Das Lied des Phönix von Lissekatze ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Es war ein herrlicher, warmer Sommermorgen, als Sturmpfote ihre Augen öffnete. Das grünliche Licht lies diese jedoch wieder verträumt zukneifen. Mit einem Schnurren rollte sich die junge Kätzin auf die Seite und knetete verschlafen am Moos. Plötzlich schreckte sie hoch und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf ihren grauen Bruder, der ebenfalls noch seelenruhig schlief. "Das Training beginnt bei Sonnenaufgang!", miaute sie mit hoher Stimme und zwickte Wolfspfote in die Flanke. "Steht auf, steh auf, steh auf! Wir kommen viel zu spät!", schrie die Braune verzweifelt und rannte sofort los, ohne darauf zu achten, ob Wolfspfote auch mit kam. Als Sturmpfote durch den Gingestereingang aus dem Lager lief, wusste sie sofort wo sie hinmusste. Als sie noch ein Junges war, hatte ihre Mutter sie manchmal zusammen mit ihrem Bruder zum Spazieren aus dem Lager geführt. Und jetzt lief sie am Rand des felsigen Tals hinauf. Als sie durch die Bäume und Büsche das fast schwarze Fell von Eisherz und das braune Fell von Blausturm sehen konnte, wurde sie langsamer. So langsam, dass auch Wolfspfote bald neben ihr war. "Du hättest warten können. Es ist immerhin eh schon egal. Zu spät ist zu späht.", zischte der graue Kater ihr beleidigt zu. "Tut mir leid.", murmelte Sturmpfote kleinlaut. Zusammen trotteten die beiden mit angelegten Ohren weiter zur Sandkuhle. Eisherz saß mit geschlossenen Augen auf einem umgefallenen Baumstumpf. Ihr Schwanz wie immer ordentlich um ihre Pfoten gelegt. Blausturm dagegen lag entspannt auf dem sandigen Boden und sah erwartend zu den Schülern. Unsicher blieben Sturmpfote und Wolfspfote nebeneinander stehen. Sturmpfotes Schwanz zuckte, während Wolfspfote sich schüchtern an sie schmiegte. "Na, endlich ausgeschlafen?", fragte Blausturm amüsiert und richtete sich auf. Zuerst schüttelte er sich den Sand aus dem Fell und begann sich dann zu putzen. "Ihr solltet euch das nächste Mal auch erst mal frisch machen, bevor ihr zum Training kommt. Das gehört sich für Katzen." Verwirrt sahen sich die beiden Schüler an und stellten fest, dass sich in ihrem Fell noch Moos verfangen hatte. Sofort machte sich Wolfspfote daran, die Moosklumpen aus seinem Fell zu kämen und seine Morgenwäsche zu verrichten. Sturmpfote blieb wie sie war und starrte auffordernd zu Eisherz, die ebenfalls zurück starrte. Einige Augenblicke später kniff sie die Augen zu zwei engen Schlitzen zusammen und sprang vom Baumstamm runter zu Sturmpfote. "Du solltest nicht so starren, das könnte man fälschlicherweise als eine Herausforderung deuten." Doch Sturmpfote wandte die Augen nicht ab. Sie wusste genau, dass es eine Herausforderung war, doch wollte sie nicht aufgeben. "Lass das, du Mäusehirn. Was willst du damit beweisen?" Wolfspfotes Stimme war kaum zu hören und so wandte die junge Katze ihren Blick ab und sah zu ihrem Bruder. "Ich will nichts beweisen... Aber die ignoriert mich immer!", zischte sie und begann nun auch endlich die Mooskugeln aus ihrem Fell zu zupfen. "Wenn ihr dann mal endlich fertig seid, mit eurer Morgentoilette, dann werden wir euch heute die Grenzen unseres Reviers zeigen.", begann die zweite Anführerin und sah dabei, fast schon mitleidsvoll, zu Blausturm. Sturmpfote folgte ihrem Blick und bemerkte, wie der Kater mit dem langem Fell wütend das Nackenfell sträubte und dabei so aussah, als ob er gleich einen Gegner angreifen würde. Sturmpfote wagte nicht zu fragen, doch Wolfspfote trat mutig zu seinem Mentor und drückte sich liebevoll an ihn. Blausturm schleckte ihm dankbar am Kopf, bevor