The Legend Of Zelda - Wenn ein Stern verglüht von David_Turman ================================================================================ Prolog: PROLOG -------------- Es war ein Tag, an dem niemand ans Sterben dachte. Die Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen auf die Erde. Dort, wo sie den Boden berührten, wurden sie gierig von ihm aufgesogen, denn die Tropfen, die vom Wasserfall hinüber auf den Felsboden sprangen, kühlten diesen aus. Das Brausen des Wasserfalls war so stark, dass es fast jedes andere Geräusch übertönte. Viele Meter tief führte er in einen großen See. Kristallklar war das Nass dort, so dass man bis auf den Grund sehen konnte. Neben der Fontäne führte ein Felsweg direkt an eine Wand. Auf der anderen Seite des Weges blockiert eine weitere Wand das Durchkommen. Diesen Felsweg hastete ein etwa vierzigjähriger Mann entlang. Er war außer Atem und keuchte wild. Sein schwarzes Haar klatschte bei jedem Schritt gegen sein Gesicht und es war ein Wunder, dass er durch den schwarzen dichten Vorhang noch etwas sah. Einen Teil des Weges zum Wasserfall hatte er mit seinem Pferd zurückgelegt. Doch dann war es gestolpert und konnte nicht mehr weiter. Ohne zu zögern hatte Rasuk sein Reittier mit dem Schwert getötet. Dabei hatte sich die Waffe so sehr im Tier verkantet, dass es einige Zeit gedauert hätte, sie wieder herauszuziehen. Doch diese Zeit hatte Rasuk nicht gehabt. Durch den Zwischenfall mit dem Pferd hatte er eh schon kostbare Minuten verloren. Minuten, in denen sein Verfolger den Vorsprung, den Rasuk ausgebaut hatte, wieder dahinschmelzen ließ. Also war der Dieb kurzerhand zu Fuß weitergelaufen. Natürlich war ihm klar, dass er keine Chance hatte, seinem Verfolger zu entkommen, aber über weitere Maßnahmen würde er sich Gedanken machen, wenn es zur Konfrontation kommen würde. Mit Entsetzen erkannte Rasuk die Sackgasse, in die er gelaufen war. Der einzige Ausweg aus ihr war der Sprung über die Klippe in den Wasserfall hinein, was jedoch sein Todesurteil gewesen wäre. Mit verzweifelten Lauten suchte der Dieb die Felswand nach irgendwelchen geheimen Schaltern ab, die es ihm ermöglichten, in den Fels eine Öffnung freizulegen. Aber die Suche war vergebens. „Du sitzt in der Falle“, ertönte eine Stimme hinter ihm. Ruckartig wandte er sich um. Wenige Meter vor ihm stand ein junger Mann, der ganz in Grün gekleidet war – sein Verfolger. Link war sein Name. Das Volk der Hamen hatte ihn auf Rasuks Spur gebracht und seitdem war er hinter dem schwarzhaarigen Dieb her gewesen. „Jetzt kannst du nirgends mehr hin“, machte Link seinem Gegner noch einmal die Situation klar. „Nein?“, fragte Rasuk, als wüsste er nicht, dass es vorbei war. „Nein. Gib mir die Träne der Quelle.“ Link streckte seine Hand aus. Rasuk griff in die Tasche seines Wamses und schloß seine Faust um das Schmuckstück. Die Träne der Quelle, das heilige Symbol der Hamen, das er in einem unbeachteten Moment an sich genommen hatte. Nur deswegen war ihm Link wie ein Hund gefolgt. Rasuk zog die Hand aus der Tasche. „Und was passiert, wenn ich sie behalten möchte?“ Link ließ seine ausgestreckte Hand sinken und sah Rasuk kopfschüttelnd an. „Was willst du denn damit? Für dich hat dieses Stück überhaupt keinen Wert. Du kannst es nicht einfach verkaufen, weil es niemanden gibt, der dir dafür auch nur einen halben Rubin geben würde. Es ist wertlos. Nur für die Hamen hat es einen Wert und auch dieser ist nicht materiell, sondern nur symbolisch. Es ist ihr Heiligtum, an das sie glauben. Und du weißt auch ganz genau, dass es so ist. Also, was möchtest du mit dem Stein?“ Link hatte Recht. Die Träne der Quelle war für die Hamen so wertvoll, weil sie an sie glaubten. Aus keinem anderen Grund. Insofern war es töricht gewesen, ausgerechnet dieses Kleinod mitgehen zu lassen. „Wenn ich sie den Hamen wiedergeben soll, dann werden sie bestimmt etwas dafür herausrücken, dass für mich sehr großen materiellen Wert hat.“ Link lächelte. „Das halte ich für ziemlich unwahrscheinlich. Das Volk der Hamen hat mich damit beauftragt, ihnen den Stein wiederzubringen. Und das werde ich tun. Du wirst also gar keine Gelegenheit haben, etwas anderes dafür zu verlangen.“ „Und du wirst keine Gelegenheit haben, ihnen das Ding zurückzugeben.“ Rasuk schwang seinen Arm nach hinten und Link begriff augenblicklich, was der Dieb vorhatte. Im selben Moment reagierte er. Noch bevor der Mann die Gelegenheit hatte, die Träne der Quelle in den Wasserfall zu werfen, stürmte der Hylianer mit gesenktem Kopf vorwärts und lief direkt in Rasuks Bauch, so dass dieser nach hinten taumelte und an die Felswand stieß. Rasuk schrie auf und öffnete seine Hand. Das Heiligtum der Hamen kullerte auf den Boden. Wütend verschränkte der Dieb seine Hände ineinander und ließ sie auf Links Rücken sausen. Der blonde Teenager riss in einem stummen Schrei den Mund auf und fiel auf die Knie. Rasuk wollte an ihm vorbeistürmen, doch geistesgegenwärtig hielt der Hylianer sein Bein fest, so dass der schwarzhaarige zu Boden fiel. Für einen Moment war Rasuk benommen. Diese kurze Zeitspanne nutzte Link, um wieder zu Kräften zu kommen. Der Hieb in seinen Rücken war ziemlich schmerzhaft gewesen. Als er wieder zu Rasuk blickte, stellte er erschrocken fest, dass dieser in Richtung des Steins robbte, der einen guten Meter entfernt auf dem Felsweg lag. Link warf sich auf seinen Gegner und riss seinen Kopf an den schwarzen Haaren in die Höhe. Rasuk ließ einen Schmerzenslaut hören und vergaß das Kleinod. Jetzt war es erst einmal wichtig, seinen Gegner loszuwerden. Er wälzte sich auf die Seite und drückte Link gegen die Felswand. Der Hylianer ließ seinen Feind los und versuchte ihn mit Händen und Knien abzuwehren. Schließlich gelang es ihm einen Fausthieb im Nacken seines Gegners zu landen. Rasuk rollte sich wieder zur entgegengesetzten Seite. Link rappelte sich hoch und lehnte sich verschnaufend an die Felswand. Auch Rasuk kam wieder auf die Beine. Als Link sein Schwert ziehen wollte, stürzte sich der Dieb auf ihn und hielt seine Hände fest. Link stieß seinen Kopf vor und traf Rasuk an der Stirn, so dass dieser zurücktaumelte und über den Felsrand trat. Das Tosen des Wassers verschlang seinen Entsetzensschrei. Link schaute ihm mit schreckgeweiteten Augen nach und erkannte, dass es seinem Gegner gelungen war, sich mit den Händen an der Kante festzuklammern. Der Hylianer ging mit drei großen Schritten zum Rand und sah, wie Rasuk über dem Abgrund hing. „Hilf mir“, schrie der Dieb. „Lass mich nicht abstürzen.“ Link handelte, ohne zu zögern. Für ihn war klar, dass er nicht zulassen konnte, dass sein Feind in die Tiefe stürzte. Er warf sich auf die Knie und beugte sich nach vorne, so dass sein Kräuterbeutel, den er um den Hals trug, aus dem Halsausschnitt seiner Tunika rutschte. Link streckte die Hand aus. „Nimm meine Hand“, schrie er gegen das Brausen des Wasserfalls an. „Ich kann mich nicht mehr lange halten“, kreischte Rasuk. Link umfasste das linke Handgelenk seines Gegners und zog kräftig. Die rechte Hand des Diebes rutschte von der Felskante. Link bemühte sich nach Leibeskräften, Rasuk nach oben zu ziehen. Die Adern an seinem Hals traten dick hervor und er hatte die Augen geschlossen, so dass er nicht sehen konnte, wie Rasuk mit der rechten Hand den Dolch aus seinem Gürtel zog. Mit einer blitzschnellen Bewegung fuhr Rasuks Arm durch die Luft. Durch den Zug an seinem Körper traf die Klinge jedoch nur wenige Millimeter an Links Körper vorbei den Boden und wurde Rasuk aus der Hand geprellt. Schockiert sah Link den Mann an, dem er das Leben retten wollte. Rasuk drehte den Kopf und blickte in Links Augen und im Bruchteil einer Sekunde war ihm klar, was jetzt folgen würde. „Du hinterlistiger Mistkerl“, flüsterte Link und ließ Rasuks Hand los. Doch im gleichen Moment fuhr die Hand, die gerade noch das Messer gehalten hatte, in die Höhe und umfasste das Band von Links Kräuterbeutel. Der Hylianer wurde zu Boden gerissen und schrie. Er hatte das Gefühl, ihm würde der Kopf abgerissen. Die Schmerzen jagten unaufhörlich durch seinen Körper. „Du wirst mit mir in den Tod gehen“, brüllte Rasuk hasserfüllt. In panischer Hektik tastete Links Hand auf dem Boden umher und fand den Dolch. Der Junge spürte nichts, als er die Klinge umfasste und sie in seine Handfläche schnitt. Er führte die Waffe an seinen Hals und durchtrennte mit einem Schnitt das Lederband. Mit einem lauten Schrei verschwand Rasuk in der Tiefe, wobei er den Kräuterbeutel weiterhin festhielt. Link ließ das Messer los und blieb auf dem Boden liegen. Es dauerte mehrere Minuten, ehe er sich beruhigt hatte und nach seinem Nacken tastete. Als er die Hand zurückzog, sah er das Blut. Mühsam rollte er sich auf den Rücken. Jede Bewegung brachte neue Schmerzen mit sich. Nach einer weiteren Weile rappelte er sich auf und blickte sich nach der Träne der Quelle um. Sie lag immer noch auf dem Felsweg. Link ging in die Knie, hob sie auf und steckte sie in die Tasche. Dann trottete er langsam den Felsweg zurück, wo sein Pferd Epona auf ihn wartete. Es war an der Zeit, das Heiligtum zurück zu seinen Besitzern zu bringen. Kapitel 1: TEIL 1 - Kapitel 1 ----------------------------- 1 Alles war still im Dorf Kakariko, was zu dieser Zeit auch nicht ungewöhnlich war. Schließlich war es mitten in der Nacht. Die Händler, Handwerker und Mägde waren, müde von ihrem Tagwerk, gleich nach dem Abendessen zu Bett gegangen. Am folgenden Tag mussten sie wieder früh aufstehen, daher war es nur ratsam, sich soviel Schlaf wie möglich zu gönnen. Der abnehmende Mond stand nur noch zu einem Viertel am Himmel und spendete nur spärliches Licht. An vereinzelten Stellen zirpten ein paar Grillen. Ab und zu bellte ein Hund, der von irgendetwas aus seinem Halbschlaf geweckt wurde. Dann war es wieder still. Kakariko war nur ein kleines Dorf. Es lag zwar direkt neben der großen Stadt Hyrule, doch im Gegensatz zu dieser lohnte es sich nicht, sich den Luxus eines Nachtwächters zu leisten. Anders als in Hyrule patrouillierte hier niemand durch die Straßen, um auf verdächtige Umstände zu achten oder zu jeder vollen Stunde die Zeit auszurufen. Diese Tatsache machte es der Person, die um halb drei durch die Gassen von Kakariko schlich, sehr einfach. Niemand achtete auf sie. Niemand kümmerte sich um sie oder störte sich an ihr. Ungehindert konnte sie sich in Kakariko umschauen und in aller Ruhe das Haus aussuchen, das ihr für ihr Vorhaben geeignet erschien. Langsam, leise und sehr vorsichtig näherte sich die Person einem Haus, doch als sie hörte, das ein Hund anschlug, lenkte sie ihre Schritte in eine andere Richtung. Störungen dieser Art konnte sie absolut nicht gebrauchen. Zwei kleine Seitengassen entfernt fand sie endlich ein Haus, das ihren Vorstellungen entsprach. Vorsichtig blickte sie sich um und zog einen faustgroßen Stein aus der Tasche, die sie über der Schulter trug. Die Bewohner des Hauses waren offenbar nicht sehr ängstlich oder vorsichtig. Während andere Gebäude ihre Fenster mit Läden gesichert hatten, war hier kein Schutz vor die Scheiben geklappt worden. Mit leisen Schritten näherte sich der Unbekannte einem Fenster, holte aus und schmetterte den Stein gegen die Scheibe, die klirrend in Scherben ging. Mit angehaltenem Atem wartete der Einbrecher etwa eine Minute lang. Als sich dann immer noch nichts tat, griff er mit der Hand durchs Fenster, legte den Riegel um und öffnete es. Das ging einfacher als er gedacht hatte. Er legte den Stein zurück in die Tasche und kletterte flink in das Haus. Bald hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt und er bemerkte, dass er im Wohnzimmer des Hauses stand. Er erkannte Schrankumrisse und Regale und machte sich sofort daran, diese so leise wie es ihm möglich war, zu durchsuchen. Schränke wurden von ihm geöffnet und nach Schmuck, Besteck oder sonstigen Wertgegenständen durchsucht. Was ihm sinnvoll erschien, wurde sofort in die Tasche gepackt. Plötzlich hielt der ungebetene Besucher inne. War da nicht ein Geräusch gewesen? Jetzt war alles wieder ruhig, aber er hatte sich bestimmt nicht getäuscht. Und richtig, durch den unteren Türspalt sah der Einbrecher Lichtstrahlen. Offenbar war durch die Geräusche der Bewohner des Hauses wach geworden und hatte eine Lampe angezündet, um nach dem rechten zu sehen. Hastig sah sich der Einbrecher um und ergriff einen Kerzenständer aus Messing. Er war nicht groß, aber als Waffe taugte er allemal etwas. Die Wohnzimmertür öffnete sich und ein Schatten trat über die Türschwelle, der eine Laterne in der Hand hielt. Das Licht fiel auf den Einbrecher. „Was macht Ihr …“ Der Bewohner - ein älterer Mann, dessen Haare bereits zu einem großen Teil weiß waren – unterbrach sich, als er im Schein der Lampe erkannte, wen er da vor sich hatte. Keine zwei Meter von ihm entfernt stand ein junger Mann, der nicht älter als achtzehn Jahre sein konnte. Er trug eine grüne Tunika, eine eng anliegende weiße Hose, braune Stiefel und hatte eine grüne Mütze auf dem Kopf. Seine spitzen Ohren gaben dem Hausbewohner den letzten Beweis zu wissen, wer sein Gegenüber war. „Link?“, fragte der Alte erstaunt. „Was zum …“ Der Angesprochene sprang vor und ließ den Kerzenständer auf den Kopf des Mannes niedersausen. Ohne einen Schrei auszustoßen, fiel der Getroffene zu Boden. Die Lampe fiel ihm aus der Hand und zerbrach, so dass das Licht verlöschte. Der Einbrecher keuchte zweimal. Dann hastete er zum Wohnzimmerfenster und verließ den Raum auf dem gleichen Wege, wie er ihn betreten hatte. Allerdings hatte er in seiner Tasche ein paar Gegenstände, die er zuvor nicht besessen hatte und er hoffte, dass diese ihm ein paar Rubine einbrachten. Nur kurz wanderten seine Gedanken noch einmal zu dem weißhaarigen, den er niedergeschlagen hatte. Er hatte selber Schuld gehabt. Wäre er im Bett geblieben, so hätte der unliebsame Zwischenfall nicht zu passieren brauchen. Aber Neugier war fast jedem schon einmal schlecht bekommen. Unbemerkt verließ der nächtliche Besucher das Dorf Kakariko wieder. Dies sollte erst der Anfang einer langen Raubzugreihe werden. Der grünbemützte Junge lächelte. Kapitel 2: TEIL 1 - Kapitel 2 ----------------------------- 2 (Retrospektive) „Habt Ihr auch nur einen Atemzug darüber nachgedacht, bevor ihr zu mir gekommen seid?“ Fassungslos schüttelte Aziko, der Anführer der Kokiri, den Kopf. Schon seit einer halben Stunde befand er sich mit Zerran, dem Bürgermeister der Stadt Hyrule, im Gespräch. Und was er in dieser halben Stunde hatte hören müssen, konnte er einfach nicht glauben. „Selbstverständlich habe ich das“, antwortete Zerran. „Dein Volk kann durch diese Aktion nur Verbesserungen erreichen.“ Es war ein merkwürdiger Ort, an dem der Mann aus Hyrule und der kleine Junge standen. Aziko befand sich im Kokiri-Wald. Ohne zu sterben konnte er diesen Schutzwald auch nicht verlassen. Auf der anderen Seite konnte Zerran nicht den Kokiri-Wald betreten, da er sich ansonsten in eine Pflanze verwandeln wurde. Diese Abwehrmaßnahmen hatte vor sehr langer Zeit der Deku-Baum eingerichtet, um seine Kinder, die Kokiri, vor Gefahren innerhalb und außerhalb des Waldes zu schützen. Nun war der alte Baum schon seit vielen Dis tot, aber der Zauber schien noch immer zu wirken. Zumindest wollte kein Kokiri und kein anderer Mensch, der jenseits des Waldes lebte, ausprobieren, ob der Zauber noch intakt war. Und genau aus diesem Grund standen die beiden Gesprächspartner genau an der Grenze zwischen dem Kokiri-Wald und der Ebene von Hyrule. „Verbesserungen?“, lachte Aziko laut. „Was für Verbesserungen sollen denn das bitte sein? Ihr wollt Bäume fällen lassen und dafür neue Bäume pflanzen.“ „Sehr richtig“, nickte Zerran. „Bäume, die aus robusterem Holz bestehen als die hier stehenden Bäume. Das Holz hat eine sehr gute Qualität. Ihr könntet damit Reparaturarbeiten an euren Hütten erledigen. Nichts verrottet mehr. Ausbesserungen sind praktisch gar nicht mehr notwendig.“ „Mit dem Holz, dass wir zur Verfügung haben, kommen wir sehr gut zurecht, danke“, winkte Aziko ab. „Außerdem könnt Ihr gar keine Bäume hier im Wald fällen, da Ihr ihn gar nicht betreten könnt.“ „Die Wesen, die für uns die Fällarbeiten erledigen, können ohne Schaden zu nehmen in den Wald hinein und ihn auch wieder verlassen, glaube mir“, antwortete Zerran. „Aber Ihr redet hier von unserem Wald. Wir verehren diese Bäume. Sie bieten uns Sicherheit und Nahrung und helfen uns, wenn wir krank werden. Niemals werden wir es zulassen, dass Hand an sie gelegt wird.“ „Die neuen Bäume, die wir pflanzen, bieten euch genau das gleiche.“ „Ja“, nickte Aziko, „nach mehreren Ahno Wartezeit. So ein Baum wächst nicht über Nacht.“ „Wir haben nicht vor, alle Bäume zu fällen“, entgegnete Zerran. „Wie großzügig“, höhnte Aziko. „Das beste ist, Ihr vergesst euren Vorschlag so schnell wie möglich wieder.“ „Besprich es mit deinem Volk. Wir treffen uns in zwei Dis um die gleiche Zeit an dieser Stelle wieder.“ „Das ist viel zuviel Aufwand, den Ihr euch gar nicht machen müsst. Mein Volk denkt genauso darüber wie ich. Wir müssen uns nicht noch einmal treffen, denn die Antwort steht von vornherein fest.“ Zerran zuckte die Schultern. „Ich werde jedenfalls in zwei Dis wieder hier sein. Vielleicht sehen es die anderen Kokiri ja von einer positiveren Seite.“ „Ganz sicher nicht. Ihr dürft gerne wiederkommen, aber Ihr werdet euch dann an diesem Ort die Beine in den Bauch stehen.“ Zerran lächelte nur. Dann drehten sich die beiden um und gingen wieder zurück nach Hause. Aziko fand die Dreistigkeit des Bürgermeisters unfassbar. Wie konnte dieser nur annehmen, dass er so einem Vorhaben zustimmen würde? Der Kokiri war wütend über so viel Unverschämtheit und rückte seine grüne Mütze zurecht, die für ihn zu seiner obligatorischen Kleidung gehörte, wie die grüne Tunika und die kurze grüne Hose. Alle Kokiri trugen diese Sachen, die Mädchen allerdings besaßen anstelle der Hose kurze Röcke. Aziko entschloss sich, mit seinem Volk über den Plan des Bürgermeisters zu sprechen. Allerdings nicht, um sich zustimmende oder ablehnende Meinungen zu holen, sondern um den anderen Kokiri zu zeigen, dass die Leute aus Hyrule offenbar nicht davor zurückschreckten, den Bäumen im Wald etwas anzutun. Der Anführer der Kokiri wusste nicht, woher es kam, aber er spürte, dass Zerran irgend etwas vorhatte. Er würde bestimmt nicht so ohne weiteres ein „Nein“ akzeptieren. Vielleicht würde er die Männer – nein, er hatte ja von „Wesen“ gesprochen – trotzdem in den Wald schicken. Bestimmt hatte er irgendeinen Plan in der Hinterhand, denn er hatte ja selber zugegeben, dass die Holzfäller nichts zu befürchten hätten. Es reichte also offensichtlich nicht, mit den Kokiri darüber zu sprechen, sondern sie mussten sich ihrerseits etwas ausdenken, womit sie Zerrans Vorhaben vereiteln konnten. Azikos Gedanken wanderten weiter zu Link. Er war zwar kein richtiger Kokiri, sondern Hylianer. Inzwischen war er richtig groß geworden und sah auch älter aus. Siebzehn Ahno war er mittlerweile alt. Gut, so alt waren viele Kokiri ebenfalls, aber sie behielten immer ihr kindliches Aussehen. Doch trotz der Tatsache, dass Link altern konnte und somit kein Kokiri war, wohnte er immer noch bei dem Waldvolk und hatte mit seinen Ideen in der Vergangenheit schon einigen Schaden abwenden können. Bestimmt fiel ihm auch in dieser Situation eine Lösung ein. Aziko war da ganz zuversichtlich. Er hielt sehr große Stücke auf Link, wie jeder Kokiri. Die einzige Ausnahme war Mido, der ständig ein grimmiges Gesicht machte und permanent schlechte Laune verbreitete. Mido und Link waren schon einige Male aneinander geraten. Aber nicht nur mit Link kam Mido nicht gut aus. Kein Kokiri konnte ihn so richtig leiden. Er halste den anderen Kindern die unangenehmsten Aufgaben auf und schon öfter musste Aziko eingreifen. Das war auch der Grund, weshalb man Mido als Anführer der Kokiri abgewählt und ihm den Posten übertragen hatte. Mido war daraufhin stocksauer gewesen, musste sich allerdings in sein Schicksal fügen. Daheim angekommen legte Aziko sich auf sein Bett, schloss die Augen und dachte nach. Am meisten interessierte ihn, was es für Wesen sein sollten, die den Wald betreten konnten, ohne sich in Bäume zu verwandeln. Und wenn es irgendwelche bösartigen Kreaturen waren, dann konnte man nicht sicher sein, ob sie wirklich nur Bäume vernichteten. Wahrscheinlich sah der gesamte Kokiri-Wald hinterher aus wie ein Schlachtfeld. Doch diese Gedanken brachten Aziko nicht weiter und ihm wurde bewusst, dass er die unangenehme Aufgabe der Aussprache vor sich her schob. Seufzend stand er wieder auf und suchte jeden Kokiri auf, um ihm mitzuteilen, dass es in einer Stunde eine Zusammenkunft geben würde. Mido entgegnete patzig, dass er momentan beschäftigt sei, aber soweit Aziko sehen konnte, bestand Midos momentane Beschäftigung darin, an einem Holzstück herumzuschnitzen. Deswegen forderte er den Störenfried mit Nachdruck auf, auf der Zusammenkunft zu erscheinen. Link und Salia, Links Kokiri-Freundin, sortierten Traumbeeren, aus denen später Tee gemacht werden würde. Sie lachten und nickten begeistert, als Aziko sie bat, in einer Stunde vor seiner Hütte zu erscheinen. Aziko kehrte zu seiner Hütte zurück und bereitete sich darauf vor, wie er den Kokiri die Neuigkeiten beibringen sollte. Es würde schwierig werden und Emotionen würden hoch kochen. Hoffentlich gibt es wenigstens mit Mido keinen Ärger, dachte das Oberhaupt des Waldvolkes. Kapitel 3: TEIL 1 - Kapitel 3 ----------------------------- 3 (Retrospektive) Die Proteste der Kokiri schallten laut durch den Wald. Genau das war die Reaktion, mit der Aziko gerechnet hatte. Sämtliche Kinder hatten sich vor Azikos Hütte versammelt und saßen kreisförmig auf dem Boden. Als der Anführer des Volkes seinen Bericht beendet hatte, hatte sich ein Sturm der Entrüstung erhoben. Doch nicht alle hatten ihrer Empörung lautstark Luft gemacht. Mido saß ganz still da, sah in die Runde und sagte kein einziges Wort. Nicht einmal im Ausdruck seines Gesichts ließ sich ablesen, was er von der ganzen Geschichte hielt. Als sich alle wieder einigermaßen beruhigt hatten, ergriff Aziko wieder das Wort. „Mir war klar, dass ihr nicht mit dem Vorhaben von Zerran einverstanden sein würdet. Wie ich gesehen habe, seid ihr alle dagegen, dass unser Wald zerstört wird. Aber einem von euch konnte ich leider nicht ansehen, was er davon denkt.“ Aziko sah Mido an, der herausfordernd den Blick erwiderte. „Doch ich nehme an, dass er unseren Wald genau so sehr liebt wie wir. Oder, Mido?“ Alle Augen richteten sich auf den Angesprochenen. „Vielleicht sollte ich mich einfach raushalten“, meinte Mido. „Ich bin ja sowieso der dünne Gorone des Volkes.“ „Seid wann bist du denn mutlos?“, wollte Aziko wissen. „Sonst bist du doch auch immer mit Feuereifer dabei, deine Meinung zu allen möglichen Dingen beizusteuern. Warum jetzt nicht?“ Mido holte tief Luft. „Na schön, wenn ihr meine Meinung unbedingt hören wollt. Ich finde die Idee, stabilere Bäume anzupflanzen, gar nicht so verkehrt.“ Ein leises Raunen war zu hören. Manche Kokiri steckten ihre Köpfe zusammen und tuschelten. Niemand wagte es, seinen Protest gegen Mido offen zu zeigen. „Das ist interessant. Kannst du uns auch sagen, wieso?“ „Schaut euch doch mal um.“ Mido machte eine ausladende Handbewegung. „An so ziemlich jeder Hütte müssen wir irgendwann Ausbesserungen und Reparaturarbeiten vornehmen. Bei robusterem Holz würden diese Arbeiten wesentlich seltener erfolgen müssen.“ „Also, ich finde nicht, dass wir allzu oft unsere Häuser instand setzen müssen“, meinte ein Kokiri aus der Runde und alle nickten zustimmend. „Bei Unwetter oder Sturm wären unsere Hütten auch weniger anfällig für Schäden“, sagte Mido und überging den Zwischenruf. „Erinnert ihr euch noch an die Lagerhütte, die wir vor zwei Ahno nach dem heftigen Gewitter reparieren mussten?“ „Dass das Lager zusammengebrochen ist, lag aber nicht an der Stabilität des Holzes“, warf Link ein. „Wir hatten einfach versäumt, ein paar Streben mehr einzubauen. Deshalb war der gesamte Bau nicht so robust.“ Zustimmende Rufe waren von den Kokiri zu hören und Mido warf Link einen bösen Blick zu. Aziko griff ein, ehe ein Streit zwischen Mido und Link beginnen konnte. „Aber dir liegt doch etwas an unserem Wald, oder? Du kannst doch nicht ernsthaft wollen, dass Bäume gewaltsam sterben müssen, nur damit andere Bäume ihren Platz einnehmen.“ „Nein, natürlich will ich das nicht. Aber der Wald ist ziemlich dicht. Hier einen Platz zu finden, um neue Bäume zu pflanzen, ist schwer. Und, wie schon gesagt, stabileres Holz wäre nicht verkehrt.“ Sah es bis vor wenigen Augenblicken noch so aus, als würde ein Streit zwischen Mido und Link entbrennen, so kam der Anstoß zum Zwist plötzlich aus einer anderen Richtung. Salia war aufgesprungen und funkelte Mido an. „Was für einen Blödsinn redest du da eigentlich? Die Bäume hier sind stabil genug. Du willst doch in Wirklichkeit gar kein stabileres Holz. Dir gefällt doch alles so, wie es ist. Du bist doch nur gegenteiliger Meinung, damit du wieder im Mittelpunkt stehen und dein Ego präsentieren kannst.“ Auch Mido stand auf, lächelte dabei aber. „Du meinst, damit ich nicht aus meiner Rolle als der ewige Gegenpol falle?“ „Ganz genau“, empörte sich das Mädchen. „Hey, reg dich nicht auf.“ Auch Link hatte sich erhoben und sah Salia an, die ihre Augen jedoch weiterhin auf den anderen Jungen gerichtet hielt. Die restlichen Kokiri verfolgten gespannt die Szene. „Eigentlich solltest ja gerade du ebenfalls dafür sein, dass widerstandsfähigere Bäume gepflanzt werden“, grinste Mido. „Ach ja? Und weswegen?“, wollte Salia wissen. Mido fuhr sich mit der Hand über den Hinterkopf. „Nun ja, vielleicht sind diese Bäume dann ja auch größer und dicker.“ „Was hat das damit zu tun?“ „So bist du dann noch besser vor neugierigen Blicken geschützt, wenn du dich mit deinem Liebling in den Wald zurückziehst.“ Geschockt blickte Salia den Kokiri an, um im nächsten Augenblick nach vorne zu stürmen. „Du elender …“ Link reagierte blitzschnell, umfasste Salias Bauch und hielt sie davon ab, sich mit ausgestreckten Armen auf Mido zu stürzen. Dieser machte zwei Schritte rückwärts und nahm eine abwehrende Haltung ein, ließ die Arme aber wieder sinken, als er sah, dass Link das wild um sich schlagende Mädchen festhielt. „Ihr hört sofort auf, alle drei“, schrie Aziko und trat in die Mitte des Kreises, so dass der Blickkontakt zwischen Salia und Mido unterbrochen wurde. „Kann man denn nicht einmal in Ruhe über etwas diskutieren, ohne dass gleich ein Streit ausbricht? Wir sind doch keine … na gut, wir sind Kinder, aber deswegen können wir uns doch ein wenig zivilisiert benehmen.“ „Sie hat angefangen“, rief Mido und zeigte anklagend auf Salia. „Mit ihr kann man sowieso nicht mehr anständig reden, seit sie von Link beeinflusst wird.“ „Ich werde von niemandem beeinflusst“, brüllte Salia und versucht erneut, sich von Link loszureißen. Schließlich sah sie ein, dass der Teenager stärker war als sie und entspannte sich. „Seid ihr jetzt fertig?“, fragte Aziko genervt und sah Salia und Link an, die sich wieder setzten. „Also, du bist dafür, dass Bäume gefällt werden, um neue Bäume zu pflanzen?“, wandte sich Aziko an Mido. „Ist doch völlig egal, was ich denke. Ihr macht ja sowieso, was ihr wollt“, entgegnete Mido patzig, ließ sich auf den Waldboden plumpsen und blickte zur Erde. „Wir machen nicht, was wir wollen, sondern stimmen nach Mehrheit ab“, blaffte Aziko und nahm ebenfalls wieder seinen Platz ein. Ihm gingen die Kabbeleien auf die Nerven. Jedes Mal, wenn Mido und Link aufeinander trafen, gab es Ärger. Der Anführer der Kokiri holte tief Luft und schritt zur Abstimmung, die nicht überraschend ausfiel. Bis auf Mido stimmten alle gegen die Abholzung der Bäume. „Gut, dann wird sich Zerran übermorgen ziemlich einsam fühlen.“ „Wieso?“, wollte ein Junge wissen. „Weil er übermorgen wieder hier sein wird, um sich unsere Antwort abzuholen. Ich habe ihm schon gesagt, dass er sich den Weg sparen kann. Nun gut, soll er ruhig warten, bis er zum Baum wird. Ich habe wichtigere Sachen zu tun, als meine Zeit noch einmal mit ihm zu vertrödeln.“ Die Versammlung löste sich auf und die Kokiri warteten auf das Abendessen. Aziko hatte ein ungutes Gefühl, doch er konnte nicht sagen, woher es kam. Es schien ihm, als sei die Angelegenheit noch nicht ausgestanden. Und mit dieser Ahnung sollte der Junge richtig liegen. Kapitel 4: TEIL 1 - Kapitel 4 ----------------------------- 4 Müde wischte sich Blaru mit dem Ärmel seines Hemdes über die Augen. Soeben hatte er mit Basil den letzten Ballen Heu in die Scheune geschafft. Es war eine äußerst anstrengende Arbeit gewesen, mit der sie den gesamten Nachmittag beschäftigt gewesen waren. Nun reichte der Vorrat wieder für eine Weile. Die Arbeit auf der Lon-Lon-Farm riss einfach nicht ab. Immer gab es irgend etwas zu tun. Sobald morgens die Tiere versorgt waren standen die Pflege der Gemüsebeete, Arbeiten an den verschiedenen Gebäuden, Einkäufe in Hyrule, das Sauberhalten der Ställe und etliches andere an. Doch während der Arbeit gab es auch erfreuliche Momente. Beispielsweise bemühte sich Blaru jeden Morgen darum, derjenige zu sein, der im Hühnerstall die Eier einsammelte. Denn Lissi, eines der Hühner, hatte einen Narren an Blaru gefressen. Immer, wenn der zwanzig Ahno junge Mann den Stall betrat, lief es freudig gackernd auf ihn zu und gab erst Ruhe, wenn er ihr mindestens fünf Minuten die Federn gekrault hatte. Die anderen Hühner hielten sich in der Zeit möglichst weit von Lissi entfernt, als wollten sie mit ihrer eigenartigen Artgenossin nichts zu tun haben. Blaru fuhr sich mit der Hand durch die dunkelblonden Haare. „Das war es“, sagte er zu Basil. „Ich bin immer richtig froh, wenn wir diese Schufterei hinter uns haben. Das Heu unterzubringen ist die Arbeit, die ich hier am meisten hasse“, keuchte der Arbeiter. „Jetzt haben wir ja erst einmal für eine Weile Ruhe. Im nächsten Wechsler dürfen wir das nächste Mal ran.“ Blaru und Basil verließen die Scheune. Draußen war es mittlerweile dunkel geworden. Der jüngere der beiden Männer legte die Kette vor die Tür. „Kommst du noch mit rein?“ „Nein, heute nicht“, sagte Basil müde. „Ich gehe jetzt nach Hause und schlafe ausgiebig. Morgen früh bin ich wieder hier.“ Blaru nickte. Basil wohnte nicht auf der Farm, sondern hatte ein eigenes kleines Haus, das eine Viertelstunde entfernt war. Blaru selbst lebte mit seiner Freundin Malon im Haupthaus. Seit Malons Vater vor vier Ahno gestorben war, bewirtschafteten er, Malon und Basil die Farm alleine. Malon und er hatten sich erst zwei Zyklen lang gekannt, bevor das schreckliche Unglück geschehen war. Malons Vater war vom Dach des Kuhstalls gestürzt, als er gerade ein Leck im Dach reparierte, und hatte sich das Genick gebrochen. Für Blaru war es keine Frage gewesen, dass er seiner Freundin zur Seite stand. Malon hatte das schlimmste zwar überstanden, aber sie dachte immer noch oft an ihren Vater. In diesen Momenten war sie in sich gekehrt und stand meist am Fenster. Blaru ließ ihr die Zeit, die sie brauchte und dafür war sie ihm sehr dankbar. Die beiden jungen Menschen liebten sich sehr und oft schon hatten sie davon gesprochen, wie schön es wäre, wenn sie als Ehepaar zusammen leben würden. Aber eine Heirat ließ die Arbeit einfach nicht zu. Es fehlte die Zeit. Beide redeten sich ein, dass sie vielleicht eines Tages, wenn der Ertrag größer wurde, eine Aushilfskraft anstellen konnten, so dass sie dadurch ein wenig Luft zum Heiraten hätten. Aber insgeheim wussten sie, dass diese Vorstellung nur eine schöne Utopie war. Blaru verabschiedete sich von Basil, der zu seinem Haus trottete. Dann schaute er noch einmal bei den Kühen nach dem Rechten und wusch sich anschließend an der kleinen Pumpe, die vor dem Haupthaus stand, das Gesicht. Im Haus selbst brannte Licht und Blaru entdeckte durch das Fenster drei Personen. Offenbar hatten sie Besuch bekommen, von deren Ankunft er absolut nichts mitbekommen hatte. Das war aber auch nicht verwunderlich, hatte er sich doch zusammen mit Basil seit dem Mittag die meiste Zeit in der Scheune aufgehalten. Blaru stieg die drei Stufen, die zum Haus führten, hinauf und öffnete die Tür. Er freute sich schon auf das Abendessen, bedauerte es jedoch, dass er es nicht alleine mit Malon einnehmen konnte. Sie waren gastfreundlich und würden ihrem Besuch selbstverständlich anbieten, mit ihnen die Mahlzeit zu teilen. Als er in die Wohnung trat, blickten ihn Malon und die beiden Besucher an, von denen er zumindest einen kannte. „Link“, sagte er freudig überrascht. „Das ist aber schön, dass du mal wieder vorbei schaust.“ Er blickte seine Freundin an und sagte: „Das Heu ist verstaut.“ Dann fiel sein Blick auf den anderen Besucher. Es war ein muskulöser Bursche von ungefähr dreißig Ahno, der ziemlich groß war, weiße Haare hatte und eine Lederrüstung trug. Sein Gesicht wies ein paar Furchen auf, die ihm ein grimmiges Aussehen verschafften. „Wen hast du denn da mitgebracht? Bleibt ihr zum Essen?“, wollte Blaru wissen. „Nein“, antwortete der bullige Kerl. „Wir wollten gerade gehen. Wir haben unsere Arbeit hier erledigt.“ Mit diesen Worten schüttelte er einen Sack, aus dem Geklimper zu hören war. Jetzt erst meldeten sich Blarus Alarmglocken und er registrierte endlich die Merkwürdigkeiten, die er bis jetzt übersehen hatte. Seine Freundin mit den langen roten Haaren stand steif und mit ängstlichem Gesichtsausdruck da und hielt sich am Schrank fest. Die Suppe, die auf dem Ofen stand, kochte blubbernd über, doch niemand nahm Notiz davon. Zudem war es außergewöhnlich still gewesen, als Blaru das Haus betreten hatte. Malon und ihre Besucher hatten sich nicht unterhalten oder gelacht. Es hatte den Anschein, als wenn die junge Frau nicht froh über den unerwarteten Besuch war. Und auch Link hatte keinerlei Regung gezeigt, als Blaru die Wohnung betreten hatte. Sonst war der Hylianer immer freundlich gewesen und froh auf Blaru zugegangen, denn die beiden jungen Männer konnten sich gut leiden. „Was geht hier vor?“, fragte Blaru vorsichtig. „Gar nichts. Ich sagte doch, wir wollten gerade gehen.“ Der weißhaarige Mann machte einen Schritt in Richtung Tür, doch Blaru stellte sich ihm in den Weg. „Willst du Ärger, Kleiner?“ Der grimmig aussehende Kerl packte Blaru vorne am Hemd. „Nein, lass ihn in Ruhe“, rief Malon und wollte ihrem Freund zu Hilfe kommen, doch der Junge in der grünen Kleidung stellte sich rasch vor sie und stieß sie brutal an den Schultern zurück. Das Mädchen taumelte rückwärts, stieß mit dem Kopf hart gegen einen Hängeschrank und fiel bäuchlings auf den Boden. „Malon!“ Mit entsetztem Blick riss sich Blaru los, lief zu seiner Freundin und kniete sich neben sie. Er drehte sie auf den Rücken und nahm sie in die Arme. Die Augen des Mädchens waren geschlossen. Verzweifelt strich Blaru ihr übers Haar. Er hatte keinen Blick mehr für etwas anderes, die Sorge um sie füllte alles in ihm aus. So bekam er auch nicht mit, wie der blonde Junge sein Schwert aus der Scheide zog und den Knauf auf seinen Kopf schlug. Stumm sackte Blaru neben Malon zu Boden. „Gut gemacht“, lobte sein Begleiter ihn. „Und jetzt sehen wir zu, dass wir hier verschwinden.“ Hastig öffneten sie die Tür und liefen zur Rückseite des Hauses, wo zwei Pferde auf sie warteten. Nachdem der Sack festgebunden war, stiegen die beiden Personen auf und ritten los. „Glaubst du, sie lebt noch?“, fragte der Junge mit der grünen Mütze. „Wen interessiert das? Aber wenn sie tot ist, kommt uns das sehr gelegen“, bekam er zur Antwort. Dann verschluckte die Nacht die beiden Reiter. Kapitel 5: TEIL 1 - Kapitel 5 ----------------------------- 5 (Retrospektive) Immer wieder sah sich Mido nach allen Seiten um, während er durch den Wald ging. In den letzten Stunden hatte er sehr intensiv nachgedacht. Warum wollten alle anderen seines Volkes nicht die praktische Seite dieser ganzen Angelegenheit sehen? Stabileres Holz würde für alle von sehr großem Nutzen sein. Aber offensichtlich hatten sämtliche Kokiri Angst vor Veränderungen. Doch wenn man diese Veränderungen nicht in Kauf nahm, dann würde sich nie etwas bewegen und niemals würden Verbesserungen eintreten. Man musste auch mal seinen ganzen Mut zusammennehmen und etwas wagen. Nur dadurch konnte man die Dinge zum Besseren wenden. Deshalb hatte sich Mido zum eigenmächtigen Handeln entschlossen. Wenn sein Volk nicht von selbst die riesige Chance erkannte, dann musste es eben zu seinem Glück gezwungen werden. Niemandem hatte der Kokiri erzählt, dass er zum Treffpunkt unterwegs war, denn man hätte ihn nur daran gehindert, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Mido traute den anderen Kindern sogar zu, dass sie ihn mit Gewalt zurück gehalten hätten. Keiner von denen hatte den Grips gehabt, die ganze Sache bis zum Ende zu durchdenken. Und diese Haltung machte ihn wütend. Aber er würde sich das nicht so einfach gefallen lassen, er war zum Handeln entschlossen. Wenn der Bürgermeister von Hyrule am Treffpunkt wartete, dann würde er ihm eine positive Nachricht überbringen. Es war sehr einfach gewesen, herauszubekommen, wo Zerran auf Aziko warten wollte. Mido hatte ein Gespräch zwischen Link und Aziko belauscht. Im Verlauf der Unterhaltung kam es Link komisch vor, dass sich Zerran nicht in einen Baum verwandelt hatte und daraufhin hatte Aziko vom Treffpunkt an der Grenze erzählt. Mido knirschte mit den Zähnen. Link! Immer wieder hatte dieser unverschämte Kerl, der noch nicht einmal zu den Kokiri gehörte, ihm Knüppel zwischen die Beine geworfen. Er hatte die anderen Kokiri gegen ihn aufgehetzt und das so gründlich, dass er als Anführer von jemandem abgelöst wurde, der absolut keine Ahnung hatte. Aber auch das erkannte keiner, im Gegenteil. Alle fanden, dass Aziko seine Sache besser machte als er, der ja schließlich immerhin Dorfältester war. Und alles war die Schuld dieses Hylianers, der sich geschickt das Vertrauen der Kokiri erschlichen hatte. Aber Mido ließ sich nicht blenden. Das große Problem war nur, dass er mit dieser Meinung alleine im Wald stand. Der Kokiri näherte sich dem Treffpunkt und schon von weitem konnte er erkennen, dass schon jemand an der Grenze stand. Er konnte nur hoffen, dass er den Bürgermeister von Hyrule nicht zu lange hatte warten lassen. Er beschleunigte seine Schritte. Dadurch verursachte er auf dem Waldboden natürlich mehr Lärm, aber das war ihm egal. Mittlerweile war er schon so weit vom Dorf entfernt, dass ihn dort niemand mehr hören konnte. Lächelnd lief er weiter, bis er vor Zerran stand. Der erwachsene Mann blickte ihn fragend an. In seinem blauen Wams und seiner schwarzen Hose sah er sehr imposant aus. „Wo ist Aziko?“, fragte er ohne ein Wort der Begrüßung. „Hallo“, nickte Mido ihm zu. „Aziko hat einen anderen dringenden Termin, an dem er unter keinen Umständen fehlen darf. Aus diesem Grund hat er auch mich geschickt.“ „Und wer bist du?“, wollte der Hylianer mit dem hellbraunen Haar wissen. „Mido.“ Zerran musterte sein Gegenüber von oben bis unten. Nach einer Weile grinste er. „Also gut. Soll mir recht sein. Hat Aziko mit euch gesprochen? Wie habt ihr euch entschieden?“ „Ja, es gab eine Versammlung“, erzählte Mido. „Und nach heftigen Diskussionen wurde abgestimmt. Und eine knappe Mehrheit ist tatsächlich dafür, dass robusteres Holz sehr viel praktischer ist.“ „Das habe ich vorgestern auch versucht, Aziko zu erklären. Aber er meinte, dass ihr euch nie darauf einlassen würdet. So kann man sich täuschen.“ „Ja“, meinte Mido. Ein Schweigen entstand. Schließlich stellte Mido die Frage, die ihn brennend interessierte. „Wie viele Bäume werdet Ihr denn fällen?“ „Nicht viele. Etwa zehn Prozent. Diese werden dann durch neue Bäume ersetzt.“ „Und wann sollen die Arbeiten beginnen?“ „Gleich morgen. Ich werde mit meinen Helfern gegen neun Uhr hier sein und von dieser Stelle aus alles überwachen. Wir arbeiten schnell und in zwei bis drei Dis müsste alles erledigt sein. Ist das in Ordnung?“ Mido nickte. Dass es so schnell gehen würde, hatte er nicht erwartet. Zerran musste fleißige Helfer haben, wenn er so viel Arbeit innerhalb so kurzer Zeit erledigen konnte. Der ehemalige Anführer der Kokiri war neugierig. „Wer arbeitet denn so schnell?“, erkundigte er sich. „Luftzähne“, antwortete Zerran beiläufig und Mido wurde bleich. Damit hatte er nicht gerechnet. Natürlich konnten Luftzähne in derart kurzer Zeit die Arbeiten schaffen, aber er hatte nicht gewusst, dass Zerran dieses Hilfsmittel zur Verfügung stand. „Also, abgemacht. Ich bin morgen um neun Uhr hier. Wenn ihr möchtet, dann könnt ihr euch die Arbeiten natürlich mit ansehen, aber wahrscheinlich wird euch der Anblick zu weh tun. Glaub mir, ich weiß, was ich euch damit antue, aber ihr werdet mehr als reichlich für den Verlust entschädigt.“ Mido schluckte und lächelte den Bürgermeister schief an. Dieser drehte sich um und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Mido blieb noch lange beim Treffpunkt stehen, bis er Zerran nicht mehr sehen konnte. Er konnte es immer noch nicht glauben. Luftzähne arbeiteten schnell und effektiv. In zwei bis drei Tagen würden sie nicht nur die Bäume gefällt haben, sondern sie auch noch an Ort und Stelle fein säuberlich in Scheite oder Bretter schneiden können. Aber diese Wesen waren auch gefährlich, da sie extrem gefräßig waren. Es gehörte sehr viel Erfahrung dazu, um sie zur Vernunft zu bringen. Mido konnte nur hoffen, dass das Oberhaupt von Hyrule diese Erfahrung auch besaß. Ansonsten bestand die Gefahr, dass bald kein einziger Baum mehr im Kokiri-Wald zu finden sein würde. Um sich zu beruhigen, redete Mido sich ein, dass Zerran schon wissen würde, was er tat. Doch merkwürdigerweise blieb diese Suggestion ohne Wirkung. Langsam fragte sich Mido, ob er nicht einen Fehler begangen hatte. Doch jetzt war es ohnehin zu spät. Er konnte es nicht mehr rückgängig machen. Und deshalb würde er auch seine Haltung verteidigen, denn es war nicht anzunehmen, dass die Baumfällarbeiten von keinem Kokiri bemerkt würden. Und bis sie ihm auf die Schliche kommen würden, würde es nicht lange dauern. Schließlich drehte Mido sich um, um ins Dorf zurückzukehren. „Das war ja eine interessante Unterhaltung.“ Mido zuckte zusammen und starrte auf die Gestalt, die vor ihm wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Kapitel 6: TEIL 1 - Kapitel 6 ----------------------------- 6 Mit einem lauten Klirren zerschellte der Krug an der Wand und die Scherben flogen durch das Zimmer. „Dieser kleine Scharlatan. Wie kann er es wagen?“, rief Impa aufgebracht. „Das hast du jetzt bestimmt schon hundertmal gefragt“, seufzte Zelda. Schon seit einer Stunde stapfte ihre Zofe wild durchs Zimmer und wollte sich einfach nicht wieder beruhigen. „Und wohl aus gutem Grund“, giftete Impa ihre Herrin an. „Mein Kakariko. Was fällt diesem Möchtegern-Held ein, in mein Kakariko einzubrechen und auch noch jemanden dabei zu verletzen? Was denkt er sich eigentlich dabei?“ „Keine Ahnung“, zuckte Zelda mit den Schultern. In gewisser Weise konnte sie Impas Zorn gut verstehen. Die Zofe der Prinzessin ging auf Zelda zu. „Ich habe Kakariko gebaut, um Bedürftigen Asyl zu bieten. Sie sollten sich sicher fühlen. Es hat mich genug Arbeit gekostet, Ordnung in dieses Dorf zu bringen. Und dann kommt einfach jemand daher spaziert und versetzt alle in Aufregung. Könnt Ihr mir sagen, wie sich die Bewohner jetzt sicher fühlen sollen? Das kann doch jederzeit wieder geschehen.“ „Du hast ja Recht“, gestand Zelda ihrer Leibwächterin zu. „Wir werden verstärkt Wachen aufstellen. Ich gebe dir ein paar von meinen Männern, damit sie in Kakariko präsent sind. Das wird hoffentlich abschreckend genug wirken.“ „Gebt mir lieber ein paar Männer, damit sie gemeinsam Link aufspüren und zur Strecke bringen können. Das wäre ein weitaus sinnvollerer Einsatz für eure Soldaten.“ Zelda sah ihre Zofe scharf an. „Willst du mir jetzt sagen, wofür ich meine Männer einzusetzen habe? Ich glaube, du vergisst dich.“ Schuldbewusst senkte Impa den Kopf. „Es tut mir leid. Ich bin nur so außer mir. Wir wurden von jemandem enttäuscht, von dem wir glaubten, dass wir ihm blind vertrauen könnten. Jetzt hat Link sein wahres Gesicht gezeigt. Offensichtlich ist ihm der Ruhm zu Kopf gestiegen.“ „Ist schon gut. Auch ich bin enttäuscht“, gab die Prinzessin zu. „Obwohl …“ Impa horchte auf. „Obwohl was?“, fragte sie. Tief atmete Zelda ein. „Es passt einfach nicht zu ihm, sich so zu verhalten. Wir hatten viele Male miteinander zu tun. Oft genug hat er mich gerettet. Wie kann Link von einem Tag auf den anderen seinen Charakter so verändern? Was hat ihn dazu getrieben? Ich kann mir beim besten Willen kein Motiv für seine Taten vorstellen, wenn er sie überhaupt begangen hat.“ Die Gründerin von Kakariko schnaubte nur verächtlich. „Vielleicht hat sein Kopf bei all den Kämpfen, die er für uns ausgefochten hat, ein wenig zuviel abbekommen. Und dass er es war, daran besteht ja wohl kein Zweifel. Wir haben genug Zeugen, die Link gesehen haben und mehrere Eide darauf schwören würden, dass er es war.“ Zelda legte die Stirn in Falten. „Vielleicht steht er unter einem fremden Einfluss. Vielleicht macht ihn jemand zur Marionette und zwingt ihn, all diese Dinge zu tun. Und er kann sich nicht dagegen wehren.“ „Und wer sollte das sein?“, fragte Impa. „Hier lieben und verehren ihn doch alle. Wobei die Verehrung für ihn jetzt abgeflaut sein dürfte.“ Zelda sah ihre Zofe an. Und als diese die Antwort auf ihre Frage in Zeldas Augen lesen konnte, erblasste sie. „Nein. Ihr glaubt, doch nicht … Ganondorf?“, flüsterte sie bestürzt. Zelda nickte. „Meint ihr wirklich, er ist zurückgekehrt? Das ist unmöglich.“ „Wir haben es schon oft für unmöglich gehalten und plötzlich war er wieder da“, entgegnete die Prinzessin. „Warum sollte es jetzt nicht auch möglich sein? Und diese Art, Rache zu nehmen, würde gut zu ihm passen. Den Helden in Misskredit bringen, so dass er keine Unterstützung mehr bekommt. Von niemandem. Und wenn das erledigt ist, kann er sich in aller Ruhe unseres Reiches bemächtigen, und dieses Mal sogar erfolgreich. Link würde ihm nicht in die Quere kommen, da er ja unter seinem Einfluss steht. Ja, es passt alles.“ Impa stand stumm mit leicht geöffnetem Mund im Zimmer und starrte ihre Herrin an. Plötzlich klopfte es an der Tür. Mit lauter Stimme forderte Zelda den Störenfried auf, einzutreten. Die Tür wurde geöffnet und ein Soldat stapfte ins Zimmer. Er blieb vor Prinzessin Zelda stehen und salutierte. „Eure Hoheit, soeben ist ein Mann am Schloss erschienen. Er hat einen Riesenkrawall veranstaltet und wollte unbedingt, dass ein Heiler mit ihm kommt.“ „Ein Heiler?“, wunderte sich Zelda. „Wer ist der Mann? Und warum will er einen Heiler?“ „Er sagt, er heiße Basil und käme von der Lon-Lon-Farm. Sie soll überfallen worden sein. Die Betreiber der Farm seien wohl tot.“ Jegliche Farbe wich aus Zeldas Gesicht. Impa schlug die Hand vor den Mund. „Tot“, flüsterte Zelda. „Ja, Eure Hoheit. Oder schwer verletzt. Der Mann hat ziemlich unzusammenhängend gestammelt. Brauchbare Informationen waren nur schwer aus ihm herauszubringen.“ Zelda entschied sich blitzschnell. „Schickt sofort eine Handvoll Soldaten zur Farm. Zwei Heiler sollen mit ihnen reiten. Und diesen Mann namens Basil möchte ich in zehn Minuten im kleinen Saalzimmer sehen.