Poisoned Flower von DrShibe (ドく花) ================================================================================ Kapitel 1: Das weisse Zimmer ---------------------------- Ein Mädchen versteckte ihr schönes Gesicht hinter eine Zeitung, sie beobachtete einen jungen Mann, wie er mit seinen Freunden abhing. Als genüge die Zeitung ihr nicht zog sie die sicher schon drei Jahre alte und langsam abgetragene Mütze noch tiefer ins Gesicht. Der Junge wollte nicht das sie ihm folgte, wollte nicht einmal mehr mit ihr allein sein. Dabei sehnte sie sich so nach ihm. Deshalb folgte sie ihm heimlich nach der Schule, nachdem sie sich von ihrer Schuluniform befreit hatte und in Kleidung geschlüpft war, die sie sonst nie anziehen würde. Kleider in denen sie der Junge noch nie gesehen hatte. Obwohl sie sich schon so lange kannten. Wie immer wenn sie ihn beobachtete, erwischte sie sich, wie ihr Blick zu einem Starren wird und nur noch ihn fixierte. Wie sie seine Lippen beim Sprechen beobachteten, oder das Leuchten in seinen Augen. Wenn sie dabei war, leuchteten seine Augen nie so. Und sein Mund lachte nicht soviel. Und sein Gesicht strahlte nicht so. In diesem Augenblick kamen dem Mädchen fast die Tränen. Nur kurze Zeit nachdem der Junge wieder wo anders hin gegangen war, beschloss auch das Mädchen sich auf den Heimweg zu machen. Sie zog sich die Mütze vom Kopf und befreite damit ihr langes schwarzes Haar, das jetzt begann im wind zu flattern. Sie hatte es sich für ihn wachsen gelassen, und für Niemand sonst. Die Zeitung schmiss sie in den nächstbesten Abfalleimer, was wollte sie auch mit einem solchen Schundheftchen in dem nur etwa 23% wahr war. „Cho was machst du denn schon zu Hause wolltest du nicht mit deinen Freundinnen ausgehen?“, begrüsste sie ihre Mutter, wie immer war ihre alte Arbeitskleidung über und über mit Farbflecken bekleckert. „Sachiko musste früher nach Hause, deshalb sind wir alle früher heim gegangen.“, antwortete das Mädchen welches wohl mit Vornamen Cho hiess. „Ah, natürlich.“, ihre Mutter wendete sich wieder dem Bild zu, wie immer wenn sie konzentriert arbeitete hing ihr ein kleines Bisschen ihrer rosa Zungenspitze aus dem Mund, was sie irgendwie selbst in diesem Alter noch „süss“ erscheinen liess. Cho wahr nicht in geringster weise, was man als „süss“ bezeichnen würde. Das schmale Gesicht und die leicht katzenartigen, ebenfalls fast schwarzen Augen hatte sie von ihrem Vater geerbt. Ebenfalls den Fakt, das sie seit ihrem elften Geburtstag grösser als ihre Mutter war. Leicht gereizt und müde ging Cho sofort in ihr Zimmer und schloss sich darin ein. Das war in den letzten Jahren zu einer Gewohnheit geworden. Nichts beruhigte sie so, wie die Abgeschottenheit eines Raumes in dem nur sie bestimmte. In dem sie ganz einfach alles tun konnte was sie wollte und nicht von ihrer Familie dabei gestört wurde. Sie legte sie rücklings auf ihr Bett und starrte die weisse Decke an. Weiss wie Schnee, wie reiner, eiskalter Schnee. Alle Wände in ihrem Zimmer waren weiss und alle Möbel schwarz. Es sah nicht aus wie das Zimmer einer 16 jährigen. Die leeren Wände waren verstellt von vollgestellten Bücherregalen, keine Poster hingen an der Wand, nur ein einziges schwarz-weisses Bild, das eine Kollegin ihrer Mutter ihr auf Geburtstag geschenkt hatte. Sie streckte ihre Hände nach der weissen Zimmerdecke aus und schien darauf zu warten, das sie Jemand in seine Hände nahm, doch das passierte nicht, natürlich nicht. Ihre Zimmertür war ja abgeschlossen, wie sollte Jemand ihre Hand nehmen. Und obwohl sie das wusste versank sie in tiefe Enttäuschung und begann bitterlich zu weinen. Sie weinte bis es keine Tränen mehr in ihr zu geben schien und dann schlief sie ein. Müde vom Weinen und vom Lieben. Kapitel 2: Der verschneite Kirschbaum ------------------------------------- Wie immer weckte sie der Wecker am Morgen, sie stand vor allen anderen auf, selbst ihr Vater schlief noch eine Viertelstunde länger. Aber sie liebte die Stille am Morgen, besonders im Winter. Zu der Zeit in der die Luft kühl und trocken war und nach Schnee schmeckte. Sie öffnete das Fenster zum Garten und sah das der Kirschbaum, der nun im Winter natürlich kahl war, von Schnee wie von Zuckerguss überzogen worden war. Alle anderen Bäume, die sie von ihrem Fenster aus sah, waren ausgesprochen hässlich, wie sie fand. Pseudo-Föhren, nannte ihr Vater sie. Einer von diesen hässlichen Bäumen sah so aus als würde ihn die nächste Böe auf das Haus der Nachbarn werfen. Aber das war nicht ihr Problem. Sie streckte sich noch einmal, bevor sie endlich begann sich aus ihrem Pyjama zu schälen und sich in die Schuluniform zu quälen. Im Vergleich zu vielen anderen trug sie den Faltenrock nicht als Mini, sondern in der tatsächlich vorgesehen Länge. Nicht weil sie die Schulordnung sonderlich interessierte, eher weil sie nicht die ganze Zeit Sprüche über ihre Beine hören wollte, das war alles. „Guten Morgen Schwesterherz.“, begrüsste ihr grosser Bruder Kaisui, der allerdings von allen Leuten bloss Kai genannt wurde. Sie warf ihm einen missbilligenden Blick zu, da er sich ihr fast vollkommen nackt, nur in Boxershorts, präsentierte. Viele Leute, die sowohl Cho als auch Kai kennen sagen, dass Kai zwar kein hässlicher Junge war, doch im Vergleich zu Cho doch sehr normal wirkte, mit dem durchschnittlichen Gesicht ihrer Mutter. Da er auch noch einen zweieiigen Zwilling hatte, der Cho bis aufs Haar glich, wurde Kai immer als das „hässliche Entlein“, beschimpft. Aber Cho mochte eigentlich sein simples, freundliches Gesicht. Sie ging weiter nach unten, wo sie als erstes Mal alle notwendigen Lichter und die Kaffeemaschine anstellte. Nachdem sie sich ein Brot geschmiert hatte und es gerade zu sich nehmen wollte, kam gemächlich auch der Rest der Familie in die Küche. Ihr Vater wie jeden Morgen hellwach und streng, der Rest gähnend und sich die Augen reibend. Ihre Mutter würde sowieso nach dem Frühstück wieder in ihr Bett legen und schlafen. Deshalb begriff Cho auch nicht, warum sie überhaupt aufstand, sie verbrauchte nur Platz. Ihr Ehemann liess seine Frau weder an den Herd noch an die Kaffeemaschine, aus berechtigten Gründen. „Kai was hast du denn heute für Fächer?“, fragte die Mutter und bekam ein seltsam heiseres Grunzen zur Antwort, Kai vor der erfrischenden Fahrt vor der Schule war einfach nicht zu gebrauchen. Rin dagegen, sein Zwillingsbruder war schon etwas wacher und antwortete: „Nur Schwachsinn Ma, wir könnten genauso gut Zuhause bleiben. Warum nicht, lass uns heute doch schwänzen!“ „In dieser Familie wird nicht geschwänzt, ihr geht natürlich in die Schule, red nicht solchen Schwachsinn!“, sagte der Vater, streng wie immer. „Das war nur ein Scherz, nimm‘s nicht so ernst.“, antwortete Rin sofort abwehrend. Chos Vater sah ihn genauso missbilligend an, wie sie es vorhin mit Kai getan hatte. „Ich geh dann mal.“, sagte Cho, stand auf, zog noch schnell ihre Schuhe und Jacke an und ging dann wie jeden Morgen allein und als erste aus dem Haus. „Schwesterherz warte!“, sie hörte wie Rin ihr hastig hinterher rief und angerannt kam, hinter ihm kam auch Kai langsam in Schwung, „Was wollt ihr?“, fragte Cho sofort relativ bissig, sie wollte nicht mit ihren Brüdern bei der Schule ankommen, „Kai du fährst doch mit dem Fahrrad, warum kommt du mit mir?“ Kai hatte die beiden auf seinem Fahrrad natürlich sofort aufgeholt. „Ich will halt mit dir in die Schule gehen, Schwesterherz.“, antwortete Kai lachend. Cho wendete den Blick ab und hauchte ihre Handschuhe an, um sich warm zu geben. Kapitel 3: Die Affen-Schule --------------------------- Die Schule war jeden Tag der gleiche Zirkus. Niemand interessierte sich noch dafür was der Lehrer sagte und was noch schlimmer war, Vor allem dass es Niemand interessierte ob es der Lehrer merkte, dass es einen nicht interessiert. Die Klasse redete und lachte, stellte dumme Fragen und machte noch dümmere Kommentare. Cho war genervt von dem Lärm, in einem Ohr hatte sie den Kopfhörer eigestöpselt um wenigstens auf einem Ohr Ruhe vor der zu lauten Klasse zu finden. „Hey Cho, wann gehst du endlich mit mir aus?“, fragte sie Jun, ein nervtötender, pubertierender Junge, der sich für das Grösste hielt. „Jun, ich interessiere mich nicht für dich und du dich eigentlich auch nicht für mich.“, antwortete Cho wie Jedes mal. „Natürlich interessiere ich mich für dich.“, sagte Jun und er bekam schon wieder diesen widerwärtigen Gesichtsausdruck. „Und was interessiert dich an mir?“, fragte sie gelangweilt auf ihrem Kaugummi herum kauend. „Deine Beine.“, sagte er lüstern. „Wie schon gesagt, du interessierst mich nicht, also verschwinde jetzt.“, antwortete Cho und vertiefte sich in ein Buch das sie sich von Zuhause mitgebracht hatte. Das sich diese ganze Szene mitten in einer Geschichtsstunde abgespielte hatte, schien niemand wirklich verwunderlich zu finden. Die junge Lehrerin weinte regelmässig nach den Stunden mit Chos Klasse. Aber auch das interessierte die Klasse nicht, man wartete nur darauf, bis die Lehrerin aufgab und man eine neue bekam. Auch wenn die Lehrer eine Autoritätsperson war, so war die Klasse eindeutig in der Überzahl. Niemand kam gegen diese Bande wildgewordene Affen an. Aber das nervtötendste war, das diese Volldeppen sich auch noch ihr gegenüber aufführen mussten wie Affen in der Paarungszeit. Ja, ja. Die Jungen fanden Cho abwechselnd geil, scharf, schön, süss, traumhaft, geil ect. Aber sie war verliebt, auch wenn niemand das wusste, so war das doch die Wahrheit, aber diese Nachricht musste sie denen nicht auch noch auf die Nase binden. Es war ihr egal was diese Idioten von ihr denken. Sie interessierte sich auch nicht für ihre Aufmerksamkeit. In der Pause wurde sie von ihren Brüdern besucht, welche von Bewunderinnen von Rin umgeben wurden. „Schwesterherz!