Weinender Schnee von Lomea ((Dante x Nero)) ================================================================================ Kapitel 4: Graue Erkenntnis --------------------------- Nero glitt langsam aus dem Halbschlaf hinüber in einen wachen Zustand. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er nicht aufwachen wollte, aber ihm fiel nicht ein warum. Auch fehlte etwas, eine Wärme, die bis vor kurzem noch da gewesen war. Schließlich entschloss er sich dazu ein Auge vorsichtig zu öffnen und realisierte, dass er immer noch auf der Couch vor dem Kamin lag. Alleine… Dante war nicht mehr da. Dante… Sofort schossen so viele unterschiedliche Gefühle und Gedanken durch ihn, dass er vollkommen überfordert war, auch nur einen Gedanken oder ein Gefühl zu fassen. Nichts wollte sich ordnen oder einreihen, alles wirbelte durcheinander und hinterließ ein furchtbares Chaos. Was sollte er jetzt tun? Wie sollte er Dante gegenübertreten? Was hatte der Kuss für eine Bedeutung? Ja, was hatte er für eine Bedeutung??? Er musste aufstehen, er konnte nicht mehr still sitzen. Nero begann um die Couch herum zu tigern, durch den kleinen Raum, ins Bad und wieder heraus. Dante war nirgendwo und kam auch nach einiger Zeit nicht wieder. Was wenn er gegangen war? Was wenn er ihn alleine zurück gelassen hatte? Die Stille und Einsamkeit machten ihn immer nervöser und trieben ihn fast zur Verzweiflung. Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und riss die Tür auf. Ein eisiger Wind schlug ihm entgegen und ließ ihn zittern. Aber die kalte Luft tat gut, brachte sie doch seine heißlaufenden Gedanken zum Stillstand. Nero atmete tief ein und ließ dann langsam die Luft wieder aus seinen Lungen strömen. Er war durcheinander und wollte mit Dante sprechen. Wollte er? Ja, wollte er! Nein, er wollte nicht! Doch, er wollte…vielleicht. Aber er hatte ja nicht mal die Chance dazu. Wo war der Blödmann nur abgeblieben? Er konnte sich doch nicht einfach aus dem Staub machen. Der Weißhaarige trat nach draußen und schaute sich um. Niemand zu sehen. Nichts zu sehen. Nur Schnee. Er schloss die Tür und ging um die Hütte herum, schaute in alle Himmelsrichtungen, aber da war nichts. Seufzend ließ er sich in den Schnee sinken und schaute zum Himmel empor. Alles klar, keine einzige Wolke. Die Sonne wärmte sein Gesicht, der Schnee an seinem Rücken war kalt. Er schloss die Augen. *** „…ro…“ „…ero…“ „…Nero…“ „NERO!!!“ Er schrak hoch und sah sich irritiert um. Er lag auf dem Sofa, das direkt vor dem Kamin stand, in eine dicke Decke eingewickelt. Er war nackt und ihm war kalt, schrecklich kalt. „Hast du sie noch alle?! Wolltest du erfrieren? Wolltest du dich umbringen? Wie kannst du bei diesen Temperaturen im Schnee schlafen?!“, Dante war außer sich und schrie ihn fast an. „Ich…“, sein Gehirn arbeitete nur sehr langsam. Gedanken trieben träge umher und entglitten ihm immer wieder. Er war nackt…das hieß…Dante hatte ihn ausgezogen…er hatte ihn nackt gesehen. Die Schamesröte stieg dem Weißhaarigen ins Gesicht, ihm war die ganze Situation nun sehr unangenehm. Er wickelte sich noch enger in die Decke ein und bekam einen Zitteranfall. „Mir ist…so schrecklich…kalt…“, brachte Nero leise hervor. „Selbst Schuld!“, er hielt ihm eine Tasse hin. Vorsichtig nahm der Weißhaarige sie entgegen und wärmte seine eiskalten Finger. „Nun trink schon oder willst du warten, bis er kalt ist?