“ „Zu Befehl, Eure Hoheit.“ Der Soldat salutierte erneut und zog sich dann eilends zurück. „Die Lon-Lon-Farm überfallen. Und Malon und Blaru tot“, hauchte Impa. „Oder schwer verletzt. Du hast doch gehört, was die Wache berichtet hat. Wir wissen noch gar nicht, ob einer der beiden tatsächlich tot ist.“ „Ich wage gar nicht daran zu denken, dass es Link gewesen sein könnte“, sagte Impa und tat so, als habe sie Zeldas Worte gar nicht gehört. „Er hat sich immer gut mit ihnen verstanden.“ „Ich werde gleich erst einmal mit diesem Mann reden und versuchen herauszubekommen, was tatsächlich passiert ist. Und wenn ich genaueres herausgefunden habe, dann gebe ich dir Bescheid. Bis dahin sollten wir uns nicht mit Spekulationen verrückt machen, von denen wir sowieso keine Klarheit erwarten können.“ Impa schüttelte mit dem Kopf, während sich Zelda auf den Weg ins kleine Saalzimmer machte. „Wenn tatsächlich Link dafür verantwortlich ist, dann wird er für ewig in unserem Kerker verrotten“, flüsterte die Zofe mit grimmigem Gesichtsausdruck. „Dafür werde ich höchstpersönlich sorgen.“ Kapitel 7: TEIL 1 - Kapitel 7 ----------------------------- 7 (Retrospektive) „So war das aber nicht abgemacht“, sagte Link ruhig zu dem ehemaligen Anführer der Kokiri. Dieser starrte ihn ungläubig an. „Du? Was machst du denn hier?“ „Ich bin dir nachgegangen, um zu sehen, wohin dich dein Weg führt. Du entfernst dich nur sehr selten aus dem Dorf. Das kam mir merkwürdig vor. Und ihr habt euch ja angeregt unterhalten.“ Mido wusste nicht, was er tun sollte und versuchte, Zeit zu gewinnen. „Dann … dann hast du alles gehört? Alles?“ „Ja“, gab Link zu. „Interessant, dass Aziko doch noch seine Zustimmung gegeben hat. Das habe ich gar nicht mitbekommen. Vielleicht hat er es dir aber auch gesagt, als ihr alleine wart. Er liebt es ja, Geheimnisse vor seinem Volk zu haben.“ Sarkastisch stieß Link die Worte hervor. Mido schwieg. Die Stille zwischen den beiden Feinden dauerte eine Weile an, bis Link fragte: „Und jetzt? Was wirst du jetzt tun?“ „Ins Dorf zurückgehen und meine Arbeit erledigen“, antwortete der Dorfälteste. „Ah ja, Befehle erteilen und dich auf die faule Haut legen, während andere deinen Job machen. Stimmt, das ist ja die Arbeit, die du am besten beherrscht.“ „Halt dein Maul“, herrschte Mido sein Gegenüber an. „Sag mir lieber, was du jetzt machen wirst.“ „Ich denke, ich könnte mich mit Aziko ein wenig unterhalten. Vielleicht gibt er zum Dank für deine eigenmächtige Handlung ja seinen Posten als Anführer auf und überlässt ihn wieder dir.“ Mido machte zwei Schritte auf Link zu und ballte die Fäuste. „Du wirst nichts zu Aziko sagen. Diese Bäume werden stabileres Holz haben, das wir alle sehr gut gebrauchen können. Nicht nur für unsere Hütten, sondern auch für Werkzeuge oder Transportkarren.“ „Richtig“, stimmte ihm Link zu. „Aber diese Bäume werden ein paar Ahno brauchen, bis sie richtig ausgewachsen sind. Und du alleine hast überhaupt nicht zu entscheiden, ob diese Bäume für uns gut sind. Wir haben abgestimmt und uns dagegen entschieden. Du bist nur wieder sauer, weil du deinen Kopf nicht durchsetzen konntest, in dem ohnehin nicht viel drin steckt.“ Mido holte aus und verpasste Link einen Kinnhaken, so dass dieser auf den weichen Waldboden fiel. Dann stürzte sich der Kokiri auf seinen Widersacher. Beide krallten sich in der Tunika ihres Gegners fest und rollten über das abgefallene Laub der Bäume. Als sie zum Stillstand kamen, lag Link auf Mido und gab ihm zwei kräftige Ohrfeigen. „Die sind für deine Hinterlist“, keuchte Link und schlug noch ein drittes Mal zu. „Und die ist dafür, wie du Salia behandelt hast.“ Mido boxte Link heftig mit der Faust gegen die Brust. Der Hylianer wurde nach hinten geworfen und Mido setzte nach. Schnell rappelte er sich auf, packte Link vorne an der Tunika und ließ seine Faust gegen Links Wange krachen. Link schrie, seine Lippe platzte auf und Blut rann ihm übers Kinn. Ehe sein Gegner ein weiteres Mal zuschlagen konnte, zog der blonde Teenager seine Beine an und trat zu. Seine Stiefel trafen Midos Oberschenkel. Laut aufheulend ging der Kokiri zu Boden. Link sammelte sich einen Augenblick. Dann blickte er auf Mido, der sich die Beine hielt und vor Schmerzen schrie. Link packte ihn an der Tunika und zog ihn über den Waldboden. Midos Körper prallte gegen Baumwurzeln und Steine. An seinem Ziel angekommen, zog Link den Jungen hoch, lehnte ihn gegen einen Baumstamm, hielt ihm die geballte Faust entgegen und schüttelte ihn. „Weißt du, wo wir hier sind?“, schrie er. Mido wimmerte. „Mach die Augen auf!“, befahl Link brüllend. „Sieh dich um! Sieh dich um! Weißt du, wo wir uns hier befinden, du erbärmliches Stück Dreck?“ Er schüttelte den Kokiri wie einen jungen Hund, bis dieser eingeschüchtert vor Angst die Augen aufmachte und seinen Kopf nach links und rechts drehte. Seine Augen weiteten sich entsetzt und er begann wild um sich zu schlagen, als er erkannte, wohin Link ihn gezerrt hatte. Mido wurde gegen den Baum gedrückt, der sich genau an der Grenze befand. Es gelang Link, den Abwehrversuchen von Mido zu widerstehen. Er hielt die Faust vor Midos Gesicht, der augenblicklich in seinen Bewegungen einfror. „Ich brauche dir nur so kräftig ins Gesicht zu schlagen, dass du über die Grenze taumelst und dort bewusstlos liegen bleibst. Das wird dein Ende sein, Mido, hast du das begriffen?“ Nackte Angst flackerte im Blick des Kokiri auf und er drückte die Hände gegen Links Unterarm, war aber viel zu schwach, um damit etwas zu bewirken. Der Hylianer schüttelte ihn ein weiteres Mal. „Ohne mit der Wimper zu zucken, kann ich dich in den Tod schicken. Ich bin jetzt für dein Schicksal verantwortlich, du Witzfigur.“ „Nein“, krächzte Mido. „Bitte … nicht.“ Link holte aus und stieß die Faust in Midos Bauch. Der Kokiri ließ einen erstickten Schmerzenslaut hören. Link ließ ihn los und Mido sackte auf dem Waldboden zusammen. Link sah auf ihn hinab. „Mir wird schlecht, wenn ich dich sehe“, sagte er und schlug den Weg in sein Dorf ein, wobei er die Hand gegen seine blutende schmerzende Lippe hielt. Nach ein paar Minuten rappelte sich auch Mido wieder auf und taumelte so schnell wie möglich von der Grenze weg. Er wagte es nicht, jetzt zu seinen Artgenossen zurückzugehen. Die Schmach, die er empfand, war zu groß. Aber der Kokiri wusste, dass er dem Dorf nicht ewig würde fernbleiben können. Ganz bestimmt würde Link sofort mit Aziko über das belauschte Gespräch reden. Mido versuchte, die Schmerzen in seinem Körper zu ignorieren, um besser nachdenken zu können. Er musste sich etwas überlegen, mit dem er sich herausreden konnte. Natürlich konnte er die ganze Geschichte umdrehen und behaupten, Link hätte mit Zerran geredet und ihm die Erlaubnis erteilt, die Bäume zu fällen. Nur würde ihm das keiner glauben. Jeder im Dorf stand auf der Seite dieses verfluchten Hylianers. Der Kokiri hoffte, dass ihm etwas eingefallen war, bis er das Dorf erreicht hatte. Ansonsten wagte er sich gar nicht vorzustellen, was mit ihm passieren würde. Kapitel 8: TEIL 1 - Kapitel 8 ----------------------------- 8 Gemütlich trabte Epona durch die karge Steppe. Link saß auf ihrem Rücken und streichelte ab und zu den Hals seines treuen Pferdes. Der Hylianer war auf dem Weg nach Hyrule, um im dortigen Wirtshaus einen Wein zu trinken und sich mit den Bewohnern der Stadt zu unterhalten. Zum Glück war es noch taghell. Link hatte überhaupt keine Lust auf irgendwelche Kämpfe mit Knochenmännern, die erst im Schutze der Dunkelheit auftauchten. Er wollte einfach nur in Ruhe und ohne nennenswerte Störungen nach Hyrule reiten. Link kniff die Augen zusammen. „Oh, nein. Bitte nicht“, murmelte er, doch er hatte richtig gesehen. Zwei blaue Kobolde, mit Keulen bewaffnet, waren etwa fünfzig Meter vor ihm. Sie hatten ihn auch entdeckt und kamen nun watschelnd auf ihn zu. Link stieg vom Pferd und meinte: „Geht gleich weiter. Gib mir nur eine Minute.“ Epona schnaubte und stubste ihren Reiter mit der Nase an. Der Hylianer zog sein Schwert aus der Scheide. Lange würde diese kleine Störung sicher nicht dauern. Link entfernte sich ein wenig und stellte sich den Kobolden. Einer der beiden lief ein kleines Stück voraus, hob seine Keule, schlug zu – und traf dabei seinen Artgenossen, der genau in den Schlag gewatschelt war. Empört fing dieser an zu zetern und hämmerte dem Angreifer die Faust auf die blaue Nase. Quiekend hielt sich dieser die Nase und ließ die Keule auf den nackten Fuß seines Gegenüber sausen. Dieser hüpfte schreiend auf einem Bein um seine eigene Achse. Link beobachtete das Schauspiel und wunderte sich erneut über die Dummheit der Kobolde. Er hatte schon öfter mit ihnen zu tun gehabt, kam aber nie aus dem Staunen heraus, wie dämlich sie sich manchmal anstellten. Schließlich beendete er die Streitigkeiten zwischen den Kobolden, indem er dem blauen Monster, das immer noch auf einem Bein umherhüpfte, sein Schwert in den Rücken stieß. Schreiend brach der Kobold zusammen. Das verbliebene Wesen blickte irritiert auf seinen Artgenossen und registrierte dann, dass es da ja noch einen Gegner gab, den es angreifen wollte. Laut kreischend lief es auf Link zu. „Halt!“, schrie Link und streckte seine Hand aus. Verwirrt blieb der Kobold stehen. Link lächelte und sagte mit freundlicher Stimme: „Sag mal, wie kann man eigentlich mit einem IQ, der kleiner ist als der einer Deku-Nuss, das Ding da festhalten?“ Und er deutete auf die Keule, die der blaue Kerl in der Hand hielt. Der Kobold stutzte, richtete seinen Blick auf die Keule und dann zurück zu Link. Er schob seinen Kopf vor und schaute den Hylianer fragend an. Dieser rammte sein Schwert in den Bauch des Kobolds, der laut kreischend zu Boden fiel. „Dumm geboren und nichts dazu gelernt“, seufzte Link und schob sein Schwert wieder in die Hülle zurück. Dann stieg er auf Eponas Rücken und setzte seinen Weg fort. Links Fee Navi, die ihn ständig begleitete, tauchte aus seiner Tunika auf, in der sie es sich häufig bequem machte. „Habe ich etwas verpasst?“, fragte sie gähnend. „Nur eine kleine Koboldschlacht. Nichts Besonderes.“ Navi flog neben Link her. „Du ziehst Ärger an, habe ich dir das schon mal gesagt?“ „Ich habe nach dem hundertsten Mal aufgehört zu zählen“, antwortete der Teenager. Hufklappernd ritten sie über die Zugbrücke in die Stadt ein, deren Straßen ungewohnt leer waren. Link wunderte sich darüber. Sonst herrschte hier reges Treiben. Heute war zwar nicht Markttag, aber dennoch hätte man wenigstens ein paar Bürger sehen müssen. Doch Hyrule wirkte wie ausgestorben. Link lenkte Epona zum Wirtshaus und stieg ab. Er verzichtete darauf, sein Pferd festzubinden. Viele Jahre kannte er Epona schon und wusste, dass sie niemals weglaufen oder sich von einem Fremden wegführen lassen würde. Sie hatte sich als treue Gefährtin herausgestellt und wartete immer wieder auf ihn. Der junge Mann öffnete die Tür zum Wirtshaus, trat ein und war sichtlich erleichtert, als er feststellte, dass die Bar nicht menschenleer war. Im Gegenteil, fast alle Tische waren mit den Einwohnern Hyrules besetzt, die Link auch allesamt kannte. Mit Links Eintreten herrschte schlagartig Stille im Schankraum. Sämtliche Gespräche verstummten und alle Augenpaare richteten sich auf den Teenager, der lächelnd zum Tresen ging. „Hallo“, begrüßte Link den Wirt. „Einen Apfelwein bitte.“ Der Wirt, der gerade ein Glas polierte, stellte das Glas hart auf die Spüle und funkelte Link wütend an. „Glaubst du im Ernst, dass du hier etwas zu trinken bekommst? Vergiss es. Dass du es überhaupt wagst, hier aufzutauchen, ist der Gipfel der Unverschämtheit.“ Mit dieser Antwort hatte der Hylianer nicht gerechnet. In der Vergangenheit war er hier immer zu seiner Zufriedenheit bedient worden. „Was ist denn los?“, fragte er, behielt aber sein Lächeln bei. „Warum bin ich hier nicht mehr willkommen?“ „Das fragst du noch?“, brüllte einer der Gäste und sprang so rasch von seinem Tisch auf, dass der Stuhl, auf dem er gesessen hatte, nach hinten flog und gegen die Wand knallte. „Du spazierst hier seelenruhig rein, als wenn nichts gewesen wäre und besitzt auch noch die Frechheit, dich dumm zu stellen?“ „Was ist denn gewesen?“ Das Lächeln verschwand aus Links Gesicht. „Ich weiß überhaupt nicht, wovon du redest.“ „Zum Glück hat Malon nur eine starke Gehirnerschütterung. Du hättest sie umbringen können. Aber vielleicht hattest du es auch darauf angelegt.“ Link fühlte, wie es ihm eiskalt den Rücken hinunter lief. Was war mit Malon passiert? „Was … was ist mit Malon?“, fragte er. Aus den Augenwinkeln nahm der blonde Junge eine Bewegung war. Er zog den Kopf zur Seite und das Glas, das nach ihm geworfen worden war, verfehlte ihn nur knapp und zerbarst splitternd an der Wand. Urplötzlich bekam es Link mit der Angst zu tun. „Was hast du denn als nächstes vor?“, fragte der Mann, der das Glas geworfen hatte. „Willst du jemanden von uns überfallen, nachdem du in Kakariko und auf der Lon-Lon-Farm schon reiche Beute gemacht hast?“ „Ich will überhaupt niemanden überfallen und habe das auch nicht getan“, verteidigte sich Link und schaute erschrocken auf den Mob von Menschen, die sich von ihren Tischen erhoben hatten und drohend auf ihn zu kamen. „Lügner“, schrie ein anderer Gast und warf einen Stuhl, der dicht neben Link auf den Tresen krachte. Der Teenager wollte nur noch raus aus dem Wirtshaus. Er wusste nicht, was in die Einwohner von Hyrule gefahren war, aber er wusste, dass sie ihn umbringen würden, wenn er nicht so schnell wie möglich die Flucht ergriff. Hände griffen nach ihm, doch er stürmte los, durch die Menschenmasse hindurch, wobei er mit aller Kraft Leute zur Seite schubste, die Stühle und Tische beim Fall zu Boden mit sich rissen. Link rannte durch die Tür und auf sein Pferd zu, das immer noch auf ihn wartete, schwang sich auf den Rücken, ergriff die Zügel und preschte davon, wobei er einen Fußgänger beinahe über den Haufen ritt. Doch dieser konnte sich mit einem raschen Hechtsprung zur Seite retten. Link achtete überhaupt nicht darauf, wer der Mann war, der ihm hatte ausweichen müssen. „War das Link?“, schrie Zerran und lief der Menschenmasse entgegen, die aus dem Wirtshaus strömte. „In der Tat“, antwortete der Wirt ihm. „Und er ist entkommen.“ „Keine Sorge, wir werden ihn kriegen. Holt eure Pferde!“, brüllte der Bürgermeister den Leuten zu. „Er wird bestimmt zum Kokiri-Wald reiten, um sich dort zu verstecken. Wir werden ihm folgen und den Wald durchkämmen, bis wir ihn gefunden haben.“ „Keine Chance“, meinte ein Mann, „wir können nicht in den Wald, ohne uns in Bäume zu verwandeln.“ „Ich würde euch nicht in den Wald schicken, wenn das der Fall wäre. Zum Beweis werde ich als erster in den Wald gehen, um es euch zu beweisen. Euch geschieht nichts. Vertraut mir. Und jetzt holt eure Pferde. Links Vorsprung darf sich nicht noch mehr vergrößern.“ Die Männer gehorchten und liefen los, um in Windeseile ihre Reittiere zu satteln. Doch ein Junge von etwa siebzehn Jahren mit dunkelblondem Haar ging verstohlen in eine andere Richtung. Er war ebenfalls im Wirtshaus gewesen, hatte jedoch der Szene erschrocken zugeschaut, ohne sich zu rühren. Der Junge trug ein hellbraunes Hemd und eine beige Hose. Seine Beine steckten in dunkelbraunen Stiefeln. Zerran ertappte ihn dabei, wie er sich davonstehlen wollte und hielt ihn am Hemd zurück. „Moment, Chizu, du wirst dich nicht drücken. Auch du wirst mit uns in den Kokiri-Wald reiten.“ „Nein“, antwortete Chizu. „Ich werde euch nicht dabei helfen, einen Unschuldigen zu jagen.“ „Gut“, meinte der Bürgermeister, „dann befehle ich es dir. Und dir ist ja klar, was mit dir passiert, wenn du dich dem Befehl des Bürgermeisters verweigerst.“ Chizu schluckte. Er wusste, dass er in den sauren Apfel beißen musste. Schnell entschloss er sich, sich dem Befehl zum Schein zu fügen. Unterwegs hatte er genug Zeit, um darüber nachzudenken, wie er den Eindruck erwecken konnte, bei der Jagd nach seinem besten Freund dabei zu sein, aber ihn trotzdem nicht ausfindig machen zu wollen. Keine zehn Minuten später waren die Häscher fertig ausgerüstet und machten sich gemeinsam an die Verfolgung des jungen Mannes, den sie für die ganzen Taten zur Verantwortung ziehen wollten. Kapitel 9: TEIL 1 - Kapitel 9 ----------------------------- 9 Retrospektive Mido konnte so langsam gehen, wie er wollte und auf diese Art und Weise Zeit genug schinden, aber früher oder später würde er in seinem Dorf ankommen müssen, das war ihm klar. Ewig konnte er die Konfrontation mit Aziko, mit dem Link sicher bereits gesprochen hatte, nicht hinauszögern. Link! Diese verfluchte kleine Petze! Mido knirschte mit den Zähnen, als er an ihn dachte. Garantiert würde der Kampf, bei dem der ehemalige Anführer der Kokiri unterlegen war, noch lange in seinem Gedächtnis bleiben und ihn so an den Hylianer erinnern. Großer Deku-Baum, wie Mido ihn hasste. Nach einer Weile kam tatsächlich das Dorf der Kokiri in Sicht. Langsam schritt Mido darauf zu. Das beste wäre, so zu tun, als sei überhaupt nichts vorgefallen und sich zu seiner Hütte zu begeben, dachte sich der Junge. Während er den Weg zu seiner Hütte zurücklegte, fiel ihm auf, dass ihn seine Artgenossen anstarrten. Wussten etwa schon alle von seinem Gespräch mit Zerran? Hatte es unter den Kokiri bereits die Runde gemacht, dass er sich mit dem Bürgermeister getroffen hatte? Beruhige dich, redete Mido innerlich auf sich ein, sie gucken dich an, weil du bestimmt nach deinem Kampf mit Link ein tolles Bild abgibst. So wie du aussiehst, mit zerknitterter und schmutziger Tunika, ist das auch kein Wunder. Vielleicht hast du auch Blätter oder kleine Zweige im Haar und dein Gesicht ist verletzt oder weist blaue Flecke auf. Scheinbar unberührt ging Mido weiter – und erblickte Aziko, der mitten im Weg stand. Auf dem Weg zu seiner Hütte musste Mido zwangsläufig an ihm vorbei. Der Junge beschloss, einfach an dem Anführer der Kokiri vorbei zu marschieren. Eventuell hat Link ihm ja gar nichts erzählt, hoffte er. „Mido“, rief Aziko, als der Dorfälteste ihn passiert hatte und Midos Hoffnung zerplatzte wie eine Luftblase. Er drehte sich um und trottete zu Aziko zurück. Dieser betrachtete ihn von oben bis unten und fragte dann: „Hast du mir nichts zu sagen?“ „Tut mir leid“, murmelte Mido kleinlaut und blickte dabei zu Boden. Aziko wartete eine Weile, doch kein weiteres Wort kam mehr über Midos Lippen. „Das ist alles?“, brach der Anführer das Schweigen. Mido hob den Kopf und sah Aziko an. „Hat Link mit dir gesprochen?“ Azikos Gesichtsausdruck war sehr ernst, als er mit dem Kopf nickte. „Ich … ich habe es nur für euch getan“, sagte Mido. Völlig perplex schaute Aziko ihm in die Augen. „Für uns? Das glaubst du doch wohl selber nicht.“ „Wir brauchen das stabilere Holz der Bäume“, sprudelte es aus Mido hervor. „Es hält viel länger und ist belastbarer und wir können damit Dinge bauen, die wir mit normalem Holz niemals bauen könnten, weil das normale Holz viel zu morsch ist. Die neuen Bäume sind für uns alle ein Gewinn, wenn wir sie nur erst einmal haben. Nur deshalb bin ich für dich zum Treffpunkt gegangen. Und Zerran wird auch nur zehn Prozent der Bäume fällen.“ Mit jedem Wort Midos wurde Azikos Miene ungläubiger. „Soll das heißen, dass du an meiner Stelle mit Zerran gesprochen und ihm gestattet hast, Bäume in unserem Wald zu fällen?“, fragte Aziko gefährlich leise. In Midos Innerem schrillten die Alarmglocken. Warum ist er so überrascht, fragte sich der Junge. Er weiß doch schon alles. Irgend etwas lief hier gerade völlig verkehrt. „Ja, aber … aber du hast doch schon … mit Link geredet. Er … er hat dir doch alles erzählt.“ „Ganz richtig“, antwortete der Anführer. „Ich habe mit Link geredet. Er kam hier an und sah noch schlimmer aus als du und da habe ich ihn zur Rede gestellt und ihn gefragt, was vorgefallen ist. Er hat mir erzählt, dass ihr euch im Wald getroffen und miteinander gekämpft habt. Den Grund dafür wollte er mir allerdings nicht verraten. Und von dem, was du mir gerade erzählt hast, hat er auch kein Wort gesagt.“ Mido blieb der Mund offen stehen, als er die Wahrheit erkannte. Er hatte sich soeben selber ans Messer geliefert. Aber woher hätte er auch wissen sollen, dass Link geschwiegen hatte? „Wusste Link von diesem Treffen?“, fragte Aziko laut. Mido schwieg und schaute erneut zu Boden. „Wusste er davon?“, schrie der Anführer sein Gegenüber an und der Junge zuckte erschrocken zusammen und nickte dann langsam. „LINK!“, brüllte Aziko. Die sich in der Nähe befindlichen Kokiri fuhren hoch. Einige ließen vor Schreck ihre Arbeitswerkzeuge fallen und blickten zu ihren beiden Artgenossen. Nach einigen Augenblicken kam der Teenager, dessen Lippe nun angeschwollen war, angelaufen. Als Hylianer war er natürlich von seiner Körpergröße her klein wie die Kokiri und er überragte Aziko und Mido um einiges. Aziko blickte zu ihm hinauf. „Hast du gewusst, dass Mido sich mit Zerran getroffen hat?“ Nur mühsam hielt der Anführer des Volkes seine Stimme im ruhigen Tonfall. „Ich ahnte nicht, dass er sich mit Zerran treffen wollte“, antwortete Link und verzog das Gesicht. Seine Lippe schmerzte beim Sprechen. Mido starrte ihn an. „Ich wollte im Wald umherliegendes Holz einsammeln und bin dabei an die Stelle gekommen, an der die beiden miteinander sprachen. Da ich neugierig war, habe ich mich hinter einem Baum versteckt und die beiden belauscht.“ Jetzt konnte Aziko sich nicht mehr beherrschen. „Und natürlich ist es dir nicht eingefallen, mich darüber zu informieren“, höhnte er laut. „Warum auch? Es könnte ja wichtig sein.“ „Ich wollte zuerst Mido die Gelegenheit geben, von selbst mit der Wahrheit herauszurücken. Hätte er es nicht getan, dann hätte ich dich informiert. Ich verrate nämlich keinen aus meinem Volk. Nicht einmal dich“, nuschelte Link und schaute Mido scharf an. Der angesprochene Junge kochte vor Wut. Es war nicht zu fassen. Jetzt spielte dieser grüne Widerling auch noch den Edelmütigen. Wie sehr wünschte er sich in diesem Moment, ein Schwert mitten in Links Herz zu stoßen und die Klinge herumzudrehen. „Die Kokiri sind nicht dein Volk“, stieß Mido wutentbrannt hervor. „Schluss jetzt“, brüllte Aziko. „Wo bin ich denn hier? Link, darüber reden wir noch.“ Fassungslos über die Vorkommnisse wandte sich Aziko wieder Mido zu. „Wann will Zerran hier auftauchen, um die Bäume zu fällen?“ Mido antwortete nicht. „Aziko weiß doch eh schon fast alles“, sagte Link zu Mido. „Da macht es nichts, wenn du ihm auch noch den Rest erzählst.“ „Sei still, sonst …“ Weiter kam Mido nicht. Aziko packte ihn an der Tunika und riss ihn zu sich heran, so dass sich ihre Nasenspitzen berührten. „Du sagst mir jetzt sofort alles, was ihr besprochen habt. Bis ins kleinste Detail. Und du hörst auf, Link gegenüber den großen Kokiri zu spielen, der du nicht bist“, zischte Aziko. Mido schwieg. Link wartete nicht länger ab. „Morgen früh um neun Uhr will Zerran mit der Arbeit beginnen. Er wird Luftzähne zum Fällen der Bäume einsetzen. Ich vermute, dass er am Treffpunkt anfangen wird.“ „Luftzähne“, flüsterte Aziko entsetzt. Dann stieß er Mido von sich, der vier Schritte rückwärts taumelte. Der Anführer der Kokiri blickte sich um, als suche er etwas. Und er wurde fündig, denn sein Ruf „Seul“ schallte durch das Dorf. Der gerufene Kokiri lief zum Trio. Es war ein schwarzhaariger Junge, der eine kleine Schaufel in der Hand hielt, da er bis Aziko nach ihm verlangte mit Gartenarbeiten beschäftigt war. „Mido möchte gerne zu seiner Hütte und sie nicht wieder verlassen, bis ich bei ihm auftauche. Hilf ihm bitte, damit er das auch durchhält.“ Seul nickte und zusammen mit dem Dorfältesten ging er davon. Tief atmete Aziko ein und wieder aus und fuhr sich mit den Fingern durch seine dunkelblonden Haare. Dann wandte er sich an den Hylianer. „Link, sage bitte allen Kokiri Bescheid, dass sie sich so schnell wie möglich vor meiner Hütte versammeln. Egal, mit was sie beschäftigt sind, sie sollen sofort zu mir kommen.“ „Geht klar“, antwortete der Teenager und stürmte davon. Keine fünf Minuten später saßen alle gespannt im Kreis um ihren Anführer, der aufrecht in der Mitte stand und auf sein Volk hinuntersah. „Danke, dass ihr alle so schnell gekommen seid. Es ist etwas passiert, was unser sofortiges Handeln erforderlich macht. Zerran wird morgen früh hier auftauchen und Bäume fällen. Und er wird dazu Luftzähne einsetzen.“ Die Kokiri machten erschrockene Gesichter und murmelten sich gegenseitig ihre Fassungslosigkeit zu. Aziko ließ ihnen vier Sekunden Zeit und setzte dann seine Rede fort. „Wir müssen uns etwas überlegen, wie wir Zerran aufhalten können. Und uns muss sofort etwas einfallen, ansonsten werden wir womöglich unseren gesamten Wald verlieren.“ Angestrengt dachten alle nach und nach ein paar Minuten sagte Link: „Wasser.“ Alle starrten ihn an und Aziko schlug sich mit der Hand vor die Stirn. „Na klar, da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Also, jeder von uns hilft mit. Wir benötigen soviel Wasser, wie wir tragen können. Du, du und du, ihr schneidet kleine Beutel aus Stoff zurecht.“ Aziko deutete auf drei Kokirimädchen, unter denen sich auch Salia befand. Dann zeigte er auf drei Jungen. „Ihr drei bestreicht die Beutel mit dem Saft des Fallenbaumes, damit wir kein Wasser verlieren. Der Rest schnappt sich jedes Gefäß, das sich finden lässt und füllt es mit Wasser aus dem Fluss. Wir wissen nicht, wie viele Luftzähne Zerran einsetzt, daher benötigen wir so viele Wasserbeutel, wie wir herstellen können. Los, tummelt euch. Jede Sekunde zählt.“ Die Kinder machten sich in Windeseile an ihre Aufgaben. Während Link und Aziko Seite an Seite mit Schüsseln in ihren Händen zum Fluss eilten, fragte Link: „Und was ist mit Mido?“ „Das wird der Rat entscheiden, wenn wir unsere Aufgabe erledigt haben. Ich habe das Gefühl, heute wird ein langer Tag.“ Es herrschte reges Treiben im Dorf der Kokiri. Alle arbeiteten so schnell und gründlich, wie sie konnten und nach drei Stunden waren zweihundert kleine Beutel mit Wasser gefüllt. Sie bestanden aus dünnem Stoff, der zerriss, sobald er auf ein Hindernis traf. Innen und außen war der Stoff mit Fallensaft bestrichen worden, der die kleinsten Löcher versiegelte, so dass keine Flüssigkeit aus den Beuteln herauslaufen konnte. Sobald die ersten Beutel mit dem Saft bestrichen waren, füllten die grün bekleideten Kinder das Wasser in die Stoffbehälter, damit die Krüge, Töpfe, Schüsseln und Flaschen erneut mit Wasser befüllt werden konnten. Alle Kokiri waren glücklich, als sie das Ergebnis ihrer Arbeit sahen. „Das dürfte reichen“, meinte Aziko. „Ihr habt ganz tolle Arbeit geleistet. Sehr gut gemacht. Ruht euch ein wenig aus. Der Rat ist bitte in einer halben Stunde in meiner Hütte. Wir haben etwas zu besprechen, was nicht sehr lustig wird.“ Zwei Jungen und zwei Mädchen nickten. Sie gehörten zusammen mit Aziko zum Rat der Kokiri, der immer dann einberufen wurde, wenn es erhebliche Schwierigkeiten gab, die von ihm gelöst werden sollten. Link wusste, worum es bei diesem Treffen gehen würde. Es würde über Mido gesprochen werden. Der Rat würde über eine angemessene Strafe für den Kokiri verhandeln. Das bedeutete, dass Link ganz sicher vor den Rat treten musste, um eine Aussage zu machen – genau wie Mido. Sobald alle Fakten klar waren, würde der Rat über eine Strafe nachdenken und darüber abstimmen. So lief es schon ab, solange Link bei den Kokiri war. Doch niemals zuvor musste über einen Jungen oder ein Mädchen aus dem eigenen Volk entschieden werden. Ungeduldig wartete Link darauf, dass der Rat ihn zu sich rief. Er sah, wie Mido, von Seul eskortiert, zu Azikos Hütte gebracht wurde und diese ein paar Minuten später mit hängendem Kopf wieder verließ. Und dann war es endlich soweit. Ein Mädchen kam zu ihm und teilte ihm mit, dass der Rat ihn sehen wollte. „Hast du eine Ahnung, was da drinnen vor sich geht?“, erkundigte sie sich. „Ja, aber ich werde es dir nicht sagen. Aziko wird euch sicher noch informieren.“ Der Hylianer ließ eine aufgeregte Kokiri zurück, die sofort zu ihren Freundinnen stürmte, um ihnen Bericht zu erstatten. Als Link die Hütte betreten hatte, sah er den dunkelblonden Jungen und die anderen vier Mitglieder des Rates in einer Reihe an einem Tisch sitzen. Sie forderten ihn auf, sich auf einen Stuhl zu setzen und wollten dann genau wissen, was im Wald vorgefallen war. Link erzählte ihnen von der belauschten Unterhaltung zwischen Mido und Zerran und vom anschließenden Kampf. Das Mädchen mit den weizenblonden Haaren, das dem Rat angehörte, hatte die Hände ineinander verschränkt und lächelte Link an. „Du hast Mido erzählt, dass du mit Aziko über die Unterhaltung reden würdest. Aber als du wieder ins Dorf kamst, erwähntest du kein Wort davon. Warum nicht?“ „Ich wollte Mido Angst machen, indem ich ihm erzählte, dass Aziko von mir alles erfahren würde. Dadurch wollte ich ihm Gelegenheit geben, von sich aus alles zu gestehen. Ich mag es nicht, jemandem aus meinem Volk zu verraten.“ Das Mädchen nickte. „Heißt das, dass Aziko keine Warnung von dir erhalten hätte, wenn Mido geschwiegen hätte?“ „Nein, natürlich nicht“, antwortete Link. „In dem Fall hätte ich abgewartet, bis Mido wieder im Dorf aufgetaucht wäre und wäre dann wenig später zu Aziko gegangen. Wenn Mido weiterhin dem Dorf ferngeblieben wäre, hätte ich Aziko nach spätestens einer Stunde informiert. Schließlich bin ich ja auch daran interessiert, dass den Bäumen in unserem Wald kein Schaden zugefügt wird.“ „Du verstehst dich nicht sonderlich gut mit Mido“, stellte ein Junge aus dem Rat fest. Link kannte ihn, denn er fiel dadurch auf, dass er sich ein kleines rot gefärbtes Baumblatt auf die rechte Brustseite seiner Tunika genäht hatte. „Das ist kein Geheimnis“, gab Link zu und hielt sich die schmerzende Lippe. „Keiner von uns kann Mido leiden. Fast alle haben Angst vor ihm und wagen es nicht, sich ihm entgegenzu-stellen. Ich glaube, ich bin der einzige, der ihm Paroli bietet. Und da ich es wage, gegen ihn aufzumucken, hat er mich als seinen größten Feind ausgewählt.“ „Könntest du dir vorstellen, dass er sich ändert?“, fragte Aziko. „Das sollte er vielleicht tun. Dann würde sich die Anspannung bei einigen Kokiri legen. Sie zittern doch schon, wenn nur sein Name fällt. Mido sollte endlich von seinem hohen Ross steigen. Er ist zum größten Teil dafür verantwortlich, dass bei uns so eine angespannte Stimmung herrscht.“ Die Mitglieder des Rates sahen sich untereinander an. Dann war Links Befragung beendet und er verließ die Hütte wieder. Seine Lippe hatte angefangen zu pochen, also ging er noch einmal zum Fluss und hielt sie in das klare kühle Wasser. Als er wieder ins Dorf kam, hatte sich der Rat aufgelöst, denn Aziko stand mit Salia in ein Gespräch vertieft, vor der Hütte des Händlers. Link gesellte sich zu den beiden und erkundigte sich, zu welchem Schluss der Rat gekommen war. „Wir haben uns drei Vorschläge überlegt, über die wir bis morgen nachdenken. Dann stimmen wir über die Vorschläge ab. Aber zuvor werden wir zusehen, dass wir unsere Bäume retten. Hoffen wir, dass der Plan, den wir ausgebrütet haben, auch funktioniert.“ Kapitel 10: TEIL 1 - Kapitel 10 ------------------------------- 10 Panisch lief Link durch den Kokiri-Wald. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und hatte immer wieder die Menschenmenge vor Augen, die auf ihn zugestürzt war, um ihn zu lynchen. Was war bloß in sie gefahren? Sie hatten etwas davon gesagt, dass er Kakariko und die Lon-Lon-Farm überfallen hatte. Wie konnten sie nur davon ausgehen, dass er so etwas tun würde? In der Vergangenheit hatte er ihnen doch oft genug bewiesen, auf welcher Seite er stand. Nachdem er aus Hyrule entkommen war, war Link zum Wald galoppiert, als müsse er sämtliche Geschwindigkeitsrekorde brechen. Im Wald standen die Bäume sehr dicht beieinander, so dass er es nicht wagte, auf Eponas Rücken seine Reise fortzusetzen. Schnell war er abgestiegen und zu Fuß weitergehetzt. Vor lauter Angst hatte er überhaupt nicht daran gedacht, dass er hier sicher war, da kein Bürger von Hyrule den Wald betreten konnte, ohne sich in einen Baum zu verwandeln. Erst nachdem der Hylianer sich ein paar Minuten keuchend den Weg durch die Bäume gebahnt hatte, sagte sein Verstand ihm, dass er hier sicher war. Link blieb stehen. Sein Herz hämmerte kräftig und er schwitzte. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baum, presste die Hand gegen seine Brust und spürte das wilde Stakkato, das hinter seinem Brustkorb im Gang war. Durch den Mund sog er gierig frische Luft ein. Der blonde Teenager rutschte zu Boden, schloss die Augen und sammelte sich. Hier war er erst einmal in Sicherheit und konnte in Ruhe überlegen, wie es weitergehen sollte. Dass die Kokiri ihn über das seltsame Verhalten seiner Freunde aufklären konnten, hielt Link für unwahrscheinlich. Schließlich war er von ihnen aus direkt nach Hyrule geritten und wenn sie etwas gewusst hätten, dann hätten sie ihn sicherlich informiert. „Das war ganz schön knapp“, hörte er Navi sagen. „Bestimmt sind sie dir nachgeritten.“ „Egal“, japste Link, „hier können sie nicht rein.“ „Und was jetzt?“, fragte Navi. „Ich meine, die sind ganz schön sauer auf dich. Warum nur? Das kannst du nicht ignorieren, sonst darfst du dich in Hyrule nie wieder blicken lassen.“ „Ich weiß.“ „Also, dann tu gefälligst was und sitz hier nicht rum“, kommandierte Navi ihn. „Wenn du so klug bist, dann kannst du mir sicher sagen, was du an meiner Stelle machen würdest“, entgegnete Link ätzend. Im Laufe der Jahre war Navi immer aufsässiger geworden. „Hm, warte mal“, überlegte Navi. „Du könntest … ach nein, doch nicht.“ „Doch, sag doch. Was hattest du für eine Idee?“ „Naja, dass du zur Farm reitest und dort nachfragst.“ „Toller Vorschlag. Vielleicht warten die draußen auf mich. Und auf der Farm bin ich bestimmt auch sehr willkommen, wenn ich die überfallen haben soll.“ „Aber du könntest … nein, das geht auch nicht.“ „Super, du Expertin“, höhnte Link. „Mich herumkommandieren, aber selber keine Ahnung haben.“ „Naja, hinter mir sind sie ja auch nicht her“, meinte Navi beleidigt. „Glaubst du vielleicht, ich habe mir gewünscht, dass sie auf mich losgehen“, brüllte Link Navi an. „Nur weil du keinen Schimmer hast, was du jetzt machen sollst, brauchst du mich nicht anzuschreien.“ „Du hast doch auch keine Ahnung“, rief Link wütend. „Pssst“, machte Navi. „Sei leise. Hast du nichts gehört?“ „Bis auf deine preisverdächtigen Vorschläge nichts.“ „Na gut“, meinte Navi nach einer Weile. „Dann habe ich mich wohl ge … Aaaaah.“ Mit einem Aufschrei flog Navi in Links Tunika. Und dann erkannte ihr Besitzer, wovor sich seine Fee so erschrocken hatte. Etwa fünf Meter von ihm entfernt stand einer seiner Verfolger aus Hyrule. Er machte nicht den Eindruck, als könne er Link gefährlich werden, denn er bewegte sich nicht von der Stelle und sah den Flüchtling nur an. Langsam richtete sich Link wieder auf und umfasste mit der linken Hand den Griff seines Schwerts. Sein Verfolger schüttelte den Kopf. „Es ist nicht nötig, dass du dein Schwert ziehst“, sagte Chizu. „Ich werde dich nicht ausliefern. Vertrau mir.“ „So, wie ihr mir momentan vertraut?“, fragte Link bissig. Chizu hob die Hände und kam sehr langsam mit kleinen Schritten auf Link zu. „Du musst hier verschwinden. So schnell wie möglich. Wir suchen im gesamten Wald nach dir. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dich die anderen finden.“ „Was?“ Link schob die Augenbrauen zusammen. „Wie seid ihr in den Wald gekommen? Ihr hättet euch verwandeln müssen.“ Chizu zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Der Zauber scheint nicht mehr zu wirken. Zerran hat als erster den Wald betreten und als die anderen gesehen haben, dass ihm nichts passiert, sind sie ihm gefolgt. Sie haben sich aufgeteilt und suchen nach dir.“ „Das kann nicht sein“, flüsterte der grün gekleidete Hylianer. „Wieso funktioniert der Zauber nicht mehr?“ „Keine Ahnung. Aber du hast auch keine Zeit, darüber nachzudenken. Du musst weg.“ Immer noch misstrauisch musterte Link seinen besten Freund. „Was ist denn eigentlich passiert?“ „In Kakariko wurde in ein Haus eingebrochen. Der Einbrecher wurde vom Hausbesitzer überrascht und hat ihn niedergeschlagen. Und dann hat er die Lon-Lon-Farm überfallen und Malon und Blaru verletzt. Malon hat eine schwere Gehirnerschütterung, aber sie kommt wieder auf die Beine. Auch Blaru wird sich wieder erholen. Bei beiden Überfällen wurden auch Rubine und andere wertvolle Dinge geraubt.“ Link lauschte fassungslos Chizus Bericht. „Und warum glauben alle, dass ich dahinter stecke?“, wollte er wissen. „Weil alle übereinstimmend ausgesagt haben, dass sie dich als Täter erkannt haben. Grüne Tunika, Handschuhe, weiße Hose, grüne Mütze, braune Stiefel, hellblonde Haare – sie haben dich exakt beschrieben. Und der Junge hätte auch auf die Nennung deines Namens reagiert. Alle gehen davon aus, dass du die Taten begangen hast. Deshalb sind sie sauer auf dich.“ Link atmete tief ein. Er konnte einfach nicht glauben, was er da hörte. „Gut, dann bleibt dir jetzt nichts anderes übrig, als die anderen zu benachrichtigen. Aber denke nicht, dass ich das zulassen werde.“ Link zog sein Schwert halb hervor. Chizu schüttelte traurig den Kopf und blieb vor seinem Freund stehen. „Das werde ich nicht tun. Ich halte dich für unschuldig. Du warst das nicht. Niemals würdest du so etwas machen. Du überfällst deine Freunde nicht oder verletzt sie. Davon bin ich fest überzeugt.“ Link blickte den Jungen an und erkannte in seinen Augen, dass er es ehrlich meinte und keinen Trick versuchen würde. „Bitte, Link, ich will nicht, dass sie dich kriegen. Flieh und versuche herauszufinden, wer dir schaden will. Die dafür verantwortlich sind werden bestimmt auch weiterhin versuchen, deinen Ruf zu zerstören. Sorge dafür, dass sie so schnell wie möglich damit aufhören.“ Link nickte. „Und was wirst du jetzt tun?“, fragte er. „Ich werde sagen, dass ich dich nicht gesehen habe“, antwortete Chizu. Link lachte leise. „Und krebsrot dabei werden. Hey, du weißt, dass du nicht gut lügen kannst. Jeder würde dich sofort durchschauen und Zerran erst recht. Er ist absolut nicht dumm. Ihm kannst du nichts vormachen.“ Chizu blickte zu Boden und nickte. Link hatte Recht, er konnte nicht einfach sagen, dass er dem gesuchten Hylianer nicht begegnet war. „Was soll ich denn dann tun?“, fragte Chizu. „Wenn du ihnen etwas erzählst, dann muss es der Wahrheit entsprechen. Du darfst nicht lügen, sonst verrätst du dich selbst. Also gibt es wohl nur eine Möglichkeit. Du musst sagen, dass du mich gefunden hast.“ „Nein“, sagte Chizu erschrocken. „Doch“, nickte Link. „Das ist die einzige Chance, um keinen Verdacht zu erregen.“ „Aber dann werden sie mich fragen, warum ich sie nicht informiert habe.“ „Keine Angst. Du wirst sie informieren. Du schreist jetzt so laut, wie du kannst, dass ich hier bin. Und dann – es tut mir leid, aber es geht nicht anders – werde ich dich niederschlagen.“ Chizu starrte seinen Freund mit offenem Mund an. Dann sagte er: „Hoffentlich klappt das auch. Pass auf, dass du ihnen nicht in die Hände fällst. Sie töten dich, wenn sie dich erwischen und es ist ihnen egal, ob du schuldig bist oder nicht. Sie sind einfach nur stocksauer.“ „Sie werden mich nicht erwischen. Nicht, bevor ich denjenigen gefunden habe, der hinter all dem steckt“, entgegnete Link grimmig und ließ sein Schwert los. „Ach ja, vielleicht hilft dir das“, erinnerte sich Chizu. „Auf der Lon-Lon-Farm war noch jemand dabei. Ein bullig aussehender Mann mit weißen Haaren. Er ist sehr groß und trägt eine Lederrüstung. Sein Gesicht sieht aus wie ein Ackerfeld und er guckt ziemlich böse.“ „Danke, eventuell kann sich jemand an diesen Kerl erinnern. Er sieht ja auffällig aus.“ Link nickte seinem Freund zu. „Gut, dann schrei jetzt, so laut du kannst.“ Chizu legte dem Hylianer die Hand auf die Schulter. „Versprich mir, dass du dich durch nichts aufhalten lässt.“ „Du kennst mich doch“, lächelte Link ihn an. Chizu trat einen Schritt zurück und holte tief Luft. „Hierher! Er ist hier!“, schrie er aus Leibeskräften. Link ballte die Faust und ließ sie gegen Chizus Kinn schnellen. Der Junge fiel zu Boden, rollte auf den Bauch und blieb regungslos liegen. „Verzeih mir“, sagte Link und spurtete los. Er wusste nicht, wo sich seine Verfolger aufhielten und war doppelt vorsichtig. Immer wieder blickte er sich um. Der Hylianer konnte nur hoffen, dass Chizus Schreie laut genug gewesen waren, um so viele Bürger von Hyrule auf sich aufmerksam zu machen, so dass sie alle in Richtung der Rufe eilen würden und er dadurch freie Bahn bekam. Während er durch den Wald stürmte, rasten seine Gedanken. Wie war es möglich, dass seine Freunde den Wald ungehindert betreten konnten? Warum wirkte der Zauber nicht mehr? Dann fiel Link sein Volk ein. Bestimmt würden die Verfolger auch die Kokiri aufsuchen, da sie annehmen mussten, er habe sich dort versteckt. Würden sie den Kindern glauben, wenn sie sagten, dass er sich nicht im Dorf befand? Würden die Bewohner von Hyrule ihren Zorn an den Kokiri auslassen? Sofort änderte Link seine Laufrichtung. Er musste ins Dorf um dort nach dem Rechten zu sehen. Notfalls musste er die Kokiri warnen. Er konnte nur hoffen, dass er noch rechtzeitig vor seinen Häschern dort ankommen würde. Dann kamen ihm die Gauner in den Sinn. Wie sollte er sie ausfindig machen? Wo sollte er mit der Suche anfangen? Auf Hinweise konnte er nicht hoffen. Niemanden aus Hyrule oder von der Farm konnte er befragen. Wie sollte er vorgehen, um diejenigen zu finden, die all diese Taten begingen? Doch darüber konnte er eventuell gemeinsam mit Aziko nachdenken. Jetzt waren erst einmal die Kokiri wichtiger. Link blieb schnaufend stehen und sah sich um, um sich zu orientieren. Er stand an einem steilen Abhang, an dem die Bäume nicht so dicht nebeneinander wuchsen, wie im Rest des Waldes. Der Junge kannte diese Stelle. Das Dorf befand sich südwestlich von seiner jetzigen Position. Gerade wollte Link sich wieder in Bewegung setzen, als er einen explodierenden Schmerz in seiner Schulter spürte. Er schrie auf, griff sich an die Schulter und taumelte. Als der Hylianer seine Hand betrachtete, sah er das Blut, das die gesamte Handfläche bedeckte. Er drehte sich um die eigene Achse, konnte aber nichts Verdächtiges bemerken. Erneut tastete er nach seiner Schulter, aber da war nichts. Kein Pfeil oder Armbrustbolzen, der herausragte. Was war passiert? Link fühlte, wie ihm schwindlig wurde. Der Wald war nur noch unscharf zu sehen. In welche Richtung musste er, um ins Kokiridorf zu gelangen? Der Hylianer merkte, wie er nach hinten fiel. Erneut raste ein irrer Schmerz durch seinen Körper, als er mit der Schulter auf dem Waldboden aufschlug. Er schrie laut und überschlug sich. Zweige rissen seine Wangen auf. Dann fühlte er nichts mehr. Kapitel 11: TEIL 1 - Kapitel 11 ------------------------------- 11 Retrospektive Gemütlich lehnte Aziko an einem Baum, doch so friedlich, wie es aussah, war es in seinem Inneren gar nicht. Im Gegenteil, der Anführer der Kokiri war sehr nervös. Nichts durfte bei dem ausgedachten Plan schief gehen und dazu musste sich auch Zerran so verhalten, wie es von den Kindern erwartet wurde. Vor einer Stunde hatte sich das Volk auf seinen Weg zur Grenze gemacht, beladen mit den Wasserbeuteln. Strategisch günstig hatten sie sich an verschiedenen Positionen verteilt, jeder mit einer bestimmten Menge Beuteln beladen. Aziko hoffte inständig, dass die Menge des Wassers reichen würde. Sicher hätte man Zerran und die Luftzähne auch auf andere Art und Weise aufhalten können, aber die Zeit für langwierige Vorbereitungen war einfach zu knapp gewesen. Aziko blickte sich um, konnte aber niemanden aus seinem Volk erkennen. Doch er wusste, dass sie da waren und dass sie sich im passenden Moment zu erkennen geben würden. Fast alle Kokiri befanden sich in seiner Nähe, lediglich Mido und Seul, der auf Mido aufpasste, waren im Dorf geblieben. Mido! Wenn Aziko an ihn dachte, stieg der Ärger wieder in ihm hoch, aber er konnte sich solche Ablenkungen jetzt nicht leisten, sondern musste sich auf Zerran konzentrieren. Er schüttelte den Kopf und vertrieb so den Verräter aus seinen Gedanken. Der junge Anführer vernahm ein leises Rumpeln. Sofort schreckte er auf und hörte genauer hin. Das Geräusch ließ auf einen Karren schließen, der den Weg hinauf zum Wald gezogen wurde und immer näher kam. Aziko stieß einen leisen Pfiff aus, der gerade bis zum nächsten Kokiri gehört werden konnte. Dieser Pfiff setzte sich so lange fort, bis jeder Junge und jedes Mädchen aus dem Dorf ihn gehört hatte. Aziko hatte sich nicht getäuscht, denn nach einigen Augenblicken entdeckte er tatsächlich einen kleinen Holzwagen, der von Zerran und noch einem Bewohner aus Hyrule gezogen wurde. Angespannt wartete das Kind, bis die beiden Männer direkt vor dem Wald zum Stehen kamen. Sie bemerkten ihn nicht, sondern machten sich schnell an die Arbeit und luden kleine Holzkästen ab, die sich auf der Wagenfläche befanden. „Ihr braucht euch gar nicht erst die Mühe zu machen, die Kisten zu öffnen“, sagte Aziko laut und zeigte sich dem Bürgermeister und seinem Helfer, die bei seinen Worten zusammenzuckten. Ein Lächeln breitete sich auf Zerrans Gesicht aus, als er Aziko erblickte, und er sagte: „Guten Morgen. Ich freue mich, dich zu sehen, bin aber auch ziemlich erstaunt darüber. Gerade dich hätte ich hier am wenigsten erwartet, wo du mir doch neulich erst zu verstehen gegeben hast, wie sehr du an diesen Bäumen hängst.“ „Das tue ich immer noch. Und deswegen werden sie auch nicht gefällt. Ihr könnt wieder nach Hyrule fahren.“ Zerran schüttelte den Kopf. „So funktioniert das nicht. Erst gestern warst du noch damit einverstanden, dass wir die Bäume fällen. Du kannst deine Meinung nicht von Tag zu Tag ändern, wie es dir gerade passt.“ „Ich habe meine Meinung auch nicht geändert. Ein Junge aus meinem Volk hat eigenmächtig gehandelt und Euch eine falsche Nachricht überbracht. Ich war zu keinem Zeitpunkt mit dem Töten von Bäumen einverstanden. Ihr durftet in dieser Sache nur mit mir verhandeln. So hatten wir es auch abgesprochen.“ „Wenn du glaubst, dass wir uns jetzt wieder nach Hyrule begeben, dann hast du dich getäuscht. Wir haben unsere Helfer mitgebracht und werden jetzt mit den Arbeiten beginnen.“ Zerran beugte sich über eine Kiste, als Aziko rief: „Ich gebe euch den guten Rat, die Luftzähne nicht einzusetzen. Sie haben Euch bestimmt eine Menge Rubine gekostet. Wenn Ihr sie jetzt frei lasst, dann liegen die weiteren Ereignisse nicht mehr in meiner Hand.“ „Da hast du absolut Recht, Junge“, lachte Zerran. „Sobald die Luftzähne befreit sind, kannst du nicht mehr verhindern, dass sie Bäume fällen.