“, begrüsste sie Kai fröhlich winkend. Rin gab den Coolen wie immer in der Schule, er stellte sich neben Cho, weil er wusste, das die beiden Zusammen aussehen wie ein gefährlich schönes Paar. Cho trug ihren gewöhnlichen kühlen Blick und Rin machte sie ganz einfach nach, während er mit den Mädchen flirtete. Kai bekam natürlich viel weniger Aufmerksamkeit von den Mädchen, nur solche die nicht an Rin rankamen begannen freundschaftlich mit ihm zu plaudern. Doch auch Cho wendete sich von den Gaffern ab, die sie und Rin anstarrten und redete mit Kai. Sobald sie ihm zu ihm zuwandte sah er ebenfalls zu ihr herüber. „Rin ist immer noch genau der Gleiche wie seit dem ersten Tag an dem ich ihn kennenlernte.“, sagte Kai zu allen, auch wenn er dabei eigentlich nur Cho ansah. „Du allerdings auch.“, lächelte Cho sanft. „Ist das jetzt als ein Lob gemeint oder ist das eine Beleidigung?“, fragte Kai. „Liebevoll.“, lachte Cho. „Das ist keine Antworte.“, antwortet Kai, aber seine Mundwinkel verzogen sich noch immer nicht zu einem Lächeln. Cho konnte es schon fast nicht mehr ansehen, sie verabschiedete sich von ihren Brüdern und verbarg ihr Gesicht in dem Buch, das sie immer noch mit sich mittrug. Kapitel 4: Der nervtötende Nachhauseweg --------------------------------------- Cho lief allein nach Hause, es wäre nicht so, dass ihre Brüder sie alleine nach Hause laufen würde, doch sie hatten eine Stunde länger als das Mädchen. „Hey, Cho-Schatz, darf ich dich nach Hause bringen?“, fragte Jun sie und legte einen Arm um ihre Schulter. „Wenn du willst und du mich nicht berührst.“, schlug sie vor und schüttelte seinen Arm von ihren Schultern. „Ja, ich darf dich nach Hause bringen.“, sagte Jun und küsste Cho auf die Wange. „Lass das.“, antwortete sie ernst, sie liess ihn neben sich herlaufen, damit ihr die Anderen nicht so nahe kamen, mehr nicht. Sie liess niemand so nahe wie ihre Brüder natürlich, ihre Brüder waren ihre einzigen Freunde, seit dem sie klein war. Sie mochte Menschen nicht, sie waren ihr zu laut und zu nervig. Und obwohl ihre Brüder eben so nervig waren, hatte sie sich an diese Art von Lärm gewöhnt, da sie ihn kannte, seit dem sie klein waren. Nachdem sie endlich zu Hause ankamen, liess Jun endlich von ihr ab. „Tschüss.“, sagte Cho, drehte sich um und schloss die Tür auf. „Bis Morgen!“, rief er ihr hinterher. Sie ging ins Haus, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ihr Vater war um halb ein Uhr Nachmittag noch nicht Zuhause und ihre Mutter malte, wie immer. Sie würde wohl wieder das Mittagessen für ihre Brüder kochen müssen. Nachdem sie Reis zum wieder Aufwärmen bereit gemacht hatte legte sie sich ins Zimmer auf ihr Bett. Sie las weiter in ihrem Buch. Es ging um Liebe, eine verbotene Liebe zwischen einem Grafen und einer Maid, aber trotzdem lange nicht so verboten und dunkel wie sie es sich erhofft hatte. Schon seit langer Zeit suchte sie nach Büchern, die ihr leise wispernd eine dunkle und schreckliche Geschichte über eine verbotene Liebe versprachen. Sie wollte keine Geschichte über eine Liebe, bei dem sich die zwei nach vielen Hindernissen am Ende doch bekommen, sie wollte hören wie schrecklich es war, sich in einen falschen Menschen zu verlieben. Sie wollte hören das alles falsch daran war. „Wir sind wieder da!“, schrie Rin durch das Haus. „Hier riecht‘s gut.“, stellte Kai fest, als Cho die Treppe hinunter kam. „Essen hab ich schon gemacht, Ma arbeitet.“, antwortete sie freundlich. „Ja, Essen von Cho.“, sagte Rin fröhlich und schlang seine Arme um Cho, doch diese wartete nur auf eine Reaktion von Kai. „Danke.“, sagte Kai liebevoll lächelnd. So liebevoll das ihr Herz einen Sprung machte. „Ich hoffe es schmeckt, ich hab schon gegessen.“, sagte Cho noch, während dem sie ihr Gesicht von den beiden Zwillingen abwendete. „Warum isst du denn allein?“, fragte Rin und dackelte ihr treu hinterher. Manchmal fühlte es sich an, als hätte Rin einen Schalter, in der Schule ist er im „On“ Modus, er ist cool und beliebt. Sobald er Zuhause ankam stellte er sich der Schalter um und er benahm sich wie ein Kleinkind. Kais Schalter dagegen war ein anderer und Cho hatte den ihren noch nicht gefunden. Sie sah ihren beiden Brüdern beim Essen zu. Nur das man eher sagen könnte sie sah Kai beim Essen zu. „Du hast heute auch keine Nachmittagsschule, oder?“, fragte Rin mit vollem Mund. „Nein, und schluck dein Essen hinunter, bevor du redest.“, antwortete sie, wie eine alte Gouvernante. „Du bist immer so streng mit mir.“, antwortete Rin lachend. „Ich bin mit allem so streng in dieser Welt.“, antwortete Cho. „Du bist sowieso viel zu streng für dein Alter, du solltest mal Spass haben.“, antwortete Rin. „Ich habe Spass.“, sagte sie lächelnd, „Wenn ich mit euch zusammen bin.“ „Wie süss!“, rief Rin aus und fährt dann fort, „Weisst du was? Heute nach der Schule hat ein Mädchen Kai gefragt ob er mit ihr gehen will, sie hat Kai gefragt“ Er begann zu lachen. „Aha.“, war das Einzige was Cho dazu sagte. Kapitel 5: Der belebte Platz ---------------------------- Als Cho an dem Nachmittag wieder auf den gleichen Platz ging wie gestern, dachte sie sich nichts dabei. Oder besser gesagt, es war einfach nicht so wichtig, wie der Fakt, das sie ihn sehen musste. Dann wenn sein Schalter auf „Off“, gestellt wurde. Natürlich sehnte sie sich danach, das er auch so ein Gesicht in ihrer Gegenwart machte, aber soviel wollte sie nicht verlangen, es genügte, wenn sie es sehen konnte. Sie sah ihn so gerne an, sie hörte so gerne seinen Namen. Sie verglich nichts mit ihm, auch wenn andere wohl sagen würde, er war in einer anderen Liga als sie, rein vom Aussehen her. Er war gewöhnlicher Durchschnitt. Aber es kam ihr nie auf seine Äusseres an, warum auch. Er war der Einzige Lärm, der sie in ihrem Leben liebte. Alles was sie sonst nervte wirkte liebenswürdig. „Komm mal her!“, rief einer seiner Freunde etwas zu laut, „Sieh dir das mal an, Kai!“ Sie vergrub ihr Gesicht in ihren schmalen Fingern, bohrte die Finger in ihre Haut, so das an einigen Stellen schon Blutstropfen hervor traten. Sie suchte nach einer verbotenen, grausamen Liebe. Eine Liebe die schrecklicher war als ihre eigene und fand keine. Sie wollte nichts auf dieser Welt ausser Kai und würde nie etwas anderes dulden in ihrem Leben, selbst Rin akzeptierte sie nur mit Kai. Ihr Vater, ihre Mutter alle anderen Menschen auf dieser Welt waren ihr egal. Es war ihr egal wenn man sie als ekelhaft und seltsam bezeichnen würde. Abe Kai durfte nichts Schlechtes von ihr halten. Inzest war etwas Falsches, etwas von der Natur nicht Erlaubbares. Und trotzdem liebte sie ihren Bruder mehr als alles andere auf der Welt. Auf ihrem Gesicht vermischten sich die warmen Tränen mit dem noch wärmeren Blut. sie wischte es sich vom Gesicht und beschloss nach Hause zu gehen, es waren keine Mädchen hier, so wie sie befürchtet hatte. Das Mädchen, welches ihm die Liebe gestanden hatte, konnte nicht hier sein. Ihr Herz schien zu zerbrechen, bei dem Gedanken, das Kai eine Freundin haben könnte. Als sie im Bus sass und von den nicht vorhanden Fahrkünsten des Buschauffeurs herum geschüttelt wurde dachte sie zum tausendsten Mal über ihre Gefühle nach. Aber egal wie oft sie es sich klar machte, obwohl es ihr Gehirn begriff, das sie ihn nicht lieben durfte, weigerte sich ihr Herz gewaltsam dagegen diese falschen Gefühle loszulassen. Und so konnte sie nichts tun, als ihn einfach weiter zu lieben. Bis zu dem Tag an dem er den Schulabschluss macht, endlich eine Freundin finden würde, heiratete, Kinder bekäme, sich scheiden liesse und schliesslich starb. Ohne sie ein Einziges Mal als Frau wahrgenommen zu haben. Sie wusste das sie schön sein wird, wenn sie gross ist. Das sie wahrscheinlich selbst einen Mann heiraten wird, den sie nicht liebt, aber reich ist. Das sie vielleicht sogar Kinder mit dem Mann hätte und sie gross ziehen würde. All das wirkte jetzt so unvorstellbar, für sie war alles im Moment in einer kleinen Seifenblase gefangen, ein Moment der ewig zu halten scheint und dennoch sich sofort verflüchtigen könnte. Sie wurden älter, sowohl sie wie auch ihre Brüder, ob Cho das wollte oder nicht, sie würden irgendwann erwachsen werden. Irgendwann die papieren Schmetterlingsflügel ausbreiten und sich ein schönes Zuhause suchen und dort den Sommer über leben und im Winter sterben. Sich trennen, ohne sich wirklich jemals zu verabschieden. „Willkommen Zuhause.“, begrüsste sie ihre Mutter, zum ersten Mal seit Wochen musste es sein, das Cho sie schick angezogen sah. „Was ist los?“, diese Kleidung beunruhigte Cho ungemein. Ihre Mutter gab nichts auf ihr Aussehen, das einzige was sie interessierte waren ihre Bilder. Ob Chos Blick in diesem Moment panisch aussah, wusste sie nicht. Auf jeden Fall fühlte sie sich so. Kapitel 6: Das stille Abendessen -------------------------------- Das Abendessen war so still wie immer, ihr Vater wurde nicht nach der anstrengenden Arbeit auch noch beim Essen gestört, also schwiegen einfach alle. Nachdem ihr Vater als Erster, wie immer, aufgegessen hatte atmete er einmal tief ein und sagte dann, „Kinder wir müssen mit euch reden.“ Natürlich gab es einen Grund dafür, das sich ihre Mutter so schön angezogen hatte, sie hatte es ja gewusst, warum war sie jetzt so überrascht. „Ich und eure Mutter haben schon vor längerer Zeit angefangen uns Gedanken zu machen und sind schlussendlich zu demselben Ergebnis gekommen.“, begann er langsam und bedächtig. Cho legte geräuschlos ihr Besteck neben den Teller und sah ihrem Vater direkt in die Augen. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, das es wohl das Beste wäre, wenn wir uns trennen und jeder seiner eigenen Wege geht.“ Cho fühlte sich so, als hätte sie einen Schlag in die Magengrube verpasst bekommen, schwieg aber beharrlich und liess sich nichts anmerken. „WAS!?“, brach Rin als erstes das Schweigen. „Warum habt ihr denn nie etwas gesagt?