er Eisherz nickte, dass sie fortfahren konnte. "Früher war das Gebiet des Donnerclans um einiges größer, doch nach einigen schrecklichen Zwischenfällen haben die anderen Clans uns das Minimum zum Überleben gelassen.", erklärte die dunkle Katze. "Und diese Grenzen müsst ihr täglich überprüfen und markieren. Und nur innerhalb dieser Grenzen dürft ihr jagen, verstanden?" Dabei sah sie besonders Sturmpfote streng an. "Aber wenn sie es uns weggenommen haben, warum hohlen wir uns dann unser Revier nicht wieder zurück?", wollte die junge braune Schülerin wissen. Anstelle von Eisherz, antwortete ihr Blaustern schüttelnd den Kopf. "Das geht nicht. Wenn wir das tun würden, müssten wir unser Zuhause für immer verlassen. Wir haben viel zu wenig Krieger..." "Und genau deshalb ist eure Sicherheit und Ausbildung so wichtig.", beendete Eisherz die Rede. "Jetzt lasst uns gehen." Damit lief sie los und Blausturm folgte ihr sofort. Sturmpfote und Wolfspfote folgten den beiden etwas langsamer, doch sie waren fest dazu entschlossen Schritt zu halten. Sie waren fast an den Waldrand im Süden gelaufen, als Eisherz stehen blieb. Sie wartete darauf, dass auch Blausturm und die Schüler neben ihr zum Stehen kamen. "Was riecht ihr?", fragte die Dunkelbraune streng. Sturmpfote schnupperte und auch Wolfspfote öffnete sein Maul und wenig um besser riechen zu können. "Ich rieche Katzen.", stellte Sturmpfote fest. "Aber nicht vom Donnerclan!", fügte Wolfspfote hinzu und Eisherz nickte zustimmend. Blausturm markierte einen Baum und lief weiter, gefolgt von der zweiten Anführerin und den beiden Jungkatzen. "Seht ihr die Felsen dort hinten?", fragte er. Sturmpfote blickte durch die Bäume und Büsche hindurch auf ein weites Feld, wo sich einige Felsen befanden. Und weiter hinten konnte sie das Glitzern eines Flusses erkennen. "Das sind die Sonnenfelsen. Einmal haben sie dem Revier des Donnerclans angehört, aber während der letzten Blattleere hat der Flussclan diese Felsen an sich gerissen.", erklärte Blausturm wütend. "Dann war das die Katzen des Flussclans, die wir da gerochen haben?", fragte Wolfspfote vorsichtig. Blausturm nickte. "Sobald der Donnerclan wieder mächtig ist, werden wir uns die Sonnenfelsen und alles andere zurück holen.", versprach Eisherz. "Der Flussclan hat noch anderes mitgenommen?" Sturmpfote sah überrascht zu ihrer Mentorin auf. "Nicht der Flussclan. Aber ein anderer Clan war der Meinung, dass wir nicht mehr so viele Jagdgründe brauchen, da wir nur noch so wenige sind." Sturmpfote nickte nachdenklich. "Ich werde eine große und starke Kriegerin werden, damit wir das, was uns zusteht wieder zurück holen können!" Die vier Katzen wanderten weiter nach Westen, überquerten einen seichten Bach über ein paar Trittsteine und liefen weiter. Bei einer Senke blieben sie stehen. "Seht dorthin." Blausturm nickte in Richtung eines offenen Geländes in dessen Mitte vier große Eichen standen. "Das ist das Baumgeviert. Dort treffen sich jeden Vollmond die vier Katzenclans in Frieden." Neugierig betrachteten Wolfspfote und Sturmpfote die vier großen alten Bäume. "Dürfen wir da auch mitgehen?", fragte Sturmpfote hoffnungsvoll und der braune Kater nickte. "Natürlich. Der Donnerclan wird stolz verkünden, dass nun auch wir endlich wieder Schüler haben!" "Auch wenn das den anderen Clans wohl eher weniger gefallen wird.", grummelte Eisherz besorgt. "Kommt, gehen wir noch ein Stück auf die Bäume zu." Mit diesen Worten lief der etwas ältere Kater vor, gefolgt von den beiden Jungkatzen und der zweiten Anführerin. So nah beim Baumgeviert wurden die beiden Jungkatzen von den vielen fremden Katzengerüchen