“ Er forderte seinen Kollegen, einem mittelalten schlaksig aussehenden Mann mit roten Haaren und Sommersprossen, auf, die Kisten zu öffnen und gemeinsam wurde von jeder Kiste der Deckel entfernt. Sofort stiegen kreisrunde Gebilde in die Luft, die ziemlich klein waren und die Farbe Weiß besaßen. Sie sahen aus wie Ketten, deren einzelne Glieder jeweils durch einen fast nicht zu erkennenden Zwischenraum getrennt waren. Aus diesem Grund sahen sie aus wie Zähne. Noch in der Luft begannen sie zu rotieren. Aus ihrem Hohlraum entwich eine weiße Wolke, die auf die Bäume zuschwebte und an ihnen als Markierung haften blieb. Jetzt tauchten die Kokiri auf. An fast jedem Baum hatten sich zwei der Kinder positioniert, jeweils mit Wasserbomben in der Hand. Auf dem Boden lagen Taschen, in denen sich weitere Wasserbomben befanden. Als die Luftzähne vorwärts stießen, um ihre Arbeit zu erledigen, wurden die Wasserbeutel auf sie geworfen. Die Luftzähne waren schnell und einige Bomben verfehlten sie. Wurde ein Luftzahn von einem Beutel getroffen, so zerplatzte dieser und das Wasser ergoss sich auf Zerrans Helfer. Es war, als hätte man riesige Steine in ein Mahlwerk geworfen. Die Luftzähne rotierten immer langsamer und hörten schließlich ganz auf, bevor sie zu Boden fielen. Die Kokiri konnten nicht verhindern, dass einige Bäume verletzt wurden, da die Luftzähne sich in ihre Stämme fraßen, bevor das Wasser auf sie spritzte. Zerran schrie etwas Unverständliches. Sein Gesicht war wutverzerrt. Er hätte seine Werkzeuge gerne zurück gerufen, aber offenbar gehorchten sie eigenen Gesetzen und ließen sich nicht stoppen, so dass der Hylianer tatenlos zusehen musste, wie ein Luftzahn nach dem anderen zerstört wurde. Mit vereinten Kräften gelang es den Kokiri schließlich, die Baumfäller unschädlich zu machen. Die Kinder jubelten, als auch der letzte Zahn funktionsuntüchtig auf den Waldboden plumpste. Schnell liefen die Jungen und Mädchen zu ihrem Anführer und scharten sich um ihn. „Ich habe Euch gewarnt“, sagte Aziko mit ernstem Gesicht und sah Zerran an. „Warum habt Ihr nicht auf mich gehört?“ „Dafür bezahlst du“, tobte der Bürgermeister. „Ihr habt mein Eigentum zerstört.“ „Wozu es nicht hätte kommen müssen. Niemals werde ich es zulassen, dass hier Bäume gefällt werden, was ich Euch auch deutlich klar gemacht habe. Und jetzt verschwindet.“ Zerran musste erkennen, dass er verloren hatte. Laut fluchend warf er die Kisten auf den Holzkarren und verschwand mit seinem rothaarigen Begleiter in Richtung Hyrule. Die Kokiri jubelten und umarmten sich gegenseitig. Gemeinsam hatten sie die Gefahr abgewehrt. Nur wenige gefüllte Beutel waren noch übrig. Die Menge hatte gerade gereicht. Doch noch war die Arbeit nicht beendet. „Link, Salia und Nort, ihr sammelt die Luftzähne ein und versenkt sie im Fluss“, sagte Aziko. „Die anderen überprüfen die Bäume auf Schäden, die die Luftzähne hinterlassen hatten. Helft ihnen, so gut ihr könnt.“ Umgehend machten sich die Kinder an die Arbeit. Link, Salia und der Junge namens Nort nahmen sich jeweils zwei leere Taschen und füllten diese mit den Luftzähnen. Salia wich schreiend zurück, als ein Luftzahn bei ihrer Berührung anfing zu zucken und warf eine Wasserbombe mit voller Wucht auf ihn. Baum für Baum wurde von den restlichen Kokiri genauestens untersucht. Wo Beschädigungen an den Stämmen festgestellt wurde, strichen die Kokiri eine braune Paste auf die Verletzung und redeten beruhigend auf die Bäume ein. Erleichtert ging das Volk gemeinsam wieder in ihr Dorf zurück. Sie hatten es geschafft. Die verletzten Bäume würden sich bald wieder erholen. Von Zeit zu Zeit würden die Kinder nach ihnen sehen und notfalls weitere Heilsalbe auftragen. Erst jetzt, als die Anspannung von den Waldwesen abfiel, bemerkten sie die Erschöpfung, die eine Nebenwirkung des Kampfes war. Ein paar Kinder ruhten sich aus, als sie wieder in ihren Hütten waren. Doch für den Rat gab es keine Ruhepause. Er fand sich zusammen, um über Midos Schicksal zu entscheiden. Es dauerte ungefähr eine Stunde, bevor die Mitglieder des Rates Azikos Hütte verließen. Link, der sich absichtlich ganz in der Nähe aufhielt, ging zum Anführer und wollte wissen, welche Strafe Mido zu erwarten hatte. „Wir werden es euch allen mitteilen, aber jetzt noch nicht“, antwortete Aziko. „Ich muss zuerst ein Ritual durchführen, das etwa eine Stunde dauern wird. Danach versammeln wir uns alle und verkünden Mido und euch anderen das Urteil.“ Aziko verschwand wieder in seinem Haus. Link runzelte die Stirn. Er fragte sich, was für ein Ritual Aziko durchführen wollte und inwiefern dieses Ritual für Midos Strafe notwendig war. Doch es brachte nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Er würde es in einer Stunde erfahren, genau wie alle anderen. Zwischendurch wurde Mido in Azikos Hütte geführt, die er aber eine Minute später wieder verließ. Link und Salia vertrieben sich die Wartezeit bis zur Urteilsverkündung, indem sie Traumbeeren ausdrückten und den Saft in Flaschen auffingen. Und dann war es endlich soweit. Alle Mitglieder des Volkes setzten sich auf den Platz vor Azikos Hütte. Der Rat saß in einer Viererreihe ganz vorn und vor ihnen stand Mido, der ebenso gespannt wie alle anderen auf seinen Schicksalsspruch wartete. Die Feen der Kokiri vertrieben sich in der Nähe ihre Zeit, indem sie Fangen spielten. Aziko stand auf und sagte: „Wir haben lange beratschlagt. Es ist eine Tatsache, dass Mido durch sein eigenmächtiges Handeln unser Volk in erhebliche Gefahr gebracht hat. Wir sind auf die Bäume des Waldes angewiesen. Für neue Bäume mit stabilerem Holz hätte Mido es in Kauf genommen, dass die anderen Bäume gefällt worden wären. Wir waren heute morgen alle dabei und haben es gesehen. Die Luftzähne hätten sich nicht mit den zehn Prozent begnügt, die Zerran uns zugesichert hatte. Es wären weit mehr Bäume gefällt worden, wenn wir nicht eingegriffen hätten. Da Bäume eine ganze Zeit benötigen, ehe sie ausgewachsen sind, hätten wir in der Zwischenzeit ohne Bäume dagestanden. Und es ist noch nicht einmal erwiesen, ob die anderen Hölzer tatsächlich stabiler gewesen wären. Abgesehen davon haben wir festgestellt, dass jeder andere Kokiri Schwierigkeiten mit Mido hat. Er kommandiert uns herum. Das war schon so, als er noch Anführer war und ist seit seiner Ablösung eigentlich nur noch schlimmer geworden. Wir haben Angst vor ihm. Mido stört den Frieden und schafft eine beklemmende Atmosphäre. Alle diese Punkte haben wir bei unserem Urteil berücksichtigt, das ich Garol bitte, jetzt zu verkünden.“ Das angesprochene Mädchen stand auf. Es handelte sich um die Kokiri mit den weizenblonden Haaren, die bei Links Vernehmung dem Teenager einige Fragen gestellt hatte. „Der Rat ist zu folgendem Urteil gelangt: Da die eigenmächtige Handlung von Mido einen erheblichen Vertrauensbruch und eine Gefahr für uns alle bedeutet und wir nicht sicher sein können, dass sich so etwas nicht wiederholt und da durch Midos Verhalten uns gegenüber eine gravierende angespannte Stimmung herrscht, muss sichergestellt werden, dass diese Zustände ausgeräumt werden. Es ist nicht erkennbar, dass Mido sich ändern wird. Aus diesem Grund wird er von den hier im Dorf lebenden Kokiri ausgeschlossen.“ Erschrockene Aufschreie wurden hörbar. Das war noch nie vorgekommen. Schon unzählige Male hatte der Rat sich zusammen gesetzt, aber heute war das erste Mal, dass so eine drastische Strafe verhängt wurde. Die Augen des Angeklagten weiteten sich entsetzt. „Mido muss noch in der nächsten Stunde dieses Dorf verlassen“, fuhr Garol mit dem Urteilsspruch fort. „Er ist frei und darf gehen, wohin er möchte. Das Ritual, das für ihn den Zauber aufhebt, der über unserem Wald liegt, wurde von Aziko bereits abgehalten. Daher besteht für Mido keine Gefahr, wenn er den Wald verlässt.“ Hatte Garol zuvor mit ihrem Blick alle Kokiri erfasst, so wandte sie sich jetzt direkt an Mido. „Du darfst dieses Dorf nur zu Besuchszwecken wieder betreten. Geh jetzt und packe deine Sachen zusammen, die du mitnehmen möchtest. Und bitte verlasse uns, ohne Schwierigkeiten zu machen. Trotz aller Differenzen, die wir mit dir hatten, wünschen wir dir, dass du ohne uns gut zurecht kommst und gesund bleibst.“ Mit jedem Wort war mehr Farbe aus Midos Gesicht gewichen. „Das … das könnt ihr nicht tun“, hauchte er. „Wie …wie soll ich ohne euch …“ „Du hattest lange genug Zeit, um dir das zu überlegen“, unterbrach Aziko ihn. „Du kannst nicht so naiv gewesen sein, nicht zu wissen, dass auf lange Sicht dein Verhalten keine Konsequenzen haben würde.“ „Ich werde mich ändern“, versprach Mido. „Ich werde mich bemühen, mit jedem gut auszukommen. Aber lasst mich bei euch bleiben. Diese Strafe ist zu hart.“ Aziko schüttelte den Kopf. „Wir haben lange darüber gesprochen, auch über die Option, dass du dein Verhalten ändern kannst. Aber wir glauben nicht daran, dass es dir gelingt. Schlimmer noch, wir glauben nicht daran, dass du es auch tatsächlich willst. Auch Mitglieder des Rates waren gegen diese harte Strafe. Aber nach der Beratung, die uns wirklich sehr schwer gefallen ist, sahen wir keine andere Möglichkeit.“ Mido blickte resigniert zu Boden. Es war zwecklos. Das Urteil stand fest und nichts, was er sagte oder tat, würde an dieser Entscheidung etwas ändern. „Es tut mir leid für dich. Hoffentlich …“ Mido hob ruckartig den Kopf und starrte Aziko mit unverhohlenem Hass an. „Spar dir dein Mitleid“, zischte er. Schockiert verfolgten die anderen Kokiri, wie Mido sich umdrehte und sich anschickte, die Versammlung zu verlassen. Vor Link blieb er stehen und handelte so rasch, dass niemand rechtzeitig reagieren konnte. Mido hob das Bein und trat Link vor die Brust, so dass dieser nach hinten fiel. Der brutale Tritt lähmte Links Atmung. Schnell beugte sich Mido über ihn, während die anderen Kokiri schreiend auseinanderspritzten, packte ihn an seiner Tunika und schlug ihm kräftig ins Gesicht. „Das ist alles deine Schuld“, schrie er. „Mido!“, rief Garol und sie und die anderen Mitglieder des Rates sprangen auf, um Link zu Hilfe zu eilen. Unter den Schlägen platzte Links Lippe abermals auf. Blut spritzte auf Midos Kleidung, der sich davon aber nicht beirren ließ und weiterhin auf den hellblonden Teenager einschlug. Endlich erreichte der Rat die beiden Kämpfer und mit vereinten Kräften rissen sie Mido zurück, der sich wie ein Wahnsinniger gebärdete und befahl, dass man ihn loslassen solle. Link versuchte verzweifelt, Luft zu holen, aber es gelang ihm nicht. Sein Mund stand offen und das Gesicht war krebsrot. Endlich verschwand die Lähmung und mit einem Röcheln saugte Link Luft in seine Atemwege und begann gleich darauf heftig zu husten. Blut und Speichel rannen ihm übers Kinn, während er versuchte, soviel Sauerstoff wie möglich in die Lungen zu pumpen, dabei aber von Hustenanfällen unterbrochen wurde. Der Teenager hatte das Gefühl, als ob seine Brust in Flammen stehen würde. Nachdem er sich wieder halbwegs erholt hatte, wischte er sich das Kinn ab. Mido hatte man unterdessen gewaltsam zu seiner Hütte gezerrt und beobachtete genau, wie er seine Sachen zusammenpackte. Die anderen Kokiri scharten sich um Link und wollten wissen, ob es ihm wieder besser ging. Jeder war empört über Midos Verhalten und ein paar von den Kindern, die zuvor noch fassungslos vom Urteil des Rates gewesen waren, stimmten nun zu, dass es doch besser wäre, wenn Mido die Kokiri verließ. Link wurde von Salia in ihre Hütte gebracht, um sich auszuruhen. Das Mädchen blieb die ganze Zeit bei ihm, während Mido sein Volk verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen. Kapitel 12: TEIL 1 - Kapitel 12 ------------------------------- 12 Es war einfach nicht zu fassen, dachte sich Zerran, als er wieder in Hyrule in seinem Haus war. Sie hatten mehrere Stunden lang den gesamten Wald abgesucht, aber nirgendwo war Link zu finden gewesen. Es schien, als habe sich der Boden aufgetan und den Hylianer mitgenommen. Schließlich hatte der Trupp die Suche abgebrochen und war in der Dunkelheit zurück in die Stadt geritten. In ein paar Stunden, wenn es wieder hell war, wollte Zerran wissen, was schief gelaufen war. Link hätte ihnen nicht entkommen dürfen. Deshalb hatte der Bürgermeister ein Gespräch mit allen Männern, die bei der Jagd dabei waren, angesetzt. Auf diese Weise würde er ganz schnell erfahren, wie ihnen der Teenager durch die Lappen hatte gehen können. Noch lange lag Zerran in dieser Nacht wach in seinem Bett und grübelte über die Ereignisse nach. Morgen noch einmal in den Wald zu reiten, hatte wohl keinen Sinn. Wenn sie ihn vor ein paar Stunden schon nicht gefunden hatten, dann war er morgen garantiert nicht mehr aufzuspüren. Ein paar von Hyrules Bürgern waren auch zum Volk der Kokiri geritten und hatten sich dort nach Link erkundigt. Aber auch das war ein Fehlschlag gewesen. Die Kinder waren total verstört darüber, wie die Menschen in den Wald gelangt waren, ohne eine Verwandlung durchzumachen. Schließlich waren sie von Aziko des Dorfes verwiesen worden. Einhundert Rubine hatte man mittlerweile auf Link ausgesetzt und Zerran hätte sie gut gebrauchen können. Impa war noch am selben Tag in Hyrule aufgetaucht und hatte ihnen die Nachricht des Kopfgeldes übermittelt. Eine gute Stunde nach Sonnenaufgang saß Zerran in seinem Büro und sprach ausführlich mit dem ersten Bürger, der an der gestrigen Jagd teilgenommen hatte. Haarklein wollte der Bürgermeister wissen, wie die Suche nach Link vonstatten gegangen war. Zerran hörte Aussagen um Aussagen, die nur von einer kurzen Mittagspause unterbrochen wurden. Schließlich saß Chizu vor Zerran und erzählte, wie sich die Jagd für ihn abgespielt hatte, während er nervös am Ärmel seines hellbraunen Hemdes herumzupfte. „Und dann hast du ihn schließlich gefunden?“, erkundigte sich Zerran. „Ja, er saß auf dem Boden und lehnte mit dem Rücken an einem Baum. Ich … ich habe mich zuerst gewaltig erschrocken, als ich ihn dort sah. Schließlich konnte ich ja nicht damit rechnen, dass ich ihn finden würde.“ „Wolltest du ihn denn finden?“ Chizu senkte den Kopf. „Eigentlich nicht. Es wäre mir lieber gewesen, wenn keiner von uns ihn entdeckt hätte.“ „Und weiter?“ „Link sprang auf und ich … ich rief, dass ich ihn gefunden hätte. Dann schlug er mich bewusstlos.“ „Ja, richtig“, nickte Zerran. „Wie geht es deinem Kinn?“ „Tut noch weh“, gab Chizu zu. „Er hat ordentlich zugelangt.“ Der Bürgermeister lächelte. „Und du bist erst wieder aufgewacht, als dich einige der Bürger gefunden haben.“ Der Junge nickte. „Und du bist dir ganz sicher, dass es genau so passiert ist, wie du es mir gerade eben erzählt hast?“ Chizu fühlte, wie sein Gesicht heiß wurde. Ganz ruhig, sagte er zu sich selbst und nickte erneut. „Ich frage dich noch einmal. Du hast bei deiner Erzählung nichts ausgelassen oder hinzugefügt?“ Er weiß es, dachte Chizu und fühlte, wie sich sein Magen zusammenzog. Er antwortete nicht, aber sein gesamtes Inneres war in Aufruhr. Wie war es möglich, dass Zerran von den Geschehnissen Kenntnis erhalten hatte? Der Bürgermeister seufzte, stand auf und ging zur Tür hinaus. Chizu saß auf seinem Stuhl und wagte nicht, sich zu bewegen. Schließlich tauchte Zerran wieder auf, begleitet von Ascot, einem rotblonden Mann aus Hyrule, der ebenfalls bei der Suche im Wald dabei gewesen war. Zerran setzte sich wieder hinter seinen Tisch und sagte: „Ascot, bist du bitte so nett und erzählst uns, wie für dich die Jagd im Wald vonstatten gegangen ist?“ Chizu brach der Schweiß aus. Soviel er wusste, hatte Ascot seine Aussage bereits gemacht. Es war dem Jungen ein Rätsel, weshalb Zerran noch einmal alles erzählt bekommen wollte. „Als wir den Wald betreten hatten, hast du uns aufgeteilt. Wir sollten getrennt nach Link suchen, um die Chance zu vergrößern, dass einer von uns ihn ausfindig macht. Als letzten hast du mich losgeschickt, gleich nach Chizu.“ Gespannt hörte der dunkelblonde Teenager zu. Aber das, was Ascot erzählte, wusste er doch alles bereits, genauso wie Zerran es wusste. Irgend etwas braute sich zusammen, das konnte Chizu fühlen. Und es lief ihm eiskalt über den Rücken, als er mit Ascots nächsten Worten erfuhr, in welche Falle er getappt war. „Du, Zerran, hast mir gesagt, dass du Chizu nicht traust, da er Links bester Freund ist und zudem der Meinung, dass Link unschuldig ist. Deshalb hast du mich hinter Chizu hergeschickt mit dem Auftrag, ihn nur zu beobachten und nicht einzugreifen, falls er auf Link stoßen sollte.“ Chizu schloss entsetzt und voller Panik die Augen. Er wusste ganz genau, wie Ascots Bericht sich fortsetzte. „Und dann traf Chizu tatsächlich auf Link. Die beiden unterhielten sich und Chizu entschloss sich, Link bei der Flucht zu helfen, indem er seinen Vorsprung ausbaute und ihm den Weg frei räumte. Also rief er die anderen zu Hilfe und wurde dann von Link niedergeschlagen. Auch das hatten die beiden so abgesprochen.“ „Wie viele Minuten vergingen zwischen dem Moment, in dem Chizu Link entdeckte und dem Zeitpunkt, an dem er den anderen Bescheid gab?“, wollte Zerran wissen. „Etwa drei bis vier Minuten.“ „Warum hast du Link anschließend nicht verfolgt?“ Ascot druckste herum. „Nun ja, ich … ich habe von meinem Versteck aus gesehen, dass Link ziemlich hart zugeschlagen hatte und wollte mich erst um Chizu kümmern. Es hätte ja sein können, dass er durch den Fausthieb oder durch den Aufprall auf den Boden schlimm verletzt war.“ Der Bürgermeister nickte verständnisvoll und griff in eine Lade, die am Tisch angebracht war. Hervor holte er einen kleinen Beutel, den er Ascot zuwarf. „Danke. Das wäre dann alles. Hier sind deine zwanzig Rubine.“ Ascot fing den Beutel auf, bedankte sich und verschwand durch die Tür. Chizu konnte es nicht glauben. Er war verkauft worden. Aus dieser Falle gab es kein Entkommen. „Nun“, richtete Zerran das Wort an ihn, „ihr habt euch also drei bis vier Minuten gegenseitig angestarrt, ehe Link aufsprang und du um Hilfe gerufen hast. Kommt dir das selber nicht ein wenig unglaubwürdig vor?“ Chizu starrte sein Gegenüber trotzig an. „Ihr dürft Link nicht jagen.“ „Link wird gesucht, weil er Leute ausgeraubt und verletzt hat. Und du hast ihm zur Flucht verholfen. Du hast ihn entkommen lassen. Also hast du dich mit schuldig gemacht.“ „Link ist unschuldig“, beharrte der Junge. Zerran sprang von seinem Schreibtisch auf. „Das weißt du hundertprozentig?“ „Ja.“ „Woher willst du das wissen?“, schrie Zerran. „Ich weiß es eben“, brüllte Chizu zornig zurück. „Woher?“, schrie der Bürgermeister noch einmal, doch Chizu antwortete nicht mehr. Zerran beugte sich vor. „Es kann nur zwei Erklärungen geben, woher du weißt, dass Link mit Sicherheit unschuldig ist. Die eine ist, dass du selbst der Täter bist und diese Überfälle begangen hast.“ Jetzt sprang auch der Junge auf. „Das ist eine verdammte Lüge“, schrie er. „Dann kann es nur noch so sein, dass du weißt, auf wessen Konto diese Taten gehen.“ „Nein, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass Link es nicht gewesen ist. Er ist mein Freund, er hat euch alle schon –zigmal vor Gefahren gerettet. Und deshalb …“ „Jetzt ist Schluß mit diesem Schutz deinem Freund gegenüber“, donnerte Zerran und hämmerte seine Faust auf den Tisch. Blitzschnell ergriff er sein Schwert, das in der Ecke neben dem Schreibtisch lehnte und hielt es dem Jungen entgegen, der augenblicklich erstarrte. „Raus mit dir“, knurrte Zerran und zeigte mit der Schwertspitze in Richtung Tür. Wie gebannt blickte Chizu auf das Schwert und ging langsam hinaus auf die Straße. Die Bürger Hyrules, die unterwegs waren, schauten halb ängstlich und halb neugierig auf die Szene. „Ihr beide“, sprach Zerran zwei kräftige Männer an, „führt den Jungen zum Richtplatz. Er hat einem gesuchten Verbrecher zur Flucht verholfen. Ich komme gleich nach.“ Die Männer zögerten. „Na los“, drängte der Bürgermeister, „oder soll ich dem König eure Befehlsverweigerung melden?“ Die Männer packten Chizu, der sich heftig wehrte, an den Armen und zogen ihn mit sich. Zerran lenkte seine Schritte zu einem bestimmten Haus, das ein wenig abseits lag, und klopfte an die Tür. Ein muskulöser Mann öffnete. „Ich brauche dich“, sagte der Bürgermeister. „Das übliche.“ „Wieviel?“, erkundigte sich der Mann. „Fünf dürften angemessen sein.“ Der Kerl nickte, verschwand wieder im Inneren seines Hauses und kam nach ein paar Sekunden wieder zum Vorschein. Er schloss die Tür und schritt neben Zerran zum Richtplatz. Als Chizu sah, wen Zerran mitgebracht hatte, geriet er in Panik. „Nein. Bitte nicht“, schrie er und warf sich verzweifelt hin und her. Doch der Griff seiner Bewacher war fest. „Du hast einem Verbrecher die Flucht ermöglicht“, verkündete Zerran den neugierigen Umstehenden, die sich inzwischen am Richtplatz versammelt hatten, „und wirst daher mit fünf Peitschenhieben bestraft.“ Jetzt, da es ausgesprochen war, konnte Chizu sich nicht länger beherrschen. Er begann zu weinen. „Link war es nicht“, schluchzte der Junge laut. „Bitte. Tut es nicht.“ Der muskulöse Mann mit dem Seil in der einen und der Peitsche in der anderen Hand wollte vor Chizu treten, aber Zerran hielt ihn zurück. „Er behält sein Hemd an“, sagte er kalt. „Euch ist klar, dass Stofffäden in die Wunden eindringen können?“, machte ihn der Vollstrecker aufmerksam. „Natürlich. Er soll ja auch ein wenig etwas von der Bestrafung haben. Das Hemd wird nicht ausgezogen.“ Weinend und strampelnd wurde Chizu mit dem Oberkörper gegen den Pfosten einer T-förmigen Holzfigur gepresst. Der Vollstrecker warf das Seil über die Strebe. Die zwei Bewacher rissen Chizus Arme nach oben und beide Enden des Taus wurden um die Handgelenke des Jungen gebunden. Dann traten die Männer von dem Teenager zurück, dessen Gesicht mittlerweile tränenüberströmt war. Zerran nickte und der Muskelmann entrollte die Peitsche holte aus und ließ den ersten Hieb auf Chizus Rücken klatschen. Der Junge schrie wie am Spieß, als das Hemd zerriss und die Haut aufplatzte. Der zweite Hieb traf seinen Rücken wenige Millimeter unterhalb des ersten Schlages. Chizu bäumte sich in seinen Fesseln auf und schrie noch lauter. Blut sickerte zwischen den Wunden hervor und färbte das helle Braun des Hemdes dunkler. Die Peitschenschnur des dritten Hiebes ließ nicht nur eine weitere Stelle in Chizus Rücken sondern auch seine Taille aufplatzen. Zwischen den heftigen Atemzügen des dunkelblonden Hylianers waren seine abgehackten Schreie zu hören. Die Schmerzen waren unerträglich und er wünschte sich, bewusstlos zu werden. Der lang gezogene Schrei nach dem vierten Hieb ging in ein Wimmern unter. Es schien dem Jungen, als würde die Pein niemals ein Ende finden. Er spürte, wie das Blut warm seinen Rücken hinunter lief. Der letzte Hieb war am schrecklichsten, denn er wurde diagonal geführt. Vom rechten Schulterblatt bis zur Hüfte auf der linken Seite riss die Schnur das Hemd und das Fleisch auf. Chizus Rücken war ein einziges flammendes Meer von Schmerzen. Seine Schreie verstummten erst, als er keine Kraft mehr zum Schreien fand und nur noch wimmern konnte. Seine Hände wurden losgebunden und er wurde vorsichtig mit dem Bauch auf den Boden gelegt. „Was geht hier vor?“ Niemand hatte die Prinzessin bemerkt, die von den Schreien angelockt auf den Richtplatz getreten war. Zerran verneigte sich. „Herrin, dieser Junge hat in voller Absicht einem gesuchten Flüchtling das Entkommen ermöglicht. Man musste ihm klar machen, dass wir so etwas nicht dulden können. Das dürfte doch auch in eurem Ermessen sein.“ „Wenn dem so war, dann darf man ihm das natürlich nicht durchgehen lassen“, stimmte Zelda zu. „Allerdings finde ich diese Art der Bestrafung doch ein wenig zu hart. Zumal er fast noch ein Kind ist.“ Sie wandte sich an die beiden Männer, die Chizu auf Zerrans Anweisung zum Richtplatz geführt hatten. „Bringt ihn nach Hause und sorgt dafür, dass sich ein Heiler seiner Wunden annimmt. Und das ohne weitere Verzögerung.“ Die Angesprochenen nickten ehrfürchtig, legten Chizus Arme um ihre Schultern und zogen den Jungen mit sich, der sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte und dessen Stiefel über die Straße schleiften. „In Zukunft werde ich über solche Vorkommnisse informiert, bevor sie geschehen, ist das klar?“ Der Bürgermeister senkte den Kopf. „Selbstverständlich, Herrin. Ich war nur der Meinung, dass Verbrecher bestraft gehören und die, die ihnen helfen, ebenfalls.“ Zelda schaute Zerran an. „Sollte es sich bei diesem Verbrecher um Link handeln, so hoffe ich doch, dass Ihr Euch ganz sicher seid, dass er der Verursacher aller Taten ist. Falls sich herausstellen sollte, dass dem nicht so ist, wird Euch das gleiche Schicksal ereilen wie dem Jungen.“ Damit drehte sich die Prinzessin um und schritt davon. Die anderen Bürger entfernten sich ebenfalls vom Richtplatz. Das große Schauspiel war vorüber. Auch Zerran kehrte wieder in sein Büro zurück. Er konnte nur hoffen, dass die Bestrafung dem Jungen eine Lehre gewesen war und dieser in Zukunft nicht mehr aus der Reihe tanzte. Was Link anging, so konnte sich dieser nicht ewig verstecken. Früher oder später musste er wieder auftauchen und dann würde man ihn hoffentlich fangen und bestrafen. Kapitel 13: TEIL 2 - Kapitel 1 ------------------------------ 1 In den Verlorenen Wäldern lauerten unzählige Gefahren. Monster, finstere Kreaturen, hinterlistige Pflanzen und Wesen, die zwar niedlich und süß aussahen, aber in jeder unachtsamen Sekunde den Tod bringen konnten. Doch keine dieser Gefahren war für Katana und Jetar so groß, als dass sie dafür ihre wenigen Minuten, in denen sie ungestört allein sein konnten, aufgegeben hätten. Die Xylten waren ein sehr fleißiges Volk. Es gab jederzeit irgendwo etwas zu tun. Momente, in denen man sich einfach davonstehlen konnte, waren rar und deshalb für Katana und Jetar umso kostbarer. Katana war gerade zwanzig Ahno geworden. Sie hatte braune Haare, die ihr bis in den Nacken reichten und über ihre viereckigen Ohren fielen. Ihre rötliche Haut, die für alle Xylten typisch war, war weich und glatt. Das blaue langärmelige Hemd, das sie trug, war aus einer Mischung aus Blättern und Rinde eines bestimmten Baumes aus den Verlorenen Wäldern angefertigt und glänzte wie Seide. Eine Hose aus weichem Leder bedeckte ihre Beine, die Füße steckten in Stiefeln. Auch Jetar besaß viereckige Ohren, die rötliche Haut und kurze Haare, die allerdings orange gefärbt waren. Auf seinem Oberkörper trug er nur eine graue Weste, die offen stand und so den Blick auf seine glatte Brust freigab. Im Gegensatz zu Katana war er mit einer grünen Hose bekleidet und seine ledernen Halbschuhe reichten bis zum Knöchel. Der Tag war ideal, um ihn in den Verlorenen Wäldern zu verbringen. Obwohl die Sonne schien, war es nicht zu warm. Im Licht der gelben Strahlen lag Jetar auf dem Rücken im Gras einer Lichtung und streichelte Katanas Haar. Sie lag mit dem Kopf auf seiner Brust und schmiegte sich an ihn. So häufig wie möglich hielten sie sich an diesem Platz auf, denn hier konnten sie die wärmenden Sonnenstrahlen ungehindert genießen. „Wann wird der Zaun fertig?“, fragte sie ihn. Er grinste. „In zwei Tagen.“ Dann flüsterte er ihr zu: „Aber wir können die Tür ja nachts auflassen.“ Katana kicherte. Bei den Xylten gab es viele Enten, die nachts immer ihren Stall verließen, da die Seitenwände nicht hoch genug waren. Jeden Morgen musste man sich auf die Suche nach ihnen begeben und sie wieder einfangen. Daher war Jetar gebeten worden, die Seitewände so hoch zu setzen, dass die Enten nicht hinüber fliegen konnten. Jetar zog mit seinem Zeigefinger unter Katanas Haar die Konturen ihres Ohres nach. „Lass das, das kitzelt“, giggelte sie. „Soll ich dich lieber am Bauch kitzeln?“, fragte er. „Nein“, antwortete sie müde. „Ich will einfach nur hier liegen und dich spüren.“ Dann schwiegen beide. Katana kraulte die Brust des jungen Mannes, während er seine Hand über ihren Rücken strich. Sie waren glücklich und Katana hoffte, dass es noch lange Zeit so bleiben würde. Egal, was sie mit Jetar unternahm, es wurde niemals langweilig. Selbst bei Sachen, die sie gar nicht interessierten, machte sie fasziniert mit. Die Hauptsache war nur, dass Jetar bei ihr war. Alles andere war völlig egal. Schon seit vielen Generationen lebten die Xylten in den Verlorenen Wäldern, die mit in den Kokiri-Wald integriert waren. Beide Völker wussten voneinander und einige Bewohner beider Dörfer kannten sich sogar persönlich, doch es gab nie Streit. Anfangs war man skeptisch gewesen, ob Kokiri und Xylten überhaupt so nah beieinander leben konnten, ohne dass es Meinungsverschiedenheiten geben würde, aber diese Sorge hatte sich zum Glück als unberechtigt erwiesen. Beide Völker gingen ihren ziemlich unterschiedlichen Lebensweisen nach. Niemand störte sich am anderen. Die Kokiri und Xylten, die sich persönlich kannten, gaben sich sogar untereinander Ratschläge bezüglich Nahrung oder Problemlösung. Doch beide Rassen hatten eigentlich nicht viel miteinander zu tun. „Es gibt gleich Essen“, unterbrach Katana das Schweigen. Jetar brummte leise. Es war ein festes Ritual bei den Xylten, dass alle gemeinsam die Mahlzeiten einnahmen. Obwohl jede Familie für sich kochte, aßen doch alle zusammen. Das sollte jedem einzelnen von ihnen Kraft und Gesundheit geben, denn ihrem Glauben nach gelangte durch die gemeinsame Nahrungsaufnahme auch ein Teil von jedem Nahrungsmittel, das aufgetischt wurde, in den Körper, selbst, wenn es gar nicht gegessen wurde. Es war Zeit. Katana und Jetar erhoben sich seufzend. Wie gerne wären sie noch ein wenig im Gras liegen geblieben, aber das gemeinsame Abendessen ging nun mal vor. Es würde gewaltigen Ärger geben, wenn sie nicht rechtzeitig wieder zurück wären. Beide schlenderten Hand in Hand zu ihrem Dorf zurück und bemerkten dabei nicht, dass sie beobachtet wurden. Eine anderes dunkelblondes Mädchen aus ihrem Volk, das ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte und ein langes grünes Kleid aus Blättern trug, schaute ihnen schon lange bei ihren Zärtlichkeiten zu und brodelte vor Zorn. Vegeta wollte Jetar um jeden Preis für sich gewinnen. Sie passte besser zu ihm als dieses braunhaarige Miststück. Früher waren Katana und Vegeta die dicksten Freundinnen gewesen. Doch damit war es vorbei, seit sich Katana an den jungen Mann herangemacht hatte. Wenigstens war von Vegetas Seite aus die Freundschaft damit beendet. Was Katana anging, sie sah in Vegeta weiterhin die beste Freundin und Vegeta tat alles, um diesen Schein zu wahren. Vielleicht konnte ihr diese kleine Schwindelei eines Tages noch nützlich sein. Jetar und Vegeta verstanden sich ebenfalls gut, aber er hatte ihr ganz klar zu verstehen gegeben, dass sein Herz Katana gehörte. Schon seit Tagen grübelte Vegeta darüber nach, wie sie Katana loswerden konnte, um sich intensiv um Jetar zu bemühen und ihn als Geliebten zu bekommen. Es musste etwas sein, das so stark war, dass Jetar nichts mehr von Katana würde wissen wollen. Und plötzlich ging ein gemeines Grinsen über Vegetas Gesicht. Sie hatte eine Idee. Und mit dieser Idee würde sie ganz sicher gewinnen. Leise und vorsichtig schlich sie wieder zurück. Katana hatte vollkommen Recht, es war bald Essenszeit und da durfte kein Xylter zu spät erscheinen. Und nach dem Essen würde sie daran gehen, Katana für immer und ewig ins Aus zu befördern. Und dass Katana eine bleibende Erinnerung an die Xylter haben würde, war das mindeste, was Vegeta für eine alte Freundin tun konnte. Was für ein Glück, dass Diebstahl von ihrem Volk als eines der schlimmsten Vergehen angesehen wurde. Kapitel 14: TEIL 2 - Kapitel 2 ------------------------------ 2 Link war von den Bürgern Hyrules umringt. Ein dumpfes Pochen drang aus seiner Schulter. Er setzte sich stöhnend auf und hielt sich den Kopf, durch den ein heftiger Schmerz tobte. Dann schaute er auf seine Schulter. Die grüne Tunika war blutdurchtränkt. „Na, du Dieb“, sagte ein Mann und blickte verächtlich auf Link hinunter, „haben wir dich doch noch ausfindig gemacht. Du dachtest wohl, du könntest dich ewig vor uns verstecken, was?“ „Ich bin kein Dieb“ rief Link, was erneute Schmerzen durch seinen Kopf schießen ließ. „Bist du wohl. Und ein Lügner noch dazu.“ Ehe der blonde Hylianer reagieren konnte, wurde er von kräftigen Händen an Armen und Beinen gepackt und in die Luft gehoben. Er wehrte sich nicht, die Schmerzen waren einfach zu stark. Die Meute johlte und trug ihn durch den Wald, bis sie zu einem riesigen See kamen. Wo kam dieser See auf einmal her? Den hatte Link hier noch nie bemerkt und er lebte schon in diesem Wald, solange er sich erinnern konnte. Die Meute schwang ihn unter lautem Gebrüll durch die Luft und ließ ihn los. Klatschend landete der Junge im Wasser. Prustend tauchte er wieder auf. Einen positiven Aspekt hatte das unfreiwillige Bad. Seine Kopfschmerzen waren erträglicher geworden. Link versuchte ans Ufer zu schwimmen, aber das klappte nicht so einfach. Er konnte den rechten Arm nicht bewegen, was vermutlich von der Verletzung an seiner Schulter kam. Also machte er nur mit dem linken Arm Schwimmbewegungen und versuchte, den verletzten Arm möglichst ruhig zu halten. Langsam näherte er sich dem Ufer, an dem sich der Mob nebeneinander aufgestellt hatte und ihm zusah. Erst als Link prustend ans Ufer kletterte, sah er die langen schmalen Holzbretter, die die Männer in den Händen hielten. Klatschnaß rettete sich Link an Land, als ein Mann grinsend auf ihn zu trat und ihm das Holzbrett gegen die Brust hielt. Link wusste, was passieren würde. „Nein“, keuchte er. „Was … was soll denn das?“ Der Mann drückte Link wieder zurück ins Wasser. Wild ruderte der Hylianer mit seinem unverletzten Arm, doch inzwischen hielt der Mob die Holzbretter an einer Seite fest und ließ die andere Seite auf die Wasseroberfläche klatschen. Link wusste absolut nicht, wie ihm geschah. Wasserfontänen spritzten hoch und regneten auf ihn herab. Seine Schreie ignorierten die Männer. In keine Richtung konnte Link schwimmen, um den Attacken zu entgehen, denn die Holzbretter schlugen wieder und wieder in das Wasser. Wild trat der Junge mit den Füßen, um nicht unterzugehen. Dann traf ein Brett ihn mitten auf den Kopf. Link ging unter. Er kämpfte mit sich, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Wenn das geschah, würde er ertrinken. Am Ende seiner Kräfte hielt er die Luft an. Plötzlich erblickte er jemanden vor sich, aber er konnte nicht erkennen, wer es war. Der Unbekannte hielt ihm eine Maske entgegen. Link zögerte keine Sekunde und drückte sie gegen sein Gesicht. Von einer Sekunde auf die andere konnte er wieder atmen. Wohlschmeckender Sauerstoff füllte seine Lungen und Link atmete hastig mit geschlossenen Augen ein. Er spürte, wie der Unbekannte selbst die Maske gegen sein Gesicht drückte. Der Hylianer öffnete die Augen, um zu sehen, wer ihm in letzter Sekunde das Leben gerettet hatte – und zuckte erschrocken zurück. Diesen Mann kannte er, er hatte oft genug mit ihm zu tun gehabt. Vor ihm stand Ganondorf, lachte und drückte ihm die Maske aufs Gesicht. Die Maske? Nein, das war keine Maske. Es handelte sich um eine riesige Krake, die von seinem Erzfeind mit aller Kraft in Links Mund gedrückt wurde. Der Junge geriet in Panik. Abermals konnte er nicht mehr atmen. Und Ganondorf drückte das Tier noch tiefer in seinen Mund. Erfolglos schnappte Link nach Luft. Bunte Sterne zerplatzten vor seinen Augen und er hörte Ganondorf noch lauter lachen. Link riss die Augen auf. Alles um ihn herum war schwarz. War das der Tod? Wenn er es war und man nach ihm nichts mehr fühlte, dann war die Frage, woher das Puckern in seiner Schulter kam. Allmählich gewöhnten sich die Augen des verletzten Jungen an die Dunkelheit. Er lag in einem Bett, soviel konnte er feststellen. Doch wie kam er hierher? Wo waren die Männer und wo war Ganondorf? Endlich registrierte sein Verstand, dass er einen schlimmen Alptraum gehabt hatte. Er drehte den Kopf nach links und rechts. Er befand sich in einem Zimmer. Neben seinem Kopf konnte er einen kleinen Tisch erkennen. Wie kam er hierher? Und dann überfiel es ihn wie ein Blitzschlag. Er war in Hyrule, in einem Zimmer, das zu einem Haus seiner Häscher gehörte. Er musste hier so schnell wie möglich verschwinden. Rasch fuhr er hoch. Eine glühend heiße Flamme aus Schmerz raste durch seine Schulter. Dann wurde es wieder schwarz. Kapitel 15: TEIL 2 - Kapitel 3 ------------------------------ 3 Am Mittag des folgenden Tages saß Katana an ihrem Tisch, als plötzlich zwei Gardisten in die Hütte stürmten. „Was habt ihr es denn so eilig?“, fragte das Mädchen halb verwundert und halb empört. Ohne ein Wort der Erwiderung eilten die Männer zu Katanas Schmuckkasten und öffneten ihn. Das ging ihr dann doch ein wenig zu weit. „He, was soll denn das?“ In dem Moment, in dem sie aufsprang, drehte sich einer der Gardisten um und hielt ihr eine kleine runde rote Perle mit einem blauen Kristall in der Mitte entgegen. „Was ist das?“, fragte er scharf. Katana betrachtete die Perle. „Keine Ahnung. Die gehört mir nicht.“ „Natürlich gehört sie dir nicht“, donnerte der Gardist. „Sie ist Eigentum von Rat Trenor, der sie schon überall sucht.“ Sofort begriff Katana, in welchem Schlammassel sie steckte. „Aber … ich weiß nicht, wie das Ding in meinen Schmuckkasten kommt.“ „Das können wir dir sagen“, meinte der zweite Gardist und ging drohend auf Katana zu. „Du hast diese Perle aus dem Zelt des Rates gestohlen. Leider war das neue Versteck sehr ungeschickt gewählt.“ „Das stimmt nicht. Ich habe die Perle nicht gestohlen.“ Der Gardist stieß sie zurück. „Du bleibst in deiner Hütte, bis dich jemand holt. Solltest du deine Hütte vorher verlassen, so gilt das als Schuldeingeständnis.“ Verdattert blickte Katana den Gardisten hinterher, die die Hütte wieder verließen und fragte sich, was sich hier abspielte. Wie kam die Perle zu ihrem Schmuck? Sie war überzeugt, dass sich alles aufklären würde, denn niemand würde sie für so bescheuert halten, dass sie das kostbare Stück stehlen würde. Zumal es sich um das Eigentum eines Mitglied des Rates handelte, was die Sache noch doppelt und dreifach so schlimm machte. Bis auf weiteres war sie also eine Gefangene in ihren eigenen vier Wänden. In Ordnung, dann konnte sie ebenso gut ein wenig aufräumen. Sie hatte schon lange vorgehabt, die Truhe in der Ecke zu entrümpeln. Jetzt schien der Zeitpunkt für diese Aufgabe ideal zu sein. Das Mädchen machte sich keinerlei Sorgen, denn schließlich war sie unschuldig. Sie ging zur Truhe hinüber und öffnete sie. Eine Vielzahl von Kleidungsstücken, beschriebenen und unbeschriebenen Papieren und diversem anderen Kleinkram kam zum Vorschein. Zunächst sortierte sie die ganzen Sachen grob, indem sie drei Haufen auf dem Boden bildete. Auf den einen kamen die Kleider, auf den anderen die Papiere, auf den dritten der gesamte Rest, der sich noch in der Truhe befand. Sie schuf einen vierten Haufen, auf den sie alle die Sachen legte, die sie wegwerfen wollte. Mitten in ihre Aufräumaktion platzte ein Gardist, der sie barsch aufforderte, mit ihm zu kommen. Katana erhob sich und folgte dem Mann. Der Weg war nicht sehr weit, er führte nur sechs Hütten weiter, bis zu dem Zelt, in dem sich der Rat versammelt hatte. Als Katana eintrat, sah sie den obligatorischen kleinen Tisch, an dem ein Mann und eine Frau saßen. Zwischen ihnen befand sich eine Schale aus Holz, in dem ein Zweig mit Nadeln vor sich hin kokelte. „Tritt vor“, sagte der Mann und Katana gehorchte. Der Mann hielt ihr die Holzschale entgegen. Die braunhaarige wusste, was von ihr erwartet wurde. Eine Befragung stand ihr ins Haus. Und vor dieser Befragung musste sie den Rauch der Wahrheit einatmen, der gewährleisten sollte, dass jemand ausschließlich die Wahrheit erzählte. Gehorsam hielt sie ihr Gesicht über die Schale und atmete tief ein. Sofort wurde sie von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt, was den Mann und die Frau hinter dem Tisch dazu veranlasste, sich gegenseitig einen vielsagenden Blick zuzuwerfen. Dann wurde das Mädchen aufgefordert, sich auf einen Stuhl zu setzen, der drei Meter entfernt stand. Die Befragung begann. „Kennst du dieses Schmuckstück?“, fragte die Frau und hielt der Angeklagten die Perle entgegen. „Natürlich“, antwortete Katana ehrlich. „Es gehört euch.“ Die Frau nickte. „Gibst du zu, diese Perle aus meinem Privatzelt entwendet zu haben?“ „Nein, weil ich sie nicht genommen habe.“ „Aber du warst heute in meinem Zelt?“ „Ja, Ihr habt mich doch selber hinein geschickt.“ „Aus welchem Grund warst du dort?“ „Ich sollte Euch ein Gefäß mit Erdwürmern bringen, da Ihr gerade mit der Gartenarbeit beschäftigt wart.“ „Was hast du in meinem Zelt getan?“ „Ich bin hinein gegangen, habe mich nach den Erdwürmern umgeschaut, habe das Gefäß genommen und habe das Zelt dann wieder verlassen.“ „Sonst hast du nichts weiter in meinem Zelt getan?“ „Nein“, antwortete Katana mit fester Stimme. „Und schon gar nicht habe ich Eure Perle mitgehen lassen.“ Die Frau legte die Perle auf den Tisch. Dann begann der Mann mit seinen Fragen. „Katana, was würdest du sagen, wenn es einen Zeugen gibt, der den Verdacht gegen dich durch Beobachtungen, die er oder sie gemacht hat, erhärtet?“ Katana stutze. Es konnte keinen Zeugen geben, der etwas gesehen oder gehört hatte, was sie nicht getan hatte. Aus diesem Grund sagte sie bestimmt: „Ich würde sagen, dass der- oder diejenige lügt und dass dann Aussage gegen Aussage steht.“ Der Mann nickte und fragte weiter: „Und was würdest du sagen, wenn es mehrere Zeugen gibt, die den Verdacht gegen dich erhärten könnten?“ Jetzt wurde Katana unsicher. Verflixt, was wurde hier gespielt? War ein Komplott gegen sie im Gange? Falls das der Fall war, so konnte sich Katana den Grund dafür absolut nicht vorstellen. Wer hatte etwas gegen sie? Wer griff zu solchen Mitteln, um ihr zu schaden und aus welchem Grund? „Ich kann nur wiederholen, was ich schon sagte. Ich bin unschuldig. Von mir wurde die Perle nicht entwendet.“ „Und doch hat man sie in deinem Zelt gefunden“, stellte die Frau fest. „Wie kam sie in deinen Schmuckkasten?“ „Die Antwort auf diese Frage interessiert mich genau so sehr wie Euch“, antwortete Katana. „Uns liegt eine Zeugenaussage vor, nach der beobachtet wurde, wie du, als du das Zelt wieder verlassen hast, etwas in deine Hosentasche stecktest. Du sollst das Gefäß mit den Erdwürmern auf einer Hand balanciert haben, hast aber die zweite Hand nicht zu Hilfe genommen. Es war dir offenbar wichtiger, etwas in deiner Tasche zu verstecken als das Risiko einzugehen, dass die Schale zu Boden fällt.“ „Das stimmt nicht“, sagte Katana. „Ich habe nichts in meine Tasche gesteckt.“ Sie wurde unruhig. War die Temperatur in dem Ratszelt durch den glimmenden und rauchenden Nadelzweig angestiegen oder kam es ihr nur so vor? „Wer hat das gesagt?“, wollte Katana wissen. Der Mann antwortete nicht auf ihre Frage, sondern sagte: „Uns liegt eine Zeugenaussage vor, nach der unmittelbar nachdem du deine Hütte betreten hast, eine weitere Person ebenfalls in deine Hütte kam. Diese Person hat gesehen, wie du etwas in deinen Schmuckkasten gelegt hast. Als du bemerktest, dass du nicht allein in deiner Hütte warst, hast du den Kasten schnell geschlossen.“ Katana kämpfte die Panik nieder, die sie zu überrollen drohte. „Auch diese Aussage entspricht nicht der Wahrheit. Beide Zeugen müssen sich irren. Was veranlasst Euch zu glauben, dass sie eher die Wahrheit sagen als ich?“ Der Rat lächelte sie an. „Sie haben beim Einatmen des Rauchs der Wahrheit nicht gehustet.“ Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, dann hätte Katana vermutlich laut angefangen zu lachen. So aber blickte sie die beiden Ratsmitglieder nur fassungslos an. „Ich müsste doch komplett den Verstand verloren haben, Euch zu bestehlen und das Diebesgut dann auch noch dort zu verstecken, wo es jeder sofort findet“, rief sie der Frau zu. „Oh, vielleicht sollte es dort gar nicht bleiben“, entgegnete die Angesprochene. „Vielleicht war dieses Versteck nur als Provisorium gedacht, bis du ein sichereres gefunden hättest. Es war lediglich Pech, dass man es schon so früh gefunden hat. Oder sagen wir besser, es war Bestimmung, denn man hat uns ja darauf aufmerksam gemacht, dass die Perle sich bei dir befindet.“ Katana wusste nicht, was sie tun sollte. Es gab zwei Aussagen gegen sie. Zwei Aussagen, die nicht der Wahrheit entsprachen. Aber sie konnte nicht beweisen, dass sie nicht die Diebin war. Nicht nur die Lügen der Zeugen sprachen gegen sie, sondern auch ihr Husten, mit dem sie auf den Rauch reagiert hatte. „Ich beteuere weiterhin meine Unschuld und kann es mir nur so erklären, dass ein Komplott gegen mich geschmiedet wurde. Die Zeugen müssen lügen. Den Grund dafür kann ich mir allerdings nicht erklären.“ „Nun gut“, sagte der Mann. „Vielleicht gibt es jemanden unter uns, der dir schaden möchte. Wem aus dem Volk der Xylten vertraust du bedingungslos? Wer würde dir unter keinen Umständen etwas Böses wollen? Wer würde keine Lügen über dich verbreiten?“ Katana dachte nach. War das ein Test? Warum wollte man wissen, wem sie vertraute? Sie überlegte hin und her, konnte aber keinen Haken an der Frage feststellen. „Vegeta und Jetar“, gab sie zur Antwort. „Und Blior.“ Blior war ein lustiger Xylte, der jeden mit seinen Späßen zum Lachen brachte, sei er auch noch so traurig oder deprimiert. Es gelang einfach nicht, Blior zuzusehen und nicht mit dem Lachen anzufangen. „Und Timal würde ebenfalls niemals Lügen über mich verbreiten.“ Auch das kleine Mädchen Timal, das nur mit einer Hand geboren wurde, hatte Katana tief in ihr Herz geschlossen. Sie war unglaublich klug und man konnte mit ihr über alles sprechen. Auch in ernsten Dingen, über die sich sonst nur die Erwachsenen unterhielten, hatte Timal eine Meinung. Sie war etwas außergewöhnliches, daher bewunderte Katana sie. Und umgekehrt verhielt es sich ebenso. „Es ist gut, deine Befragung ist beendet. Wir werden die Untersuchung weiter fortsetzen. Geh bitte zurück in deine Hütte und bleibe dort, bis wir dich wieder rufen“, sagte die Frau. Katana tat, worum sie gebeten wurde und ließ die Minuten, die sie vor dem Rat verbracht hatte, noch einmal an sich vorbeiziehen. Hatte sie alles richtig gemacht? Sie hatte wahrheitsgemäß auf sämtliche Fragen geantwortet. Aber reichte das, um ihre Unschuld klarzustellen? Das braunhaarige Mädchen vertrieb sich die Wartezeit bis zu ihrem nächsten Auftritt vor dem Rat damit, ihren Besitz aus der Truhe weiter zu ordnen. Sie war gerade damit fertig und hatte den Deckel geschlossen, als sie erneut zum Rat zitiert wurde. Die Gesichter des Mannes und der Frau waren ernst, als Katana auf dem Stuhl Platz genommen hatte und die beiden anblickte. „Katana, nachdem wir alle Aussagen gehört, darüber gesprochen und den Herrn des Waldes um sein Urteil gebeten haben, können wir dir nun mitteilen, dass es für uns erwiesen ist, dass du diejenige warst, die heute eine Perle aus dem Zelt des weiblichen Rates gestohlen und bei dir im Schmuckkasten versteckt hast.“ Katana sprang auf. „Nein, das ist ein Fehlurteil. Ich habe es nicht getan.“ „Setz dich“, befahl der Mann streng. Schluckend kam Katana dem Befehl nach. „Deine Verstocktheit schadet dir mehr, als dass sie dir hilft“, fuhr der Mann fort. „Dein hartnäckiges Leugnen hat keinen Sinn. Wir wissen, was du getan hast. Und darum wirst du das Urteil annehmen, das wir über dich gefällt haben. Du wirst dieses Dorf noch heute verlassen und dich für einen Zeitraum von fünf Wechslern, angefangen mit dem Beginn des nächsten Wechslers, diesem Dorf auf nicht mehr als dreihundert Schritte nähern. Es ist dir mit Ablauf des heutigen Tages für die Dauer des Bestrafungszeitraumes untersagt, Kontakt mit den Xylten aufzunehmen, so wie es ihnen untersagt ist, Kontakt mit dir aufzunehmen. Solltest du zufällig auf einen Xylten aus diesem Dorf treffen, so hast du ohne ihn anzusprechen stumm an ihm vorüberzugehen. Nach Ablauf von fünf Wechslern, angefangen mit dem Beginn des nächsten Wechslers, wirst du wieder zu uns zurück kehren. Da wir uns wiedersehen werden, bleibt deine gesamte Habe in diesem Dorf. Lediglich deine Waffen darfst du mit dir nehmen. Sollten wir erfahren, dass du diese Maßnahmen nicht eingehalten und Kontakt zu den Xylten aus diesem Dorf aufgenommen hast oder dem Dorf auf weniger als dreihundert Schritte näher gekommen bist, so wirst du für immer aus unserem Dorf verbannt. In diesem Fall werden deine Sachen an einem Ort deponiert, der dir noch mitgeteilt wird, so dass du sie dort an dich nehmen kannst. Hast du dieses Urteil verstanden?