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A Gnomes Tale

Die Geschichte eines Gnoms
von

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Prolog

Über meine Kindheit weiß ich nur sehr wenig. Ich weiß, dass ich ein Waise war wie viele andere Kinder auch. Aber anders als die anderen Kinder lebte ich nicht in einem Waisenhaus in Sturmwind sondern bei einem Gnomen-Pärchen, das selbst keine Kinder bekommen konnte. Es sei wegen einer Krankheit wurde mir gesagt. Über meine wahren Eltern weiß ich nichts. Weder warum ich als Waise aufwachsen musste noch ob ich irgendwelche Geschwister hatte.

Wollten sie mich nicht? Konnten sie sich nicht um mich kümmern? Waren sie vielleicht gar nicht mehr am leben? Solche Fragen quälten mich oft nachts vor dem Einschlafen. Das Einzige was mir blieb war die Hoffnung sie eines Tages doch noch kennen zu lernen.

Ich bin an einem Freitag dem 13. in die Stadt gekommen, was wahrscheinlich auch der Grund dafür war, dass mich die Leute aus der Stadt nicht leiden konnten. Ich sei verflucht sagten sie, ein dreckiges kleines Waisenkind. Die Mütter verboten ihren Kindern den Umgang mit mir. Und es gab kaum Kinder die versuchten sich gegen den Willen ihrer Eltern durchzusetzen. Ich war eine Außenseiterin. Doch es hätte schlimmer kommen können. Denn obwohl die Gnome, die sich damals um mich kümmerten, nicht meine wahren Eltern waren, taten sie alles um mir eine schöne Kindheit zu gewähren.

Woran ich mich noch gut erinnere war die Stadt, in der wir wohnten: Gnomeregan. Damals hieß es die Stadt könne in einigen Jahren sogar noch wichtiger werden, als Eisenschmiede. Bevor sie überrannt wurde war sie eine der schönsten und modernsten Städte der Welt. Gnomeregan lag mitten im schneebedeckten Dun Morogh, nicht weit von Eisenschmiede entfernt. Es war die Hauptstadt der Gnome, durch ihren Erfindungswahn immer wieder neu erweitert, in ihr wohnten die besten Ingenieure Azeroths, kurzum: Gnomeregan war eine aufsteigende Stadt. Bis die Troggs kamen.

Ich muss ungefähr 5 Jahre alt gewesen sein, als man die ersten Troggs sichtete. Niemand wusste woher oder warum sie kamen. Jeder Versuch mit ihnen zu kommunizieren scheiterte. Zuerst dachten wir, sie wären eine friedliche Rasse doch wir hatten uns getäuscht. Immer wieder griffen sie einzelne Menschen (bzw. Gnome und Zwerge) an, so dass sich die Bewohner Dun Moroghs nicht mehr alleine vor die Tür wagten. Man sah aber keine wirkliche Bedrohung in ihnen, sondern eher eine Plage deshalb wurde nicht viel gegen sie unternommen. Die Streitkräfte der Allianz hatten wichtigeres zu tun als sich um ein paar „kleinere Vorfälle“, wie sie es nannten, zu kümmern. Den Einwohnern Gnomeregans wurde eingeschärft nie alleine zu den anderen Städten zu reisen. Bei schlimmeren Zwischenfällen kümmerten sich die Schutztruppen der Stadt um die Angreifer.

Eine Zeit lang war alles still. Es schien als hätten die Troggs das Interesse an uns verloren. Doch dann schlugen sie plötzlich unerwartet erneut zu. Dieses Mal beschränkten sie sich nicht darauf einige verirrte Wanderer zu töten. Sie griffen unsere schöne Stadt Gnomeregan direkt an. Das Pärchen, bei dem ich lebte wohnte relativ abgelegen, am äußeren Rand der Stadt. Für sie kam jede Hilfe zu spät. Ich hatte Glück. Ich war an diesem Tag in der Stadt unterwegs um einen Bogenlichtschraubenschlüssel für meinen „Vater“ zu besorgen. Als ich zurück kam fand ich unser Haus von Leuten umringt vor. Es war vollkommen zerstört. Von meinen Zieheltern war nur noch eine dunkelrote Spur zu sehen, die in die Berge führte. Erneut hatte ich meine Familie verloren.

