Weinender Schnee von Lomea ((Dante x Nero)) ================================================================================ Kapitel 1: Azurblaue Sehnsucht ------------------------------ Langsam öffnete er seine Augen und schaute sich um. Er lag in eine dicke Decke eingewickelt auf einer Couch vor dem Kamin. Trotz der knisternden Wärme begann er zu zittern. Die Kälte saß ihm immer noch in den Gliedern. „Was hattest du da draußen verloren?!“, ertönte eine tiefe Stimme. Sie hatte einen feindlichen Unterton. Er fuhr herum und erblickte den Mann, den er schon so lange gesucht hatte. „Dante…“, er hatte den Namen ungewollt ehrfürchtig gemurmelt. Dieser seufzte tief, so als ob eine Last zu ihm zurückgekehrt war. „Nero!“, erwiderte er bissig, „Also was hattest du da draußen zu suchen?!“ „Ich hab nach dir gesucht. Warum hast du dich in so einer gottverdammten Gegend abgesetzt???“ Der Weißhaarige runzelte die Stirn. Es passte ihm nicht, dass der Junge hier war. „Anscheinend ist sie nicht gottverdammt genug, wenn du mich hier findest! Was willst du?!“ Nero senkte den Kopf, hob ihn wieder und blickte schließlich an ihm vorbei. „Ich brauche deine Hilfe…“ „Die hast du bekommen, ich hab dich vorm Erfrieren bewahrt. Nun kannst du gehen!“ „Hey, warum willst du mich denn loswerden, du weißt doch noch gar nicht worum’s geht!“ „Es ist mir egal, ich will nichts mehr mit dir zu tun haben!“ Dante verhielt sich abweisend gegenüber dem Weißhaarigen und machte keinen Hehl aus seinem Ärger. Der Junge sprang auf und die Wut zeichnete sich deutlich in seinem Gesicht ab. „Was soll die Scheiße?! Ich hab dir rein gar nichts getan. Du hörst mir nicht mal zu und willst mich schon rausschmeißen. Gut, wenn so jemand aus dir geworden ist, dann bleib doch hier in deiner Einöde und vegetier vor dich hin. Ich wünsch dir viel Spaß dabei!“ Damit warf er die Decke auf den Boden und stürmte zur Tür. Als er sie aufriss, kam ihm ein eisiger Wind entgegen und brachte eine Ladung Schnee mit sich. „Willst du etwa da hinaus?“ Die Stimme des Älteren ließ seine Wut weiter steigen. Sie klang so sanft und ruhig, aber auch so desinteressiert. „Was interessiert dich das? Hast du auf einmal Mitleid bekommen?“, es klang kindisch. „Mach was du willst…“ Verletzt schaute Nero ihn an. Er hatte also wirklich gehofft, dass er ihn aufhalten würde. Nun da er es nicht tat, war er enttäuscht, ja sogar verletzt. Was erwartete der Junge nur von ihm? Was hatte er sich erhofft von ihm? Er wusste es nicht und eigentlich wollte er es auch nicht wissen. Ach verdammt, warum ließ es ihm keine Ruhe? „Nun mach schon die Tür zu!“ Langsam schloss Nero sie. Er stand weiter da und schaute ihn an. Seine azurblauen Augen schienen ihn zu durchdringen und zu versuchen auf den Grund seiner Seele zu blicken. Sie hatten eine unheimliche Tiefe, leicht konnte man sich in ihnen verlieren. Dante wandte den Blick ab. Er hätte es nicht weiter ertragen, denn es weckte Sehnsucht in ihm. Wonach? „Hörst du mir jetzt zu?“, seine Stimme durchschnitt die Stille. Der ehemalige Dämonenjäger antwortete nicht, sondern ging in den hinteren Teil des Hauses, nein es war eher eine Hütte, gerade mal zwei Zimmer. Dort fing er an in der provisorischen Küche Geschirr zu spülen. Nero empfand es zwar als äußerst unfreundlich und unhöflich, aber zuhören würde er ihm wohl trotzdem. Also beschloss er es erstmal darauf beruhen zu lassen. Von Dante konnte man im Moment ja eh nicht viel erwarten. „Ich hab ein Problem, mit dem ich nicht mehr fertig werde…“, es fiel ihm schwer, so etwas zuzugeben, „…zwei Dämonen verfolgen mich. Es sind keine einfachen Dämonen, sondern Gestaltwandler!“ „Und ich soll dir jetzt aus der Patsche helfen?“, ein Teller wurde unsanft in das Spülbecken befördert. „Das hab ich gar nicht gesagt! Es reicht ja schon, wenn du mir sagst, wie ich mit ihnen fertig werde!“, er strengte sich stark an, nicht verzweifelt zu klingen. Aber seine Lage war verzweifelt. Er konnte diesen Dämonen nichts entgegen bringen, bisher hatte er es gerade geschafft, zu überleben. „Vergiss es, die sind eine Nummer zu groß für dich!