“ Katana kam es vor, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggerissen. Sie wurde für fünf Wechsler in die Verbannung geschickt. Nein, für mehr als fünf Wechsler, denn der momentane Wechsler zählte ja nicht mit. Herr des Waldes, das war ein Zeitraum von über einem Ahno. Wie sollte sie so lange ohne ihr Volk überleben? Wer sollte ihr Kraft geben, mit wem sollte sie sich austauschen? Sie benötigte die Xylten. Ja, natürlich hatte sie das Urteil verstanden. Aber der Rat ahnte wohl nicht, was er ihr damit antat. Auf der anderen Seite war dieses Urteil vermutlich sehr wohl überlegt, denn die Strafe für Diebstahl musste hart ausfallen. Doch sie würde dem Rat nicht die Genugtuung verschaffen, vor ihm zu betteln oder zu flehen oder zu weinen. Sie richtete ihre Blicke auf den Mann und die Frau vor ihr und antwortete: „Ja, ich habe das Urteil verstanden. Und ich hoffe, dass Ihr irgendwann erkennt, welches Fehlurteil Ihr gesprochen habt.“ Damit richtete sie sich auf, verließ das Zelt und kehrte in ihre Hütte zurück. Sie sah sich noch einmal um und prägte sich alles gut ein. Sehr lange Zeit würde sie die Behausung nicht mehr zu sehen bekommen. Sie wollte soeben ihre Waffen anlegen, als Timal, das kleine Mädchen, das nur eine Hand besaß, in ihre Hütte stürmte. „Ist es wahr“, fragte sie aufgeregt, „du gehst in die Verbannung?“ Katana blickte ihr tief in die Augen. „Ja, es ist wahr. Der Rat hat so entschieden. Aber er hat sich geirrt, da ich nichts gestohlen habe.“ Timal traten die Tränen in die Augen. „Ich möchte nicht, dass du gehst“, sagte sie verzweifelt, warf sich gegen Katana und presste das Gesicht an ihren Bauch. Katana streichelte Timals lockiges Haar. „Glaube mir, ich möchte auch bei euch bleiben. Doch der Rat hat entschieden und ich darf mich seinem Urteil nicht widersetzen. Immerhin kehre ich ja nach fünf Wechslern wieder zu euch zurück.“ „Das ist eine Ewigkeit“, schluchzte Timal. „So lange kann ich nicht warten.“ „Dir wird nichts anderes übrig bleiben“, entgegnete Katana und dann kam ihr eine Idee. Sie fasste Timal bei den Schultern, drückte sie von sich weg und sah in ihr tränennasses Gesicht. „Musstest du heute vor dem Rat aussagen? Hast du in irgendeiner Weise an der Verhandlung teilgenommen?“ „Nein“, sagte Timal erstaunt. „Gut, dann höre zu. Der Rat hat ein Fehlurteil gesprochen. Ich habe die Perle nicht gestohlen. Es muss jemand getan haben, der mir schaden will. Ich möchte, dass du dich in der Zeit, in der ich weg bin, ganz unauffällig umhörst und versuchst herauszufinden, wer mir eine Falle gestellt haben könnte. Aber sei dabei vorsichtig. Gib niemandem Anlaß zum Argwohn. Willst du das für mich tun?“ Timal nickte. „Was mache ich denn, wenn ich die Wahrheit erfahren habe? Zum Rat gehen?“ Katana überlegte. Timal war noch ein Kind, man würde ihr kein Wort glauben. „Nein. So schwer es dir auch fallen mag, warte auf mich. Wenn ich wieder bei euch bin, kannst du mir alles erzählen. Und bis dahin darfst du durch nichts zu erkennen geben, dass du die Wahrheit weißt.“ „In Ordnung“, sagte Timal ernst. Nach mehreren Schweigesekunden fragte sie: „Wo wirst du denn jetzt hingehen?“ Katana zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich werde mich in den Wäldern durchschlagen.“ Timal wich erschrocken zurück. „Aber dort ist es sehr gefährlich“, sagte sie besorgt. „Keine Angst, ich kann mich schon wehren. Bete für mich.“ Katana küsste Timal auf die Stirn. Noch einmal umarmte das Mädchen sie mit ihrer einzigen Hand und trottete langsam aus der Hütte. Katana blickte auf ihr Hemd, das nass von Timals Tränen war. Es machte nichts, das würde schon wieder trocknen. Sie holte ihr Schwert aus dem Schrank und hängte es sich um. Erneut betrat jemand ihre Hütte. Diesmal war es Vegeta, die bestürzt wirkte. „Du verlässt uns? Ist das die Strafe für deinen Diebstahl?“ „Ich habe keinen Diebstahl begangen. Glaubst du das etwa?“, wollte Katana wissen. Vegeta blickte zu Boden und schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube es nicht. Das habe ich auch dem Rat gesagt. Er hatte kein Recht, dich wegzuschicken.“ „Das sieht er offenbar anders. Für ihn bin ich schuldig.“ Vegeta trat auf Katana zu und umarmte sie herzlich. „Es tut mir so leid. Passe bitte gut auf dich auf und komme gesund wieder. Das Leben hier wird nicht mehr das gleiche sein, wenn du nicht da bist.“ Das braunhaarige Mädchen drückte ihre Freundin fest an sich. „Danke. Ich werde so oft wie möglich an dich denken und dich niemals vergessen. In etwas mehr als einem Ahno sehen wir uns wieder.“ Die beiden Xylten ließen sich los. Traurig sah Vegeta die Verurteilte an. „Hey,“ lächelte Katana, „sieh es positiv. Immerhin komme ich so ein wenig herum.“ Vegeta lachte gequält. Dann drehte sie sich um und verschwand aus Katanas Blick. Mehrere Sekunden verharrte diese und starrte auf die Stelle, an der soeben noch ihre beste Freundin gestanden hatte. Sie würde ihr fehlen. Hart schluckte Katana die Tränen hinunter. Dann schnallte sie sich den Gürtel um, in dem ihr Dolch steckte. Sie hängte sich den Köcher mit ihren Pfeilen auf den Rücken und ergriff den Bogen. Ein letztes Mal sah sie sich in ihrer Hütte um. Sie hatte alles, was sie benötigte. Gerade wollte sie ihre Strafe antreten, als sie Jetar bemerkte. Sie hatte überhaupt nicht gehört, wie er ihre Hütte betreten hatte. Er stand nur da und sagte kein einziges Wort. Durchdringend sah er sie an. „Jetar, …“, begann sie, wurde aber barsch unterbrochen. „Hör zu“, sagte er und streckte abwehrend die Hand aus. „Es tut mir leid, dass die Strafe für dich so hart ausgefallen ist, aber du hast sie voll und ganz verdient. Ich kann einfach nicht glauben, was in dich gefahren ist. Ich habe dich geliebt und dir vertraut. Dieses Vertrauen hast du bitter enttäuscht. Es ist aus zwischen uns und glaube nur nicht, dass ich auf deine Rückkehr warten werde. Du weißt ganz genau, was ein Diebstahl für unser Volk bedeutet. Und dann auch noch den Rat zu bestehlen ist der Höhepunkt der Unverschämtheit. Ich weiß nicht, was du dir dabei gedacht hast. Ich weiß nur eines, dass ich in Zukunft nichts mehr mit dir zu tun haben möchte. Komme mir nie wieder unter die Augen, sonst weiß ich nicht, was ich tue. Und erwarte nicht, dass ich dir Lebewohl sage, denn das wäre gelogen.“ Wie betäubt stand Katana noch lange da, nachdem Jetar die Hütte verlassen hatte. Mit jedem Wort, das er gesagt hatte, hatte er ihr einen Schlag in den Magen versetzt. Es war aus zwischen ihnen. Sie konnte es nicht glauben. Einer der wenigen Xylter, von dem sie gedacht hatte, dass er zu ihr stehen würde, hatte sein wahres Gesicht gezeigt. Was er ihr gesagt hatte, schmerzte sehr viel mehr, als das Urteil des Rates. Mit ausdruckslosem Gesicht ging Katana durch das Dorf und dem Ausgang entgegen. Sie ignorierte die Abschiedsrufe und die winkenden Hände ihres Volkes. Wie in Trance setzte sie einen Fuß vor den anderen und lief immer weiter, ließ ihr Dorf mit jedem Schritt weiter zurück. Als sie endlich glaubte, sich weit genug entfernt zu haben, blieb sie stehen, setzte sich auf den Waldboden und ließ ihren Gefühlen freien Lauf, indem sie ihre Verzweiflung, ihre Trauer und ihren Schmerz herausweinte und –schrie. Kapitel 16: TEIL 2 - Kapitel 4 ------------------------------ 4 Erneut wachte Link auf, doch diesmal war es nicht mehr dunkel. Das Tageslicht fiel durch ein Fenster mitten ins Zimmer und ließ ihn genauer erkennen, wo er sich befand. Seine Schulter schmerzte bei jeder Regung, darum bewegte sich der Hylianer sehr vorsichtig. Langsam sah er sich um. Die Wände des Zimmers, in dem er lag, waren weiß. Ein Sessel und ein Tisch standen in einer Ecke direkt neben einer Tür. Und er hatte sich bei seinem letzten Erwachen nicht getäuscht. Er lag tatsächlich in einem Bett auf einem weißen Bettlaken. Die Decke und das Kissen waren mit aufgedruckten Blumen überzogen. Auch der Nachttisch war da, der direkt unter dem Fenster stand. Auf ihm stand ein Glas Wasser und erst bei diesem Anblick merkte der Teenager, welch riesigen Durst er hatte. Er blickte auf seine Schulter, die von einem weißen Verband bedeckt war. Er befühlte sein Gesicht an der Stelle, an der der Waldboden seine Wangen aufgerissen hatte. Es fühlte sich glatt und kühl an und mit Sicherheit berührte er nicht die Haut. Sein Körper war nackt, lediglich seine Unterhose hatte Link an. Zum Glück stand der Nachttisch auf der linken Seite des Bettes, so dass er ihn bequem mit dem unverletzten Arm erreichen konnte. Er streckte die Hand aus und seine Fingerspitzen streiften das Glas, das an den Rand tanzte, das Übergewicht bekam und zu Boden fiel. Klirrend zersprang das Trinkgefäß. Link hielt den Atem an. Wenn er wirklich, wie vermutet, im Haus eines Bürgers von Hyrule lag und ihn durch das Klirren alarmiert hatte, dann hatte er jetzt sicher nichts zu lachen. Auf der anderen Seite erschien es ihm merkwürdig, dass man seine Wunden versorgt hatte, wo der gesamte Mob doch drauf und dran gewesen war, ihn zu töten. Entfliehen konnte er jedenfalls nicht, dazu war er noch zu schwach. „Aviko, Aviko“, ertönte eine krächzende Stimme aus einem Nebenraum. Link spannte seine Muskeln an. Diese Stimme hatte er noch nie zuvor gehört, da war er sich ganz sicher. Eine alte Frau trat durch die offen stehende Tür. Sie hatte ein gelb-weiß gestreiftes Leinenkleid an und kam langsam auf Link zu. „Der Sohn des Holzes hat viel Blut verloren“, sagte sie. „Er muss sich ausruhen, um wieder zu Kräften zu kommen.“ Link starrte sie nur verständnislos an. Die Alte war ihm gänzlich unbekannt. Eine Einwohnerin von Hyrule war sie jedenfalls nicht. War das ihr Haus, in dem er lag? Wo befand er sich? Ächzend kniete die alte Frau nieder und sammelte die Scherben ein. Dann schlurfte sie wieder nach draußen und kam wenig später mit einem Lappen und einem neuen Glas Wasser wieder zurück. Sie tastete nach dem Nachttisch, hielt sich daran fest und schob ihre Hand mit dem Wasser in Links Richtung. Dankbar nahm er ihr das Glas ab und trank in gierigen Schlucken. Als das Glas leer war, ließ er sich erschöpft in das Kissen fallen. Die Frau nahm ihm das Gefäß ab und kniete sich erneut nieder, um mit dem Lappen das verschüttete Wasser aufzuwischen. „Drei Dis hat der Sohn des Holzes tief geschlafen. Und er braucht noch ein paar weitere Dis Ruhe, bis er wieder hergestellt ist.“ Link hatte die Augen geschlossen. Das Trinken hatte ihn doch mehr angestrengt, als er gedacht hatte. Aus dem Gebrabbel der Alten wurde er nicht schlau. Er war auch zu müde, um dem, was sie sagte, aufmerksam folgen zu können. Aber offenbar war er hier nicht in Gefahr. Ednita verließ das Zimmer wieder und Link schlief ein. Als er wieder erwachte, fühlte er sich schon deutlich besser. Die Schmerzen in seiner Schulter waren nicht mehr so stark und er meinte, deutlich aufnahmefähiger zu sein als in seiner letzten Wachperiode. „Es ist gut, dass der Sohn des Holzes so viel schläft. Das wird ihm bei seiner Genesung sehr helfen“, vernahm Link eine leise Stimme neben sich und er erkannte, dass die alte Frau neben seinem Bett auf einem Stuhl saß. Und dann begriff er. Offenbar war er der Sohn des Holzes, doch es war ihm ein Rätsel, warum die Alte ihn so nannte. „Wo … wo bin ich“, fragte er. „Im Haus von Ednita“, antwortete die Frau. „Der Sohn des Holzes lag im Wald halb in der Höhe eines Abhangs. Er wurde von einem Baum verdeckt, so dass die Männer, die nach ihm gesucht haben, ihn nicht sehen konnten. Aber für Ednita ist das egal.“ Link sah Ednita an und dann begriff er, was sie meinte. Ednita war blind. Wahrscheinlich war sie im Wald unterwegs gewesen, hatte ihn gefunden, mit zu sich genommen und gepflegt. Sie beugte sich vor und sagte: „Der Sohn des Holzes hat mächtige und auch hinterlistige Feinde. Er sollte auf seinem weiteren Weg sehr gut auf sich Acht geben.“ „Warum nennt Ihr mich ‚Sohn des Holzes’?“, wollte Link wissen. „Ist er es nicht?“ fragte Ednita zurück. „Er hat doch bei dem Volk der Bäume gelebt.“ Auf diese Feststellung wusste Link nichts zu erwidern. Ednita hatte Recht, aber woher wusste sie das? Er war ihr noch nie zuvor begegnet. Doch die Alte gab ihm eine Antwort, die ihn nur noch mehr verwirrte. „Ednita weiß mehr, als die meisten Wesen annehmen. Sie mag mit ihren Augen nichts sehen können, aber sie sieht gründlicher als viele andere.“ Links Magen gab ein knurrendes Geräusch von sich. Sofort stand Ednita auf und verließ das Zimmer. Wahrscheinlich holte sie etwas zu essen. Links Vermutung war richtig, denn ein paar Minuten später tauchte sie mit einem tiefen Teller wieder auf, der bis zur Hälfte mit Suppe gefüllt war. Link machte ein enttäuschtes Gesicht, als er die Menge der Mahlzeit sah, denn er verspürte wirklich einen Riesenhunger. Aber als er den Teller geleert hatte, musste er feststellen, dass er total satt war. Dann fiel ihm etwas ein, was Ednita beim letzten Mal zu ihm gesagt hatte. „Ihr meintet, dass ich drei Tage bewusstlos gewesen bin.“ Die alte Frau nickte. „Nur einmal ist der Sohn des Holzes für kurze Zeit erwacht. Der hohe Verlust seines Blutes hat ihn sehr geschwächt. Immerhin war er schwer verletzt.“ Link erinnerte sich. Irgend etwas hatte ihn an der Schulter verletzt. Aber er hatte den Verursacher nicht herausfinden können. „Aber wodurch?“, überlegte er leise murmelnd, doch Ednita hatte sehr gute Ohren. Abermals stand sie auf und kam nach wenigen Augenblicken zurück. Sie hatte ein Tuch dabei, dass sie in der Hand hielt und vor Link aufschlug. „Das hat Ednita aus der Schulter des Sohnes des Holzes geholt. Es saß ziemlich fest.“ Link nahm den Gegenstand, der auf dem Tuch lag, zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand. Es war eine kleine Eisenkugel. Also war doch jemand in der Nähe gewesen, dachte Link. Jemand, der mit einer Schleuder auf ihn gezielt und an der Schulter getroffen hatte. Eine Schleuder war die ideale Waffe, um eine so kleine Eisenkugel abzufeuern. Dem Hylianer kamen Situationen in den Sinn, in denen er mit seiner Schleuder Deku-Kerne abgefeuert hatte. Eisenkugeln waren sogar noch effektiver, da sie größere Verletzungen und somit mehr Schaden anrichten konnten. Er legte die Eisenkugel wieder in das Tuch zurück, das Ednita auf den Nachttisch legte. „Wo befinde ich mich?“, fragte er. „Das hier ist nicht Hyrule, oder?“ Die Alte lachte leise. „Ednitas Haus steht auf sicherem Boden, denn in die Verlorenen Wälder wagt sich so leicht kein anderes Wesen.“ Link glaubte, sich verhört zu haben. Ednita wohnte in den Verlorenen Wäldern? Wie konnte sie hier überleben, blind und den Bestien, die sich hier herumtrieben, hilflos ausgeliefert, wenn sie ihnen einmal begegnete? Link fing an, Ednita zu bewundern. Sie hatte offenbar keine Angst. „Der Sohn des Holzes sollte sich jetzt wieder ausruhen“, schlug die blinde Alte vor. „Er wird noch einige Zeit hier bleiben müssen, bevor seine Gesundheit wieder so weit hergestellt ist, dass er sich wieder auf den Weg machen kann.“ „Das geht nicht“, protestierte Link. „Ich habe eine Aufgabe zu erledigen.“ „Er wird sich in keiner Weise helfen, wenn er nur halb gesund wieder auf die Suche geht.“ Link gab sich für den Moment geschlagen. Er fühlte sich wirklich noch nicht wieder so fit, um seine Suche nach demjenigen fortzusetzen, der ihn in Misskredit bringen wollte. „Was meint Ihr, wie lange muss ich noch hier bleiben?“, fragte er seine Lebensretterin. „Ednita hofft, dass sich der Sohn des Holzes nach acht Dis erneut auf den Weg machen kann.“ Acht Dis waren eine lange Zeit, in der sein Plagiator weitere Überfälle begehen und Menschen verletzen konnte. Und überhaupt wusste Link gar nicht, wo er mit seiner Suche beginnen sollte. Da konnte er genauso gut bei der blinden Ednita bleiben. Vielleicht erhielt er ja noch ein paar wichtige Informationen von ihr, dachte der Hylianer. Ednita ließ ihn für einen Moment alleine, um mit einer Tasse dampfenden Gebräus zurückzukehren, das ein wenig nach verkochtem Kohl roch. „Dieses sollte der Sohn des Holzes trinken“, sagte sie. „Es wird ihm helfen, tief und traumlos zu schlafen und sich schneller zu erholen.“ Link nahm die Tasse und trank einen kleinen Schluck. Die schneeweiße Flüssigkeit schmeckte leicht süßlich. Der verletzte Teenager trank die Tasse aus. Dann sank sein Kopf zurück in das Kissen. Er legte die Hand auf seinen Bauch und machte die Augen zu. Sekunden später war er eingeschlafen. Ednita sollte Recht behalten. Von Tag zu Tag kam Link mehr zu Kräften. Jeder Tag, den er bei Ednita verbrachte, sorgte dafür, dass seine Schulter weiter abheilte und er seinen Arm besser bewegen konnte. Nähere Hinweise auf seine Mission erhielt er von der alten Frau allerdings nicht, obwohl er sie fragte, wo er mit seiner Suche beginnen sollte und ob sie ihm erzählen konnte, wer hinter den Überfällen steckte. Entweder wusste es Ednita tatsächlich nicht oder sie wollte ihm nichts verraten. Am achten Dis war seine Wunde verheilt. Der Hylianer hatte beschlossen, nicht länger zu warten. Heute wollte er aufbrechen um endlich hinter das Geheimnis des unbekannten Plagiators zu kommen. Doch weiterhin hatte er keine Ahnung, wie er es anstellen sollte, denn er hatte nicht den geringsten Anhaltspunkt. „Der Sohn des Holzes wird seine Ehre wieder herstellen“, prophezeite ihm Ednita, „aber er wird einen sehr hohen Preis dafür zahlen müssen.“ Link nahm diese Botschaft unbeeindruckt auf. Er war schon ziemlich oft in tödliche Gefahren geraten. Angst vor dem Tod hatte er nicht. Auch wenn er bei dieser Mission sein Leben verlieren sollte; wenn dadurch seine Unschuld bewiesen werden würde, war der Preis nicht zu hoch. Seine blutige Tunika und die restliche Kleidung war von Ednita gewaschen worden. Das kleine Loch, das die Eisenkugel im Rückenteil der Tunika hinterlassen hatte, hatte Ednita mit grünem Garn geflickt. Komplett bekleidet und mit Schwert und Schild bewaffnet verabschiedete sich Link von Ednita und dankte ihr für alles, was sie für ihn getan hatte. Ednita wünschte ihm viel Glück und ermahnte ihn noch einmal zur Vorsicht. Der Hylianer versicherte ihr, dass er sehr gut auf sich aufpassen würde und trat vor die Tür. Zahlreiche Bäume ragten vor ihm auf. Mit Unbehagen erinnerte sich Link daran, dass er sich in den Verlorenen Wäldern befand. Er ermahnte sich innerlich, sehr vorsichtig auf seinem Weg zu sein und die Augen möglichst überall zu haben, da hinter jeder Ecke eine Gefahr lauern konnte. Dann ging er los und warf ab und zu einen Blick zu Ednitas Haus zurück, bis er es nicht mehr sehen konnte. Kapitel 17: TEIL 2 - Kapitel 5 ------------------------------ 5 Mehrere Tage lief Katana bereits durch die Verlorenen Wälder. Wie gut, dass sie in der Vergangenheit bei ihrem Volk gelernt hatte, wie man Fallen aufstellt. So hatte sie die ideale Voraussetzung dafür, an Fleisch zu gelangen. Ab und zu verirrte sich auch ein Tier in ihre Fallen, das nicht zum Essen bestimmt war oder das sie zu süß fand, um es zu braten und als Abendessen zu verspeisen. Dann ließ sie das Wesen kurzerhand wieder frei. Das Wetter hatte es bisher gut mit ihr gemeint. Es regnete nur sehr selten. Meist war es trocken, wenn sich auch die Sonne nicht so oft blicken ließ. Sehr häufig dachte sie an ihr Volk und ganz besonders an Vegeta und Jetar, ihre beste Freundin und ihren Geliebten. Wie es ihnen jetzt wohl ging? Ob Jetars Wut inzwischen verraucht war und er doch ein klein wenig an sie dachte? Ob es ihm wohl leid tat, dass er diese harten Worte an ihrem letzten Tag, den sie bei den Xylten verbracht hatte, zu ihr gesagt hatte? Oder war es ihm ernst und er hatte sie bereits vergessen oder versuchte es mit allen Mitteln? Es hatte keinen Zweck, darüber zu grübeln, soviel war Katana auch klar, aber sie konnte einfach nicht anders. In ihrem Herz gab es immer einen heftigen Stich, wenn sie an Jetar dachte. Häufig begann sie zu weinen, aber auch das brachte ihn nicht zurück. Dann sagte sie sich, dass er es nicht wert war. In den ersten Nächten hatten Alpträume sie gequält. Sie hatte sich auf den Waldboden gelegt und mit trockenen Blättern zugedeckt, die sie warm hielten. Lange Zeit hatte sie nicht einschlafen können, sondern hatte grübelnd unter ihrer Decke gelegen. Und als sie dann endlich der Schlaf übermannt hatte, traten furchterregende Bilder in ihren Kopf. Bilder, in denen sie von Stadt zu Stadt unterwegs war und überall weggejagt wurde. Man gab ihr nichts zu essen, ließ sie nirgendwo arbeiten und an ein Gasthaus, das sie bei sich aufgenommen hätte, war gar nicht zu denken. Auch in den Wäldern konnte sie nie lange an einem Ort bleiben. Finstere Gestalten tauchten auf und scheuchten sie unbarmherzig weiter. Alle zeigten mit dem Finger auf sie und riefen, dass sie einer Diebin mit nichts unterstützen würden. Wenn Katana dann am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich, als habe sie überhaupt nicht geschlafen. Der Nacken und der Rücken taten ihr weh. Doch sie ließ sich nicht unterkriegen, sondern ging weiter durch die Verlorenen Wälder, wobei sie absolut keine Ahnung hatte, wohin ihr Weg sie führen sollte. Heute war ein richtig herrlicher Tag. Die Sonne brannte vom Himmel und sie liebte es, in ihrem hellen Licht durch die Bäume zu schlendern. Mittags machte sie an einem Fluss Rast, aß und trank eine Kleinigkeit und setzte dann ihren Weg fort. Eine halbe Stunde später gelangte sie an eine Lichtung. Sie trat aus dem Schatten der Bäume, um auf die andere Seite zu gelangen. Als Katana die Lichtung halb durchquert hatte, tauchte wie aus dem Nichts ein paar Meter vor ihr eine attraktive Frau auf. Sie hatte lange hellblonde Haare und trug ein gelbes Seidenkleid. Das glatte Gesicht lächelte Katana entgegen, doch die Xylte war auf der Hut. Wer sich in den Verlorenen Wäldern herumtrieb, war zu fünfundneunzig Prozent nicht vertrauenswürdig. Allen Fremden sollte man mit Misstrauen begegnen, das hatte Katana schon gelernt, als sie noch ein kleines Kind gewesen war. Wer dieser Regel folgte, sicherte sich das Überleben. Die Fremde rührte sich nicht, sondern lächelte Katana weiterhin zu, als diese an ihr vorüber schritt. Immer wieder blickte Katana sich um, doch die Frau blieb an der gleichen Stelle stehen. Katana fragte sich, was sie wollte und spürte plötzlich ein starkes Ziehen an ihrem Arm. Vor Schmerz zog sie die Luft ein, presste die Hand auf den Arm und sah sich um. Die Frau hatte sich nicht von der Stelle gerührt, aber Katana wusste, dass sie ihr die Schmerzen zugefügt hatte. Dann flammte ein Schmerz in ihrer Hüfte auf. Stöhnend berührte sie die Stelle und fühlte den Stoff des blauen Hemdes unter ihren Fingern. Jetzt reichte es ihr. Sie drehte sich um und blickte die fremde Frau durchdringend an, während sie rückwärts weiterging. Diesmal kam die Fremde ihr langsam nach. Katana sah, wie das hellblonde Wesen den Mund öffnete und eine lange graue Zunge hervorschnellte. Die Zunge fuhr über das Bein ihres Schattens und im selben Augenblick spürte das Mädchen den Schmerz an ihrem entsprechenden Körperteil. Nun wusste Katana, mit was sie es zu tun hatte. Einige Meter von ihr entfernt stand eine Aswang, nicht das gefährlichste Wesen, das in den Verbotenen Wäldern unterwegs war, aber dennoch nicht zu unterschätzen. Aswangs ernährten sich vom Schatten der im Wald umherlaufenden Menschen und Tiere, indem sie deren Schatten aufleckten. Als Folge davon mussten die schattenlosen Kreaturen sterben. Katana wich schneller zurück. So schnell wie möglich musste sie wieder in den schützenden Schatten der Bäume kommen. Doch auch dann war sie noch nicht sicher. Hatten die Aswangs erst einmal ein Opfer angefallen, so verfolgten sie es so lange, bis sie ihren Schatten komplett aufgeleckt hatten. Es blieb Katana nichts anderes übrig, als die Aswang zu töten. Doch sie musste Zeit gewinnen und durfte es nicht riskieren, dass die Bestie allzu oft über ihren Schatten leckte. Katana überlegte blitzschnell und lief dann auf die Aswang zu. Diese war im ersten Moment überrascht, dann aber erfreut über Katanas Reaktion. Sie klappte ihren Mund auf und als sie die Zunge vorstreckte, stieß Katana sich kräftig ab und trat mit dem rechten Stiefel gegen die Wange ihrer Feindin. Die Aswang heulte laut und schmerzerfüllt auf, als sie sich kräftig auf die Zunge biss und Katana gab Fersengeld. So schnell sie konnte, bewegte sie sich im Zickzack auf die rettenden Bäume zu. Das Mädchen hoffte, dass sie sich so unkontrolliert bewegte, dass ihr Schatten ein schweres Ziel bot. Leider war dem nicht so, wie sie bald feststellen musste. Sie brüllte auf, als der Schmerz durch ihren Rücken fuhr. Der rettende Wald war unmittelbar vor ihr und so nahm Katana all ihre Kraft zusammen, sprang mit ausgebreiteten Armen nach vorne und landete mitten in einem Busch. Blitzschnell krabbelte sie daraus hervor und begab sich in den schützenden Schatten eines Baumes, der in der Nähe stand. Ängstlich sah sie sich um, doch auf der Lichtung konnte sie niemanden entdecken. Dem Mädchen war klar, dass sie noch nicht außer Gefahr war. Sie musste unter allen Umständen eine Skare finden. Hektisch blickte sie sich um, doch den gesuchten Baum konnte sie nirgendwo entdecken. Offenbar musste sie tiefer in den Wald. Dabei kam sie jedoch auch an Stellen vorbei, auf die das Sonnenlicht fiel und an denen sie ungeschützt war. Doch das musste sie riskieren. Sie hastete von Baum zu Baum, wobei sie sehr darauf achtete, immer nur für einen kurzen Moment ins Sonnenlicht zu treten. Auch wenn sie die Aswang nicht bemerkte, so war sie ganz sicher, dass das Biest noch irgendwo in der Nähe lauerte und darauf wartete, dass sie einen Fehler machte. Sorgfältig suchte sie die Umgebung ab, doch Erfolg hatte sie keinen. Das konnte doch nicht wahr sein, irgendwo zwischen all diesen Bäumen musste doch eine Skare wachsen. Katana hetzte weiter und ließ ihre Blicke hin und her schweifen. Plötzlich stutzte sie und kniff die Augen zusammen. Nur vier Bäume rechts von ihr wuchs ein stämmiger Riese, der eine Skare sein konnte. Schnell hastete sie vorwärts und als sie auf ihrem Weg zum Baum durch die Sonne lief, merkte sie den Schmerz, der ihre Schulter durchzuckte. Die Aswang gab einfach nicht auf. Nachdem sich das braunhaarige Mädchen ein wenig erholt hatte, betrachtete es den Baum genauer und ihr Herz hüpfte vor Freude. Sie hatte tatsächlich eine Skare vor sich. Sofort richtete Katana ihren Blick auf den Waldboden, um festzustellen, ob eine Frucht dieses Baumes unter ihm lag. Doch diesmal hatte sie nicht so viel Glück. Katana seufzte und hob ihren Blick gen Himmel. Sie kniff die Augen zusammen und entdeckte tatsächlich in der Krone des Baumes ein paar Skarel. Sie holte einen Pfeil aus dem Köcher, legte ihn auf die Sehne des Bogens, richtete die Spitze des Pfeils in die Krone, kniff ein Auge zu und zielte sorgfältig. Als sie sicher sein konnte, dass der Pfeil die Frucht treffen würde, ließ sie los. Das Geschoss schnellte nach oben und traf die Skarel, die sich vom Baum löste und zu Boden fiel. Rasch nahm Katana die kleine runde braune Frucht an sich und zog den Pfeil heraus. Nun konnte sie nur noch hoffen, dass ihr Plan funktionieren würde. Sie zückte ihr Messer und schnitt die Frucht in der Mitte durch. Dann setzte sie sich auf den Boden, drückte die Seiten der Frucht leicht zusammen und betrachtete den farblosen Saft, der hervorquoll. Mit der Schnittfläche rieb sie über ihre Beine und ihre Hüften, bis sie die ganze Hose mit dem Saft beschmiert hatte. Als nächstes rieb sie ihr Hemd mit dem Saft aus der anderen Fruchhälfte ein – Arme, Schultern, den Bauch die Brust und den Rücken, so gut sie ihn erreichen konnte. Der Skarelsaft war sehr gesund, doch man musste ihn rasch trinken, denn wenn er einige Zeit mit Sauerstoff in Berührung gekommen war, verklebte er und war somit als Getränk nicht mehr geeignet. Und genau auf diese Eigenschaft hoffte Katana. Ihre klebrige Kleidung konnte sie später in einem Fluss waschen. Im Schutz des Schattens wartete sie noch einige Minuten, dann ging sie wieder zurück zur Lichtung. Von der Aswang war weit und breit nichts zu sehen, doch Katana war sicher, dass sie irgendwo in der Nähe lauerte. Die Xylte hoffte nur, dass nicht ausgerechnet jetzt die Sonne hinter Wolken verschwand. Sie betrat die Lichtung und ging zur gegenüberliegenden Seite hinüber. Sie war noch nicht weit gekommen, als sie einen Schmerz am linken Arm verspürte. Doch sie ignorierte ihn so gut es ging und wirbelte herum, wobei sie gleichzeitig ihr Schwert zog. Der Plan war aufgegangen. Die Zunge der Aswang klebte an ihrem Schatten fest. Verzweifelt zog die Frau daran, konnte sie aber nicht wieder in ihren Mund bekommen. Und Katana nutzte ihre Chance. Sie holte aus und durchtrennte die Zunge mit dem Schwert. Mit einem erstickten Aufschrei schlug die Aswang ihre Hände vor den Mund. Eine Fontäne aus schwarzem Blut spritzte zwischen ihren Fingern hervor und färbte den Boden der Lichtung dunkel. Halb wahnsinnig vor Schmerzen drehte sich die Frau um die eigene Achse. Schließlich blieb sie stehen und taumelte davon. Doch Katana dachte gar nicht daran, ihre Peinigerin entfliehen zu lassen. Sie lief hinter ihr her, stieß ihr mit aller Kraft das Schwert in den Rücken und durchbohrte das Herz der Aswang. Diese streckte ihren Oberkörper vor und fiel zu Boden. Ihr Blut durchtränkte das Seidenkleid, dessen gelbe Farbe sich allmählich in Schwarz änderte. Katana atmete tief durch und schob das Schwert zurück in die Scheide. Diese Gefahr war überstanden. Doch das Mädchen machte sich keine Illusionen. Es würde nicht die einzige Gefahr bleiben, solange sie in den Verbotenen Wäldern unterwegs war. Sie setzte ihren Weg fort und beobachtete ein paar Baumpelze, die sich hoch in den Bäumen gegenseitig mit Beeren bewarfen. Allmählich wurde es Zeit, die Vorbereitungen für das Abendessen zu treffen. Katana lechzte nach einem saftigen Braten und machte sich in Windeseile an die Vorbereitungen. Sie suchte sich zwei kräftige Bäume aus und grub ein kleines Loch zwischen den Holzriesen. Dann legte sie über das Loch ein Netz aus, das die Eigenschaft hatte, dass es sich zusammenzog und in die Höhe schnellte, wenn es belastet wurde. Die beiden Seilenden des Netzes warf sie über jeweils einen Ast der beiden Bäume und verknotete sie miteinander. Dann setzte sie sich in der Nähe an einen Baum. In dieser Position konnte sie die Falle zwar nicht sehen, aber wurde durch das Geräusch informiert, wenn sich ein Tier darin verfangen hatte. Zwei Stunden wollte Katana warten. Wenn sich dann noch nichts getan hatte, würde sie sich für den heutigen Abend eben mit Obst und essbaren Blättern begnügen. Die Xylte kannte sich in den Verlorenen Wäldern gut aus und wusste daher, welche Pflanzen sie ohne Bedenken verzehren konnte. Doch vielleicht hatte sie ja Glück und es würde heute Fleisch geben. Kapitel 18: TEIL 2 - Kapitel 6 ------------------------------ 6 Sehr vorsichtig bewegte sich der Hylianer durch die Verlorenen Wälder. Er hatte sie in der Vergangenheit zwar schon mehrmals betreten, aber richtig tief war er noch nie in sie eingedrungen. Wie er aus Erzählungen und leidvollen Erfahrungen, die er selber gemacht hatte, wusste, waren die Gefahren in diesem Teil des Kokiri-Waldes nicht zu unterschätzen. Seine volle Aufmerksamkeit sollte er besser auf das richten, von dem er nicht wusste, was ihn erwartete. Doch immer wieder schweiften seine Gedanken zur alten Ednita zurück. Link nahm sich vor, sie noch einmal aufzusuchen, sobald seine Aufgabe erledigt war. Aber würde er ihr Haus überhaupt wieder finden? Das war sehr unwahrscheinlich, denn er war hier tief im Waldgebiet und eine Ecke sah aus wie die andere. Link duckte sich in den Schutz eines Baumes, als er die Schritte hörte. Ein Mensch torkelte in einiger Entfernung an ihm vorbei. Ströme von Blut liefen aus seinem Mund und tropften auf seine Kleidung, die mittlerweile schon verschmiert war. Was war mit dem Mann los? Der Teenager war nicht so dumm, ihm zu Hilfe zu eilen. Vielleicht hatte er keine Hilfe nötig und es war nur ein Trick um seiner habhaft zu werden. Link war nicht scharf darauf, vorzeitig sein Leben zu beenden. Erst als der Mann nicht mehr zu sehen war, setzte auch der Teenager seinen Weg fort. „Guten Morgen“, rief Navi erfreut und flog aus dem Halsausschnitt seiner Tunika dicht an Links Gesicht vorbei. Mit einem erschreckten Aufschrei taumelte der Hylianer zurück und stieß mit dem Rücken hart gegen den Stamm eines Baumes, worauf mehrere Beeren auf seinen Kopf prasselten. Link hielt schützend die Arme über seinen Kopf. Als der Beerenregen verebbt war, wandte sich der Junge mit wütendem Gesicht an seine Fee, die kichernd vor ihm in der Luft auf der Stelle schwirrte. „Verdammt, Navi, wenn du mich noch einmal so erschreckst, dann kannst du zusehen, wie du zukünftig ohne mich klar kommst, hast du verstanden?“ „Dein Blick war unbezahlbar“, lachte Navi. „Ich habe gehört, die Goronen sind unheimlich scharf auf Feenflügel“, sagte Link in warnendem Ton. Navi streckte ihm die Zunge heraus. „Außerdem haben wir gar nicht Morgen, sondern schon Nachmittag“, erinnerte Link sie. „Macht nichts“, gähnte die Fee. „Für mich ist gerade Morgen.“ „Kein Wunder, du schläfst ja auch neun Zehntel des Tages“, grummelte Link. „Du hast es gerade nötig“, meinte Navi. „Vielleicht könntest du jetzt freundlicherweise wach bleiben“, schlug Link vor. „Wir sind nämlich gerade in den Verlorenen Wäldern unterwegs und es wäre gar keine schlechte Idee, wenn du ebenfalls die Augen nach Gefahren offen halten könntest.“ „In Ordnung“, antwortete Navi, riss ihre Augen auf und flog dicht vor Links Gesicht. Link seufzte und ging weiter, während seine Fee neben ihm her flog. Der Hylianer überlegte, wie er sich Nahrung beschaffen sollte. Ednita hatte ihm zwar ein wenig Proviant mitgegeben, aber spätestens übermorgen war dieser aufgebraucht. Und Link hatte keine Ahnung, welche Beeren, Kräuter oder Pilze in den Verbotenen Wäldern essbar und welche giftig waren. Die Hoffnung, jemanden zu treffen, den er fragen könnte, hatte er nicht. Navi flog erschrocken zu ihm und klammerte sich an seiner Tunika fest. „Augen“, plapperte sie aufgeregt, „da vorne sind Augen.“ „Wo?“, wollte Link wissen. „Da vorne im Busch. Ich habe es ganz deutlich gesehen. Da waren Augen.“ Link ging langsam zu dem Busch, auf den die Fee gedeutet hatte und betrachtete ihn aus sicherer Entfernung. Er konnte beim besten Willen keine Augen entdecken. Erst als er in die Knie ging und aus dieser hockenden Position den Busch näher betrachtete, sah er, was Navi gemeint hatte. „Du Dummerchen“, lachte er, „da sind einige Blätter, die dunkler sind als die anderen. Das sind aber doch keine Augen. Guck selbst.“ Navi flog vorsichtig und unsicher auf den Busch zu und inspizierte ihn. Dann erkannte sie, das Link Recht hatte. Plötzlich schämte sie sich ein bisschen. „Na gut, aber es hätte sein können, oder?“, meinte sie. Link griff nach einem Stock, der auf dem Boden lag. „Das ist nur ein Gebüsch, siehst du?“, sagte er und ließ den Stock auf die kleine grüne Hecke niedersausen. Ein donnerndes Gebrüll riss ihn von den Beinen. Der Busch schraubte sich in die Höhe. So schnell er konnte, krabbelte Link rückwärts, während Navi sich kreischend in seine Tunika rettete. Link zog sein Schwert und stieß nach dem Feind, der einen unglaublichen Lärm machte, während er auf den Hylianer zukam. Der Busch streckte ein paar Blätter vor, die sich um Links Knöchel wickelten und kräftig daran zogen. Der Teenager schlug hektisch nach den Blättern und es gelang ihm tatsächlich, ein paar von ihnen mit dem Schwert abzuschneiden. Der Busch ließ augenblicklich von Link ab, wandte sich nach rechts und sauste über den Waldboden davon. Der in grün gekleidete Junge keuchte vor Schreck und ließ seinen Kopf auf den Boden sinken. Navi tauchte vor seinem Gesicht auf. „Nur ein Busch, ja? Da sind keine Augen, richtig? Navi hat ’n Knall, stimmt’s?“ zeterte sie erbost. „Könntest du … mal … aufhören … zu meckern?“, japste Link. Seine Brust hob und senkte sich in raschen Abständen. „Wenn du sowieso alles besser weißt, dann brauche ich auch gar nicht weiter nach Gefahren Ausschau zu halten“, meinte die Fee beleidigt und verkroch sich wieder in der Tunika. Nachdem Link eine Weile verschnauft hatte, stand er auf und steckte sein Schwert weg. Navi würde sich so schnell nicht wieder blicken lassen. Wenn sie erst einmal schmollte, dann konnte das sehr lange dauern, das wusste Link mittlerweile. In diesem Zustand ließ man sie besser in Ruhe. Er marschierte weiter. Die Konfrontation mit dem Busch hatte ihn total überrascht und er beschloss in Zukunft mehr auf seine Fee zu hören. Doch für einige Zeit würde er auf ihre Unterstützung verzichten müssen, daher ging er noch etwas langsamer und sah sich umso sorgfältiger um. Keine nennenswerten Gefahren waren auszumachen. Plötzlich fühlte der Junge einen heftigen Ruck. Er schrie, als er in die Luft gerissen wurde. Dann registrierte er, dass er sich in einem großen Netz befand, das zwischen zwei Bäumen hing. Heftig zappelte der Hylianer darin herum. Seine Arme wurden vom Netz an seinen Körper gepresst, so dass er keine Chance hatte, sein Schwert zu ziehen, um die Verknüpfungen zu durchtrennen. Navi kam aus seiner Tunika gekrochen. „Kannst du dich nicht einmal koordiniert bewegen? Warum machst du immer solche unsinnigen Bewegungen? Kannst du dir vorstellen, wie ich …“ „Ich bin gefangen, du fliegende Brotkrume“, rief Link wütend. „Du brauchst jetzt gar nicht sauer auf mich zu sein. Ich hatte allen Grund, mich schmollend zu verkriechen.“ „Wir sind in einem Netz gefangen, falls du es immer noch nicht bemerkt haben solltest.“ Navi flog durch eine Masche hindurch und schwirrte vor Links Gesicht herum. „Das siehst du falsch. Du bist in einem Netz gefangen. Und das kommt nur daher, weil du nicht die Augen offen hältst. Hättest du mich vorfliegen lassen, wäre das nicht passiert.“ Link stöhnte. „Könntest du deine Weisheiten für dich behalten und das Netz untersuchen und mir dann etwas möglichst Tröstliches sagen?“ Navi schwirrte davon. Nach zwei Minuten war sie wieder da. „Du hängst ganz schön hoch in den Bäumen“, verkündete sie. „Danke“, entgegnete Link bissig. „Genau das, was ich hören wollte.“ „Wieso bist du so unhöflich?“, wollte Navi wissen. „Warum bin ich immer an allem schuld.“ „Weil sonst keiner da ist“, antwortete Link laut. „Wenn du die Augen aufmachen würdest, könntest du sehen, dass da unten ein Mädchen steht.“ Link riss der Geduldsfaden. „Ich kann nicht nach unten gucken, weil ich aus dieser Position …“ Er beendete den Satz nicht. Erst jetzt drang ihm ins Bewusstsein, was Navi gesagt hatte. „Was meintest du gerade?“, fragte er nach. „Dass da unten ein Mädchen steht und zu uns hinauf blickt.“ Link versuchte sich im Netz ein wenig zu drehen, so dass er nach unten blicken konnte, was ihm schließlich auch gelang. Er schaute genau in einen Pfeil, mit dem das Wesen unter ihm auf ihn zielte. Das Mädchen ließ den Bogen sinken. „Oh, du bist ja gar kein Hase“, stellte sie fest. „Messerscharf erkannt“, meinte Link. „Wärst du vielleicht so nett, mich aus dem Netz zu befreien?“ Sie ging hin und her, um den Gefangenen von allen Seiten zu begutachten. „Wer bist du denn? Halt, ich weiss es, du bist … Nein, das kann nicht sein. Für einen Kokiri bist du zu groß.“ „Ich bin richtig sauer, weil ich aus diesem Netz heraus will“, rief Link. Wenn sie sich nicht bald beeilte, passierte ein Unglück, dass konnte er ihr schriftlich geben. Er war stocksauer auf sie. Sie sollte ihn einfach wieder frei lassen, dann wäre die Angelegenheit für ihn erledigt. Aber sie dachte offensichtlich nicht daran. Den Kopf in die Hand gestützt, dachte sie angestrengt nach. „Aber deiner grünen Kleidung nach könntest du ein Kokiri sein. Aber die sind doch nur Kinder.“ „Verdammt“, brüllte Link und rüttelte wie wild an dem Netz. „Lass mich gefälligst sofort hier raus.“ Katana legte den Kopf schräg und sah zu Link hinauf. „Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen“, fragte sie ruhig. „Ich schreie, soviel ich will“, brüllte Link wütend. „Und was hättest du damit gewonnen? Wenn du weiterhin so unfreundlich bist, dann gehe ich einfach und trinke eine schöne Tasse Tee. Du kannst dann sehen, wie du hier oben etwas zu essen bekommst. Vielleicht füttern dich ja ein paar Vögel“, mutmaßte das braunhaarige Mädchen. „Wie wäre es, wenn du aufhörst herumzuzetern und mal ein wenig freundlicher bist?“, schlug Navi ihm mit leiser Stimme vor. Link kochte vor Wut, aber er kämpfte seine Empfindung nieder und zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht, von dem er hoffte, dass es auch wie ein Lächeln aussah. Der Junge hasste es, herumzuschleimen, aber in diesem Fall war es wohl angebracht. „Bitte“, sagte er so höflich wie es ihm möglich war, „hier drin ist es wirklich sehr unbequem. Wärst du bitte so nett und würdest mich aus dieser Zwangslage befreien. Meine Beine schlafen nämlich gerade ein.“ „Aber dann sagst du mir, wer du bist.“ „Abgemacht“, sagte Link, obwohl er das nicht im mindesten vorhatte. Das Mädchen verschwand aus seinem Blickfeld und dann sauste das Netz zu Boden und Link landete in einem Laubhaufen. Trotz der weichen Landung hatte er einen tüchtigen Schreck bekommen, als die Falle ungebremst abwärts geflogen war. Er rappelte sich auf, ließ das Netz fallen und klopfte sich die Blätter von der Kleidung. Der Hylianer schaute böse auf das Mädchen, das lächelnd vor ihm stand, als wäre überhaupt nichts vorgefallen. „Und wer bist du jetzt?“, erkundigte sie sich, aber Link ignorierte sie und ging an ihr vorbei. Er hatte die Nase gründlich voll von ihr. „Hey“, rief sie protestierend. „Wohin willst du denn?“ „Auf jeden Fall erst einmal weg von hier“, antwortete Link. „Und wohin genau?“ „Raus aus diesem Wald.“ „Na, dann wünsche ich dir aber ganz viel Glück.“ Etwas in ihrer Stimme ließ Link aufhorchen. Er drehte sich zu ihr um und musterte sie eingehend. „Wie meinst du das?“ „Warst du denn schon mal in den Verlorenen Wäldern?“, wollte sie wissen. „Stell dir vor“, sagte Link garstig. „Nur damals lagen hier keine Netze heimtückisch auf dem Boden.“ „Tut mir leid“, entschuldigte sich Katana. „Aber irgendwie muss ich doch an mein Essen kommen. Du würdest bestimmt auch Fallen aufstellen, wenn es für dich keine andere Möglichkeit gäbe, dir Fleisch zu beschaffen“ „Wieso wünscht du mir Glück, um aus dem Wald herauszukommen?“, erkundigte sich Link noch einmal. „Ich denke, du warst schon mal hier. Dann müsstest du es aber doch eigentlich wissen“, sagte Katana schnippisch. „Schön, dann sagst du es mir eben nicht“, brummte Link. Sie ging ihm ziemlich auf die Nerven. „Ich gehe nach links in diese Richtung und du gehst nach rechts in diese Richtung und dann werden wir uns hoffentlich nicht wieder begegnen.“ „Das kann man leider nicht wissen“, meinte Katana. „Wie meinst du das nun wieder?“ „Die Verlorenen Wälder bewegen sich“, teilte das Mädchen ihm mit, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt. „Du meinst, die Bäume laufen durch die Gegend und das Laub hüpft auf und ab und die Tiere fliegen durch die Luft“, sagte Link höhnisch. „Ich habe schon mehr gelacht.“ „Quatsch“, winkte Katana ab. „Der gesamte Wald bewegt sich. Und du bekommst es nicht mit. Die Teile des Waldes verschieben sich ständig. Du gehst hinein aber findest den Ausgang nicht wieder, weil der mittlerweile an einer komplett anderen Stelle steckt.“ „Na toll“, sagte Link, der diese ganze Erzählung für komplett gelogen hielt. „Und wie soll man dann wieder aus dem Wald heraus?“ „Das schafft man nur, wenn man ihn in- und auswendig kennt“, meinte Katana. „Lasse mich raten. Du bist jemand, auf den das zutrifft.“ „Ganz genau“, sagte Katana stolz. „Wenn du also aus diesem Wald hinaus möchtest, dann solltest du dich mir anvertrauen.“ „Super, genau das, was den Tag perfekt werden lässt“, murmelte Link fassungslos. „Na, was sagst du?“, fragte Katana ihn begeistert. „Das hat den Vorteil, dass keiner von uns alleine durch den Wald zu laufen braucht. Und bei eventuellen Gefahren können wir ihr sogar mit vereinten Kräften entgegentreten.“ „Und wer sagt mir, dass du nicht so eine Gefahr bist? Und wer sagt dir, dass ich keine Gefahr bin?“ „Ach, dann hätte einer von uns doch schon längst die Initiative ergriffen und den anderen mit einem Schwerthieb niedergestreckt.“ Sie sah Link von oben bis unten an. „Na gut, vielleicht hättest du zwei Schwerthiebe gebraucht.“ Link guckte sie aus großen Augen an. Diese Unverschämtheit war wirklich nicht zu überbieten. Aber er hatte wohl keine andere Wahl. Wenn es sich mit diesem Wald wirklich so verhielt, wie das Mädchen erzählte, dann würde er sich ohne ihre Hilfe hoffnungslos verlaufen. Erst jetzt betrachtete der Hylianer die Fallenstellerin genauer und ihm fiel ihre Hautfarbe und die merkwürdige Form der Ohren auf. Als er beides entdeckt hatte, wusste er sofort, wer hier vor ihm stand. „Ich bin Katana“, sagte sie und streckte die Hand aus. „Du bist eine Xylte“, stellte Link fest. „Warum bist du nicht bei deinem Volk?“ „Das gleiche könnte ich dich auch fragen“, gab sie patzig zur Antwort. „Gehen wir“, sagte Link kurz angebunden und stiefelte los. Dass er damit einverstanden war, ihr bis zum Ausgang durch diesen Wald zu folgen, bedeutete nicht, dass er vergessen hatte, wie sie ihm gegenüber aufgetreten war. Kapitel 19: TEIL 2 - Kapitel 7 ------------------------------ 7 „Jetzt guck doch nicht so biestig“, flüsterte Navi dem Hylianer zu. „Vielleicht ist sie ja ganz nett.“ „Vielleicht habe ich auch Schwimmhäute zwischen den Zehen“, gab Link patzig zur Antwort. „Sie konnte nicht ahnen, dass du in ihre Falle laufen würdest. Das ist nun wirklich nicht ihre Schuld.“ „Nein, aber mich stundenlang da oben zappeln zu lassen und mich erst nach einer halben Ewigkeit zu befreien, das ist ihre Schuld.“ Der Hylianer war immer noch stinksauer. „Ihr werdet jetzt ziemlich lange unterwegs sein“, stellte Navi fest. „Meinst du nicht, es wäre von Vorteil, wenn ihr versucht, miteinander auszukommen?“ Link hatte eine unmissverständliche Antwort auf der Zunge, kam aber nicht dazu, sie zu geben, da er hörte, wie Katana auf ihn zugeeilt kam. Er verdrehte die Augen. „Wir werden jetzt ziemlich lange unterwegs sein“, sagte das Mädchen und lief neben ihm her. „Meinst du nicht, es wäre von Vorteil, wenn wir versuchen, miteinander auszukommen?“ Der Teenager sah Navi streng an. „Ihr habt wohl hinter meinem Rücken bereits Freundschaft geschlossen, was?“ „Wie bitte?