Inzwischen weiß ich, dass es außer mir noch andere Gnome getroffen hat, wenn auch bei niemanden so eine Zerstörung angerichtet worden war wie bei uns, auch andere hatten Familienmitglieder verloren, doch in diesem Moment kam es mir so vor, als wäre ich die einzige, der so etwas passiert war. Als wäre dieses Unglück nur mir allein zugestoßen. In meinem Kopf spukten die Stimmen der Gnomen-Frauen herum. „Weg von ihr! Sie ist verflucht.“ Lag es wirklich an mir? War ich verflucht? Ich stand da und starrte unser Haus an und hoffte irgendwann wieder aus diesem Alptraum zu erwachen. Doch ich wachte nicht auf.
 

Ich weiß nicht wie lange ich da stand und auf das zerstörte Haus starrte.

Irgendwann hatte man mich wohl in ein anderes Haus gebracht. Sie, die sie mich immer gemieden hatten kümmerten sich auf einmal um mich, als sei es nie anders gewesen. Doch ich kümmerte mich nicht um sie, hörte ihre Mitleidsbekundungen nicht, sah nicht die Besorgnis in ihren Gesichtern, nahm mein Umfeld nicht mehr war. Das einzige was ich spürte war der Schmerz über meinen Verlust. Oder etwa doch nicht? Ich bemerkte es am Anfang kaum, doch das Gefühl wurde mit der Zeit immer stärker: Hass. Ich hasste die Troggs die mir meine Eltern genommen hatten, die Gnome für ihre Untätigkeit, doch am meisten hasste ich mich in diesem Moment selbst. Was wäre gewesen, wenn ich bei meinen Eltern gewesen wäre? Hätte ich es irgendwie verhindern können? In solche Gedanken versunken schlief ich irgendwann erschöpft ein.

Als ich aufwachte wusste ich zunächst nicht wo ich war, oder warum ich hier war. Doch dann kehrte die Erinnerung an das, was geschehen war mit voller Wucht zurück. Etwas Nasses tropfte auf meine Hand. Ich versuchte die Tränen zurückzuhalten doch ich schaffte es nicht. So allein und verlassen wie in diesem Moment hatte ich mich noch nie gefühlt. Ich schluckte. Langsam stand ich von dem Bett, in dem ich gelegen hatte auf.

Ich hörte jemanden aus einem anderen Zimmer im Haus reden. Neugierig öffnete ich die Tür einen Spalt. Im Zimmer, das das Wohnzimmer zu sein schien, standen zwei Gnomenfrauen und schienen sich heftig zu streiten. „…nicht einfach in Ruhe lassen? Mein Gott das Kind hat gerade seine ganze Familie verloren.“ „Wenn ich es dir doch sage. Die Kleine ist verflucht! Nur deshalb sind ihre Adoptiveltern gestorben.“ Ich schluckte erneut. Es ging also wieder los. Kaum ein Tag war vorbei, da fing das Gerede schon wieder an. „Abergläubischer Schwachsinn!“ „Nenn es ruhig Schwachsinn, aber ich werde nicht dulden, dass das Mädchen in unserer Stadt bleibt! Sie wird uns allen noch den Untergang bringen. Und ich kenne ein paar Leute, die das genauso sehen wie ich.“ „Jetzt sei doch mal vernünftig! Was soll man deiner Meinung nach mit dem Mädchen jetzt machen? Hast du sie gestern nicht gesehen? Die Kleine stand völlig unter Schock. Wenn du jemanden die Schuld geben willst, dann gib sie den Troggs, aber lass das Mädchen in Ruhe!“ „Ich will nicht dass sie hier bleibt!“ die Gnomenfrau schrie jetzt schon fast. „Und warum nicht? Was habe ich euch denn getan?“ erschrocken stellte ich fest, dass diese zittrige leise Stimme mir gehörte. Die beiden Frauen fuhren herum.
 

