerdem haben wir heute Abend etwas Wichtigeres zu tun, als über diesen Bastard zu reden. Es könnte unserer letzter gemeinsamer Abend sein.“ Den letzten Satz sprach er traurig und sah zu Boden. Sofort spürte er, dass das Herz seiner Frau weich wurde und sie ihm liebevoll die Schulter tätschelte, auch Rose schluckte ihre Wut runter.

Stumm schritt seine Tochter an ihnen vorbei und er sah, dass sie sich am Gryffindor-Tisch bei ihrem Bruder nieder ließ. Hermine nahm seine Hand und zog ihn mit sich. „Dann lass uns das Essen genießen, mein kleiner Stinkstiefel.“

Ron brummte etwas vor sich hin und ließ den Blick unauffällig durch die große Halle gleiten. Bei blonden Haaren blieb er hängen und betrachtete den Jungen abfällig. Sollte er selbst die Schlacht überleben, so würde er persönlich dafür sorgen, dass dieser Widerling von Malfoy aus dem Leben seiner Familie verschwand.

Egal mit welchen Mitteln.
 


 

Die Zeit steht still. Eigentlich weil sie will. Keine Sekunden. Uhr ohne Stunden.
 


 

Sein Herz wog unendlich schwer, als er einen letzten Blick auf die Uhr riskierte. James Potter betrachtete die Armbanduhr, die er seit seinem 17ten Geburtstag trug, liebevoll. Sie hatte einst seinem Großvater gehört und war eines der wertvollsten Dinge in seinem Leben. Ein letztes Mal richtete er den Kragen seines pflaumenblauen Mantels der einst ein Symbol für die Macht des Ministeriums gewesen war. Unruhig sah sich James in der Ankunftshalle um und entdeckte seine Schwester, wie sie ihre Eltern ein letztes Mal umarmte. Tapfer versuchte Lily ihre Tränen zurück zu halten. Manchmal wünschte James sich, dass seine kleine Schwester es noch genießen würde, Kind zu sein und diese Schwäche zu ließ. Aber das tat sie nicht. Zu sehr war sie es gewohnt, Stärke zu zeigen oder vielleicht war sie auch einfach nur zu schnell erwachsen geworden. Sie würde hier bleiben, genauso wie Hugo, da sie beide zu jung waren um zu kämpfen.
 

James riss sich los und sah zu einer der Säulen. Albus, dieser Shun und Scorpius hatten die Köpfe zusammen gesteckt und es schien, als würden sie ein letztes Mal ihren eigenen Plan durchgehen. Er wusste, dass die Erben Hogwarts sich nicht mit Todessern aufhalten würden, sondern sich um den dunklen Lord kümmern sollten. Genaueres wusste James nicht. Erneut betrachtete er die erwachsenen Gesichtszüge seines kleinen Bruders und wünschte sich unweigerlich, er könnte die Zeit zurück drehen. Er hatte Albus wirklich sehr herablassend behandelt, jedoch nicht weil er ihn hasste oder eine Abneigung gegen ihn hegte.
 

Nein, viel eher, weil sie durch Dominique bereits genug Schwierigkeiten miteinander hatten. Das Andere war das Ding mit dem Leben gewesen. Als ihm mit vierzehn klar geworden war, dass er das Erbe seines Vaters antreten musste, wenn er das richtige Alter erreichte, war ihm ebenfalls auch bewusst geworden, dass er bei dieser Verantwortung jeder Zeit sterben konnte. Albus sollte keinen weiteren Schmerz erleiden, nachdem er schon als Kind jedes Mal große Probleme mit der Trennung von seinem Vater gehabt hatte, wollte James es nicht noch mal auf eine enge Bindung ankommen lassen. Ohne seinen Beistand war Albus stärker und verantwortungsbewusster geworden, als er es je für möglich gehalten hatte.
 

„Du solltest tun, was dir dein Gewissen zuflüstert“, ertönte eine ruhige und sanfte Stimme neben ihm und James schrak zusammen. „Was flüstert mir denn mein Gewissen zu, Tante Luna?“ Die weißhaarige Frau lächelte verträumt und tänzelte um ihn herum. So lange James denken konnte, hatte seine Patentante schon immer eine seltsame Art zu denken an sich gehabt. Eine Art, die er als Kind vergöttert hatte. „Das weißt du. Also warte nicht zu lange, denn es hält seine Balance nicht auf deiner Schulter.“ Sie zwinkerte, sah kurz zu Albus und setzte summend ihren Weg fort. James schüttelte den Kopf, begriff aber, was sie ihn damit sagen wollte. Mit dumpfen Schritten trat er auf die kleine Gruppe zu und räusperte sich, sodass sie sich alle nach ihm umdrehten. Mit einem knappen Blick verabschiedeten sich Scorpius und Shun, sodass sich die beiden Brüder seit der kleinen Auseinandersetzung zum ersten Mal alleine gegenüber standen. Stumm sah Albus ihn an und James holte tief Luft.

„Viel Glück“, sprach er unsicher und vergrub die Hände in der Jeanshose.

„Dir auch“, war Albus knappe Antwort und der Ältere löste mit geschickten Fingern die Armbanduhr von seinem Handgelenk, bevor er sie seinem Bruder hinhielt.
 

Verwirrt nahm Albus die genutzte, aber immer noch ansehnliche Uhr an.

„Ist deine.“

„Wieso?“

James zuckte mit den Schultern. „Du hast keine vernünftige bekommen, als du siebzehn geworden bist. Ich finde, es ist Zeit dafür.“

Ein zartes Lächeln glitt über die Lippen des Jüngeren und er legte sie mit Bedacht um. „Danke.“ James spürte, wie er sich besser fühlte und grinste schwach, dann glitt sein Blick an Albus vorbei und er erkannte Molly. Jedoch trug sie weder den pflaumenblauen Umhang, so wie alle Kämpfer, noch behielt sie ihren Zauberstab bei sich.

„Kommt sie nicht mit?“

Albus verzog das Gesicht und hatte es plötzlich schrecklich eilig weg zu kommen. „Nein, aber warum, dass soll sie dir mal schön selbst erklären.“ Mit diesen Worten verschwand Albus breit Grinsend in der Menschenmenge und James runzelte verwirrt die Stirn.
 

Molly lehnte an eine der vielen Säulen und schien unschlüssig. Gezielt trat er auf sie zu und betrachtete sie im Schein der vielen Kerzen, die die Ankunftshalle erleuchteten. In ihrem roten Haar spiegelten sich die Reflexe des Lichtes und der Schatten umrahmte ihr schönes Gesicht. James hatte immer gewusst, warum er sich zu ihr hingezogen fühlte. Sie war schlicht anders als er. Voller Tatendrang, geordnet und herzlich. Besonders das letzte schätze er an ihr. Die Herzlichkeit. Alles was sie tat, tat sie mit voller Überzeugung. Sie war eine Frau, die zu ihrem Wort stand, die keine oberflächliche Seite besaß und Fehler tolerierte. Im Gegensatz zu ihm. Fehler waren in seinen Augen ein Zeichen der Schwäche und er hasste Schwäche. Dass er in letzter Zeit einige davon selbst aufzuweisen hatte, kratze erheblich an seinem Selbstwertgefühl.

„Hey“, sprach er knapp und sie sah auf. Ihr Lächeln war unsicher uns ein wenig nervös. „Alles okay?“, fragte er besorgt und sie schluckte sichtbar. Als ihre blauen Augen in seine sahen, antwortete sie: „James, du musst mir versprechen, dass du wieder kommst.“

Er lachte beklemmt. „Natürlich komme ich wieder. Was soll der Unsinn? Glaubst du, ich springe freiwillig von einem Turm, damit mein äußerst attraktiver Körper als Leiche nicht verkohlt im Sarg liegt?“
 

Ihr war überhaupt nicht nach Lachen zumute. „Nein, aber ich glaube, dass du dich jeder Zeit vor Klein Albus schmeißen wirst, um einen Avada Kedavra abzufangen und dann wie ein toter Held durch Londons Straßen getragen wirst!“

„Molly, Zynismus steht dir nicht. Also, was ist los?“ Ungewohnt sanft strich James durch ihr Haar und sie hielt seine Hand fest. Noch einmal atmete sie tief durch ehe sie aussprach, was sie daran hinderte, mit ihm in die Schlacht zu ziehen. „Ich bin schwanger.“

Seine Miene veränderte sich, von Neutralität zu Verblüffung bis hin zur Ungläubigkeit. „Unmöglich… Molly – ich meine – wir haben…“

„Ich weiß ja selbst nicht wie das passieren konnte!“, entfuhr es ihr hilflos und James spürte, wie der Boden unter seinen Füßen bebte. „Seit wann weißt du es?“

„Gestern.“

„Gestern…“, widerholte er unnötigerweise. Eine Weile schwiegen sie beide, bis er den Blick wieder hob. „Du willst es behalten.“ – „Ja.“

„Gut.“
 

Molly zog die Brauen zusammen. „Gut? Das ist alles, was du mir dazu zu sagen hast?“

„Ja“, erklärte James. „Was willst du hören? Dass ich mich wahnsinnig freue? Das wir direkt nach der Schlacht in eine Kirche rennen, weil ich nicht will, dass es unehelich geboren wird? Das ich dann den Sprung mit viel Alkohol bewaffnet zu deinem Dad mache und ihm alles gestehe und er nichts mehr dran ändern kann? Dass ich den liebevollen Dad mime und Hoppe, Hoppe Hippogreifen mit ihm spielen werde?“

Molly verzog das Gesicht, Wut machte sich in ihr breit, bis sich seine Stirn gegen ihre legte und er ruhig sprach: „Aber das weißt du doch schon alles. Du weißt, dass ich es genau so tun werde.“ Ihr blieb die Luft weg und James berührte ihre Lippen, zart, wie ein Luftzug, dann löste er sich grinsend von ihr und Molly murmelte: „War das ein Heiratsantrag?“

„Nenn es, wie du magst, Antrag, Geständnis und Versprechen.“ Dann wandte er sich zum Gehen und Molly spürte, wie ihr Herz einen schnelleren Rhythmus anschlug. Als er sich ein paar Meter von ihr entfernt hatte, blickte er noch einmal über seine Schulter und sprach: „Ach ja und Molly, kannst dich 100 prozentig darauf verlassen, dass ich wieder komme! Schließlich will ich den Namen mit aussuchen. Nicht das so etwas wie Albus Severus raus kommt.“
 

Sie schenkte ihm ein letztes Lächeln.
 

Mittendrin hört der Wind auf zu wehen und sogar der Regen, bleibt in der Luft stehen.
 


 

Ein schwarzer Vogel in Form eines Phönixes war durch sämtliche Räume des Schlosses gerast. Der Rauch, den er hinterlassen hatte, pechschwarz wie die Nacht, war das Symbol eines Angriffs. In all den Jahren, die der dunkle Lord bereits an der Macht war, war dies das erste Mal, dass es zu diesem Notfall kam. Floyd Malfoy griff zu seinem langen Umhang und warf ihn sich über. Seine Miene war ernst und seine Haltung angespannt, doch als er ins Feuer sah, lächelte er. Es war ein wissendes und ruhiges Lächeln. Sachte drehte er sich zu dem jungen Mädchen um, dass verwirrt aus dem angrenzenden Raum schritt.
 

„Du hast es gewusst, die ganze Zeit.“

„Bitte?“Alice schien verwirrt und er trat auf sie zu. „Du hast die ganze Zeit gewusst, das Scorpius noch lebt.“

„Woher weißt du das?“ Ihre Stimme klang unsicher und ängstlich. Doch statt zu antworten hob er die Hand und strich geistesabwesend durch ihr langes Haar. Sein Gesichtsausdruck wirkte seltsam zufrieden. „Unter dem Bett findest du eine Kiste, nimm die kleinen Flaschen heraus und öffne sie, wenn du in Sicherheit bist. Die dunkelgrüne war einst für meinen Bruder bestimmt. Überlebt er die Schlacht, gib sie ihm.“

„Warum gibst du sie ihm nicht selbst?“, wollte Alice wissen und erntete ein schwaches Grinsen. „Würde ich, doch leider ist es mir nicht vergönnt.“ Erneut wollte sie fragen, doch Floyd beugte sich bereits zu ihr runter und presste ein letztes Mal seine Lippen auf ihre. Hart und fast schon verzweifelt drängte er ihre Lippen auseinander, tauchte in sie ein und schmeckte Himbeersaft. Alice erwiderte den Kuss und griff haltlos in seinen schwarzen Mantel. Dieser gefallene schwarze Engel hatte etwas mit ihr gemacht, was sie sich selbst nicht erklären konnte. Floyd ließ sie vergessen, wer sie war, woran sie glaubte und wofür sie kämpfe.
 

Unter Umständen hätte sie ihn gehasst, doch für dieses zeitlose Gefühl war sie ihm dankbar. Es war, als würde sie schlafen und die Zeit des Aufwachens noch in weiter Ferne. Als Floyd von selbst den Kuss löste, etwas, was er selten tat, öffnete sie überrascht die Augen. Sein warmer Atem streifte ihre feuchten und heißen Lippen und Alice musterte das kühle Grau seiner Augen. Sie strich zärtlich mit den Fingern über seine Wange und brach schließlich den Blickkontakt ab.

„Danke, kleine Alice. Für die Stunden, die du bei mir warst.“ Die Stimme des Todessers hatte einen undefinierbaren Klang und ein seltsames Gefühl machte sich in Alice breit.
 

Als Floyd durch den Kamin verschwand und ihr einen letzten knappen Blick über die Schulter schenkte, schien es ihr, als würde sie ihn zum letzten Mal sehen. Es war wie eine dunkle Vorahnung, die sich immer tiefer in ihr Innerstes grub. Alice schritt ins Schlafzimmer und sah unter dem Bett nach. Ein kleines, fein geschnitztes Holzkästchen fand den Weg in ihre Hände und sie öffnete es zögerlich. Verblüfft sah die Brünette auf zwei kleine gläserne Fläschen. Eine mit dunkelgrünem Inhalt und eine mit einer goldenen Flüssigkeit.

„Felix Felicis?“, sprach sie zu sich selbst und konnte nicht glauben, dass jemand in solch einer schwierigen Zeit noch alle Zutaten zusammen bringen konnte. Floyd hatte ihr gesagt, sie sollte die andere Flasche Scorpius geben, falls dieser eine Schlacht überleben würde… der schwarze Vogel… der seltsame Blick… ihr Herz raste, als sie Begriff, was die widersprüchlichen Aussagen zu bedeuten hatten.
 

Das Schloss des dunklen Lords wurde angegriffen. Albus hatte seinen genialen Plan in die Tat umgesetzt.
 

„Hogwarts-Erben!“, keuchte Alice erschrocken auf. Sie war eine davon, was wenn sie gebraucht wurde? Wenn sie in diesem Angriff eine wichtige Funktion spielte? Verwirrt bemerkte Alice ein Stück Holz unter dem Bett und zog es hervor, vollkommen irritiert musterte sie den Zauberstab. „Okay, jetzt ist genug davon.“ Die Neugier siegte und sie griff zu der Flasche die eigentlich für Scorpius bestimmt war und öffnete den Stöpsel. Sofort zischte ein grüner Dunst aus der Flasche und hüllte sie damit ein. Ihre Umwelt verschwand und Alice begriff, dass sie es mit dem Zauber einer Erinnerung zu tun hatte. Die Möbel veränderten sich, das Licht ebenfalls und als das junge Mädchen Kinderstimmen vernahm, drehte sie sich erschrocken herum. Ungläubig sah sie auf zwei Jungen. Beide waren blond und saßen auf dem Boden vor einem Kamin. Der eine schien kaum sieben Jahre alt, während der andere um vier Jahre jünger wirkte. Alice trat näher und als sie begriff, wen sie vor sich hatte, schluckte sie hart.
 

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»Man Scorpius, lass uns was anderes machen, als immer nur puzzeln. «

»Nö!« Der Kleine grinste breit. »Puzzeln! « Er hielt Floyd ein Puzzelstück unter die Nase und der Ältere seufzte genervt. »Na schön. Dann spiel alleine. « Mit dieser Aussage schien der Dreijährige kein Problem mit zu haben, denn er summte leise vor sich hin und wandte seine Aufmerksamkeit auf die vielen kleine Teile vor sich. Floyd griff nach einem Buch und lehnte sich gegen den Ohrensessel. Stumm betrachtete er seinen kleinen Bruder und ein sanftes Lächeln schlich über die blassen Lippen des Malfoy-Erben. Sein Blick war liebevoll und voller Stolz. Er wollte sich gerade seinem Buch widmen, als er fremde Stimmen vernahm. Brutale Schreie drangen an sein Ohr und Floyd ließ den Blick sofort durch den Raum schweifen. Doch niemand befand sich außer ihnen im Raum.
 

Wieder ertönte ein Schrei, dieses Mal der eines Kindes. Konfus sah er auf Scorpius, doch dieser puzzelte unbekümmert weiter, er schien nichts dergleichen gehört zu haben. Floyd versuchte sich auf die Melodie des Summens zu konzentrieren. Er kannte das Lied nur zu gut. Großvater Colin hatte es auch ihm als Kind oft auf dem Klavier vorgespielt. Mitten in seiner Beobachtung jagte erneut ein Schrei durch den Raum und dieses Mal zerriss es Floyd das Herz, als er die Stimme erkannte. »Claire. « sprach er ohne nachzudenken und zuckte zusammen, als er eine kleine Hand auf seinem Knie spürte. Scorpius sah ihn fragend an. »Was ist mit Claire? « Floyd schüttelte den Kopf und lächelte schwach. »Nichts, ich habe mir etwas eingebildet. «
 

Es war keine Einbildung, sondern der Beginn eines grausamen Erbes.
 

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Der Boden war überzogen von Blut. Floyd erkannte den verschwommenen Raum vor ihm. Es war der Kerker in dem die Gefangenen für Folterzwecke aufbewahrt wurden. Der Siebenjährige sah angewidert auf die rote Flüssigkeit unter seinen Füßen, schließlich hielt er inne, als er einen zuckenden Körper am Boden erkannte. Eine junge Frau, kaum älter als zwanzig, lag mit einem entstellten und verbrannten Gesicht vor ihm. Die untere Hälfte ihres Körpers fehlte und Floyd erstarrte. Hilflose grüne Augen sahen ihn an

»Schlammblüter… ihr alle…«

Die fremde und raue Stimme ließ den Jungen herum fahren und er sah einen Jugendlichen mit denselben hellen Haaren, die Malfoys auszeichneten. Schwarze Kleidung verdeckte seinen Körper und in seinen Händen hielt er einen ebenfalls mit Blut überzogenen Zauberstab. Ein hysterisches Lachen entwich der fremden Kehle und Floyd trat näher.
 

Vollkommen erstarrt sah er auf die zwei Gestalten, welche am Boden lagen. »Vater… Mutter…« flüsterte Floyd. Sein Vater war über den Körper seiner Mutter gebeugt und schien irgendetwas zu murmeln. Seine Beine schienen an den Knien abgehackt, während der Körper seiner Mutter leblos in seinen Armen lag.