“, fragte Katana, aber Link winkte nur ab. Seit Stunden waren sie nun schon unterwegs und die Dämmerung war bereits hereingebrochen. In wenigen Minuten würde es stockfinster sein. „Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich habe langsam Hunger“, sagte Katana. „Was hältst du davon, für heute Schluß zu machen mit der Wanderung? Nach dem Essen legen wir uns hin und schlafen, damit wir morgen wieder ausgeruht sind.“ Bevor Link antworten konnte, sah er vor sich in etwas weiterer Entfernung eine helle Lichtquelle. Offensichtlich befand sich dort eine Hütte oder eine andere Unterkunft, in der sie die Nacht verbringen konnten. „Ist in Ordnung“, nuschelte der Junge. „Wir müssen nur noch die …“ Dann verstummte er. Katana runzelte die Stirn. „Hey, was ist mir dir?“, wollte sie wissen. Sie blieb stehen, doch Link setzte weiterhin einen Fuß vor den anderen. Katana wusste nicht, was in ihn gefahren war, doch als sie geradeaus blickte, war ihr alles klar. „Nicht weitergehen“, rief sie dem Teenager hinterher. „Bleib stehen.“ Doch Link hörte nicht auf sie. Katana rannte vorwärts, packte Link an den Schultern und riss ihn zurück. Im selben Moment schoss dort, wo Link soeben noch gestanden hatte, eine riesige Pflanze in die Höhe, die ihre Blütenblätter schloss. Katana gab Link zwei kräftige Ohrfeigen. „He, was soll das?“, rief Link empört. „Du bist geradewegs auf eine Fleisch fressende Pflanze zu gerannt. In der Nacht senden sie helles Licht aus, um ihre Opfer zu sich zu locken. Du solltest wirklich vorsichtiger sein. Hier ist nichts das, wonach es aussieht. Du bist permanent in Gefahr und musst immer auf der Hut sein. Ein Bruchteil einer Sekunde der Unachtsamkeit kann tödliche Folgen für dich haben.“ „Ja, ist ja gut, ich hab’s begriffen“, meinte Link lapidar. „Nimm das nicht auf die leichte Schulter“, schrie Katana. „Du weißt, wo wir uns hier befinden. Ich muss schon aufpassen, dass ich nicht in irgendwelche Fallen laufe. Da kann ich nicht auch noch Kokirisitter für dich spielen. Bemühe dich wenigstens um Vorsicht.“ „Das muss ich mir von dir nicht sagen lassen“, brüllte Link zurück. „So lange du zu bescheuert bist, um auf dich aufzupassen, schon“, keifte Katana. Genervt wandte sich Link nach links und bahnte sich seinen Weg durch einen dichten Busch bis zu einem kleinen baumlosen Gebiet, das die Form eines Quadrates hatte. Er setzte sich auf den Boden und hörte hinter sich Katana herankommen. Ohne sie zu beachten, packte er seinen Käse aus und biss ein großes Stück ab. „Und hinter diesem Busch war natürlich auch alles in Ordnung“, zeterte Katana weiter. „Das hast du sicher vorher gewusst, so forsch, wie du da durchmarschiert bist. Ich wusste gar nicht, dass du hellseherische Fähigkeiten hast. Das wird uns auf unserem weiteren Weg sicher sehr helfen.“ „Hör endlich auf, mich anzuschnauzen“, schrie Link. „Glaubst du, du bist hier der Boss, nur weil du dich hier besser auskennst?“ „Ich habe schon mein Volk verloren“, brüllte Katana zurück. „Und ich war froh, endlich jemanden zu treffen, der mir nicht sofort an den Kragen will. Glaubst du vielleicht, da sehe ich zu, wie …“ Sie führte den Satz nicht zu Ende und Link starrte sie an. Sekunden dauerte das Schweigen zwischen den beiden an, dann warf Katana ihre Waffen auf die Erde und zog einen Beutel mit Beeren und anderem Obst hervor. Ohne ein Wort setzte sie sich und begann zu essen. Stumm beendeten beide ihre Mahlzeit. Dann raffte Katana einige Blätter zusammen und schob diese über ihren Körper. Link tat es ihr gleich. Die Nacht war ruhig, aber weder der Hylianer noch die Xylte konnten einschlafen. Beide hingen ihren Gedanken nach. Link dachte daran, dass er immer noch nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Angenommen, Katana war tatsächlich in der Lage, ihn aus den Verlorenen Wäldern zu führen, was dann? Was sollte er tun, wie sollte es weitergehen? Er war genauso schlau wie vorher. Katana dachte an ihr Volk. Durch ihren Wutausbruch war alles wieder massiv an die Oberfläche geschossen. Ihre Gedanken wanderten zu Jetar und zu Vegeta. Ob es ihnen wohl gut ging? Und ob Timal mittlerweile etwas herausgefunden hatte? Leider konnte Katana nicht herausbekommen, inwieweit Timal mit ihren Ermittlungen erfolgreich gewesen war. Auch Timal selbst durfte nicht nach ihr suchen und sie informieren. In Katana stiegen die Vorwürfe empor. Was war, wenn sie Timal durch ihre Bitte in Gefahr gebracht hatte? Immer wildere Kapriolen spielten sich in ihren Gedanken ab. Nach einer Weile konnte Link doch einschlafen, aber nach kurzer Zeit wurde er von einem Geräusch wieder geweckt, das er zuerst nicht identifizieren konnte. Aber dann wusste er, was für ein Geräusch es war. Er lag ganz still und regte sich nicht, während er zuhörte, wie Katana erstickt schluchzte. Sie weinte heftig und bemühte sich, so leise wie möglich zu sein. Link gab es einen Stich, als er ihre Schluchzer vernahm. Und dann regte sich das schlechte Gewissen in ihm. Warum war er so gemein zu ihr gewesen? Warum gab er ihr keine Chance? Navi hatte Recht gehabt, es war gewiss besser, über seinen Schatten zu springen und aufzuhören, den beleidigten Goronen zu spielen. Der Hylianer war unschlüssig, ob er Katana ansprechen sollte, aber dann entschied er sich dagegen. Es war ihr garantiert unangenehm, wenn sie wusste, dass er sie beim Weinen beobachtet hatte. Schweren Herzens machte Link die Augen zu und obwohl es ihm nun noch schwerer fiel, einzuschlafen, schaffte er es dennoch nach einiger Zeit. Am anderen Morgen wurde der Hylianer durch ein lautes Gebrüll geweckt. Erschrocken setzte er sich auf und sah Katana, die mit dem Rücken zu ihm stand und anscheinend Dinge in den Wald warf und dabei ohrenbetäubend schrie. Schließlich drehte sie sich wieder um und sah, wie Link angespannt auf dem Boden saß. „Guten Morgen“, meinte sie. „Hast du gut geschlafen?“ „Ging so“, antwortete Link. „Werde ich jetzt jeden Morgen so geweckt?“ „Vielleicht schreie ich morgen nicht ganz so laut.“ „Das wäre sehr rücksichtsvoll.“ „Dann darfst du dich aber nicht beschweren, wenn irgendwelche Tiere an dir knabbern.“ „Was für Tiere?“, erkundigte sich Link. „Das möchtest du lieber nicht so genau wissen. Sie sind ziemlich fies, aber auch sehr schreckhaft. Deshalb vertreibe ich sie ja durch Schreien und indem ich Dinge nach ihnen werfe.“ „Zum Beispiel?“ „Zum Beispiel dein Schwert“, sagte Katana unbekümmert und grinste, als Links erschrockener Blick auf seine Waffe fiel, die immer noch dort lag, wo er sie vor ein paar Stunden abgelegt hatte. Schweigend aßen beide ihr Frühstück. Als sie es beendet hatten und Katana ihre Sachen zusammenpackte, räusperte sich Link. Sofort blickte sie ihn an. Er schaute zu Boden und scharrte mit der Stiefelspitze. „Wegen gestern … es tut mir leid. Ich hätte mich nicht so aufführen sollen.“ „Schon in Ordnung. War auch blöd von mir, dich nicht gleich befreit zu haben. Aber deinen Namen weiß ich immer noch nicht.“ „Ich bin Link“, stellte der Hylianer sich vor. Katana dachte angestrengt nach. „Irgendwo habe ich deinen Namen schon gehört. Aber du bist kein Kokiri.“ „Richtig, ich bin Hylianer. Bis ich das herausgefunden hatte, habe ich allerdings bei den Kokiri gelebt. Und das habe ich beibehalten. Ich habe ihnen sehr viel zu verdanken.“ Das braunhaarige Mädchen nickte. Jetzt war es an Link, einige Fragen zu stellen. „Du hast gestern gesagt, dass du dein Volk verloren hast. Magst du darüber reden? Warum bist du nicht bei den Xylten.“ Katana schluckte. Obwohl es ihr schwer fiel, erzählte sie Link die ganze Geschichte, die sie sich selbst nicht erklären konnte. Zwischen dem Mädchen und dem Jungen herrschte eine eigenartige Vertrautheit. Sie spürten es, dass sie dem jeweils anderen vertrauen konnten und dass kein Feind vor ihnen stand. Keiner von beiden konnte es erklären, aber obwohl sie sich noch nicht einmal einen Dis kannten, machte es ihnen nichts aus, dem anderen ihre Geschichte zu erzählen. „Das ist ja ungeheuerlich“, rief Link aus. „Die hatten doch keinerlei Beweise, dass du die Perle gestohlen hast.“ Katana nickte traurig. „Komm, lass uns gehen“, schlug sie vor. „Wir können ja im Laufen weiterreden.“ Gemeinsam gingen sie nebeneinander durch die Verlorenen Wälder. Als sie unter einem tiefen Ast gebückt hindurchgehen mussten, übernahm Link die Führung. „Jetzt weiß … Au“, rief Katana. Sie war genau unter dem Ast hochgefahren und hatte sich den Kopf gestoßen. Sie verzog das Gesicht und rieb sich die getroffene Stelle, während sie zwei Schritte rückwärts stolperte, wo sie sich gefahrlos aufrichten konnte. „Jetzt weiß ich, woher ich deinen Namen kenne“, sagte sie und ihre Hand umfasste den Schwertgriff. „Du hast einige Einbrüche begangen und Leute niedergeschlagen.“ „Nein“, verteidigte sich Link. „Das habe ich nicht. Ich habe herausgefunden, dass es jemand war, der mir schaden will. Deshalb imitiert er mich und das macht er ziemlich gründlich. Jeder denkt, dass ich es gewesen bin, aber das stimmt nicht. Deshalb bin ich auch hier. Ich will den Plagiator finden und ihn nach Kakariko bringen, damit er dort zugibt, dass er hinter alldem steckt. Allerdings weiß ich überhaupt nicht, wo ich mit dem Suchen anfangen soll. Ich habe keinerlei Anhaltspunkte.“ „Und das soll ich dir glauben?“, fragte Katana misstrauisch. „Woher soll ich wissen, dass du nicht doch derjenige bist, den sie suchen?“ „Ich weiß, dass ich es nicht war. Du kannst glauben, was du willst. Aber ich werde den Täter finden. Nur weiß ich nicht, wo ich suchen soll.“ Katana überlegte angestrengt und verkündete dann: „Ich weiß nicht, ob du es warst oder nicht. Aber wenn du unschuldig bist und nicht weißt, wie du den Schuldigen ausfindig machen kannst, dann kann dir vielleicht das Baumorakel helfen.“ „Das was?“, fragte Link erstaunt. „Das Baumorakel. Du darfst ihm eine Frage stellen. Und es liefert dir dann die Antwort. Zum Beispiel könnte es dir sagen …“ „Warum ihr zwei so einen Krach macht und einer hart arbeitenden Fee nicht ihren verdienten Schlaf gönnt.“ Gähnend streckte Navi ihren Kopf aus Links Tunika. „Wo arbeitest du denn hart?“, wollte Link wissen. „Was meinst du, wie anstrengend es ist, ständig die Flügel zu bewegen.“ Link verdrehte die Augen. „Das ist übrigens Navi“, sagte er zu Katana. „Vorstellen kann ich mich noch selbst“, protestierte das kleine Wesen. „Wenn du nicht gerade schläfst oder gähnst. Und auf diesen Moment möchte Katana vielleicht nicht so lange warten“, antwortete Link grinsend. Schimpfend verkroch sich Navi wieder. „Weißt du denn, wo wir das Baumorakel finden können?“, fragte Link. „So ungefähr“, antwortete das Mädchen. „Im Gegensatz zum Rest der Verlorenen Wälder bewegt sich das Baumorakel nicht von der Stelle.“ Link zuckte mit den Schultern. „Ich kenne mich hier überhaupt nicht aus. Ohne dich wäre ich verloren. Das hast du mir gestern selber zu verstehen gegeben.“ „Gut, ich führe uns hin. Gib mir nur etwas Zeit.“ „In Ordnung, wenn das Orakel nicht wegläuft“, antwortete der hylianische Junge. Auf ihrem weiteren Weg sammelte die Xylte Pilze, Beeren und essbare Wurzeln. Link schaute ihr zu und versuchte sich genau einzuprägen, was Katana ihm über essbare und nicht essbare Pflanzen erzählte, denn er wollte mehr über die Verbotenen Wälder lernen, über die er nach seiner Meinung viel zuwenig wusste. Es gab bestimmte Beeren, die sehr viel Saft enthielten und somit gut geeignet waren, um den Durst zu löschen. Andere Beeren wiederum enthielten fast keinen Saft und waren extrem trocken und nicht als Nahrungsmittel zu gebrauchen, obwohl sie nicht giftig waren. Ab und zu kletterte Katana auf einen Baum und pflückte verschiedene Blätter, die man als Gewürze verwenden konnte. Auch verschiedene andere Gegenstände untersuchte sie, denn mit ihnen konnte man ein Feuer entzünden oder Verletzungen heilen oder sich durch sie neue Kräfte zuführen. Was sie gesammelt hatten, wurde von Katana in Gefäßen gelagert, die sie aus Baumrinde hergestellt hatte. Zur Mittagszeit legten sie an einem Bach eine Rast ein und Katana wusch ihre Kleider, die vom Skarelsaft immer noch sehr klebrig waren. Dann breitete sie die Kleidung auf einem Baumstumpf aus, hüllte sich in ein großes weiches Blatt eines plötzlich erschienen Riesenbaumes, das so groß war, dass es ihren gesamten Oberkörper einhüllte. „Wie kommt der denn hierher?“, wunderte sich Link. „Der Riesenbaum?“, fragte Katana nach. „Ja, der war doch vor einer Minute noch nicht hier.“ „Ach, der kommt und geht, wie es ihm gerade passt. Aber seine Blätter sind schön flauschig. Pflück dir auch mal eines.“ Link streckte die Hand aus und griff ins Leere. Der Riesenbaum war verschwunden. „Beim nächsten Mal solltest du ein bisschen schneller reagieren“, riet Katana ihm lachend. Nach ein paar Minuten zog die Xylte ihre getrocknete Hose und ihr getrocknetes Hemd wieder an und ging neben Link weiter. Vor einer grau-blauen Blume blieb sie stehen und kramte in einem Gefäß. Sie holte zwei schwarze Kugeln hervor. „Was hast du vor?“, fragte Link neugierig und schob seinen Kopf vor. „Das sind Kraftkugeln“, erklärte das Mädchen ihm. „Und die werde ich jetzt dieser Pflanze zu essen geben.“ „Meinst du nicht, wir könnten die Kraftkugeln selber gebrauchen?“, wollte Link wissen. „Klar, aber auf diese Weise haben sie eine stärkere Wirkung.“ Der Hylianer fragte gar nicht mehr nach. Katana würde schon wissen, was sie tat. Doch insgeheim wollte er schon wissen, wie die Kugeln eine stärkere Wirkung entfalten konnten, wenn sie an eine Blume verfüttert wurden. Seine Begleiterin warf die Kugeln in die Blüte der Blume, die ihre Blütenblätter schloss und zu kauen begann. Dann wurde ihr Stiel ein wenig dicker. Etwas schien sich von unten nach oben durch den Stängel zu bewegen. Für Link unerwartet öffnete die Blume ihre Blütenblätter wieder und die beiden Kugeln waren in weißen Schleim gehüllt und fielen zu Boden. Link wurde übel, als Katana die Kugeln mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck aufsammelte und zurück in das Gefäß legte. „Die muss ich aber nicht essen, oder?“, erkundigte er sich. „Nur, wenn dir richtig schlecht ist“, antwortete Katana. „Also jetzt.“ Das Mädchen grinste. „Weißt du“, erklärte sie ihrem Begleiter, „die Kugeln sehen jetzt zwar eklig aus …“ „Das fällt kaum auf“, sagte Link ironisch. „… aber durch den Schleim wird ihre Wirkung um gut ein Viertel stärker.“ Link verspürte nicht die geringste Lust, noch weiter über Kräfte verstärkende Maßnahmen durch Pflanzen zu sprechen. Gemeinsam drangen sie tiefer in die Verlorenen Wälder vor. Katana sah sich um, um sich zu orientieren. „Gut, die nächste Veränderung kommt erst in etwa einer Stunde“, meinte sie. „Woher weißt du das?“ „Ich lebe schon viele Ahno hier. Mittlerweile hat man den Rhythmus der Veränderungen im Gefühl.“ Mit jeder Minute fragte sich Link, ob er sich dafür beglückwünschen oder ohrfeigen sollte, dass er sich Katana angeschlossen hatte. „Erzähle mir mehr über das Baumorakel“, forderte er Katana auf. „Wie funktioniert es?“ „Keine Ahnung. Es ist schon ewig hier in den Verlorenen Wäldern. Man geht zu ihm, wenn man ein Problem hat und stellt ihm eine Frage. Und darauf antwortet es. Nur leider antwortet es verschlüsselt. Eine klare Aussage darf man von ihm nicht erwarten. Aber die Verschlüsselungen sind mal leicht und mal schwer zu enträtseln. Es ist reine Glückssache, auf welche Art dir das Orakel antwortet.“ „Hast du es schon einmal nach etwas gefragt?“ „Nein, man sollte sehr sparsam mit den Besuchen beim Orakel umgehen. Im Laufe eines Lebens darf man es nur insgesamt dreimal in Anspruch nehmen. Viele ungeduldige Xylten haben ihre drei Male innerhalb kurzer Zeit aufgebraucht und als dann die richtig großen Probleme kamen, war ihnen die Antwort verwehrt.“ „Wirst du dem Orakel auch eine Frage stellen?“, erkundigte sich Link. „Das habe ich eigentlich nicht vor. Aber vielleicht kann es ein wenig Licht ins Dunkel der Geschehnisse bringen, die mit meiner Verbannung zu tun haben.“ Der Teenager kam an eine Pflanze mit sehr langem Stiel, die sofort vor ihm zurückwich. „Zurück“, schrie Katana, warf sich nach hinten und riss Link mit sich. Er wollte protestieren, doch dann erkannte er, warum Katana so gehandelt hatte. Aus der Pflanze schoss ein Strahl einer hellgrünen Flüssigkeit, der anstelle von Link einen Baum traf, dessen Rinde anfing zu rauchen und weggeätzt wurde. „Heiliger Deku-Baum“, hauchte Link, der kreidebleich geworden war. „Was ist das?“ „Ätzgras“, antwortete Katana, gab Link einen kräftigen Stoß, so dass er nach rechts taumelte, und sprang selber zur linken Seite. Dort, wo die beiden eben noch gestanden hatte, spritzte der hellgrüne Strahl durch die Luft. „Duck dich und bleib unten“, befahl Katana. Link kauerte sich hinter einen Baum und rief: „Was hat es gegen uns?“ „Es hat gegen jedes Lebewesen, das Beine hat, etwas“, rief Katana ihm zu. „Wenn dich der Strahl trifft, wird dein Körper verätzt. Von dir bleibt nichts übrig außer einer wässrigen Flüssigkeit. Das Ätzgras hat Wurzeln, die sehr tief in den Boden und sehr weit in die Umgebung reichen. Die Wurzeln saugen die Flüssigkeit, die du mal warst, auf. So funktioniert die Nahrungsaufnahme vom Ätzgras.“ „Okay, dann sollten wir ihm zuvorkommen“, meinte Link. „Wie kann man das Gras besiegen?“ „Gar nicht. Du musst aus der Reichweite des Strahls verschwinden. Dann kann es dir nichts mehr anhaben.“ Link glaubte sich verhört zu haben. „Aber es muss doch irgend etwas geben, was dieses Gras vernichten kann“, warf er ein. „Ja, das gibt es auch“, gab Katana zu, „aber was es ist, erkläre ich dir, wenn wir aus der Reichweite verschwunden sind. Versuche das Gras zu umgehen. Achte aber darauf, dass du immer im Schutz eines Baumes stehst.“ Link und Katana huschten von Baum zu Baum und manchmal fehlte nur eine Fingernagelbreite und sie wären vom Strahl getroffen worden. Dieses Gras reagierte blitzschnell, wenn potentielle Opfer in die Reichweite gerieten. Doch zehn Minuten später hatten sie es geschafft. Der Flüssigkeitsstrahl konnte sie nicht mehr erreichen und sie waren außer Gefahr. „Das ging gerade noch einmal gut“, atmete Katana hörbar auf. Link wischte sich den Schweiß von der Stirn und sagte: „So, und jetzt möchte ich gerne wissen, wie man diesem Gras den Garaus machen kann.“ „Das ist ein wenig schwierig. Man muss das Gras ebenfalls mit einer ätzenden Flüssigkeit bespritzen. Doch diese ätzende Flüssigkeit muss so stark sein, dass sie alles verätzt. Und ich meine damit wirklich alles.“ Link stutzte. „Das ist doch gar nicht möglich. Wenn eine Flüssigkeit alles verätzt, dann kann man sie ja nicht einmal zur Pflanze transportieren, weil sie das Transportgefäß ja auch verätzen würde.“ „Kluger Hylianer“, lobte Katana ihn. „Aus diesem Grund ist es auch noch niemandem gelungen, diese Pflanze zu besiegen. Wenn nicht noch jemand eine andere Vernichtungs- methode entdeckt, dann wird die Pflanze nur auf natürliche Weise zugrunde gehen können.“ Über diese düsteren Aussichten dachte Link auf dem weiteren Weg zum Baumorakel nach. „Haben wir das Orakel bald erreicht?“, erkundigte er sich, nachdem jeder von ihnen für eine ganze Weile geschwiegen hatte. „Morgen mittag müssten wir unser Ziel schon sehen können“, kündete Katana an. „Sollen wir irgendwelche Opfer mitnehmen?“ „Wozu?“ „Für das Orakel. Oder benötigt es keine Opfer?“ „Wir müssen nur ein Opfer bringen. Wir müssen zum Orakel gelangen.“ „Logisch, wenn wir ihm eine Frage stellen wollen“, meinte Link. „Du verstehst mich falsch“, sagte Katana. „Wir müssen erst Prüfungen bestehen, bevor wir zum Orakel dürfen. Nur wenn wir eine bestimmte Anzahl Prüfungen bestanden haben, dann sind wir würdig, dem Orakel eine Frage zu stellen.“ „Ach, das ist ja interessant“, erboste sich Link und stemmte die Hände in die Hüften. „Das fällt dir sehr früh ein, mir das mitzuteilen.“ „Wenn wir am Eingang des Orakels gewesen wären, wäre es auch noch früh genug gewesen. Du kannst dich auf die Prüfungen nicht vorbereiten. Es heißt, dass die gleichen Prüfungen niemals öfter als einmal gestellt werden. Dafür ist das Orakel berühmt.“ Dem Jungen kam ein unangenehmer Gedanke. „Sag mal, Katana, erreichen viele das Baumorakel, um ihre Frage zu stellen?“ Katana wiegte den Kopf hin und her und überlegte angestrengt. Dann antwortete sie: „Von hundert Wesen, die Rat suchen, landen ungefähr sieben beim Orakel.“ Link blieb abrupt stehen. Sieben! Das war von hundert Leuten gerade jeder vierzehnte. Seine Chancen standen mehr als schlecht. Eigentlich könnte er sofort wieder umkehren. Doch Katana zerstreute seine Zweifel. „Hey, du schaffst das. Du wirst vor das Orakel treten und deine Frage stellen.“ Der Hylianer bewunderte den Optimismus von seiner Begleiterin. Er selber konnte diesen Optimismus überhaupt nicht teilen. „Und was macht dich so sicher?“, fragte er. „Warum glaubst du, dass ausgerechnet ich es schaffe, dem Orakel meine Frage zu stellen?“ Katana klopfte ihm auf die Schulter. „Na, das ist doch ganz klar. Weil du dringend eine Antwort benötigst.“ Kapitel 20: TEIL 2 - Kapitel 8 ------------------------------ 8 „Was hältst du von leckerem Fleisch zum Abendessen?“, fragte Katana ihren Begleiter. Link hatte nichts dagegen einzuwenden. „Dann sollten wir eine schöne Stelle suchen, an der ich meine Falle aufstellen kann. Von alleine wird sich wohl kein Tier von uns erlegen lassen.“ „Ich will aber kein Kokiri-Fleisch“, meinte Link. „Ist gut, ich stelle ein Schild auf. Sammelst du schon mal Holz, während ich zwei passende Bäume suche?“ „Du willst doch nicht etwa hier ein Feuer machen? Du brennst den ganzen Wald nieder.“ „Ich lege ein Endfeld um das Feuer, aus dem es nicht ausbrechen kann.“ Link staunte. Katana überraschte ihn immer wieder. Dann begann er damit, herunter gefallene Äste vom Waldboden zu sammeln. Das war nicht sonderlich schwer, denn der Boden war voll von ihnen. Er schichtete die Zweige auf einen großen Haufen und als er genug Holz zusammengetragen hatte, brach er die langen Äste in kleine handlichere Stücke. Navi ging ihm zur Hand und legte Blätter von Bäumen dazu. Katana war noch nicht wieder zurück. Vermutlich war sie noch damit beschäftigt, ihre Falle aufzubauen und Link beschloss, ihr dabei zur Hand zu gehen. Er ging in die Richtung, in die das Mädchen verschwunden war und suchte sie. Katana lag gekrümmt auf der Erde, die Hände gegen ihren Bauch gepresst, und wimmerte leise. Zwischen ihren Fingern quoll Blut hervor, das vom Waldboden aufgesaugt wurde. Die untere Hälfte ihres blauen Hemds war blutdurchtränkt. „Katana“, rief Link und eilte zu ihr. Sie schien ihn nicht zu bemerken, ihre Augen waren geschlossen. Sie lag auf der Seite und aus ihrem leicht geöffneten Mund sickerte Blut. Schweiß rann in Bahnen an ihrem Gesicht herunter. Der Junge wollte ihr gerne helfen, aber er wusste nicht, was er tun sollte. Er berührte sie an der Schulter, sie machte die Augen auf und sammelte all ihre Kraft, um ihm etwas mitzuteilen. Link brachte sein Ohr nah an ihren Mund, um zu verstehen, was sie sagte. „Jigark …“, hauchte Katana schwach und Link hatte keine Ahnung, was sie meinte, doch er sagte nichts, sondern bemühte sich, ihre weiteren Worte zu verstehen. „Kopftuch … folge … Spur …“ Damit konnte der Hylianer etwas anfangen. Offenbar war sie von einer Frau mit einem Kopftuch überfallen worden und wollte, dass Link diese verfolgte. Plötzlich spürte Link, wie etwas an ihm zog. Er sah an sich herunter und erkannte, dass das Mädchen ihre Hand in seine Tunika gekrallt hatte. Mit enormer Kraftanstrengung bemühte sie sich, zusammenhängende Worte zu formulieren. „Sie hat … Kirschkern … in … linker … Wade. Bring … Kern … zu mir … ich muss … ihn … essen … Beeil dich …“ Ihre Augen schlossen sich, sie erschlaffte und rollte auf den Rücken. „Nein“, sagte Link verzweifelt, umfasste ihre Schultern und schüttelte sie leicht, aber von ihr kam keine Reaktion. Der Hylianer sprang auf und blickte sich hektisch um. Sie hatte etwas davon gesagt, dass er der Spur der Frau folgen sollte. Aber wo war sie, was für eine Spur hatte sie hinterlassen? Und dann sah er einen leichten grünlichen Schimmer auf dem Waldboden, der sich von genau der Stelle entfernte, an der Katana lag. Ohne Zögern folgte Link dieser Spur, so schnell er konnte. Ab und zu rannte er übers Ziel hinaus, da die Spur in eine andere Richtung führte, doch er korrigierte sich sehr schnell wieder. Seine Gedanken überschlugen sich. Wieso wollte Katana, dass er einen Kirschkern zu ihr brachte? Wie sollte ihr das bei dieser schweren Verletzung, die man ihr zugefügt hatte, helfen? Hoffentlich war sie überhaupt noch am Leben, wenn er sie wieder erreichte. Nach einiger Zeit sah er vor sich eine andere Person, die zu Fuß unterwegs war. Doch noch war die Entfernung zu groß, als dass er Einzelheiten erkennen konnte. Der Teenager spurtete noch schneller vorwärts und erkannte nach einigen Metern, dass die Person, der er auf den Fersen war, ein Kopftuch trug. Das musste die Frau sein, die er suchte. Er wandte sich nach links und lief parallel zu ihr durch den Wald, wobei er sie weiterhin im Auge behielt. Unbemerkt überholte er sie, um einige Meter vor ihr den Schutz der Bäume zu verlassen und ihr in den Weg zu treten. Sie trug einen roten Mantel und hatte einige Falten im Gesicht. Ihr blau-weiß gepunktetes Kopftuch ließ nicht ein einziges Haar auf ihrem Kopf erkennen. Überrascht starrte sie Link an, der keuchend vor ihr stand und sich bemühte, rasch wieder zu Atem zu kommen. „Wartest du auf mich?“, erkundigte sich die Frau. Link nickte. „Dass sich jemand wegen mir die Seele aus dem Leib rennt, war auch noch nie da“, lachte sie, doch ihr Gegenüber blieb todernst. „Du wirst mir sofort den Kirschkern geben“, befahl Link ihr. Die Frau wich einen Schritt zurück und blickte ihm fassungslos entgegen. „Du hast hier auf mich gewartet, um mich überfallen zu können? Aber ich habe keine Rubine bei mir.“ Link zog sein Schwert und hielt es der Frau entgegen. „Den Kirschkern“, schrie er sie an. „Ich weiß gar nicht, wovon du redest“, sagte sie entsetzt. Sie schaute ihm in die Augen. „Bitte, töte mich nicht. Wir können doch über alles reden. Ich wohne hier gleich in der Nähe. Komm mit mir und dann klären wir alles.“ Link hörte ihre Stimme, die sich langsam bis in den hintersten Winkel seines Kopfes schob und dort alles auszufüllen schien. Der Hylianer war wie gelähmt vom Blick der vor ihm stehenden Frau. Er nahm nur noch ihre Stimme wahr und wünschte sich, dass sie weiter sprach. Es war ihm auch völlig egal, was sie sagte, wenn sie nur nicht aufhörte zu reden. Und sie tat ihm den Gefallen. Den Sinn ihrer Worte konnte Link nicht erfassen, für ihn war nur der Klang ihrer Stimme wichtig. Sie war so melodiös, warm und weich und sensitiv. Hoffentlich hörte sie niemals auf zu sprechen. Jetzt kam sie auf ihn zu, wobei sie den Blickkontakt beibehielt und redete und redete. Es gab kein Auf und Ab, keine Betonung, keinen erkennenden Gefühlsausdruck in dem, was sie sagte. Es war nur eine stetige Tonlage, von der Link so verzückt war, dass er ihr den gesamten Rest seines Lebens zugehört hätte. Der Junge fühlte, wie sie die Hand auf seinen Bauch legte und zuckte unter der unerwarteten Berührung leicht zusammen. Die Frau vor ihm hörte auf zu sprechen und zog scharf die Luft ein. Im selben Moment klärte sich Links Kopf. Im ersten Augenblick war er etwas verwirrt, aber dann erkannte er die Gefahr, in der er schwebte. Schreiend sprang er zurück und setzte seiner Gegnerin die Schwertspitze an die Kehle. „Du versuchst keine faulen Tricks mehr, sondern gibst mir sofort den Kirschkern“, zischte er. Sie fixierte ihn, aber Link blickte nach unten und sah die dünne Blutspur, die sich an ihrem Bein entlang schlängelte. Vermutlich hatte er die Frau durch sein Zusammenzucken mit dem Schwert am Bein verletzt. „Schon gut“, hörte Link sie sagen. „Nicht panisch werden. Du kriegst das, was du haben willst.“ Sie hob ihr rechtes Bein und fingerte an ihrer Wade herum. Link traute dem Frieden überhaupt nicht. Sie hatte bestimmt noch einen Trick vor. Allerdings konnte sich der Hylianer nicht vorstellen, wie sie ihn jetzt noch austricksen wollte. Er war derjenige, der das Schwert an ihren Hals hielt und er brauchte nur Sekundenbruchteile, um sie zu töten. Angespannt beobachtete Link sie, wie sie den Kern aus ihrer rechten Wade fummelte. Und mit einem Schlag kam die Erkenntnis. Katana hatte zu ihm gesagt, dass die Frau den Kern in der linken Wade versteckte. Doch es war zu spät. Ruckartig ließ seine Feindin ihre Hand vorschnellen und warf ihm einige Körner ins Gesicht. Laut aufheulend taumelte Link rückwärts. Er ließ sein Schwert fallen und schlug die Hände vor die Augen. Dann spürte er, wie er mit dem Rücken gegen einen Baum gedrückt wurde und sich abermals etwas auf seinen Bauch legte. Verzweifelt tastete er nach seinem Dolch und stieß ihn mehrmals panisch in die Richtung seiner Gegnerin. Er spürte, wie er auf Widerstand traf und ihn durchdrang und ein anhaltendes Schreien erfüllte seine Ohren. Doch Link ließ das Messer immer wieder vorschnellen und zog es wieder zurück. Von einer Sekunde auf die andere ließ das Brennen in seinen Augen nach. Langsam öffnete er sie. Alles vor ihm war nicht mehr zu erkennen und er bemerkte, dass seine Augen in Tränen schwammen. Er drückte die Augen wieder zu und spürte, wie ihm das Wasser über die Wangen rann. Mit dem Ärmel seiner Tunika wischte er die Tränen beiseite. Nun war die Sicht viel besser. Von der Frau mit dem Kopftuch war nichts mehr zu sehen. Die Klinge des Dolches, den er immer noch in der Hand hielt, war blank und schimmerte im Licht. Ein paar Meter entfernt sah er sein Schwert auf dem Boden liegen. Doch wo war seine Feindin? War ihr die Flucht geglückt? Link blickte auf die Stelle, an der ihn die Frau berührt hatte, doch dort waren nur die blutigen Fingerabdrücke von Katana zu sehen. Er ließ sich zu Boden sinken, um sich etwas zu erholen. Und dann sah er ihn, einen kleinen Kern, der vor ihm auf der Erde lag. Link streckte die Hand aus, ergriff ihn und drehte ihn zwischen den Fingern. Es war eindeutig ein Kirschkern. Der Junge war immer noch erschöpft, aber er durfte keine Zeit verlieren. Schnell holte er sich sein Schwert und machte sich auf den Rückweg. Nach einer Weile blieb er stehen. Hatte er überhaupt die korrekte Richtung eingeschlagen? Von wo war er gekommen? Wo war er abgebogen, um die Verfolgte zu überholen? Und Katana hatte gesagt, dass die Verlorenen Wälder ständig ihre Positionen veränderten. Woher wusste er, wenn er überhaupt wieder den Weg zu ihr fand, ob das Mädchen noch an der Stelle lag, an der er sie zurück gelassen hatte? Der Hylianer lief weiter vorwärts und runzelte im Lauf die Stirn. Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber es kam ihm vor, als wäre der Kirschkern wärmer geworden. Er öffnete die Faust und sah, dass der Kern schwach glühte. Link hoffte inständig, dass es ein Zeichen war und dass der Kern ihn zu Katana führen würde. Mit jedem zurückgelegten Meter wurde der Kern wärmer und glühte intensiver. Mal wurde das Glühen schwächer, dann korrigierte Link seine Richtung. Und mit dieser Führung gelang es dem Teenager tatsächlich Katana aufzuspüren. Rasch eilte er zu ihr, rief ihren Namen und tat alles, damit sie aufwachte. Doch es war zwecklos. Nein, dachte Link, sie darf nicht tot sein. Er machte sich an ihrem Proviant zu schaffen und füllte einen Becher mit Wasser. Dann kniete er sich hinter ihren Kopf, hob ihn an und legte ihn auf seine Beine. Er drückte ihr mit Daumen und Mittelfinger gegen die Wangen und erreichte so, dass sie den Mund leicht öffnete. Den Kirschkern legte er auf ihre Zunge und flößte ihr vorsichtig Wasser ein. „Du wolltest ihn essen. Bitte, schlucke ihn“, flehte er sie an. Wasser mit Blut vermischt lief ihr an beiden Seiten des Mundes über die Wangen und verschmierte ihre Schultern und Links Hose. Nun iss ihn schon, bat Link innerlich und dann wurde Katana von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt. Lange nicht mehr hatte Link ein Geräusch gehört, dass ihn so froh gestimmt hatte. Schnell drehte er sie auf die Seite und hielt ihren Kopf. Katana spuckte Blut auf den Boden und Link hoffte, dass sie den Kern geschluckt hatte, wozu auch immer er gut war. Langsam beruhigte sich Katana wieder. Als sich ihr Atem wieder normalisiert hatte, reichte Link ihr den Rest des Wassers und sie spülte sich den Mund aus. Dann setzte sie sich auf und Link bemerkte überrascht, dass ihr Hemd wieder sauber war. Auch ihre Hände sahen aus, als seien sie nie mit Blut in Berührung gekommen. Lediglich Katanas Gesicht und ihre Schultern wiesen noch Reste von verschmiertem Blut auf. Auch dort, wo Katana Links Tunika ergriffen hatte, war das Blut verschwunden. Auf seiner Hose war es allerdings noch vorhanden. Katana begann zu zittern und Link umarmte sie, strich ihr beruhigend über den Rücken und hielt sie fest. „Was ist passiert?“, wollte er wissen, als sie sich gefasst hatte. „Ich war gerade dabei, meine Falle aufzustellen, als die Jigarkhvar auftauchte.“ „War das die Frau, die ich verfolgt habe?“ Katana nickte. „Sie kann einen mit ihrem stechenden Blick und ihrer Stimme lähmen.“ „Das habe ich gemerkt“, sagte Link grimmig. „Wenn man gelähmt ist, dann entnimmt sie einem die Leber, von der sie sich ernährt. Aber in rohem Zustand ist die Leber für sie ungenießbar. Also verwandelt sie ihn in einen Kirschkern und geht zurück zu ihrem Haus, wo sie den Kern wieder zurück verwandelt, brät und isst. Ihr Opfer stirbt dann unter qualvollen Schmerzen.“ Link machte große Augen. „Dann war das … was ich zurückgeholt habe …“ „Ganz genau“, bestätigte Katana. „Und das war auch die einzige Möglichkeit, mein Leben zu retten.“ Sie sah Link mit dankbarem und liebevollem Blick an. „Und das werde ich dir niemals vergessen“, sagte sie und küsste den Hylianer. Kapitel 21: TEIL 2 - Kapitel 9 ------------------------------ 9 Nach diesem Zwischenfall verspürten weder Link noch Katana große Lust, eine Falle aufzubauen, um an Fleisch zu gelangen. Sie hatten beide viel durchgemacht und wollten nur noch etwas essen und schlafen. Mittlerweile hatte Navi den gesamten Holzstapel mit Laub bedeckt. Als Link ihr mitteilte, dass dieser Stapel nicht entzündet werden würde, beschwerte sich die Fee schimpfend und verkündete lautstark, dass sie nie wieder etwas für Link tun würde. Dann flog sie in Links Tunika und war durch keine guten Worte dazu zu bewegen, das Kleidungsstück wieder zu verlassen. Da es bereits dunkel wurde, gingen Link und Katana nur noch wenige Minuten weiter, ehe sie sich an einer Stelle niederließen, an der die Bäume nicht so dicht beieinander wuchsen. Keiner sagte ein Wort, als sie ihre Früchte und Wurzeln aßen. Link ließ ein kleines Stück Wurzel in den Halsausschnitt seiner Tunika fallen, das ihm prompt wieder entgegen geflogen kam. In der Nacht hielten die beiden Reisenden abwechselnd Wache, doch es ereignete sich nichts. Als sie am anderen Tag ihren Weg durch den Wald fortsetzten, steckte ihnen immer noch der Schreck über den Vorfall vom Tag zuvor in den Gliedern. Link beschloss, Katana nie mehr alleine zu lassen. Und Katana nahm sich vor, ohne Links Begleitung keine Stelle des Waldes zu betreten. Ohne sein Handeln wäre sie zweifellos gestorben, dessen war sie sich klar. Er hatte sein Leben aufs Spiel gesetzt, um ihres zu retten. Als er sie gestern fest in den Armen gehalten hatte, war es geschehen. Sie hatte sich in ihn verliebt. Noch wollte Katana es sich nicht eingestehen, aber sie mochte ihn bereits viel mehr, als dass man noch von Freundschaft sprechen konnte. Ihnen war ein ruhiger Tag beschert, an dem sie wenig redeten und an dem sich keinerlei weiteren zeitraubenden Dinge ereigneten. Um die Mittagszeit entdeckte Katana ein hasenähnliches Tier, das sie mit einem Pfeil erlegte. Die Vorfreude auf das Abendessen war gesichert. Abends rasteten sie an einer Stelle, von der aus sie das Baumorakel bereits sehen konnten. Katana wies Link auf einen großen Bau hin, der weit in den Himmel ragte und aus Holz bestand. „Das kann doch nicht mitten im Wald stehen“, mutmaßte der Hylianer. „Doch, auf einer sehr großen Lichtung. Aber wenn man nicht weiß, wo man suchen muss, dann findet man es nicht“, erklärte Katana ihm. An diesem Abend entzündeten sie ein Feuer, nachdem die Xylte um den Holzstapel ein Endfeld errichtet hatte. Dieses bewirkte, dass das Feuer nur dort brannte, wo es seinen Ursprung hatte und sich nicht ausbreiten konnte. Über diesem Feuer brieten sie ihren Fang vom Mittag. Angelockt vom Geruch hatte sogar Navi ihren Kopf herausgestreckt, doch als sie hörte, dass es Fleisch gab, war sie mit angeekeltem Gesicht wieder verschwunden. „Link“, sagte Katana, als sie nach dem Essen ausgestreckt auf dem Waldboden lagen. „Ja.“ „Angenommen, du schaffst es doch nicht, bis zum Baumorakel vorzudringen. Weißt du schon, was du dann unternehmen wirst?“ „Dann werde ich wohl in die Höhle des Löwen müssen. Ich werde die Verlorenen Wälder verlassen und zur Farm gehen, die überfallen worden ist. Und dann muss ich Malon und Basil, das sind die beiden Betreiber der Farm, irgendwie dazu bringen, dass sie mir glauben, dass ich nicht derjenige war, der ihnen das angetan hat. Vielleicht können sie mir ein paar Details mehr erzählen, mit denen ich etwas anfangen kann.“ „Du könntest auch andere Wesen fragen, ob denen etwas aufgefallen ist“, schlug Katana vor. „Wenn denn, zum Beispiel?“ „Na, beispielsweise die Goronen. Du weißt sicherlich, dass du von den Verlorenen Wäldern aus nach Goronia gelangen kannst. Vielleicht haben die etwas über deinen Doppelgänger gehört.“ Diese Idee fand Link überhaupt nicht dumm. Zumindest war es einen Versuch wert, die Goronen zu befragen. Der Hylianer hatte nichts zu verlieren und jeder Ansatzpunkt war besser als überhaupt keiner. „Das ist ein guter Vorschlag, danke. Wann erreichen wir das Baumorakel?“ „Spätestens morgen mittag müssten wir da sein.“ „Ruhe“, rief Navi laut. Link und Katana grinsten sich an und der Junge machte die Augen zu, da seine Begleiterin die erste Wache übernehmen sollte. Am anderen Tag erblickte Link erneut zwei der merkwürdigen Wesen, die ihm auch an dem Tag aufgefallen waren, an dem er sich in Katanas Falle verfangen hatte. Diesmal waren es eine Frau und ein Kind, die in einiger Entfernung an ihnen vorüber schritten und denen ein Blutstrom aus dem Mund lief. „Polongs“, sagte Katana. „Was sind Polongs?“ „Ein Polong ist anfangs nicht größer als ein Finger“, erklärte das Mädchen. „Sie werden in Flaschen gezüchtet, indem man das Blut eines Ermordeten mit bestimmten Zaubersprüchen behandelt. Die kleinen Polongs flüstern, wenn sie Hunger haben. Dann steckt man den Finger in die Flasche und lässt den Polong daran saugen, bis er groß genug ist und selbständig Menschen töten kann. Die Opfer erkennt man daran, dass ihnen Blut aus dem Mund strömt.“ „Wie kann man ihn besiegen?“ Indem man ihnen ihr eigenes Blut zu trinken gibt. Aber kein Prolong würde so dumm sein, das zu tun.“ Ein paar Stunden später hatten sie tatsächlich das Baumorakel erreicht. Es war ein riesiger Baum, der Link an den Deku-Baum erinnerte. Nur besaß dieser Baum kein Gesicht. Und er hatte einen riesigen Umfang. „Es kann ein wenig dauern, bis du das Orakel erreichst. Aber lasse dich durch nichts und niemanden aufhalten“, schärfte Katana ihm ein. „Das habe ich nicht vor.“ Als sie um den Baum herum gingen, entdeckten sie einen kleinen Riss in der Rinde. Sie blieben davor stehen und Link betastete den Riss in der Hoffnung, irgend etwas zu finden, was sie weiterbringen könnte. Beide erschraken fürchterlich, als sie eine grollende Stimme vernahmen. „Der Eingang zum Orakel steht demjenigen offen, der die Eingangsformel ausspricht“, verkündete die Stimme und ein kleines Fenster im Holz des Baumes öffnete sich auf der linken Seite. „Strecke deinen Kopf hinein und lies“, forderte die Stimme auf. Link und Katana sahen sich an. „Du zuerst“, meinte Link. Langsam ging Katana zum Fenster und steckte ihren Kopf in die Öffnung. Link wusste nicht, was sie sah und hörte nicht, was sie sprach. Doch nach einer Weile steckte sie den Kopf wieder heraus und der Riss im Stamm öffnete sich. Das Mädchen ging darauf zu und drehte sich zu ihrem Begleiter um. „Ich glaube nicht, dass wir beide gleichzeitig hineingehen dürfen“, meinte Katana. „Aber ich werde drinnen auf dich warten, keine Angst.“ Dann trat Katana in das Innere des Baumes ein. Der Riss schloss sich wieder. Das Fenster im Holz verschwand. Dafür wurde an einer anderen Stelle ein anderes Fenster sichtbar. „Strecke deinen Kopf hinein und lies“, grollte die Stimme ein zweites Mal. Link schritt zur Öffnung und war gespannt, was ihn erwartete. Er steckte den Kopf in das Viereck und sah sich um. Unten auf dem Boden entdeckte er ein Wirrwarr von Zeichen, mit dem er nichts anfangen konnte. Sollte das die Eingangsformel sein? Der Junge wusste absolut nicht, wie er sie aussprechen sollte. Kein einziges Zeichen kam ihm bekannt vor. „Lies einfach“, forderte ihn eine helle Stimme auf, deren Sprecher er nicht sehen konnte. Ich kann das nicht lesen, schrie es in Link. „Lies einfach.“ Ich kenne diese Zeichen nicht, dachte er. Noch niemals habe ich so eine Sprache gesehen. „Lies einfach.“ Aber wie, fragte sich der Junge. Wie soll ich das lesen, wenn ich keine Ahnung habe? „Lies einfach.“ Link öffnete den Mund und ließ ein paar Zischlaute entweichen, deren Tonhöhe er beliebig variierte. Natürlich war ihm klar, dass das niemals die Sprache sein konnte, die er auf dem Grund sah, aber wenn man ihn so hartnäckig aufforderte, diese Zeichen zu lesen, dann wollten diejenigen offensichtlich, dass man sie hereinlegte. Der Junge zog seinen Kopf zurück und bemerkte erstaunt, dass der Riss sich geöffnet hatte. Katana stand im Inneren, wie sie versprochen hatte, und winkte ihm erfreut zu. Link kam zu ihr und der Stamm schloss sich wieder. „Sag mal, hast du auch so komische Zeichen gesehen?“, erkundigte sich Link. „Ja, die waren für mich völlig neu. Ich habe einfach irgend etwas gesagt.“ „Bei mir war es auch so. Ich habe ein paar Laute gezischt und der Stamm hat sich geöffnet.“ „Prima“, freute sich Katana. „Hauptsache ist, dass wir hier drin sind. Guck mal, da ist ein Gang.“ Sie zeigte mit dem ausgestreckten Finger einen Weg entlang, der tiefer in das Bauminnere führte und von magischen Lichtern beleuchtet wurde, die jedoch keine große Reichweite besaßen. Vorsichtig setzten der Hylianer und die Xylte einen Fuß vor den anderen. Sie wussten ja nicht, was sie erwartete und es konnte nicht schaden, auf alles vorbereitet zu sein. Link nahm sein Schwert in die Hand und Katana zog ihren Dolch. Bald gabelte sich der Weg in drei verschiedene Richtungen. „Wohin jetzt?“, fragte Link. Katana warf ihren Dolch hoch, der klirrend zu Boden fiel. „Die Richtung“, meinte das Mädchen und wies in den Tunnel, auf den die Messerspitze zeigte. Dann nahm sie ihren Dolch wieder in die Hand. „Das ist ja eine interessante Art, den richtigen Weg zu bestimmen“, sagte Link. „Wir wissen nicht, welches der richtige Weg ist“, hielt ihm Katana entgegen. „Und da wir das nicht wissen, ist jeder Weg so gut wie der andere.“ Auf diese Logik wusste der blonde Junge nichts zu erwidern und folgte Katana in den entsprechenden Tunnel. Auch hier waren in unregelmäßigen Abständen die magischen Lichter zu sehen. Ein lautes Gähnen ließ beide verharren. „Warum ist es hier so duster?“, wunderte sich Navi. „Vielleicht schläfst du noch.“ „Vorsicht“, warnte Navi. „Du solltest es dir nicht schon wieder so schnell mit mir verscherzen. Die Sache, als du mich hast schuften lassen wie ein Sklave, liegt noch gar nicht so lange zurück.“ „Niemand hat dich gezwungen, die Blätter …“ begann Link, doch Katana unterbrach ihn. „Wir sind hier im Baumorakel, Navi“, erklärte sie, ehe Link sich um Kopf und Kragen reden konnte. Navi sah sich um. „Na toll, und wo ist dieses komische Orakel?“ „Wir sind ihm schon ganz nah, aber wir müssen zuerst einmal herausbekommen, wo genau es sich aufhält.“ „Am Anfang gibt es immer eine Karte“, verkündete die Fee. „Auf der ist bestimmt verzeichnet, wie man zum Orakel kommt.“ „Tja, Navi, bis jetzt gab es keine. Entweder hier gibt es überhaupt keine oder wir haben sie noch nicht gefunden“, lächelte Katana. „Dann sollten wir sie gründlich suchen.“ „Vor allem wir“, brummelte Link. „Was hast du gesagt?“, wollte Navi wissen. „Nichts.“ „Wenn du mich schon wieder beleidigen willst, dann …“ „Navi, es bringt uns überhaupt nichts, wenn wir uns streiten“, ging die Xylte dazwischen. „Wir sollten so schnell wie möglich das Orakel finden und das können wir nur, wenn wir gemeinsam einen Weg zu ihm finden.“ „Warum steht ihr dann hier noch so seelenruhig herum?“, erkundigte sich Navi und flog weiter den Gang entlang. Katana und Link, der tief seufzte, folgten der Fee. Nach etwa zwei Minuten blieb Link plötzlich stehen und horchte. „Was ist?“, fragte Katana. „Hörst du nichts?“ Das Mädchen lauschte angestrengt und schüttelte dann den Kopf. „Es hört sich an wie Wasser.“ Noch einmal bemühte sich die braunhaarige Xylte durch ihre viereckigen Ohren etwas zu vernehmen und abermals hörte sie keinen Laut. „Von wo kommt das Wasser denn?“ „Ich weiß nicht, aus verschiedenen Richtungen. Mal ist es über uns, dann wieder an der Seite.“ „Vielleicht gaukelt dir jemand diese Geräusche vor. Immerhin sind wir hier auf dem Weg zum Baumorakel, auf dem mehrere Prüfungen auf uns warten.“ Link zuckte mit den Schultern und sie gingen weiter, bis sie erkannten, dass der Tunnel in eine Kammer mündete, aus der das Juchzen von Navi zu hören war. „Navi“, rief Link und lief ein wenig schneller, um herauszufinden, was seine Fee wieder trieb. Die Kammer war etwa zwei mal zwei Meter groß. In der Mitte stand ein leerer Altar aus Holz. Auf der linken und rechten Seite befand sich eine Holzwand, aus der auf jeder Seite an einer Stelle ein kleines Brett in den Raum ragte, auf dem jeweils ein Knopf zu sehen war. „Link, schau mal“, jubelte Navi und ließ sich kraftvoll auf den Knopf an der rechten Wand fallen. Der Junge wollte ihr noch eine Warnung zurufen, aber es war schon zu spät. Über dem Knopf öffnete sich die Holzwand und ein Luftstrom fegte in die Kammer, der die laut kreischende Navi ins Innere schoss. „Das ist lustig“, verkündete Navi, flog wieder zur rechten Wand, ließ sich auf den Knopf fallen und das Spiel begann von neuem. „Wenigstens einer hat Spaß“, grinste Katana. „Bei euch klappt das nicht, ihr seid nämlich zu schwer.“ Navi streckte die Zunge heraus, als sie an ihnen vorbei flog. „Irgendwann lege ich sie übers Knie“, verkündete Link. Mit einem lachenden Schrei sauste die Fee an seinem Gesicht vorbei. „Navi, jetzt ist Schluss“, sagte Link streng. „Ja, gleich“, meinte Navi, als sie erneut den Knopf drückte. Link verdrehte die Augen. Katana grinste ihn an. „Wenn wir jetzt etwas zum Knabbern dabei hätten, könnten wir uns das Schauspiel stundenlang ansehen.“ „Toll, unterstütze sie auch noch.“ Link warf seiner Begleiterin einen Blick zu, der erkennen ließ, wie wenig er von diesen Albernheiten hielt. „Ich gucke mir mal den Altar an“, verkündete Katana und widmete sich der riesigen hölzernen Bank in der Mitte. „Navi, ich sage es zum letzten Mal. Du kommst jetzt sofort zu mir.“ Langsam riss Link der Geduldsfaden. „Na gut.