Hard to say von pbxa_539 (ZoSa) ================================================================================ Kapitel 2: ...I´m sorry ----------------------- Alles um ihn herum war weiß. Er kniff geblendet die Augen zusammen, blinzelte ein paar Mal, doch das Weiß blieb. Er stöhnte leise auf, nur um festzustellen, dass kein Ton seine Kehle verließ. Was war das für ein Ort? Er kramte in seinen Erinnerungen, doch die schienen ihn verlassen zu haben. Je mehr er versuchte, sich zu konzentrieren, umso schlimmer wurde das Pochen in seinem Kopf. Ein Bild blitzte vor seinem inneren Auge auf: blonde Haare, blaue Augen, Tränen. Doch als er versuchte, es zu fassen und zu halten, explodierte sein Kopfschmerz geradezu. Dafür tauchte ein anderes, sehr real wirkendes Bild vor ihm auf. Stand vor ihm, betrachtete ihn mit einem mitleidigen Blick. Blaues Haar umrandete ein fein geschnittenes Gesicht. Dunkelblaue, fast schwarz wirkende Augen unter langen schwarzen Wimpern schauten ihn intensiv an. Das Lächeln wirkte ein wenig überheblich, zog ihn aber dennoch in den Bann. Er blinzelte verwirrt, fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, doch die Illusion wollte nicht weichen. „Was tust du hier?“ Überrascht stellte er fest, dass er doch sprechen konnte. „Nein“, widersprach ihm sein Gegenüber. „Die Frage muss lauten, was tust DU hier?“ Doch keine Illusion. Er sah sich hilflos um und zuckte dann mit den Schultern. „Wo bin ich hier überhaupt?“ wollte er dann wissen. Eine lange Pause entstand, die Stille hing fast bedrohlich zwischen ihnen. „Es ist zu früh für dich.“ „Was?“ fragte er sichtlich irritiert. Seine Sicht verschwamm, das Weiß wich langsam der Dunkelheit. Aus der Entfernung hörte er ein gleichmäßig wiederkehrendes Piepen. Das Stimmengewirr um ihn herum schwoll an, aufdringliche Geräusche störten seine Ruhe. Und mittendrin vernahm er ein leises Schluchzen. Immer wieder hörte er zwischen den Schluchzern dieselben Worte: „Kämpfe. Gib nicht auf.“ Verzweifelt versuchte er, diese Stimme einzuordnen. Doch bevor ihm dies gelang, umfing ihn Schwärze und erlöste ihn von seinen Schmerzen. Sanji war verzweifelt. Erst versaute er die Beziehung zwischen sich und Zoro. Dann kam er zurück, um das ganze in Ordnung zu bringen. Und alles, was er fertig brachte, war, nur noch mehr Unheil anzurichten. Als er an den Unfall zurückdachte, machte sich Wut in ihm breit. Wie konnte es dieser ... arrogante Kotzbrocken wagen, einfach abzuhauen? Fuhr Zoro übern Haufen und machte sich einfach aus dem Staub. Und den Kerl hatte er freiwillig in sein Leben gelassen? Wegen dem gefährdete er seine Beziehung? Er konnte es nicht fassen. Auch wenn es schon Jahre her war, aber gerade eben stellte er fest, wie sehr man sich doch in anderen Menschen täuschen konnte. Vor allem, in solchen, denen man bedingungslos vertraute. Vertrauen. Nachdenklich blickte er zu der geschlossenen Schwingtür, hinter der die Ärzte vor einer Ewigkeit verschwunden waren. Er wollte kein Ende, schon gar nicht ein solches. Erneut sammelten sich Tränen in seinen Augen, die er wegzublinzeln versuchte. In Gedanken kniete er wieder auf der Straße. Um ihn herum tobte mittlerweile das Unwetter, der strömende Regen spülte die Spuren des Unfalls die Straße hinab. Blitz und Donner wechselten sich in schöner Regelmäßigkeit ab. Und mittendrin saß ein blonder junger Mann und klammerte sich verzweifelt an die kalte blasse Hand des anderen. „Verlass mich nicht“, hauchte er. Seine Stimme bebte, seine andere Hand fuhr zärtlich über das rötlich verfärbte Haar, blieb schließlich an der Wange liegen. Er spürte eine feine, kaum wahrnehmbare Bewegung unter seiner Hand. Er blickte auf und sah in zwei grüne Augen, aus denen ihm ein Lächeln entgegenstrahlte, bevor sie sich wieder schlossen und ein Seufzer die Lippen des Verletzten verließ. „Nein“, murmelte Sanji. „Bleib bei mir.