“ „Und was soll ich jetzt tun, mich töten lassen, oder wie?“ Ein Teller zerbrach, Dante hatte ihn zu fest aufgedotzt. „Gib einfach die Jagd auf, du Idiot!“, kam es laut und barsch. „Nicht ich jage sie, sie jagen mich!“, schrie der Junge zurück. Abrupt drehte sich der andere um, sein Gesicht war zornig. „Wie in aller Welt hast du es geschafft, die Aufmerksamkeit von Gestaltwandlern auf dich zu ziehen?!“ „Verdammt, ich weiß es nicht! Es gibt keinen Grund, ich hab ihnen keinen gegeben! Ich wusste nicht mal, dass solche Monster überhaupt existieren! Freundlicherweise haben sie mir wenigstens das gesagt, bevor sie angriffen!“ Er war wütend, so wütend, warum nahm Dante gleich wieder an, dass er irgendwelche Scheiße gebaut hatte?! Er war doch kein Kleinkind! „Normalerweise interessieren sie sich kein Stück für Menschen, also musst du sie provoziert haben!“ Nero wollte am liebsten schreien, warum kapierte er es einfach nicht? Wieder wiederholte er seine Unwissenheit und der Weißhaarige sah immer noch nicht überzeugt aus. Warum nur, warum nur glaubte er ihm nicht? Wieso war er so stur? Doch der ehemalige Dämonenjäger hatte durchaus einen Grund, dass er so überreagierte. Der Junge regte ihn auf, wieso musste er sich immer lauter Probleme anlachen? Wieso hatte er ausgerechnet ihn gesucht und warum zum Henker hatte er ihn gefunden? Seine Anwesenheit brachte ihn durcheinander, machte ihn nervös und aggressiv. Aber hinaus in den Schneesturm wollte er ihn auch nicht schicken. War es nur der Schneesturm? „Hm, es ist schon sehr spät. Wir sollten schlafen gehen“, setzte er seinen Grübeleien ein Ende. Er schob die Couch weg vom Kamin und legte sich auf den Vorleger. „Wenn du heute Nacht nicht erfrieren willst, solltest du dich auch vor den Kamin legen.“ „Vergiss es!“, meinte Nero bissig und verzog sich mit der Decke auf die Couch. Es war kein Wunder, dass er sich so verhielt. Schließlich war er gerade eiskalt abgespeist worden und morgen würde ihn Dante sicherlich einfach rausschmeißen. Mit diesen düsteren Gedanken schlief er ein. Mitten in der Nacht, er wusste es nicht genau, vermutete es aber, wachte der junge Mann auf. Es war schrecklich kalt und er fing auch gleich an zu zittern. Er schaute rüber zu Dante, der friedlich zu schlummern schien. Wie konnte er das nur bei dieser Kälte? Na klar, der Kamin! Also hatte er am Ende wieder Recht behalten…wie immer. Schlotternd stand der Junge auf und lief ein wenig hin und her. „Wenn dir kalt ist dann leg dich vor den Kamin!“ Also hatte er es geschafft den Griesgram aufzuwecken oder war er schon wach gewesen? War ja auch egal, verdient hatte er es so oder so! Auch wenn es ihm nicht passte, musste er diesmal wohl nachgeben. Denn sich wieder auf die Couch zu legen, war nicht nur unvernünftig, sondern auch gefährlich. ‚Erfroren’ zählte nicht gerade zu den ehrenvollen Toden. Dante rutschte etwas vom Feuer weg und machte ihm Platz. Trotzdem war es immer noch ziemlich eng, denn er wollte weder zu nah an den Kamin noch an Dante. Er peilte die Mitte zwischen beiden an und legte sich hin. Angenehme Wärme kroch in seine Glieder und ein wohliges Gefühl stellte sich ein. Schnell versank er wieder in tiefen Schlaf. Als er das nächste Mal wach wurde, war es immer noch dunkel. Nein halt, nur etwas versperrte seine Sicht. Also hob Nero seinen Kopf an und sofort wurde alles in blasses Licht getaucht. Auch die Ursache seiner vermeintlichen Nacht. Er lag direkt neben Dante… „Na wieder wach?“, kam die Frage in einem halb teilnahmslosen, halb interessierten Ton. „Erst willst du unbedingt auf der Couch schlafen, dann doch am Kamin, wälzt dich ewig hin und her und rollst dich schließlich wie ein Kätzchen zusammen. Irgendwann hast du dich auch noch an mich gekuschelt und warst endlich ruhig. Hast du etwa von Kyrie geträumt?