„Danja Schätzchen, wie geht es dir?“ fragte die Gnomenfrau, die mich verteidigt hatte scheinheilig. Ich ignorierte die Frage. „Warum darf ich nicht hier bleiben? Habe ich euch jemals etwas getan?“ Nun war ich es, die schrie. Tränen liefen an meinen Wangen hinab und tropften auf den Boden. „Warum könnt ihr mich nicht einfach in Ruhe lassen?“ „Danja, beruhige dich erstmal!“ „Nein ich will, dass sie mir antwortet! Warum? Warum? Warum?“ mittlerweile konnte ich nicht mehr aufhören. Wütend schrie ich die verblüffte Frau an. Schließlich fasste sie sich wieder und sagte zu der anderen Gnomenfrau. „Ich gehe dann jetzt. Du wirst schon sehen was du davon hast! Ich jedenfalls werde darum bitten, dass dieses Kind aus unserer Stadt gebracht wird.“ Schluchzend sah ich zu, wie sie aus der Tür stolzierte. „Warum lässt du sie einfach gehen? Sie…“ meine Stimme versagte. Von Weinkrämpfen geschüttelt sank ich zitternd zu Boden.

„Sch Danja, ist ja gut!“ Die andere Gnomenfrau nahm mich in den Arm. „Weißt du, sie hasst dich nicht wirklich. Wir Erwachsenen benehmen uns nur manchmal etwas komisch. Sie hat auch einen Verwandten durch den Angriff verloren und ist im Moment sehr verwirrt. Ist ja gut jetzt.“ Sie seufzte und fuhr mir mit einer Hand durchs Haar. „Vielleicht wäre es tatsächlich besser für dich wenn du gehen würdest, dann würdest du endlich die ganzen Vorurteile loswerden. Du hättest die Chance ein völlig neues Leben anzufangen.“ „Aber…was ist, wenn es wieder so wird?“ Meine Stimme war durch das viele schreien schwach und rau geworden. „Sch Danja. Darüber sollten wir uns jetzt noch keine Sorgen machen. Wir sollten erstmal zusehen, dass wir den Tag gut überstehen.“ Die Erinnerung an den gestrigen Tag holte mich wieder heim. Die Gnomenfrau, die mich in den Armen hielt gab mir ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Erst jetzt merkte ich wie müde ich noch war. Langsam sanken meine Augenlieder nach unten.
 

Von den folgenden Tagen bekam ich nicht viel mit. Die meiste Zeit verbrachte ich im Haus der Gnomin, die mich aufgenommen hatte und half ihr bei der Hausarbeit um mich abzulenken. Wenn sie das Haus verlies blieb ich alleine zurück. In diesen einsamen Stunden zog ich mich in eine Ecke des Hauses zurück und weinte leise vor mich hin.

Währendessen wurde über mein zukünftiges Schicksal heftig diskutiert. Nach etwa einer Woche wurde ein Beschluss gefasst. Ich sollte zusammen mit anderen Flüchtlingen aus der Stadt und anschließend in das Waisenhaus in Sturmwind gebracht werden. Außerdem wollte man einen Boten zu den Zwergen schicken, um diese um Hilfe gegen die Troggs zu bitten. Ich würde also bis Eisenschmiede, von den anderen Gnomen begleitet werden und dann mit einem Brief ausgerüstet mit der Tiefenbahn nach Sturmwind fahren. Allein hieß es zuerst, doch dann fand sich ein hilfsbereiter Gnom, der mich noch bis zum Waisenhaus begleiten würde. Und von da an war ich auf mich allein gestellt.

Es regnete in Strömen. Unschlüssig starrte ich das große Haus an. Von außen betrachtet sah es nicht sehr einladend aus. Es kam mir vor wie ein großes, graues Ungeheuer, dass nur darauf wartete mich zu verschlingen. Von innen schien ein blasses Licht nach außen. Schließlich raffte ich mich zusammen und klopfte zaghaft an die Tür. Klopf. Keine Reaktion. Ich klopfte noch einmal dieses Mal lauter. KLOPF. Ich hörte wie ein Stuhl verschoben wurde und wie sich jemand der Tür näherte. Langsam öffnete sie sich. Ich hatte mich insgeheim schon darauf vorbereitet nach oben zu blicken doch ich wurde angenehm überrascht. Die Tür wurde nicht von einem Erwachsenen Menschen, sondern von einem Kind, das einige Jahre jünger sein musste als ich, denn es hatte in etwa meine Größe, geöffnet. „Ja bitte?“ piepste es. Ich wollte gerade etwas sagen, da rief jemand von innerhalb des Hauses: „Aurikel! Weg von der Tür! Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst sie nicht öffnen, sondern uns bescheid sagen, falls jemand klopft.“ Das Mädchen zog den Kopf ein und murmelte kleinlaut. „Hab’s vergessen. Schuldidung.“ „Geh wieder nach drinnen.“ Eine so weit ich das beurteilen konnte schon etwas ältere Frau erschien in der Tür. Als sie mich sah lächelte sie und fragte freundlich: „Ja? Was kann ich für dich tun?“ „Ähm…ich suche Madame Shellene. Ich habe hier einen Brief…“ schüchtern suchte ich den Brief heraus und übergab ihn der Frau. Diese nahm öffnete ihn und las ihn sorgfältig. Dann steckte sie ihn wieder zurück. „Du bist also Danja?“ Ich nickte zaghaft. „Na dann, komm mal rein in die gute Stube.“ Langsam betrat ich das Haus, das für die nächsten Jahre meine Heimat sein sollte.