“ Das Sirenengeheul näherte sich stetig. Er hatte nur noch am Rande mitbekommen, wie Zoro versorgt wurde. An elektrische Geräte wurde er angeschlossen. Der Notarzt hatte von gebrochenen Rippen, Gehirnerschütterung und so was gefaselt. Irgendwann war er auch auf Sanji zugekommen, doch der war nicht dazu in der Lage auf irgendeine Weise zu reagieren. Darum hatten sie ihn kurzerhand gepackt und ebenfalls in den Krankenwagen verfrachtet. Und nun saß er hier schon seit Stunden im Flur der Notaufnahme und wartete darauf, dass die Ärzte endlich fertig wurden. Als ihm ein Becher dampfender Kaffee vor die Nase gehalten wurde, hob er irritiert den Kopf. „Wie…“, begann Sanji mit stockender Stimme. Die junge Frau vor ihm schüttelte jedoch nur den Kopf, wobei sich einige Strähnen aus ihrem zusammen gebundenen, rosafarbenen Haar lösten. „Hier, nimm schon“, erwiderte sie nur, drückte ihm den Becher in die Hand und rückte mit der freien Hand ihre Mütze zurecht. Sanjis lange Finger schlossen sich zitternd um die heiße Tasse und ein paar Tränen suchten sich erneut ihren Weg ins Freie. „Was…“, versuchte er es erneut, doch er wurde als Antwort nur am Handgelenk gepackt, von seinem Stuhl gezogen und zu der Couch in der kleinen Sitzecke geführt, von der man einen herrlichen Blick auf den umgestalteten Garten hatte. Eigentlich war es eine viel zu schöne Umgebung für ein Krankenhaus, doch das interessierte Sanji momentan nicht. Ein Arm legte sich um seine Schultern, und eine weiche Hand mit zarten Fingern wischte ihm seine Tränen von der Wange. „Wir hatten doch was abgesprochen, weißt du noch?“ Er sah sie nicht verstehend an, brauchte einige Sekunden, um das eben Gehörte sinnvoll einzuordnen. „Dein Gespräch mit Zoro“, half sie ihm weiter auf die Sprünge. Zoro. Wann werden die denn endlich fertig? Aber langsam erinnerte er sich daran, was sie meinte. Wäre sein Gespräch nicht so gelaufen, wie er es sich erhoffte, hätte sie ihn abgeholt. Sie war es auch, die ihn in den letzten Tagen bei sich aufgenommen, ihn getröstet und ihm ins Gewissen geredet hatte. Wir hatten ja eine Zeit vereinbart, schoss es Sanji ein. „Die Nachbarin, die über euch wohnt, hat mir erzählt, was passiert ist“, fuhr sie weiter fort und Sanji rollte mit den Augen. Sie lachte leise. „Ich weiß, sie ist eine Nervensäge. Aber für dich ist es eindeutig besser jetzt nicht alleine zu sein.“ Sanji zuckte nur mit den Schultern, anstatt zu antworten. Er nahm einen Schluck aus der Tasse und starrte abwesend in selbige. Wider Erwarten schmeckte der Kaffee sogar. „Hab ihn aus dem Schwesternzimmer geklaut“, ertönte es neben ihm und ein Lächeln zog über seine Gesichtszüge. „Du bist unmöglich“, meinte er leise, wurde jedoch augenblicklich wieder ernst. Er seufzte auf und ließ die Schultern noch weiter hängen als ohnehin schon. Die Hand, die liebevoll durch seine Haare strich, spürte er kaum. Er schüttelte den Kopf, versuchte, seine Gedanken in andere Bahnen zu lenken. „Er wird nicht sterben“, flüsterte seine Freundin. Sie nahm ihm den Kaffeebecher aus der Hand und stellte ihn auf dem kleinen Tisch, der vor ihnen stand, ab. Er hatte nicht gewagt, dieses Wort auch nur in Gedanken auszusprechen, und doch war es für ihn allgegenwärtig. Jetzt noch mehr als je zuvor. „Er hat schon schlimmeres durchgestanden.