“, fragte Kai ruhiger. Nur Cho schwieg noch immer. „Wir wussten einfach nicht wie wir es euch sagen sollten, ausserdem wollten wir nicht, das ihr versucht uns umzustimmen, ich und Kaika lieben uns einfach nicht mehr.“ Er nannte ihre Mutter einfach bei ihrem Vornamen. Als hätten sie sich eigentlich schon vor vielen Jahren getrennt. „Ausserdem haben wir auch schon beschlossen, das wir euch aufteilen, wir können nicht einfach einem alle von euch zumuten.“, sagte ihre Mutter, als ginge es darum, wer welches Geschirr bekam. „Aufgeteilt? Wie? Halbe halbe? Jeder bekommt einen Zwilling und das Mädchen zersägen wir einfach, dann braucht sie weniger Platz?“, fragte Cho mit einer Stimme die dem arktischen Wind Konkurrenz in Kälte gemacht hätte. „Red nicht so mit deinen Eltern.“, sagte ihr Vater sofort streng und sie zuckte zusammen. „Ich nehme zwei von euch und Kaika nur Jemand.“, sprach ihr Vater weiter, „Rin und Cho wir bleiben hier und Kai zieht mit Kaika wo anders hin.“ Cho wusste nicht ob ihr in diesem Moment plötzlich Schwindelig wurde, oder ob sie einfach nicht bemerkte, das sich ihr Bewusstsein langsam verabschiedete. In diesen Moment auf jeden fall, fiel Cho samt Stuhl nach hinten und knallte mit voller Wucht auf den Boden, das Bewusstsein hatte sie schon vorher verloren. „Cho!“, riefen Rin und Kai sofort besorgt. „Was ist denn los?“, fragte ihr Vater leicht gereizt und machte keine Anstalten, so wie die Brüder versuchen Cho wieder aufzuwecken. Cho war nicht sonderlich lange bewusstlos, nachdem ihre Brüder versuchten sie auf eine sanfte Art zu wecken, stand ihre Mutter auf, füllte einen Eimer mit Wasser und schüttete alles über sie. Cho schlug die Augen auf und begann zu husten, da ich Wasser in die Luftröhre gekommen ist. „Oh.“, sagte sie plötzlich, als sie an sich herunter sah, „Ich geh mich wohl besser umziehen.“ „Was? Wie kommst du denn jetzt darauf?“, fragte Kai und sah sie auch besser an, er stellte das Gleiche fest, das Cho schon vorher bemerkt hatte. Ihre weisse Bluse war längste Zeit weiss gewesen, sie war durchsichtig und klebte an ihrem Körper. Sofort fixierte sie Kais Gesicht und suchte nach Reaktionen, doch er blieb schon fast zu ruhig. Aber wieso sollte er es auch besonders finden, ich bin ja bloss seine kleine Schwester. „Ja, tu das.“, sagte Kaika und setzte sich wieder an den Tisch um fertig zu essen. „Ich bin dann oben.“, sagte Cho noch, während sie versuchte ein Zittern zu unterdrücken. Cho hatte Angst, schreckliche Angst, die ihren Körper so weit lähmten, das sie sich mehrfach an dem Treppengeländer abstützen musste, um nicht umzufallen. Und auch als sie auf ihrem Bett lag zitterte sie weiter, nach einiger Zeit begann sie auch stossartige Schluchzer auszustossen und bitterlich zu weinen, sie versuchte ihre Stimme mit einem Kissen so gut zu dämpfen wie es nur ging. Doch dennoch musste man unten etwas hören, sie hoffte nur, alle dachten sie wäre so geschockt wegen der Trennung ihrer Eltern. Und nicht die von ihrem Bruder. Kapitel 7: Das rote Bild ------------------------ Wie lange war die Trennung von Chos Eltern jetzt her? Obwohl das für sie nicht relevant war, sie interessierte eher, wie lange war die Trennung von meinem Bruder jetzt her. Es war erst einen Monat, rief sie sich wieder ins Gedächtnis. Sie hatte sich so machtlos gefühlt, bei der Scheidung ihrer Eltern, es wurde einfach bestimmt, das sie zu ihrem Vater zog und Kai zu ihrer Mutter. Seitdem hatte sie ihn nicht ein Einziges Mal gesehen, zwar hatten sie telefoniert, doch es war kein Vergleich dazu, mit dem Liebsten unter einem Dach zu wohnen. Vielleicht sollte es eine Erleichterung für sie sein, so konnte sie ihn vielleicht endlich vergessen, aber das war nur Wunschdenken. Sie vermisste ihn jeden Tag und jede Stunde. Seltsamerweise viel dies Niemand auf, vielleicht weil es schwer war, noch dissozialer und stiller zu sein. Sie selbst hatte nicht gedacht, das ihr Herz noch mehr schmerzen konnte, als es sowieso schon tat. Aber sie hatte es geschafft, Applaus. Der Morgen war noch stiller, selbst Rin traute sich nicht, die Stille zu durchbrechen und er konnte seinen Schalter fast nicht mehr auf „Off“, schalten. Wäre Cho noch ein kleines Mädchen gewesen, hätte sie sich an Kai festhalten können, ihn zurück halten können. Aber sie war kein kleines Mädchen mehr und sie musste seinem immer kleiner werdenden Körper zusehen wie er verschwand. Sie nicht noch ein einzelnes Mal ansah. „Warum sehen mich alle Kinder so seltsam an.“, wieder und wieder drehten die Erinnerungen Kreise in ihrem Kopf. „Weil sie denken das du eine Fee bist.“, damals war er noch freundlich und lächelte noch, wenn sie in seiner Nähe war. „Und warum sehen sie mich dann so komisch an?“, das war für sie keine Antwort. „Eine Fee ist so etwas wertvolles und wunderbares, das sie denken, dass du dich nicht mit ihnen abgibst.“, hat er darauf geantwortet. War er wirklich schon so erwachsen, er war doch immer nur ein Jahr älter, oder war sie damals einfach noch so ein Kind. Es klopfte leise an ihre Tür, es war Rin, ihr Vater würde nicht klopfen, er würde versuchen die Türe aufzureissen und hinein zu platzen. Und danach fluchen, weil Chos Zimmertüre seit einem Monat permanent abgeschlossen war. Sie hatte sich ein neues Bild ins Zimmer gehängt. Ein Abschiedsgeschenk von ihrer Mutter, ein Versprechen, das sie sich auch weiterhin sehen würden. Dennoch hatte sich weder ihre Mutter noch Kai jemals bei ihnen gemeldet und weder ihr Vater, noch Rin kannten die Adresse. Das Bild war rot, Rin nannte es Feuerrot, ihr Vater Jaspisrot und sie Blutrot, auch wenn diese Töne nicht besonders nahe zusammen liegen. „Warum hast du das Bild aufgehängt?“, fragte mich Rin, während er auf meinem Bett lag, unfähig die Beine ruhig zu halten. „Um unserer Mutter Vorwürfe zu machen.“, antwortete sie sofort. „Wie bitte das?“, fragte Rin und liess geräuschvoll eine Kaugummiblase zerplatzen. „Sie hat mit dem Bild versprochen, das wir in Kontakt bleiben, was ja offensichtlich nicht der Fall ist.“, sagte Cho. „Und das willst du ihr vorwerfen?“, fragte er und drehte sich auf den Rücken. „Ja.“, antwortete sie sofort und vertiefte sich wieder in ihr Buch, da sie dachte, er liesse sie jetzt in Ruhe, nachdem sie ihn endlich hinein gelassen hatte. „Warum?“, fragte er. „Was?“, fragte sie zurück. „Warum wirfst du ihr das vor, du hast sie nie sonderlich gemocht.“, antwortete er und sein Schalter schien sich wieder umgelegt zu haben, nur auf eine Stufe, die sie nicht kannte. Ernst. „Sie ist meine Mutter.“, versuchte Cho so empört wie möglich zu antworten. „Das ist keine Antwort.“ ,Weil ich kein Kontakt mit Kai habe, wenn sie nicht Kontakt aufnimmt.‘ Aber dies war ein Geheimnis und das würde es auch bleiben. Kapitel 8: Das wilde Freiwild ----------------------------- Wer hat die Schule erfunden, was sie? Los holt die Guillotine. So etwa musste Cho denken, als sie nach zwei Monaten Trennung von Kai wieder einmal ihre Füsse in das hässliche Gebäude setzte. „Cho, Man dich sieht man ja auch selten.“, begrüsste sie Jun. „Lass mich in Ruhe.“, antwortete Cho sofort, seit dem Kai weg wahr, war sie noch unfreundlicher zu Jun, obwohl der seit dem Tag mit dem Spruch über ihre Beine, nie mehr etwas in diese Richtung gesagt hatte. „Wie könnte ich? Diese nervtötende Brüder überwachen dich wenigstens nicht mehr, jetzt bist du Freiwild.“, sagte er lachend. Warum lachte er so viel, wenn er in ihrer Nähe war, niemand ausser Rin lachte soviel in ihrer Nähe. „Ich bin selbst ein Raubtier, ich bin kein Wild.“, antwortete Cho. „Du? Dazu siehst du aber ganz schön zerbrechlich aus .“; antwortet er und wieder muss er lachen. „Die Schlange sieht auch nicht sonderlich gefährlich aus und kann dich trotzdem töten.“, sagte sie und schon war sie in ein Gespräch verwickelt. „Wenn du die Schlange bist, bin ich der Mungo.“, antwortet Jun lachend. „Da müsstest du aber noch etwas an Schnelligkeit zulegen, bevor ich mich zu an dir zu Tode auspowern würde.“, antwortete Cho schnell. Sie hasste es, sich einem Menschen unterzuordnen, egal ob es um Schlagfertigkeit geht, oder sonst irgendetwas. „Bis jetzt hast du bloss die Chance mich zu Tode zu langweilen.“ „Wenn ich dann immer bei dir sein könnte, sofort.“, antwortete er noch immer mit einem strahlenden Gesichtsausdruck. „Warum möchtest du bei mir sein?“, fragte Cho nach einigen Momenten des Schweigens. „Warum sollte ich nicht gerne bei dir sein?“, stellte Jun eine Gegenfrage. „Ich bin gemein, hasse Menschen, rede nicht viel... Es gibt genug Gründe.“, antwortete Cho. „Warst du noch nie verliebt Cho? Ich liebe all diese Dinge an dir, ich liebe deine Kühle Art, die mich immer wieder Verletzt, weil ich ein Idiot bin, aber weil ich ein Idiot bin kann ich wenigstens in deiner Nähe sein.“, antwortete Jun. „Warum sagen alle anderen, das Bruder nicht so schön ist wie anderer Bruder?“, hatte Cho mal als kleines Mädchen gefragt. „Weil das die Wahrheit ist.“, antwortete ihre Mutter. „Aber für mich sieht Kai schöner aus als Rin.“, antwortete Cho damals. Sie hatte es nie gestört, das alle anderen Rin schöner fanden. Für sie strahlte Kai schon immer. Viel schöner als alle anderen auf dieser Welt. Sie liebte alles an ihn auch seine Schusseligkeit, sein Lachen. „Dann verstehe ich dich ja das erste Mal in meinem Leben.“, antwortete Cho und wendete den Blick von ihren Füssen ab und sah in den Himmel. „Du bist verliebt?“, fragte er und sah sie durchdringend an. „Sieht man das nicht?“, fragte sie und lächelte ihn an. „Nein, ich dachte immer wenn du dich verliebst wirst du umgänglicher.“, antwortete er und klang ein wenig missmutig. „Vielleicht bin ich das geworden, aber damals hast du mich noch nicht gekannt.“, antwortete sie. Beide hörten wie die Klingel schellte, bloss reagierte nur Cho auf das laute Geräusch. Jun blieb mit herunterhängendem Unterkiefer stehen und erholte sich erst eine Minute später von dem Schock, natürlich folgte er sofort Cho. „In wen?!