Ein Neuanfang?

Sämtliche Augen im Raum waren auf mich gerichtet. Ich fühlte mich an meinen ersten Tag im Waisenhaus zurückversetzt. Auch damals, vor knapp 8 Jahren stand ich im Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit. Und auch damals es so unangenehm still gewesen. Einzig allein Madame Shellenes Stimme durchbrach diese Stille. „Danja…“ ich blickte nicht zu ihr auf sondern suchte unter den anderen Waisenkindern denjenigen, der schuld an meiner derzeitigen Lage war. Mein Blick blieb an einem breit grinsenden Nachtelfengesicht hängen. Es war das einzige seiner Art, denn außer dem Elfen und mir waren alle anderen Waisen ausnahmslos Menschen. Unsere Blicke trafen sich. Sein Blick war, wie immer wenn er mich anblickte, herablassend und voller Hohn doch ich glaubte noch etwas anderes darin erkennen zu können: Triumph.

Es war kein Geheimnis, dass der „Große“ die „Kleine“ nicht leiden konnte. Schon von seinem ersten Tag im Waisenhaus an behandelte er mich wie ein unterentwickeltes, dummes Kleinkind. Als ich ihm schließlich eines Tages das Gegenteil bewies, griff er zu anderen Methoden. Er versteckte meine Sachen, verwickelte mich immer wieder in „Unfälle“ und noch dazu beobachtete er mich Tag und Nacht und meldete auch die kleinsten Fehltritte von mir. Bei meinen nächtlichen Ausflügen musste ich noch Vorsichtiger als ohnehin werden. Doch ich lies das ganze mal mehr, mal weniger stillschweigend über mich ergehen, zum einen weil ich die Hoffnung hatte, dass es dem Nachtelfen irgendwann langweilig würde, zum anderen, weil ich nur auf den richtigen Augenblick wartete ihm alles auf einmal heimzuzahlen. Und obwohl es momentan nicht danach aussah, als würde dieser Augenblick jemals kommen, würde ich nicht mehr lange auf ihn warten müssen.

Während Madame Shellene mir einen Vortrag darüber hielt, was mir alles hätte passieren können versuchte ich das blau-grün häutige Geschöpf mit meinen Blicken zu durchbohren. Anfangs hatte er noch zurückgestarrt, sich nach einer Weile dann aber gespielt gelangweilt abgewendet. Von der Standpauke bekam ich nicht sehr viel mit. Einige Sätze drangen allerdings auch zu mir durch. „Wir meinen es im Grunde doch alle nur gut mit dir…“ an dieser Stelle konnte ich ein spöttisches Schnaufen nicht ganz unterdrücken. Diese „heile Welt“ Geschichte mochten die kleineren vielleicht noch glauben, ich jedoch wusste, dass es nicht so war. „Diese Regeln dienen nur eurem Schutz.“ Und schließlich noch: „Auch wenn du von einer anderen Rasse bist, gibt es keine Sonderrechte für dich.“ Diese Bemerkung lies mich aufhorchen. Hatte ich mich verhört? Konnte ich es vielleicht wagen…? Ich zögerte nicht lange sondern unterbrach Madame Shellene: „Entschuldigen sie bitte, dass ich sie unterbreche aber sie haben doch gerade gesagt, dass es für Angehörige einer anderen Rasse keine Sonderrechte gibt…oder?“