“ „Aber…“ „Kein aber, Sanji“, schnitt ihm die Frau das Wort ab und sah ihn streng an. Widerworte waren zwecklos, das wusste er ganz genau. Doch er bemerkte in all seinem Kummer auch die Sorge, die in ihrem Blick mitschwang. Sie strich ihm vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Diese kleine Geste führte dazu, dass auch der letzte Widerstand in Sanji erstarb und er sich seinen Gefühlen hingab, in dem Wissen, dass jemand da war, der ihn auffing. „Bonney…“ „Ich bin hier“, murmelte die Angesprochene und schlang ihre Arme um Sanji, hielt ihn fest, spendete ihm Trost so gut es ging. Sie saßen sehr lange so. Bonneys Hand strich immer wieder über Sanjis Rücken, bis er langsam ruhiger wurde. Das Schluchzen wurde leiser, verstummte schließlich ganz. Der Körper in ihren Armen wurde schwerer, seine Arme, mit denen er sie fest umklammert hielt, lösten sich allmählich von ihr. Sie ließ ihn vorsichtig auf die Couch sinken, legte seine Beine hoch und deckte ihn mit seiner Jacke, die er zuvor achtlos über die Armlehne geworfen hatte, ein wenig zu. Sie beobachtete ihn, während er schlief, lehnte sich dabei in die Polster zurück und legte ihre Füße auf den Tisch. Doch auch ihr Blick wanderte, wie schon Sanjis zuvor, wieder und wieder in die Richtung, in der die Türe lag, hinter der die Ärzte verschwunden waren. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihr, dass mittlerweile weit über drei Stunden vergangen waren. Am liebsten hätte sie Sanji eingepackt, nach Hause gefahren und ihn dort ins Bett gesteckt. Aber sie wusste mit hundertprozentiger Sicherheit, dass er sich, solange er nicht wusste, wie es um Zoro stand, von seinem derzeitigen Platz nicht wegbewegen würde. Es waren nicht viele Informationen, die sie der alten und sonst so geschwätzigen Frau, die in dem Appartement über Zoro und Sanji wohnte, entlocken konnte. Aber genug, um herauszufinden, wann der Unfall genau geschehen war und in welches Krankenhaus sie beide gebracht wurden. Sie schreckte plötzlich auf als sie eine leichte Berührung an der Schulter vernahm. Sofort lag ihr Augenmerk auf Sanji, doch der lag noch immer so, wie sie ihn zuvor hingelegt hatte. Und doch war etwas anders. „Entschuldigung“, flüsterte die Krankenschwester. „Ich wollte Sie nicht wecken.“ Und sie breitete, wie schon über Bonney auch über Sanji eine Decke aus. „Was ist mit Zoro?“ fragte Bonney blinzelnd. Die Frau mit den blauschwarzen Haaren, auf deren Namensschild der Name Tashigi prangte, schüttelte den Kopf. Bonney packte sie an der Hand und starrte sie mit einem undurchdringlichen und einschüchternden Blick an. Darauf begann Tashigi leicht zu zittern, befreite sich aber aus Bonneys Griff und murmelte nur „Er wird noch immer operiert“, bevor sie, nicht ohne vorher einen Pfleger umzurennen, stolpernd das Weite suchte. „Noch immer?“ wiederholte Bonney leise. Sie streckte sich leicht und schaute auf die große Uhr an der Wand. Sie blinzelte verwirrt, brauchte einen Moment, ehe sie feststellte, dass weitere zweieinhalb Stunden vergangen waren. Eins steht mal fest, der hat mehr als nur ein paar gebrochene Rippen kassiert, dachte sie. Sie zupfte kurz Sanjis Decke zurecht, wickelte sich in ihre eigene ein wenig mehr ein und lehnte sich, die Augen schließend, wieder zurück. Sie ließ ihre Gedanken treiben, dachte über ihre Freundschaft mit Sanji nach, ihre ersten zaghaften Begegnungen, die letzten Tage, bis sie über ihre Erinnerungen hinweg einfach eindöste. Währenddessen kämpften die Ärzte noch immer um Zoros Leben. „Was ist zu früh?“ Verständnislos und völlig verwirrt starrte er erneut ins weiße Licht und zurück zu seiner besten Freundin aus Kindertagen. Diese schüttelte nur den Kopf. „Du weißt es wirklich nicht, oder?“ „Sonst würde ich kaum…“, begann er. „…so dämlich fragen“, beendete sie den Satz für ihn. „Du hast dich nicht verändert, Zoro. So muffelig wie eh und je. Wer erträgt das eigentlich?