“, rief er ihr noch hinterher, doch da verschwand sie schon im Klassenzimmer, setzte sich hin und vertiefte sich in einem Buch. Zum Glück hatte sie jetzt Englisch, ihre Lehrerin sah so aus wie ein Maulwurf und sah etwa auch soviel wie ein Maulwurf. Cho legte den Kopf auf das Pult und begann zu tagträumen. Träumte von einem Universum, indem sie und Kai keine Geschwister waren. Kapitel 9: Die unerwartete Antwort ---------------------------------- Der Nachhauseweg war nicht angenehmer, als der Hinweg. Jun nervte sie. Jun war laut und nervtötend, sie war müde und genervt. „Cho ich hatte gerade eine total tolle Idee.“, sagte Jun plötzlich. „Und die lautet?“, fragte Cho. „Geh doch mit mir aus.“, schlug er mir fröhlich vor und legte ihr den Arm besitzergreifend um die Schulter. „Du hast es mir schon mal vorgeschlagen und ich habe das schon einmal abgelehnt, mehrere Male.“, antwortete sie und schüttelte seinen Arm von ihrer Schulter. „Aber wir haben auch in dieser ganzen Zeit, seit deine Eltern sich getrennt haben und einer deiner Brüder weggezogen ist, dreimal so viel geredet wie bevor das passiert ist.“, antwortete er lachend. „Das heisst das dich hat es gefreut, das Kai weggezogen ist?“, fragte sie leise. „Obwohl es natürlich besser wäre, wäre dein anderer nerviger Bruder auch weg.“, antwortete Jun. „Für dich wäre es wahrscheinlich wirklich besser wenn Bruderherz auch weg wäre, obwohl er lange nicht mehr so gluckenhaft ist, wie früher.“, antwortete Cho. „Also was ist deine Antwort?“, fragte er und sah ihr dabei fest in die Augen. Sie sah zurück, er war ein lieber Junge, mit einem hübschen Gesicht. Er war nervig, aber nicht so schlimm wie die anderen. Er war nicht okay, aber auch nicht schrecklich. Wenn er da war, würden die anderen sie vielleicht in Ruhe lassen. Und er schien sie wirklich zu lieben. „Warum nicht.“, antwortete Cho ruhig und sah ihm ebenfalls fest in die Augen. Man konnte in diesem Augenblick wunderbar feststellen, wie sehr Jun an eine positive Antwort auf diese Frage erwartet hatte. Zuerst starrte er Cho einfach nur an, danach knickte er ein und versank mit seinen Knien im Schnee, nur um schlussendlich Cho um den Hals zu fallen. „Danke, danke, danke.“, antwortete er so glücklich, nahm sie an den Händen und tanzte mit ihr im Kreis herum, bis sie das Spiel abrupt beendete und ihm klar machte: „Ich bin nicht in dich verliebt, das ist nur weil du mir die Verehrer vom Hals halten kannst.“ „Was ich danke dir nicht dafür das du mir diese beschissene Antwort gegeben hast.“, sagte er sofort. „Und wofür dann?“, fragte sie leicht verwirrt. „Du hast mich angesehen, endlich. Du hast mir das erste Mal geglaubt, dass ich dich liebe.“, antwortete fröhlich. Und weil sie in diesem Moment begriff, wie sehr sie wollte, dass Kai sie nicht als Schwester sondern als Frau sah, begriff sie auch diese Freude. „Daran kannst du dir selbst die Schuld geben.“, sagte sie. „Dafür übernehme ich gerne die Verantwortung.“, sagte er fröhlich und griff nach Chos Hand. Da die beiden ja jetzt ein Paar waren, war es für sie kein Problem. Es war nicht so, dass es sich besonders anfühlte, wenn er ihre Hand hielt, aber es wärmte ihre kalten Finger und unangenehm war es auch nicht. So hatte sich Cho im zarten Alter von 16 schon ein Liebhaber geangelt, ohne das sie Irgendetwas dafür tun musste. Sie wusste nicht, ob das etwas Schlechtes, oder etwas Gutes war. Auf jeden Fall entsprach es nicht der Norm. In diesem Alter hüpften die Teenager verliebt herum und sprachen von der grossen Liebe, die dann zwei Monate hielt, weil er beim Knutschen zu sehr spukte, oder Ähnliches. Aber wenn wohl jemand nicht der Norm entsprach so war das wohl Cho. Sie war nicht glücklich und nicht unglücklich darüber. „Wenn du dich in mich verliebst...“, begann Jun einen Satz, beendete ihn danach allerdings nicht. „Was ist dann?“, fragte Cho nach einigen Herzschlägen des Schweigens nach. „Würdest du mir bitte davon berichten?“, fragte er leise und gab ihr einen sanften Kuss auf den Mund. Er hatte sie brav bis vor ihre Haustür gebracht und ihr einen sanften Abschiedskuss gegeben ,Wie gewöhnlich‘, dachte sie sich und ging in das leere Haus. Kapitel 10: Das zweite Date --------------------------- Ihr zweites Date bereits, ein viertel Jahr nachdem Kai sie verlassen hat, was für eine wunderbar falsche Aussage. „Cho, hier bin ich!“, rief Jun ihr zu, er sah wirklich besser aus in Strassenkleidern, als in der Schuluniform. „Hallo.“, sie setzte sich langsam in Bewegung und liess sich von ihm begrüssen. Wie immer küsste er sie sanft. Er war nicht viel grösser als sie, aber doch genug um sich zu ihr hinunter zu beugen beim Küssen. Das fand sie irgendwie schön. „Wo gehen wir heute hin?“, fragte Cho, nachdem Jun wieder ihre Hand genommen hatte und mit ihr fröhlich durch die Stadt lief. „Ins Kino?“, fragte er vorsichtig, als würde sie ihn beschimpfen, wenn er einen Vorschlag macht, der ihr nicht passt. „Mir aus.“, sagte sie und liess ich von ihm weiter durch die Stadt führen, in die Strassenbahn, durch den Verkehr, bis sie schlussendlich vor dem grossen Gebäude stehen blieb. „Hier ist es, was willst du sehen? Romantik, Humor, Thriller, Horror?“, fragte er und hielt ihre Hand noch fester, es schien als hätte er sich in dem vergangenem Monat nur noch mehr in sie verliebt. „Ein Thriller vielleicht? Oder sonst irgendetwas ohne Liebe und zu viel Kettensägen.“, antwortete Cho. „Dann such mir einen aus, ja?“, versuchte er ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, doch sie hatte ihren Blick in den Rücken verbohrt, der genau vor ihr in der anderen Reihe stand. „Ja, mach du das.“, sagte sie reflexartig und sah weiterhin den Rücken an. Er trug einen stink normalen blauen Pullover und war nicht sonderlich aussergewöhnlich. „Du vertraust mir also bei einer Sache wie Film aussuchen.“, antwortete er und lächelte sanft. „Ja, aber ich vertraue dir auch noch in anderen Dingen im Leben.“, sagte sie ebenfalls lächelnd. „Dann bin ich ja froh.“, antwortete er und endlich drehte sie sich wieder zu ihm um. „Du hast mich echt lieb, nicht?“, fragte sie wenig feinfühlig. „Wenn du das so ausdrücken würdest.“, antwortete er lachend. Der einzige Grund warum sie diese Beziehung nicht mochte war dieser. Wenn einer mehr für den anderen empfindet, wird er am Ende immer verletzt. Und in dem letzten Monat ist Jun richtig Okay geworden. „Hey ich wusste von Anfang an, das du nicht in mich verliebt bist. Du musst kein Mitleid mit mir haben, ich bin glücklich bei dir zu sein.“, antwortete er als hätte er die Frage gehört. „Woher?...“, fragte sie verblüfft. „Du bist doch auch verliebt, wenn du immer nur eine Person ansiehst, wirst du irgendwann fähig nur an ihrem Gesichtsausdruck alles zu bemerken, was sie gerade fühlt.“, antwortete er lächelnd. „Das klingt jetzt irgendwie nach einem Stalker.“, sagte sie im Hinblick auf ihr eigenes, immer nur die Person ansehen, die man liebt. „Vielleicht.“, antwortete Jun lachend und als sie endlich vor der Kasse waren sagte er: „Zwei Tickets für the lovely bones, bitte, genauso wie zwei mittlere Colas mit einem grossen, salzigen Popcorn. Cho ist das okay für dich?“ „Ja, ja, mach was du willst.“, antwortete sie und sah sich ein wenig die Leute an, welche hier Schlange standen. „Cho?“, fragte eine ziemlich vertraute Stimme, eine Stimme die sie schon sehr lange kannte und schon sehr lange nicht mehr gehört hatte. Sie sah sofort in die Richtung aus der die Stimme kam und sah wieder den gleichen blauen Pullover, nur dieses Mal von vorn. „Kai!“, rief sie und glitt an der Absperre vorbei um ihn zu umarmen. „Wo warst du denn die ganze Zeit?“, fragte sie sofort und er begann ihr sanft den Kopf zu streicheln. „Ma ging es nicht besonders, ich musste mich um sie kümmern.“, antwortete er beruhigend. „Ich hab dich so vermisst, die ganze Zeit.“, Chos gesamte Coolheit war in diesem Moment wie weggeblasen. „Cho, kommst du.“, Jun stellte sich neben sie und zog sie an ihrem Arm zu sich und legte den seinen besitzergreifend um ihre Schulter. „Das ist meine Freundin, grosser Bruder.“, sagte Jun und starrte Kai wütend an, der leicht verdutzt zurück blickte, um dann zu sagen, „Cho hat sich also endlich ein Freund angelacht.“ Kapitel 11: Der traurige Beweis ------------------------------- Cho sass wie betäubt im Kino, sie wusste nicht ob Kai auch in diesem Kino war, oder nicht. Auf jeden Fall hatte sie sich ihr Treffen anders vorgestellt. In der Pause schlich sie sich weg vom Film und von Jun, er war okay, aber ihren Bruder liebte sie. Kai war da, er stand vor dem Kinogebäude und sah seinen Atemwölkchen zu, wie sie sich langsam auflösen und wie er dann neue bildete. „Kai?“, fragte Cho leise und stellte sich neben ihm, schon allein bei ihm zu sein war beruhigend. „Ich habe mir das niemals vorstellen können.“, antwortete er, „Das meine kleine Schwester einen Freund bekommt, obwohl du doch so schön bist“ „Wir sind auch erst seit einem Monat zusammen.“, sagte sie und versuchte ihn damit zu trösten. „Du hast mir immer gesagt, du brauchst keinen Freund, wenn du mich hast.“, antwortete er und wurde wütend. „Aber du warst ja nicht da.“, rief sie aus. Für sie hörte es sich an, als wäre es ein Streit zwischen zwei Liebenden und das machte sie auf eine seltsame Art glücklich, „Du bedeutest mir viel mehr als er, ich habe dich viel lieber als ihn.“ „Wenn du mich wirklich lieber hast als diesen Vollpfosten dann kannst du es mir ja beweisen.“, antwortete er und sah mich wütend an. „Und wie?“, fragte Cho und klammerte sich an Kai fest. Er sah sie noch immer wütend an, er antwortete er ihr nicht mehr und wendete sich einfach von ihr ab. „Geh nicht.“, flüsterte Cho und sah auf die stark befahrene Strasse, „Ich beweis es dir.“ Sie machte einen langsamen Schritt nach dem anderen, bis sie schliesslich am Rand des Gehwegs erreicht hatte. „Kai, sieh her.“, sagte sie und bemerkte seinen Blick im Rücken. „Was tust du da?!