„Und ich hatte schon das Gefühl, dass du mir gar nicht zuhörst. Ja es stimmt. Wir versuchen hier alle Rassen gleich zu behandeln und niemanden zu bevorzugen.“ Ich nickte aufgeregt. „Gut, dann verstehe ich nicht warum das Langohr…“ „Danja! Keine Beleidigungen!“ fuhr Shellene auf. Ihr tadeln ignorierend fuhr ich fort: „…nicht auch bestraft wird. Er war doch auch nachts unterwegs um zu ihrem Haus zu gelangen.“ Die Matronin schaute mich verblüfft an. „Aber er…“ setzte sie an, verstummte dann und schüttelte nur verwirrt den Kopf. Ich konnte sie sogar ein bisschen verstehen. Das Haus in dem die Matroninen zusammen mit den jüngeren Waisen nachts schliefen befand sich nur etwa 10 Meter vom Waisenhaus entfernt.

Einige Kinder fingen an zu kichern doch ich fuhr unbeirrt fort: „Und wenn es nur für kurze Zeit gewesen währe, was es übrigens nicht war, er war definitiv draußen. Ihm hätte genau so viel passieren können wie mir, oder etwa nicht?“ Das Gekicher wurde lauter. Madame Shellene hatte endlich ihre Sprache wieder gefunden. „Was soll das heißen: „was es übrigens nicht war“?“ Ich hatte inzwischen große Mühe mir das Grinsen zu verkneifen. „So wie ich das sehe ist bis jetzt nur seine Version der Geschichte angehört worden. Wahrscheinlich hat er ihnen gesagt, dass er gesehen hat, wie ich hinausgegangen bin und dann sofort zu ihnen gelaufen ist.“ Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte ich, wie mein Kontrahent zusammenzuckte. Ich hatte genau ins Schwarze getroffen.

„In Wahrheit aber“, ich holte tief Luft. Jetzt kam der schwierige Teil. „war es genau andersrum. Ich habe ihn herausgehen sehen und überlegt ob ich ihnen bescheid geben soll. Doch dann…naja sie wissen ja sicher, dass Gnome von Natur aus sehr neugierig sind. Es hat mich einfach interessiert was er um diese Zeit vorhatte, da bin ich ihm nachgelaufen. Ich habe gesehen, wie er in die Taverne im Handelsdistrikt gelaufen ist. Er muss mich wohl irgendwann bemerkt haben. Schließlich wollte ich wieder zurücklaufen aber ich habe den Weg nicht mehr gefunden. Bei Nacht sieht alles so anders aus. Und als ich dann hier ankam war er schon wieder zurück. Denken sie wirklich ich wäre sonst einfach durch die Vordertür zurückspaziert um diese Zeit?“ Eigentlich war diese Geschichte nicht gelogen. Ich hatte den Nachtelfen hinauslaufen sehen und war, weil ich zufällig in die gleiche Richtung wie dieser musste, hinter ihm hergelaufen. Ich hatte ihn in die Taverne laufen sehen und ich hatte mich auch auf dem Rückweg verlaufen. Dass ich dazwischen etwas anderes gemacht hatte musste ja niemand erfahren.

Shellene schüttelte ungläubig den Kopf. „Man sollte meinen nach fast 8 Jahren kennst du dich inzwischen hier in Sturmwind aus.“ Ihre Stimme jedoch nicht so streng wie davor. Offensichtlich glaubte sie mir…zumindest ein bisschen. Vielleicht hätte sie mir nicht geglaubt, wenn das Spitzohr nicht öfter Geschichten über mich verbreitet hätte, die nicht wahr waren. Auch der Elf schien zu merken, dass es nicht so lief wie er erwartet hatte. Sein sonst eher stilles Opfer hatte begonnen sich zu wehren. Er hatte inzwischen aufgehört mich ungläubig anzustarren. Stattdessen rief er empört: „Sie glauben der Kleinen doch kein Wort, oder? Ich habe ihnen doch gesagt, wie…“ Die Matronin unterbrach ihn mit einer Handbewegung. „Schluss jetzt! Diese gegenseitigen Anschuldigungen nützen uns doch nichts. Wie Danja richtig festgestellt hat wart ihr beide in dieser Nacht draußen. Es ist nur gerecht wenn ihr beide dafür zur Rechenschaft gezogen werdet. Und jetzt geht wieder schlafen Kinder! Wir besprechen den Rest Morgen.“ Missmutig stapften alle Kinder wieder zu ihren doppelstockigen Betten zurück.