»Hör auf…«

»Niemals. Schließlich gehören Verräter bestraft, nicht wahr Vater? «

»Dafür musst du Claire und Eloise nicht umbringen, sie haben nichts damit zu tun! «
 

Der Junge, welcher gerade erst die Volljährigkeit erreicht hatte zuckte unwirsch mit den Schultern. »Ich dachte, es ist ein kleiner Vorgeschmack auf die Hölle, die dich gleich erwartet. «

»Hör auf so zu sprechen, Scorpius. «

Floyd riss die Augen auf und wollte auf den jungen Mann, der den Namen seines Bruders trug, zulaufen, doch seine Beine bewegten sich nicht. Sie schienen mit dem Betonboden verschmolzen. »Wieso sollte ich? Wer den dunklen Lord verrät, dem gebührt Respektlosigkeit, Strafe und der Tod! « Der Henker legte den Kopf schief. »Wie lange geht dein doppeltes Spielchen wegen dieser Hure Namens Greengrass schon? Reine Neugier, wie du sicher verstehst. «
 

Floyd verstand nicht und mit Schrecken stellte er fest, dass sein Bruder seinen Vater mit dem Crucio folterte. Der Blick auf die Leiche Eloise Malfoys wurde frei und der Siebenjährige sah auf die zerstochenen Augen seiner Mutter und Übelkeit stieg in ihm auf. Keuchend versuchte sich sein Vater wieder aufzurichten. »Sie ist deine Mutter, wie kannst du so reden, Scorpius. «

Der Nacken des jungen Mannes spannte sich an. »Nein, sie ist eine Gejagte, ein Schlammblut, dass es nicht wert ist, dieselbe Luft einzuatmen wie wir. «

»Wer sind wir? «

»Mein Lord und meine Blutsbrüder. « Ein zufriedenes und irres Lachen entwich seiner Kehle. »Und nun leb wohl, Verräter! «
 

»NEIN! «
 

Floyd fuhr aus dem Schlaf, sein Atem ging heftig und kalter Schweiß lief über seinen Rücken. Der Siebenjährige versuchte sich zu sammeln und schließlich begriff er, dass er sich auf dem Sofa seines Großvaters befand. Fahrig blickte er sich um und spürte, wie ihm der alte Mann durch die nassen blonden Haare fuhr. In seinem Mundwinkel steckte eine Pfeife und seine müden Augen blickten ihn mitleidig an. »Schon wieder geträumt, Floyd? «

»Ja, das Bild – es war so real und Scorpius –er…«

Colin nickte nur knapp und Floyd begriff, dass sein Großvater wusste wovon er sprach. »Was sind das für Träume, Großvater? «

»Nenne sie Vorhersagen, oder aber auch ein Blick in die Zukunft. Deine Großmutter hatte eine ähnliche Gabe. «

»Ich sehe in die Zukunft? Scorpius wird-? « Die Stimme des Jungen zitterte. Angst kroch in seinen Gliedern hoch. Colin strich ihm liebevoll über den Kopf. »Vielleicht. Du weißt, dass die Zukunft sich immer ändern kann. «
 

Die Worte rauschen durch den Kopf des Kindes. »Kommen diese Träume immer wieder? «

»Ja, dein Leben lang. Aber du kannst sie für dich nutzen und versuchen die Zukunft zu verändern. Jedoch zu einem hohen Preis. Denn wenn du den Lauf der Zeit veränderst, dann fällt ein Teil davon auf dich zurück. «

Floyd hielt die Hand seines Großvaters fest. Seine Miene war ernst. »Wie meinst du das? «

»Deine Großmutter…«, begann Colin mit ruhiger Stimme, »Sie wollte die Familie einer ehemaligen Freundin schützen. Blutsverräter, wenn du verstehst. Es gelang ihr, doch sie musste mit ihrem Leben bezahlen, da der dunkle Lord sie der Untreue bezichtigt. Sie hat die Zukunft ihrer Freundin geschützt, aber ihre eigene nicht. «

Floyd kannte diese Geschichte nur zum Teil und sah seinen Großvater mit großen Augen an. »Sie hat es gesehen? «

»Den Tod der Familie, ja, am Ende schließlich ihren eigenen und sie hat es nie bereut. «
 

Der Junge sah zu Boden. Die Situation war schwierig für ihn, schließlich sah er wieder auf und sprach mit leiser Stimme: »Ich will nicht, dass Scorpius so böse wird. Er ist lieb, ein guter Bruder und niemals solch ein Monster. « Colin nahm seine Pfeife aus dem Mund. »Was hast du gesehen, Floyd? «

Sein Enkel erzählte es ihm und mit jeder weiteren Schilderung, begriff der alte Mann, mit welch einer düsteren Zukunft er es zu tun hatte. Als der Junge geendet hatte, seufzte Colin tief. »Um so einen großen Teil zu ändern, müsstest du bereits jetzt schon dagegen halten und das wird alles andere als ein Spaziergang, Floyd. «

Er sah auf seine eigenen Hände und schwieg. In dem kleinen Herzen des Kindes verfestigtet sich etwas. Etwas, was die Bahn seines eigenen Lebens in eine völlig andere Richtung lenken würde. Eine Richtung die Verderben und Tod bedeutete. »I-Ich will es versuchen«, flüsterte er leise und Colin sah seinen ältesten Enkel kummervoll an. »Das musst du nicht Floyd. Niemand wird von dir verlangen solch eine düstere und schwer wiegende Zukunft zu ändern. «
 

Graue Augen sahen den alten Mann ernst an und Colin begriff, dass die Entscheidung seines Enkels bereits gefallen war. Zärtlich strich er durch die hellen Haare des Jungen und nahm seine Pfeife aus dem Mund. »Ich helfe dir. Du bist also nicht alleine, aber es wird dich einen hohen Preis kosten. «

»Das ist okay, Scorpius ist es mir wert. « Solch ernste Worte aus dem Mund eines Kindes, zerrissen Colin das Herz. Der Alte schloss die Augen und atmete tief durch, während Floyd zaghaft lächelte. Es war das letzte ehrliche Lächeln für eine lange Zeit.
 

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Sein Wort zu halten war schwer, besonders über Jahre. Immer wieder war Floyd kurz davor gewesen hinzuschmeißen und der Zukunft freie Bahn zu geben. Besonders als neue Alpträume ihn plagten, Bilder einer schrecklichen Zukunft bezüglich seiner Familie und seines besten Freundes. Doch für keinen von ihnen war Floyd bereit, ein so großes Opfer zu bringen, wie für seinen Bruder. Es war ihm gleichgültig. Zu Beginn fiel es ihm schwer sich an seine selbst aufgestellten Richtlinien der Grausamkeit zu halten, doch nachdem er nach seinem 15ten Geburtstag den ersten Mord an einem Muggel verübte, verspürte er zum ersten Mal das Gefühl von Taubheit. Ein weiterer Mord folgte und Floyd stellte fest, dass es ihm nichts ausmachte, Leben auszulöschen. Stattdessen verachtete er das unreine Blut, von nicht lebenswürdigen Menschen und Wesen. Die Grausamkeit von Tod und Verderben stumpfte ihn ab und mit der Zeit vergaß er, für wen er diesen Weg gewählt hatte. Seine eigenen Richtlinien waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen und seltsamerweise hatte er festgestellt, dass es sich mit ihnen gut leben ließ.
 

Er verlor sein Ziel aus den Augen
 

Brutalität, Zynismus und Ungerechtigkeit machten ihn aus und ohne es zu merken, begann er seinen Bruder, für den er einst eigentlich ein Opfer bringen wollte, zu behandeln, wie jemand, der sich in seinen Augen eines schweren Verbrechens schuldig gemacht hatte. Floyd wusste nicht, ob er Scorpius dafür bestrafen wollte, dass er einst diese Alpträume über ihn gehabt hatte. Nur eins wusste er ganz sicher, es war gut, dass er geworden war, wie ein Abbild von jenem Scorpius, vor dem er als Kind Angst gehabt hatte.

Es gab nur wenige Menschen, die von seiner Gabe wussten, neben seinem Großvater Colin, war Elliott sein einziger Freund, der mit diesem Geheimnis vertraut war. Und mit 17 stellte dieser zum ersten Mal jene Frage, die Floyd jegliche Luft zum Atmen nahm.
 

Der Raum veränderte sich und nahm eine neue Form an.
 


 

»Hast du je meine Zukunft gesehen? «
 

Die beiden jungen Männer saßen einer geöffneten Kneipen Barcelonas, dessen Einrichtung in die Jahre gekommen war. Das Treiben war ungewöhnlich laut und Floyd war drauf und dran den polternden Zwerg mit einem gezielten Avada Kedavra zum Schweigen zu bringen. Selbst bis in die hintere Ecke, wo sich die zwei jungen Todesser zurück gezogen hatten, war das Lachen so laut zu hören, als würden sie sich neben den stark angetrunkenen Zwerg befinden. Das schummerige Licht machte Floyds Augen müde und er griff zum Bierkrug, der vor ihm auf den alten und abgenutzten Holztisch stand. »Du weißt, dass ich dir niemals Einzelheiten erzählen werde, denn die Zukunft-«

»Kann sich jeder Zeit ändern, ja ich weiß. «Unterbrach Elliott und zog eine billige Zigarettenmarke aus seiner Jackentasche. Als er den Stängel Nikotin zwischen seinen Fingern drehte, schlich sich ein breites Grinsen über die Lippen des Jüngeren. »Komm schon Floyd. Was hast du gesehen? «
 

Der Malfoy-Erbe betrachtete eingehend den Bierkrug vor sich, eher er ihn wieder abstellte. »Was willst du denn wissen, Corwin? « Elliott hasste seinen Zweitnamen, zudem war es ihm immer noch schleierhaft, wie Floyd je an diese Information gekommen war, da er der Einzige war, der ihn so nannte. Zu seinem Glück nur, wenn sie unter sich waren. Er ließ sich auf das Spielchen ein. »Ich bin 17 geworden und du hast mir nichts geschenkt, falls ich mich recht entsinne. Also spuck aus was ich wissen will, denn das weißt du. «

»Das du scharf auf Claire bist, ja. «

»Und?«

»Du willst mehr, als das sie nur die Beine für dich breit macht. « Die beiden Freunde sahen einander an. Floyd hatte es nicht gerne, wenn jemand auf seine Schwester stand und seine Absichten nur allzu deutlich vertrat. Doch bei Elliott war es anders. Im Moment stand ihm nach Rache, für die Demütigung, die sie ihm zugefügt hatte. Noch konnte sein bester Freund nicht wissen, dass sein Verlangen nach Rache etwas ganz anderes bedeutete.
 

»Hast du schon mal daran gedacht, dass du sie nicht aus verletzter Eitelkeit haben willst? « Floyd beugte sich vor und Elliott blies unruhig den Rauch aus und sah ihn möglichst kühl an. »Sprich dich aus. «

»Du kriegst, was du willst. Alles. Und wenn ich meine alles, dass weißt du genau von was ich rede. Nicht von Rache, nicht von Genugtuung und demütigenden Sex. « Floyd zwinkerte über den Rand seines Bierkruges hinweg und trank einen großzügigen Schluck, während Elliott starr auf den Tisch sah. Ein leichter roter Schatten legte sich auf seine Wangen. Zu Recht sollte es ihn beschämen, denn für einen Todesser schickte es sich nicht von solch einer Schwäche zustreben. »Was wird mich dieses Alles kosten? «

Dies war eine Eigenschaft, die Floyd an seinem besten Freund mochte, er lauschte misstrauisch und achtsam Ausführungen und fand deren Schwachpunkt. Floyd nahm ihm die Zigarette aus der Hand und zog daran, bevor er antwortete. »Manchmal ist es besser, nicht alles zu wissen. «
 

»Also werde ich sterben, wenn ich alles habe. « Elliott klang nüchtern und nicht die Spur ängstlich. »Hört sich doch gut an. Besser als wie ein Vollidiot und Versager in einer dunklen Ecke zu krepieren. «

»Zu viel Ironie geraucht, Parkinson? «

»Zu viel Todessehnsucht getrunken, Malfoy? «

Sie sahen einander an, graue Augen blickten in dunkelgrüne und dann mussten sie lachen, erst leise, dann laut. Die Momente, in denen sie beisammen saßen und sich benahmen, wie normale Jugendliche würden selten werden. Floyd ahnte es nicht, sondern er wusste es.
 

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Überall war Feuer. Rauch brannte in seiner Lunge und Floyd sah sich um. Seine Umgebung war verschwommen, es schien als würde sie in einem roten Nebel liegen und er begriff, dass er erneut träumte. An seinen Händen klebte Blut, sein schwarzer Umhang war eingerissen und zu seinen Füßen lag der tote Körper eines jungen Asiaten. Es dauerte, bis der Malfoy-Erbe den Ort erkannte. Er befand sich immer noch im Schloss des dunklen Lords, jedoch schien es angegriffen geworden zu sein. Unvorsichtig ging er ein paar Schritte zurück. Zu verwirrend war der Traum. Sein Blickfeld zuckte und wackelte, schließlich erkannte er einen jungen schwarzhaarigen Mann. Floyd verzog das Gesicht, als dieser den Zauberstab hob, Ekel machte sich in seinem Gesicht breit.

»James Potter«, murmelte er zusammenhanglos und spürte, wie der Boden unter seinen Füßen nachgab. Die Brücke, die im Ankunftssaal zwei Etagen miteinander verband brach ein und er befand sich mitten darauf.
 

Floyd konnte die Stimme des Potters nicht hören, aber an den Lippen erkannte er, dass dieser den Todesfluch sprach. Er sah nach oben, wo eine weitere Brücke das sechste Stockwerk verband und sein Körper erstarrte, als er einen hellblonden Jungen erkannte, der auf dem kunstvollen Steingelände stand. Der schwarze Umhang eines Todessers wehte um seinen Körper und gab ein Bild preis, dass Floyd nicht hätte bekannter sein können. Nach über sechs Monaten, wo er in dem Glauben gelebt hatte, sein Bruder sei tot, sah er ihn in einer Version der Zukunft wieder.

Scorpius lebte.
 

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Alice lehnte die Stirn gegen das Bett und atmete tief durch. Es dauerte bis sie begriff was sie gesehen hatte. Nämlich den wahren Floyd Elope Malfoy. Ein Mann, der bereit war, für das Wohl seines Bruders dessen Platz einzunehmen und den Tod zu wählen.
 


 

Sag mir wie schwer ist leicht und wenn die Zeit reicht dann wie lang? Und wo kommen wir an?
 


 

Mit einem merkwürdigen Gefühl betrachtete Claire ihren Ehemann, wie er sich zum Aufbruch bereit machte. Sie mochte die dunkle Kluft des Todessers nicht an ihm, sie machte aus ihm einen Schlächter und obwohl sie wusste, dass er einer war, verdrängte sie diesen Gedanken. „Du solltest dich zur Evakuierung begeben, Mirabelle.“

Seine Stimme riss sie aus ihren Gedankengang und sie warf provozierend das lange Haar nach hinten. Gelassen schlug sie auf dem Esszimmertisch die langen Beine übereinander und ließ sich zu einem müden Lächeln herab. „Bitte, ich kann auf mich selbst aufpassen. Außerdem, wie weit wird ein Eindringling im Schloss des dunklen Lords kommen?“

„Wenn er in der Lage ist einen Alarm auszulösen, weit.“

Claire verdrehte die Augen und Elliott wandte sich zu ihr um. Er zog gerade die schwarzen Lederhandschuhe an und legte den Kopf schief, als er sie betrachtete. „Willst du, dass ich dich bestrafe, weil du unartig warst, wenn ich zurück komme?“

„Nur weil ich nicht auf das höre, was du mir befiehlst?“
 

Mit einen amüsierten Grinsen trat er auf sie zu und spielte mit einer Haarsträhne, bevor er ganz in ihre lange Pracht griff. Bestimmt zog er sie zu sich und Claire spürte seinen warmen Atem an ihrem Ohr. „Zum letzten Mal Mirabelle, hör auf dich mir zu widersetzen.“ Eine Gänsehaut rieselte über ihren Körper. „Wenn du tust, was ich verlange, dann verspreche ich dir, dass wir durchaus besser miteinander auskommen.“

„Sprich, du wirst noch langweiliger im Bett?“ Es war eine Lüge, Elliott war vieles: leidenschaftlich, wild und hemmungslos, aber keines Wegs langweilig. Ein schmales Lächeln glitt über seine Lippen, doch er ging nicht näher auf ihre Provokation ein.

„Du wirst deinen Hintern in die Evakuierungsräume bewegen, kompromisslos.“ Seine andere Hand zog sie an der Hüfte näher zu sich und glitt dann an ihrem langen Bein entlang. „Und dort wirst du bleiben!“

Claire drückte ihn ein wenig von sich und sie sahen einander an. Seine Miene war ernst und nicht zum ersten Mal begriff sie, dass ihr Gatte ein schönes und gleichmäßiges Gesicht hatte, an dem sie mehr und mehr Gefallen gefunden hatte.
 

Sie wollte etwas sagen, doch kein Wort glitt über ihre Lippen, weshalb sie ihn schlicht küsste. Sanft und liebevoll. Claire wusste, dass Elliott es lieber heftig und fest hatte, als kleine zarte Liebkosungen. Doch dieses eine Mal ließ er sich darauf ein. Der Griff in ihrem Haar wurde lockerer und er schloss die Augen. Es war ein Zeichen, dass er für einen zeitlosen Augenblick die Kontrolle aus der Hand legte. Dies waren Momente in denen Claire glaubte, Liebe zu schmecken, doch bevor sie sich an den Gedanken gewöhnen konnte, löste er ein jedes Mal den Kuss.
 

So wie auch jetzt.
 

„Wenn ich wieder komme, dann wirst du mich unterhalten und zwar zwei ganze Tage durch.“ Ein dreckiges Grinsen schmückte sein Gesicht und sie rutschte vom Tisch. „Wenn du wieder kommst, werden wir uns mit etwas ganz anderem auseinandersetzen. Und glaub mir, die Sache lässt sich nicht mit Sex regeln.“

„In unserem Fall schon.“ Elliott griff zu seinem Zauberstab und schritt Richtung Kamin. Von selbst färbte sich das Feuer blau und Claire hoffte unwillkürlich, dass er sich noch einmal umdrehte, aber das tat er nicht. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verschwand er und die junge Frau schluckte hart. Wie von selbst verschränkte sie die Arme vor der Brust und versuchte ruhig zu bleiben. Es gab Eindringlinge im Schloss, doch die würde man sicherlich schnell unter Kontrolle haben, ohne dass jemand dabei zu Schaden kam. Zumindest hoffte sie es, denn den Gedanken, dass Elliott eventuell etwas passieren könnte und er nicht zurück kam, schmerzte in ihrer Brust.
 

„Wir haben etwas zu klären“, sprach Claire zu sich selbst und schloss die Augen. Es war, als würde sie für das bevorstehende Gespräch üben. „Ungeplanter Nachwuchs kündigt sich an, verehrter Gatte und das kann man ganz sicher nicht durch Sex lösen.“ Sie musste bei ihren eigenen Worten lächeln. Claire wendete sich vom Kamin ab und wollte sich in die sicheren Räume begeben, als eine gewaltige Explosion den Boden unter ihren Füßen erbeben ließ und mehrere Bilder von den Wänden fielen. Die Eindringlinge waren ernster zu nehmen, als sie angenommen hatte.
 

Fortsetzung folgt…

Ohne Reue in den Tod.

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Grauer Rauch schlich über den kalten Steinboden und verbreitete den Geruch von Tod und Verderben. Schwarze Kerzen spendeten spärlich Licht, doch es war dem dunklen Lord egal. Ruhig und gleichgültig saß er in einem dick gepolsterten, mächtigen Sessel. Seine Erscheinung hatte etwas Majestätisches und gleichzeitig etwas Bedrohliches. Seine roten Augen blickten starr auf den kalten Steinboden. Über zwei Jahrzehnte hatte sich seine Gestalt kaum verändert. Noch immer kennzeichneten ihn sein schlangenförmiges Gesicht und eine Haut mit dem Farbton von traurigem Beton. Seine schmalen weißen Lippen formten sich zu einem Lächeln und als er einen Schatten hinter sich vernahm, sprach er leise und lauernd: „Bella, meine Beste.“

Eine Frau, so blass wie der lebendige Tod mit Haaren einer Todesfee trat näher. Ihre schwarzen Augen waren blutunterlaufen und ihre Statur ähnelte einem lebendigen Skelett.