“ Er schüttelte den Kopf und nippte vorsichtig an dem Tee. Dantes schlechte Laune musste er wohl jetzt ertragen, wahrscheinlich hatte er sie verdient… Wobei eigentlich war alles Dantes Schuld! Er hatte ihn geküsst und alleine und verwirrt zurückgelassen. Wo war er überhaupt gewesen? „Wo warst du?“ „Spazieren“, kam die knappe Antwort. „…U-und wa-rum?“, stotterte Nero unsicher. Der Weißhaarige verdrehte genervt die Augen. „Darf man hier nicht mal mehr einfach nur Spazieren gehen?!“ Darauf wusste er keine Antwort. Zumindest keine, die er sich traute laut auszusprechen. Nein, nicht wenn man es tat, um jemanden aus dem Weg zu gehen! Nein, nicht wenn man damit einer Antwort auswich! Nein, nicht wenn man jemanden verwirrt und allein zurückließ!!! Aber nichts davon sprach er aus. Eine betretene Stille machte sich breit und er fand keinen Weg sie zu brechen. Dante dagegen schien überhaupt kein Interesse daran zu haben. Abweisend hatte er sich auf die Couchlehne mit dem Rücken zu ihm gesetzt und starrte auf die Wand. Immer mehr Wut staute sich in Nero auf. Was sollte diese ganze Scheiße? Er hielt es einfach nicht mehr aus. „Verdammt was soll das?! Du hast doch angefangen und jetzt tust du so, als sei ich der Schuldige!!!“, platzte es aus ihm heraus. Der Angesprochene fuhr wie vom Blitz getroffen herum. Er öffnete den Mund und Nero machte sich auf eine böse Schimpfschikane gefasst, aber stattdessen schloss er den Mund wieder. Dante schenkte ihm nur einen abschätzigen Blick und drehte sich wieder um. Dem Jüngeren blieb die Spucke weg. Was war das gewesen? Was sollte das??? Wollte er ihn verarschen? Hatte er jetzt vor, nicht mehr mit ihm zu reden und alles totzuschweigen, bis es irgendwann vergessen war??? So nicht! Nicht mit ihm!!! „…Warum hast du mich geküsst?“, die Worte kamen einigermaßen gefasst aus seinem Mund. Er glaubte zu sehen, wie Dante kurz zusammenzuckte, aber eine weitere Reaktion kam nicht. Er drehte sich nicht um, noch sagte er irgendeinen Ton. Langsam wurde Nero sein hitziges Gemüt zum Verhängnis. Ihm kam schon die Galle hoch, so sehr regte ihn das Verhalten des Älteren auf. Mit einem Geduldsfaden von einem Nanometer Durchmesser packte er Dante an der Schulter und drehte ihn zu sich um. Doch der Blick, der ihm entgegenschlug, erschrak ihn zutiefst. Es war der Blick eines alten, grantigen Mannes, der ihn unbedingt loswerden wollte. Sofort ließ er seine Hand wieder sinken. „Wenn du es unbedingt wissen willst. Ich hab dich einfach so geküsst, ohne jeglichen Grund. Es hat auch nichts zu bedeuten, denn du bedeutest mir rein gar nichts. Ich bin froh, wenn ich dich endlich wieder los bin. Du gehst mir so auf die Nerven, dass es kaum zum Aushalten ist!“ Jedes Wort traf Nero wie einen Dolchstoß mitten ins Herz. …Er bedeutete ihm also nichts, er ging ihm nur auf die Nerven, der Kuss hatte keinen Grund… Die Gedanken schwirrten durch seinen Kopf und gerieten immer mehr in Unordnung, bis nur noch ein einziges Chaos herrschte. …Er bedeutet ihm…nur auf die Nerven…Kuss…ging ihm…Grund…hatte keinen…also…ihm…nichts… Er warf Dante die Decke gegen den Kopf und sprang auf. In Windeseile zog er seine Klamotten an, die über dem Kamin hingen. Sie waren noch ein wenig klamm, aber das störte ihn im Moment nicht. Im Moment war alles egal, außer weg zu kommen, nur weg von diesem herzlosen Arschloch!!! Der Weißhaarige rannte zur Tür, riss sie auf und stürzte sich in das weiße Nichts. Die Tür ließ er offen und schaute sich kein