“, schrie er ihr hinterher, „Komm zurück!“ Sie lächelte ihn noch ein letztes Mal an und trat aus die Strasse, man hörte die quietschende Bremse eines Autos. Man sah wie Chos Beine weggerissen wurde und hörte Kais panische Stimme in sein Handy hinein schreien. Die Raben auf den Stromleitungen stieben in alle Himmelsrichtungen davon, als das Auto mit einem riesigen Krach Chos Beine brach. Nur für Cho stand die Welt in diesem Moment still. Das einzige was sie noch bereute war, das sie ihrem Bruder nie gesagt hatte, wie sehr sie ihn liebte. Aber selbst wenn sie in diesem Moment sterben sollte, konnte sie friedlich lächeln. Auch wenn sie es nicht mit Worten ausgedrückt hatte, sie hatte es ihm wenigstens bewiesen. Er war das Wichtigste auf dieser Welt und es störte sie nur für einen kurzen Augenblick nicht, dass sie Geschwister waren. Man konnte nichts dafür in wen man sich verliebte. Wie oft sie diesen Satz schon gelesen hatte wusste sie nicht mehr. Aber dieser Satz sagte die Wahrheit. Sie hatte sich nicht in Kai verliebt, weil sie es so wollte, sondern weil es einfach passiert ist. Sie spürte wie ihr lebloser Körper auf eine Trage gehievt wurde. Während sie von den Notfallärzten beatmet wurde, überlegte sie sich, das man sie doch lieber einfach zurückgelassen hatte. Sie einfach sterben lassen hätte und sie nicht dieses Leben leben liesse. Und auch wenn sie wusste wie selbstsüchtig dieser Wunsch war, so konnte sie nicht davon ablassen. Wenn sie auf der Strasse gestorben wäre, wäre sie allen als schöne junge Frau in Erinnerung bleiben. Kapitel 12: Das geforderte Überleben ------------------------------------ Cho wachte im Krankenhaus wieder auf. Das war nichts Unerwartetes, wenn man sich für den Tod vorbereitet, wenn man auf eine Strasse die voll von Autos war schritt. „Was machst du für Sachen?“, Rin sass neben mir und es sah so aus, als ob er geweint hatte. „Es tut mir leid.“, flüsterte sie schwach und mit erstickender Stimme. „Solange du überlebst.“, antwortete er und legte seinen Kopf neben ihr auf die Matratze. „Wo ist Kai?“, fragte sie müde. „Er ist bei Ma, sie waren Gestern hier und werden Morgen hier sein. Wir wechseln uns ab mit Besuchstagen, Ma wollte Pa nicht sehen.“, antwortete Rin und seine Stimme wurde von der Matratze gedämpft. „Entschuldigung das du dir Sorgen um mich machen musstest.“, sagte Cho und legte zitternd eine Hand auf Rins Hinterkopf. „Wenn du dich bedanken würdest, wäre mir das lieber.“, antwortete er. „Danke Rin.“, sagte Cho lächelnd. Sie wusste nicht ob es die Schmerzmittel waren, oder das Gewicht, das endlich von ihrer Brust gefallen war, das sie so lieb zu Rin sein konnte. Oder vielleicht weil er endlich kein Lärm mehr machte. „Vater ist sich Kaffee holen gegangen.“, sagte Rin. „Er kann ruhig wegbleiben.“, antwortete sie, „Warum ist er nicht bei der Arbeit?“, fragte sie. „Es ist halb zwölf Uhr Nachts.“, sagte Rin lachend. „Warum bist du dann hier?“, fragte sie verstört.
„Ich hab mir gedacht, wenn ich von 00.01 bis 23.59 hier bleibe wachst du sicher auf.“, antwortete er lächelnd. „Und weshalb sollte das etwas bringen?“, fragte Cho lächelnd. „Weil ein guter Wille immer hilft?“, fragte er sich selbst, „Aber wenn du aufgewacht bist, sollte ich vielleicht Vater bescheid sagen, Mann du hattest so Glück, das du heil aus diesem Unfall heraus gekommen bist.“, sagte er und stand auf. Sie sah ihn verwundert an, sie war nicht ein einen Unfall verwickelt worden. Sie ist selbst auf die Strasse gestanden. „Wie geht es dem Fahrer?“, fragte Cho. „Zum Glück war er allein unterwegs und ist nur leicht verletzt worden, er ist schon wieder heil.“, antwortete Rin. „Das ist gut.“, flüsterte Cho fragte darauf, „Was ist mit mir passiert?“ „Deine beiden Beine sind gebrochen. Und du hast diverse Prellungen, aber nichts was bleibende Schäden mit sich trägt. Ausserdem hast du keine inneren Verletzungen, was äusserst gut ist.“ „Und Narben?“, fragte sie sofort. „Woher soll ich das wissen? Das hat niemand interessiert in den Tagen indem du im Koma lagst. Wir haben um dein Überleben gebangt, uns nicht für dein Äusseres interessiert.“, sagte Rin wütend, „Ich geh jetzt besser Pa holen.“ Sie sagte nichts mehr, in diesem Augenblick hatte sie nur an Kai gedacht, nicht an die Menschen um sie herum. Nicht an ihre Eltern, an Rin und auch nicht an Jun. Der wohl äusserst besorgt um sie gewesen war. Aber da eh alle dachten, dass es ein Unfall gewesen sei, spielte dieses ganze Theater keine Rolle, niemand würde heraus finden, dass sie es für ihn getan hat. Rin kam mit ihrem Vater wieder in das kleine Zimmer. „Cho du bist also aufgewacht.“, sagte ihr Vater und zog sich einen Stuhl neben das Bett. „Ja, mir geht es sehr gut.“, antwortete Cho sofort. „Das ist gut.“, murmelte der Vater leise. „Pa, wir sollten langsam nach Hause, du weisst doch, wir dürfen nur bis Mitternacht hier sein. So habt ihr euch geeinigt.“, sagte Rin und zog an seinem Ärmel. „Wir sind hier nicht bei Aschenbrödel, also bitte.“, sagte ihr Vater und fuhr dann fort, „An was erinnerst du dich noch?“ „An alles?“, antwortete sie leicht verstört. „Sehr gut.“, murmelte ihr Vater und fragte sie noch weiter aus. „Was macht ihr denn hier?“, fragte eine verwunderte und leicht angesäuerte Stimme, dessen Besitzer genau in der Sekunde das Zimmer betrat, als der Sekunden Zeiger den neuen Tag verkündete. Kai war gekommen. Kapitel 13: Das langweilige Mädchen ----------------------------------- Cho lag seit einiger Zeit im Krankenhaus. Es war lange nicht mehr so schrecklich wie am Anfang, langsam hatten alle Schwestern begriffen, das sie nichts „spielen“ oder „malen“ wollte. Das sie ein grosses Mädchen war und es schaffte sich selbst zu unterhalten. Ausserdem war einer ihrer Brüder immer an ihrer Seite. „Warum hast du das gemacht?“, hatte sie Kai in der Nacht, nachdem er Rin und ihren Vater verscheucht hatte, gefragt. „Ich wollte es dir beweisen. Das du mir das Wichtigste bist, wichtiger als mein Leben.“, antwortete sie, wann war es ihr egal geworden, ob ihr Bruder bemerkt, das sie in ihn verliebt war? „Und was glaubst du hätte ich getan, wenn du gestorben wärest? Wenn du jetzt nicht neben mir liegen würdest und mich allein gelassen hättest?“, hatte er gefragt. „Sag mal weinst du?“, hatte Cho ihn leise gefragt und hatte versucht mit ihrer ausgestreckten Hand eine Träne von seiner Wange zu entfernen, „Ich bin doch hier, ich lebe doch noch.“ „Ja, zum Glück.“, hatte er geantwortet. Jun hatte sie noch kein einziges Mal besucht, seit dem sie hier lag, vielleicht war er wütend auf sie. „Du hast es doch keinem erzählt?“, fragte sie Kai, als er neben ihr sass, den Kopf seitlich auf die Matratze gelegt. „Nein, warum?“, antwortete er. „Es ist gut das alle glauben, das es ein Unfall war.“, sagte sie lächelnd. „Auch dein Freund wahrscheinlich.“, sagte Kai und sah sie durchdringend an. „Ein hammer Freund ist er, er hat mich noch nicht ein einziges Mal im Krankenhaus besucht.“, sagte sie lachend. „Er darf nicht kommen.“, antwortete Kai mit einer Stimme so kalt wie Eis, „Das er mit dir damals da war und nicht auf dich aufgepasst hat verzeiht Vater ihm nicht.“ „Aber er konnte nichts dafür.“, verteidigte Cho Jun, er tat ihr leid, sie wollte sich anständig von ihm verabschieden. „Er hätte auf dich aufpassen müssen, wenn er dich wirklich lieben würde, dann hätte er dich nicht allein gelassen. Dann sollte er wissen wenn du traurig bist und dich vor dir selber beschützen.“, sagte Kai und wurde ziemlich wütend. „Er muss mich lieben, sonst wüsste ich nicht, wie er mich ertragen könnte sonst. Ich bin unausstehlich. Wie eine giftige Rose, schön anzusehen, aber meine Dornen sind tödlich. Niemand traut sich in meine Nähe ausser ihm.“, antwortete Cho und richtete sich auf um Kai besser in die Augen sehen zu können. „Du hast ihn also doch lieb.“, sagte Kai. „Vielleicht, aber vor allem verstehe ich ihn. Wir sind beide gleich in einer Weise.“, antwortete Cho lächelnd. „In wie fern?“, fragte Kai erstaunt. „Wir beide lieben Menschen von denen die anderen denken, wie kann man sich nur in diesen Menschen verlieben?“, versuchte Cho es Kai zu erklären, „Zum Beispiel wie kann man sich nur in so ein asoziales und langweiliges Mädchen verlieben, selbst wenn sie noch so schön ist?“ „Du bist sehr wohl liebenswert.“, sagte Kai sofort. „Natürlich, du bist ja auch mein Bruder.“, sagte Cho. „Ich hätte dich auch lieb, wenn du nicht meine Schwester wärest.“, antwortete Kai sofort. „Woher willst du das wissen?“, fragte sie, „Wir kennen uns nur weil wir Bruder und Schwester sind, wir haben uns nur deshalb lieb.“, sie fügte ein stummes „Oder“ an. „Ich wette wenn wir uns so getroffen hätten, als Fremde, dann hätten wir uns auch lieb gehabt. Es gibt ja auch Geschwister, die sich so gar nicht ausstehen können.“, sagte er milde lächelnd. „Das wäre schön, der Gedanke das wenn wir wieder geboren werden, dass wir uns dann auch wieder lieb haben.“, sagte Cho gedankenverloren. „Aber es ist doch auch nichts Schlechtes das wir uns jetzt lieb haben.“, sagte Kai lächelnd und nahm sanft ihre Hand in die Seine. „Ja, das ist etwas sehr schönes.“, antwortete Cho und fügte noch etwas an auch wenn sie wusste das ihr Bruder es nicht gerne hören würde, „Bitte lass Jun zu mir, wir müssen reden.“ „Über was?“, fragte Kai erstaunlich ruhig. „Einfach alles?“, gab Cho eine Antwort die eher wie eine Frage klang. Kapitel 14: Die tröstende Hand ------------------------------ Man wollte Cho noch immer nicht aus dem Krankenhaus lassen, und mal ehrlich, was will man mit zwei gebrochenen Beinen auch schon grossartig machen. Als man ihr also auch an diesem Tag sagte, dass sie noch nicht nach Hause konnte, war sie nicht erstaunt, viel erstaunter war sie über ihren Besuch. „Hallo“ „Jun.“, sagte sie erstaunt und sah von ihrem Buch, als die bekannte Stimme sie begrüsste. „Dir geht es gut.“, sagte Jun und sank neben ihrem Bett auf die Knie, „Was für ein Glück.