„Mein Lord“, murmelte sie untergeben und kniete sich neben ihm nieder. „Potters Leute greifen das Schloss an.“

„Die Erben Hogwarts?“

„Wir konnten sie bislang nicht ausmachen, mein Lord… es sind zu viele.“
 

Der dunkle Lord verstand und zog seinen Zauberstab aus dem Ärmel. „Es wird Zeit, in ihre Pläne zu pfuschen.“

„Lasst mich euch helfen“, sprach Bellatrix untergeben, doch der Herr über Leben und Tod der neuen Welt wehrte knapp ab. „Nein. Ich werde mich selbst kümmern. Geh und halte diese Schlammblüter auf.“

Widerwillig erhob sich Bellatrix und verließ den dunklen Raum. Kaum war ihre jämmerliche Gestalt verschwunden, als der dunkle Lord aufstand und in die Mitte des Raumes schritt. Seine Miene war ausdruckslos. „Potter schon wieder…“, murmelte er und blieb stehen. „Glaubt, er könnte mir etwas anhaben.“ Ein boshaftes Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. Seine knochigen Finger umfassten seinen Zauberstab und er schloss die leuchtenden Augen. Lautlos bewegte er seine Lippen. Ein schwarzes Pentagramm zeichnet sich am Boden ab. Seine Hände streckten sich aus, die Erde unter seinen Füßen bebte. Schwarzer, dunkelroter Rauch mischte sich mit Grauen. Der Geruch von Feuer und verbrannten Fleisch stieg Voldemord in die Nase und als er die Augen öffnete, spiegelte seine Miene Zufriedenheit wieder.
 

„Willkommen Superbia und Luxuria, ich habe euren Herrn Diabolus erwartet.“

Die Frau, mit den langen dunkelblonden Haaren und den verdeckten Augen durch eine silberne Maske ließ sich zu einer knappen Verbeugung herab. Superbia, die Todsünde des Hochmuts trug einen großen Pullover mit grobem Strickmuster. „Der Herr der Unterwelt ist beschäftigt, er streitet mit Morgane und Merlin.“

„Sie werden sich mit uns zufrieden geben.“ Die Luxuria schenkte ihm ein herablassendes Lächeln. Wollust spielte mit einer blonden Haarlocke und erinnerte ihn an die Malfoy-Tochter. Ein verführerisches schwarzes Kleid mit großzügigem Herzausschnitt zog sich um ihren Körper und brachte schlanke lange Beine zur Geltung, sie war die Verführung in teuflischer Gestalt. „Weshalb wünschen Sie unsere Dienste?“
 

Voldemord ließ die Hände sinken. „Ich gedenke einen Pakt mit Ihnen zu schließen. Einen Pakt, der ihnen meine Magie verspricht“ Er konnte sehen, wie Superbia und Luxuria sich einen knappen Blick zuwarfen, ihnen schien das Angebot zu gefallen. Superbia legte den Kopf schief und rieb sich mit ihren verbrannten Händen das Kinn. Es war eine Form von Strafe, als sie als Todsünde nach etwas gierte, das ihrem Stand nicht entsprach „Und welchen Gefallen versprechen Sie sich davon?“

„Falls ich heute Nacht falle, wovon ich nicht ausgehe, dann wünsche ich, dass meine Peiniger heimgesucht werden und auf köstliche Art und Weise in den Tod getrieben werden.“

Luxuria lächelte falsch. „Wie viele?“

„Je nachdem.“

„Wenn Sie von Potter sprechen, dann müssen wir das Geschäft verweigern“, informierte Superbia ruhig. „Harry Potter ist unantastbar. Albus Dumbledore hat dafür gesorgt, dass keiner unter Diabolus Herrschaft einen Pakt über ihn schließen darf.“ Er legte den Kopf schief. „Bei seinem Sohn sieht das Ganze ein wenig anders aus.“
 

Der dunkle Lord dachte nach und als er in die schwarzen Augen der Wollust blickte, sprach er: „Die Gefährten an Potters Seite, die versuchen werden mich aufzuhalten. Sie sollen eure Gejagten sein. Man nennt sie die Erben Hogwarts.“

Als Zeichen der Zufriedenheit streckte Luxuria die flache Hand aus und ein goldener Becher erschien. Natürlich verstand Voldemort, mit welchen Mittel sie den Pakt besiegeln wollten und stach sich die Spitze seines Zauberstabs in die Hand. Dickes Blut floss seine Hand herunter und als er sie ausstreckte, füllte sich der Becher. Dann trat er wieder zurück und die beiden Gesandten des Diabolus bissen sich in den Daumen, um ihr eigenes Blut in den Becher tropfen zu lassen. Der Pakt war geschlossen. Luxuria sah ihn lieblich an. „Im Falle eines Todes werden wir unser Wort halten. Jedoch ist es uns überlassen, wann wir den Pakt ausführen.“

„Nur zu.“
 

„Wenn der letzte Todesser, der ewige Treueschwur, fällt, beginnt die Jagt.“
 

Superbia die Hand streckte die vor sich aus und das Pentrament verschwand. Mit ihm seine Boten. Der dunkle Lord sah auf den verbrannten Boden und ballte die verletzte Hand zur Faust. Seine roten Augen funkelten vor Vorfreude. Er würde nicht sterben und wenn würde er seine Rache bekommen. Eine Rache die nicht grausamer hätte sein können. Ganz nach seinem Geschmack. Zufrieden mit sich selbst und voller Zuversicht schritt er aus dem Zimmer.
 


 

Ich kann das alles tun. Öffne jede Tür. Setze Undenkbares in die Tat um. Du wirst sehen, ich kann dies alles und mehr tun!
 


 

Es war Chaos ausgebrochen. Im ganzen Schloss rannten Kinder, Frauen, junge Mädchen und Todesser durcheinander. Irgendwo war ein Teil der gigantischen Mauer weggesprengt worden. Claire rannte durch die halb zerfallenen Gänge und wäre an einer Abbiegung beinahe mit jemandem zusammen gestoßen. „Longbottom!“ Sofort hob die Malfoy ihren Zauberstab, doch das junge Mädchen rappelte sich sofort wieder auf. „Bitte, lass mich gehen, Malfoy.“

Claire half ihr auf und erkannte sofort einen gehetzten Blick. „Wo willst du hin?“

„Ich muss meinen Freunden helfen“, sprach sie gerade heraus und Claire runzelte irritiert die Stirn. „Wie bist du aus Floyds Räumen gekommen?“

„Er hat die Tür aufgelassen. Verdammt Malfoy, wie komme ich zur Schlacht?“

Alice war in Eile und mit jeder weiteren Minute verstärkte sich das Gefühl, dass sie im rechten Moment nicht da sein könnte. Sie sah, dass die junge Malfoy mit sich kämpfte und mit einem Mal begriff Alice, dass die junge Malfoy alles andere als die typische Frau eines Todessers war. Sie stand zwischen den Fronten genauso wie einst Scorpius.
 

Gerade als Claire etwas sagen wollte, hörte sie fremde Stimmen und bevor sie überhaupt reagieren konnte, stolperte Alice vor sie und drückte sie gegen die Wand. Mit pochenden Herzen ließ sie die Stimmen näher kommen. Denn die junge Longbottom konnte sie einordnen und hoffte nun, dass sie richtig lag. Kaum einen Augenaufschlag später, erblickte sie die zwei mit Ruß verschmierten Gesichter ihrer beiden besten Freunde. Freds blaue Augen weiteten sich vor Verblüffung und Albus Haltung spannte sich an. Sein dunkelgrüner Umhang rauchte und eine Schnittwunde zog sich an seiner rechten Wange entlang.
 

Einen hauchfeinen Augenblick war Alice, als würde sie Zeit stehen bleiben. Diesen einzigen Moment erfassten ihre Augen nur diesen einen Jungen, wegen dem sie das Gefühl eines zersplitterten Herzens verspürt hatte. Dennoch spürte sie bei seinem Anblick Glück und Wärme. Albus wollte auf sie zu gehen, er streckte bereits seine Hand aus, als er Claire erblickte. Sofort zückte er seinen Zauberstab, doch Alice blieb vor der jungen Frau stehen. „Nicht, dass ist Scorpius Schwester.“

„Claire?“, entwich es Fred verwirrt und die Malfoy erstarrte. „Scorpius? Ihr kennt Scorpius?“

Der Weasley grinste breit. „Klar, er ist gerade dabei die westliche Seite zu sichern und versucht den Westturm zu erreichen.“

Alice sah die Bestürzung in dem Blick der Malfoy und ergriff deren Hand. „Scorpius hat die Seiten gewechselt und-!“

„Die gesamte Fassung gibt es, wenn wir dieses Blutbad hier überlebt haben!“, unterbrach Albus zynisch und zu Unterstreichung seiner Worte, bebte der Boden. Von irgendwo ertönte ein grässlicher Schrei und eine Gänsehaut jagte über Alice Rücken.
 

Albus war der Erste, der sich wieder regte. „Fred, bring Scorpius Schwester hier raus. Alice, komm mit, du musst zum Südturm.“ Ohne abzuwarten ergriff der Potter ihre Hand und zog sie eilend mit sich. Fred nickte der jungen Malfoy knapp zu und begleitete sie in eine andere Richtung. Ohne auch nur einmal stehen zu bleiben eilten Albus und Alice durch die langen Flure des Schlosses. Einzig allein die groben Fackeln an den Steinwänden spendeten ihnen Licht und warfen die langen Schatten ihrer Gestalten an die Wand. Nach einer gefühlten Ewigkeit blieb Albus stehen und Alice rannte gegen ihn. Sofort stieg ihr der Geruch von Rauch in die Nase.

„Was ist?“

Albus drehte sich um und zog einen Zauberstab aus seiner Manteltasche, den er ihr reichte. Seine Miene war ernst. „Du musst nach Süden. Auf den Turm, wir bilden ein Quadrat, sodass kein Teil der Seele des dunklen Lords entkommen kann, wenn mein Vater ihm gegenüber steht. Bring die Fackeln zu brennen und sprüh rote Funken.“

„Rote Funken?“

„Sie werden nicht rot sein“, klärte Albus sofort auf. „Sondern eher die Farbe der Häuser symbolisieren.“
 

Vollkommen verwirrt sah sie ihn an, doch der Potterspross schien keine Zeit für ausführliche Erklärungen zu haben.

„Es wird wie ein Käfig sein?“

„Ja.“

Alice sah in sein angespanntes Gesicht, seine Hand ließ die ihre los und ein merkwürdiger Kloß machte sich in ihrem Hals breit. Sie wollte etwas sagen, doch über ihre Lippen drang kein Laut. Schließlich beugte Albus sich vor und ihr Körper spannte sich an. Sofort schloss sie die Augen, als sie seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht spürte. Seit wann hatte sie Angst, wenn ihr bester Freund ihr so nahe war?

Reagierte sie einzig allein wegen einem Missverständnis und einem verletzten Herzen so seltsam untypisch für sich selbst? Doch statt sie zu küssen, wie sie es erwartet hatte, hörte sie ihn flüstern: „Es tut mir leid, Alice.“ Seine Worte waren durchtränkt von Ehrlichkeit und Traurigkeit. Als sie die Augen öffnete sah sie in sein Gesicht und bemerkte das bittere Lächeln um seinen Mund. „Pass auf dich auf.“ Mit diesen letzten Worten drehte Albus sich um und rannte in die entgegengesetzte Richtung. Alice sah ihm nach, bis seine Gestalt wie ein Schatten verschwand.
 

Aber, wenn ich immer weitergehe, wird es nie unmöglich sein, nicht heute. Weil ich etwas habe, woran ich glaube, solange ich atme gibt es keine Grenze worüber ich nicht träumen kann.
 


 

„Stupor!“
 

Floyd ließ den Zauberstab sinken und sah sich ruckartig um. Mehrere gigantische Säulen der großen Versammlungshalle waren umgestürzt und er stieg über schlaffe Körper, als er sich einem Weg durch die einsturzgefährdete Halle bahnte.

„Sectumsempra!“ Sofort ruckte der Kopf des Malfoy-Erben nach rechts und mit erschreckender Miene sah er, wie sein bester Freund schmerzvoll aufschrie und sich eine große Wunde quer über seine Brust zog. Getroffen sackte er in sich zusammen und sein Zauberstab fiel ihm aus der Hand. Floyd sah, dass eine schmale Gestalt vor Elliott seinen Zauberstab hob und wie von selbst brüllte der junge Malfoy: „Protego!“ Ein Schild legte sich zwischen Elliot und den Zauber. Erschrocken fuhr die schmale Gestalt herum und Floyd sah in das Gesicht eines jungen Asiaten. Es kam ihm auf erschreckender Weise sehr bekannt vor und als der Feind zur Flucht ansetzte, begriff er, dass er diesen Jungen schon einmal gesehen hatte.
 

Vor zwei Jahren hatte er mit Elliott das Versteck einer asiatischen Familie namens Chang ausgemacht. Es war ein Spaß gewesen, die jüngsten Kinder dem Alter nach an den Rande des Wahnsinns zu foltern, doch als den beiden Todessern klar geworden war, dass sie nur die Hälfte der Sippschaft erwischt hatten, war die Verstimmung groß gewesen. Jetzt hatte er die Chance, den Auftrag zu Ende zu führen. Sorgenvoll rannte er zu seinem besten Freund und setzte diesen aufrecht hin. Elliott stöhnte vor Schmerzen und kurz erstarrte alles in Floyd, als er die tiefe Wunde sah. Sein Kopf war wie leer gefegt und erst als Elliott „Contresmes“ flüsterte, wusste er, dass sein Freund in allen Lebenslagen seinen Verstand unter Kontrolle hatte. Floyd schellte sich für diese Schwäche und sprach den Zauber. Sofort war die Blutung gestoppt, doch die Wunde weiterhin offen für Entzündungen. Der hauchfeine Augenblick, wo er die Zukunft nicht mehr vor Augen gehabt hatte, hatte sich das schreckliche Gefühl in Floyds Brust breit gemacht, zu sehen, wie sein bester Freund vor ihm starb. Elliott würde sterben, aber dies war nicht seine Zeit.

Noch nicht.
 

„Bleib hier und halte dir möglichst viele Blutsverräter vom Hals. Ich muss mich um einen Schandfleck kümmern.“

Elliott nickte, kalter Schweiß lief über seine Stirn und er sah merkwürdig blass aus. Bevor Floyd sich wieder erheben konnte, griff der Jüngere in den Mantel des Älteren. Die grünen Augen sahen ihn sorgevoll an. „Pass auf, da draußen ist es gefährlicher als hier.“

„Ich weiß“, antwortete Floyd knapp und ein undefinierbares Lächeln huschte über seine schmalen Lippen. Den Bruchteil einer Sekunde kreuzten sich ihre Blicke und es reichte aus, um Elliott begreiflich zu machen, was das Lächeln bedeutete. Er hatte es bislang nur einmal gesehen und zwar in dem Augenblick, indem er nach seiner eigenen Zukunft gefragt hatte.

„Nein.“ Er keuchte erschrocken und wollte seinen besten Freund zurückhalten. Hastig griff er nach dem Mantel, doch Floyd war schneller. Die Hand des Jüngeren griff ins Leere. „Floyd, nein. Bleib hier!“ Unbeirrt wendete der Malfoy ihm den Rücken zu und Elliott versuchte sich aufzurichten. „Floyd, bleib hier, Mann! Du wirst da draußen sterben!“
 

Die Worte erreichten ihn nicht mehr.
 

Schnell rannte Floyd dem Asiaten hinterher. Er wusste, wo sein Weg enden würde. Rauch schlug ihm entgegen. Überall war Feuer. Grauer Nebel brannte in seiner Lunge und Floyd sah sich um. Er befand sich in der Ankunftshalle, eine große kunstvolle Brücke erstreckte sich unter seinen Füßen und einst war dieser Übergang benutzt wurden um den Versammlungsraum mit den privaten Räumen der Gefolgsleute zu verbinden. Es war, wie er es voraus gesehen hatte.

„Avada Kedavra!“, brüllte Floyd mit gezücktem Zauberstab, doch der Asiate wich aus und ein Stück des Geländes flog in die Luft. Durch die Wuchte des Zaubers stolperte Shun Chang und sein Zauberstab wurde aus seiner Hand gerissen. Fahrig und unsicher sah sich der Asiate um, er hatte sich nicht an Albus Plan gehalten, zu groß war das Gefühl nach Rache in seiner Brust gewesen. Erbe Hogwarts hin oder her, es gab in seinen Augen Wichtigeres. Mutig sah er dem Todesser ins Gesicht und erkannte jene Visage die er seit Monaten verfluchte und gelernt hatte zu hassen.
 

Wie in Trance reagierte Floyd und innerhalb von Sekunden wurde der Körper des Jungen zerrissen. Das warme Blut bespritze ihn und er sah in das tote Gesicht des Asiaten. Floyd holte tief Luft, jeden Moment würde es passieren. Sein Blick glitt auf seine blutverschmierten Hände, es war wie immer und es scherte ihn nicht mehr. Blut hatte bereits seine Seele befleckt und es würde ihn bis in den Tod begleiten. Innerlich so ruhig wie schon lange nicht mehr, erhob sich der Todesser und sah nach rechts. Wie er es erwartet hatte hielt James Sirius Potter inne. Nur zu gut erkannte er das Gesicht des Potter-Erben. Gleichgültig betrachtete Floyd die fassungslose Miene und umklammerte seinen Zauberstab fester. Verwirrt sah er auf seine eigene Hand und begriff, dass sich ein Teil der Zukunft verändert hatte, denn in seiner Vorhersage war er unbewaffnet gewesen. Wütend zückte James seinen Zauberstab und sah ihn wutentbrannt an. „Du bist ein Monster, Malfoy.“

Floyd zwang sich zu einem hinterhältigen Lächeln. Arrogant betrachtete er sein Gegenüber und der Lärm des allgemeinen Kampfes rückte in den Hintergrund. „Ein Monster dessen Namen jeder kennt.“
 

Die grünen Augen des Potters verdunkelten sich. „Dann bete um deine Seele, wenn ich dich in den Tod schicke.“ Kurz streifte sein Blick den Zauberstab in Floyds Händen, der Malfoy bemerkt dies und lächelte zynisch. „Wer sagt, dass ich eine Seele habe und dich nicht gleich mitnehme, Potter.“ Den Namen sprach er so verächtlich aus, dass dem Sohn des Helden klar sein musste, wie viel Abscheu er empfand. Gelassen sah Floyd sich um, mit jedem weiteren Herzschlag wurde ihm bewusster, dass Scorpius nicht mehr weit fern sein konnte. Seine Handflächen waren feucht und er zwang sich zur inneren Ruhe. Es war seltsam, einst hatte er immer Angst vor dem Tod gehabt, doch jetzt, wo er wusste, dass es gleich passieren würde, war er merkwürdig erleichtert. Der Knoten in seiner Brust schien geplatzt zu sein und das Atem fiel ihm so leicht, wie seit Kindertagen nicht mehr.

„Wartest du auf ein Wunder, das dich rettet? Lass dir gesagt sein, Wunder erbarmen sich nicht für Schlächter.“

Floyd verzog die Lippen zu einem schmalen Strich. Seine grauen Augen suchten die Halle ab und den Übergang über ihm.
 

Einen Vierteltakt setzte das Herz des kalten Todessers aus, als er die Gestalt seines jüngeren Bruders 13 Meter über ihm erkannte. Das blonde Haar stand in alle Richtungen ab, ein Teil seiner dunklen Kleidung war eingerissen und über seine rechte Gesichtshälfte zog sich Ruß. Heftig nach Luft ringend, sah er sich um und endlich fiel sein Blick nach unten. Graue Augen sahen in hellbraune. Zaghaft musste Floyd lächeln und der Ausdruck auf seinem Gesicht spiegelte Zufriedenheit und Glück wieder. Ihm wurde bewusst, wie ähnlich sie sich äußerlich waren. In ein paar Jahren würde das Gesicht des Jüngeren ähnliche Züge aufweisen, wie seine, doch Scorpius würde einen anderen Weg einschlagen, denn sein Herz schlug in einem vollkommen anderen Takt. Floyd hatte nie begriffen warum, um es an seinem Eingreifen lag oder ob Scorpius ein anderes Wesen besaß. Tatsache war, dass sein Ziel nach fünfzehn unendlichen Jahren erreicht war. Das Schicksal seines Bruders war nun ein anderes und alleine dafür hatte er gekämpft. Nicht immer geradlinig, dass konnte er nicht leugnen, aber immer wenn er von seinem Weg abgekommen war, hatte er sich bewusst vor Augen geführt, wofür er die ganzen Jahre gekämpft hatte.
 