“ Die Fee, die sich gerade erneut auf den Knopf stürzen wollte, flog zu Link – und an ihm vorbei zur linken Wand, wo sie sich auf den dort befindlichen Knopf plumpsen ließ. Auch hier tat sich eine Öffnung auf, aber dort gab es keinen pustenden Luftstrom, sondern die Luft wurde aus der Kammer in die Öffnung gesogen – und das kleine Wesen mit ihr. Navi“, schrie Link und rannte zur Wand, die sich inzwischen wieder geschlossen hatte. Er hieb mit der Faust auf den Knopf und ging in die Hocke, damit er besser in die Öffnung hineinsehen konnte. Doch als das betreffende Stück der Wand zur Seite glitt, war die Fee nirgendwo zu entdecken. „Navi“, schrie Link in die Öffnung, doch es kam keine Antwort zurück. Entsetzt hatte Katana das Geschehen beobachtet. Sie eilte zu Link, der sie bestürzt anblickte. „Sie ist weg. Wo ist sie?“ „Keine Ahnung.“ „Ich muss sie finden.“ Hektisch drehte sich Link im Kreis, um irgendwo einen zweiten Eingang zu finden. Dann hatte er eine Idee. „Katana, bleib bei dem Knopf stehen.“ Der Hylianer hastete zum Knopf auf der anderen Seite. „Bei drei drückst du, verstanden?“ Katana nickte. Link zählte bis drei und dann drückten beide zusammen auf die verschiedenen Knöpfe. Die Wirkung war verheerend. Eine Wand krachte an der Stelle zu Boden, an der sich noch soeben der Eingang zum Tunnel befunden hatte. Dafür öffnete sich die Wand auf der gegenüberliegenden Seite. Ein heftiger Sog riss alles, was nicht fest in der Kammer verankert war, an sich. Link und Katana stemmten sich dagegen, aber die Saugkraft war stärker. Die Kleider flatterten um ihren Körper. Link rief etwas, das Katana allerdings nicht verstehen konnte. Der Junge und das Mädchen wurden in die Öffnung gezogen und konnten nichts dagegen unternehmen. Schreiend verschwanden sie im Inneren der Wand. Kapitel 22: TEIL 2 - Kapitel 10 ------------------------------- 10 Als Link wieder zu sich kam, stellte er fest, dass er sich in einem großen Raum befand. Von Katana oder Navi war keine Spur zu sehen. Der Hylianer setzte sich auf und schaute sich genauer um. An zwei gegenüberliegenden Seiten waren Fenster in die Wände eingelassen worden, durch die helles Tageslicht strömte. Der Einrichtung zufolge war er in einer Küche wieder aufgewacht. Große und kleine Töpfe, Schüsseln, Gläser und andere Gefäße standen in Schränken oder auch mitten im Raum. Auch Krüge und Behältnisse mit Kräutern oder Körnern konnte Link entdecken. Ein Tisch stand mitten im Zimmer. Was sollte er hier? Wie war er in diesen Raum gelangt? Er konnte sich nur noch an den heftigen Luftsog erinnern. Dann musste es schwarz um ihn geworden sein. Sein Zeitgefühl war verloren gegangen, doch er wusste, dass er nicht mehrere Stunden bewusstlos gewesen sein konnte, denn draußen war es noch hell. Der Junge stand auf und lief in der Küche umher. Es gab keine Tür, was ihn verwunderte. Wie sollte man in den Raum hinein gelangen? Die Antwort auf diese Frage erhielt Link einige Augenblicke später. Durch ein kleines Loch im Boden kamen vier Gestalten gekrochen. Sobald sie das Zimmer betreten hatten, wuchsen sie und wurden menschengroß. Sie trugen Kochlöffel und Suppenkellen in den Händen und starrten böse auf Link. „Hast du den Hafer inzwischen gefunden?“, fragte einer der vier Männer, der – wie seine Begleiter – eine weiße Jacke und eine weiße Hose trug. „Den … den Hafer?“, fragte Link verdutzt zurück. „Genau. Den Hafer, den du hier in der Küche abgeliefert hast und der jetzt verschwunden ist.“ „Hört mir zu, ich weiß überhaupt nicht, wie ich hierher gekommen bin. Ich war vorher noch nie in dieser Küche und habe auch keinen Hafer mitgebracht.“ Die Männer warfen sich vielsagende Blicke zu. „Wollen wir dem Kleinen mal ein wenig helfen, die Erinnerung wieder zu finden?“ „Ein guter Vorschlag“, meinte ein Mann mit schütterem grauem Haar und schlug mit dem Kochlöffel heftig auf Links Schulter. Link schrie auf und griff sich an die getroffene Stelle. „Was soll denn das?“, protestierte er. „Ich habe euch nichts getan.“ „Jetzt wird er auch noch frech“, meinte der Kerl, der Link mit dem Kochlöffel erwischt hatte. „Los greift ihn euch.“ Die Männer kamen auf ihn zu und Link flüchtete sich zwischen einen Tisch, auf dem mehrere Töpfe standen, und einen Schrank. Einer der Männer warf plötzlich ein Messer, das von einem Topf abprallte und auf den Boden klirrte. Link riss einen Topf hoch und warf ihn auf zwei Männer, die von links auf ihn zu kamen. Beide taumelten zurück. Link lief auf der Stelle los, doch die beiden anderen Köche schleuderten ihre Kellen nach ihm, die Link in den Rücken und am Kopf trafen. Die Treffer taten weh und der Hylianer gab einen Schmerzlaut von sich. Für einen Augenblick sah er Sterne, aber das legte sich rasch wieder. Er packte einen Topf an einem Henkel und schwang ihn immer wieder im Halbkreis vor sich her. Dabei ging er auf die zwei Männer zu, die ängstlich zurück wichen. Doch dann wurde er von hinten gepackt. Gewaltsam wurden ihm die Arme festgehalten und sofort stürmten die Köche vor ihm vorwärts und schlugen mit den Kochlöffeln auf ihn ein. Link konnte sich nicht wehren und die Schläge trafen ihn am gesamten Körper. „Aufhören“, schrie er, doch die Männer dachten gar nicht daran. Sie erschlagen dich, fuhr es Link durch den Kopf. Er nahm all seine Kraft zusammen und warf sich nach hinten. Diese Aktion überraschte die Männer und sie ließen ihn los. Augenblicklich wirbelte Link herum und traf die beiden Männer mit dem Topf, den er immer noch in der Hand hielt. Einer der anderen Männer riss eine Schublade auf und holte ein riesiges Messer hervor. Link warf den Topf nach ihm, doch er duckte sich und der Topf traf nur die steinerne Wand. Link stutzte. Eine Wand aus Stein? Er befand sich doch im Inneren eines Baumes. Es konnte hier keine Steinwand geben. Und von Fenstern, die sich in Bäumen befanden, hatte er auch noch nichts gehört. Ein Fausthieb traf seine Wange und der Junge wurde zu Boden geschleudert. Der Koch kniete sich neben ihn und hob die Hand, die das Messer hielt, in die Luft. Gleich würde die Klinge in Links Brust fahren und sein Leben beenden. Der Hylianer hielt abwehrend seinen Arm hoch und kreischte: „Das ist nicht real. Das ist nicht real.“ Der tödliche Messerstich blieb aus. Vorsichtig ließ Link den Arm sinken und schaute sich um. Die Küche war verschwunden. Er befand sich in einem Gang und die ihm bereits bekannten Lichter verbreiteten einen diffusen Schein. Sein Schwert lag vor ihm. Er hob es auf und schlich langsam vorwärts. Die Sorge um Navi und Katana wuchs mit jedem seiner Schritte. Er redete sich ein, dass es ihnen gut ging. Andernfalls wäre er wohl verrückt geworden und hätte nicht gewusst, was er tat. Der Gang endete vor fünf Türen, die allesamt geschlossen waren. Langsam schlich Link von Tür zu Tür, legte an jede sein Ohr an das Holz und horchte. Kein Geräusch drang nach draußen. Nach einigem Überlegen entschied sich der Hylianer dafür, die mittlere Tür zu öffnen. Eine Fledermaus flatterte ihm entgegen, worauf er sich so sehr erschreckte, dass er sein Schwert hochriss und das Tier aufspießte. Mit einem lauten Quieken löste sich die Fledermaus auf und etwas aus ihrem Körper fiel zu Boden. Link bückte sich und hob einen kleinen Schlüssel auf. Solche Vorkommnisse kannte er bereits und dieser Schlüssel würde bestimmt noch wichtig werden, also steckte er ihn ein. Nun ging der Junge zur Tür ganz rechts. Er vernahm leise Musikklänge, nachdem er sie geöffnet hatte. Link kannte die Melodie zwar nicht, aber sie war sanft und beruhigend und er ging durch den dunklen Gang auf die Musik zu. Doch je näher er ihr kam, umso bedrohlicher wurde sie. Schon bald mochte er den Sound nicht mehr und zog sich wieder zurück. Nachdem er sich ein wenig entfernt hatte, klang die Musik wieder freundlicher. Link entschloss sich, es erst einmal mit den restlichen Türen zu versuchen, bevor er zu diesem Gang zurückkehrte. Er widmete sich als nächstes der Tür, die sich links neben der mittleren Tür befand. Aus ihr spazierte ein kleiner Zwerg mit weißem Haar und langem weißen Bart. „Stelle mir eine Frage und ich werde dir wahrheitsgemäß antworten“, sagte er. Link guckte den Zwerg an. War er vielleicht schon das Orakel? Dann könnte er ihm die Frage stellen, die ihm auf den Nägeln brannte. Auf der anderen Seite war das vielleicht ein Fehler? Er konnte nicht sicher sein, ob der Zwerg das Orakel darstellte. Ein Zwerg als Orakel, das war ziemlich unvorstellbar. Also fragte Link: „Wie komme ich zum Orakel?“ „Eine kluge Frage“, sagte der Zwerg und klatschte begeistert in die Hände. „Eine sehr gute Frage. Willst du auf dem schnelleren oder auf dem sichereren Weg zum Orakel kommen?“ Der Junge überlegte kurz. Vielleicht waren beide Wege die gleichen. Spekulationen nutzten aber nichts, also entschied sich Link kurzerhand für den schnelleren Weg zu seinem Ziel. „Ich hoffe, du hast gut darüber nachgedacht. Denn der schnellere Weg bedeutet manchmal, dass man überhaupt nicht dort ankommt, wo man gerne hin möchte.“ Link wusste sofort, was der Zwerg meinte. „Das Risiko nehme ich auf mich“, sagte er. „Na schön, dann solltest du die erste Tür auf der linken Seite nehmen“, riet der Zwerg. Link bedankte sich und öffnete die genannte Tür, die sich augenblicklich wieder schloss, nachdem er die Schwelle passiert hatte. Er betrat einen großen Raum, in dem es kein weiteres Mobiliar oder sonstige Einrichtungsgegenstände gab. Das Zimmer war vollkommen leer, bis auf einen kleinen Zettel, der an der Wand klebte. Link ging zu dem Papier, auf dem lediglich das Wort „Stirb“ stand. Der Hylianer schüttelte den Kopf. Das war ja eine tolle Begrüßung. Er blickte zur Decke. Vielleicht war der Zettel ein Hinweis auf das, was ihm in diesem Raum passieren würde. Nur wie sollte das geschehen? Link dachte sich, dass vielleicht die Decke auf ihn herunterkommen und ihn zermalmen würde. Doch diese bewegte sich nicht. Dann hörte er ein Räuspern hinter sich. Er drehte sich um – und stand sich selbst gegenüber. „Wenn du aufgehört hast, die Decke anzustarren, dann können wir vielleicht zur Sache kommen.“ Es war einfach unglaublich. Der Link, der sich außer ihm noch in diesem Raum befand, war eine genaue Kopie von ihm. Er sah aus, redete und bewegte sich ganz genau wie das Original. Dem echten Link fuhr es in den Sinn, dass dies vielleicht sein gesuchter Doppelgänger war, aber bei den nächsten Worten verwarf er diesen Gedanken wieder. „Ich bin du“, sagte sein Gegenüber. „Ich bin mit den gleichen Waffen und Gegenständen ausgestattet wie zur Zeit du. Wir beide werden gegeneinander kämpfen. Und diesen Kampf wirst du verlieren. Ich kann dich angreifen wie ich möchte und du kannst dich nicht dagegen wehren. Auf der anderen Seite sieht es so aus, dass du dir selbst Schaden zufügst, solltest du mich angreifen. Dennoch ist es deine Aufgabe, mich zu besiegen. Denn erst dann wird sich die Tür wieder öffnen. Aber mache dir nicht allzu viel Hoffnungen. Du kannst nur verlieren. Also finde dich schon einmal mit deinem Tod ab.“ Link stellte fest, dass sein Gegenüber das Schwert ebenfalls bereits in der Hand hielt. Er stürmte vorwärts und schlug seinem Doppelgänger die breite Seite der Klinge gegen den Arm. Sofort spürte er selbst den Schmerz und stöhnte auf. „Siehst du, was ich meine?“, fragte sein Spiegelbild höhnisch. „Du kannst mich nicht besiegen.“ Er stieß mit dem Schwert zu, doch Link brachte sich noch rechtzeitig vor dem Stoß in Sicherheit, indem er zwei Schritte zur Seite machte. „Du könntest dein Schwert fallen lassen, dann gewähre ich dir einen schnellen Tod.“ „Das möchtest du wohl“, knirschte Link und stürmte vorwärts. Ruhig blieb sein Spiegelbild stehen. Die scharfe Schneide fuhr über seinen Schwertarm. Link schrie auf und ließ sein Schwert fallen, während sein Ebenbild die Waffe in der Hand behielt. Voller Entsetzen sah Link, wie der Ärmel seines weißen Shirts das Blut aufsog. „Du lernst ziemlich langsam, oder? Ich habe dir gesagt, dass es keinen Sinn hat. Ich werde als Sieger aus diesem Kampf hervorgehen.“ Link hob mit zusammengebissenen Zähnen sein Schwert vom Boden auf. Kaum hatte er es in der Hand griff sein Doppelgänger an. Die beiden Klingen prallten aufeinander und beinahe hätte Link ein zweites Mal sein Schwert fallen lassen. Er umklammerte den Griff mit beiden Händen und stellte sich seinem Feind, dessen Waffe soeben wieder heransauste und von Link pariert wurde. Schmerzen wirbelten in seinem Arm auf, doch der Junge ignorierte sie, so gut er konnte. Link führte seinen nächsten Hieb so stark, dass seinem Spiegelbild das Schwert aus der Hand gerissen wurde. Es wirbelte über den Boden und stieß gegen die Wand, ehe es liegen blieb. Links Zwilling breitete die Arme aus. „Komm, töte mich. Oder töte dich, ganz wie du möchtest.“ Er lachte dreckig. Link ließ sein Schwert fallen und mit drei schnellen Sätzen war er hinter seinen Gegner getreten, hatte ihm den Arm um den Hals gelegt und zugedrückt. Doch auch das nutzte nichts. Link stellte nur fest, dass er sich selber die Luft abschnürte. Schnell ließ er sein Duplikat los und rang nach Atem. Sein Gegner rammte den Ellbogen nach hinten und traf Link genau in den Magen. Der Hylianer fühlte sich, als sei eine Bombe in seinem Inneren explodiert. Er gab einen erstickten Laut von sich und fiel auf die Knie, die Hände gegen seinen Bauch gepresst. Der andere Link hob seinen Fuß und trat ihm kräftig in die Seite, so dass er auf den Rücken geschleudert wurde. Die Schmerzen fuhren mit furchtbarer Kraft durch Links Körper. Ihm war speiübel. Sein Feind setzte sich neben ihn und wartete darauf, dass er sich wieder erholte. „Ich werde dir so lange Schmerzen zufügen und anschließend warten, dass du dich wieder erholst, bis du glaubst, wahnsinnig zu werden. Und du wirst mich anbetteln, dass ich dich von diesen Schmerzen erlöse und dich töte. Aber das werde ich ganz langsam tun, damit du auch etwas von deinem Tod hast. Es gibt keinen Weg für dich, mich zu besiegen. Finde dich damit ab.“ Nach ein paar Momenten erhob sich das Duplikat und beugte sich über ihn. „Steh auf“, befahl er, doch Link rührte sich nicht. Der Doppelgänger packte Link an der Tunika und zog ihn hoch. „Du sollst aufstehen, habe ich gesagt.“ Nur mühsam gelang es Link, auf den Beinen zu bleiben. Er schaute seinen Peiniger an. Dieser lachte und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige, die seinen Kopf nach links schleuderte. „Ach ja, auch wenn ich mich selber verletze, wird der Schmerz auf dich übergehen“, grinste sein Ebenbild und ging zur Wand. „Soll ich es dir mal beweisen?“ Der Doppelgänger ließ seine Faust gegen die Wand krachen und Link dachte, seine Hand wäre gebrochen. Er schrie wie am Spieß und presste seine verletzte Hand mit der anderen gegen seine Brust. Die Schmerzen waren unvorstellbar und Tränen traten in seine Augen. Sein Zwilling ging zu ihm und sagte: „Ich hoffe, du versuchst in deiner Hilflosigkeit nicht zu fliehen. Erstens wäre es zwecklos und zweitens passt es auch nicht zu dir.“ Dann nahm das Double sein Schwert vom Boden auf. „Komm, lass uns weiterkämpfen“, forderte er das Original auf. „Ich fange an, mich zu langweilen.“ Trotz der Schmerzen in seiner Hand und in seinem Leib versuchte Link, einen klaren Gedanken zu fassen. Es musste einfach möglich sein, diesen Mistkerl zu besiegen. Was er auf gar keinen Fall wollte, war, von diesem umgebracht zu werden. Aber darauf würde es hinauslaufen, wenn ihm nicht schleunigst etwas einfiel. Nein, so lange er auch darüber nachdachte, es gab keinen Ausweg. Er hat die gleichen Waffen, die ich momentan habe, das hat er selber gesagt, dachte sich Link. Und er kann keinen Schaden davon tragen, da alle Verletzungen auf mich übertragen werden. Somit habe ich überhaupt keine Chance. Und plötzlich tauchte ein kleiner Hoffnungsfunke in Links Hirn auf. Nein, erkannte der Hylianer gedanklich, er hat nicht alle Waffen, die mir zur Verfügung stehen. Eine letzte Möglichkeit, seinen Gegner zu besiegen, gab es vielleicht noch. Link konnte sich nicht im entferntesten vorstellen, dass seine Überlegungen zum Erfolg führten. Aber er musste es wenigstens versuchen. Ächzend wankte er zu seinem Schwert und hob es auf. Der Doppelgänger grinste in Vorfreude auf den zu erwartenden Kampf, doch er wurde enttäuscht. Link schob sein Schwert in die Scheide. „Hey, was soll denn das?“, protestierte sein Gegenüber. „Soll ich dich unbewaffnet abschlachten? Zieh dein Schwert. Dir muss doch auch an einem fairen Kampf gelegen sein.“ „Fairer Kampf“, presste Link hervor. „Das hier ist kein fairer Kampf und wird auch nie einer sein.“ Das Double hob die Waffe. „Ich werde mich bemühen, dich in den Bauch zu treffen und langsam und qualvoll verbluten zu lassen. Das ist das wenigste, was ich für dich tun kann. Schließlich kennen wir uns doch schon so lange.“ Er stürmte auf Link zu, doch dieser wich aus und sein Ebenbild wurde vom eigenen Schwung vorwärts gerissen. Schnell rannte Link zur Wand, riss den Zettel herunter und drückte ihm seinem Gegner auf den Rücken, wobei er „Stirb“ rief. Das Duplikat bäumte sich auf und schrie unter entsetzlichen Qualen. Dann fiel es auf den Bauch, zuckte noch zweimal und lag still. Der Kampf war entschieden. Kapitel 23: TEIL 2 - Kapitel 11 ------------------------------- 11 Schwer atmend blickte Link auf seinen toten Gegner hinab. Ihm wurde furchtbar kalt, als er daran dachte, dass er sich soeben selbst umgebracht hatte. In seiner Hand tobte immer noch der Schmerz und er hatte fürchterlichen Durst. Er dachte an das Geräusch, das er im ersten langen Gang gehört hatte. Es musste hier irgendwo Wasser geben. Das Problem war jedoch, dorthin zu gelangen. Link sah ein, dass er sich mit den Gedanken an etwas zu trinken nur noch weiter quälte. Der Junge drehte sich um und stolperte durch den Raum, um noch einen weiteren Ausgang zu finden als den, durch den er gekommen war. Aber er fand nichts. Also öffnete er die einzige Tür im Raum. Und dieser verlogene Zwerg hatte ihm gesagt, dass dieser Eingang zum Orakel führen würde. Von wegen wahrheitsgemäße Antwort, dachte Link wütend und wünschte sich, dass der Zwerg noch im anderen Raum war, damit er ihn sich vornehmen konnte. Nun musste er doch die restlichen Türen ausprobieren. Der Hylianer trat über die Schwelle, die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und er stand in einem Raum, der nur von schwachem Dämmerlicht erfüllt war. Und im selben Moment hörte er das Plätschern. Er schaute sich um und erblickte ein erleuchtetes Bassin in der Wand. Aus einer Krone floss Wasser in das Becken. Sofort spürte er wieder das Durstgefühl. Schnell lief er zum Bassin und streckte seine unverletzte Hand aus. Vor dem Becken traf sie auf Widerstand. Es war nichts zu sehen, also musste es sich wohl um ein magisches Kraftfeld handeln. „Nein“, keuchte Link und versuchte noch zwei Male erfolglos die Barriere zu durchdringen. Trocken schluchzte er auf. Er hatte die Nase gründlich voll von diesen Prüfungen, er wollte nur noch das nahe Wasser erreichen, dass doch so unglaublich fern war. Vielleicht gab es etwas in diesem Raum, das ihm helfen konnte, durch den Schild zu greifen. Er sah sich um und erblickte drei Becher aus Kupfer, die auf einem Tisch standen. Misstrauisch kniff er die Augen zusammen. Diese Becher waren vorher noch nicht auf dem Tisch gewesen. Er dachte nach und ein Verdacht stieg in ihm auf. Den Tisch nicht aus den Augen lassend schlug er ein weiteres Mal gegen die Abschirmung. Mit einem Flimmern materialisierte sich ein vierter Becher auf dem Tisch. Link nahm sich vor, kein weiteres Mal mehr gegen das Hindernis zu schlagen, denn er ahnte, was die Prüfung in diesem Raum war. Langsam ging er zu den Bechern hinüber und untersuchte sie. Auf jedem konnte er die gleichen eingravierten Worte lesen. Welcher Becher schenkt dir das Leben, während dir die anderen den Tod bringen? Genau so hatte Link sich das vorgestellt. Es war zum Verzweifeln. Er musste unter vier Bechern den richtigen finden. Da es sonst keinen weiteren Hinweis gab, wusste er nicht, wie er diese Aufgabe bewältigen sollte. Wahrscheinlich war der Becher der richtige, der aufgetaucht war, als er das erste Mal versucht hatte, an das Wasser zu gelangen. Aber welcher war es? Nichts unterschied die Gefäße in Größe, Form, Farbe oder Material. Links Hand schwoll an und die Haut spannte so stark, dass Link das Gefühl hatte, sie würde jeden Moment aufsprengen. Mit zusammengebissenen Zähnen konzentrierte er sich auf seine Aufgabe. Vielleicht gab es doch eine Möglichkeit, den richtigen Kupferbecher zu bestimmen. Vielleicht konnte man nur mit einem von ihnen die magische Barriere durchstoßen. Der Teenager griff nach einem Becher, ging zum Bassin und streckte die Hand aus, die den Schild mühelos durchdrang. Trotz des Erfolges zweifelte der Hylianer. Vielleicht war das doch nicht der richtige Becher. Er zog die Hand wieder heraus, stellte den Becher zurück auf den Tisch, griff nach einem anderen und wiederholte das Prozedere. Auch diesmal konnte seine Hand ohne Probleme in das Feld eindringen. Genau so verhielt es sich mit dem dritten und dem vierten Becher. Das war also nicht die Lösung. Link starrte die vier Becher eine Weile an, dann reichte es ihm. Er würde diese Spielchen nicht mehr mitmachen. Die ganze Sache ging ihm gründlich auf die Nerven und er entschloss sich, den Raum zu verlassen. Doch an der Stelle, an der sich die Tür befunden hatte, war nur eine glatte Felswand. „Lasst mich raus“, schrie Link erbost, packte voller Verzweiflung einen Becher und warf ihn gegen das Kraftfeld. Das Gefäß prallte ab und landete klappernd auf dem Boden. Link hob ihn mit einem wütenden Fluch auf, um ihn auf den Tisch zurück zu stellen – und erstarrte. Die gesamte Tischplatte war übersät mit Bechern. Hatten sich zuvor noch vier Becher auf dem Tisch befunden, so waren es nun über siebzig. „Nein“, brüllte Link und warf den Becher, den er in der Hand hielt, zwischen seine Artgenossen. Einige Gefäße fielen zu Boden, andere kippten auf dem Tisch um. „Ich will nicht mehr“, flüsterte Link müde. Er verfluchte Katana. Was für eine blödsinnige Idee von ihr, ein Baumorakel um Rat zu fragen. Wahrscheinlich gab es dieses Orakel gar nicht und das ganze war nur eine Idee von irgendwelchen Spinnern, die zuviel Zeit hatten und sich daran ergötzten, Wesen von einer Hoffnung in die andere laufen zu lassen, um diese dann irgendwann brutal zu zerstören. Link war mittlerweile alles egal, auch, ob er starb. Es gab offenbar nur einen Weg, um hier herauszukommen. Trotzig ergriff Link einen Becher. Die Wahrscheinlichkeit, dass es der richtige war, war minimal. Link wusste nicht einmal, ob der von ihm gewählte Becher unter den ersten vieren gestanden hatte. Er ging abermals zum Wasserbecken und durchdrang das Kraftfeld, diesmal mit beiden Händen. Die verletzte Hand hielt er unter den kühlenden Strahl, der aus der Krone durch die Luft fuhr. Sobald das Wasser seine Hand berührte, verschwanden die Schmerzen. Auch die Schwellung klang ab. Es war ein wunderbares Gefühl. Dann ließ Link den Becher bis zum Rand voll laufen, zog die Hände zurück und trank. Selten hatte ihm etwas so gut geschmeckt, wie dieses Wasser. Und mit jedem Schluck spürte er, wie die Schmerzen in seinem Körper abklangen und er wieder zu neuen Kräften kam. Er trank das Gefäß in einem Zug leer. Kraftvoll stieß er die Luft aus, als er den Becher absetzte. Das war herrlich gewesen. Link dachte nur einen kurzen Moment nach. Wenn er den falschen Becher erwischt hatte, dann waren die Folgen sowieso klar, also war es egal, wenn er noch einen Becher trank. Ein letztes Mal fuhr seine Hand mit dem Becher durch die magische Wand. Diesmal konzentrierte er sich ganz auf den Geschmack des Wassers. Er genoß jeden Schluck, der durch seine Kehle rann. Sobald der Becher leer war, ließ er ihn fallen, worauf sämtliche Gefäße aus dem Raum verschwanden. Der Hylianer wartete gespannt auf das, was mit ihm geschehen würde. Würde er einen schnellen Tod erleiden? Oder waren die falschen Becher mit einem Gift präpariert, das ihn qualvoll sterben ließ? Link war es gleichgültig. Eine Tür erschien wie aus dem Nichts in der Wand, in der das Bassin eingelassen war. Der Junge blickte sie fassungslos an. Offensichtlich hatte er doch den richtigen Becher erwischt, aber er fragte sich, wie so etwas möglich sein konnte. Spielte jemand mit ihm? Zögernd ging er zur Tür und drehte den Knauf. Sie ließ sich tatsächlich öffnen. Ein hell erleuchteter Raum wurde sichtbar. Link gegenüber befanden sich zwei weitere Türen, von denen die eine rot und die andere grün angestrichen war. Der Hylianer betrat das Zimmer und die Tür, durch die er getreten war, verschwand. In einer Ecke links von ihm saß ein alter Mann auf einem Stuhl. Sein Kopf war kahl und das Gesicht wies unzählige Falten auf, doch die Augen glänzten. „Glückwunsch, du hast es geschafft“, sagte der Mann. „Ja, auch wenn ich nicht weiß, wie“, gab Link zu. „Ich kann unmöglich den richtigen Becher erwischt haben.“ Der Mann lachte. „Du hättest fast gar keinen Fehler machen können. Denn egal, welchen Becher du gewählt hättest, es wäre in jedem Fall der richtige gewesen.“ Link guckte ungläubig auf seinen Gesprächspartner. „Das … das kann nicht sein.“ „Glaube mir, es ist so. Die Prüfung in diesem Raum diente nur dazu, dich zu einer Entscheidung zu zwingen. Was meinst du, wie viele Prüflinge in diesem Raum schon ihr Leben gelassen haben, weil sie sich nicht entscheiden konnten, welchen Becher sie nehmen sollten. Sie sind lieber gestorben, als sich für den falschen Becher zu entscheiden. Du allerdings hast das Risiko auf dich genommen und gesiegt.“ Link nickte. „Woher wisst Ihr, welche Prüfung ich gerade absolviert habe?“ Der Mann faltete die Hände und lehnte sich zurück. „Ich bin ständig hier in diesem Baum zwischen den Prüfungsräumen unterwegs und beobachte die, die begierig darauf sind, vor das Orakel treten zu dürfen. Bei dir ist es bald soweit. Dich trennen nur noch zwei Prüfungen vor der Begegnung. Diese hier und noch eine weitere.“ „Gut. Was ist denn hier meine Aufgabe?“ „Du hast einen Schlüssel bekommen. Dieser Schlüssel passt zu beiden Türen, die du dort hinten siehst. Aber nur eine Tür führt dich zur letzten Prüfung. Welche das ist, das musst du entscheiden.“ „Wie?“ „Unterhalte dich mit mir. Und sobald du hundertprozentig sicher bist, dass ich auch nur einmal während unserer Unterhaltung die Unwahrheit gesagt habe, darfst du den Weg durch die rote Tür fortsetzen. Bist du der Meinung, dass ich zu keinem Zeitpunkt gelogen habe, dann führt dich die grüne Tür weiter.“ „Ich könnte auch einfach irgendeine Tür auswählen und sie aufschließen.“ Der Mann nickte. „Das könntest du. Doch hinter jeder Tür lauert ein Monstrum, das dich auf der Stelle tötet, wenn du auf gut Glück versuchen solltest, weiterzukommen. Du musst dir schon hundertprozentig sicher sein, welche Tür die richtige ist.“ „Es könnte ja sein, dass Ihr mich bereits belogen habt und es gibt gar keine Monster hinter den Türen.“ „Auch das könnte sein. Aber das kannst du nur vermuten. Du musst mich jedoch zweifelsfrei der Lüge überführen. Im Fall der Bestien hinter den Türen kannst du das nicht, denn du weißt ja nicht, ob ich nicht vielleicht doch die Wahrheit gesagt habe.“ Link begriff, welch schwierige Aufgabe hier auf ihn wartete. Aber er war bereit, sich ihr zu stellen. Offensichtlich passierte in diesem Raum nichts Gefährliches. Und eine kleine Unterhaltung zur Abwechslung war auch ganz nett. Also setzte er sich auf den Boden und schlug die Beine übereinander. „Was möchtest du vom Orakel?“, wollte der Mann wissen. „Ich stecke ziemlich in der Klemme und muss jemanden finden, weiß aber nicht, wo ich suchen soll. Und dabei soll das Orakel mir helfen.“ „Dann hoffe ich nur, dass die Antwort des Orakels dich weiterbringt und dass du sie enträtseln kannst. Du weißt sicher, dass das Orakel dir deine Frage nicht konkret beantwortet.“ Link nickte und grübelte über das nach, was ihm bisher widerfahren war. Als er an Katana und Navi dachte, fuhr er hoch. Was die beiden jetzt wohl machten? Und wo steckten sie eigentlich? Der Junge entschloss sich, den vor ihm sitzenden Mann zu fragen. „Sagt mal, habt Ihr ein junges Mädchen mit braunen Haaren gesehen? Sie trägt ein blaues Hemd und eine braune Hose.“ „Nein, ist mir nicht begegnet.“ Link seufzte. Nach Navi fragte er den Mann nicht, denn er hatte sie ja doch nicht sehen können. Er begann, sich Sorgen um seine Begleiter zu machen. „Wollte sie denn auch zum Orakel?“, fragte der Mann. „Ja, aber wir wurden getrennt.“ „Das geschieht sehr häufig. Man will mit einem Gefährten zusammen sein Ziel erreichen. Doch es ist vorgesehen, dass immer nur ein Wesen aus eigener Kraft das Orakel erreichen darf. Aber du wirst sie sicher wieder sehen“, tröstete ihn der Alte. Link hoffte, dass sein Gesprächspartner Recht behielt. „Irrt sich das Orakel ab und zu? Gibt es falsche Antworten?“, erkundigte sich Link nach einer Weile. „Das Orakel irrt sich niemals.“ „Aber wie kann es sich sicher sein, dass die Antworten richtig sind? Woher erhält es die Informationen?“ „Aus dem Inneren des Fragenden. Wenn du deine Frage stellst, dann denkst du automatisch an sie und an all die Faktoren, die mit dieser Frage zusammenhängen. Das Orakel sieht diese und gibt dir durch Schlussfolgerungen die korrekte Antwort.“ Link hatte keine Ahnung, wie das vor sich gehen konnte, aber er dachte auch nicht weiter darüber nach. In Gedanken beschäftigte er sich mit Katana und Navi und daran, dass ihn nur noch eine Prüfung vom Orakel trennte. Und dieser Gedanke gab den Ausschlag. Er stand auf, zog sich die Tunika zurecht und sagte: „Ich glaube, ich werde jetzt gehen.“ „Tatsächlich?“ Der Mann zog die Augenbrauen hoch. „Weißt du denn bereits, ob ich in allen Punkten die Wahrheit gesagt habe? Du musst hundertprozentig sicher sein, das hast du hoffentlich nicht vergessen.“ Nein, das hatte Link nicht. Sein Inneres sagte ihm, dass er die Antwort bereits kannte und dass es Zeitverschwendung wäre, noch länger hier zu verweilen. Angestrengt dachte er nach. Gab es einen Punkt, bei dem er sich hundertprozentig sicher sein konnte, dass dieser gelogen war? Der Hylianer ließ die Unterhaltung in seinem Kopf Revue passieren, aber er konnte nichts finden. Vieles, was ihm nicht bekannt war, konnte gelogen sein. Doch das konnte er nicht feststellen. In seinem Kopf wirbelte alles umher. Er hatte sich gesetzt und dann? Was war das erste gewesen, über das sie gesprochen hatten? Halt, er ließ ein ganzes Stück aus. Das Gespräch hatte schon viel früher angefangen, nämlich in dem Moment, als er durch die Tür schritt. Er fühlte, dass dort die Antwort lag, aber er konnte sie nicht erfassen. Was hatte der Mann gesagt? Und dann fiel es ihm ein. Genau, an diesem Punkt hatte der Mann mit absoluter Sicherheit gelogen. Link erinnerte sich, dass Katana ihm erzählt hatte, dass das Orakel dafür berühmt sei, dass eine Aufgabe immer nur ein einziges Mal gestellt wurde. Das widersprach aber der Aussage des alten Mannes, dass in dem Raum mit den Bechern bereits viele Prüflinge durch ihre Unentschlossenheit den Tod gefunden hatten. „Du hast mindestens einmal gelogen. Ich wähle die rote Tür“, sagte Link und blickte sein Gegenüber an. „Und da bist du dir absolut sicher?“ Link nickte. Rasch ging er zu dem Eingang, den er ausgewählt hatte. Aus seiner Hosentasche zog er den Schlüssel hervor und steckte ihn ins Schloss. Er passte und ließ sich drehen. „Eines noch“, sagte der Mann und Link drehte den Kopf zu ihm. „Sobald du diesen Raum verlassen hast, betrete ihn nicht wieder. Egal, was auch passiert, setze keinen Fuß mehr in dieses Zimmer.“ „In Ordnung“, antwortete Link, obwohl er nicht wusste, wovon der Mann sprach. Der Teenager zog die Tür auf und trat über die Schwelle. Im selben Moment hörte er ein Krachen und ein fürchterliches Fauchen neben sich. Erschrocken fuhr er herum und sah, wie die blaue Tür offen stand und ein fürchterlich aussehendes Raubtier auf sechs Pfoten auf den alten Mann im Stuhl zupreschte. Das Tier war ein einziges Fellbündel. Nicht einmal sein Gesicht war durch das Fell zu sehen. Der Alte riss die Arme vors Gesicht und schrie. Das Wesen riß das Maul auf und Link erblickte zwei Reihen spitzer Zähne, die in den Arm des Mannes eindrangen und ihm das Fleisch von den Knochen rissen. Immer wieder schnappte das Untier zu und zerfleischte dem Alten das Gesicht. Knochen brachen unter dem Druck der Kiefer, Blut spritzte durch den Raum und die markerschütternden Schreie waren kaum zu ertragen. Link war nahe daran, zurück in den Raum zu stürzen und dem armen Kerl zu helfen, aber er erinnerte sich an dessen Warnung. Schaudernd wandte er sich ab und schloss die Tür. Kapitel 24: TEIL 2 - Kapitel 12 ------------------------------- 12 Der Raum der letzten Prüfung – vorausgesetzt, der alte Mann hatte in diesem Punkt die Wahrheit gesagt und es war tatsächlich die letzte Prüfung, bevor man das Orakel zu Gesicht bekam – war ein karg eingerichteter Raum, in dem es nur einen Tisch, zwei Stühle und einen Ofen gab. Auf dem Tisch standen zwei Becher und an dem Ofen, auf dem der Inhalt eines Topfes vor sich hin blubberte, kümmerte sich eine Echse darum, das Feuer in Gang zu halten. Sie hatte etwa Links Größe und war über und über mit grünen Schuppen bedeckt. Als sie den Hylianer erblickte, zog ein strahlendes Lächeln über ihr Gesicht. Sie kam auf den Hinterbeinen auf ihn zu, zischte irgend etwas, wobei eine lange rote Zunge aus ihrem Maul flatterte, und reichte ihm den Fuß. Link war sehr verwirrt. Er hatte die Echse noch nie zuvor gesehen, aber bei ihr war das wohl anders, denn sie begrüßte ihn wie einen alten Freund. Zögernd streckte er ihr die Hand entgegen, die gepackt und kräftig geschüttelt wurde. Die Echse deutete auf einen Stuhl und Link setzte sich zögernd. Was ging hier vor? Dann watschelte das Tier zurück zum Herd, wobei es unablässig zischelte und fauchte. Die Echse nahm den Topf vom Feuer und goss heißes Wasser in die Becher, deren Boden bereits mit Blättern bedeckt waren. Nach dieser Arbeit setzte die Echse sich selbst und lächelte Link freundlich an. Der Hylianer ertappte sich dabei, wie er sie anstarrte, aber er konnte seinen Blick nicht abwenden. Was wollte dieses Tier von ihm? Das Reptil zischte erneut etwas und sah ihn erwartungsvoll an. „Ähm … es ist ja sehr schön, dass du mich zum …“ Link sah in seine Tasse, in der sich die Blätter und das Wasser zu einer grünlichen Flüssigkeit vermischt hatten. „… zu was auch immer einlädst, aber ich verstehe leider kein einziges Wort von dem, was du sagst.“ Die Echse streckte ihren Kopf vor und zischte und fauchte erneut, aber nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen, war es nicht sehr freundlich gemeint. Offenbar erwartete das Tier, dass er in irgendeiner Weise reagieren würde, nur hatte Link nicht die leiseste Ahnung, wie diese Reaktion aussehen sollte. Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, was du meinst. Aber du bist sehr nett“, lächelte er. Das war wohl die falsche Reaktion, denn die Echse packte ihn an der Tunika und hielt ihm die Krallen ihres Fußes vor die Kehle. Denk nach, denk nach, schrie es in Link. Was will sie von dir? Sie bietet dir ein Getränk an, sie begrüßt dich freundlich, sie ist total nett zu dir. Das sieht nach einer gemütlichen Teestunde aus. Und wenn du mit ihr sprichst, rastet sie aus. Also, was will sie von dir? Und dann fiel Link die Lösung ein. Vor gar nicht langer Zeit hatte er genauso gesprochen wie die Echse, nämlich am Eingang des Baumes, um in sein Inneres zu gelangen. Einen Versuch war es wert und so zischte er in aggressivem Ton das Tier an. Sofort ließ es ihn los und wurde wieder freundlicher. Es nahm einen Schluck aus seinem Becher und fauchte Link an. Dieser antwortete mit einem langen Zischen, dessen Tonlage er einige Male veränderte. Mit der Reaktion der Echse hatte er allerdings nicht gerechnet. Offenbar hatte er etwas furchtbar witziges gesagt, denn das Tier schüttelte sich vor Lachen und konnte sich gar nicht wieder beruhigen. Es warf sich zweimal so heftig gegen die Lehne des Stuhles, dass es mit ihm umzukippen drohte. Als es sich endlich wieder beruhigt hatte und nach Luft japste, hatte es einen Schluckauf. Link grinste, doch das Reptil fand es offenbar überhaupt nicht komisch. Es zischte Link mit kleinen Fiepsern dazwischen an. Wahrscheinlich sollte er ihr helfen, den Schluckauf loszuwerden. Ganz sicher konnte er da nicht sein, da er kein Wort von dem verstand, was sie zu ihm sagte. Auf der anderen Seite hatte er aber auch keinen Schimmer, was seine zischenden Laute bedeuteten. Doch solange die Echse ihn nicht wieder angriff, konnte er wohl nichts falsch gemacht haben. Link fauchte und zischte etwas, doch die Echse sah ihn verständnislos an, während ihr Körper von leisen Hicksern durchgeschüttelt wurde. Link steckte sich die Daumen in die spitzen Ohren, hielt sich mit den Zeigefingern die Nase zu und nahm einen kleinen Schluck von dem Getränk. Es schmeckte nach Minze und gar nicht schlecht. Mit großen Augen sah das Reptil dem Jungen zu und schaute ihn an, als sei er übergeschnappt. Aufmunternd nickte Link seinem Gastgeber zu. Zögernd stopfte sich das grün geschuppte Tier jeweils eine Kralle des linken und rechten Fußes ins Ohr und drückte mit zwei anderen Krallen auf ihr Gesicht. Nicht lachen, ermahnte sich Link, doch es fiel ihm sehr schwer, bei diesem Bild die Fassung zu bewahren. Die Echse nahm den Becherrand ins Maul, hob den Becher hoch und kippte ihn langsam. Die Flüssigkeit ergoss sich über ihre Schnauze und tropfte an ihrem Körper herunter. Jetzt konnte Link sich nicht länger beherrschen. Aus vollem Hals lachte er los. Es schüttelte ihn, Tränen traten in seine Augen und er musste sich den Bauch halten, der ihm von seinem Gelächter weh tat. Beleidigt legte sich die Echse neue Blätter in ihren Becher und füllte ihn mit heißem Wasser. Dann stutzte sie, legte den Kopf schief, ein Strahlen breitete sich in ihrem Gesicht aus und sie stürzte auf Link zu und umarmte ihn. Die ganze Aktion kam viel zu überraschend, als das Link sich gegen sie wehren konnte. Das Tier zischte ihm freudig ins Ohr und drückte ihn an sich. Link tätschelte ihm behutsam auf den Rücken. Da der Junge kein Hicksen mehr hören konnte, nahm er an, dass sich die Echse auf ihre Art dafür bedankte, dass er sie vom Schluckauf befreit hatte. Verlegen grinste Link ihr zu, als sie ihn losgelassen hatte, zischte kurz und nahm einen Schluck aus seinem Becher. Insgeheim wartete er immer noch auf seine letzte Prüfung. Man erwartete ja wohl kaum von ihm, dass er sich mit einer Echse an einen Tisch setzte und irgendein Gebräu trank. Link wurde mutiger und warf dem Tier eine Reihe von Fauch- und Zischlauten entgegen, die mindestens zwei Minuten dauerten. Jetzt war er gespannt. Sein Gegenüber nickte mit dem Kopf, hämmerte mit dem Fuß auf den Tisch und entgegnete etwas, von dem der Teenager nicht das geringste verstand. Nachdem sie noch eine Zeit lang diese spannende Diskussion fortgesetzt hatten, verspürte Link das Bedürfnis, von hier zu verschwinden. Diese Unterhaltung war für ihn unglaublich anstrengend. Außerdem wollte er endlich das Orakel sehen. Er stand von seinem Stuhl auf, zischte seinem Gastgeber etwas entgegen, verbeugte sich und streckte die Hand auf. Das Wesen ergriff Links Hand, klopfte ihm auf die Schulter und deutete dann mit einem hohen Zischlaut auf einen Durchgang. Link ging ohne Zögern auf ihn zu. Nachdem er ihn passiert hatte, ging er durch einen Gang vorwärts auf einen blauen Vorhang zu. Ihm war, als würde er durch einen Sumpf waten. Nur mit Mühe konnte er seine Stiefel vom Boden heben und ein kleines Stück weiter wieder aufsetzen. Jeden Schritt musste er sich schwer erkämpfen. Doch schließlich hatte er es geschafft. Er schob den Vorhang beiseite und trat in einen großen stockdunklen Raum. Damit sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnen konnten, blieb Link erst einmal dort stehen, wo er war. Nach einigen Sekunden erkannte er, dass er vor einem riesigen Gebilde stehen musste. Der Hylianer sah sonst keine Lebewesen, aber er ging davon aus, dass Wachen bereit standen, die das Orakel verteidigten. Von innen heraus begann das Orakel plötzlich blau zu leuchten. Der Stamm eines Baumes wurde sichtbar, der nach oben und unten kein Ende aufwies. Und dann hörte Link die vibrierende Stimme. „Du hast alle Prüfungen gekonnt durchschritten. Nun hast du die große Ehre, dem Orakel deinen Wunsch mitteilen zu dürfen. Bedenke deine Frage genau, formuliere sie so genau wie möglich, dann wirst du auch eine so exakt wie mögliche Antwort erhalten. So stelle nun deine Frage.“ Link ging in die Knie, senkte den Kopf und sagte laut: „Es gibt jemanden, der sich für mich ausgibt und in meinem Namen ehrbare Stadtbürger überfällt, ausraubt und verletzt. Derjenige muss irgendwo seinen Wohnsitz haben oder sich dauerhaft aufhalten. Wo befindet sich seine Behausung?“ Die Antwort ließ eine Weile auf sich warten und Link kamen Bedenken, dass er seine Frage vielleicht nicht präzise genug formuliert hatte. Eventuell hatte das Orakel sie auch nicht richtig verstanden. Doch noch ehe er etwas sagen konnte, erhielt er die Antwort. „Der, den du suchst, versteckt sich im Stein, der der Zange des Hummers am nächsten ist. Doch er wird nur noch zehn Dis dort verweilen. Dann zieht er weiter in ein Gebiet, in dem du ihn nie wieder finden wirst.“ Link hörte aufmerksam zu, aber mit dieser rätselhaften Antwort konnte er nichts anfangen. Doch nachfragen konnte er nicht, denn das Orakel würde ihm keine weiteren Antworten geben. Ein lautes Schaben ertönte, als ob sich Platten verschieben würden. Dann verlor Link den Boden unter den Füßen und fiel in die Tiefe. Er schrie und ruderte mit den Armen durch die Luft, doch es half nichts. Nach einer Weile wurde sein Fall gebremst. Link wurde langsamer und als er sanft auf dem Boden aufkam, sah er vor sich das Tageslicht. Endlich hatte er es geschafft. Er war wieder in den Verlorenen Wäldern. Der Hylianer trat aus dem Baum heraus und passierte dabei einen Wachtposten, den er nach Katana fragte. Doch auch dieser hatte das braunhaarige Mädchen nicht gesehen. Tief atmete der Junge die frische Waldluft ein. Dann sah er sich um. Nirgendwo war eine Spur von der Xylte oder von Navi zu erkennen. Link ging an beiden Seiten an dem riesigen Baum entlang, doch seine Suche war erfolglos. Wo konnten die beiden nur stecken? „Na endlich, wo bleibst du denn?“, hörte er eine piepsige Stimme hinter sich, der unmittelbar darauf der Ausruf „Link“ einer anderen Stimme folgte. Als der Hylianer sich umdrehte, sah er Navi auf sich zufliegen und Katana, die zu ihm rannte und ihn kräftig umarmte. „He, nun mal langsam“, lachte Link. „Ihr tut ja gerade so, als wäre ich ein ganzes Jahr weg gewesen.“ „Ein Jahr nicht, aber ein Tag kommt schon in etwa hin“, meinte Navi. Perplex sah der Teenager seine Fee an. „Was sagst du da?“ „Navi versucht dir gerade zu erklären, dass du fast einen Tag beim Baumorakel warst“, lächelte Katana ihn an. „Das glaube ich nicht“, schüttelte Link den Kopf. „Doch, es ist so. Wir waren etwa gestern mittag hier. Und kurz bevor du aufgetaucht bist, ist die Sonne des nächsten Dis aufgegangen. Aber erzähl doch mal. Hast du das Orakel gesehen?“ Link ging gar nicht auf die Frage ein. „Wie lange wartet ihr denn schon hier?“, wollte er wissen. „Ungefähr einen halben Dis. Wir haben uns hier die Nacht um die Ohren geschlagen und darauf gewartet, dass du wieder heraus kommst.“ „Ich habe immer gewusst, dass Link es schaffen würde“, verkündete Navi. „Natürlich“, stimmte ihr Katana ironisch zu. „Deshalb hast du mich auch alle zehn Minuten gebeten, zum Eingang zu gehen und zu gucken, ob er dort schon wartet. Und alle sieben Minuten hast du mich nur deshalb gefragt, ob Link erfolgreich war, weil du keine Zweifel hattest, dass Link das Orakel erreicht.“ „Und was ist mit dir?“, fragte Link das Mädchen. „Warst du beim Orakel?“ Katana schüttelte den Kopf. „Ich bin bereits im zweiten Raum gescheitert. Als wir getrennt wurden, kam ich in einem Zimmer wieder zu mir, das sich unaufhörlich drehte. Und in dem Zimmer saß ein Hase, der mir die ganze Zeit die Ohren vollgequatscht hat.“ „Jetzt weißt du, wie es mir immer mit Navi geht“, grinste Link. „Hey, nur weil du wieder bei uns bist, heißt das noch lange nicht, dass du schon wieder unverschämt werden darfst“, wies die Fee ihn zurecht. „Der Hase hatte Hunger und redete nur vom Essen“, erzählte Katana weiter. „Ein drehendes Zimmer ist schon schlimm genug, aber wenn du dann noch so ein wie ein Wasserfall redendes Vieh dabei hast, dann wünscht du dir wirklich den Freitod. Jedenfalls habe ich zwischen der Wand und dem Zimmer Möhren entdeckt. Als das Zimmer wieder an den Möhren vorbeirotiert ist, habe ich sie mir geschnappt und sie dem Hasen gegeben.“ „Leichte Prüfung.“ „Dafür war die folgende dann umso schwerer. Im nächsten Raum wartete ein Ritter auf mich. Der hat mich ziemlich fertig gemacht. Mir tat alles weh. Er hat mich dann vor die Wahl gestellt, ob er mich töten solle oder ob ich freiwillig darauf verzichte, zum Orakel zu gelangen. Natürlich habe ich mich für das Leben entschieden.“ „Es hätte bestimmt einen Weg gegeben, mit ihm fertig zu werden“, mutmaßte Link. „Wahrscheinlich, aber er hat von Anfang an auf mich eingeschlagen. Ich konnte mit seinen Schwertkünsten nicht mithalten. Er hat mich mit der Breitseite seines Schwertes bearbeitet und wirklich jede Stelle meines Körpers getroffen. Beinahe hätte ich mir gewünscht, er hätte mich getötet. So furchtbare Schmerzen kannst du dir nicht vorstellen. Da war das, was die Jigarkhvar mit mir angestellt hat, noch harmlos.“ „Aber es ist schön, dass du da bist“, gab Link zu. „Und dass du nicht beim Orakel warst, ist überhaupt nicht schlimm.“ „Das heißt, du warst dort?“, fragte Navi gespannt. „Ja, war ich. Aber was ist denn mit dir passiert? Du hast ja die Quittung dafür bekommen, dass du mir nicht gehorcht hast.“ „Ich muss dir gar nicht gehorchen, schließlich bist du nicht meine Mutter“, entgegnete Navi keck. „Aber ich kann dir gerne erzählen, was ich gemacht habe. Nachdem mich der Luftstrom mit sich gesaugt hat, bin ich in einen ganz dunklen Raum gekommen. Man hat keinen Flügel vor Augen gesehen. Und eine Stimme fragte mich dann, aus welchem Grund ich zum Orakel will. Und ich antwortete, weil du auf dem Weg zu ihm seist. Daraufhin erklärte mir die Stimme, dass nur Wesen, die zum Orakel wollten, die Berechtigung hätten, sich im Orakelbaum aufzuhalten. Keine drei Augenaufschläge später fand ich mich hier draußen wieder. Keiner von euch beiden war da. Also habe ich mir ein wenig die Zeit vertrieben.“ Link schwante Böses. „Du möchtest mir nicht zufällig erzählen, womit du dir die Zeit vertrieben hast?“ Navi druckste ein wenig herum und Katana lachte. „Komm schon, Navi, so schlimm ist es nicht.“ „Für Link ist alles schlimm, was ich mache.“ „Was daran liegen könnte, dass du meist nichts als Blödsinn im Kopf hast“, meinte Link lapidar. „Navi hat ein paar Hunde geärgert, die sie dann wütend bellend verfolgt haben. Aber unsere Fee hat sich auf einen Baum gerettet und von oben Eckern nach den Hunden geworfen“, klärte Katana ihn auf. „Zweihundertachtzig“, erklärte Navi stolz. „Was?“ „Zweihundertachtzig Punkte habe ich erzielt.