Als ich an meinem Bett ankam wurde ich von einer leisen Stimme begrüßt. „Klasse gemacht Dan! Und…hast du ihn bekommen?“ Die Stimme gehörte Aurikel, die sich mit mir das Bett teilte und eine meiner wenigen Freunde im Waisenhaus war. Um sie noch etwas zappeln zu lassen antwortete ich nur: „Warte bis Morgen!“ „Du bist gemein! Jetzt sag schon!“ hakte sie neugierig nach. „Warte doch einfach bis Morgen. Du wirst es dann schon herausfinden. Gute Nacht.“ Ich zog die Decke über mich und drückte zufrieden das flache Paket, das ich unter meinem Hemd verborgen hatte. Ich hatte zwar gegen den Elfen, wie man so schön sagte „nur eine Schlacht gewonnen“ doch der Geschmack des Sieges fühlte sich einfach zu gut an um an den nächsten Morgen zu denken. Dieser Tag hatte mir deutlich gezeigt: Angriff war die beste Verteidigung. Ich hörte noch, wie Aurikel über mir unzufrieden murrte bevor mich die wohlig weiche Dunkelheit umfing.
 

In dieser Nacht schlief ich nicht gut. Ich träumte von Blut, von Schmerzen, Folter und von dem Untergang Gnomeregans. Es war nicht das erste Mal, dass ich von solchen Dingen träumte, seit bekannt geworden war, dass die Troggs die Stadt erobern würden. Die Zwerge aus Eisenschmiede hatten zwar versucht den Gnomen zu helfen, doch gegen die Überzahl der Troggs hatten selbst die rüstigen Zwerge nichts ausrichten können. Die wenigen überlebenden Gnome hatten sich wenn man den neuesten Berichten Glauben schenkte im innersten Ring der Stadt verschanzt und versuchten dort eine Wunderwaffe zu entwickeln, die die Troggs alle auf einmal vernichten könnte. Blieb nur noch die Frage, was man alles davon glauben durfte und was nicht und da mir ziemlich viele dieser Informationen von einem gewissen Nachtelfen unter die Nase gerieben worden waren trug das nicht unbedingt zu meinem Vertrauen in diese Gerüchte bei (obwohl es sich herausstellen sollte, dass sie fast alle stimmten). Aber wie schon gesagt war es nichts Neues für mich von diesen Sachen zu träumen. Wirklich erschreckend war dagegen ein anderer Traum. Er war eigentlich ganz harmlos. Ich sah drei Gnome auf einer Wiese stehen. Einer von ihnen war noch ein Kind, die anderen schienen schon etwas älter zu sein. Und dann verschwanden die zwei älteren Gnome einfach so im nichts und das Kind fing an zu schreien…genauso wie ich.

Das nächste woran ich mich erinnern konnte war Aurikels Gesicht. Sie fuchtelte wild mit ihren Armen über mir herum und schien mir etwas sagen zu wollen, doch ich konnte sie nicht verstehen. Irgendjemand schrie ohrenbetäubend und erst als mir der Mund zugehalten wurde merkte ich, dass ich selbst es war, die schrie. Sofort hörte ich damit auf und sah mich um. Mit meinem Geschrei hatte ich nicht nur das Waisenhaus geweckt, sondern auch einige Priester der nahe gelegenen Kathedrale waren gekommen.

Besonders eine Frau mit langen blonden Haaren fiel mir auf. Sie hatte zwar das für Priester übliche Gewand an, doch irgendwie hatte sie eine völlig fremde Ausstrahlung, die nicht zu einer Priesterin passte.

Viele von den anwesenden Menschen hielten sich die Ohren zu. Und ausnahmslos alle starrten mich an. Zum zweiten Mal innerhalb von nicht einmal zwei Tagen stand ich im Mittelpunk des Geschehens. Und es war genauso unangenehm wie zuvor.

Dann hustete eines der kleineren Kinder und das Schweigen war endlich gebrochen. Sofort drangen dutzende von Fragen auf mich ein. Ob denn alles in Ordnung wäre. Was denn gewesen sei. Und noch viel mehr.

Ich machte mir gar nicht erst die Mühe sie alle einzeln zu beantworten, sondern krächzte nur etwas von einem schlimmen Alptraum, an den ich mich aber nicht mehr erinnern könnte. Und das war tatsächlich der Fall.