Wärme kroch in Floyds Herz hoch und er schloss die Augen um die verwirrte Erscheinung seines Bruders zu vertreiben. Als er sie das nächste Mal aufschlug, sah er in das Gesicht James Potters. „Komm schon, lass es mich kurz machen!“ Der einzige Satz reichte, um dem Rebell Angst um sein Leben zu machen. Während James seinen Zauberstab zückte und den Avada Kedavra sprach, ließ Floyd im selben Moment seinen Zauberstab fallen.
 

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Eine grüne Wiese… blauer Himmel… vergnügtes Kinderlachen. Die Sonne blendete und er musste blinzeln, einmal dann zweimal. Ein blonder kleiner Junge mit blasser Haut tollte über die Wiese und hielt begeistert inne um einen Schmetterling zu beobachten. Das reine Geschöpf suchte den Weg in die Höhe und die dunkelgrünen Augen des Kindes folgten ihm mit Faszination.
 

»Floyd, Corwin, ich habe gesagt, ihr sollt warten. « Der kleine Junge drehte sich um und ein zweites Kind das dem ersten aufs Haar glich, stieß zu ihm. »O Mama, dann beeil dich. « Beschwerte sich der zweite Junge und beide sahen hinauf zu einem Hügel. Warmer Wind kaum auf und das blonde Haar der Mutter strich ihr gelöst ins Gesicht. Heiter eilte sie auf die Zwillinge zu und strich ihnen über den Kopf. Es war ein Bild der friedlichen Alltäglichkeit.
 

Eine Zukunft, die sich Floyd für seine Schwester immer gewünscht hatte.
 

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Sein Leben war zu Ende.

Er hörte seinen Namen mit einer vertrauten Stimme und seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.

Es war vorbei.

Grünes Licht erreichte ihn und das Leben fuhr aus seinem Körper.
 

Glauben, solange ich atme da gibt es keine Grenze, worüber ich nicht träumen kann. Es gibt nichts, das diesen Berg verschiebt oder meine Richtung ändert. Ich falle vom Himmel herunter und ich bin ganz allein.
 


 

Heftig nach Atem ringend schleppte sich Astoria Greengrass vom Schlachtfeld. Eine brutale Wunde zog sich ihrem Oberschenkel entlang und ließ sich nicht heilen. Unter Schmerzen humpelte sie in einen verlassenen Raum. Der Krach der Schlacht hatte nachgelassen und sie hoffte, dass sie keinem duellierfreudigen Todesser begegnete. Erschöpft ließ sie sich an einer Wand nieder und wollte sich um ihre Wunde kümmern. Ein simpler Heilungszauber schlug nicht an. Kalter Schweiß lief über ihren Rücken. Dieser verfluchte Todesser, ein Glück das Kingsley zur Stelle gewesen war, sonst würde sie jetzt blutend wie ein Hippogreifen am Boden liegen. Astoria stöhnte leise und riss den Stofffetzen an der Seite weiter ein und besah sich die tiefe Wunde. Ihr Kopf war leer. „Contresmes.“ Nichts tat sich, die Wunde blieb offen. Irgendwo knallte es und die Flammen der kleinen Kerzen, die den Raum erhellten, zitterten. Die Anführerin musste schmal lächeln, als sie an Grap dachte, der neben seinem Bruder eine gewaltige Schlagkraft besaß. Dank Albus Potter hatten sich so viele magische Wesen angeschlossen, wie Astoria es seit der Schlacht um Hogwarts nicht mehr gesehen hatte. Der Junge besaß das Talent die seltsamsten Wesen für sich einzunehmen. Ein Talent, dass Scorpius nicht besaß.
 

Ihr Junge besaß dafür das Können, dass er sein Wort hielt, egal um welches Versprechen es sich handelte. Sie war stolz auf ihn, stolz darauf, dass sie solch einen tollen Jungen ihren eigenen nennen durfte. Die Greengrass legte den Kopf zurück und atmete tief durch. Die Tatsache, dass ihr Sohn dort draußen kämpfte, bereitete ihr sorge. Ihre Sicht schwand doch sie wollte sich zusammen reißen um die Wunde am Bein zu behandeln, als eine Nebentür aufglitt und sie leise Schritte vernahm.

„Ginny?“, hauchte sie kaum hörbar. Sie hörte ein hysterisches Lachen. Ihr gefror das Blut in den Adern und leise murmelte sie: „Cave inimicum.“ Es war das stärkste Schutzschild, dass sie beherrschte, doch wegen der Verletzung, war der Zauber nicht so wirkungsvoll, wie sie es erwartet hatte. Ohne Schwierigkeiten durchbrach die dunkle Erscheinung ihren Schutz und sie hob den Kopf. Zu ihrer Verblüffung sah sie in das Gesicht einer schönen blonden Frau. Kalte blaue Augen sahen sie herablassend an und sie rümpfte die Nase, als sie das jämmerliche Bild der Brünetten sah.
 

„Astoria Greengrass“, sprach die Todesserin trocken und entwaffnete ihren verletzten Gegner. „Incarcerus!“ Brutal wurden Astorias Hände nach hinten gerissen und unsichtbare Seile schlangen sich um ihren Körper. Sie musste blinzeln um zu erkennen, dass sich die kühle Frau zu ihr herunter beugte. Ihre Augen schienen wie tot und ihre dünne Stimme rauschte in ihren Ohren. Eloise Malfoy schien höchst zufrieden. Jahrelang hatte sie auf diese Begegnung gewartet und endlich stand sie der Frau gegenüber, die das besaß, was ihr zustand. Die Aufmerksamkeit ihres Ehemannes.

„Ist das nicht ein Zufall, dass wir uns ausgerechnet hier treffen?“

„Wer sind Sie?“, sprach Astoria ahnungslos und bemerkte, dass ihr Körper taub wurde. Der Blutverlust wegen ihres offenen Beins trieb sie ins Verderben. Ihr war gleichzeitig heiß und kalt.
 

Die kalten Finger der fremden Frau strichen über ihre Wange und noch bevor Astoria begriff, schrie sie auf. Die Fingernägel gruben sich in ihr Fleisch, schmerzhaft und qualvoll.

„Ich werde dir dein hübsches Gesicht als erstes zerstören“, sprach die sadistische Hexe. „Dann arbeite ich mich vor: dein langes Haar, dein Körper, bis nichts mehr von dir übrig ist, was Verführung verspricht.“ Die Fingernägel verließen ihr Gesicht und Astoria wollte Luft holen, doch Sekunden darauf hatte sie das Gefühl in der Luft zerrissen zu werden. Ein Schmerz, den sie das letzte Mal in der Folterkammer vor 18 Jahren gespürt hatte, jagte durch ihren Körper. Sie hasste die Unverzeihlichen und wendete sie aus purer Abneigung noch nicht einmal gegen ihren schlimmsten Feind an. Einen Unverzeihlichen am eigenen Leib zu spüren, machte sie fast ohnmächtig vor Schmerz. Irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit hörte der Schmerz auf und die Seile um ihren Körper lösten sich. Hustend und nach Luft röchelnd wagte sie es kaum sich zu bewegen. Die Augen geschlossen haltend, lauschte sie den kräftigen Schritten. Vor ihr blieb die fremde Person stehen und schien einen leblosen Körper wegzuzerren.
 

Erst als sich der Fremde zu ihr runter beugte und sie den Geruch wahrnahm, spannte sich ihr Körper wieder an. „Draco“, murmelte sie tonlos und spürte die rauen bekannten Hände, die sie vorsichtig aufrichteten und sich auf ihre Stirn legten. „Fieber“, sprach er wissend und sie öffnete schwerfällig die Augen. Sein Gesicht war ihrem so nahe, dass sie kurz die Luft anhielt. Der Todesser sah auf ihr Bein und hob seinen Zauberstab. Scharf zog sie die Luft ein und sah verschwommen, dass er die große Wunde säuberte, dann schloss sich ein weißer Verband um ihr verletztes Bein. Es wurde taub und dankend sah sie ihn an. „W-Wo ist…“

„Dort wo sie hingehört, in der Hölle“, beantwortete Draco ihre unausgesprochene Frage. „Sie wollte aus dir 'ne Urne Asche machen.“

Die Hitze, die sich in ihrem Körper ausbreitete, vernebelte ihre Sinne. Tastend griff sie in seinen Mantel und zog ihn so näher zu sich. „Wie lange?“ Astoria wusste, dass sie zusammenhanglos reagierte, doch ihr Gegenüber schien sie auch trotz Verwirrung zu verstehen. „Wie lange ich hier bin?“
 

„Nein. D-Du-!“

„Sei still, du brauchst deine Kraft um hier weg zu kommen“, brachte er sie zum Schweigen und sie hob die Hand um sich über die schweißüberzogene Stirn zu wischen, doch er kam ihr zuvor, als er sah, wie viel Anstrengung es sie kostete. „Der Fluch ist tödlich, du verlierst zu viel Blut, jemand Erfahrenes sollte sich darum kümmern. Ist Granger irgendwo hier, sie wird den Gegenfluch kennen.“ - „Wie lange?“, wiederholte Astoria brüchig und zog ihn erneut mit aller Kraft, die sie aufwenden konnte, näher zu sich. Sein Gesicht war verschwommen, doch auch ohne ihn direkt ansehen zu können, wusste sie genau, wie jeder Zentimeter seines Gesichts aussah. Er war älter geworden, die Schatten unter seinen schönen grauen Augen dunkler und seine Haut angespannter. Als er nicht antwortete, wurde ihr Griff noch fester. „Ich sagte, wie lange? W-Wie lange kooperierst du mit Harry?“ Ihre Knöchel wurden vor Anstrengung weiß. Kaum merklich zuckte sie zusammen, als er ihre Handgelenke umschloss. Sein Griff war locker und dennoch bestimmt. „Hör auf zu fragen, Astoria. Es ist unwichtig.“
 

In ihren Augen nicht. „Du redest dich raus.“ Ein schwaches Lächeln glitt über Dracos Gesicht. „Was habe ich für einen Grund mich rauszureden?“ Die Erde bebte, doch statt zusammen zu zucken oder alarmiert zu wirken, blieb er ruhig. Sie zuckte kaum merklich mit den Schultern und lehnte den schweren Kopf gegen die Wand hinter sich. „Weiß nicht, sag du es mir.“

Draco sah sie an und Astoria hielt schwerfällig seinem Blick stand. Zum ersten Mal, seit er bei ihr war, begriff sie, dass sie alleine waren und ihr niemand helfen würde. Noch wusste sie nicht, wie sie ihm gegenüber stehen sollte. Auf der einen Seite war ihr bewusst, dass er Harrys Spion gewesen war, auf der anderen Seite hatte er sich mit seinem Handeln so tief in ihr Gedächtnis gebrannt, dass sie ihn in all den Jahren niemals hatte vergessen können. „Du würdest meinen Worten keinen Glauben schenken. Sparen wir uns das.“

„Was ist mit Taten?“
 

Sie halluzinierte, dessen war er sich ganz sicher, doch gleichzeitig war Draco unsicher, ob sie nicht vielleicht auch das sprach, was sie unter klaren Verstand fragen würde. Ohne sich unter Kontrolle halten zu können, strich seine Hand sanft über ihre blasse Wange. Der Fluch schien ihr sämtliche Kraft zu rauben. Seine Stirn berührte ihre und er spürte ihren warmen Atem auf seinem Gesicht. „Was soll mit Taten sein?“

Seine Gegenfrage ignorierte sie, stattdessen reckte sie den Kopf und seine kühlen Lippen berührten ihre. Es war ein zaghafter Kuss, der sie 18 Jahre in die Vergangenheit katapultierte. Zärtlich zog sie die Konturen seiner rauen Lippen nach und schloss die Augen. Die Schlacht rückte einen zeitlosen Augenblick in den Hintergrund. Sie hasste ihn, doch auf der anderen Seite spaltete er ihre Gefühle. Immer wenn sie ihn in ihrer Nähe wusste, spielte ihr Herz verrückt.
 

Er war ein Todesser und Spion, hatte ihr Gewalt angetan und gleichzeitig mit Zärtlichkeit überschüttet. Draco Malfoy verhielt sich jenseits jeglicher Logik. Sie wusste nicht, was sie von ihm und ihren inneren Zwiespalt halten sollte. Als sich seine Lippen von ihren lösten, fühlte sie augenblicklich eine kalte Leere. Seine grauen Augen wandten sich von ihr ab, betreten sah er auf ihr Bein und flüsterte: „Taten sprechen nicht immer die Wahrheit, ebenso wie Worte können sie lügen.“

Astoria verstand nicht ganz, ihr Atem hing heftig und sie umfasste sein Gesicht mit beiden Händen, um es wieder in ihre Richtung zu drehen. „W-Was?“ In ihrem Kopf rauschte es, dann spürte sie, wie er sich versteifte.
 

„Zauberstab weg und Hände hoch.“

Die Stimme Percy Weasleys ließ sie aufschrecken und als Astoria über seine Schulter sah, erkannte sie Kingsley, Percy und Neville mit erhobenen Zauberstäben. Draco sah in ihr Gesicht, seine Miene ließ keinerlei Regung zu und mit einem Mal sah sie wieder den Todesser in ihm, den sie zu hassen gelernt hatte. Gleichgültig ließ er seinen Zauberstab sinken, der wieder im Besitz seiner Hand war und erhob sich.

Ihr gemeinsamer Augenblick war vorbei. Sie befanden sich wieder im Hier und Jetzt.

Im Krieg.

Der Boden bebte und die Schreie von Kameraden drangen an ihr Ohr. Erneut schwand ihre Sicht, bis schließlich ihre hellbraunen Augen zu glitten. Das letzte, was Astoria vernahm, war die Stimme Kingsleys. Dann umhüllte sie grausame Schwärze.
 


 

Selbst wenn die Welt versucht, mich herunterzuziehen, erzähl mir, dass ich noch versuchen kann, mich herumzudrehen, ich lasse sie nicht mein Feuer herausblasen, ohne Wenn und Aber!
 


 

Zutiefst erschöpft rannte Rose Weasley an der Seite von Fred und Louis durch die Festung des dunklen Lords. Die große Halle, wo der brutale Teil der Schlacht tobte hatten sie hinter sich gelassen. Stattdessen waren sie Albus Plan nachgekommen und streiften durch die privaten Gemächer der Todesser. Nachdem Fred die Schwester von Scorpius in Sicherheit gebracht hatte, hatte er sich seinen Familienmitgliedern wieder angeschlossen. Immer wieder waren sie auf verängstigte Kinder getroffen oder auf alte Leute die kaum noch imstande waren, sich zu wehren. Schließlich stolperten sie in ein großes geräumiges Wohnzimmer. Der Luxus ließ Rose den Atem stocken und ehrfürchtig sah sie sich um. „Also an Wohlstand hat es ihnen nicht gemangelt“, sprach Rose und betrachtete das Klavier. Louis sah sich wachsam um und fühlte sich sichtlich unwohl. Das Einzige was den Raum erhellte, waren mehrere schwarze Kerzen.

„Wonach sollen wir suchen?“, wagte es Fred zu fragen und Rose antwortete: „James will, dass wir die Dokumente über die Überfälle sichern, um so hinterher feststellen zu können, wer sich vor Gericht zu verantworten hat.“
 

Als sie sich umdrehte, sah sie gerade noch, wie die beiden Jungen in ein Bücherregal krachten und dort regungslos liegen blieben.

„Expelliarmus!“, brüllte Rose mit gezücktem Zauberstad und riss einer dunkelhaarigen jungen Frau den ihren aus der Hand. Erleichtert wollte sie diesen auffangen, als ein unerklärlicher Schmerz sie schreiend zusammen sinken ließ. Sie kannte die Wirkung des Crucio und hätte niemals gedacht, dass sie dieser Schmerz erneut so treffen würde. Die Zauberstäbe fielen ihr aus der Hand und sie krümmte sich am Boden. Ihre Umwelt verschwand und sie schlang die Arme um ihren Körper. Die Zeit schien stehen zu bleiben und der Schmerz ließ sie fühlen, was es heißt, wenn man dem Tod näher war, als dem Leben.

„Nun hör schon auf Richard. Ich dachte, du willst noch ein bisschen Spaß mit der Kleinen haben?“, vernahm sie nach einer Ewigkeit die Stimme der jungen Frau.
 

Schwerfällig öffnete sie ihre Augen und schrie erneut auf, als sie jemand grob an den Haaren hochzog. Ein Todesser, kaum älter als sie selbst, warf sie auf den großen Marmortisch. Seine Hand fand den Weg an ihre Kehle und drückte ihr gleichgültig die Luft ab, sofort strampelte sie. Rose vernahm kaum, wie die schwarzhaarige Frau zu ihren Cousins schritt.

„Ich habe mich genug mit dir amüsiert, Lilith.“

Mit einem Schlag begriff Rose, dass sie die Verlobte von Scorpius in unmittelbarer Nähe hatte. Ihre Augen suchten die Dunkelhaarige und ihr Körper verkrampfte sich, als sie die Schönheit der Frau bemerkte. Richard neigte den Kopf und betrachtete die Gefühlsregung seines Opfers, doch er deutete diese falsch. Ein zynisches Grinsen zierte seine Lippen. „Hast du Angst um deine beiden Freunde? Keine Sorge, Lilith wird ihnen ein neues Passbild verpassen und ein paar altertümliche Spuren hinterlassen.“

„Nein, bitte! Lasst sie leben!“, keuchte sie hilflos auf und ihr Peiniger sah sie herablassend an. „So wie deine Leute unsere Kameraden leben lassen. Nein.“
 

Er legte den Zauberstab beiseite und Rose schrie ungeniert auf, als er an ihrer Jeanshose zerrte. Sofort begriff sie, was er nun vorhaben würde und verfluchte ihn für diese abscheulichen Gedanken. „H-Hör auf! B-Bitte!“

Ein irres Lachen entwich der Kehle des jungen Todessers, ein Blick auf die roten Haare hatte ihm begreifen lassen, dass er Kinder der Weasleys vor sich hatte. Die Brut der verdammten Blutsverräter. Richard sah dies als einmalige Chance, den Tod seines besten Freundes zu rächen. Er würde sie auf solch sadistische Weise in den Tod schicken, dass Scorpius im Jenseits erfahren würde, dass sein Tod nicht umsonst und gerächt worden war. Ohne Rücksicht auf die Schreie des jungen Mädchens zu nehmen, zerrte er die Hose von ihren Beinen und hielt sie einzig und alleine mit dem Griff um ihren Hals im Schach. Immer wenn die Luft knapper wurde, ließ ihr Widerstand nach.
 

Rose` Körper erschlaffte, sie gab auf. Egal wie sehr sie sich wehren würde, gegen die Kraft eines Mannes kam sie nicht an, schon gar nicht ohne Magie. Die fremde Hand grabschte zu ihren Slip und Rose schloss die Augen.

„Avada Kedavra.“

Noch nie war die junge Weasley so froh gewesen die Stimme ihres Cousins zu hören. Mit erhobenem Zauberstab war James Potter in den Raum gerauscht und hatte seinem Namen als Sohn des Helden alle Ehre gemacht. Mit einem gezielten Fluch setzte er die junge Todesserin außer Gefecht und stieg über den leblosen Körper des Monsters, das sie schändigen wollte. Rose schluchzte auf und rutschte vom Tisch. Mit zitternden Fingern suchte sie nach ihrer Hose und sah, wie James auf Louis und Fred zu eilte. „Beeil dich, Rose. Wir können hier nicht bleiben. Wer weiß, wie viele hier noch sind. Rose! Warum-!“ James brach ab und sah in das geschockte und mitgenommene Gesicht seiner Cousine. Sanft strich er ihr über den Kopf als sie sich taub neben ihm nieder ließ, um ihm dabei zu helfen, die Jungen wieder zum Bewusstsein zu bekommen. „Atme durch“, war das einzige was er ihr raten konnte, dann schulterte er Fred und Rose schlang den Arm von Louis über ihre Schulter.

„Und weiter.“
 


 

Weil ich etwas habe, woran ich glaube, solange ich atme gibt es keine Grenze worüber ich nicht träumen kann.
 