“ Er verzog missmutig sein Gesicht und machte einen drohenden Schritt auf sie zu, doch sie lachte ihm nur frech ins Gesicht. „Vergiss es. Du hast mich früher schon nicht geschafft“, kicherte sie weiter. Das schürte seine Wut nur. „Kuina“, setzte er an, doch sie winkte ab. „Ich bin nicht zum streiten hier“, erwiderte sie daraufhin ungewohnt ernst. Zoro stockte und seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Mit einer Handbewegung forderte er sie auf, weiter zu sprechen. „Du musst kämpfen.“ Und wieder erntete sie ein unverständliches Kopfschütteln. „Du hattest einen Unfall“, fuhr sie fort. „Unfall?“ murmelte er, mehr zu sich selbst. „Ja“, bestätigte sie ihm. „Es muss dich ziemlich erwischt haben. Mehr noch als vor drei Jahren.“ „Was zum Teufel“, begann er, doch Kuina unterbrach ihn. „Zoro. Ich war schon immer bei dir. Hab dich im Auge behalten, deine Fortschritte beobachtet, deine Erfolge miterlebt. Jetzt schau nicht so überrascht. Wir sind Freunde, beste Freunde, hast du das etwa vergessen? Ich weiß, dass du an mich denkst, dass du mich vermisst. Aber dass du jetzt hier bist, ist falsch. Da draußen sind Leute, die auf dich warten.“ „Roronoa!“ hallte es durch seine Gedanken. „Sanji“, murmelte er. Doch sowohl die Stimme als auch die Ausdrucksweise war nicht die seines Partners. Sie ging auf ihn zu, lächelnd über den Rotschimmer, der sich bei ihren Worten über seine Wangen gelegt hatte. „Er vermisst dich“, flüsterte sie ihm ins Ohr. „Und du ihn genauso, auch wenn du dir es selbst nicht eingestehen willst.“ Zoro ließ den Kopf hängen. „Nun sei nicht so ein Sturkopf. Dein Dickschädel ist fürchterlich“, tadelte Kuina ihn. „Auch wenn er dir weh getan hat. Du bist auch nicht gerade der feinfühligste Mensch, den ich kenne. Hör dir an, was er zu sagen hat und nimm seine Entschuldigung an. Vertragt euch wieder.“ „Das ist nicht so einfach“, widersprach Zoro. „Er hat einen Schritt auf dich zugemacht, als er zu dir kam. Zählt das für dich überhaupt nicht? Er kann ohne dich nicht, und ich weiß, dass es dir nicht anders geht. Ihr seid schon so lange zusammen. Wirf die Jahre nicht weg.“ Zoro fuhr sich mit der Hand durch seine Haare und schloss erschöpft seine Augen. „Er ist fremdgegangen“, murmelte er. Kuina hob nur eine Augenbraue und wartete darauf, dass er weiter sprach. „Ich hab ein Photo gefunden.“ Eine lange Pause entstand, in der Zoro nach den richtigen Worten zu suchen schien. „Was soll das Bild denn beweisen? Er wird sich ja wohl kaum in flagranti dabei ablichten lassen haben“, brach Kuina das Schweigen und sah Zoro scharf an. Dieser schüttelte nur leicht den Kopf. „Da waren noch mehr und andere Bilder. War auf einer Feier.“ „Und du warst wo?“ hakte sie misstrauisch nach. Zoro senkte den Blick und strich unbewusst über die Narbe, die seinen muskulösen Oberkörper zierte. „Im Krankenhaus“, flüsterte er, befand sich am Rande seiner Selbstbeherrschung. „Aber warum fragst du, wenn du doch weißt, was vor drei Jahren war?“ fuhr er fort, nachdem er eine Weile nachgedacht hatte. Kuina lächelte jedoch nur geheimnisvoll, hob ihre rechte Hand und strich ihm mit den Fingern hauchzart über seine Wange. Er wusste den Ausdruck in ihren Augen nicht so recht zu deuten und wandte seinen Blick wieder ab. „Erzähl mir von der Party“, bat sie ihn, wohl auch um der mittlerweile unangenehmen Stille zu entfliehen, die sich über sie beide gelegt hatte. „Ich war nicht dabei“, wehrte Zoro ab. Für ihn war das Thema damit erledigt, doch innerlich seufzte er. Denn wenn er eines genau wusste, dann, dass sich Kuina auf keinen Fall mit dieser Antwort zufrieden geben würde. „So etwas hattest du bereits erwähnt“, kam auch prompt. Es dauerte lange – sehr lange – bis sich Zoro endlich zu einer Antwort durchgerungen hatte. Doch als er seine Aufmerksamkeit wieder seiner Freundin zuwenden wollte, war diese verschwunden. Er war allein zurückgeblieben. Hockte in dieser grellen Umgebung und verstand die Welt nicht mehr. . . . TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)