“ Link verstand kein Wort. „Na, jeder Treffer gab eine bestimmte Punktzahl. Das Ohr gab fünf Punkte, traf man das Bein waren es zwei Punkte und für die Nase konnte man immerhin zehn Punkte absahnen. Ich habe sie dreimal getroffen.“ „Aus dir wird noch mal eine richtige Schützenfee“, meinte Link und verdrehte die Augen. Man konnte Navi auch keine einzige Minute aus den Augen lassen. „Jetzt erzähle du uns aber endlich, wie es dir ergangen ist.“ „Gut, ich kläre euch unterwegs auf. Aber jetzt sollten wir erst einmal von hier verschwinden. Lasst uns ein wenig tiefer in die Verlorenen Wälder gehen. Ich möchte ungern längere Zeit in der Nähe des Baumorakels sein.“ Das Trio marschierte los und ließ sich vom Hylianer unterwegs dessen Begebenheiten erzählen. Mehrmals flatterte Navi entsetzt in der Luft herum und wollte nicht, dass Link weiter erzählte, weil es zu aufregend für sie wäre. Doch wenn er dann seinen Bericht tatsächlich unterbrach, beschwerte sich die Fee, was ihm denn einfiele. Am geschocktesten waren sie, als er vom Kampf gegen sich selbst erzählte. „Das muss total schlimm gewesen sein, dich selbst zu töten“, sagte Katana leise und sah Link mitleidig an. „Ja, es war schon gruselig. Er lag auf dem Bauch, aber hatte mir sein Gesicht zugewandt. Es war wirklich unheimlich. Wenn er sich aufgelöst hätte, dann wäre es lange nicht so schlimm gewesen.“ Alle drei lachten schallend, als Link ihnen von der Teestunde mit der Echse berichtete. Als Link an dem Punkt anlangte, als er das Orakel erreicht hatte, hörten Katana und Navi ehrfürchtig zu. Katana blieb abrupt stehen, als Link schilderte, was das Orakel zu ihm gesagt hatte. Kapitel 25: TEIL 2 - Kapitel 13 ------------------------------- 13 „Was hat das Orakel dir gesagt?“ „Dass sich mein Doppelgänger im Stein versteckt, der der Zange des Hummers am nächsten ist“, antwortete Link. „Was soll das denn bedeuten?“ Link zuckte mit den Schultern. „Vielleicht ist er irgendwo an einem See. Hummer kommen doch in Seen vor.“ Katana schüttelte den Kopf. „Nein, das glaube ich nicht. Was soll denn dann mit dem Stein gemeint sein?“ „Vielleicht ist ein Hummer gemeint, der nahe an einem Stein lebt.“ „Das ist Blödsinn“, meinte Katana. „Jeder See hat auf seinem Grund Steine. Und stelle dir mal vor, in einem See leben ganz viele Hummer. Und viele von denen haben Steine in ihrer Nähe liegen. Nein, da muss etwas anderes gemeint sein.“ „Wir wissen ja auch noch nicht mal, wo wir suchen sollen. Wir haben nur den Anhaltspunkt, dass der Kerl im Stein versteckt ist.“ „Also kann er nicht hier im Wald sein“, mischte sich Navi ein. „Warum denn nicht?“, fragte Katana nach. „Auch hier im Wald gibt es Steine.“ Navi und Katana merkten erst nach vier weiteren Schritten, dass Link stehen geblieben war, an einem Baum lehnte und sie ansah. „Es ist schön, dass ihr mir helfen wollt, aber die Spekulationen bringen doch alle momentan nichts. Wir benötigen mehr Anhaltspunkte. So können wir mit den ganzen Informationen überhaupt nichts anfangen.“ Gerade als Link seinen Kopf zur Seite zog, hörte er einen dumpfen Aufprall, dann spritzten ihm kleine Holzsplitter ins Gesicht. Katana und Navi schrieen entsetzt auf. Link rannte zu Katana, packte sie und ließ sich zu Boden fallen, während die Fee in einen Baum flatterte. „Was war das?“, fragte das Mädchen mit angsterfüllter Stimme. „Keine Ahnung. Da schießt wahrscheinlich jemand auf uns.“ Schwer atmend blieben die beiden auf der Erde liegen, doch nichts rührte sich. Link hob den Kopf und sah sich, so gut es ging, nach allen Seiten um, konnte aber nichts verdächtiges entdecken. Nach einer Minute sagte Katana: „Könntest du jetzt bitte mal von mir runter gehen? So gut kennen wir uns ja doch noch nicht.“ Link grinste und rollte sich von Katanas Rücken. „Bleib liegen“, warnte er leise. Er ging in die Hocke und richtete sich langsam auf. Keine Reaktion erfolgte. Schließlich nahm er all seinen Mut zusammen, streckte seinen Körper empor und ging zum Baum hinüber, an dem er eben noch gestanden hatte. Er untersuchte den Stamm und fand tatsächlich ein kleines Loch. Rasch holte er sein Messer hervor und schabte in dem Loch herum, bis er eine Eisenkugel aus dem Stamm geholt hatte. Er rollte sie in seiner Handfläche herum und dachte nach. Genau so eine Kugel hatte er vorher schon einmal gesehen. Das war in Ednitas Haus gewesen. Von so einer Kugel wurde er getroffen, als die Bürger von Hyrule hinter ihm her gewesen waren. Es schien einen sehr übereifrigen Bürger zu geben, der sich an Links Spur geheftet hatte und unter allen Umständen die Belohnung kassieren wollte, die auf ihn ausgesetzt war. Link ging zu Katana zurück und erklärte ihr, dass die Gefahr vorüber sei. Sie erhob sich und klopfte sich die Blätter von der Hose. Auch Navi kam wieder aus ihrem Versteck heraus. „Was ist hier los?“, wollte Katana wissen. Link präsentierte ihr die Kugel. „Damit hat man gerade auf mich geschossen. Zum zweiten Mal“, teilte ihr der Hylianer mit. „Zum zweiten Mal?“ „Ja, beim ersten Mal hat der Schütze mich in die Schulter getroffen. Diesmal zielte er nicht so gut, zu meinem Glück.“ „Wer ist es?“ „Das weiß ich nicht, aber ich denke mal, es ist jemand aus Hyrule. Der erste Anschlag wurde im Kokiri-Wald auf mich verübt. Und genau in diesem Wald waren auch diejenigen, die mich fangen sollten. Das kann kein Zufall sein.“ Navi meldete sich. „Darf ich etwas sagen?“ „Seit wann fragst du denn vorher?“ „Ich verstehe da etwas nicht. Der Schütze muss uns doch die ganze Zeit beobachtet haben und uns auf den Fersen geblieben sein. Vielleicht ist es ihm wirklich gelungen, uns bis zum Haus der alten Frau zu folgen. Dort hat er dann die Zeit gewartet, bis wir weiter gezogen sind. Vielleicht hat er sich gedacht, dass du die Prüfungen zum Orakel meistern würdest und er hat sich hier in der Gegend versteckt, um auf dich zu warten.“ „Ja, das kann alles gut sein“, stimmte Link ihr zu. „Aber was verstehst du denn jetzt nicht?“ „Warum hat der Schütze mit seinem zweiten Anschlag so lange gewartet? Wir waren, seit wir Katanas Haus verlassen haben, eine ganze Weile allein. Da hätte er es mit Leichtigkeit versuchen können. Dann bist du Katana ins Netz gegangen …“ „Navi“, knurrte Link gefährlich. „Das ist doch nur so eine Redewendung“, verteidigte sich die Fee. „Dann wurde Katana von diesem Jidadingsbums angegriffen und du hast ihr geholfen. Auch da warst du alleine unterwegs. Und dass wir kein Hindernis für den Schützen sind, das hat er uns gerade eben deutlich gezeigt. Also, warum dieser lange Abstand zwischen dem ersten und dem zweiten Beschuss?“ „Woher soll ich das wissen?“, fuhr Link sie an. „Wir könnten umkehren und das Orakel fragen“, schlug Katana vor und fügte hinzu, als Link und Navi sie anstarrten: „Okay, blöde Idee.“ „Es ist noch nicht viel Zeit vergangen“, meinte Link. „Er kann noch nicht weit gekommen sein.“ „Willst du etwa die gesamte Nähe absuchen. Vergiss es. Das dauert Stunden und in dieser Zeit ist der Typ längst über alle Bäume.“ „Vielleicht ist es derselbe, der dir schaden will“, sagte Navi. „Schon möglich.“ Link rieb sich das Kinn. „Glaubst du, dass die Gefahr vorbei ist?“, erkundigte sich die Xylte. „Fürs erste ja, aber das heißt ja nicht, dass er es nicht noch einmal versuchen wird.“ „Dann würde ich vorschlagen, dass wir unseren Weg fortsetzen. Du hast dir vorgenommen, eine Aufgabe zu erfüllen, Link. Das schaffst du nicht dadurch, dass du hier in der Gegend stehst.“ Der Junge gab ihr Recht und sie stapften weiter durch die Bäume. Ein unangenehmes Schweigen war zwischen ihnen entstanden. Link unterbrach es, indem er zu Katana sagte: „Wenn du es geschafft hättest, bis zum Orakel vorzudringen, was hättest du es gefragt?“ „Wahrscheinlich hätte ich wissen wollen, wer mir die Perle in meine Hütte geschmuggelt hat. Das ist das, was mich momentan wirklich am meisten interessiert.“ Link nickte. Er konnte gut verstehen, dass Katana diese Frage beschäftigte. Für sie musste es sehr schlimm sein, von einem Tag auf den anderen ohne ihr Volk zurecht zu kommen. Die Gedanken des Hylianer schweiften zu Mido. Es war nun schon fast ein Ahno her, dass er von den Kokiri verstoßen wurde. Aber im Vergleich zu Katana, hatte diese es besser getroffen, denn sie durfte nach Ablauf von fünf Wechslern wieder zu den Xylten zurück. Mido war für alle Zeiten von seinem Volk verbannt worden. Link fragte sich, was der junge Kokiri gerade machte. An welchen Ort mochte es ihn verschlagen haben? Ging es ihm gut? Vielleicht hatte er die Trennung auch gar nicht verkraftet und lag irgendwo völlig depressiv herum. Sicher, gegenüber seinem Volk hatte er niemals zugegeben, dass er sie gern hatte oder dass sie ihm nicht gleichgültig waren. Dennoch konnte sich Link vorstellen, dass Mido die anderen Kokiri ganz tief in seinem Inneren schrecklich vermisste. Plötzliche Hilfeschreie beendeten Links Überlegungen abrupt. Katana und er tauschten einen raschen Blick. „Das kommt von da vorne“, zeigte Katana in die entsprechende Richtung und spurtete los. Link rannte hinter ihr her, sah aus dem Augenwinkel, dass Navi ihnen ebenfalls folgte und zog noch im Lauf sein Schwert. Die Schreie wurden lauter und schriller und als der Junge und das Mädchen auf eine Lichtung traten, erblickten sie drei riesige Vögel mit gewaltigen Schwingen, riesigen Klauen und rasiermesserscharfen langen Schnäbeln. Ein schwarzhaariger Mann, nur mit einer langen Hose und einem grauen Cape bekleidet, fuchtelte mit einem langen Stab durch die Luft und versuchte, die Vögel zu vertreiben, die sich von seinen Angriffen absolut nicht beeindruckt zeigten. Katana hatte den Bogen von ihrer Schulter gestreift und einen Pfeil aufgelegt. Sie zielte genau auf eines der Bestien und ließ den Pfeil von der Sehne schnellen. Mühelos durchbohrte das Geschoss den Flügel des Tieres, das entsetzt aufkreischte und hart zu Boden stürzte. Sofort war Link zur Stelle und schlug mit seinem Schwert auf den Hals des Gegners ein. Der Fremde schaute mit großen Augen zu, wie seine unerwartete Hilfe mit den Vögeln fertig wurde. Erneut schoss Katana einen Pfeil ab, doch diesmal verfehlte dieser sein Ziel. Die Kreaturen hatten mittlerweile begriffen, wer der gefährlichere Gegner war und jeweils ein Biest griff Link und Katana an. Der scharfe Schnabel wischte nur um Haaresbreite an Link vorbei. Dafür wurde er von einem Flügel hart am Kopf getroffen und ging in die Knie. Katana erging es nicht viel besser. Sie duckte sich zwar, doch eine Klaue ihres Flugtieres riss ihr die Schulter auf. Das Mädchen schrie auf. Blut wurde vom Stoff ihres Hemdes aufgesogen. Beim nächsten Angriff war Link besser vorbereitet. Der Vogel flog über ihn hinweg, als der Junge das Schwert nach oben riss und dem Vieh den Bauch aufschlitzte. Der Vogel schrie so laut, dass Link das Gefühl hatte, sein Trommelfell würde platzen. Blut regnete auf ihn herab und er hob schützend die Arme über seinen Kopf. Unterdessen hatte der schwarzhaarige Mann seine Angst offenbar überwunden und eilte Katana zu Hilfe, denn der Vogel, der sie verletzt hatte, nahm erneut Kurs auf sie. Der Fremde eilte auf Katana zu und schwang seinen Holzstab. Kräftig ließ er den Stab auf den Schnabel des Tieres niedersausen. Mit einem gellenden Schrei stieg der Vogel in die Luft. Dieser Hieb hatte ihm offenbar die Lust am Fleisch seiner Opfer genommen, denn er entfernte sich von der Lichtung und war bald nicht mehr zu sehen. Der Vogel mit dem aufgeschlitzten Bauch lag in einer riesigen Blutlache auf der Erde. Link ging zu ihm und als er in seiner Nähe war, hackte das Tier wütend mit dem Schnabel nach ihm. Der Hylianer entschloss sich, seinen Gegner nicht leiden zu lassen und trennte ihm den Kopf ab. Dann schaute er angeekelt an sich herab. Überall klebte Blut an ihm und er stank erbärmlich. Er ging zu Katana und dem Fremden hinüber. Die Xylte schaute ihn schockiert an und Tränen der Verzweiflung füllten ihre Argen. „Mit mir ist alles in Ordnung. Das ist nicht mein Blut. Seid ihr gesund?“, erkundigte er sich. Beide nickten. „Vielen Dank für eure Hilfe“, sagte der Fremde. „Ohne euch hätten diese Biester mich nicht lange leben lassen.“ „Wer seid Ihr?“, wollte Link wissen. „Mein Name ist Mola.“ „Mola, wisst Ihr, ob sich hier in der Nähe eine Quelle oder ein Fluss befindet?“ Link wurde mittlerweile mit jedem Atemzug schlecht. „Ja, es gibt hier einen Fluss, etwa zehn Minuten entfernt.“ „Sehr gut“, meinte Link erschöpft. Schweigend legte das Quartett den Weg zum Fluss zurück. Selbst Navi, die sonst immer vorlaute Kommentare von sich gab, sagte kein Wort. Der Kampf hatte sie alle mitgenommen, wobei Link am schlimmsten aussah. Als sie am Fluss anlangten, war das Blut getrocknet und verursachte ein unangenehmes Ziehen auf der Haut. Link machte sich gar nicht erst die Mühe, sich zu entkleiden. Er legte seine Waffen und seine Stiefel ab und ließ sich ins Wasser gleiten. Erst als er eine Weile im Fluss herumgeplantscht war, zog er sich aus, wusch sich anständig und reinigte danach seine Kleidung. Auch Katana machte ihr Hemd und ihre Hose sauber und versorgte dann die Wunde auf ihrer Schulter. Der Fremde saß während dieser Zeit am Ufer und suchte Holzstücke zusammen, die er stapelte und dann in Brand steckte. Wenige Minuten später saßen Katana und Link mit Mola am Feuer und ließen sich trocknen. „Was macht Ihr in den Verbotenen Wäldern?“, erkundigte sich Link. „Nochmals vielen Dank für Eure Hilfe. Was für ein Glück, dass ihr gerade in der Nähe wart. Ich wollte mit einer Freundin nach Goronia. Sie war die erfahrenere Person von uns beiden und wusste um die Gefahren, die hier lauern. Doch unterwegs haben wir uns fürchterlich gestritten und sie ist weggelaufen und hat mich einfach im Wald zurück gelassen. Also habe ich versucht, alleine zu den Goronen zu gelangen. Das hat aber nicht so geklappt, wie ich mir das vorgestellt habe.“ „Allerdings“, stimmte Katana ihm zu. „Verzeiht, aber es war unendlich dumm von Euch, zu glauben, dass Ihr nur mit einem Stab bewaffnet den Gefahren in diesem Wald trotzen könnt.“ Mola blickte zu Boden. „Ich weiß. Aber alle anderen Waffen hat meine Freundin mit sich genommen.“ „Was wollt Ihr denn bei den …“ Katana unterbrach sich und wurde auf einmal bleich. „Was ist los?“, fragte Link besorgt. Katana schüttelte den Kopf. „Link, wir müssen nachher miteinander reden. Das ist sehr wichtig.“ Der Junge schaute sie überrascht an. Dann wandte sich Katana wieder Mola zu. „Entschuldigt meine Unhöflichkeit. Was wollt Ihr bei den Goronen?“ „Ich bin reisender Händler und habe einige Dinge bei mir, die für die Goronen bestimmt von Vorteil sein könnten. Daher möchte ich ihnen diese gerne vorführen.“ Mola zog sein Cape zurecht und wühlte in seinem Sack, den er bei sich trug. „Ich habe hier noch etwas Fleisch, das für uns drei reichen könnte. Ich würde es gerne mit Euch teilen. Das ist das größte Dankeschön, dass ich euch geben kann.“ Link und Katana nahmen das Angebot dankend an. Dann zog das Mädchen ihren Begleiter zur Seite, während Mola das Fleisch auf einen dicken Stock spießte und über das Feuer hielt. „Link, wir werden Mola zu den Goronen begleiten.“ „Stimmt, das wäre besser. Sieht so aus, als würde er ohne Eskorte nicht sehr lange überleben.“ Katana nickte. „Richtig, aber wir begleiten ihn nicht nur als Eskorte, sondern wir begleiten ihn ebenfalls, weil wir selber nach Goronia müssen.“ „Wie meinst du das?“ „Das hat doch das Orakel gesagt. Dein Doppelgänger versteckt sich im Stein. Im Stein, verstehst du? Das Gebirge.“ „Klar“, hauchte Link und schlug sich an die Stirn. „Warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen. Der Kerl hat im Gebirge sein Versteck.“ „Und es ist ein absolut ideales Versteck. Denn dort gibt es so viele Höhlen, dass es fast unmöglich wird, ihn dort zu finden.“ „Genau, aber wie finden wir ihn? Was soll die Sache mit dem Hummer?“ „Das kriegen wir auch noch raus“, meinte Katana zuversichtlich. „Lasse uns nur erst einmal im Gebirge sein.“ Dankbar umarmte Link sie. „Du bist einfach unbezahlbar“, sagte er und küsste sie auf die Wange. „Was würde ich ohne dich machen?“ Katanas rötliche Gesichtshaut wurde einige Nuancen dunkler, als sie antwortete: „Wahrscheinlich für den Rest deines Lebens in den Verlorenen Wäldern umherirren.“ Link lachte. „Es ist ja schön, dass ihr euch so freut, aber meint ihr nicht, dass ihr ein wenig zu vertrauensselig seid?“ Ernst blickte Navi die beiden an. „Wie kommst du denn darauf?“ „Nun ja, dieser Kerl, dem ihr da geholfen habt, der könnte doch derjenige sein, der auf euch geschossen hat.“ „Aber Navi“, sagte Katana streng, „du kannst doch nicht einfach fremde Leute beschuldigen.“ „Warum denn nicht?“, piepste sie. „Er war ganz in der Nähe. Wahrscheinlich hat er sich aus den Blättern gemacht, als ihr am Boden gelegen seid und ist dann auf die Vögel getroffen, die ihn angegriffen haben. Außerdem, ist euch schon einmal aufgefallen, wie er dauernd an seinem Cape herumzupft? Es scheint gerade so, als wolle er etwas darunter verstecken und unter keinen Umständen darf das jemand zu Gesicht bekommen.“ „Du hast dich früher zu oft in Midos Nähe aufgehalten, kann das sein?“, fragte Link. „Bitte“, antwortete Navi in beleidigtem Ton, „wenn ihr mir nicht glauben wollt, dann lasst es. Aber behauptet hinterher nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.“ Sie zog einen Schmollmund und flog davon. Katana runzelte die Stirn. „Findest du, sie hat Recht?“ „Schaden kann es jedenfalls nicht, wachsam zu sein.“ Wieder am Feuer angelangt, ließ die Gruppe sich das Fleisch schmecken. Katana und Mola kauten Kräuter dazu, während Link sich an einigen Beeren gütlich tat. Bevor sie ihren Weg fortsetzten, füllten sie noch ihre Wasservorräte auf. Dazu begaben sie sich an eine Stelle des Flusses, die etwas weiter entfernt lag. Sie konnten darauf verzichten, blutiges Wasser in ihre Flaschen zu füllen. Kapitel 26: TEIL 2 - Kapitel 14 ------------------------------- 14 Während die drei menschenähnlichen Wesen durch die Verlorenen Wälder spazierten, unterhielten sie sich über alles mögliche. Mola machte einen freundlichen Eindruck, doch Link und Katana blieben auf der Hut. Sie hatten schon mehr als einmal erlebt, dass ein Eindruck täuschen konnte. Im Verlauf ihrer Wanderschaft zog Katana Link ein kleines Stück beiseite und flüsterte: „Navi hat Recht. Hast du es bemerkt? Er zieht wirklich ziemlich oft an seinem Cape herum. Vielleicht versteckt er tatsächlich etwas auf seinem Rücken, das keiner bemerken soll.“ „Vielleicht hat er aber auch nur eine hässlich aussehende Verletzung. Dann ist es doch klar, dass er nicht möchte, dass diese jemand zu sehen bekommt, oder? Das wäre dir auch unangenehm.“ Katana schwieg, doch in ihrem Inneren hatte sich eine neugierige Saat festgesetzt, die größer und größer wurde, je öfter Mola das Cape über seinen ansonsten nackten Oberkörper zog. Lachend näherte sich die Gruppe dem Heimatort der Goronen, wobei Katana die Richtung vorgab. Sie wusste, wo sie abbiegen mussten und Link staunte über ihre Sicherheit, zumal sie genau wusste, dass die Verlorenen Wälder sich ständig veränderten. Er hätte sich hier niemals mit so einer Sicherheit zurecht gefunden. „Gibt es hier im Wald eigentlich Illusionisten?“, erkundigte sich Link. „Was gibt es?“ „Illusionisten. Die gaukeln dir vor … Aaaaaah.“ Mit einem lauten Schrei stürzte Link in die Fallgrube, auf die er getreten war und die unter seinem Gewicht nachgegeben hatte. Sein Fall dauerte zwar nur einen kurzen Moment, aber der Aufprall war doch sehr schmerzhaft. Link schrie laut auf, als er auf dem Boden landete. „Link“, hörte er Katana am Rand der Grube rufen. Er blickte nach oben. Ohne Hilfe würde er nicht herauskommen, dafür war die Grube zu tief. „Alles in Ordnung“, ächzte er laut. „Ich bin nicht verletzt. Aber es wäre toll, wenn einer von euch ein Seil herunterlassen könnte.“ „Alles klar“ rief Katana. Dann hörte Link das Klacken. Er sah sich um und entdeckte einen riesigen Käfer, der drohend auf ihn zukam. Seine Zangen öffneten und schlossen sich unaufhörlich und dieses Geräusch ließ Link einen kalten Schauer über den Rücken rinnen. „Und es wäre nett, wenn ihr euch ein wenig beeilen könntet, ich habe nämlich Gesellschaft“, schrie er seinen Gefährten zu. Er zog sein Schwert, bemerkte aber bald, dass die Grube zwar zimlich lang, aber nicht sehr breit war und somit nicht genug Bewegungsfreiheit bot, um sich mit dieser Waffe effektiv verteidigen zu können. Trotzdem versuchte er es und hieb auf den Käfer ein, traf jedoch nur dessen Panzer. Das brachte überhaupt nichts. Er musste an die Unterseite des Tieres gelangen, um es verletzen zu können, aber das Insekt dachte gar nicht daran, ihm seinen Schwachpunkt anzubieten. Es krabbelte vorwärts, holte mit der Zange aus und drückte Links Arm an die Wand. Mit schmerzverzerrtem Gesicht öffnete der Junge seine Hand und das Schwert fiel auf den Käfer und rutschte von dort zu Boden. Der Hylianer drückte seinen Kopf zurück und die andere Zange des Käfers klackte dicht vor seinen Augen zusammen. Ein Seil klatschte in die Grube, doch es war so weit entfernt, dass Link es unmöglich erreichen konnte. Die zweite Zange presste sich gegen seinen Hals und schränkte Links Bewegungsfreiheit noch weiter ein. Gurgelnde Laute kamen aus seiner Kehle, von denen Link hoffte, dass sie so laut waren, dass sie seine oben stehenden Begleiter alarmierten. Mit dem freien Arm drückte Link gegen die Zange an seinem Hals, aber es war zwecklos. Das Insekt war einfach zu stark. Der blonde Teenager schnappte verzweifelt nach Luft. In seinen Ohren begann es zu brausen. Wild schlug er um sich, ohne eine Reaktion zu erzielen. Lange würde er nicht mehr durchhalten. Er merkte bereits, wie sich die Bewusstlosigkeit ankündigte. Und dann ließ der Druck nach. Link rutschte zu Boden und schnappte nach Luft. Er hörte laute Schreie. Als er sich wieder erholt hatte, sah er Mola neben sich stehen. Der Käfer lag in vier Hälften zerteilt auf der Erde, wobei die einzelnen Hälften am Panzer klebten. „Geht es wieder?“, erkundigte sich Mola. Link nickte. „Was …“, krächzte er. „Nun ja, du hast nicht das Seil benutzt, um nach oben zu kommen. Also bin ich halt nach unten gesprungen und habe mir dein Schwert geschnappt. Es schneidet übrigens sehr gut.“ Grinsend hielt Mola Link die Waffe entgegen. Link setzte sich auf und warf Mola einen dankbaren Blick zu. Das Sprechen bereitete ihm noch Schmerzen. „Schon gut“, meinte sein Lebensretter und begann, am Seil hinaufzuklettern. Link folgte ihm wenige Augenblicke später. Am Rand der Grube warteten eine besorgte Katana und eine erstaunte Navi auf die beiden Männer. „Man kann dich keine Sekunde alleine lassen“, stellte Navi fest, als Link wieder aufgetaucht war. Der Hylianer sagte nichts. Momentan war es ihm egal, ob seine Fee moserte oder nicht. Diesmal war es wirklich sehr knapp gewesen. Katana holte das Seil wieder ein und legte es zurück zu ihrer Ausrüstung. „In den Verlorenen Wäldern muss man doppelt und dreifach aufpassen“, erinnerte sie ihre Begleiter erneut. „Natürlich konnte man die Fallgrube nicht voraussehen, aber solche Art von Gefahren können hier an jeder Ecke lauern. Man muss immer das Unerwartete erwarten und auf alles vorbereitet sein. Jeder Sekundenbruchteil Unaufmerksamkeit kann den Tod nach sich ziehen.“ „Wie werdet Ihr denn mit den Gefahren fertig, wo ihr jeden Tag hier verbringt?“, erkundigte sich Mola. „Mit der Zeit lernt man die Gefahren einzuschätzen. Und man bewegt sich entsprechend vorsichtig.“ „Was nicht auf jeden zutrifft“, meldete sich Navi. Link warf ihr einen finsteren Blick zu. Auf dem weiteren Weg marschierten sie langsamer. Aufmerksam schauten sie sich immer wieder um, wobei auch der Blick zum Himmel und auf den Boden nicht vergessen wurde. Plötzlich sah Katana in einiger Entfernung etwas aufblitzen. Sie blieb stehen. „Was ist?“, fragte Mola sie, doch sie schüttelte den Kopf und wartete. Nach einer Weile blitzte es erneut. „Da drüben ist Lichtgras“, verkündete sie. „Das könnte bei Dunkelheit nützlich sein. Allerdings kommt es sehr selten vor, daher ist es ziemlich kostbar. Kommt, holen wir uns ein wenig davon.“ Vorsichtig gingen sie weiter voran. Ein Busch versperrte ihnen den Weg. Katana zog ihr Schwert und hieb auf das Hindernis ein. „Versucht ihr, ob ihr außen herum an das Lichtgras herankommen könnt“, sagte sie zu ihren Begleitern, die sich jedoch nicht allzu weit entfernten, so dass sie Katana immer im Auge behalten konnten. Ihr Schrei alarmierte sie. Ohne zu zögern, rannten Link und Mola zu ihr und erkannten, dass das Mädchen in einem großen Spinnennetz steckte, dass geschickt hinter dem Busch verborgen war und den Weg zum Lichtgras versperrte. Die Erbauerin des Netzes krabbelte langsam auf seine Beute zu. Kräftig hieben die beiden Männer auf das Netz ein. Der Spinne gefiel das gar nicht und gezielt sprühte sie Link einen Strahl ihrer Netzflüssigkeit ins Gesicht. Angewidert ließ Link sein Schwert los und wischte sich das Netz vom Gesicht. Mola reagierte blitzschnell, hob Links Schwert auf, attackierte seinerseits die Spinne und schnitt ihr drei Beine ab, worauf sie das Gleichgewicht verlor und in den klebrigen Fäden ihres eigenen Netzes landete. Jetzt war der Sieg über die Spinne ein leichtes Unterfangen. Mola spießte das Tier mit der Spitze auf und schleuderte es dann in hohem Bogen davon. Mit raschen Schnitten befreite er Katana aus dem Netz. Sie zitterte am ganzen Körper und ihre männlichen Begleiter zogen die Reste des Netzes von ihrem Leib. „Vielen Dank, dass du mir immer dein Schwert leihst“, grinste Mola und gab dem Jungen die Waffe zurück. „Mit dem Stab hätte das bestimmt nicht so gut funktioniert“, erwiderte Link trocken. Dann nahm er die immer noch zitternde Katana in die Arme und streichelte sie so lange, bis sie sich einigermaßen beruhigt hatte. „Was hattest du gesagt?“, erkundigte sich Malo bei Katana, während sie das Lichtgras pflückten. „’Mit der Zeit lernt man die Gefahren einzuschätzen. Und man bewegt sich entsprechend vorsichtig.’ Ich habe mich da doch nicht verhört, oder?“ „Nein, hast du nicht. Ich wollte euch auch mal etwas zu tun geben, wo ihr doch sonst nur neben mir her lauft.“ Die Nacht brach an und das Trio beschloss, sie in der Nähe des Lichtgrases zu verbringen. Nachdem sie gegessen hatten, legten sich Katana und Malo schlafen, da Link die erste Wache übernehmen wollte. Sie hatten auf ein Feuer verzichtet, da das Lichtgras genug Helligkeit spendete. Link saß auf dem Boden und dachte über verschiedene Dinge nach, zu denen die Weissagung des Orakels, der unbekannte Schütze und ihr dritter Weggefährte gehörte. Der Hylianer stutzte, als er Katana sah, die sich vom Boden aufsetzte und sich vorsichtig auf Malo zu bewegte, der auf dem Bauch lag und schlief. „Hey“, rief Link leise und Katana zuckte zusammen. „Was hast du vor?“ „Ich will nur mal kurz sein Cape anheben, um auf seinen Rücken zu gucken.“ „Bist du übergeschnappt? Was fällt dir ein? Das kannst du nicht machen.“ „Doch. Navi hat vollkommen Recht. Er ist auffallend oft mit seinem Umhang beschäftigt. Das muss eine Ursache haben.“ „Schon möglich, aber diese Ursache ist nicht deine Sache und sie hat dich nicht zu interessieren.“ „Vielleicht ist es aber etwas, was uns gefährlich werden kann.“ „Du lässt die Finger von dem Cape“, sagte Link leise in warnendem Tonfall. „Bisher hat uns Malo keinen Grund gegeben, ihm zu misstrauen. Glaubst du, das bleibt so, wenn er mitbekommt, was du da tust?“ „Ich bin ganz vorsichtig. Er wird nichts merken.“ Links weitere Worte interessierten Katana nicht. Sie trat an Malo heran, schob sein Cape zur Seite und entblößte seinen Rücken. Irritiert blickte sie darauf, dann ging sie zu Link und teilte ihm flüsternd mit: „Es ist nur eine Tätowierung von einem Panther. Kein Grund zur Besorgnis.“ Ein lautes Brüllen ließ sie herumfahren. Der Strahlenpanther löste sich von Malos Rücken und stand nur wenige Meter entfernt vor ihnen. Er besaß keinen richtigen Körper, sondern bestand nur aus den Strichen, die die Tätowierung zeigte. „Befriedigte Neugier zieht manchmal keine Befriedigung nach sich“, sagte Malo laut und stand auf. Der Panther stand fauchend neben ihm. Katana drückte sich ängstlich an Link, der langsam sein Schwert aus der Scheide zog. „Es bricht mir wirklich das Herz, denn ihr seid sehr nett. Es ist wirklich ein Verlust, dass euer Leben hier endet. Aber mein Tier hat sicher Hunger, da er seit zwei Dis nichts mehr zu essen bekommen hat.“ „Warum hast du uns das Leben gerettet, wenn du uns doch tot sehen möchtest?“, fragte Link. „Weil es einen Unterschied darstellt, ob ihr von jemand anderem erledigt werdet, oder ob ich das selbst besorge. Außerdem hätte ich meinen Liebling so um zwei Leckerbissen gebracht.“ Sein freundliches Gesicht wurde todernst, als er sich dem Strahlenpanther zuwandte und mit dem Finger auf Link und Katana zeigte. „Friss sie“, schrie er und die Bestie sprang auf ihre Opfer zu. Kapitel 27: TEIL 2 - Kapitel 15 ------------------------------- 15 Mit einem kräftigen Sprung spritzten Link und Katana auseinander und der Panther landete zwischen den beiden. Der Hylianer schlug kräftig auf das Tier ein, doch die Klinge fuhr durch das Biest hindurch und traf den Waldboden, wobei die Waffe durch den Aufprall Link fast aus der Hand geprellt wurde. So konnten sie das Raubtier also nicht besiegen. Links Blick huschte hinüber zu Mola, der mit einem breiten Grinsen dem Kampf zusah. Bestimmt war er der Schlüssel zur Lösung. Der Teenager war sich fast sicher, dass man Mola töten musste, damit der Panther keinen Schaden mehr anrichten konnte. Also bemühte er sich, an den Mann heranzukommen, doch der Panther vereitelte jeden Annäherungsversuch. Knurrend sprang er Link gegen die Brust, der zu Boden gerissen wurde und den Atem des Tieres in seinem Gesicht spürte. Die Bestie schnappte zu und biss sich in Links rechtem Arm fest, den der Hylianer abwehrend nach vorne gehalten hatte. Link schrie, während der Panther seinen Arm knurrend hin und her schüttelte. Katana hatte ebenfalls ihr Schwert gezogen und gesehen, wie Links Schwerthieb dem Tier nicht den geringsten Schaden zugefügt hatte und sie kam zu dem gleichen Schluss wie der blonde Junge. Sie stürmte nach vorne und wollte Mola die Klinge in den Leib stoßen. Doch dieser lachte nur, als die Klinge ihn traf. Sie durchdrang seine Brust nicht, sondern prallte daran ab. Er schlug Katana mit der flachen Hand ins Gesicht, so dass diese zu Boden fiel und sich mehrmals überschlug. Benommen blieb sie liegen. Wie durch Watte hörte sie Links verzweifelte Schreie, die ihr fast noch mehr weh taten als ihre eigenen Verletzungen. Und plötzlich war Malo über ihr, riss sie an ihren Haaren in die Höhe und verpasste ihr einen Fausthieb, so dass Dutzende von Sternen vor ihren Augen zerplatzten. „Du willst dich mit mir anlegen?“, hörte sie ihn schreien, bevor der nächste Schlag ihr fast die Besinnung raubte. Er warf ihren Kopf zurück auf den Boden. Nicht ohnmächtig werden, schrie es in ihr. Wenn du das Bewusstsein verlierst, kannst du nichts mehr unternehmen. Katana nahm all ihre Energie zusammen, um zu verhindern, dass sie sich der gnädigen Schwärze hingab. Unterdessen hatte der Panther von Links Arm abgelassen. Der Teenager schrie immer noch. Das Strahlentier sprang mit dem Vorderteil seines Körpers in die Höhe und ließ sich einfach wieder fallen. Die Krallen bohrten sich in Links Brust. Blut spritzte hervor und durchnässte seine Tunika. Die Schreie des Jungen wurden noch lauter und schriller. Katanas Kopf war zur Seite gerollt. Sie spielte Mola vor, dass sie bewusstlos geworden war und hoffte, dass ihr Peiniger nichts davon merkte. Bitte verschwinde und kümmere dich nicht mehr um mich, flehte sie in Gedanken während Wellen von Schmerzen durch ihren Körper jagten. Und ihre Gebete wurden erhört. Mola wandte sich von ihr ab, um sich zu seiner Raubkatze zu begeben. Katana versuchte verzweifelt, die Schmerzen zum Abklingen zu bringen. Sie musste Link unbedingt helfen, aber das konnte sie nur, wenn sie einigermaßen klar im Kopf war. Gewaltsam öffnete sie die Augen ein kleines Stück und sah den kahlköpfigen Mann, wie er neben dem Strahlentier kniete. Sie fingerte nach ihrem Dolch und bekam den Griff zu fassen. Der erste Wurf muss genau ins Schwarze treffen, redete sie sich ein, ansonsten erwartet sowohl Link als auch dich der sichere Tod. „Beiß ihm die Kehle durch.“ Katana setzte sich unter Schmerzen mit zusammengebissenen Zähnen auf und warf den Dolch. Die Klinge drang an genau der Stelle in Molas Rücken ein, an der sich die Tätowierung befand. Mensch und Tier heulten gleichzeitig auf. Der Mann bäumte sich auf und tastete nach dem Dolch, doch die Schmerzen setzten ihm zu sehr zu, als dass er gezielt nach der Waffe greifen konnte. Der Panther ließ augenblicklich von Link ab und versuchte wieder in den Rücken seines Herrn zu gelangen. Nachdem Katana das Messer geworfen hatte, wartete sie nicht lange. Sie robbte zu der Stelle, an der Mola kniete und hoffte, dass er sie nicht bemerkte. Doch sowohl ihr Gegner als auch das Tier waren viel zu sehr mit sich selber beschäftigt. Das Mädchen umfasste den Griff und drehte die Waffe herum. Sie zog den Dolch heraus und rammte ihn im Bruchteil einer Sekunde abermals in die Tätowierung. Schreiende und kreischende Laute kamen aus der Kehle des Mannes. Die eine Hälfte des Panthers hing schlaff an seinem Rücken herunter. Dann brach Mola zusammen und fiel über Links Beine. Katana wusste, dass keine Gefahr mehr von Mola ausging und kümmerte sich um ihren schwer verletzten Begleiter. Link lag auf dem Rücken, die Arme neben seinem Körper und hatte die Augen geschlossen. Schon seit einiger Zeit hatte er nicht mehr geschrieen sondern war bewusstlos geworden. Er sah furchtbar aus. Katana zog ihm die Handschuhe aus und schob vorsichtig den Ärmel seines Shirts nach oben. Der gesamte rechte Unterarm war zerfleischt. Die Tunika war im gesamten Brust- und Bauchbereich nass und triefte von Blut. „Link“, flüsterte das Mädchen entsetzt. Ihre Hände fuhren suchend durch die Luft. Sie wusste nicht, wo sie Link berühren sollte, ohne die ganzen Verletzungen nicht eventuell noch zu verschlimmern. Schließlich umfasste sie seine Schultern und schüttelte ihn leicht. Navi war aus ihrem Versteck gekommen und blickte fassungslos auf den Jungen, dem das Blut seitlich am Körper hinunter lief. Ihre Stimme zitterte, als sie sagte: „Ist … ist er …“ Die Xylte tastete nach Links Puls. Er war noch vorhanden, aber kaum zu spüren. Sie antworte Navi nicht. Jede Sekunde war zu kostbar, als sie mit Reden zu vergeuden. Katana lief zu ihren Vorräten und brachte diverse Gefäße, Tücher und viel Wasser zu ihrem Patienten. Dann zog sie das Messer aus Molas Rücken, packte den Besiegten am Arm und zog ihn von Links Beinen herunter. Als nächstes löste sie Links Waffengurt und schnitt dem Hylianer die Kleidung auf. „Bei allen Heiligen“, flüsterte sie fassungslos. Links Oberkörper war komplett mit Blut bedeckt, so dass sie nicht einmal erkennen konnte, an welcher Stelle sich seine Verletzungen befanden. Sie hatte vorgehabt, ihm zuerst einmal das Blut abzuwaschen, doch jetzt erkannte sie, dass Link sterben würde, wenn sie mit dieser Arbeit begann. Er war einfach zu schwach. Katana biss die Zähne zusammen, kramte in ihrer Tasche und holte das Gefäß mit den zwei Kraftkugeln heraus. Eine der Kugeln, die mit einer weißen schmierigen Schicht bedeckt waren, nahm sie in ihre Hand. Mit der anderen Hand drückte sie links und rechts gegen Links Wange und öffnete auf diese Weise seinen Mund. Dann schob sie die Kugel in Links Mundhöhle, packte seinen Ober- und Unterkiefer und schob die beiden Kiefer immer wieder zusammen und auseinander. „Los, kau und schluck den Saft“, sagte sie zu ihm. Dann entdeckte sie die schwarze Flüssigkeit, die Link aus den Mundwinkeln rann. „Nein“, schrie sie. Wütend stemmte sie Link etwas in die Höhe und hielt ihr Bein gegen seinen Rücken. In gebeugter Haltung bearbeitete sie seinen Kiefer weiter. „Du wirst nicht sterben, sondern den Saft schlucken. Schluck ihn runter, hast du verstanden?“, schrie sie ihn an. Sie sah, wie sich sein Adamsapfel bewegte. „Ja, sehr gut. Weiter so. Schön schlucken, so viel wie möglich“, spornte sie ihn an und knetete weiter an seinem Mund herum. Navi flatterte auf der Stelle und sah Katanas Bemühungen wie erstarrt zu. Winzige Tropfen fielen aus ihren Augen zu Boden. Nach einer Weile ließ das braunhaarige Mädchen Link sanft zu Boden gleiten und fühlte erneut nach seinem Puls. „Schon besser“, brummte sie, tauchte einen Lappen in klares Wasser und wischte damit Links Oberkörper sauber. Zwischendurch überprüfte sie immer wieder Links Puls und sorgte dafür, dass er weitere Flüssigkeit aus der Kraftkugel schluckte. Endlich konnte sie die Verletzungen sehen, die die Krallen des Panthers in seiner Brust und seinem Bauch hinterlassen hatten. Ihr wurde fast schlecht, aber sie nahm sich zusammen. Der Hylianer brauchte sie jetzt. Schlapp machen konnte sie später immer noch. Aus einem Gefäß entnahm sie ein paar Blätter, tunkte sie kurz in sauberes Wasser und legte die Blätter dann auf die Wunden. Weiter konnte sie die Wunden in seinem Oberkörper nicht behandeln. Dann kümmerte sie sich um den Arm des Jungen. Dieser sah wesentlich schlimmer aus. Fetzen aus rohem Fleisch hingen blutend an den Bisswunden herunter. Katana schluckte die Übelkeit, die sie überfiel, hinunter. Tränen traten in ihre Augen. Links Arm war nicht mehr zu retten. Sie würde ihn abtrennen müssen, ansonsten bestand die Gefahr, dass sich die Wunde entzündete und sich eine Vergiftung in seinem gesamten Körper ausbreitete, die ihn mit ziemlicher Sicherheit umbringen würde. „Es tut mir so leid, Link“, schluchzte sie auf. „Ich will das nicht.“ Navi guckte sie erschrocken an. „Was … was ist denn?“, piepste sie mit ängstlicher Stimme, doch sie war sich überhaupt nicht sicher, ob sie die Antwort hören wollte. Katana hob den Kopf und sah Navi mit tränenüberströmtem Gesicht an. „Ich … ich muss ihm den Arm abnehmen. Er stirbt sonst.“ „Nein“, wimmerte Navi, flog zu Katanas Gesicht hinunter und schaute ihr mit verzweifeltem Blick in die Augen. „Bitte, tu das nicht.“ „Ich muss“, schluchzte Katana. „Er wird keinen Dis mehr überleben, selbst wenn ich diese Wunde behandle. Die Verletzung ist zu schwer.“ Navi schluchzte leise auf und Katana konnte ihren bettelnden Blick fast nicht ertragen. „Meinst du vielleicht, ich fühle mich gut?“, flüsterte sie, während Tränenströme ihr Gesicht hinunter liefen. „Ich denke daran, wie er reagieren wird, wenn er aufwacht und sieht, wie sein halber Arm verschwunden ist. Und was meinst du, wie viel Angst ich davor habe, wenn er erst einmal richtig realisiert hat, dass sein Arm und seine Hand nicht mehr da ist. Ich höre ihn bereits, wie er zu mir sagt, dass ich ihn doch lieber hätte sterben lassen sollen, anstatt …“ Katana brach ab und schlug die Hände vors Gesicht. Weinkrämpfe schüttelten ihren Körper. „Bitte“, flehte Navi mit stockender Stimme, „es muss doch noch eine Lösung geben. Tu ihm das nicht an. Er wird daran zerbrechen. Das hält er nicht aus.“ „Navi, mach es mir doch nicht noch schwerer“, schluchzte Katana. „Bitte, überlege doch noch einmal“, heulte die Fee. „Gibt es keine andere Möglichkeit? Selbst die kleinste Alternative könnten wir doch erst ausprobieren.“ Katana schüttelte den Kopf. Doch dann fiel ihr etwas ein. Ein Ritual, dass sie vor langer Zeit gelernt hatte und dass tatsächlich einen Ausweg aus dem Dilemma bot. Sie zog die Nase hoch, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sagte: „Doch, es gibt eine andere Möglichkeit. Aber sie ist gefährlich, sowohl für mich als auch für ihn. Ich werde nicht in der Lage sein, seinen Gesundheitszustand zu überwachen. Er könnte sterben, da sich niemand um ihn kümmern kann, wenn es ihm schlechter geht.“ „Was wird denn mit dir sein?“, erkundigte sich Navi mit angsterfüllter Stimme. „Ich werde bewusstlos neben ihm liegen“, erklärte Katana. „Und du kannst nichts anderes tun, als darauf zu hoffen, dass wir beide irgendwann wieder aufwachen. Aber bis dahin bist du hilflos. Auch wenn noch weitere Feinde kommen, kannst du nichts ausrichten, sondern musst zusehen, wie sie uns töten, während wir hilflos am Boden liegen.“ „Ich möchte ihn nicht verlieren“, flüsterte Navi. „Das will ich auch nicht, glaube mir. Aber du musst dir darüber klar sein, dass wir mit dem Ritual ein sehr großes Risiko eingehen.“ Navi überlegte. Was würde Link wollen? Wie würde er sich entscheiden? Er würde sicherlich das Risiko auf sich nehmen, wenn auch nur die kleinste Chance bestand, dass er dadurch seinen Arm retten konnte. Über den Verlust seiner Hand und des halben Arms würde er niemals hinweg kommen. Das würde ihm noch mehr zusetzen, als die Schwierigkeiten, die ihm sein Doppelgänger bereitete. „Kannst du ihm nicht vorher die zweite Kraftkugel geben? Dadurch wird er doch widerstandsfähiger“, bettelte Navi Katana überlegte. „Gut“, nickte sie dann, „das werde ich tun. Also soll ich das Ritual durchführen?“ „Link würde das ganz bestimmt wollen.“ Das Mädchen machte sich an die Arbeit. Zuerst holte sie die zweite Kraftkugel aus dem Gefäß, legte sie Link in den Mund und achtete darauf, dass er den Saft aus den Kugeln schluckte. Wenn sie aufwachte, würde sie selber kraftlos sein, aber sie hatte noch ein paar Kräuterblätter, die zwar nicht so wirkungsvoll waren wie die Kugeln, sie aber dennoch etwas stärken würden. Sie zog an der Kordel, die an der Vorderseite ihres Hemdes angebracht war und streifte das Hemd über ihren Kopf. Mit nacktem Oberkörper kniete sie nun vor dem bewusstlosen Jungen. Dann nahm Katana ihr Messer in die Hand und hob Links Arm hoch. „Es tut mir leid. Ich muss dir jetzt weh tun“, sagte sie und schnitt die herunterhängenden Fleischfetzen von Links Arm. Sie knetete sie in ihrer Hand zu einer Kugel, steckte sich diese nach einigem Zögern in den Mund und kaute. Dann bearbeitete sie erneut Links Kiefer, bis er wieder etwas Saft geschluckt hatte. Erneut überprüfte sie den Puls. Er schlug jetzt ein wenig kräftiger, war aber immer noch sehr unregelmäßig. Katana schluckte das Fleisch von Links Arm hinunter und wartete eine Weile. Dann schloss sie die Augen, wiegte sich vor und zurück und begann Worte zu sprechen, die Navi, die der ganzen Prozedur neugierig und angeekelt zusah, nicht verstehen konnte. Katana sprach mal lauter und mal leiser, ab und zu schrie sie sogar und manchmal war sie fast überhaupt nicht zu verstehen. Nach einigen Minuten saß sie ganz still und wartete ab. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. Sie ergriff Links zerfleischten Arm und winkelte ihn an. Dann begann sie wieder zu sprechen und setzte sich in Position, so dass sie Links Arm parallel zu ihrem Rücken hielt. Abrupt brach sie ab und presste Links Wunde gegen ihren Rücken. Katana schrie gellend, als die Wunde ihren Körper berührte, doch sie hielt Links Arm so lange fest, wie sie konnte. Immer schriller hallten ihre Schreie durch den Wald, bis sie plötzlich den Arm los ließ, langsam zur Seite kippte und mit dem Gesicht auf Links blutiger Tunika landete. Von ihrem Rücken stiegen Rauchwolken empor. Das vorher noch heil gewesene Fleisch wies nun genau die gleichen Verletzungsmerkmale auf wie Links Arm. Navi flog panisch zu den beiden Bewusstlosen. Jetzt wusste sie, was Katanas Worte bedeuteten. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als zu warten, bis einer von beiden wieder zu sich kam. Kapitel 28: TEIL 2 - Kapitel 16 ------------------------------- 16 Die Nacht verstrich, es wurde hell und immer noch war weder Katana noch Link aus der Bewusstlosigkeit erwacht. Navi wachte mit Argusaugen über die beiden. Zuerst hatte sie panische Angst verspürt, weil sie dachte, dass das Leuchten des Lichtgrases eventuelle Gegner anlocken könnte. Aber die Sorge war unbegründet gewesen. Link hatte während der Nacht mehrmals seinen Kopf hin und her geworfen und unverständliche Worte gebrummelt, aber Navi hielt das für ein gutes Zeichen. Was sie aber für kein gutes Zeichen hielt war, dass Link sehr stark schwitzte. Das Wasser rann ihm übers Gesicht und dicke Tropfen bedeckten seine Brust. Doch niemand konnte ihm etwas zu trinken einflößen und Navi hoffte nur, dass der schwer verletzte Junge so lange durchhielt, bis Katana wieder wach wurde. Doch das dauerte endlos lange. In höchster Not hatte die Fee ihre Hände zusammengefaltet, Wasser in sie geschöpft und es Link auf die Stirn getropft. Mehr konnte sie nicht für ihn tun und es zerriss ihr das Herz, wie er so hilflos auf der Erde lag. Es war schon fast die Mitte des Dis, als Navi bemerkte, dass Katanas Augenlider flatterten. Sofort flog die Fee dicht an Katanas Ohr. „Katana, aufwachen. Link braucht dich. Katana, wach auf. Bitte, mache die Augen auf. Link braucht etwas zu trinken“, rief sie immer wieder ins Ohr des Mädchens, bis dieses schließlich die Augen aufschlug und stöhnte. Sie streckte ihre Hand aus und machte eine Bewegung in Richtung ihrer Tasche. Von Schmerzen gepeinigt schrie sie auf. Sie hatte das Gefühl, als würden gühende Nägel in ihrem Rücken stecken. Unter starker Pein öffnete sie ihre Tasche und holte zwei Blätter hervor, die sie sich in den Mund stopfte und darauf kaute. Nach etwa einer Minute ließ der Schmerz nach. Sie spürte, wie ihre Rückenpartie betäubt wurde. Dann sah sie nach Link. Er war schweißgebadet und sie wischte die salzige Flüssigkeit mit Wasser ab. Dann flößte sie ihm vorsichtig aus ihrer Handfläche Wasser in den Mund. Offenbar hatte der Hylianer Durst, denn sofort schluckte er das Wasser. Katana kam eine Idee. Sie öffnete Link den Mund und stellte fest, dass die beiden Kraftkugeln sich noch in seiner Mundhöhle befanden. Durch Kaubewegungen, die sie Link abverlangte, presste sie weitere Flüssigkeit aus den Kugeln. Dann gab sie Link weiteres Wasser zu trinken, dass er automatisch zusammen mit dem schwarzen Saft aus den Kugeln schluckte Sie begann zu zittern und merkte, dass ihr kalt war. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich wieder ihr Hemd anzuziehen. Der weiche Stoff fiel über ihren Oberkörper, aber sie spürte keinen Schmerz am Rücken. Dennoch war sie so erschöpft, dass sie keine Lust verspürte, Nahrung zu sich zu nehmen. Sie hob die Blätter auf Links Brust an. Die Löcher, die die Krallen des Panthers hinterlassen hatten, waren schon kleiner geworden. Abermals befeuchtete Katana die Blätter und legte sie wieder auf Links Brust und auf seinen Bauch. Dann widmete sie sich Links Arm. Neues Fleisch hatte begonnen, sich zu bilden. In zwei oder drei Dis würde der Arm vollständig verheilt sein. Die Wunde, die sich auf ihrem Rücken gebildet hatte, würde nur zur Hälfte wieder zuwachsen. Katana wusste, dass sie für den Rest ihres Lebens mit einem verwundeten Rücken würde leben müssen. Doch bei ausreichender Zufuhr von Betäubungsblättern würde ihr der Schmerz nicht allzu viel ausmachen. Sie überprüfte Links Puls, der sich fast normalisiert hatte. Auch seine Atmung war wieder kräftiger geworden, aber sie war sich darüber im klaren, dass der Hylianer noch nicht über den Berg war. Immer wieder konnte ein Rückfall eintreten. Sie würde ihn sehr genau beobachten müssen. Doch jetzt, wo sie wieder bei Bewusstsein war, war das das geringste Problem. „Irgendwelche Vorkommnisse?