 

Der Wind zerrte brutal an seiner Gestalt und Albus Potter ließ fahrig den Blick schweifen. Außer Atem wischte er sich mit dem Ärmel über das Gesicht. Endlich befand er sich auf seiner Seite des Schlosses. Es hatte ihn alle Ausdauer gekostet den Turm zu erklimmen. Mit schweren Füßen sah er über die Brüstung und erkannte den dunklen Lord, wie er mit wehendem Umhang in die Mitte des Hofes schritt. Mehrere Fässer am Boden brannten und eine Gänsehaut rieselte über seinen Körper, als das blutüberströmte Pflaster am Boden sah. Der dunkle Lord, dessen Kopf einem Totenschädel glich, blieb in der Mitte des großen Hofes stehen und Albus kamen die dreißig Meter Höhe nicht mehr wie ein Hindernis für den dunklen Lord vor. Der Potter spürte, wie kalte Angst seinen Körper hochkroch.

„Expecto Patronum Prassimus!“

Die laute Stimme ließ ihn herumfahren und als er auf dem gegenüberliegenden Türm Scorpius mit blutverschmiertem Gesicht erblickte, aus dessen Zauberstab der Adler schoss, krampfte sich sein Herz kurz vor Erleichterung zusammen. Der Adler flog über den großen Hof und hinterließ die Spur eines Schildes.
 

Albus hatte keine Ahnung, wie Scorpius sich diese Magie angeeignet hatte, doch in diesem Moment war er einfach nur froh darüber. Er sah nach rechts und entdeckte Alice, die sich mit viel Kraft am Gelände hochzog. Fahrig sah sie ihn an und ihr langes Haar wehte im heftigen Wind. Ihre Miene zeugte Angst, Angst die auch seinen Körper beherrschte.

„Wo ist Shun?“, brüllte Albus und gestikulierte wild. Scorpius sah ihn betreten an, er hob die Hände und zuckte mit den Schultern um zu zeigen, dass er keine Ahnung hatte. Schon alleine an der Haltung seines Gefährten begriff er, dass der Plan nicht aufgegangen war. Hilflosigkeit erfasste ihn und Scorpius brüllte zurück: „Lasst es uns alleine versuchen, Shun ist vom Plan abgewichen!“

Der dunkle Lord sah auf und Albus erblickte ein gehässiges und teuflisches Lächeln. Seine Hand war schweißnass, als er den Zauberstab hob und Albus spürte den dicken Klos in seinem Hals. Endlich sah er seinen Vater in den Hof stürzen, sodass die Aufmerksamkeit des dunklen Lord unweigerlich von ihm genommen wurde. Seine Stimme zitterte. „Periculum!“ Helles grünes Licht schoss aus seinem Zauberstab und Sekunden später blendete ihn rotes, dann schließlich gelbes. Das beißende Licht formte sich zu einer Wand, die sich an jeder anderen Seite mit der Magie des anderen Hauses traf. Wie ein magischer Kasten, der Eindringen und Ausbrechen verhinderte. Doch eine Wand fehlte, weshalb der Zauber nützlich war.
 

Der Potter-Spross biss sich auf die Unterlippe und wollte frustriert die Hand sinken lassen, als er herumfuhr.

„Periculum!“ Die glasklare Stimme Luna Lovegoods ließ ihn erstarren. Er sah zum Platz des Ravenclaw-Erben und erkannte die hellblonden wehenden Haare. Selten hatte er die Patentante seines Bruders mit solch einer Entschlossenheit gesehen und Albus wurde bewusst, warum sein Vater solch große Stücke auf die eigensinnige Naturforscherin hielt. Der magische Kasten schloss sich und ein kurzer Blick auf seinen Vater zeigte Albus, dass das Duell bereits vollkommen im Gange war. Er verstand nicht, was der dunkle Lord mit seinem Vater besprach. Das wurde Albus bewusst, dass er seinen Vater zum ersten Mal in Action erlebte. Während er mit allen Mitteln versuchte den Zauber aufrecht zu halten, konnte er seinen Blick vor Sorge und auch vor Überraschung nicht von dem einstigen Helden nehmen. Das einst so freundliche Gesicht war überzogen von kalter Wut und puren Hass. Jedes Opfer, das auf das Konto des dunklen Lords ging, war in den Augen seines Vaters zu sehen und mit erschreckender Faszination sah Albus wie sein Vater immer wieder gekonnt den Flüchen auswich.
 

Ein Teil der großen Schlossmauer brach ein und Harry Potter wirbelte herum. Es war ein schrecklicher Kampf um Leben und Tod und Albus spürte, wie entsetzliche Schmerzen durch ihren Körper fuhren. Nur mit viel Selbstbeherrschung schaffte er es, seinen Zauberstab erhoben zu lassen. Es war als würden tausend Nadeln durch seinen Körper fahren und als er sich nach rechts wandte, sah er, dass auch Scorpius diesen brutalen Schmerz verspürte. Erst jetzt wurde Albus klar, wie mächtig der dunkle Lord wirklich war. Schreiend sank er auf die Knie, mit aller Kraft versuchte Albus seinen Teil für den magischen Käfig aufrecht zu halten und spürte immer wieder wie eine grobe Welle von Schmerzen durch seinen Körper rauschte. Es war als würde ein Teil der Seele des Bösen an ihm zerren, damit der Bannkreis zerbrach.
 

Sein Körper brannte und der Junge schloss die Augen. Er dachte an seinem Bruder, mit dem er sich vor der Schlacht versöhnt hatte, die Uhr an seinem Handgelenk schien zu pochen. Das Lachen seiner Schwester hallte in seinen Ohren wieder, Lily… er hatte ihr versprochen, ihr nach dem Krieg das Fliegen beizubringen. Ein Versprechen, das er unbedingt halten wollte. Mit der freien Hand griff Albus sich ans Herz, es schlug schmerzvoll gegen seine Brust und er keuchte hörbar auf. Sofort hatte er Alice vor Augen und schwor sich, dass er sich entschuldigen würde, falls er diesen Kampf überleben würde. Er hatte sie schrecklich behandelt und war närrisch gewesen, Dominique ihrer vorzuziehen. Dann zogen Bilder an ihm vorbei, wie die Welt aussehen würde, wenn er aufgeben würde. Seine grünen Augen weiteten sich erschrocken, als er ein Meer von toten Menschen ausmachte. Ein schwarzer Himmel zog sich über London zusammen und als Albus den Blick abwandte, sah er auf eine Halluzination. Albus schloss die Augen um den gequälten Gesichtsausdruck seiner eigenen Mutter nicht mit ansehen zu müssen.
 

Ein entsetzlicher, ohrenbetäubender Schrei drang zu ihm durch und heftiger Sturm warf ihn nach hinten. Hart krachte er gegen den hinteren Teil des Geländes und brach stöhnend zusammen. Die Energiewelle rüttelte an den Mauern des Schlosses. Sein Zauberstab war ihm aus der Hand gerissen worden und Albus versuchte sich mühsam aufzurappeln. Sein Körper fühlte sich taub an und erst nach mehreren Anläufen gelang es ihm, sich am Gelände hochzuziehen. Fahrig wischte er sich seinen eigenen Speichel aus dem Gesicht, dann sah er mit verschwommenen Augen auf den Hof. Die Gestalt des dunklen Lords lag verkohlt und vollkommen ausgebrannt am Boden. Verwirrt sah Albus keuchend ein paar Meter weiter und sah seinen Vater auf dem Bauch liegend auf dem kalten Stein liegen. „Dad…“ Seine Stimme war nur ein Flüstern und als Albus klar wurde, dass niemand ihn so hören würde, schluckte er hart. „Dad! “Mehrere Auroren rannten auf den Hof, umschlossen die Überreste des dunklen Lords und er erkannte seine Tante Hermine, die sich zu seinem Vater runter beugte. Sofort fühlte sie seinen Puls und als sie erfreut in die Runde sah, begriff er, dass sein Vater lebte.
 

Albus sah zu Scorpius und bemerkte, dass dieser etwas ganz anderem seine Aufmerksamkeit schenkte. Stumm folgte er dem Blick des Blonden und lächelte erschöpft, als er begriff, was ihn gefangen hielt. Noch nie hatte Albus so etwas Schönes gesehen, selten hatte er überhaupt darauf geachtet, zu schnell war die Zeit in den letzten Jahren an ihm vorbei gezogen.
 

Ein neuer Tag brach an.
 

Die Sonne ging auf.
 

„Der dunkle Lord ist tot!“
 

Immer wieder hallte dieser einzige Satz durch das Schloss. Und immer wieder kündigte er den Beginn des Friedens an. Es folgten Tränen, Erschöpfung, Flüche und grenzenlose Freude.
 

Weil ich etwas habe, woran ich glaube. Glauben, an den Lebenszweck, sich beständig hochzuziehen. Nichts anderes kann mich aufhalten, wenn ich einfach nur glaube und ich an mich glaube.
 

Fortsetzung folgt…

Das Ende von drei Minuten.

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Ich kann es nicht glauben, dass ich hier stehe. Habe so viele Jahre darauf gewartet und heute hab ich die Königin gefunden, die über mein Herz herrscht.
 

Die Sonne glitt über die große Wiese von Hogwarts und die große Standuhr hinter ihr, kündigten bereits siebte Stunde des Tages an. Innerlich bebte sie und Molly begriff, dass sie an den Worten eines Potters zweifelte. Kalter Wind fuhr durch ihre Glieder und die Weasley schlang die Arme um ihren Körper. Jede weitere gefühlte halbe Stunde waren neue abgekämpfte Auroren vom Schlachtfeld zurück gekommen. Schwer verletzt oder stark erschöpft. Neben ihr auf der Steintreppe verweilte Rose. Ihr Körper war übersät von mehreren blauen Flecken und ihr war anzusehen, dass sie in den letzten Stunden Schreckliches durchgemacht hatte. Nachdem Hermine sie untersucht hatte und Rose eher widerwillig etwas Nahrung zu sich genommen hatte, saßen die beiden Frauen seit zwei Stunden draußen und sahen auf die kleine Lichtung.

„Sie werden kommen, ganz sicher“, sprach Rose eher zu sich selbst, als zu ihrer Cousine.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit sahen sie erneut eine kleine Truppe, die die Wiese hoch schritt. Abgekämpft und im trägen Tempo kamen sie immer näher. Zu Mollys Glück waren alle gefangenen Todesser bereits im Kerker und sie war froh darüber, dass sie keinem weiteren Schlächter begegnen musste. Es hatte sie alle Selbstbeherrschung gekostet, gegenüber diesen Unmenschen nicht die kühle Haltung zu verlieren. Ihre Aufgabe war es, sie ordnungsgemäß in verschiedene und sichere Kerker einzuordnen. Molly stand auf und ihre blauen Augen suchten nach schwarzen Haaren und dem Gesicht, das sie zu lieben gelernt hatte. Ihr törichtes Herz machte einen doppelten Salto, als sie glaubte, den vertrauten Anblick gesichtet zu haben. Unsicher und mit schweren Beinen lief sie die Treppe runter und berührte das weiche, nasse Grass. Je näher die Gruppe ihr kam, umso mehr bekannte Gesichter entdeckte sie.

Albus, Scorpius, Alice, Kingsley…

„James… James!“ Vollkommen erleichtert sah sie in das grinsende Gesicht. An der rechten Seite seines Kopfes war das Haar angebrannt, eine feine Wunde zog sich über seine Wange bis über seine Nase. Der Potter-Erbe humpelte leicht, doch trotz kleiner Blessuren schien es ihm gut zu gehen.
 

Erfreut und glücklich lief sie auf ihn zu, geradewegs in seine Arme. „Merlin sei Dank!“ Sanft nahm sie seinen Kopf in die Hände und hauchte ihm rechts und links einen Kuss auf die Wange. Dann sah sie in seine müden braunen Augen, er schien glücklich, aber auch vollkommen erschöpft. „Mir geht es gut Molly.“ Er nahm ihre Hände in seine und sah das Misstrauen in ihrem Gesicht. „Du hast geglaubt, ich komme nicht wieder?“

„Ja“, gab sie knapp zu und sah auf den dunkelgrünen Rasen. Sie spürte, wie er sie in seine Arme schloss und zärtlich über ihren Rücken strich. Während die anderen Kämpfer an ihnen vorbei schritten, ein warmes Bett im Auge und etwas Leckeres zu Essen in der Nase, genossen sie diesen Moment der Wiedervereinigung. „Mein Vater liegt im Koma“, sprach James bitter und vergrub sein Gesicht in ihren langen Haaren. „Tante Hermine meinte, dass ihm das Duell gegen Voldemort so viel Kraft gekostet hat, dass seine Magie seinen Körper in eine Art Koma geschickt hat, damit er sich erholen kann. Niemand weiß, wann er wieder aufwacht.“ Die Bitterkeit in seiner Stimme war nicht zu ignorieren und Molly schlang seine Arme um ihre Hüfte. „Das tut mir leid.“
 

„Viele sind gestorben“, flüsterte der Potter-Erbe. „Shun… hat sich nicht an Al`s Plan gehalten, ein Glück das Luna eingegriffen hat und der Zauber bei ihr funktioniert hat, nur Merlin weiß wie. Und dann wäre Rose fast-!“

Die Weasley legte einen Finger auf die Lippen ihres Gegenübers. „James…“, hauchte sie verständnisvoll. „Es ist vorbei, der Krieg ist gewonnen.“ Es schien ihm immer noch unvorstellbar, dass er nie wieder ein Attentat leiten musste, nie wieder Kinder Angst haben mussten, ihre Eltern nie wieder zu sehen und zum ersten Mal seit er geboren worden war, die Geschäfte in der Winkelgasse vielleicht mit neuen Leben gefüllt werden konnten. Ein neues Leben würde beginnen, ein Leben voller Freude, Frieden und Liebe.
 

„Wo werden wir wohnen?“, wechselte James abrupt das Thema und Molly sah ihn verwirrt an. „Ich bin ja für Newcastle, da gibt es so einen herrlich großen Park.“

„Nein, es steht doch wohl außer Frage, dass wir uns ein hübsches Haus in Liverpool kaufen“, erklärte sie sachlich und er legte einen Arm um ihre Schulter, damit sie zusammen zum Schloss schritten konnten. „Ich glaube, darüber lässt es sich diskutieren und wir haben ja noch acht Monate Zeit.“
 

Der Potter sah, wie 50 Meter weiter vor ihnen, Rose vor dem jungen Malfoy zum stehen kam. Das Erste, was er tat, war seine Stirn gegen die ihre zu lehnen. Einen unendlichen Augenblick lang, standen sie nur voreinander, ohne ein Wort zu sagen. Müdigkeit zerrte an ihren Gliedern und der Wind ließ sie spüren, wie angeschlagen sie waren. Scorpius versuchte das Pochen gegen seine Schläfe zu ignorieren und atmete den Geruch von Rosen ein. Egal was kam, immer wenn er sich in ihrer Nähe befand, machte ihr Geruch ihrem Namen alle Ehre.
 

„Ist alles okay mit dir?“

„Ja“, murmelte Rose ruhig und lächelte. Alleine die Tatsache, dass er vor ihr stand und lebte, ließ sie schweben. Sie ergriff seine Hand und sah mit ihm zum Schloss. „Komm… lass uns das Ende genießen.“

„Etwas essen“, brummte Scorpius und hörte seinen Magen knurren, zaghaft lächelte er und sie erwiderte es. „Und schlafen. Nur noch schlafen. Alles andere kann später kommen.“

„Auch die Nachricht, dass man deine Schwester gefunden hat und sich gut um sie kümmert?“

„Claire?“
 

„Ja.“ Rose strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Sie ist im Krankenflügel und Tante Audrey sagt, dass sie schwanger ist. Freu dich, du wirst Onkel.“ Sie wollte heiter klingen, doch der ernste Gesichtsausdruck des Malfoys, ließ sie stoppen. Es schien Scorpius nicht zu gefallen, dass seine Schwester in anderen Umständen war. „Hat sie irgendein Wort darüber verloren?“

„Nein, aber am besten fragst du sie selbst.“ Verwirrt sah er sie an, bis er ihren Blick folgte und seine geliebte Schwester am Fußende der Treppe stehen sah.
 

Das helle blonde Haar wehte im Wind und sie war so schön wie eh und je. Scorpius war versucht, Rose stehen zu lassen, doch als Malfoy hatte er seine Emotionen im Griff und verstärkte lediglich den Druck um ihre Hand. Mit jedem weiteren Schritt kam er einer der wichtigsten Personen in seinem Leben näher.

„Scorpius, warte kurz.“ Die weibliche Stimme ließ ihn herumfahren und er sah in das gehetzte Gesicht Alice Longbottoms. Diese reichte ihm eine kleine Flasche und er nahm sie wortlos entgegen. „Die soll ich dir geben, eine Erinnerung. Schau sie dir besser alleine an.“

„Woher-!“
 

„Wirst du sehen“, schnitt sie ihm das Wort ab und er nickte knapp, dann sah sie, wie er zusammen mit Rose den Weg zu seiner Schwester fortsetzte. Innerlich verspürte Alice die Erleichterung, die sich nun in ihrem Kameraden breit machen musste. Erschöpft sah sie, wie Bruder und Schwester sich begrüßten. Dann verspürte sie, wie jemand den Arm um ihre Schulter legte und sie weiter die Wiese hochzog. Sofort vernahm sie Albus Schrittweise und sah zu ihm hoch. Sein rechtes Auge war blutunterlaufen und sie war versucht nachzufragen.

„Tut mir leid“, kam er ihr zuvor und der Klang seiner Worte machte ihr bewusst, dass er es ernst und ehrlich meinte. Der kalte Wind fuhr durch ihre langen Haare und das Einzige, wozu sie bereit war, klang erschreckend nüchtern. „Ich weiß.“ Kurz versteifte sich seine Haltung, doch sie fragte sich, was er erwartete.

Wahrscheinlich wusste er darauf noch nicht einmal selbst eine Antwort. Albus hüllte sich in Schweigen und sie tat es ihm gleich.
 


 

Deine Schönheit blendet mich, wie Sonnenstrahlen an einem Sommerstrom. Und ich schließe meine Augen um mich zu schützen. Kannst du meine Hand nehmen und mich von hier weg leiten, bitte?
 


 

Seine rauen und verletzten Hände hielten sich krampfhaft an der Armlehne des Ohrensessels fest. Die hellbraunen Augen des Malfoys waren geschlossen und auf seiner Zunge hatte sich ein bitterer Beigeschmack breit gemacht. Scorpius befand sich alleine in dem altmodischen Wohnzimmer. Große Fenster ließen Licht in das dunkle Zimmer und als er seine Augen öffnete, begriff er, dass der Morgen sich bereits angekündigt hatte. Nach der Schlacht hatte er zuerst das Bett aufgesucht und fast einen ganzen Tag verschlafen. Als sich seine Glieder wieder erholt hatten, war er auf dem Weg in die große Halle direkt Alice in die Arme gelaufen, die ihn erneut gebeten hatte, sich die Erinnerungen der Flasche so schnell wie möglich anzusehen. Scorpius war ihrer Bitte nachgekommen und hatte in diesem zurückgelegenen Raum den Stöpsel der Flasche geöffnet.
 

Das, was er gesehen und erfahren hatte, ließ seine Welt Kopf stehen. Scorpius hatte seinen Bruder für seine Brutalität gehasst und nie ein Geheimnis daraus gemacht. Ihm war Floyds Art und Weise mit seinen Mitmenschen umzugehen zuwider gewesen und als er unter ihm gearbeitet hatte, war jeder Auftrag eine Qual gewesen. So viel Sadismus und Blutrünstigkeit hatten Ekel und Abneigung in dem jüngsten Malfoy hervorgerufen.
 

Doch die Tatsache, dass Floyd einen schrecklichen Grund für sein Handeln hatte, ließ Scorpius Bild von ihm in tausend Scherben zerbrechen. Ein Erbe, so grausam, dass er es niemanden wünschte, hatte seinen Bruder heimgesucht. Und statt an sich selbst zu denken, hatte er Zeit seines Lebens alles getan um ihn zu schützen. Floyd hatte gewusst, wo und wofür er sterben würde. Als Scorpius ihn zum letzten Mal gesehen hatte und seinem Blick begegnet war, hatte der seltsame Ausdruck in dessen grauen Augen ihm das Herz zerrissen. Im ersten Moment wusste er nicht warum, doch jetzt wo er die Wahrheit über seinen Bruder kannte, begriff er, dass dieser einzige Augenblick eine ganz andere Bedeutung bekam. Das grausame Schicksal seines Bruders schnürte Scorpius die Luft ab und er vergrub das Gesicht in den Händen. Es gab nur zwei Menschen, die seinen Bruder in dieser dunklen Zeit unterstützt hatten. Sein Großvater, der scheinbar so viele Geheimnisse mit sich herum trug und nie anmerken ließ, wie viel er eigentlich wusste, schien zu wissen, dass er den Weg seiner Enkel durch kleine Handlungen lenken konnte.
 