einziges Mal mehr um. Nur weg, so schnell wie möglich weg! *** Schnee, überall nur Schnee. Bis zum Horizont alles weiß, in jede Himmelsrichtung. Was war hier nur im Sommer, im Frühling, im Herbst? Gab es hier überhaupt etwas anderes als Schnee? Aber eigentlich war das egal, alles egal! Er rannte so schnell er konnte, aber es war anstrengend in dem tiefen Schnee. Es zerrte unheimlich an seinen Kräften. Schließlich fiel er in ein langsames Schritttempo. Sein Herz klopfte heftig und jeder Atemzug schmerzte. Die Kälte fraß sich nun in Windeseile in ihn und er wurde langsamer und langsamer. Jeder Schritt war so anstrengend, als hingen tonnenschwere Steine an seinen Füßen. Irgendwann kam er keinen Zentimeter mehr voran. Es gab keinen Grund mehr zu laufen, er war weg, allein in dieser weißen Hölle! Seine Beine gaben nach und er ging in die Knie. Nero hob den Kopf und blickte in den Himmel. Grau… Alles Grau… Die Wolken hatten sich zu einer dichten Decke zusammengezogen und kein Sonnenstrahl erreichte die Erde. So sah es auch in ihm aus, grau und kalt. Aber warum? Warum nahm es ihn so mit? Er hätte ihm doch auch einfach eine Reinhauen können und dann wäre das Ganze abgeschrieben gewesen. Als Schuldausgleich hätte er ihm endlich die Dämonen vom Hals geschafft und dann wäre er seines Weges gegangen. Dante und er hätten sich nie wiedersehen müssen. Ohne größeren Ärger und Schmerz, ganz einfach eine Abmachung ohne große Bindung. Aber nein, er musste sich voller Emotionen reinhängen und jegliche Reaktion von dem Idioten für bares Gold nehmen, hinter allem eine besondere Bedeutung suchen. Warum? WARUM??? …Er hatte es nicht wahrhaben wollen, aber tief im Innern hatte er es schon lange gewusst. Zu lange, viel zu lange und es einfach nicht glauben wollen! Er liebte Dante… Er liebte ihn… Verzweifelt vergrub Nero sein Gesicht in den Händen. Wie hatte das passieren können? Diese Liebe hatte weder Sinn noch Zukunft. Dante hatte es ihm in aller Deutlichkeit klar gemacht und er war geflohen, weil er erkannt hatte, in was für einer Idiotie er sich verrannt hatte. Wie erbärmlich konnte man nur sein?! Er hatte abgestritten irgendetwas für den Weißhaarigen zu empfinden und gleichzeitig gehofft, dass er Dante auch ein Fünkchen bedeuten könnte. Nein, er war sogar noch weiter gegangen! Nach dem Kuss hatte sein Herz schon sehnsüchtig auf die drei Wörtchen gewartet. Er war so erbärmlich, so erbärmlich! Wütend hieb Nero in den Schnee und schrie. Er schrie alles Leid und allen Schmerz heraus, dass sein blutendes Herz gerade empfand. Er krümmte sich im Schnee zusammen und wartete. Auf was? Auf nichts. Der beste Gedanke schien ihm im Moment einfach hier in der Kälte zu erfrieren. Wenn es jetzt noch anfangen zu schneien würde, fände man ihn erst im Frühling. Dann würde Dante sehen, was er davon hatte. Der Weißhaarige musste kurz auflachen. Jetzt wurde er noch erbärmlicher, nun hing er schon albernen Rachegedanken nach. Wahrscheinlich hatte er ihn auch nur geküsst, um ihm eins auszuwischen. Dante musste seine Blicke bemerkt haben. Wie erbärmlich… Da flaute auf einmal ein Wind auf und trug ihm Laute ans Ohr. In der Luft lag ein Knistern und leises Flüstern. Sie waren hier! Sie waren gekommen, um ihn endgültig zu töten! Die Gestaltwandler mussten ganz in der Nähe sein und er war angeschlagen und hatte schon vorher keine Chance gegen sie gehabt. Auf dieser weiten Fläche konnte er sich auch nirgendwo