Als sich die Lage wieder einigermaßen beruhigt hatte begann ich zusammen mit den anderen Kindern aus dem Waisenhaus die allmorgendlich anfallenden Aufgaben zu erledigen, denn es war inzwischen schon hell geworden. Aurikel wich den ganzen Morgen nicht von meiner Seite und schien mich ständig nach dem flachen Paket fragen zu wollen. Ich achtete darauf immer möglichst beschäftigt zu tun, denn ich hatte keine Lust es ihr einfach so zu geben. Ein bisschen warten konnte sie noch. Denn schließlich war es auch nicht leicht gewesen daran zu kommen.

Ich war fast schon froh, als Madame Shellene mich zu meiner Bestrafung in die Altstadt schickte, wo ich einer alten Frau den Tag über helfen sollte. Diese Erleichterung hielt allerdings nur so lange an bis ich erfuhr, dass ich diese Aufgabe nicht alleine bewältigen sollte.
 

„Nein Danja es bleibt dabei! Ihr werdet das heute gemeinsam machen. Vielleicht wird das euch beiden dann endlich eine Lehre sein. Ich habe genug von euren Streitereien.“ Ich öffnete den Mund um zu wiedersprechen, doch Shellene unterbrach mich noch bevor ich ein Wort herausbrachte. „Kein aber! In ein paar Jahren werdet ihr sowieso nicht mehr hier sein und ich bin euch endlich los. Aber bis dahin solltet ihr wenigstens versuchen miteinander klar zu kommen. Denk nächstes Mal über die Konsequenzen nach bevor du handelst. Und jetzt geh.“ Missmutig drehte ich mich um und stapfte auf die alte Frau zu. Der Nachtelf neben ihr sah genauso erfreut über die Entscheidung der Matronin aus wie ich. Doch ich wusste, dass er nicht lange so bleiben würde. Schon bald würde das hämische Grinsen auf sein Gesicht zurückkehren. Und noch etwas wurde mir klar. Dies würde ein sehr langer Tag für mich werden.
 

In Azeroth gibt es große und kleine Dinge. Da aber vieles die ideale Größe eines Gnomes überschreitet kommt für jeden Angehörigen dieses Volkes irgendwann einmal der Augenblick, wo er oder sie sich gegen etwas Größeres durchsetzen muss. Schon als ich das erste Mal stolperte beschloss ich, dass ich lange genug still gewesen war. Der vorherige Abend hatte mir gezeigt, dass ich mich durchaus zur Wehr setzen konnte. „Sag mal…“ setzte ich an, als ich nur knapp einem erneuten verschütten des Wassers entging. „Wie ist das eigentlich…im Winter? Hast du nicht manchmal Angst dir könnten die Ohren abfrieren. Ich meine ja nur, weil sie so groß sind...“ „Oh es ist bestimmt leichter zu ertragen, als mit Stummelbeinchen durch die Welt stolpern zu müssen.“

Und wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen stellte er sein Bein wieder einmal ausversehen vor meines. Ich sprang darüber und wäre beim aufkommen fast erneut hingefallen. Er lachte hämisch. „Genau das meine ich.“ Ich räusperte mich demonstrativ. „Ich muss allerdings nicht darauf achten mit dem Kopf gegen etwas zu stoßen.“ „Nein aber dafür darauf, nicht irgendwo hineinzufallen.“ Seine Stimme klang irgendwie seltsam. Es war nicht nur Spott darin, sondern auch ein lauernder Unterton, so als würde er wollen, dass ich weitermachte. So als würde er eine Möglichkeit suchen weiter zu streiten. Einen Augenblick lang überlegte ich das Ganze zu beenden, doch ich wusste sehr wohl, was passieren würde, wenn ich jetzt einen Rückzieher machte. Und ich wollte auf keinen Fall, dass das geschah.

Also holte ich erneut Luft. „Musst du beim Baden nicht aufpassen, dass sich keine Angel in deinen Ohren verfängt, weil der Fischer dachte es wären Fische?“ „Oh Kleine…“ Der Nachtelf kniete sich hin und sah mir direkt in die Augen. Ich starrte stur zurück. „Ich könnte dir tausende von Gründen nennen, warum es besser ist große, wohlgeformte Ohren zu haben, als von so mickriger Größe zu sein. Aber sag mal weißt du eigentlich das neuste aus eurer Hauptstadt?“ Seine Augen funkelten böse.