“ Sie legte tröstend eine Hand auf seinen Hinterkopf. Sie wusste nicht welche Worte in so einem Augenblick tröstend wären. „Sie haben mir nicht erlaubt herzukommen, ich bin sofort am ersten Tag zur Besuchszeit hier angekommen, aber deine Brüder haben mich nicht zu dir gelassen, du würdest noch schlafen.“, fuhr Jun fort, „Aber mit der Zeit wurde ich immer misstrauischer und schlussendlich hat mir Rin dann erklärt, dass Kai verdammt sauer auf mich war, weil ich nicht gut genug auf dich aufgepasst hatte.“ „Entschuldigung für die Umstände.“, sagte Cho leise. „Es ist schon seltsam, ich habe mir sooft Worte zurechtgelegt um dich zu beschimpfen, aber jetzt bin ich einfach nur so froh, dass es dir gut geht.“, sagte er. „Du kannst mich ruhig beschimpfen, ich hab‘s verdient, ich hätte vorher darauf kommen können, das meine Brüder dich von mir abschotten.“, sagte Cho entschuldigend. „Ich will dich nicht beschimpfen, ich will dich nur um etwas bitten.“, sagte Jun und sah Cho tief in die Augen. Sie reagierte nicht auf seinen Blick und fragte bloss: „Und was?“ „Bitte, rede mit mir, bevor du irgendetwas unüberlegtes tust.“, sagte er sofort und nahm ihre Hand ganz fest. „Wie meinst du das?“ „Meinst du ich bin doof?“, fragte er ernst „Wünscht du dir eine ehrliche Antwort?“, fragte sie neckisch. Jun sah sie an und begann so zu lachen, wie Cho selten einen Menschen lachen gesehen hatte, vielleicht auch noch nie. Es begann damit, das er sich auf die Schenkel schlug, bis er schliesslich vor Luftmangel auf den Boden kippte, wo er auf dem Rücken liegend fröhlich weitermachte und dazwischen verzweifelt versuchte Luft zu holen. Selbst nachdem er diesen Anfall überlebt hatte, schüttelten ihn noch weitere durch, zwar kleinere aber dennoch genug laute. „Sorry...“, sagte er schlussendlich, „Du hast nur das erste Mal in meiner Gegenwart einen Witz gemacht.“ „Oh.“, sagte Cho und begann unwillkürlich zu lächeln. „Also wieder zurück zum Thema.“, sagte er und bemühte sich wieder ernst auszusehen und augenblicklich war die ganze Stimmung im Raum wieder ernst. „Ich weiss, dass du nicht so dumm bist und auf eine Strasse rennst bei der es weder Ampel noch Zebrastreifen hat.“, sagte er, „Da war irgendetwas los mit deinem Bruder. Er war nämlich eigentlich auch nicht wütend auf mich, sondern auf sich.“ „Jun was würdest du tun, wenn ich sagen würde, beweis mir, wie sehr du mich liebst?“, fragte Cho ziemlich geradeheraus. „Alles.“, antwortete Jun sofort, „Wenn dann die Chance besteht, dass du es begreifen und ebenso fühlen würdest, dann täte ich wohl alles.“ „Und genau das Gleiche habe ich getan, mit der Person in die ich verliebt bin.“, antwortete Cho und lächelte Jun traurig an, „Du hörst das sicherlich nicht sonderlich gern.“ „Nein, nicht wirklich.“, antwortete Jun und lächelte genauso schmerzhaft zurück, „Aber das war von Anfang eine einseitige Liebe. Ich hätte es nicht tun sollen, dann hätte ich mich vielleicht wieder entliebt. Und hätte dir nicht diese Antwort gegeben.“ „Du verdienst sowieso etwas Besseres, als mich.“, sagte Cho. „Es gibt nichts Besseres in meiner Welt.“, sagte er und wendete den Blick vom ihren ab. „Bitte Jun, lass uns hier einen Schlussstrich ziehen, du wirst nur weiter verletzt, wenn du dich weiter mit mir abgibst.“, sagte Cho und nahm seine Hände in ihre. „Das ist das erste Mal, das du um mich besorgt bist. Aber ich will bei dir sein, so sehr der Gedanke schmerzt immer nur zweite Wahl zu sein, so schmerzt der Gedanke doch mehr nicht mehr bei dir sein zu können.“, sagte er und hielt ihre Hand fest in seinen. Kapitel 15: Das freundliche Gespräch ------------------------------------ Es war ihr letzter Tag im Krankenhaus und somit auch der letzte Tag, an dem Kai sie besuchen kam, zu ihr nach Hause durfte er von ihrer Mutter aus nicht. Sie hatte solche Schmerzen bei dem Gedanken ihn zu verlieren, das sie in der Nacht vor ihrem Auszug aus dem Krankenhaus nicht schlafen konnte. Sie lag die ganze Nach mit geschlossenen Augen auf ihrem Rücken und schlief nie ein. Fühlte wie ihr Herz bei dem Gedanken von Messern durchbohrt wurde und spürte wie ihr die warmen Tränen über das Gesicht liefen. Sie war allein in dieser Nacht, weder Jun, noch ihre beiden Brüder besuchten sie. Ihre Eltern hatten sie während ihres Aufenthalts sowieso fast nie besucht. Das erwartete sie auch in dieser Nacht nicht. Sie hatte sich selber noch nie sonderlich gemocht, das wusste sie, aber sie fühlte sich so schrecklich beim Gedanken daran, dass sie eigentlich in Kai verliebt war, allerdings mit Jun zusammen war. Sie wollte sich nicht von Jun trennen, solange er dem nicht zustimmt, sie wollte ihn nicht noch mehr verletzen. Da Cho in dieser Nacht nichts Besonderes tat, wollen wir mal uns näher mit Jun und Kai beschäftigen, diese hatten in dieser Nacht nämlich ein wunderbar aufklärendes Gespräch, das zu 90% aus Faustschlägen bestand, aber fangen wir von vorne an. Jun besuchte Kai, wie er seine Adresse heraus gefunden hatte,wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. Kai liess Jun, höflich wie er war natürlich rein, selbst zu dieser späten Stunde. „Wieso bist du nicht bei Cho?“. fragte Kai und setzte Wasser auf den Herd. „Im Gegensatz zu dir sehe ich sie auch nach ihrer Entlassung jeden Tag in der Schule und bringe sie heim und hole sie ab.“, fing Jun an und sah Kai fest in die Augen, „Na? Eifersüchtig?“ „Warum, Cho ist doch bloss meine kleine Schwester.“, sagte Kai lachend. „Dein falsches Lachen kannst du dir sparen. Ich weiss das es dich seit dem Tag im Kino innerlich auffrisst, das sie einen Freund hat. Besonders da ihr zwei ihr immer gereicht haben.“, sagte Jun und forschte weiter in Kais Blick, „Hm? Oder besser gesagt, Du hast ihr gereicht und jetzt nicht mehr.“ Jun lachte dreckig, Kai sah ihn nur kalt an, „Wenn Cho sich nur ein einziges Mal über dich beschwert, dann werde ich dir deine hübsche Nase einschlagen.“ „Warum sollte sie sich über mich beschweren?“, fragte Jun gespielt erstaunt, „Wir lieben uns doch.“ „Sie sieht dich nicht so an.“, sagte Kai, „Sie sieht dich zwar anders an, als alle Anderen, aber sie sieht dich nicht so an als ob sie dich lieben würde.“ „Und du weisst wie sie drein sieht wenn sie verliebt ist, weil...?“, fragte Jun um Kai noch weiter zu reizen. „Das geht dich nichts an, aber solange sie ihre Brüder noch liebevoller ansieht , als ihren Freund, dann ist für mich klar, dass sie nicht in dich verliebt ist.“, antwortete Kai und lächelte böse. „Aber dennoch bin ich es den sie küsst und nicht ihre Brüder.“, sagte Jun und drehte Kai wieder den Rücken zu. Nach diesem wunderbaren Kommentar, sprang Kai auf und begann herzallerliebst auf Jun einzuprügeln. Nach dem ersten Schlag reagierte Jun sofort und versuchte sich unter Kai hinweg zu drehen um einen Gegenangriff zu starten. Wie schon gesagt, diese Keilerei ging etwa 9 mal länger als dieses Gespräch von vorhin. Während diesem Schlagabtausch wurden noch einige hässliche Wörter gesagt, die man hier jetzt nicht nennen sollte. Das ging schliesslich so lange, bis Kaika, Cho, Kai und Rins Mutter hinunter kam, den Testosteron aufgeladenen Jungen gehörig die Leviten las. Danach rief sie das Krankenhaus an, indem auch noch ihre Tochter lag und lies die beiden einliefern. „Ich sollte euch auch in die Psychiatrie stecken. Weshalb verprügelt ihr euch hier?“, fragte Kaika wütend und folgte den beiden ins Krankenhaus. Cho klärte man in diese Nacht noch nicht auf. Oder besser gesagt, über dieses Geheimnis wurde ein Mantel des Schweigens verhängt. „Eine Einseitige Liebe ist keine Liebe.“, sagte Kai als letztes noch lachend, bevor man seine Nase röntge und fest stellte, dass sie glücklicherweise nicht gebrochen war. Kapitel 16: Der Montagmorgen ---------------------------- Am ersten Montag als Cho wieder in die Schule ging, stellte sie sich innerlich tot. Sie fühlte sich in den Komazustand zurück und überlebte so den Tag, sie fragte nicht, warum die Nase von Jun verbunden war, oder warum er ein blaues Auge hatte. Selbst wenn sie tatsächlich ein wenig neugierig war, so ging es sie nichts an. „Cho, wann wiederholen wir unser Date?“, fragte Jun so laut inmitten einer Englischstunde, das die ganze Klasse es hörte. Cho wollte ihre Beziehung nicht geheim halten, aber sie hasste es, wenn die Leute in ihrer Klasse etwas über ihr Privatleben erfuhren. Alles machte sie angreifbar, obwohl die Hänseleien wegen ihr und Jun schon sehr früh verstummt waren, so hiess das nichts. Für alle Anderen war Cho noch immer so etwas wie eine Elfe aus einem anderen Reich, Jemand der existiert, aber nicht in ihrer Welt. Der einfach da ist, wunderschön anzusehen, aber so unnahbar wie Eis. Cho war wie ein Schmetterling, wie es ihr Name sagte, sie würde davon fliegen. Genau das war es von dem Jun solche Angst hatte. Genau das war es, was er niemals erleben wollte, er war fast gestorben, als er von Chos „Unfall“ gehört hatte. Wenn sie dort gestorben wäre, er wusste nicht, was er getan hätte. „Bitte Cho, stirb nicht.“, sagte er zu ihr in der Pause, als die beiden allein in einer Ecke standen. Sie stand mit dem Rücken zu ihm, der an der Wand gelehnt da stand. „Warum sollte ich sterben?“, fragte sie kalt und er legte seine Arme um sie und zog sie zu sich. „Ich weiss es nicht, aber bitte tu es nicht.“, sagte er noch immer völlig unrationell. „Versprechen kann ich nichts.“, sagte sie und liess sich von ihm das Ohr küssen. Es beruhigte ihn, sie nach solanger Zeit wieder anzufassen, wieder ihren warmen Körper in seinen Armen zu halten und an ihren Haaren zu riechen. „Solange du nicht nein sagst.“, sagte er und fuhr damit vor ihre Haut mit seinen Lippen abzutasten. Sie fühlte dabei eine angenehme Wärme, aber nicht das Kribbeln, das er verspürte. „Ich liebe dich.“, sagte Jun und sah sie an. Sie antwortete nicht, er wusste das sie nicht so empfand „Wen liebst du?