Still hatte er Floyd wieder zur Seite gestanden.
 

Anders dagegen Elliott Parkinson. Einst hatte Scorpius vermutet, dass die Beiden nur eine ähnliche Vorliebe zur Gewalt miteinander verband und das Elliott sich nur an Floyd hielt, weil er Claire attraktiv fand und seinem Verlangen nach ihr nachkommen wollte. Floyds Vision der Zukunft sagte jedoch etwas Anderes. Die Freundschaft beider jungen Männer war tiefer, als er je angenommen hatte. Erschreckend, wie kurzsichtig er gewesen war. Scorpius hatte immer geglaubt, dass ihm nichts entging und er dank seinem Verstand jegliche Regung seines Gegenübers durchschaute, doch er hatte sich getäuscht.
 

„Wie dumm ich war“, murmelte er leise und widerstand dem Drang seiner Schwäche und Trauer nachzugeben. Er hatte zu viele Sorgen. Der Krieg war vorbei, doch Harry Potter lag im Koma, niemand konnte sagen, wann er wieder aufwachte. Zu hoch war der Verlust an Kraft, die im Duell gegen den dunklen Lord von Nöten gewesen war. Sein Vater saß im Kerker, man zählte ihn zu den anderen Todessern und Scorpius sah keinerlei Möglichkeit ihn dort rauszuholen. Die Macht für Entscheidungen lag in den Händen von Hermine Granger und Ronald Weasley. Die Erste war ohne Pause im Ministerium, um es so schnell wie möglich wieder aufzubauen und mit den anderen Ländern Kontakt zu halten, um den Frieden zu verbreiten.
 

Mit Ronald Weasley konnte er nicht gut und Scorpius wollte seine Mutter um Hilfe bitten, doch Astoria lag im Fieberwahn auf dem Krankenflügel und hatte andere Sorgen, als ihm zu helfen. Seine letzte Chance war Albus, doch dieser war in Amerika unterwegs, um seiner Tante bezüglich des Friedens zu helfen. Niemand wusste, wo er sich mit seiner kleinen Begleitergruppe aufhielt. Er stand also im wahrsten Sinne des Wortes vor einer Sackkasse, denn das was Scorpius mittlerweile herausgefunden hatte, ließ darauf schließen, dass den gefährlichsten Todessern, zu denen sein Vater gehörte, kein fairer Prozess gemacht werden würde.
 

Alleine seine Schwester hatte man gut aufgenommen und von Molly hatte er erfahren warum. Sie war Alice eine kleine Hilfe gewesen und zudem schwanger. Noch ein Problem, denn Scorpius hatte seine Schwester nur kurz nach der Ankunft in Hogwarts gesehen und in die Arme geschlossen. Ihnen war nicht viel Zeit für einen Wortwechsel geblieben, doch ihre Tränen der Freude, ihn in die Arme schließen zu können, hatten für sich gesprochen.
 

Claire war schon immer die Wärme gewesen, die ihn in der dunklen Zeit begleitet hatte. Eine Wärme, die er nie von seinem Vater oder seiner Stiefmutter bekommen hatte.

Jetzt war sie schwanger und er wusste nicht von wem.

Es war ein Kreis voller Probleme und Scorpius spürte mit jeden weiteren Atemzug, dass er siebzehn und gerade einmal acht Monate volljährig war. Er hatte keine Ahnung von der Politik des Ordens und konnte auch ihre Regeln nicht nachvollziehen. Scorpius wollte sich nicht an Rose halten, sie brauchte Zeit, um den Schrecken der Schlacht zu verarbeiten. Seine Gedanken drifteten zu Fred ab. Der Weasley schien der Einzige zu sein, der ihm helfen würde. Doch ob er über Albus oder Rose Verstand verfügte, wusste er nicht. Zarte Hände berührten sein Knie und bevor er die Stimme vernahm, wusste er, wenn er vor sich hatte. Der Duft nach Vanille stieg in seine Nase. „Scorpius, was ist los?“
 

Seine Schwester hatte sie vor ihm nieder gelassen und sah zu ihm auf. Die leichten Schatten unter ihren ausdrucksstarken Augen zeugte von einer schlaflosen Nacht, doch ihrer Schönheit tat dies keinen Abbruch. Scorpius strich zärtlich über ihre Wange und musste lächeln. „Ich denke darüber nach, wie ich Vater aus dem Kerker bekomme. Alle die darauf Einfluss haben stehen nicht zur Verfügung.“

„Was ist mit diesem Weasley, er ist doch der Vater deiner … sagt man Freundin?“ Claire lachte unsicher und Scorpius spürte eine ungewohnte Röte an seinen Wangen hochkriechen. „Er mag mich nicht“, antwortete er tonlos und schloss somit die Möglichkeit aus. Betont ruhig sah er ihr ins Gesicht und merkte an: „Und du bist schwanger?“
 

Claire wendete den Blick ab und sah zu den hohen Fenstern. Ihre Miene wirkte angespannt und er fragte sich unweigerlich weshalb.

„Ja“, war ihre knappe Antwort und Scorpius begriff, dass deutlich mehr dahinter steckte. „Mit wem hat dich Vater verheiratet?“ Erst jetzt wurde ihm klar, wie viel er aus dem Leben seiner Schwester verpasst hatte. Nicht nur seine, sondern auch ihre Welt hatte sich weiter gedreht. „Richard?“ Den Tod seines besten Freundes hatte er noch nicht wirklich begriffen. Das Einzige, was Scorpius wirklich wusste, war, dass er Richard nie wieder begegnen würde.
 

Er würde sich mit dem Tod seines besten Freundes noch beschäftigen, ihn identifizieren müssen und dafür sorgen, dass er nicht wahllos verbrannt wurde, wie so viele Opfer des Krieges. Von Claire wusste er, dass Richard darunter gelitten hatte, als er als tot galt. Die Geste mit dem Licht, der kleinen magischen Flamme war ein altes Ritual, auch Scorpius kannte es. Er würde es fortführen, ganz sicher. „Nein, nicht Richard. Elliott.“
 

Der Boden unter seinen Füßen gab nach und auf grausamer Art und Weise wurde Scorpius bewusst, dass fast jede Vorhersage seines Bruders eingetroffen war. „Parkinson?“ Bitter musste der Malfoy lachen. Sein Vater hatte wirklich ein hervorragendes Händchen für die perfekte Maske und dem noch perfekteren Schein. „Oh bei Merlin!“ Fassungslos strich er sich durch das blonde Haar. Claire verstand den Ausbruch falsch und fuhr empört hoch. „Wage es ja nicht, mir Vorwürfe zu machen!“

Innerhalb von Sekunden begriff Scorpius und erhob sich ebenfalls um seine Schwester in die Arme zu ziehen.
 

„Ich mache dir keine Vorwürfe. Was sagt dein Gatte dazu?“

„Nichts, er weiß es nicht“, gestand sie und erklärte, dass der plötzliche Angriff dazwischen gefunkt hatte. „Ich weiß ja noch nicht mal, ob er noch lebt.“

Doch, in einer Zelle, die seinen Taten gerecht wird. Er hütete sich den Gedanken auszusprechen, sondern strich seiner Schwester tröstend über den Rücken. „Wir schaffen das schon. Wenn Parkinson noch lebt, dann sei dir versichert, dass ich alles versuche, dass ihm zumindest der Kuss der Dementoren oder eine Hinrichtung erspart bleiben wird.“

„Hauptsache er lebt“, waren Claires nüchternen Worte und Scorpius unterdrückte die Frage, ob sie Liebe für diesen Schlächter empfand. Schon alleine die Tatsache, dass sie sich darum scherte, was aus ihm wurde, sprach für sich. Sicherlich war der Todesser nicht sehr liebevoll mit ihr umgegangen, weshalb Scorpius nicht nachvollziehen konnte, warum sie sich sorgte. Aber vielleicht verband sie beide etwas, was er mit bloßen Augen nicht sehen konnte oder dessen Definition nur die Beiden kannten.
 

„Hauptsache er lebt“, wiederholte Scorpius und begriff, dass er Ronald Weasley um einen Gefallen bitten musste, der so groß war, dass sich der Freund des Auserwählten das einiges kosten lassen würde. Noch konnte er das Leben seines Vaters und das seines Schwagers retten, aber der Preis dafür würde sicherlich hoch sein. Wie hoch, das würde er herausfinden müssen.
 


 

Du hast mein Leben verändert und es in etwas Gutes und reales gewendet. Ich fühle mich wie in all meinen Träumen.
 


 

Kälte kroch an ihm hoch und Scorpius spürte, dass er beinahe vergessen hatte, wie man sich in einem Kerker fühlte. Die Dunkelheit, die einst sein Freund gewesen war, kam ihm nun bedrohlich und erdrückend vor. Er hörte Wasser von der Decke tropfen und trat gleichgültig durch Pfützen die sich bereits gebildet hatten. Der junge Malfoy wusste nicht genau, weshalb er sich das antat, erst als er auf den Rücken von Bill Weasley sah, wurde ihm klar, dass es sein einziger Besuch hier unten sein würde und lediglich seiner Schwester zu Liebe nahm er diese Begegnung auf sich. Immer wieder hörte er die Schreie von Todessern und Flüche, die sie heimsuchen würden, sobald sie wieder zu ihrer vollen Größe zurück gefunden hatten.
 

Wie Wahnsinnige rüttelten einige von ihnen an ihrer Gefängnistür. „Gefährliche Irren“, murmelte Bill Weasley und Scorpius gab ihm gedanklich recht. Erst jetzt begriff er, dass er unglaubliches Glück gehabt hatte, in der Schlacht keinem von ihnen begegnet zu sein. Besonders vor Bellatrix, seiner Großtante, hatte er immer schon Angst gehabt und bei einem Duell gegen sie, wäre er kläglich gescheitert. Scorpius war Ted Lupin zutiefst dankbar, dass er diese Wahnsinnige aus dem Verkehr gezogen hatte.
 

Vor einer Tür blieb Bill Weasley stehen und drehte sich um, Scorpius reichte ihm seinen Zauberstab. „Bist du sicher, dass du den nicht mitnehmen willst?“

„Ja.“ Er wendete den Blick auf die verschlossene Tür und wartete darauf, dass der Weasley sie öffnete. Scorpius schloss kurz die Augen, als er das Klicken des Schlosses hörte, dann trat er in die Zelle. Der Malfoy kniff die Augen zusammen, lediglich zwei Fackeln rechts und links neben der Tür warfen Licht in den kleinen, feuchten Raum. Sie befanden sich unter der Erde, weshalb die erschreckende Kälte verständlich war. „Parkinson?“

Scorpius wusste nicht, wie er dem besten Freund seines Bruders gegenüber stehen sollte. Seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit und er erkannte seinen Schwager an der gegenüberliegenden Wand sitzen. Die Kleidung war an mehreren Stellen eingerissen und Scorpius sah eine große Wunde über der Brust, die nur notbedürftig geheilt worden war. Schwere Ketten hatten die weißen Handgelenke des jungen Todessers umschlossen und waren an der Wand befestigt worden. Unter den einst so höhnischen Augen lagen dunkle Schatten und Scorpius hätte niemals für möglich gehalten, dass jemand in nur zwei Tagen Gefangenschaft, so kraftlos wirken könnte. Doch sein Gegenüber belehrte ihn eines Besseren.
 

„Sieh an, Klein-Scorpius.“ Trotz seiner schlechten Verfassung, besaß Elliott die Dreistigkeit, arrogant und zynisch zu klingen. Scorpius schluckte hart und versuchte sich nicht provozieren zu lassen, denn das war es, was sein Schwager im Sinn hatte. „Wie ich sehe geht es dir blendend, wenn du schon wieder in der Lage bist, dich aufzuführen, wie ein Bastard.“

„Besser, als mich diesen Schlammblütern anzuschließen und meine Ideale zu verraten.“ Die Lippen des Parkinson-Erben verzogen sich zu einem bösartigen Grinsen. Scorpius blieb ruhig vor ihm stehen „Der dunkle Lord hat noch nie meine Überzeugung vertreten, Elliott. Er war ein wahnsinniger Schlächter, der die Welt terrorisiert hat und es wagte über wertes und unwertes Leben zu entscheiden.“

„Pff…“, war das Einzige was Elliott von sich gab und Scorpius begriff, dass er so nicht weiter kam. „Ich bin nicht hier, um mit dir über die Rassentheorie zu streiten“, begann er und strich sich durch das hellblonde Haar. „Denn sie wird dort draußen nicht mehr in Frage gestellt.“

„Weil nichtsnutzige Blutsverräter die Macht an sich reißen werden“, verspottete der Todesser den Orden und spukte auf den Boden. Scorpius sah auf die gefesselten Handgelenke und bemerkte, dass sich die Ketten in sein Fleisch gruben. Er wusste, dass er von seinem Gegenüber keine freundlichen Worte über Harry Potter zu erwarten hatte, schließlich war er nach den alten Normen und Werten erzogen worden.
 

„Du hast gewusst, dass Floyd eine Gabe besaß, die das Schicksal eines Menschen verändern konnte.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, doch Scorpius erkannte sofort ihre Wirkung. Elliott mied seinem Blick und seine Gesichtszüge verhärteten sich. „Natürlich. Auch wenn er selten ein Wort darüber verloren hat.“ Der Todesser biss sich auf die Unterlippe. „Ich habe nie verstanden, warum er sich für dich in die Schusslinie geworfen hat.“
 

„Ich auch nicht.“
 

Die ehrliche Antwort schenkte Scorpius Aufmerksamkeit und ihn beschlich das Gefühl, dass er den ersten Faden für ein vernünftiges Gespräch gefunden hatte. „Ich hatte nie das Gefühl, dass Floyd etwas an mir lag, doch wie sich rausgestellt hat, kanntest du meinen Bruder besser als ich.“

„Neidisch?“, höhnte Elliott und Scorpius sprach ernst: „Ja. Schließlich hast du Seiten an Floyd kennen gelernt, die mir verborgen geblieben sind. Du musst ihm wichtig gewesen sein, wenn er dich an sich rangelassen hat.“
 

Unwirsch zuckte Elliott mit den Schultern.

„Floyd ist tot“, erklärte der Malfoy. „Wahrscheinlich nichts Neues für dich.“ Kurz zuckte ein Muskel im Gesicht des Todessers und Scorpius wurde klar, dass Elliott bis zuletzt geglaubt hatte, dass sein bester Freund sich ebenfalls in irgendeiner Zelle befand.

„Das habe ich bereits geahnt, schließlich ist es nicht seine Art zu lächeln wenn er in eine Schlacht geht.“ Der trockene Ton ließ erahnen, was sich abgespielt haben könnte. Als Elliott den Kopf hob und in das jüngere Gesicht sah, fiel ihm zum ersten Mal die erschreckende Ähnlichkeit zwischen den Brüdern auf.
 

Doch Scorpius war nicht Floyd. Ihm fehlte die Härte, die sein bester Freund verkörperte, eine Zeit lang hatte er den Jüngeren für einen Schwächling gehalten, der es nicht wert war unter seinem Herrn arbeiten zu dürfen. Doch die Tatsache, dass Scorpius den dunklen Lord und seiner gesamten Familie seinen Tod vortäuschen konnte, zeugte von Genialität. „Welche Rolle spielst du in Potters Plan?“

Scorpius war überrascht von der Frage und hob eine Augenbraue. „Nicht im Plan von Harry Potter. Meine Loyalität gehört Albus Potter, mit ihm Seite an Seite zu kämpfen hat mir gezeigt, wie falsch ich lag, als ich glaubte, der dunkle Lord habe mit seiner Rassentheorie recht. Ich gehörte nicht an seine Seite.“
 

Elliott brach in lautes Gelächter aus. „Natürlich. Lass mich raten, ein schmutziges Frauenzimmer hat dir die Flausen in den Kopf gesetzt! Wie erniedrigend für einen Malfoy!“

„Ich bin kein ganzer Malfoy“, erklärte Scorpius sachlich. „In mir fließt das Blut der Familie Greengass. Eloise Malfoy ist nicht meine Mutter. Aber das ist unwichtig, vom Blut her sind wir alle gleich. “

Dies schien dem Parkinson die Sprache zu nehmen. Scorpius sah dies als Gelegenheit das Thema zu wechseln. „Was empfindest du für meine Schwester?“

Die Frage kam so unvorbereitet, dass sich sein Gegenüber zurück lehnte und über die Antwort nachdachte.
 

Widerwillig erzählte Scorpius was er wusste. „Du wolltest sie haben, ich weiß nicht wie ich es definieren soll, nur so viel: du hast Floyd gegenüber erwähnt, dass sie dich reizt und sie nicht deine erste Wahl war. Du wolltest sie nicht aus verletzter Eitelkeit, weil sie deinen Stolz verletzt hat, indem sie dich bloßstellte.“

Ein süffisantes Grinsen legte sich auf die schmalen Lippen des Todessers. „Was willst du hören, dass ich es genossen habe, deine ansehnliche Schwester unter mir stöhnen zu hören?“ Das angespannte Gesicht spiegelte pure Arroganz wieder. „Das habe ich in der Tat. Mirabelle versteht es einem Mann Freude zu bereiten und sie hatte im Bett durchaus ihre Vorteile. Ich hatte also keinerlei Grund, mich nicht an den Regeln deines Vaters zu halten.“
 

Scorpius kannte den Vertrag, schließlich hatte ihn Großvater Goodale oft genug darüber informiert, nach welchen Gesetzten sein Vater lebte und welche sogenannten Ausrutscher er niemals erlauben würde. Bastarde zählten nicht mehr zu Draco Malfoys Toleranz.

„Du wolltest sie erniedrigen, benutzen und dich an ihr ergötzen“, fasste Scorpius kurz zusammen und Elliott belächelte ihn. „Kluges Kerlchen.“

„Alles diente der Rache. Du wolltest, dass sie dieselbe Demütigung verspürt, wie du, als sie dich vor deinen Kameraden lächerlich gemacht hat.“

„Richtig. Und ich finde, es ist mir ausgesprochen gut gelungen.“ Elliott neigte leicht den Kopf und die Ketten an seinen Händen rasselten, als er sich durch das bronzefarbene Haar strich. „Sie hat sich nach meinen Worten gerichtet, sich mir gefügt und ich habe sie immer wieder spüren lassen, wie abhängig sie von meiner Laune war.“ Elliott sah, dass sich die weißen Hände des Malfoys zu Fäusten ballten. „Ich habe sie gefickt, wann immer ich wollte und jedes Mal hat ihr Widerstand nachgegeben. Glaub mir, es war mir wahrlich ein Genuss ihr ihre eigene Geilheit vor Augen zu führen.“
 

Zu seiner Überraschung behielt Scorpius einen kühlen Kopf und ließ sich seine Wut nicht anmerken. Elliott fragte sich, wie weit er den Malfoy reizen musste, damit dieser die Kontrolle über sich verlor. „Verlangst du noch mehr Auskunft?“, er schlug einen verhöhnenden Ton an und runzelte verwirrt die Stirn, als der Blonde sich nicht vorhandenen Staub von der Hose klopfte. „Nein danke. Ich bin vollkommen im Bilde.“ Mit einem herablassenden Blick, den er zu gut von Floyd kannte, sah er ihn an und seine Lippen zierte ein dünnes Lächeln. „Schade nur, dass du an Glaubwürdigkeit zu wünschen übrig lässt.“

„Was redest du.“
 

„Viel eher, was redest du!“ Scorpius richtete seinen Mantel und zum ersten Mal sah Elliott dem jüngsten Malfoy direkt in die Augen. Alleine der Ausdruck in ihnen, ließ seinen Körper erstarren. „Mach es nicht so spannend Malfoy.“

„Es braucht nicht viel Intelligenz um zu begreifen, dass du meiner Schwester verfallen bist, Parkinson. Soll ich erklären warum?“ Scorpius bekam keine Antwort und nahm sich das Recht heraus ihn aufzuklären. „Du bist der Einzige, der sie Mirabelle nennt. Das tust du, damit du einen besonderen Status bei ihr hast, außerdem vergisst du, dass ich Floyds Erinnerungen besitze. Dir geht es um sehr viel mehr, als verletzte Eitelkeit und guten Sex.“ Er trat einen Schritt auf seinen Schwager zu. „Natürlich verstehe ich, wenn du die Wörter Gefühle und Liebe nicht mit meiner Schwester in Verbindung bringen willst, schließlich schickt es sich nicht für einen Gefährten des dunklen Lords, solch eine Schwäche zu zulassen.“
 

„Womit sich die Sache geklärt hätte“, schloss Elliott ohne eine Regung zu zeigen.