„Weißt du schon, dass ihr unheimlich begabten Gnome es geschafft habt eure eigene Stadt zu verseuchen? Die ganze Stadt ist voll mit einem Giftgas, das alle, die es einatmen verrückt macht. Weißt du, dass euer sogenannter Obertüftler gerade dabei ist Pläne gegen die Allianz zu schmieden…Wie…denkst du ich lüge? Aber warum sollte ich das tun?“

Obwohl ich spürte, wie Wut in mir aufstieg und ich inzwischen Lust hatte meine Faust in seinem Gesicht zu versenken schaffte ich es ein verzerrtes Lächeln auf mein Gesicht zu bringen konnte ich erstaunlich ruhig antworten. „Ach Großer…ich könnte dir tausend Gründe dafür nennen warum du mir nicht die Wahrheit sagst. Aber wo wir schon mal bei den Völkern sind…War deine Rasse nicht mal unsterblich? Was ist daraus geworden? Und wie viele Verräter gab und gibt es bei den Nachtelfen schon? Sind nicht auch die Naga, die unter anderem im Vorgebirge vom Hügelland so viele Probleme machen, einmal Nachtelfen gewesen?“

Ich atmete tief durch. In seinen Augen sah ich die gleiche Wut, die auch ich fühlte. Sah das gleiche Bedürfnis dem anderen wehzutun. Trotz des eigentlich ziemlich kindischen Streits hatten wir uns beide in unseren Zorn hineingesteigert. Und je länger wir uns so anstarrten, die Welt um uns herum völlig vergaßen, desto größer wurde dieser Zorn. Wir beide wussten, dass der Punkt, von dem aus es kein Zurück mehr gab, längst überschritten war. Keiner von uns beiden konnte jetzt noch einen Rückzieher machen.

Und dann schlug einer von uns beiden zu. Wer es war wusste später keiner von uns beiden mehr und wir wurden uns auch erst nach dem Kampf der Sinnlosigkeit bewusst. Fakt war, dass wir beide versuchten dem anderen mehr weh zu tun, als dieser einem selbst. Völlig besessen von diesem Gedanken kullerten wir durch den Kanaldistrikt. Der Nachtelf war durch seine Stärke und Geschicklichkeit im Vorteil, doch ich war kleiner, wodurch er gezwungen war gebückt zu Kämpfen.

Und dann fiel ich plötzlich ins Leere.
 

Ich sah noch, wie der Nachtelf sich an den Kanalrand zog als ich mit einem klatschen die Wasseroberfläche durchschlug. Sofort drang das kalte Wasser auf mich ein, saugte sich in meinen Kleidern fest und begann mich langsam nach unten zu ziehen. Ich versuchte mich vergebens zur Wasseroberfläche durch zu strampeln. Hätte ich schwimmen gekonnt hätte ich es vielleicht geschafft. Doch so ging ich unter wie ein nasser Sack.

Als ich spürte, wie mir langsam die Luft ausging geriet ich in Panik und schlug wild um mich. Ich öffnete den Mund in der Hoffnung Luft zu atmen doch stattdessen floss Wasser in meine Lunge. Ich würgte. Der Schmerz drohte mich zu überwältigen. Ich war so müde. Und dann schloss ich meine Augen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von: abgemeldet
2009-11-16T11:50:44+00:00 16.11.2009 12:50
sooooo jezd schreib ich dir au ma n kommi =3

ich mag dei story jezd scho^^ is ja klaa nüe xD
troggs gibts in ds fei au O-O

egaaaal nen tollen schreibstil hasch^^
grüßle dat neko xD
Von: abgemeldet
2009-11-05T20:31:27+00:00 05.11.2009 21:31
Oh nein. Sie wird doch wohl nicht ertrinken Oo.
Von: abgemeldet
2009-11-02T10:45:50+00:00 02.11.2009 11:45
Oh man. Immer hacken alle auf sie herum und suchen die alleinige Schuld bei ihr.
Von: abgemeldet
2009-10-30T23:35:40+00:00 31.10.2009 00:35
Das arme Ding.

Ich hoffe, dass nicht noch mehr solcher Schicksalsschläge kommen.


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