“, fragte er neugierig und mit einem seltsamem Unterton. „Jemanden bei dem das falsch ist.“, sagte sie und liess sich von ihm ihre Hände um seinen Hals zu legen. „Und deshalb weiss er nichts davon?“, fragte er lächelnd. „Nein, weil er mich nicht liebt.“, sagte sie, ebenfalls lächelnd, aber es war ein herzzerreissendes Lächeln. „Was für ein Idiot.“, sagte er lachend und küsste sie weiter. Nach dem Klingeln waren beide wieder wie vorher, sie liess ihn nicht an sie heran. Auch nach der Schule liess sie ihn sich nicht mehr berühren. Er versuchte zwar mehrmals ihr den Arm um sie zu legen, ihre Wangen zu küssen, oder ihre Hände in seine zu nehmen. „Lass das.“, sagte sie wütend nach einem erneut gescheiterten Versuch. „Ich will dich doch nur berühren.“, sagte er und erneut hielt er sie von hinten um ihre Taille. „Ich denke nach und zwar nicht über uns.“, fauchte sie wütend. „Du hast „uns“ gesagt.“, sagte er den Tränen nahe von Glück. „Ich überlege mir, ob ich es ihm sagen soll.“, sagte sie und jetzt lehnte sie sich an seine Brust. „Und das willst du mit mir besprechen?“, fragte er belustigt und endlich legte er seine Arme um sie und roch an ihrem Haar. „Mit wem sonst, meinen imaginären Freunden?“, fragte sie ironisch. „Ich glaube du solltest es tun, selbst wenn du abgelehnt wirst, kommst du endlich über ihn hinweg und konzentrierst dich auf uns.“, antwortete er. „Ich weiss nicht ob ich endlich über ihn hinwegkomme, wenn man solange verliebt ist, dann hört dieses Gefühl nicht einfach so auf.“, antwortete sie und auf eine seltsame Weise genoss sie seine Wärme. „Ich will nicht, das immer wenn wir zusammen sind an einen anderen Mann denkst, also bitte sag es ihm und ich werde dich trösten, egal was danach ist.“ „Danke.“, sagte sie leise und Jun brachte Cho nach Hause, währenddessen liess er ihre Hand nie mehr los. Kapitel 17: Die gefallenen Tränen --------------------------------- Cho stand vor der Haustür ihres Bruders, nachdem Jun ihr die Adresse genannt hatte. Sie wartete darauf, das er von der Schule nach Hause kam. Sie schwänzte die Schule das erste Mal in ihrem Leben. Sie war glücklich, das es für Kai war und nicht für etwas unwichtigeres, nur weil es sie nervte, oder einem Test. Jun würde wissen was los ist. Sie hörte ein Fahrrad näher kommen und sah auf die Strasse, Kai kam zusammen mit einem Freund die Strasse entlang zu ihr. Es war nicht lange her, dass sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, aber ihr Herz schlug so laut, das sie es in ihrem Kopf hämmerte. „Cho?“, rief Kai überrascht, und stieg von seinem Fahrrad herab. Sein Freund begutachtete Cho genau. „Wer ist das?“, fragte er erstaunt, „Deine Freundin?“ „Eine Freundin.“, antwortete Kai und sagte dann kalt, „Ich habe es mir anders überlegt, du kannst heute nicht mit mir lernen.“ „Ich will nur ganz kurz mit dir reden.“, sagte Cho sofort und klammerte sich wieder an Kais Ärmel fest. „Dann wart hier.“, sagte Kai zu seinem Freund und ging mit Cho voran in sein Haus. „Ma ist bei einer Ausstellung.“, sagte Kai und stelle sich direkt hinter der Türe so hin, dass Cho nicht mehr weiterkam, „Über was willst du reden?“ „Ich muss dir etwas sagen.“, sagte sie und holte tief Luft. „Ich weiss, dass ich deine Schwester bin, deine echte, leibliche Schwester. Und das es von der Gesellschaft als falsch angesehen wird, aber du warst immer für mich da, seitdem ich klein bin und ich hatte dich immer so lieb.“, begann sie und schon kamen ihr die ersten Tränen, „Aber vor langer Zeit haben ich festgestellt, dass dieses „Lieb haben“, nicht das einer Schwester ist. Ich will dich berühren und ich werde immer so eifersüchtig, wenn du mit anderen Mädchen redest. ich habe mich in dich verliebt und es tut mir so leid.“ Kai sah sie nur an, blieb stumm und bewegte sich nicht. Ihr lief eine Träne nach der anderen die Wangen hinunter, sie traute sich nichts noch irgendetwas zu tun, oder zu sagen. Sie traute sich nicht einmal ihre Tränen wegzuwischen. „Geh jetzt.“, sagte Kai und nichts mehr, er sah sie so kalt an, wie noch nie in ihrem Leben. Er blickte nicht sie an, sondern sah durch sie hindurch. „Du hast mich noch nicht ein einziges Mal wirklich angesehen.“, flüsterte sie, als sie sich zum Gehen umdrehte, „Dabei war das doch das einzige, was ich von dir wollte.“ Kurz bevor sie das Haus verliess, kam sie noch einmal zurück und schrie ihm ins Gesicht, „Gib mir wenigstens eine richtige Abfuhr, sag mir, dass du mich nur als Schwester liebst. Sag mir, dass du es eklig findest, dass ich solche Gedanken habe. Sei einfach so hassenswert zu mir, dass ich dich endlich vergessen kann.“ Aber er antwortete nicht darauf und sie stürmte aus dem Haus, die Tränen liefen in einem unaufhaltsamen Strom über ihre Wangen, es war als würden all die Tränen der vergangen Jahre einfach aus ihr herausfliessen, nicht nur die, welche sie wegen Kai verstecken musste, sondern auch all die anderen. Sie lief solange bis sie nicht mehr konnte und sich auf die nächste freie Parkbank setzte. Sie würde an diesem Abend heimfahren, sich in ihr Zimmer einschliessen und weinen. Da dies allerdings nicht sonderlich spannend ist, wenden wir uns lieber Kai zu, der noch immer wie erstarrt da stand. Sein Freund kam herein und grinste übers ganze Gesicht, „Nur eine Freundin also. Wie bist du an so ein verdammt scharfes Teil gekommen?“ „Sie kennt meinen Bruder gut.“, antwortete Kai ruhig und nur wer wusste, wer Cho war konnte den hörbaren Sarkasmus in seiner Stimme verstehen. „Mit deinem Bruder möchte ich irgendwie auch gerne mal rummachen, der sieht aus wie ein Mädchen.“, sagte der Freund. „Wenn du mit ihr rummachst darfst du damit rechnen, dass ihr Freund dich verprügelt, du hast mich ja gesehen.“, antwortete Kai. „Das war ihr Freund?“, fragte der Freund erstaunt, „Du meinst ihr wirklicher fester Freund.“ „Ja.“, antwortete Kai ruhig. „Und was will sie denn bei dir?“ „Das ist ein Geheimnis.“, antwortete Kai und lächelte in sich hinein. Kapitel 18: Der verhasste Lärm ------------------------------ Cho schlief nicht. Wenn es Tag wäre, wäre das ja nichts besonderes. Aber da es vier Uhr morgens war und Cho noch kein Auge zugemacht hatte, vielleicht schon. Sie und Jun feierten morgen ihr halbjähriges Jubiläum. Während dem sie zusammen waren, waren die beiden in die Abschlussklasse gekommen und inzwischen auch das Pärchen aus ihrer Klasse, das am längsten überlebt hatte. Jun war ein so liebenswürdiger Junge wie immer. Er kümmerte sich um Cho, als wäre sie ein kleines, verlorenes Kätzchen und hatte sich nicht ein einziges Mal über sie beschwert. Er selbst dachte darüber nicht, als wäre es eine Leistung, die schweigende und verletzende Cho zu ertragen. Er war nur glücklich darüber, dass sie bei ihm geblieben war. Das war alles. Cho war seit ihrem Liebesgeständnis direkter geworden. Nachdem sie Kai alles gesagt hatte und beschloss zu versuchen ihre Gefühle für ihn aufzugeben, war sie am nächsten Morgen in die Klasse gekommen und auf die Fragen der Mitschüler geantwortet. Sie wusste nicht, wann sie das, das letzte Mal getan hatte. Sie antwortete zwar hauptsächlich mit: „Schont doch einfach eure Stimmbänder, eure Stimmen quietschen schon genug, wenn ihr sie auch noch zu oft benutzt, dann gehen sie vielleicht völlig kaputt, obwohl das vielleicht ganz angenehm wäre.“, oder Ähnlichem. Sie hasste Lärm, besonders Lärm der durch Menschen verursacht wurde. Und obwohl ihre Schule so laut war, so verdammt nervenzerreissend war, dass man kaum schlafen konnte, schlief sie auch zu Hause nicht. Ihr Kopf war wie leer gefegt, alle Gedanken hatten sich um Kai gedreht, doch aus schmerzverhinderten Gründen, liess ihr Gehirn sie nicht über ihn nachdenken. Denn jedes Mal, wenn sie es doch tat, dann begann sie zu weinen, so bitterlich zu weinen, als wäre sie nicht darauf vorbereitet gewesen. Als hätte sie nicht gewusst, das er nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte. Das war es doch von dem sie immer solche Angst gehabt hatte, davor das er sie verabscheut, sie als eklig empfindet. Manchmal liess sie Jun bei sich übernachten, dann konnte sie besser schlafen. Ihr Vater erlaubte es ihr. Nachdem er erfahren hatte, dass Jun gute Noten hatte und das sein Vater ein bekannter ihres Vaters war Selbst ihr Bruder war damit einverstanden, seit dem er wusste, wie liebevoll sich Jun um sie im Krankenhaus und auch sonst gekümmert hatte. Aber heute nicht. Cho schlief nicht, sie konnte nicht schlafen und hatte den Gedanken eigentlich schon länger aufgegeben, deshalb nahm sie das Buch, indem sie gerade las. Sie wollte eigentlich nicht darin lesen. Es ging um die Liebe zwischen zwei Frauen, die Eine war Christin und die andere eine halb Waise, deren Mutter kaum genug Geld zusammen bekommt um ihre Familie zu ernähren und obwohl die Beiden das Geheimnis auch geheim halten wollten, fand der grosse Bruder der Christin heraus. Jetzt gerade drohte er den Eltern alles zu erzählen. Wie es wohl wäre, wenn man es Vater erzählen würde, dass sie eigentlich Kai liebte. Aber wer würde es ihm schon erzählen. Am nächsten Morgen war Cho so müde wie immer, Jun passte auf, dass keiner der strengen Lehrer mitbekam, dass sie schlief, er streckte oft auch bei Fragen auf, von denen er keine Ahnung hatte, damit ihr Augenmerk nicht auf Cho fiel. Aber auch ihm ging es nicht gut, er war noch anhänglicher, als sonst. Liess sie kaum los, selbst beim Essen versuchte er einhändig zu essen um weiterhin ihr einen arm um die Schulter zu legen. Sie liess es zu, war zu müde, als dass sie ihn noch grossartig zusammen stauchen wollte. Er hatte eine Nachricht bekommen, von Jemandem von dem er eigentlich nichts mehr hören wollte. Diese Nachricht machte ihm so viel mehr Angst als alles andere auf der Welt. Er hatte vor nichts mehr Angst auf dieser Welt, als vor Verlust. Und dennoch war das, welches ihm am ehesten verloren gehen könnte, auch das welches er am meisten liebte. Und darum hielt er den kleinen Schmetterling so nah bei sich, das es ihm eigentlich die Flügel brechen müsste. Kapitel 19: Der Verräter ------------------------ Die Nachricht vor der Jun solche Angst hatte, würde seine Geliebte glücklich machen und obwohl er das wusste, konnte er ihr nichts davon mitteilen. Sie kam von der Person, welche sie liebte. Mehr als ihr Leben. Und das diese Person nicht er war, machte ihn wütend und blind. So wütend, dass er wieder zu Kai gehen wollte, doch stattdessen war er so feige, das er ihm bloss ebenfalls eine Nachricht schrieb. Keine Warnung, sondern eine Tatsache. „Was wohl dein Vater dazu sagen wird.