„In deinen Augen.“ Scorpius sah ihn an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Es wird Zeit, dass du aufwachst. Der dunkle Lord ist tot, es herrschen andere Normen und Werte!“

„Was bringt mir das, wenn ich sowieso sterbe?“

Die Gleichgültigkeit mit der er seinen Tod erwartete, erschreckte Scorpius und er schluckte hart. „Ich werde versuchen deinen Namen von der Todesliste streichen zu lassen.“

Elliott lachte schallend und gehässig auf. „Wieso solltest du das tun, kleiner Malfoy?“

„Weil du der Mann meiner Schwester bist und Claire mich darum gebeten hat“, gestand er ruhig. „Zudem warst du der beste Freund meines Bruders und Floyd wird seine Gründe haben, warum er dir vertraute.“
 

„Wenn du glaubst, er tat es, weil ich so ein guter Mensch war, dann bist du auf dem Holzweg“, ließ der Todesser den Anderen wissen und erneut überraschte Scorpius ihn, indem er lächelte. „Nein, ich glaube, dass du in Wirklichkeit ein sehr loyaler Mensch bist, der auf der falschen Seite stand. Ich glaube, dass du tief in deinem Herzen jemand bist, der bereit ist, Verantwortung für Andere und sein eigenes Handeln zu übernehmen und jeder Zeit sein eigenes Wohl für jemanden der ihm wichtig ist zurück stellen wirst. Außerdem denke ich nicht, dass man jemanden mit deinem Talent und deinem Potenzial in den Tod gehen lassen wird, ohne die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dir eine Chance auf die neue Weltordnung da draußen zu geben.“
 

Die Worte des jungen Malfoys ließen in Elliott den törichten Wunsch nach Leben aufkommen.

„Ich verspreche dir nichts, aber ich will, dass du weißt, dass ich es sehr wohl begrüßen würde, jemanden an meiner Seite zu haben, der sich mit der neuen Weltordnung genauso schwer tut wie ich.“ Scorpius schenkte ihm ein knappes Nicken und klopfte dann dreimal gegen die schwere Tür, sie wurde geöffnet und kurz verspürte Elliott einen erfrischenden Luftzug. Dann fiel die schwere Tür erneut zu und er war wieder alleine.
 

Alleine in der Dunkelheit, die er zu hassen begann.
 

Ich weiß, sie werden sagen unsere Liebe ist nicht stark genug um ewig anzudauern. Und ich weiß, sie werden sagen, dass wir aufgeben werden.
 


 

Mit einem dumpfen Gefühl betrat Scorpius Malfoy am frühen Abend den Versammlungsraum in dem bis vor kurzem noch alle wichtigen Phönix Order über Pläne und Entscheidungen gebrütet hatten. Es gab vieles schnell und gut wieder aufzubauen. Unter der Leitung des Weasleys gelang dies und die Meisten machten sich sofort daran, zumindest ungesicherte magische Orte wieder mit einem Unsichtsbarzauber zu belegen. Scorpius hörte das Knistern des Feuers und sah sich unsicher um.
 

Der runde Raum war weitgehend leer und er vermutete, dass er einst für Schülersitzungen genutzt worden war. Denn noch immer standen viele Regale an den Wänden, wenn auch ohne Inhalt. Seine Hände waren kalt und als er hinter sich das Geräusch einer zufallenden Tür vernahm, drehte Scorpius sich um.

Abgeneigt sah Ron Weasley ihn an und fragte barsch: „Was willst du?“

„Mit Ihnen reden“, schloss er höflich und sah, wie sich der Ältere müde am Kamin in einem Ohrensessel niederließ. Graue Strähnen zogen durch das rote Haar, das dem von Rose so ähnlich war.
 

„Sie haben Einfluss auf die Todesliste.“

„In der Tat.“ Ron ahnte worauf es hinaus lief und lächelte gehässig. „Du willst, dass ich den Namen deines Vaters herunter nehme.“

„Und den von Elliott Parkinson“, sprach Scorpius ehrlich und hielt seinem starren Blick stand. „Natürlich weiß ich, dass mich dies einiges kosten wird aber-!“

„Du verlangst allen Ernstes von mir, dass ich zwei brutale und grausame Todesser davonkommen lasse? Bist du närrisch?“, blaffte Ron den Jungen an und hatte sich so schnell auf die Füße gekämpft, dass Scorpius unweigerlich ein paar Schritte zurück ging. Rot vor Zorn sah Ron auf den Jungen herab. „Das ist als würde ich Voldemort aus seinem Grab zurück holen wollen!“

Überrumpelt biss Scorpius auf die Unterlippe. „Mein Vater war der Spion Potters, ihm steht eine solche Verurteilung nicht zu.“ Die Lippen des Weasleys verzogen sich zu einem dünnen Strich. „Und wer kann das beweisen außer dir? Niemand!“

„Doch. Greengrass, Albus und Potter selbst!“, erwiderte der Junge möglichst ruhig und ballte die Hände zu Fäusten.
 

„Blöd nur, dass alle drei im Moment nicht zur Verfügung stehen.“

„Was ist mit Erinnerungen?“

Ron rümpfte die Nase und Scorpius begriff, dass er ihn genau dort hatte, wo er ihn seit seiner Ankunft in Hogwarts haben wollte. „Erinnerungen kann man fälschen.“

Scorpius raufte sich die Haare. Anscheinend wollte man es ihm so schwer wie möglich machen. „Aber ich kann nicht einfach zulassen, dass mein Vater und Parkinson in den Tod gehen! Es muss doch irgendetwas zu machen sein!“ Bei dem bloßen Gedanken, dass die beiden Menschen hingerichtet werden könnten, gefror ihm das Blut in den Adern. „Kommen Sie, was kann ich tun, dass die Namen runter genommen werden?“

Ron begriff, dass es dem Jungen ernst war und in seinem Kopf ratterte es. Provozierend ruhig schritt er durch den Raum und Scorpius spannte jeglichen Muskel im Körper an. „Wie viel ist es dir wert, dass die Namen verschwinden?“

„Ich würde alles tun!“, rutschte es dem jungen Malfoy viel zu hastig heraus. „Alles was in meiner Macht steht.“ Ron hob den Kopf und Scorpius atmete tief durch.
 

„Ich kann dafür sorgen, dass die Geschichte über deinen Vater geglaubt wird und dass der jungen Parkinson eine zweite Chance bekommt und sich jemand seiner annimmt. Das alles kann ich in ein paar Stunden in die Wege leiten“
 

Sofort horchte Scorpius auf und ein Stein der Erleichterung fiel von seiner Brust. „Danke Mr. Weasley, danke.“ Er wollte lächeln, doch die Miene seines Gegenübers ließ ihn stocken.

„Nicht so voreilig, Scorpius. Dafür verlange ich etwas.“

„Alles was Sie wollen.“

Ron hob drei Finger. „Ich habe folgende Bedingungen und die wirst du alle ausfüllen, ansonsten kannst du die Sache.“ Schweigend ließ Scorpius ihn aussprechen und nickte nur knapp.

„Bedingung Nummer eins, du schweigst über unseren Handel, den wir abschließen werden. Niemand wird je hiervon erfahren, schließlich will ich nicht als bestechlich gelten.“

Der Malfoy verstand nur zu gut, schließlich genoss er einen ausgezeichneten Ruf und wenn er sich nachsagen lassen müsste, dass er käuflich war, wäre sein Einfluss dahin.
 

„Einverstanden.“
 

„Bedingung Nummer zwei, du wirst in Russland eine Ausbildung zum Auror unter Romanow machen, dein Kumpel ebenfalls. Ich werde mich darum kümmern, dass der amtierende Zauberminister Igor Romanow sich eurer annimmt und dafür sorgt, dass ihr in die Zaubergesellschaft eingegliedert werdet. Ein Mentor wird euch sicherlich zur Verfügung gestellt. Doch dafür müsst ihr zuerst die Aufnahmeprüfung bestehen, was kein Hindernis darstellen sollte, als Schüler von gefährlichen Todessern.“ Forderung zwei klang wie ein Gefallen und Scorpius war überrascht das Ronald Weasley seine Zukunft in die richtigen Wege leiten wollte. Ron bemerkte den überraschten Gesichtsausdruck und erklärte: „Ich weiß durchaus, dass du ein begabter Zauberer bist und dein Verdienst an dem Sieg gegenüber dem dunklen Lord nicht gering ist. Jemand sollte dein Talent und deine Ausbildung in die Hand nehmen. Russlands Ausbildung ist rau und hart, doch ich bin sicher, dass du mit dieser Strenge leicht klar kommen wirst. Aber bevor du mir dankst, Bedingung Nummer drei.“

Scorpius sah, dass dem Weasley an Bedingung Nimmer drei besonders viel lag.
 

„Bedingung Nummer drei, ich will, dass du aus dem Leben meiner Tochter morgen früh verschwunden bist. Es ist mir egal, welche Lüge du ihr erzählst und es ist mir auch egal, wie du das machst.“

Scorpius schluckte hart und im ersten Moment begriff er die Bedeutung der Worte nicht. „Sie verlangen das-!“

„Du diese Beziehung zu Rose beendest. Ja.“ Die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme ließ keinerlei Zweifel zu. Nun wurde ihm überdeutlich bewusst, wie sehr sein Gegenüber ihn verabscheute. „Es geht um ihren Ruf, richtig?“, sprach er arrogant und kalt. Ron lächelte zynisch, alleine dieses Mienenspiel machte ihm begreiflich, dass er recht hatte. Natürlich, er war ein Malfoy, dessen Ruf für Dunkelheit und Treue gegenüber einen Mörder stand, Rose dagegen war ein Symbol für Widerstand und Hoffnung, genauso wie der Name Potter, der nun dank Albus in die Geschichte eingehen würde.
 

Aber das Ron Weasley nicht über Vorurteilen stand und solch ein Opfer von ihm forderte, nahm ihm die Luft zum Atmen.

„Eins und zwei sind in Ordnung, aber kann man über drei nicht verhandeln?“

„Nein.“

„Wieso nicht?“ Ohne es zu wollen, war Scorpius lauter geworden und Ron ließ sich wieder in den Sessel fallen. Seine Haltung und der Ausdruck seiner Augen erinnerten den Malfoy-Jungen an seinen eigenen Vater, wenn er als Kind um etwas gebeten hatte und nur Abweisung zu spüren bekam. Ron lachte bitter. „Hör zu, Malfoy, ich weiß, dass ich dir dankbar dafür sein sollte, dass du meine Tochter angeblich gerettet haben sollst, aber ich glaube, dass Rose einen hohen Preis dafür bezahlt hat, den sie mir aus Scham verschweigt. Und diese törichten Gefühle, die sie angeblich für dich hat, bei allen Respekt vor meiner Tochter, aber ich bin sicher, dass sie jemand anderen finden wird, der sie äußerlich anspricht.“

„Sie glauben, dass es sich um ein Strohfeuer handelt?“, entfuhr es ihm heftig und Ron zuckte mit den Schultern. „Dann kann die Respektlosigkeit gegenüber ihrer Tochter nicht deutlicher sein“
 

Statt sich angegriffen zu fühlen, lehnte Ron sich zurück und sah ihn herablassend an. „Du kannst das Angebot annehmen oder du lässt es bleiben und dein Vater wird morgen Mittag zum letzten Mal die Luft Merlins einatmen.“

Es war grausam ihn zwischen seiner Familie und seiner Liebe wählen zu lassen, doch Scorpius hatte keine andere Wahl. Es wäre grausam egoistisch, wenn er den Handel fallen lassen würde.

„Einverstanden. Aber Sie müssen mir versprechen, dass meinem Vater nichts passiert, zudem soll sich jemand um meine Schwester kümmern. Wenn Parkinson mit mir nach Russland geht, dann soll sie finanzielle Sicherheit erfahren.“
 

„Ist im Rahmen des Möglichen, wobei du verstehen wirst, dass dein Freund sich vorerst nur seiner Ausbildung widmen soll. Er wird also in Russland bleiben und keine Ausreiseerlaubnis bekommen.“

Die Bedingungen wurden immer enger und Scorpius begriff, dass Ronald Weasley vor hatte, ihnen auf der einen Seite ein zukünftiges Leben zu bieten und gleichzeitig sie vollkommen von ihrer Vergangenheit zu trennen.
 

Scorpius senkte den Blick und hörte, wie der Ältere sprach: „Morgen früh bist du verschwunden.“

„Ja“, war seine tonlose Antwort. Ihm blieben noch acht Stunden, in denen er sich von Rose verabschieden konnte. Ein Abschied, den sie noch nicht einmal wahrnehmen würde. Sein Herz war schwer, als er den Raum verließ und sich alleine im dunklen Korridor befand. Zum ersten Mal, seit er die Festung des dunklen Lords verlassen hatte, fühlte er sich vollkommen alleine und hilflos. Wütend auf sich und auf diesen unverschämten Handel, schlug er mit der Faust gegen die Steinwand des Schlosses.
 

Seine Familie oder Rose.
 

Ihm blieb keine andere Möglichkeit.
 

Aber wie können Sie verstehen dass unsere Liebe ein Geschenk des Himmels ist wir setzen fort, immer weiter zu gehen.

Denn das ist das wohin wir beide gehören
 

Fortsetzung folgt…

Wer die Augen öffnet.

»Solltest du jemals unseren Pakt brechen, Scorpius, dann garantiere ich dir, dass du alles verlierst was dir wichtig ist. Tust du, was wir vereinbart haben, kommt dein Vater frei, Parkinson ebenfalls und ich werde dafür sorgen, dass es deiner Schwester an nichts mangelt. Den Preis kennst du. «
 

Seine hellbraunen Augen glitten über das schlafende Mädchen neben sich. Ruhig und gleichmäßig atmete sie und er war versucht, durch ihr langes rotbraunes Haar zu streichen. Er hatte Rose wahrlich überfallen. Ohne auf ihren Protest einzugehen, hatte er ihre letzte gemeinsame Nacht begonnen. Noch immer lag der Geschmack von Kirschen auf seiner Zunge und er zog ihren Duft nach Rosen ein. Zärtlich strich Scorpius über ihren entblößten Rücken und betrachtete die blauen Flecken, die von der großen Schlacht übrig geblieben waren. Tapfer hatte sie sich gewehrt und Scorpius war mehr als nur froh gewesen, dass ihr nichts passiert war.

Rose drehte sich und Scorpius lächelte schmal. Zu gerne würde er sie wecken und erneut lieben.
 

Doch er durfte nicht.
 

Atemlos betrachtete er sie und begriff, dass es kein Zufall war, dass sie sich begegnet waren. Normalerweise glaubte Scorpius nicht an Dinge wie Zufall oder Schicksal, doch anders konnte er sich die Begegnung mit ihr nicht erklären.
 

Manche sagen, Liebe ist ein Fluss, der das zarte Schilf überschwemmt. Manche sagen, Liebe ist eine Klinge, die deine Seele bluten lässt.
 

„Du hast nur diese einzige Chance. Solltest du es verbocken, dann gehst du dahin zurück, wo du herkommst, doch dann ohne das Glück, dass jemand für dich spricht.“ Die Stimme des rothaarigen Auroren klang ernst und schien jedes seiner Worte in die Tat umsetzten zu wollen. Elliott ließ sich zu keinem Wort herab, arrogant rümpfte er die Nase, etwas was den Auror vor ihm reizte. Noch waren seine Handgelenke mit einem dicken Strick schmerzlich gefesselt, doch er ging davon aus, dass er diese Last bald los war und einen eigenen Zauberstab besitzen würde. Vielleicht wäre das die Chance, diesem Pack von Blutsverrätern zu zeigen, was es in seinen Augen wert war.

Nämlich gar nichts.
 

„Bedank dich bei dem kleinen Malfoy. Er scheint auf eine seltsame Weise Mitleid mit dir zu haben“, ließ der Auror wissen und die beiden Jüngeren, die rechts und links neben ihm standen, warfen sich einen knappen Blick zu. „Also bringt ihn nach Russland. Romanov erwartet ihn.“ Der Blonde und der ebenfalls Rothaarige umfassten rechts und links seinen Oberarm.

Sie traten auf den dunklen Korridor und Elliott war versucht sein Glück direkt zu versuchen und die beiden Halbwüchsigen zu überwältigen, doch als sie durch die gigantische Eingangshalle schritten, flüstere der Rothaarige, der von Sprengstoff mehrere Brandblasen im Gesicht vorzuweisen hatte: „Wir kümmern uns um Claire, es wird ihr an nichts fehlen. Sie kriegt ihren gerechten Neuanfang, so wie du.“

Elliott schwieg weiter, kurz hatte er einen Blick in die große Halle und sah eine hübsche blonde Frau, die sich mit der Potter-Gattin unterhielt und dann zum Tisch geführt wurde. Es war das letzte Mal, dass er Claire sah, vielleicht für immer.
 

Dann apparierte er Seite an Seite mit den beiden Rebellen.
 

Manche sagen, Liebe ist ein Hunger, ein unendliches, schmerzliches Bedürfnis. Ich sag, Liebe ist eine Blume und du ihr einziger Samen.
 

James griff nach der Hand seiner Verlobten und drückte diese sachte. „Wenn es ein Junge wird, nennen wir ihn Percy-Ronald.“

„Vergiss es, Harry–Albus!“, witzelte Molly und er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. Vor ihnen schüttelte sich Lily und Hugo schob angeekelt die Unterlippe vor. „Hoffentlich wird es ein Mädchen. Denn wenn es ein Junge wird, muss er entweder echt cool sein oder eine dicke Haut besitzen, damit sich niemand über ihn lustig macht.“

„Meine Rede, aber es wird sowieso ein Mädchen, James männliche Spermien sind sicherlich nicht so-!“
 

Der Blick des Potters brachte sie sofort zum Schweigen und sie sah auf ihren Teller. Hugo dagegen ließ sich von seinem Cousin nicht einschüchtern und lachte schallend. „Ich wette es wird tatsächlich ein Mädchen.“ Molly lehnte sich provokant nach vorne und sah ihn wissend an. „Wetten wir. Wenn es ein Junge wird, machen wir einen Doppelnamen der Extraklasse raus und wenn es ein Mädchen wird, dürft ihr beide aussuchen. Jeder einen Namen.“ James fand es riskant, doch auch er glaubte fest an einem Jungen, nicht das ihm ein Mädchen egal war, aber sein Gefühl sagte ihm, dass der Stammhalter zuerst kommen würde und dann die reizenden Prinzessin.

„Abgemacht“, stimmte Hugo zu und er war gespannt auf die nächsten Monate.
 

Es ist das Herz, dass Angst hat zu brechen, das niemals tanzen lernt. Es ist der Traum, der Angst hat vorm Erwachen, der niemals die Chance ergreift.
 