beinahe umgeworfen. "So viele verschiedene Gerüche!", rief Wolfspfote und schüttelte sich. Blausturm lachte. "Ihr werdet sie in kürze den Clans zuordnen können. Viele sogar bestimmte Katzen. Geduldet euch nur noch ein wenig." Je weiter sie die fast leere Ebene durchquerten, desto stärker konzentrierte sich ein einziger bestimmter Geruch. An einer unsichtbaren Grenze befahl Eisherz mit einem Schwanzschnippen den beiden Jungkatzen stehen zu bleiben. "Was ist das für ein Clan?", wollte Sturmpfote wissen. "Das ist der Geruch des Windclans. Ihr Revier grenzt nicht an unseren, was wohl auch der Grund war, wieso sie nichts von unserem alten Revier abbekommen haben." Blausturms Stimme wurde etwas finsterer, während er über das alte Revier sprach, doch Eisherz gab ihm nicht viel Zeit in der Vergangenheit zu verweilen. "Kommt, es gibt noch viel zu sehen.", miaute die zweite Anführerin streng. Nachdem die Katzen das Baumgeviert verlassen hatten, liefen sie weiter durch den Wald entlang des Donnerclan Reviers. "Ab hier müsst ihr vorsichtig sein", warnte Blausturm. "Das dort, ist der Donnerweg." Er deutete auf einen grauen Streifen, der durch die Bäume zu sehen war und die Jungkatzen schlichen vorsichtig weiter. "Pfui, das stinkt!", stellte Sturmpfote sehr bald fest. "Was ist das?" "DAS ist der Geruch des Donnerweges und ihr solltet ihm nie zu nahe kommen.", erklärte Eisherz und befahl den Schülern stehen zu bleiben, als sie an dem Rand des Waldes an die graue Masse angekommen waren. Alles schien ruhig, bis plötzlich ein lautes Dröhnen zu hören war und etwas Riesengroßes an den Katzen vorbeisauste. Erschrocken sprang Wolfspfote zurück und fauchte außer sich vor Angst. Doch Sturmpfote versuchte zitternd neben Eisherz stehen zu bleiben, doch ihr gesträubtes Fell und der leicht gekrümmte Rücken zeigten deutlich an, dass es auch für sie ein Schock gewesen war. "Kommt.", befahl Eisherz nur und die beiden jungen Katzen waren froh, dass sie sich wieder im Schutz des Waldes verkriechen konnten. Blausturm, der zurück geblieben war, schnurrte belustigt und Wolfspfote drückte sich an ihn. "Ihr habt gesehen, der Donnerweg ist sehr gefährlich.", miaute Eisherz. "Und ihr dürft ihn ohne uns nicht überqueren. Das was ihr gesehen habt, war ein Ungeheuer der Menschen, in dessen Inneren sie sich fortbewegen können." Sturmpfote nickte zum Zeichen, dass sie alles verstanden hatte, während sie gleichzeitig versuchte ihr Fell zu glätten. Im Waldinneren bewegten sie sich bald weiter entlang des Donnerweges. An einigen Stellen markierte Blausturm die Reviergrenze, manchmal tat es auch Eisherz. Sturmpfote und Wolfspfote dagegen versuchten sich die vielen verschiedenen Gerüche des Waldes zu merken. "Nun lernt ihr den letzten Clan kennen.", miaute Blausturm wütend, als sie weiter nach Osten gingen. "Dort hinten ist der Schlagenfelsen und er gehört zum Revier des Schattenclans, der eigentlich auf der anderen Seite des Donnerwegs lebt." Blausturm nickte, während die Schüler die Münder weit öffneten um den Geruch des fremden Clans in sich aufzunehmen. "Wenn diese Gegend wieder uns gehört, müsst ihr dort auf die Schlangen aufpassen.", miaute Blausturm und schubste Wolfspfote an, damit er sich wieder auf den Weg zum Lager machte. "Und weiter hinten existiert noch der Zweibeinerort. Der ist für euch ebenfalls tabu.", fügte Eisherz hinzu. Die beiden Schüler nickten gehorsam und folgten Blausturm unterwegs ins Donnerclanlager. Die Sonne sandte ein rötliches Licht auf die Erde, weshalb die beiden mehr als nur froh waren, sich endlich wieder in ihr Nest zu kuscheln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)