“, schrieb Jun auf ein Wischzettel und warf es bei Kai in den Briefkasten. Er wusste dass es unfair war und dass er damit auch Cho wehtun würde, aber er wollte doch bloss das sie für immer bei ihm blieb. Das war alles. Und aus Hass und Liebe zu gleich brachte er Cho auch an diesem Tag nach Hause und fragte dann allerdings noch: „Kann ich noch zu dir kommen?“ „Natürlich.“, sagte Cho erstaunt, normalerweise lud sie ihn ein, aber sie hatte ihn ja eigentlich gerne um sich. Seit wann überhaupt? Sie gingen auf ihr Zimmer, ohne vorher noch etwas gegessen zu haben. Er unterhielt sie, wie immer und immer wenn sie lachte, war es für ihn sie grösste Belohnung. „Ich muss mal.“, sagte Jun und ging, anstatt das er auf das Klo ging, zu ihrem Vater ins Arbeitszimmer, der nämlich jeden Mittwoch zu Hause arbeitete. „Jun, wie schön dich zu sehen. Geht es deinem Vater gut?“.
„Natürlich, aber deswegen bin ich nicht hier.“, sagte Jun freundlich und setzte sich auf eine freien Stuhl. „Und weswegen dann?“, fragte der Vater. „Ihr zweiter Sohn macht mir Sorgen, bevor sie und ihre Frau sich getrennt haben, war er schon sehr anhänglich an Cho.“, begann Jun und konnte ein teuflischen Lächeln nicht unterdrücken, „Doch nun hat er mir auch noch einen Drohbrief geschrieben, wenn ich mich nicht von Cho trenne, würde er sie mir wegnehmen.“ „Ja, das ist allerdings Besorgnis erregend.“ „Ich denke, dass Cho ein wenig verwirrt mit ihren schwesterlichen Gefühlen ist. Sie kann diese Liebe nicht von der Liebe zwischen Mann und Frau nicht unterscheiden. Und wir wollen doch nicht, das so ein Skandal wie die Liebe zwischen Bruder und Schwester ihnen Probleme macht, nicht wahr?“, sprach Jun weiter und er merkte wie mit jedem Wort seine Gunst bei Chos Vater stieg. „Nein. Natürlich nicht.“ „Dann sollte man vielleicht der Bruder noch unerreichbarer machen, denn bis jetzt konnten die beiden sich ohne Probleme sehen. Und aus den Augen, aus dem Sinn.“, Jun sagte das was er eigentlich schon so lange wollte, nur etwas verblümt. Schaff mir diesen verdammten Kai vom Hals, schick ihn nach Sibirien von mir aus, aber mach das Cho ihn vergisst. „Ich werde die nötigen Massnahmen treffen.“, sagte der Vater noch immer äusserst beunruhigt. Jun nickte bloss noch, er stand wieder auf und ging zurück zu Cho. Dem einzigen was er nicht verlieren durfte, viel zu sehr hatte ihr tödliches Gift schon in ihm ausgebreitet. Sie war so schön und gefährlich zugleich wie eine vergiftete Blume. Wer sich an ihren Dornen stach musste für immer unter ihrem Gift leiden. „Wo warst du solange?“, fragte Cho. „Nirgends, ich bin nur noch schnell etwas trinken gegangen.“, sagte Jun und legte sich wieder neben Cho, er wärmte sie und versuchte ihr Kraft zu geben. „Du kannst ihn vergessen, du brauchst ihn nicht, ich werde immer für dich da sein.“, sagte Jun und hielt ihren zarten Körper etwas fester. „Immer ist so ein grosses Wort.“, sagte Cho. „Nicht für einen Liebenden.“, antwortete Jun lächelnd und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. Wann hatte er sich an ihr gestochen, wann war er ihr zu nah gekommen. Er hatte sie nicht schon immer so geliebt. So bedingungslos. Sie schlief schon, als Jun etwas an ihr Fenster klopfen hörte.
„Was willst du hier?“, fragte er, als er dem Jungen das Fenster öffnete. „Zu ihr.“, antwortete Kai, der es geschafft hatte an ihr Fenster zu kommen. „Sie will dich nicht sehen.“, sagte Jun, „Sie liebt dich nicht wirklich, das sind bloss verdrehte Geschwister-Gefühle.“ „Das ist ihre Entscheidung.“, antwortete Kai, „Ich habe dir geschrieben, dass ich sie abholen komme.“ „Ja, und ich habe dir geschrieben, dass ich das nicht zulasse.“, Jun schloss das Fenster vor Kais Nase und kroch wieder zu Cho unter die Bettdecke. Schnurrend wie ein Kater. Kapitel 20: Die ausgestreckten Hände ------------------------------------ Cho wartete vor der Schule auf Jun, der heute Dienst hatte. Seit Rin den Abschluss gemacht hatte, sahen die beiden sich kaum noch. Ihr Bruder war eindeutig betrübter darüber, Kai musste jetzt auch aufs College gehen, wo er wohl war. Sie hatte mehrmals versucht ihn anzurufen, aber er nahm nicht ab, natürlich nicht, er war immer noch geschockt von ihrem Liebesgeständnis. Jun kam schliesslich und wie immer gingen sie zusammen heim, heute fragte er sie nicht, ob er mit ihr mitkam. Er gab ihr einen Abschiedskuss und lief fröhlich weiter. Es war schon wieder Mittwoch. Wie viele Wochen bis zu den nächsten Ferien wohl noch waren. „Ich bin wieder da.“, rief sie zu ihrem Vater ins Arbeitszimmer. „Cho, ich sollte mal mit dir reden.“, sagte ihr Vater und winkte sie zu sich ins Arbeitszimmer. „Was ist denn?“, fragte sie sofort und setzte sich neben ihn. „Du und dein Bruder, seht ihr euch noch.“, fragte er sofort. „Rin und ich? Nur selten, wieso?“, fragte sie leicht erstaunt. „Nein, nicht du und Rin, eher Kai und du, seht ihr euch noch, obwohl ich und eure Mutter uns getrennt haben.“, fragte ihr Vater. „Nein, wir sehen uns nicht mehr.“, sie fühlte wie ihre Handinnenflächen schwitzig wurden. Weshalb interessierte sich ihr Vater plötzlich dafür, er hatte sich noch nie für Cho interessiert. Vielleicht für Rin und ihre Mutter sich für den kreativen Kai, aber Cho war immer nur das schöne und nutzlose Mädchen gewesen. „Mir ist nämlich zu Ohren gekommen, dass du und Kai Gefühle füreinander hegt, die man als Geschwister nicht hegen sollte.“, sagte er ihr Vater erleichtert. „Woher weisst du das?“, fragte Cho und ihr Blut begann zu kochen, sie schien noch nie in ihrem Leben so wütend gewesen zu sein. Was wenn Kai sie verraten hatte um sie von sich fern zu halten. Sie war so enttäuscht und verletzt bei diesem Gedanken, vielleicht noch schlimmer, als er sie gebeten hatte zu gehen. „Dein äusserst freundlicher Freund Jun hat mich darauf aufmerksam gemacht. Er meinte das man euch von nun an besser trennt, noch weiter als ihr sowieso schon voneinander getrennt seid.“, antwortete ihr Vater freundlich lächelnd. Sie sagte nichts mehr, sah ihren Vater stumm an. Jun wusste die ganze Zeit, von wem sie sprach, er war nicht so dumm und blind, wie sie immer meinte, er war klüger als alle anderen um sie herum. Aufmerksamer. „Und was wirst du jetzt tun?“, fragte Cho kalt. „Dein Bruder wird auf sein Wunschcollege geschickt, welches ein wenig weiter weg ist, als das geplante.“, antwortete ihr Vater. „Und darf nicht wissen, wo dieses College liegt?“, fragte Cho eine sowieso schon beantwortete Frage.
„Ja, es ist besser für euch beide so. Ihr habt so lange beieinander gelebt und als ihr getrennt wart, hattet ihr einfach das Gefühl, das es mehr war.“, begann ihr Vater, „Wenn du wirklich deinen Bruder lieben würdest, dann könntet ihr niemals heiraten, niemals Kinder bekommen, die Gesellschaft würde euch für verrückt erklären. Du bist so ein kluges und hübsches Mädchen Cho und du hast so einen perfekten Freund. Warum willst du dir das mit einer unreellen Liebe kaputt machen?“ „Ja, warum eigentlich?“, fragte sich auch Cho und ging zurück in ihr Zimmer, sie sah einen Zettel auf dem sonst makellosen Boden liegen, es war Juns Handschrift: „Es tut mir leid.“ Das war das Einzige das da stand. Sie drehte den Zettel um und sah dort Kais Handschrift, „Ich werde sie holen kommen.“ Jun hatte sie in letzter Zeit immer fester gehalten, aus Angst. Manchmal war es ihr auch so vorgekommen, als hätte er gezittert. Warum war es ihr nicht früher aufgefallen, dann hätte sie sich wenigstens noch von ihm verabschieden können, ihm das Herz brechen können, um es von Jemand anderem wieder zusammen setzen lassen zu können. Es klopfte an ihrem Fenster. „Wollen wir gehen?“, die Hände nach denen sie sich immer so schrecklich gesehnt hatten streckten sich ihr entgegen. Obwohl ihre Türe abgeschlossen war. „Ja.“, sagte sie vor Glück weinend. Epilog: Epilog -------------- Die beiden Liebenden liefen gemeinsam auf ihrem eigenen Pfad entlang. Sie wollten dorthin laufen wo sie keiner kannte. Dort wo sie leben konnten als das was sie sind und nicht als das was die anderen wollten dass sie es seien. Es war nicht so, als hätte sich dieser Fakt in Luft aufgelöst, er war bloss nicht mehr so gewichtig. Es war falsch, ist falsch und würde immer falsch bleiben. „Ich liebe dich.“, sagte der Bruder. „Auf diese Antwort habe ich aber wirklich lange genug gewartet.“, lachte die jüngere Schwester. Aber ihr Lachen war gezwungen. Sie liebte den jungen Mann, er ihr gegenüber sass. Mehr als alles andere auf der Welt. Und dennoch empfand sie etwas, das sie noch nie gefühlt hatte. Sie fühlte sich schuldig gegen über ihrem Liebhaber. Obwohl von Anfang an klare Verhältnisse standen. Sie sah fragend in die lieben Augen ihres Bruders. „Wohin wollen wir jetzt?“, fragte sie. „Dorthin wo uns keiner kennt, wo wir uns lieben können.“, antwortete er. „Ja, irgendwohin weit weg.“ Ob die giftige Blume noch immer mit ihren Geliebten auf ihrem Pfad lief, wusste niemand. Man kann nicht wissen, wo ihr Pfad begonnen hatte und wohin er führte. Aber sie würden immer laufen müssen, konnten sich keinen Stillstand erlauben. Die beiden Liebenden wussten genau worauf sie sich einliessen, als sie mit dem Zug in Richtung Norden fuhren. Irgendwohin, weit, weit weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)