Seit Stunden und gefühlten Tage hockte Draco Malfoy in seiner dunklen Zelle. Immer wieder hörte er die gequälten Schreie anderer Todesser und schloss die Augen, bei dem Gedanken, dass er es ihnen bald gleich tun würde. Nachdem er Astoria geholfen hatte, war er ohne Kompromiss hierher katapultiert worden. Wer konnte es dem Orden verübeln? Niemand und am wenigsten er selbst. Seine Gedanken glitten zu Astoria und er dachte an den sanften Kuss, der ihm den Geschmack von Stärke und Glück schenkte. Unwillkürlich leckte er sich über die Lippen. Wer hätte gedacht, dass sie auch nach so vielen Jahren immer noch eine solch starke Wirkung auf ihn hatte. Erschreckend, doch seltsamerweise stand er dieser Gefühlsregung nicht mit Groll gegenüber.
 

Anders als vor einigen Jahren. Nun würde er jedoch seine gerechte Strafe, für seine Taten erhalten. Für die Welt dort draußen war er ein gefährlicher Todesser, ein Mörder ohne Gewissen und einzig alleine Potter wusste es besser. Draco hörte Schritte und drehte den Kopf. Er saß auf dem feuchten Steinboden und spürte die Kälte in sich aufsteigen. Überraschenderweise öffnete sich seine Zellentür und er sah in das Gesicht eines einstigen Erzfeindes. Ron Weasley wurde begleitet von zwei gesichtslosen Wachen und Draco rechnete mit, dass man seine Hinrichtung vorzog, ohne Prozess und ohne Anhörung, doch seine Zukunft nahm eine unerwartete Wendung.
 

„Du bist frei gesprochen von einer Hinrichtung, bis Harry aufwacht und zu deiner Verteidigung sprechen kann.“
 

Es ist das, das nie genommen wird, das niemals zu geben vermag und die Seele, die Angst hat zu sterben, die niemals zu leben lernt.
 

Kalter Wind wehte über ihren nackten Rücken und eine störrische Haarsträhne kitzelte sie an der Nase. Nur widerwillig schlug Rose verschlafen die Augen auf und tastete auf die Bettseite neben sich. Zu ihrer Überraschung war sie leer und verwirrt fuhr sie hoch. Das Bett war tatsächlich leer. Rose wickelte das weiße Lacken um ihren nackten Körper und ihre Wangen wurden rot, als sie an die letzte Nacht dachte. Scorpius hatte sie so hemmungslos überfallen, dass es an einen Skandal grenzte. Noch nie hatte sie ihn mit so viel Leidenschaft und Heftigkeit erlebt. Noch immer spürte sie seine erfahrenen Hände auf ihren Körper und dachte mit Wonne an das Vergnügen, dass er ihr beschert hatte.

„Scorpius?“ Sie kämpfte sich aus dem Bett und sah sich um. Seine Kleidung fehlte und erneut rieselte ein kalter Windhauch über ihren Rücken . Rose wollte das störrische bodenlange Fenster schließen und trat um das Bett herum. Dabei fiel ihr Blick auf einen Zettel, der auf Scorpius Nachtkonsole lag. Die Weasley runzelte die Stirn und faltete ihn auseinander.
 

»Es tut mir leid. «
 

Sie verstand nicht und ihr Blick glitt nach links zu dem offenen Fenster. Die blauen Augen der Weasley hefteten sich an einen dunklen Punkt, der über die große Wiese glitt und der im morgendlichen Nebel mehr und mehr verschwand. Der Zettel fiel ihr aus der Hand, als sie begriff, dass es sich um Scorpius handelte, der sich mit jedem Schritt weiter aus ihrer Welt entfernte. Der Nebel löschte seine Spuren, so wie das Wasser die Spuren im Sand.
 

Fast, als habe er nie existiert.
 

Wenn die Nacht zu einsam gewesen ist und der Weg viel zu lang war, glaubst du, dass Liebe nur für die Glücklichen und Starken sein kann.

Erinnere dich nur daran, im tiefesten Winter, weit unter dem kaltem Schnee liegt der Samen, der mit der Liebe der Sonne im Frühling zur Rose wird.
 

Ende.



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Von:  Kommi-Kermit
2015-07-25T12:52:53+00:00 25.07.2015 14:52
Ich will nicht sagen, ich habe es gewusst, aber ich habes gewusst. Du kannst es nicht lassen, eine großzügige Portion Drama bei Scorp&Rose unterzubringen, oder ^^"? Wenn ich den Rest des Kapitels nicht so toll finden würde, dann könnte ich es dir fast übelnehmen, dass "zufällig" niemand außer Ron verfügbar war, an den sich Scorpius hätte wenden können ;) Die Erklärungen hier hinken wirklich ein bisschen (Bevor er Rose verlässt, wird er doch wohl wenigstens versuchen, Albus oder Hermine zu erreichen?! Letztere würde Ron in appetitliche Häppchen hacken, wenn sie davon erfahren würde...) aber ich hatte etwas in die Richtung schon befürchtet, als Ron in einem der vorherigen Kapitel angedeutet hat, er würde Scorp aus Roses Leben streichen. Wenigstens ist er nicht ohne ein Wort verschwunden- ob Rose seine Notiz versteht? Ob ihr klar ist, dass es ihm unendlich Leid tut und er sie niemals freiwillig verlassen hätte? HOFFENTLICH erfährt sie, was Ron getan hat! Ich mochte ihn, ich mag ihn irgendwo tief in meinem Herzen immer noch, aber ich hasse ihn! Das muss einfach noch ein Nachspiel für ihn geben >_>

Aber wie gesagt, der Rest des Kapitels hat mich (einigermaßen ;P) entschädigt. Mit James und Molly gab es schließlich immerhin eine Prise Happy End *_* Die Szene, in der James zurückgekehrt ist - ich hatte nämlich genau wie Molly da auch noch so meine Zweifel... - oder später mit Hugo bei der Namenswahl. Ich liebe das Pairing einfach und noch mehr liebe ich es, wie du das Pairing schreibst <3 Wenn wir also schon nur ein glückliches Pärchen bekommen, dann die beiden!

Auch die Szene mit Alice und Albus war großartig. So gerne ich die Zwei auch zusammen mag- es hätte einfach nicht gepasst, wenn mit einer einfachen Entschuldigung alles wieder gut gewesen wäre ._. Blöder Albus! Blöder, blöder, blöder Albus! Hätte er das alles doch nur früher begriffen :( Ach je... So vieles, das hätte anders kommen können.

Aber alles in allem ein großartiges, wenn auch kein durchweg hoffnungsvolles letztes Kapitel. Ich mochte besonders das Gespräch zwischen Elliot und Scorpius. Dass Parkinson wirklich dachte, er könne Scorp-Brain belügen *hrhrhr* Überrascht hat mich aber, dass Scorpius in ihm einen potentiellen Mitstreier (Freund?) in einer Welt sieht, die ihn in naher Zukunft nicht akzeptieren wird. Ich bin gespannt, wie sich die geschichte zwischen den beiden weiter entwickeln wird. Ob Elliot irgendwann Scorps Richard wird und Scorp Elliots Floyd? Wir werden (Fortsetzung sei Dank ^^) sehen.

Ich würde noch mehr schreiben, aber der Epilog ruft :)
Liebe Grüße
Von:  Kommi-Kermit
2015-07-25T10:52:16+00:00 25.07.2015 12:52
Welcher Teufel hat mich geritten, diese FF zwei Kapitel vor Schluss nicht mehr weiter zu verfolgen?! Schlechteres Timing, um Mexx temporär den Rücken zuzukehren, hätte ich mir wohl kaum aussuchen können. Jetzt habe ich also die letzten zwei Tage "DMmdW" durchgesuchtet und bin (wieder einmal *hust*) auf neuem Stand. Ich weiß natürlich längst, dass es eine Fortsetzung gibt und der Anfang hier... Macht mir nicht unbedingt Hoffnung auf eine Friede-Freude-Eierkuchen-Story xD Aber eines nach dem anderen.

Ich wusste, dass ich dieses Kapitel nicht mögen würde ;_; Ich meine, ich liebe dieses Kapitel, aber ich haaa~sse dieses Kapitel. Floyd T_T Richard T_T Beinahe-Elliot T_T Himmel, da hast du wirklich aus den vollen geschöpft.

Nur gut, dass du uns auch eine (kleine) Wiedersehens-Szene mit Alice und Albus geschenkt hast. Ein bisschen kurz für meinen Geschmack, aber angesichts des Weltuntergang-Szenarios drum herum vertretbar ;) Vor allem Albus fand ich in dieser Szene großartig. Ich bin aber sehr gespannt, ob und wie es mit den beiden weitergehen wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Alice ihm einfach verzeiht. Und dann ist da immer noch die Zeit mit Floyd, die sie sicher nicht abtsreifen kann (und will?) Vielleicht sollte ich mich doch auf die Fortsetzung freuen ^^

ASTORIA UND DRACO!! ASTORIA UND DRACO!! Yay, yay, yay!!! Ohne Worte: episch <3

Auf die Todesszenen mag ich gar nicht so genau eingehen... Was mich nur wundert- wusste Richard nicht, wen er da vor sich hatte? Ich dachte, er hätte Rose bei der Beute-Aufteilung gesehen?! Hat es bei ihm einfach nicht klick gemacht und er hat keine Verbindung zu Scorpius gezogen? Oder hat er wirklich so gar nicht geahnt, dass Rose mehr war als nur beute? Ich fand es auf alle Fälle schlimm, dass er beinahe Scors große Liebe vergewaltigt hätte. Falls sich die beiden je wiedergesehen hätten- nein, daran mag ich gar nicht denken. Trotzdem hätte er gerne überleben dürfen ;_;

Floyds Ende hingehen war wohl unvermeidlich, oder? Unvermeidlich und unendlich traurig... Wie er den Zauberstab fallen lässt... Hoffentlich kann Alice seinem Bruder die Erinnerungen übermitteln und Scorp kann ihm irgendwann verzeihen. Schrecklich tragisch. Aber auch definitiv die mitreißendste Szene in diesem Kapitel. So gut geschrieben! Wie üblich meine volle Hochachtung *verneig*

Jetzt ist es also zu Ende mit dem Lord (Luna, yay!), aber happy everly after wird es (noch) nicht geben, oder? Ich bin sehr gespannt, wie du das Ganze abschließen wirst im Hinblick auf die ganzen noch ungeklärten Beziehungen etc. Ob es wirklich Harry sein wird, der die neue Ordnung aufbaut? Ich habe daran ja noch so meine Zweifel ^^

Auf alle Fälle ein großartiges Kapitel, herzlichsten Dank dafür!
Kermit
Von:  Kanna
2014-12-04T09:49:07+00:00 04.12.2014 10:49
Einmal vorweg: Ich hatte ausversehen erst den zweiten Teil (Drei Minuten mit dem Hauch des Schicksals) angefangen zu lesen (bestimmt 30 %) und kam überhaupt nicht rein und verstand einiges nicht. War mir dann schließlich klar, als ich sah, dass es der zweite Teil war ;)
Ich habe dann also angefangen diese FF zu lesen und plötzlich war alles schlüssig und logisch (Lesen heißt Lösen! :D)

Zu der FF: Absolut wow! Man kann mit den Charakteren richtig mitfühlen und ich konnte mein eBook (wo ich es raufgeladen habe, damit ich es unterwegs lesen kann) nicht mehr weglegen! Es war absolut spannend und eine der besten Harry Potter FFs, die ich je gelesen habe :)
Über die wenigen Tipp- und Rechtschreibfehler kann man gut drüber hinwegsehen (aber ich glaube du bist ja auch schon am überarbeiten :))

Ich bin jetzt gerade beim zweiten Teil (etwa die Hälfte) und kann ebenfalls das eBook nicht mehr aus der Hand nehmen! Ich freue mich auf viele weitere FFs von dir :)
Antwort von:  Dahlie
04.12.2014 12:34
Hallo!

Ja, ich kann mir vorstellen, dass es etwas verwirrend gewesen sein muss ;) aber es freut mich total, dass dir die Fanfiction so gut gefällt und sie spannend ist ;D
Der zweite Teil ist auch so gut wie beendet und ist mit den letzten beiden Kapiteln bei meiner Betaleserin :) Du hast also ein tolles Timing erwischt.
Antwort von:  Kanna
10.12.2014 15:41
Dann werde ich sehnsüchtig auf die beiden letzten Kapitel warten *_*
Von:  KyokoUchiha
2013-08-31T07:59:02+00:00 31.08.2013 09:59
Ich hätte scorpius eine knallen können! Arme Rose.
Albus kommt jedenfalls nach seinem Vater ;)
Von:  KyokoUchiha
2013-08-30T23:23:27+00:00 31.08.2013 01:23
Uff. Hammer. Rose wird einem sofort sympathisch. So stelle ich mir Ron und Hermines tochter vor :)
Und scorpius hmm, ich mag ihn. Bin gespannt, was sich im nächsten Kapitel entwickelt (und ich muss nicht warten. Hihi)
Aber die arme Dominique :'(
Von:  KyokoUchiha
2013-08-30T06:47:04+00:00 30.08.2013 08:47
Schöner Auftakt. Macht auf jeden fall Lust auf mehr. Deinen Schreibstil finde ich auch gut. Angenehm zu lesen :)
Scorpius tut mir leid. Draco ist ja zu seinem Vater mutiert. Tze tze. Der sollte es doch besser wissen.
Und die arme Rose. Ohne Eltern.
Werde jedenfalls weiterlesen :)
Antwort von:  Dahlie
30.08.2013 14:45
Vielen Dank :D ich habe damals auch so viel Spaß an dieser FF gehabt, dass es fast keine Arbeit war :D
Von:  scater-fiffy
2012-12-20T21:38:51+00:00 20.12.2012 22:38
ein wundervoller prolog wirklich fantastisch

:-) hat mir sehr gut gefallen, schön zu lesen mit den abstzen und den zwichensequenzen :-)
wundervoll


lg fiffy
Von:  Buchruecken
2012-04-29T13:45:12+00:00 29.04.2012 15:45
Liebe Dahlie!

Atemlos und mit starkem Herzkopfen habe ich eben die letzten, mich innerlich brechenden, Worte gelesen. Der Knoten in meinem Bauch, der sich in den letzten zwei Kapiteln entwickelt hat, ist brutal durch die abschließenden Worte gelöst worden.

Ich habe viele deiner Werke gelesen und weiß oder dachte mir mehr oder weniger, gearde, weil es eine Fortsetzung gibt, dass es kein Happy End gibt. Jedoch erschrack ich, als ich beim Lesen der Verhandlung von Ron und Scorpius realisiert habe, worauf es hinausläuft. Es gefällt mir nicht! -Wie du dir sicherlich denken kannst.-

Nun gut, der allzeit bestehende Spannungsbogen...Die Masche beherrschst du perfekt! Ich kann mich nicht erinnern, Langeweile oder ein konstantes Gefühl beim Lesen verspürt zu haben.

Immerzu bin ich gefesselt von den einzelnen Absätzen, den Puzzleteilen, aus denen die Kapitel zusammengesetzt sind. Oftmals überfällt mich ein Gefühlschaos, wobei ich nicht weiß, ob ich dann aufquiecken oder lachen oder seufzen soll. Weinen musste ich bisher noch nicht. Viel mehr fühlte ich mich dazu gezwungen, viele Stellen mehrmals zu lesen, weil sie mich so erfreuten, ich es nicht glauben konnte oder es der Schönheit der Worte zu willen nochmal tat. Einfach ergreifend!

Ich möchte in meinem Kommentar unbedingt noch etwas Wichtiges erwähnen. Es passt nicht ganz hierher, aber bevor ich es vergesse: Ich dachte damals, als ich "Die Eine" von dir gelesen hatte, als du die Story noch nicht überarbeitet hattest, dass diese Geschichte schon eine der Besten und Qualifiziertesten war, aber diese hier? Perfekt abgerundet, bis auf ein paar Grammatikfehler Perfekt und einen mehr als deutlichen Widererkennungswert. <3 Ich werde sie nochmal lesen, wenn ich die Fortsetzung durch habe!

Ich kenne deine Ideen nicht und ich kann mir vorstellen, dass anfängliche Gedankengänge noch oft überarbeitet werden, sodass die eigentliche Idee fast verworfen ist, aber was ich damit sagen will: Die Idee von einem zweiten Krieg, einem zerstörten Hogwarts und die Gefangenschaft von Schlammblütern, die entstellt, vergewaltigt worden sind, Scorpius, der die Seite wechselt und der Krieg und die Beziehungen der Charaktere so verlaufen, ist genial!

Es macht Spaß, sich in dieser Kullisse zu verlieren und für ein paar Stunden die unsere Welt zu verlassen, weil man sich als Teil dieses Ganzen fühlt. Und ich möchte dir sagen, dass du meine Lieblingsautorin im Internet bist. Du bringst eine so starke Lebeindigkeit in deine Werke, hast einen klaren und flüssigen Ausdruck und lässt dich von immerzu neuer Kreativität leiten. Bewundernswert!

Na gut, ich bin schon wieder abgeschweift, dabei wollte ich noch mehr zu der Story schreiben:
Meine Lieblingsszenen waren natürlich die mit Scorp und Rose, wobei James und Molly auch absolut klasse waren. Das Verhältnis zwischen Scorp und Rose hat mir dennoch besser gefallen. Man konnte spüren, wie sich seine Distanz von Kapitel zu Kapitel gelöst hat und dass er sich von guten Argumenten auch mal von Neuem überzeugen lassen hat. Dennoch, obwohl er der dominaten Erziehung seines Vaters und die Werte und Normen von Voldemort nicht vertreten hat, geriet er immer wieder in innere Konflikte mit seiner Erziehung und dem Neuen, was er durch Rose gespürt hat. Das wird, finde ich, besonders deutlich, als sie in der Biblothek miteinander geredet haben, nachdem Rose ihm seine Gefühle gestanden hatte. Oder als er mit Astoria über Rose und sich gesprochen hat.

Hinsichtlich der Veränderung und dem Eingeständnis, dass Gefühle nicht schwach machen, hat es mir ehrlich das Herz gebrochen, als er sich auf den Handeln mit Ron eingelassen hat... Böser Ron! Dennoch verständlich.

Die Gespräche der Charaktere (in der gesamten Geschichte) waren immer logisch nachzuvollziehen und hatten Sinn. Die Charaktere waren sich meiner Ansicht nach immer treu und sind nicht von ihrem Verhalten abgewichen.

Erschreckend war für mich, als der Unbekannte über die Uhr mit Harry Kontakt aufgenommen hat. Da hatte ich schon den kleinen Schimmer, dass es sich hierbei um Draco handeln muss. Als dieser den Informanten dann aber zur Strecke gebracht hatte, war ich verwirrt...aber! als Scorp und Albus zu Harry und dem Unbekannten zur Besprechen gegangen sind und Scorp mit dem Crucios-Fluch sofort angegriffen hat, war ich in meinem Gedanken bestätigt. Gott sei Dank.

Trotz des negativen Netzes, das sich über die Story auf Grund des Krieges gezogen hat, hast du immer wieder leidenschaftliche, humorvolle und spannende Szene eingebaut, die der Geschichte eine enorme Vielseitigkeit eingebracht hat.

Ich habe noch einige Gedanken beim Lesen gehabt, leider sind sie mir gerade entfallen, aber was ich noch sagen möchte: Percy-Ronald ist ein abscheulicher Name!

Ich freue mich auf die Fortsetzung und hoffe, dass du diese bald weiterschreiben wirst. LG Marina


Von:  Petulia
2011-12-27T14:13:51+00:00 27.12.2011 15:13
schoenes kapitel. allerdings hatte ich mir von dem augenblick indem alice fred und albus hogwarts entdecken mehr versprochen. vielleicht mehr ehrfurcht oder etwas in der art. Ich meine das Schloss ist gigantisch. Ich haette vermutlich mehr Respekt vor der Vergangenheit meiner Eltern und der Zaubererwelt. Und wie kann Albus Dumbledore nicht erkennen? AAAh.
aber das ist nur meine persoenliche meinung. und das du diese ganze idee ueberhaupt hattest spricht fuer dich :)
Von:  Petulia
2011-12-27T13:32:34+00:00 27.12.2011 14:32
Die Idee, Albus, Alice und Fred nach Hogwarts ziehen finde ich unheimlich schoen. Verrueckt zu denken, dass sie das Schloss noch nie betreten haben und nur aus Erzaehlungen kennen. Es muss wie ein Maerchen fuer sie sein. Mal gespannt, was sie dort erwartet!


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