verstecken. Er musste fliehen, so schnell wie möglich! Wohin war egal, einfach nur weg von den grausigen Krallen. Nero rappelte sich auf und stob los, die Panik trieb ihn voran. Immer wenn ein Windhauch sein Gesicht streifte, glaubte er die flüsternden Stimmen hören zu können. Es ließ ihn weiter rennen, über die Erschöpfungsgrenze hinaus. Wieder und wieder blickte er sich um und suchte nach den Silhouetten der zwei Dämonen. Er konnte sie nicht erblicken, aber er wusste sie waren da. Das Atmen ging immer schwerer und schwerer, kaum noch Sauerstoff erreichte seine hungernden Lungen. Er konnte nicht mehr dagegen ankämpfen langsamer zu werden. Schließlich fiel er in den Schnee. Verzweifelt versuchte Nero sich hochzustemmen, aber er konnte nicht mehr. Erst breitete sich eine drückende Stille um ihn herum aus, dann wurde es schwarz vor seinen Augen. *** Dante hatte die kleine Hütte aufgeräumt und das Bad geputzt, mehr gab es bei dem wenigen Platz ja nicht zu tun. Nun stand er am Fenster und schaute hinaus. Seit Neros Verschwinden waren schon mehrere Stunden vergangen, aber ihm kam es vor, als wäre es gerade eben gewesen. Die Worte und Blicke des Weißhaarigen hatte er immer noch im Kopf, genau wie seine eigenen Worte. Schämte er sich? Er war sich nicht ganz sicher. Er wusste nicht, was ihn dazu getrieben hatte, ihm solche Dinge gegen den Kopf zu werfen. Eigentlich hatte er sich doch an seine Gegenwart gewöhnt und als angenehm befunden. Aber Nero hatte ihn aus der Fassung gebracht, die harschen Worte waren um seiner selbst Willen nötig gewesen! Was wäre sonst passiert? Es begann zu schneien. Schon am Abend zuvor war etwas passiert, was nie hätte sein sollen. Aber er hatte nicht anders gekonnt, so wie Nero sich verhalten, ihn angesehen hatte. Er war einfach nicht schlau daraus geworden. Was hätte er denn tun sollen? Die ganze Angelegenheit war ein Desaster, von Anfang an! Es schneite heftiger. Verdammt, er hatte alles falsch gemacht! Sowohl jetzt, als auch vorher. Ob er es nochmal ändern könnte? Nein. Er hatte diesen Weg eingeschlagen und egal, was er sagen könnte, für ihn würde es nichts ändern. Er hatte einen Fehler gemacht und ihn wieder ausgemerzt. Es war gut so. …Langsam müsste Nero doch zurückkommen, draußen hatte sich schon wieder ein Schneesturm entwickelt. Dante schaute noch eine Weile aus dem Fenster, aber es war nichts zu erkennen. Er machte sich etwas zu essen und musste daran denken, dass der Junge ohne jegliche Mahlzeit abgehauen war. Der Weißhaarige lief in der Hütte eine Weile auf und ab. Er legte Holz nach und schürte das Feuer im Kamin. Er ging wieder auf und ab. Dante stellte sich ans Fenster und schaute hinaus. Draußen dämmerte es bereits und der Schneesturm hatte inzwischen nachgelassen, als ihn eine Erkenntnis traf. „Er kommt nicht!“ ~Ende – Fortsetzung folgt~ Nachwort: So meine Lieben, hier ist endlich das 4. Kapitel. Ich denke das Ende wird euch nicht so passen XD Aber was sein muss, muss sein. Das 5. Kapitel ist auch schon in Arbeit und wird diesmal nicht so lange auf sich warten lassen. Ich versuche die Abstände auch immer weiter zu verkürzen. Ich gebe mein Bestes, aber ich will nicht, dass die Qualität leidet :D Zum Bonuskapitel: ...Jaaaa, das wird es geben, aber erst, wenn es zeitlich passt.^^' Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und wir sehen uns beim Nächsten! eure Lomea 8D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)