“, etwas Belustigung ließ sich heraushören. „Nein, hab ich nicht… Außerdem… haben wir uns getrennt…“ Seltsamerweise schwang in der Stimme des Weißhaarigen ehrliche Verblüffung mit. „Ist das so?“ Aber Nero wollte nicht darüber reden und antwortete nicht. Es ging den Kerl überhaupt nichts an, was geschehen war. Warum sollte er es ihm erzählen, außer den aufkommenden Erinnerungen würde es ihm nichts bringen. Doch dann wurde ihm seine peinliche Lage wieder bewusst, in der er sich befand. Bei seinen gedanklichen Abschweifungen hätte er seinen Kopf doch gerade wieder beinahe auf Dante abgelegt. Das war zu peinlich! Er wurde ganz rot im Gesicht und sprang auf. Suchend schaute er sich nach einer Ablenkung um. Aber was gab es schon groß in dieser Hütte? Der Ex-Dämonenjäger setzte sich langsam auf und streckte sich erstmal, bevor er aufstand. Auch wenn er nicht ganz so sicher war warum, jedoch hatte sich sein Gemütszustand verbessert. Nero wollte er trotzdem lieber schnell wieder loswerden. Er dachte fieberhaft nach, wie er das am besten bewerkstelligen sollte. Na gut, ein Frühstück gönnte er ihm noch, aber dann war es aus mit der Gastfreundschaft. „Ich kann dir Brot anbieten“, kam nach einem Blick in den Kühlschrank. „Ist in Ordnung.“ Warum war der Junge auf einmal so schweigsam? Normalerweise wäre doch mindestens eine Beschwerde gekommen. Aber warum sollte er sich den Kopf darüber zerbrechen? Auch beim Frühstück verweilte die Stille, da Nero weiterhin schwieg und Dante keine Lust hatte, dieses Schweigen zu brechen. „So, es ist an der Zeit für dich zu gehen!“, der Weißhaarige erhob sich und schaute den Jüngeren mit undurchsichtigem Blick an. „Was?!“, die Überraschung war deutlich herauszuhören. „Was hast du denn geglaubt?“ „Ich dachte du würdest dir es noch mal überlegen oder mir wenigstens auf ne andere Weise helfen!“ „Falsch gedacht! Und jetzt solltest du gehen!“, meinte der Mann barsch. Je schneller er seine Ruhe wieder hatte, desto besser. Er würde sich seinen Frieden nicht von ihm durcheinander bringen lassen. Wut und Verzweiflung zeichneten eindeutig sein Gesicht. Warum hatte er nur so große Hoffnung in ihn gesetzt und bestand auf seine Hilfe? „Gut…“, presste der Jüngere hervor und ging auf die Tür zu. Dort verharrte er einen Moment, so als wartete er auf zurückhaltende Worte, aber die würden nicht kommen. Nero öffnete die Tür und der eisige Wind brachte ihn zum Erschauern. Noch immer tobte der Schneesturm, aber das scherte ihn nicht. Er würde keinen Augenblick länger hier bleiben. Schließlich war er unerwünscht… Mit einem leisen Klicken rastete die Tür ein und der Weißhaarige war wieder allein. „Hm, dann mach ich mir mal einen Kaffee…“, er machte ein paar Schritte Richtung Küche. Doch dann fuhr er herum und riss die Tür auf. „NERO! Verdammt, komm wieder rein! Bei dem Wetter kommst du nicht weit!“ Der Wind peitschte ihm um die Ohren und Schneeflocken fielen auf sein Gesicht. Sie schmolzen rasch und rannen wie Tränen seine Wangen hinunter. Hatte er ihn nicht gehört oder wollte er ihn nicht hören? Sollte er noch mal rufen? Aber halt, da tauchte der Junge in dem weißen Gestöber auf. Genau vor ihm blieb er stehen, der Trotz flackerte in seinen Augen. „Komm rein, du holst dir sonst den Tod!“ Es dauerte einen ganzen Moment bis Nero den Blick senkte und wieder hineinkam. Dem ehemaligen Dämonenjäger entfuhr ein Seufzer der Erleichterung. Er zuckte erschrocken über sich selbst zusammen. Warum war er erleichtert? Weil er nun nicht länger allein sein musste? Was für eine Ironie… Er bemerkte den vorwurfsvollen Blick, der auf ihm lag. Die Strafe dafür, dass er selbst nicht wusste, was er wollte. Aber er wollte nicht mehr allein sein, oder? „Der Schneesturm wird wohl einige Tage andauern. Bis dahin kannst du hier bleiben, danach sehen wir weiter.“ Der Blick des Jüngeren wurde etwas weicher, aber nicht viel. Dante konnte seinen Blick nicht abwenden, diese azurblauen Augen fesselten ihn. Sehnsucht? „Pah! …“ ~Ende. Fortsetzung folgt~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)