“, fragte sie die Fee und Navi schüttelte den Kopf. „Ich bin froh, dass du wieder da bist“, gab Navi zu. „Ich auch“, sagte Katana müde, aber sie durfte sich jetzt nicht ausruhen. Es war wichtiger, sich um Link zu kümmern. Sie wachte neben dem Hylianer, flößte ihm von Zeit zu Zeit Flüssigkeit ein und sprach mit ihm. Sie erzählte ihm von ihrem Leben bei den Xylten und von einigen Begebenheiten, die sie früher in den Verbotenen Wäldern gehabt hatte. Wenn die Müdigkeit sie zu überwältigen drohte, schluckte sie ein Büschel Augenreißer, eine Pflanze, die Erschöpfungszustände überwinden half und die Müdigkeit vertrieb. Danach war man wieder für Stunden hellwach. Am nächsten Morgen war die Krise überstanden. Link hatte sich langsam erholt und nun bestand keine Lebensgefahr mehr für ihn. Die Wunden auf seinem Oberkörper hatten sich fast gänzlich geschlossen und ein dünnes Häutchen bedeckte seine gesamte Armverletzung. Nun würde die restliche Heilung und das Nachwachsen des Fleisches um einiges schneller vonstatten gehen. Erneut zwang Katana ihn, den Mund aufzumachen und entfernte die beiden Kraftkugeln. Gegen Mittag erwachte der Hylianer. Als Katana und Navi sein Stöhnen hörten, waren sie blitzschnell bei ihm. Seine Augenlider hoben sich langsam, als ob er Mühe hätte, sie zu öffnen. „Link?“, sagten Katana und Navi gleichzeitig. Der Junge blickte sie irritiert an. „Wo bin ich?“, fragte er und wollte sich aufsetzen, aber Katana drückte ihn zurück. „Nicht so schnell. Du warst sehr schwer verletzt. Navi und ich, wir haben uns wirklich gefragt, ob wir dich wieder auf den Baum bringen können. Aber jetzt geht es dir wieder besser.“ Link hob seinen Arm und verzog schmerzhaft das Gesicht. „Ich bin mir da gar nicht so sicher“, ächzte er. Katana lachte. Navi wartete nicht länger. Sie flog auf Link zu und umarmte ihn. „Ich bin so froh, dass du wieder bei uns bist“, sagte sie glücklich. „Soll das heißen, dass du mich im Grunde deines Herzens doch magst?“, fragte Link schwach. Sofort ließ Navi ihn los. „Natürlich nicht. Wie kommst du darauf? Bilde dir bloß nicht ein, dass ich alles, was du zu mir gesagt hast, schon wieder vergessen habe, nur weil du verletzt warst.“ Der Hylianer nickte. „Liebe treue Navi. Schön, dass du dich kein bisschen verändert hast.“ Die Fee lächelte ihn freudig an und ließ ihren Flügel sanft über seine Wange schwirren. Link blickte an sich herunter. „Ich musste deine Kleidung aufschneiden, um deine Verletzungen behandeln zu können. Deine Tunika und dein Shirt sind voll von Blut, aber das kann man wieder waschen. Vielleicht können wir irgendwelche Ösen anbringen, damit du deine Tunika wieder schließen kannst.“ „Ist schon in Ordnung“, meinte Link. Er dachte angestrengt nach. „Was ist denn eigentlich passiert? Ich kann mich an gar nichts erinnern.“ „Du wurdest von einem Strahlenpanther angegriffen“, sagte Navi und flog aufgeregt hin und her. „Aber dem habe ich es gezeigt. Als er dich verletzt hat, bekam er es mit mir zu tun und das ist ihm gar nicht gut bekommen.“ Link ließ seinen Kopf auf den Waldboden sinken und schloss die Augen. „Ach ja“, antwortete er mit schwacher Stimme, „ich erinnere mich. Hast du nicht mit einem Baumstamm nach ihm geworfen?“ Katana lachte und sagte: „Du solltest jetzt wieder schlafen. Immerhin bist du noch sehr schwach. Es ist gut, wenn du dich so lange wie möglich ausruhst, um wieder zu Kräften zu kommen.“ Sie nahm seine Wangen zwischen ihre Hände, beugte sich zu ihm hinunter und flüsterte: „Habe keine Angst, ich werde auf dich aufpassen. Das verspreche ich.“ Link lächelte, als das Mädchen ihn sanft auf den Mund küsste und schlief wieder ein. Als er am Abend das nächste Mal erwachte, fühlte er sich wesentlich besser. Sein Arm tat zwar immer noch weh, aber wenigstens die Wunden auf seiner Brust und seinem Bauch waren komplett wieder verheilt. Er aß ein wenig Suppe, die Katana zubereitet hatte und die nach und nach ihre kräftigende Wirkung entfalten würde. Das Mädchen erzählte ihm noch einmal, was genau geschehen war, doch der Angriff des Panthers war komplett aus Links Erinnerung verschwunden. Er wusste nur noch, dass er die Wache übernommen hatte und von diesem Moment an konnte er sich an nichts mehr erinnern, wobei Katana ihm versicherte, dass die fehlende Erinnerung absolut kein Verlust war. Mit jeder Stunde erholte der Hylianer sich mehr und Katana half ihm, wo sie nur konnte und zeigte ihm deutlich, dass sie mehr als bloße Freundschaft für ihn empfand. Link genoss es, umworben zu werden und die Momente, in denen sie sich küssten und gegenseitig streichelten, tauchten immer häufiger auf. Der Junge war seiner Begleiterin sehr dankbar, dass sie ihm das Leben gerettet hatte und seitdem er aufgewacht war, hatte er beobachtet, dass seine Gefühle für sie stärker geworden waren. Es bestand kein Zweifel, er hatte sich in sie verliebt. Und obwohl sie es nicht aussprach, wusste er, dass es bei ihr genauso war. Sie hatte nicht die ganze Zeit an seinem Krankenbett gewacht, wenn sie nicht auch tiefere Gefühle für ihn hegen würde. Katana ihrerseits freute sich, dass Link ihre Liebkosungen erwiderte. Sehr gut konnte sie sich noch daran erinnern, wie sie sich am ersten Tag angezickt hatten. Aber warum musste er auch ausgerechnet an der Stelle entlang laufen, an der sie ihre Falle aufgestellt hatte? Auf jeden Fall war sie heilfroh, dass der Junge ihr nichts nachtrug. Und eigentlich hatte er doch schon bewiesen, dass sie ihm nicht gleichgültig war, sonst hätte er sich nach dem Überfall durch die Jigarkhvar nicht solche Sorgen um sie gemacht. Als der blonde Teenager sich wieder kräftig genug fühlte, um seinen Weg zu den Goronen fortzusetzen, packten sie ihre Sachen zusammen und marschierten los. Links Arm war mittlerweile fast vollständig verheilt und tat auch nicht mehr weh. Unterwegs gelangten sie an eine Quelle, in der sie ihre Wasservorräte auffüllten und ihre Kleider gründlich wuschen. Dann legten sie ihre Kleidung zum Trocknen auf Steine und Baumstümpfe, befahlen Navi darauf aufzupassen und glitten noch einmal ins Wasser, um ein wenig zu schwimmen. Katana paddelte von hinten an Link heran, umfasste seine Brust und streichelte sie. „Es war gar kein Fehler von mir, deine Tunika und dein Shirt aufzuschneiden. Aber so, wie du jetzt bist, gefällst du mir am allerbesten“, gurrte sie und bearbeitete mit den Lippen seinen Nacken. Link drückte den Kopf tief nach unten und stöhnte wohlig. Das Mädchen schob ihre Hände ein Stück weiter nach oben und ließ die Fingerspitzen sanft über Links Hals gleiten. Der Hylianer stöhnte lauter, nahm die Hände des Mädchens in seine und drehte sich um. „Wird das eine Verführung im Wasser?“, fragte er. „Ich muss sagen, sie klappt ziemlich gut.“ „Zum Glück ist das Wasser nicht so klar, dass man sieht, wie gut es klappt“, grinste Katana. Link beugte seinen Kopf vor und ließ die Lippen über ihr rechtes Ohr wandern. Erregt stöhnte sie auf und presste Links Hände gegen ihre Brüste, deren Knospen hart waren. Link massierte sie zärtlich und Katana geriet in eine wahre Ekstase. Sie krallte ihre Finger in Links Schultern und knetete sie. Dann liebkoste der Junge ihr anderes Ohr und sie wurde wahnsinnig vor Lust. „Link“, keuchte sie und riss gierig den Mund auf, als Link seine Lippen auf die ihren drückte. Sie versanken in einem langen leidenschaftlichen Kuss und Katana verwuschelte Links hellblondes seidenweiches Haar, in dem ihre Finger sich absolut wohl fühlten. Der Hylianer umfasste ihre Pobacken, hob sie hoch und sich weiterhin küssend trug er sie aus dem Wasser und legte sie am Ufer auf die Erde. Katana umklammerte seinen Nacken und zog ihn zu sich hinunter. Ihre Hand wanderte nach unten und verschaffte Link in Sekunden- schnelle eine Erektion. Sanft führte das Mädchen seine Männlichkeit an die richtige Stelle und dann bewies Link ihr, wie stark seine Liebe war. Kapitel 29: TEIL 2 - Kapitel 17 ------------------------------- 17 Bis nach Goronia war es noch ein halber Dis. Katana und Link hatten ihren Fußmarsch ohne größere Zwischenfälle fortsetzen können. Von Begegnungen mit gefährlichen Wesen oder Gegenständen hatten sie die Nase gründlich voll. Sie wollten einfach nur noch zu den Goronen, um von dort das Gebirge zu erreichen. Das Paar hatte unentwegt gescherzt und gelacht und hatte Navi ihre Bemerkungen, die sie in die Unterhaltung einwarf, nicht im mindesten übel genommen. Die beiden Spaziergänger und ihre fliegende Begleitung waren in bester Laune, was sicherlich zum Teil auch daran lag, dass sie die gefährlichen Verlorenen Wälder sehr bald verließen. Sie bogen um eine Kurve und standen plötzlich einem anderen Mädchen gegenüber. Sie hatte dunkelblonde lange Haare, die hinter ihrem Kopf zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Ihr dunkelgrünes Kleid, das aus Blättern gefertigt war, reichte ihr bis zu den Knöcheln. Katana verstummte abrupt, als sie sie sah, und blickte sie erstaunt an. Dann senkte sie den Kopf und sah zu Boden. „Hallo Katana“, begrüßte Vegeta ihre Freundin. „Ich weiß, ich darf nicht mit dir sprechen, aber das ist mir egal. Keiner kriegt es mit. Und ich kann ja nicht so tun, als kenne ich dich gar nicht. Wie geht es dir?“ Katana hob wieder den Kopf und sah Vegeta mit einem Lächeln an. „Danke, mir geht es gut. Was machst du denn hier?“ „Ich bin nur auf Kräutersuche. Mein Vorrat muss mal wieder aufgestockt werden.“ Ihr Blick fiel auf Link und sie erstarrte. An ihrem Blick erkannte man ohne Zweifel, dass Vegeta wusste, wer da vor ihr stand. „Bist du nicht der …“, begann sie mit aufgerissenen Augen. „Nein, bin ich nicht“, unterbrach Link sie. „Du hast Recht, das ist Link“, sagte Katana. „Aber er hat nichts Schlimmes getan. Jemand hat sich als er ausgegeben, um ihm zu schaden. Und er ist gerade auf dem Weg, um den wahren Schuldigen zu finden.“ „Ah ja, verstehe“, meinte Vegeta langsam. „Und du glaubst ihm?“ „Ja, ich glaube ihm“, antwortete Katana mit fester Stimme. „Link, das ist meine Freundin Vegeta.“ „Freut mich. Ich glaube, ich lasse euch beide dann mal ein bisschen alleine. Ihr habt euch ja lange nicht gesehen und euch sicher viel zu erzählen.“ Und mit diesen Worten bog Link ab und spazierte zwischen den Bäumen umher, wobei er jedoch darauf achtete, die beiden Mädchen nicht aus den Augen zu verlieren. Navi folgte ihm. „Na, da hast du dir ja eine zwielichtige Begleitung gesucht“, stellte Vegeta fest. „Hörst du nicht zu? Link ist unschuldig.“ „Ja, richtig, das sagtest du. Magst du ihn?“ „Wie kommst du denn darauf?“ „Ich habe gehört, wie ihr lachend um die Biegung gekommen seid. Da liegt es doch nahe, dass man sich fragt, ob ihr euch gut versteht.“ „Ja, wir verstehen uns gut. Aber deine Frage zielte doch auf etwas anderes ab.“ „Stimmt“, gab Vegeta offen zu, „ich wollte wissen, ob du ihn magst.“ Katana fühlte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss und richtete ihren Blick auf ihre Stiefel. „Also ja“, beantwortete Vegeta sich ihre Frage selber. „Da hat es ja nicht lange gedauert, bis du dich über den Verlust von Jetar hinweg getröstet hast.“ Katana glaubte, sich verhört zu haben. „Wie bitte?“ „Kein Problem, ich nehme es dir ja gar nicht übel.“ Das dunkelblonde Mädchen streckte den Kopf vor, sah sich zu beiden Seiten um und sagte dann: „Schließlich hat er ja auch schon jemand anderes und dich bestimmt bereits vergessen.“ Katana dachte, ihr Herz würde stehen bleiben. Jegliche Farbe wich aus ihrem Gesicht. „Ist das wahr?“ „Ja, natürlich. Denkst du vielleicht, ich würde meine beste Freundin belügen? Außerdem muss ich es ja am besten wissen“, sagte Vegeta, wobei sie die Worte „beste Freundin“ auffallend übertrieben betonte. „Wieso?“, fragte Katana, der der Verlauf des Gespräches gar nicht gefiel, zögernd. „Wie meinst du das?“ „Ich dachte immer, du wärst so intelligent. Jetzt muss ich mit Freude sehen, dass du tatsächlich so dumm bist, wie ich immer angenommen hatte.“ Katana riss geschockt die Augen auf. Was war nur in ihre Freundin gefahren, so mit ihr zu reden. „Sag mal, bist du übergeschnappt? Was fällt dir ein?“ „Ich bin es, du begriffsstutziger Schink. Ich bin die neue Freundin von deinem Jetar. Und so wie es aussieht, werden wir noch vor Ablauf deiner Strafzeit ein Paar werden.“ „Nein“, hauchte Katana und wich zwei Schritte zurück. „Wie konntest du nur einwilligen, dass er dich zur Freundin haben will? Du weißt doch, wie wir uns geliebt haben.“ Vegeta lachte. „Wie ich einwilligen konnte? Hast du es immer noch nicht begriffen. Nicht er hat sich an mich herangemacht, sondern ich mich an ihn. Seit dem Moment, als du weg warst, habe ich ihn angehimmelt und ihn umgarnt und verwöhnt und ihm alles gegeben, was er von mir haben wollte. Und damit meine ich wirklich alles.“ „Gleich nachdem ich weg war“, wiederholte Katana fassungslos flüsternd. Soeben war für sie eine Welt zusammengebrochen. „Aber warum?“ Vegeta trat dicht an sie heran und zischte: „Weil du ihn nicht verdient hast. Wie oft habe ich versucht, Jetar zu ergattern, aber du standest mir immer im Weg. Euer Geturtel war ja nicht mehr mit anzusehen. Da musste etwas geschehen. Und die einzige Möglichkeit, an Jetar heranzukommen, war dich aus dem Weg zu räumen.“ Katana konnte es nicht glauben, aber was sie soeben gehört hatte, ließ nur einen einzigen Schluss zu. Doch sie wollte es von Vegeta direkt hören, also stellte sie auch die direkte Frage. „Du hast hinter der ganzen Sache mit der Perle gesteckt? Nur um mich aus dem Weg zu haben, damit du dich an Jetar heranmachen konntest?“ „So ist es“, triumphierte Vegeta. „Und es hat doch wunderbar geklappt. Ich hatte in der Hütte des Rats zu tun und unbemerkt die Perle entfernt, nachdem du die Hütte verlassen hattest. Dann habe ich das Ding bei dir versteckt und die Wachen auf dich aufmerksam gemacht.“ Katana drehte sich alles. Wie konnte sie sich nur so in ihrer angeblich besten Freundin getäuscht haben. „Und der Zeuge, der gesehen haben will, wie ich die Perle in meinem Schmuckkasten deponiert habe?“ Vegeta grinste gemein. „Was meinst du, was Leute alles bereit sind zu erzählen, wenn die Summe der Rubine stimmt?“ Katana kam es vor, als würde sich der Waldboden öffnen und sie in den Abgrund ziehen. „Du hast mir die ganze Zeit etwas vorgespielt. Unsere Freundschaft …“ Vegeta spuckte ihr vor die Füße. „Unsere Freundschaft, das war doch ein Witz. Lieber habe ich einen toten Goronen zum Freund als dich.“ Ihre Stimme wurde leiser und melodischer als sie mit einem schmierigen Grinsen sagte: „Aber immerhin habe ich ja jetzt, was ich wollte. Da halte ich es sogar mit jemandem wie dir als Freundin aus.“ Für Katana war das Maß voll. Vegeta war für ihre ungerechtfertigte Bestrafung verantwortlich und dafür, dass sie Jetar verloren hatte. Und keiner im Dorf ahnte die wahren intriganten Zusammenhänge. Und sie selbst konnte nicht ins Dorf zurück, um die Wahrheit zu erzählen. Außerdem würde man ihr garantiert nicht glauben und sie riskierte, für immer verbannt zu werden. All diese Erkenntnisse stürmten mit ihrer gesamten Intensität auf sie ein. Heftige Wut und Hass schossen in ihr empor. Vegeta spürte wohl etwas davon, denn sie wich instinktiv zurück, aber es half ihr nichts. „Du falsches Miststück“, schrie das braunhaarige Mädchen und verpasste ihrem Gegenüber eine Ohrfeige, dass sie sich um sich selbst drehte und auf den Waldboden fiel. Sofort sprang Katana hinter ihr her und landete auf ihrer ehemaligen Freundin. Die beiden Mädchen hielten sich gegenseitig umklammert und rollten über den Waldboden. Vegeta stieß Katana mit den Füßen von sich, rappelte sich auf und wollte fliehen, aber Katana sprang ebenfalls auf, hetzte hinter ihr her und riss sie am Kleid zurück. Vegeta schrie protestierend auf und drehte sich um. „Hey, was ist denn hier los?“ Link war plötzlich aufgetaucht und riß die beiden Mädchen auseinander. Vegeta ballte ihre Faust und wollte Katana treffen, doch diese duckte sich und Links Kiefer machte schmerzhafte Bekanntschaft mit Vegetas Schlagkraft. Der Hylianer fiel auf den Boden und rollte mehrmals um seine eigene Achse. Als Katana sah, was mit Link passiert war, wurde sie noch wütender. Sie packte Vegeta am Kleid, wirbelte sie herum und ließ los. Das dunkelblonde Mädchen stolperte gegen einen Baum und hielt sich die Stirn. Katana lief hinter ihr her, drehte sie an der Schulter herum und versetzte ihr einen Fausthieb in den Bauch. Sie klappte mit einem Ächzlaut zusammen. Katana setzte nach und hieb ihr in die Seite. Ein erstickter Schrei war von Vegeta zu hören, bevor sie zu Boden fiel. Ihre einstige Freundin stürzte sich auf sie und prügelte wie besessen auf sie ein. Fausthiebe prasselten auf Vegeta nieder, die die Arme schützend über ihren Kopf hielt und doch am gesamten Körper getroffen wurde. Link, der sich in der Zwischenzeit wieder aufgerappelt hatte, stürzte hinzu und zog Katana von ihrem wimmernden Opfer weg. „Schluss jetzt, habt ihr völlig den Verstand verloren?“ „Lass mich los“, schrie Katana und trat um sich. „Sie ist gemeingefährlich“, keuchte Vegeta. „Sie ist einfach auf mich losgegangen.“ „Immerhin gehe ich offen auf jemanden los und nicht so hinterrücks wie du“, brüllte Katana. „Ich weiß absolut nicht, was hier los ist, aber ihr hört jetzt sofort auf und zwar alle beide“, befahl Link. Katana entspannte sich und Link ließ sie vorsichtig los. Das Mädchen zog ihr Hemd nach unten, blickte ihre Artgenossin an und sagte bissig: „Tut mir leid, dass ich dich nicht stärker verprügelt habe.“ „Katana“, sagte Link warnend. Vegeta sprang einen Schritt nach vorne und richtete den Zeigefinger auf sie. „Ich werde dafür sorgen, dass du auch nach Ablauf deiner Strafe nicht mehr zu uns zurückkehren wirst. Durchgeknallte Furien wie du sind eine Gefahr für uns alle. Du kannst froh sein, wenn …“ Ehe Link es verhindern konnte krachte Katanas Faust in Vegetas Gesicht. Man hörte ein Knirschen und mit einem fast unmenschlichen Schrei stürzte die Geschlagene zu Boden. Blut spritzte unaufhaltsam aus ihrer Nase. Der Junge packte seine Gefährtin an den Schultern und stieß sie heftig zurück. „Was habe ich gerade eben gesagt?“, brüllte er. Dann eilte er zu Vegeta, um ihr zu helfen. Sie sah ziemlich schlimm aus. Die Nase war verformt und Blut, Schleim und eine feste weiße Substanz schoß daraus hervor. Link zog scharf die Luft ein und berührte Vegeta am Arm, doch sie trat nach ihm und war schnell wieder auf den Beinen. „Gu hast bir gie Nase gebrochen“, nuschelte sie unter Tränen. „Ihr cheid goch beige grang. Lasst bich bloß in Ruhe.“ Sie wirbelte herum, rannte davon und ließ sich auch durch Links Rufe nicht zum Stehen bleiben bewegen. Katana lehnte an einem Baum und hatte die Augen geschlossen. „Das tat gut“, sagte sie. „Bist du irre? Fandest du das in Ordnung?“ Die Xylte sah ihren Freund an. „Nein, ich fand es nicht in Ordnung, dass du dich um sie gekümmert hast. Warum hast du ihr nicht noch einmal auf die Nase gehauen?“ „Sie findet das bestimmt nicht so lustig wie du“, donnerte Link. „Dieses intrigante Miststück ist für alles verantwortlich“, brüllte Katana zurück. „Sie hat den Diebstahl inszeniert und die Perle in meine Hütte gelegt. Sie hat Zeugen gekauft, damit sie falsch aussagen. Sie hat dafür gesorgt und sogar gehofft, dass ich ausgestoßen werde. Und alles nur, weil sie eifersüchtig war und meinen Freund haben wollte. Und jetzt sag mir noch einmal, dass sie die Prügel nicht verdient hat.“ Der Hylianer starrte sie völlig konsterniert an. „Das wusste ich nicht.“ „Können wir jetzt weitergehen? Wir haben noch etwas zu erledigen“, entgegnete sie patzig, schnappte sich ihre Sachen und stapfte davon. Link trottete hinter ihr her und sprach sie nicht an. Er konnte sich denken, was jetzt in ihrem Inneren vor sich ging. Jedes Wort konnte falsch sein. Plötzlich sah er, wie Katana ihre Sachen fallen ließ und ihr Schwert zog. „Ja, kommt her, auf euch habe ich gerade gewartet“, rief sie. Link sah an ihr vorbei und entdeckte drei blaue Kobolde, die brüllend auf sie zu kamen und bedrohlich ihre Keulen schwangen. Auch er zog sein Schwert und wartete den Angriff ab. Im Grunde waren die Kobolde nichts weiter als Witzfiguren, aber für harmlose Reisende konnten sie zu einer sehr großen Gefahr werden. Zwei von ihnen wandten sich Katana zu, der dritte kümmerte sich um Link. Er schwang seine Keule, die knapp am Bauch des Hylianers vorbei sauste. Link stieß sein Schwert vor, doch der Kobold sprang rechtzeitig zurück. Seine beiden Freunde waren derweil bei Katana angekommen. Einer von ihnen versuchte um Katana herumzugehen, um sie von hinten zu attackieren. Doch das Mädchen war auf der Hut und hielt ihn mit Schwertstreichen zurück. Einer der Kobolde schrie etwas und zeigte mit der Keule auf Katana. Diese schwang mit aller Kraft ihr Schwert und der Kobold hielt nur noch eine halbe Keule in seiner Hand. Verdutzt blickte er den kläglichen Rest des Holzprügels an, während das Mädchen ihm das Schwert in die Brust rammte. Unterdessen war es dem anderen Kobold tatsächlich gelungen, sich unbemerkt von hinten an Katana heranzuschleichen. Er schlug zu, traf aber nur Katanas Arm. Sie schrie auf, ließ sich fallen, entwendete dem toten Kobold den Rest der Keule und wandte sich um. Ihre unbändige Wut ließ sie jeglichen Schmerz vergessen. Sie holte aus und warf das Holzstück, das den Kobold, mitten auf die Stirn traf. Dieser heulte auf, ließ seine Keule fallen und schlug die Hände vor den Kopf. Katana hechtete nach vorne und schnappte sich die Keule. Immer noch war Link mit seinem Gegner beschäftigt. Er schwang sein Schwert, doch der Kobold duckte sich und stieß den Holzknüppel nach vorne, der krachend auf Links Knie landete. Der Teenager schrie gellend, das Schwert glitt ihm aus der Hand und er fiel auf die Erde, die Hände gegen sein Knie gepresst. Er wälzte sich hin und her und die Keule des Kobolds verfehlte nur knapp seinen Kopf. Katana wandte sich von ihrem Gegner ab und kam Link zu Hilfe. Sie ließ die Keule fallen, umfasste den Griff des auf dem Boden liegenden Schwerts mit beiden Händen und stieß dem Kobold so kräftig die Klinge in den Rücken, dass sie aus der Brust wieder zum Vorschein kam. Das Wesen kam nicht einmal mehr dazu, einen Schrei auszustoßen. Es riss nur die Augen auf und sackte dann zusammen. Katana zog ihre Waffe aus dem Körper und schaute nach dem letzten blauen Kobold, der gerade die Hände von der Stirn nahm und sich umschaute, um sich zu orientieren. Katana steckte ihr Schwert in die Scheide, ergriff die Keule und ging auf den Kobold zu, der verärgert schreiend nach oben hopste um an seine Waffe zu gelangen, die Katana am ausgestreckten Arm in die Höhe hob. „Du willst deine Keule?“, schrie sie den Kobold an, der ebenfalls böse Rufe ausstieß. „Du willst deine Keule? Hier, nimm sie.“ Krachend landete der Holzprügel auf dem blauen Kopf. Der Kobold schrie und riss die Arme auf seinen Schädel. Katanas zweiter Schlag traf die Wange des Kobolds, der herumgewirbelt wurde. Blut und spitze weiße Zähne spritzten aus seinem Maul. Er fiel mit dem Rücken auf den Boden und winselte laut. Das Mädchen beugte sich über ihn und ließ die Keule wieder und wieder auf seine Brust krachen. In die Schlaggeräusche der Keule mischte sich ab und zu ein Knacken, als die Rippen brachen. Mittlerweile lag der Kobold still, nur die Wucht der Schläge bewegten seinen Körper ein wenig. „Er ist tot“, sagte Link, der sich etwas erholt hatte und auf Katana zugehumpelt war. Doch sie hörte seine Worte gar nicht, sondern drosch weiter auf den Kobold ein, dessen Haut mittlerweile erhebliche Kratzer und Risse aufwies. Link griff nach Katanas Armen, riss sie herum und schüttelte sie, während er schrie: „Er ist tot, Katana! Er ist tot! Hör auf!“ Das Mädchen starrte ihn an wie einen Geist. Dann schluchzte sie auf, ließ die Keule fallen und umklammerte Link, presste ihr Gesicht gegen seine Tunika und weinte ihre sämtlichen angestauten Gefühle heraus. All ihr Ärger, ihre Trauer und Verzweiflung, ihre Enttäuschung und die Hilflosigkeit brachen sich in einem heftigen Weinanfall ihre Bahn. Sie schrie wie ein verwundetes Tier und Link konnte nichts weiter tun, als sie festzuhalten und ihr über den Kopf und den Rücken zu streicheln. Er ließ sie gewähren und verfluchte, dass er sie in ihrem Leid nicht zu trösten vermochte. Sie klammerte sich an ihm fest, als würde der Boden sie verschlingen, sobald sie ihn los ließ. Nach einigen Minuten, die Link vorkamen wie eine Ewigkeit, ebbten ihre Schluchzer ab. Sie hob den Kopf und schaute Link mit tränenüberströmtem Gesicht an. „Bitte, versprich mir, dass du mir niemals so weh tust“, sagte sie zitternd und Link nickte. Kapitel 30: TEIL 2 - Kapitel 18 ------------------------------- 18 Eine weitere Stunde später hatten sie die Verlorenen Wälder durchquert und standen im Tunnel, der den Verbindungsweg zu den Goronen bildete. Sie gingen langsam hindurch und gelangten nach Goronia. Am Ende des Tunnels stand auf der rechten Seite ein Gorone, der an einem Stein kaute. Steine gehörten zu den Lieblingsspeisen der Goronen. Das Steinwesen hatte einen runden dicken Kopf und einen noch dickeren Körper, die aus festem Material bestanden, das wie Stein aussah. Link hatte schon mehrmals mit ihnen zu tun gehabt und sich immer gefragt, ob es irgend etwas gab, was den Goronen Schaden zufügen konnte. „Hallo“, sagte der Gorone gelangweilt und biss ein großes Stück von seinem Stein ab. Offenbar war er nicht sehr überrascht, dass Fremde nach Goronia kamen, aber die Goronen waren sowieso dafür bekannt, dass fast nichts sie überraschen konnte. „Hallo“, grüßte Link. „Wir kommen, um …“ Mit einem angewiderten Aufschrei warf der Gorone den Stein weg. Link und Katana sahen in erstaunt an. „Steinläuse“, erklärte er. „Ähm, ja“, druckste Link. „Wir müssen ganz dringend ins Gebirge. Könntest du uns bitte zum anderen Ausgang führen?“ Goronia konnte von zwei Seiten aus betreten werden. Neben den Verlorenen Wäldern gab es noch einen Zugang, der direkt am Gebirge gelegen war. „Nein, ich darf von hier nicht weg. Aber ihr könnt sowieso nicht ins Gebirge. Niemand kann momentan dort hin.“ „Aus welchem Grund“ fragte Katana und der Gorone nahm sie erst jetzt richtig wahr. Er nahm eine gerade Haltung an. „Entschuldige, ich habe dich gar nicht gesehen. Wenn man so lange hier herumsteht, dann vergisst man alles um sich herum. Willst du vielleicht ein bisschen Steinsalat? Er ist ganz frisch.“ „Nein, vielen Dank“, lächelte das Mädchen. „Oder etwas anderes? Schotterchips vielleicht? Wir kriegen nicht oft Besuch von so hübschen Wesen.“ Link traute seinen Ohren nicht. Flirtete der Kerl etwa mit seiner Freundin? „Das ist unheimlich lieb von dir, aber ich möchte momentan nichts. Eventuell komme ich später darauf zurück.“ Der Gorone nickte heftig. „Warum kann niemand ins Gebirge“, fragte Link laut, um den Steinmann abzulenken. „Hm?“ Der Gorone drehte seinen dicken Kopf und sah Link an. „Wer bist du denn?“ Dann erinnerte er sich offenbar und schlug sich gegen den Kopf. „Ach so, natürlich. Tut mir leid. Wenn man so lange hier herumsteht, dann …“ „… vergisst man alles um sich herum, schon klar“, beendete Link den Satz. „Ach, du kennst das also auch“, stellte der Gorone fest. „Du musst wohl auch immer Wache schieben, was?“ „So in etwa. Weshalb kann denn nun keiner in die Berge?“ „Na, wegen des Riesen“, antwortete der Gorone. „Hält der euch fest, so dass ihr nicht weggehen könnt?“, grinste Link. Der Gorone lachte aus vollem Hals. „Der war gut“, meinte er und knuffte Link gegen die Schulter, dass er mehrere Schritte zurücktaumelte. Erschrocken schlug der Steinmann seine Hand vor den Mund. „Oh, entschuldige bitte. Das wollte ich nicht. Ich denke oft nicht nach, bevor ich etwas tue. Zeig mal her.“ Ehe Link oder Katana ihn hindern konnten, war der Gorone neben Link getreten und schob die Tunika und das Shirt beiseite, um sich die Schulter des Jungen anzusehen. „Hey, was fällt dir denn ein?“ Schimpfend war Navi aus Links Kleidung geflogen und wuselte nun vor dem Gesicht des Steinmannes herum, wobei sie ihm mit dem Zeigefinger drohte. „Ziehst du alle Leute, die du erst zwei Minuten kennst, gleich aus?“, wollte sie wissen. Der Gorone zuckte zurück und seine Augen rollten wild herum, als er versuchte, der Fee mit dem Blick zu folgen. „Wer bist ’n du?“ „Jemand, mit dem du dich besser nicht anlegen solltest.“ „Schon gut, tut mir leid“, entschuldigte sich der Gorone mit gesenktem Kopf, bevor er sich wieder an Link wandte. „Aber auf deine Prellung solltest du Kieselerde streuen“, riet er dem Teenager. „Danke für den Tipp“, ächzte Link mit zusammengebissenen Zähnen. „Was ist jetzt mit dem Riesen?“, fragte Katana und umfasste Links Arm. „Tja, der sitzt oben im Gebirge und wirft mit Felsen.“ „Was?“ „Nun ja, das ist ja nicht so schlimm. Immerhin kriegen wir so unser Essen frei Haus geliefert. Aber er schreit dabei immer so furchtbar. Wie soll man bei dem Gebrüll in Ruhe essen, frage ich euch? Und für den Verdauungsschlaf ist diese Schreierei auch nicht gerade förderlich.“ „Aber warum wirft er mit Felsen nach euch?“, wollte Katana wissen. „Keine Ahnung. Richtig unangenehm wird es erst, wenn er irgendwelche Häuser oder Vorratskammern von uns trifft. Neulich mussten wir ein ganzes Fass Steinpilze wegwerfen. Alle zermantscht, stellt euch vor.“ „Entsetzlich“, meinte Link lapidar. „Aber wir müssen ins Gebirge. Ganz dringend.“ „Das könnt ihr vergessen. Dieser Riese verjagt jeden, der den Gebirgspass hinauf will. Es gibt aber noch einen Zugang, der liegt aber einige Dis entfernt.“ „Ganz toll“, sagte der Hylianer ärgerlich. „Ich habe doch nicht den ganzen Weg auf mich genommen, um jetzt wieder mit leeren Händen umzukehren.“ „Warte mal“, unterbrach ihn Katana. „Wir können zwar nicht ins Gebirge, aber wir kennen jemanden, der unbeschadet an dem Riesen vorbei kommt.“ Link guckte sie überrascht an und schüttelte dann den Kopf. „Mag ja sein, dass du jemanden kennst, aber ich …“ Dann dämmerte es ihm. „Navi“, flüsterte er. „Genau. Vielleicht kann sie ja herausfinden, wieso der Riese mit Felsen um sich wirft.“ „Habe ich das richtig verstanden?“, fragte die Fee. „Ihr wollt mich tatsächlich zu diesem Riesen schicken? Werde ich vielleicht vorher auch mal gefragt?“ „Komm schon, Navi, das ist doch keine große Sache.“ „Stimmt“, nickte Navi Link zu. „Und deshalb kannst du das sicher auch viel besser erledigen als ich.“ „Ich komme an dem Riesen gar nicht erst vorbei.“ „Und was macht dich so sicher, dass ich an ihm vorbei komme?“ „Du bist viel kleiner als ich.“ „Jetzt wird auch noch auf meiner Größe herumgehackt. Ich frage mich, warum ich nicht einfach im Kokiri-Wald geblieben bin.“ Navi flog ein Stück weiter, kehrte Link, Katana und dem Goronen den Rücken zu und schaute beleidigt auf eine Steinwand. Die Xylte warf Link einen vorwurfsvollen Blick zu, doch der Junge zuckte nur mit den Schultern. Der Gorone ging auf die Fee zu und sagte: „Kannst du dir vorstellen, wie es ist, wenn man nicht mehr weiß, wo man seine Vorräte lagern soll, weil alles zerstört ist? Das erwartet uns, weil der Riese unkontrolliert Steine durch die Gegend wirft. Wir können unsere Nahrungsmittel und Werkzeuge nicht mehr lagern. Du bist zwar nicht sehr groß, aber dadurch kannst du dich auch viel schneller bewegen und bist wendiger. Es würde uns sehr helfen, wenn du mit dem Riesen Kontakt aufnehmen würdest, um herauszufinden, warum er so randaliert und ihn bitten würdest, das in Zukunft zu lassen. Ein anderer von uns kommt nicht an ihm vorbei und wir sind ihm körperlich unterlegen. Bitte, tue es für uns. Ich würde es selbst tun, wenn ich du wäre. Ehrlich, jetzt wünsche ich mir ganz stark, deine Körpergröße zu haben.“ Navi drehte sich um und starrte ihn erstaunt an. „Wirklich?“ Der Gorone nickte. „Na gut“, gab die Fee nach ein paar Augenblicken des Nachdenkens nach. „Ich mache es.“ Sie flog zu Link und sagte zu ihm: „Aber für dich mache ich das nicht, damit das gleich klar ist.“ Der Hylianer wusste nicht, was sie meinte und guckte ihr verdattert nach. Das Steinwesen kam zu den beiden wartenden zurück und sagte: Alles in Ordnung. Sie wird zu dem Riesen fliegen.“ „Das sollten wir uns ansehen. Komm, Katana.“ Link packte ihr Handgelenk und zog sie mit sich. Er lief nach links und bog dann links in eine Art Tunnel ein, in dem Treppen in den Boden gehauen waren. Sie stiegen eine Etage empor und eilten dem Ausgang entgegen. Nach einigen Schritten erhob sich rechts neben ihnen eine steile Felswand, in die ein kleiner Weg eingelassen war. Link ging diesen Weg bis zur nächsten Biegung und blieb stehen. „Hier können wir warten. Navi kann nur diesen Weg nehmen, um zurückzukommen. So erfahren wir als erste, ob sie erfolgreich war.“ „Was meinst du, wie lange es dauert?“, fragte Katana und Link zuckte mit den Schultern. Also warteten sie und während dieser Zeit zerbrachen sie sich die Köpfe. In diesem Gebirge gab es unzählige Höhlen. Wenn Katana die Worte des Orakels richtig gedeutet hatte, wie sollten sie die richtige Höhle finden? Und immer noch wussten sie nicht mit der Zange des Hummers anzufangen, wobei sich noch eine weitere Schwierigkeit ergab. Hummer hatten zwei Zangen. Welche davon war gemeint? „Was wirst du tun, wenn wir tatsächlich deinen Doppelgänger ausfindig machen?“ „Fesseln und ihn nach Hyrule bringen, damit er dort öffentlich verkündet, dass nicht ich für seine Verbrechen verantwortlich bin. Das wird hoffentlich genügen.“ Ein dumpfes Rumpeln unterbrach den Jungen. Er und Katana schauten nach oben in Richtung Gebirge. „Was ist …?“, begann Katana die Frage, die ihr aber einen Augenblick später bereits beantwortet wurde. Kleine und große Felsbrocken lösten sich aus der Wand und donnerten auf den Weg hinunter. „Weg hier“, schrie Link, packte die entsetzte Katana am Arm und zog sie mit sich. Hinter ihr landeten die Steine krachend auf dem Boden. Ein kleines Stück Gestein traf Link am Hinterkopf, aber er achtete nicht auf den kurzen Schmerz, sondern rannte wie wild, um dem Steinschlag zu entgehen. Nach etwa einer Minute war alles vorbei. Heftig atmend und mit stark klopfendem Herz erholten sich Link und Katana von dem Schreck und wandten sich um. Der Weg war von Felsbrocken versperrt. „Super. Auch das noch“, sagte Link. „Sieht nicht so aus, als wenn Navi erfolgreich gewesen wäre.“ Link nickte grimmig. Sie mussten in dieses Gebirge und notfalls würde er es auch alleine mit dem Riesen aufnehmen. „Hoffentlich ist ihr nichts passiert“, sagte Katana sorgenvoll, doch schon sahen sie in der Ferne Navi herbei fliegen. Sie schien überaus gute Laune zu haben. „So, alles in Ordnung.“ „Alles in Ordnung“, schnauzte Link sie an. „Guck dich mal um und sage mir dann noch einmal, dass alles in Ordnung ist. Wir wären beinahe unter Stein begraben worden.“ Navi bemerkte den durch Steinen versperrten Weg und ihr einziger Kommentar war: „Oh.“ „Was ist da oben passiert, Navi?“, wollte Katana wissen. Die Fee wedelte wild mit den Flügeln. „Ihr könnt an dem Riesen vorbei.“ „Wirklich, wie hast du das denn geschafft?“ „Das … das ist doch egal. Ich war erfolgreich und nur das zählt. Gehen wir gleich los?“ „Würden wir gerne, wenn dieser Weg frei wäre“, schimpfte Link. „Was ist da oben vorgefallen? Das interessiert mich brennend.“ „Wann gehen wir denn dann los?“, lenkte Navi ab. „Navi“, sagte Link drohend. „Nun ja, ich bin nach oben geflogen und habe den Riesen gefunden. Und es war ja auch kein Wunder, dass er bei den Schmerzen mit Steinen geschmissen hat.“ „Was für Schmerzen?“, wunderte sich Katana. „Na, er hatte Zahnschmerzen. Die waren ziemlich schlimm. Und er war total wütend, dass jemand ihn gestört hat. Deshalb hat er versucht, mich zu fangen.“ „Das hat er offenbar nicht geschafft“, stellte Link fest. „Nein“, antwortete Navi stolz, „ich bin ja so klein und wendig. Und bei dem Versuch, mich zu erwischen ist er über eine Felskante getreten und einen Berg hinuntergefallen. Das könnte die Ursache für die Felslawine gewesen sein.“ „Könnte?“, schrie Link. „Du solltest herausfinden, warum der Riese mit Steinen wirft. Von uns umbringen war nie die Rede.“ „Ständig hast du was zu meckern“, brüllte die Fee zurück. „Langsam bin ich es leid. Mach doch deinen Mist demnächst selber, wenn du alles besser kannst, Mister Oberschlau.“ „Ruhe jetzt, verdammt noch mal“, schrie Katana so laut, wie sie konnte. Erschrocken blickten Link und Navi sie an. Das Mädchen holte tief Luft, ehe sie sagte: „Es bringt uns überhaupt nichts, wenn wir uns gegenseitig anschreien. Ihr hört jetzt auf mit den Kindereien.“ Ihre Worte verfehlten die Wirkung nicht. Die beiden angesprochenen bleiben mucksmäuschenstill. „Navi, warum bist du so sicher, dass der Riese uns jetzt nicht mehr angreifen wird?“, fragte die Xylte mit ruhiger Stimme. „Weil er sich durch den Sturz den kaputten Zahn ausgeschlagen hat. Und jetzt macht der ihm keine Sorgen mehr. Der Riese war mir direkt dankbar, dass er durch meine Ausweichversuche gestürzt ist.“ Ein Gorone kam herbei, besah sich den Schuttberg und meinte: „War das der Krach von eben? Gewaltiger Gorone, das sind ja richtige Leckerbissen. Die sollten wir gleich einlagern, bevor sich jemand anderes an ihnen vergreift.“ „Wer vergreift sich an Steinen?“, wollte Link wissen. Der Gorone wiegte den Kopf. „Hinterher ist man immer schlauer. Vorsicht ist besser als nichts zu essen.“ „Übrigens, der Riese macht euch keine Probleme mehr. Ihr könnt wieder gefahrlos ins Gebirge und euch eure Steine selber holen“, verkündete Katana. Der Steinmann blickte sie neugierig an. „Wie habt ihr das denn geschafft?“ „Frag lieber nicht“, knurrte Link. „Wärt ihr so nett, die Steine aus dem Weg zu schaffen, damit wir unseren Weg fortsetzen können?“ „Ja, aber das sind eine ganze Menge und es dauert eine Weile. Vor morgen früh werdet ihr auf keinen Fall weiterwandern können, denn es ist absolut nicht ratsam, in der Dunkelheit ins Gebirge zu gehen. Und es wird ja bald dunkel. Also bleibt doch noch für diese Nacht in unserem Dorf.“ Link und Katana sahen sich an und waren sich einig, dass sie das Angebot wahrnehmen würden. Sie gingen wieder zurück nach Goronia und legten sich dort zum Schlafen auf den Boden, denn das, was die Goronen ihnen als Bett anboten, sah ganz und gar nicht gemütlich aus. Bevor Katana sich hinlegte, entfernte sie sich mit Navi ein Stück und sagte zur Fee: „Sei Link bitte nicht böse. Wir waren beide zu Tode erschrocken, als die Felsen auf uns hinunterkrachten. Beinahe hätten sie uns erwischt. Aber Link weiß, dass du den Steinschlag nicht mit Absicht ausgelöst hast. Möglicherweise steht er kurz vor dem Ziel, sein Double zu finden. Da ist klar, dass er nervös ist und auch ungerecht wird.“ Nachdem Navi versprochen hatte, dass sie dem Hylianer nichts nachtragen würde, konnte Katana beruhigt schlafen. Kapitel 31: TEIL 3 - Kapitel 1 ------------------------------ Teil 3 1 Am nächsten Tag waren die Felsbrocken verschwunden, so dass das Trio den Weg ungehindert passieren konnte. Die Goronen gaben ihnen ein paar Öllampen und Ersatzöl mit, so dass die gute Sicht in den Höhlen gewährleistet war. Nachdem sie ihren Wasservorrat aufgefüllt hatten, verabschiedeten sie sich von den Goronen und gingen den Weg so weit, bis sie die massiven Berge erblicken konnten, die sich über eine gewaltige Länge erstreckten. Hunderte von Höhlen konnten in den Felsen zu finden sein und sie alle zu durchsuchen würde garantiert mehrere Zyklen dauern. Aber immerhin war weit und breit nichts von dem Riesen zu entdecken, der noch vor kurzem verhindert hatte, dass jemand überhaupt so weit ins Gebirge vordringen konnte. Vor einem gewaltigen Bergmassiv blieben Link, Katana und Navi stehen. Sie blickten an der steinernen Wand empor. „Wo fangen wir an zu suchen?“, wollte Navi wissen. „Am besten in den Höhlen, die gleich hier unten liegen“, antwortete Link. „Wir können uns dann ja nach oben arbeiten.“ „Genau, vielleicht haben wir es ja geschafft, bevor wir an Altersschwäche sterben“, meinte Katana. „Weißt du etwas besseres?“, fuhr Link sie an. „Wir haben den Hinweis mit dem Hummer.“ „Mit dem wir aber überhaupt nichts anfangen können. Hier gibt es keine Seen, in dem Hummer leben könnten. Vielleicht gibt es einen See in einer Höhle, aber den müssen wir erst einmal finden. Und dann ist noch nicht einmal sicher, ob …“ Katana hob die Arme in die Luft. „Ja, ist ja gut, ich habe es begriffen.“ Sie gingen an der Felswand entlang und entdeckten tatsächlich eine Höhle. Diese war genauso gut wie jede andere, also begannen sie hier mit ihrer Suche. Sie entzündeten zwei Öllampen und betraten dann gemeinsam den Eingang. Als Link die Höhle betreten wollte, hörte er ein helles jaulendes Singen. Er schaute sich nach allen Seiten um, konnte jedoch nichts erkennen. Achselzuckend folgte er Katana. Er wäre nicht so unbekümmert gewesen, wenn er gewusst hätte, dass eine Eisenkugel ihn knapp verfehlt hatte und als Querschläger vom Fels abgeprallt war. Das Licht schimmerte im Dunkeln und ließ die beiden Lichtträger nicht sehr viel von ihrer Umgebung erkennen. „Sei vorsichtig“, wisperte Katana. „In diesen Höhlen weiß man nie, was man so vorfindet.“ „Danke für den Hinweis“, entgegnete Link gereizt. „Hätte ich mir ohne ihn auch nicht denken können.“ Wortlos ging Katana tiefer in die Höhle hinein. „Wo willst du hin“, rief Link ihr nach, doch sie achtete nicht auf ihn. Der Hylianer hatte schlechte Laune. Ständig wurde er von allen Seiten angemotzt, ohne dass er bessere Vorschläge als seine zu hören bekam. Und wenn Katana meinte, sie müsse ohne ihn durch die Gegend streifen, wo sie ihn vor wenigen Sekunden erst gewarnt hatte, dann sollte es ihm recht sein. Link untersuchte derweil den vorderen Bereich der Höhle, aber außer nackten Felsen war nichts zu sehen. Er beleuchtete die Wände in der Hoffnung, dort irgendeine Botschaft eingeritzt zu finden, was aber nicht der Fall war. Link hörte jemanden lachen und sah Katana, die auf ihn zu kam. „Link“, kicherte sie, „das glaubst du nicht. Ich muss dir unbedingt etwas zeigen.“ „Was denn?“, wollte er wissen. „Das musst du mit eigenen Augen sehen. Es ist echt unglaublich.“ Damit stolperte sie wieder in die Höhle hinein und der Hylianer folgte ihr eine ganze Weile, bis er fast in sie hineingelaufen wäre, weil sie abrupt stehenblieb. Fluchend blieb er stehen und sah, dass Katana ihren Arm ausstreckte. Und als er erkannte, was sie meinte, war er ebenfalls einem Lachanfall nahe. Vor ihm erstreckte sich ein See, der auch automatisch das Ende der Höhle darstellte. „Irgendwelche Anzeichen eines Hummers?“, fragte er. „Bis jetzt noch nicht.“ „Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass wir hier richtig sind. Mein Doppelgänger soll sich im Stein verstecken, der der Zange des Hummers am nächsten ist. Aber unter Wasser kann er nicht atmen, wenn es sich um einen Hylianer handelt.“ „Und hier an der Oberfläche ist weit und breit nichts zu sehen. Also ist diese Höhle wohl tatsächlich Fehlanzeige.“ Sie verließen die Grotte wieder und sagten sich, dass sie bei der nächsten mehr Glück haben würden. Im Laufe des Tages durchsuchten sie noch weitere Höhlen ergebnislos. Link hatte nicht erwartet, gleich am ersten Tag fündig zu werden, war aber dennoch frustriert. Die Grotte, die der Teenager und das Mädchen gerade untersuchten, sollte die letzte für diesen Tag sein. Wie in jeder Höhle war die Xylte weiter in das Innere vorgedrungen, während Link sich in den Metern hinter dem Eingang nach etwas umsah, das sie weiterbringen konnte. Doch auch hier war seine Suche nicht von Erfolg gekrönt. Dafür schien Katana etwas entdeckt zu haben, denn sie tauchte rennend aus dem Dunkel auf, packte Links Handgelenk und zog ihn mit sich. „Raus hier, Link. Schnell“, keuchte sie. Der Hylianer riss sich los. „Kannst du mir vielleicht erst mal …“ „Nein, keine Zeit“, schrie sie. „Wir müssen hier raus.“ „Warum?“, wollte Link wissen. „Frag nicht, lauf.“ „Nicht, bevor du mir gesagt hast …“ „Dahinten sind Eier, verdammt.“ „Eier? Was für …“ Ein lautes Kreischen ließ die beiden herumfahren und dann verdunkelte sich der Höhleneingang. „Verdammt, das ist ein Drache“, schrie Link. „Was du nicht sagst“, sagte Katana mit gespieltem Erstaunen. „Jetzt sollten wir übrigens besser nicht mehr rausgehen.“ „Rede nicht, renn“, brüllte Link und dann spurteten die beiden los. „Ach, jetzt kannst du es auf einmal nicht eilig genug haben, was?“, keuchte Katana. „Manchmal bist du schlimmer als Navi“, antwortete der Hylianer. „Hey“, protestierte die Fee, die neben ihnen her flog. „Das nimmst du sofort zurück.“ Der Drache brüllte in ihrem Rücken und dann spürten sie, wie die Feuerlohe heranraste. Blitzschnell zog die Xylte den Teenager in einen Seitengang, doch auch dort konnten sie die mächtige Hitze der Flammen spüren, die über die Stelle hinwegrasten, an der sie sich noch vor wenigen Augenblicken befunden hatten. Die Echse schrie wütend und lauter auf als zuvor und Katana und Link liefen kalte Schauer über den Rücken. „Ist er noch hinter uns?“, fragte Katana nach einer Weile atemlos. Bleib doch stehen und guck nach“, schlug Navi vor. Heftig schüttelte Katana den Kopf und rannte weiter. „Wo sind wir?“, fragte Link. Katana blickte sich zu beiden Seiten um, ehe sie „Oops“ keuchte. „Was meinst du mit ‚Oops’?“, wollte Link wissen. „Ich fürchte, wir rennen gerade zum Gelege.“ Link glaubte nicht richtig gehört zu haben. „Wir rennen … wohin?“, schrie er panisch. „Schrei nicht so, das verbraucht zuviel Luft“, piepste Navi. Link überlegte rasch. Dann sagte er: „Okay, ich weiß was. Wo sind die Eier?“ „Wir laufen genau darauf zu. Es sind zwei Stück. Du kannst sie nicht verfehlen.“ „Könntet ihr bitte aufhören von Eiern zu sprechen? Ich bekomme gerade Hunger“, mischte sich Navi ein. Link achtete gar nicht auf sie. „Verlasst die Höhle, ich versuche ihn abzulenken und wegzulocken.“ „Aber wie?“, fragte Katana. „Bringt euch in Sicherheit, wenn wir bei den Eiern angekommen sind. Und dann seht zu, dass ihr einen Weg findet, der euch nach draußen führt. Ist das klar?“ „Und du?“ Link entdeckte die beiden Eier des Drachen, die auf dem Boden der Höhle lagen. Sein Plan grenzte fast an Selbstmord, aber er musste Katana und Navi die Flucht ermöglichen. „Lauft nach rechts“, schrie Link und seine beiden Begleiter bogen in den rechten Gang ab. Der Hylianer hetzte auf das Gelege zu und erreichte damit, dass der Drache ihm folgte und nicht Katana. Nach Luft schnappend zog er sein Schwert, holte aus und stoppte den Hieb eine Handbreit über den großen grünen Eiern. Das Tier, das ihn verfolgte, blieb augenblicklich stehen und sah ihn lauernd und hasserfüllt mit zusammengekniffenen Augen an. „Verschwinde und lass uns in Ruhe oder deine Brut erlebt ihre Geburt nicht.“ Der Drache schleuderte dem Hylianer ein ohrenbetäubendes Gebrüll entgegen. „Bist du schwerhörig?“, schrie Link und hob sein Schwert an. Der Drache machte einen kleinen Schritt rückwärts und blieb dann abwartend stehen. „Weiter“, meinte Link und die Echse streckte ihren Kopf vor und ließ eine kleine Feuerlohe vorschnellen. „Momentan hast du die schlechteren Karten“, rief Link und tippte mit der Klinge auf ein Ei. Der Drache fuhr hoch und kreischte. „Dann tu, was ich dir sage“, schrie Link das Tier an. „Geh zurück!“ Der Drache gehorchte, ließ den Jungen dabei aber nicht aus den Augen. „Hey, Link“, vernahm der Teenager eine Stimme hinter sich und beinahe wäre ihm das Herz stehen geblieben. „Wir haben einen Ausgang gefunden. Hier ganz in der Nähe.“ „Navi, wo kommst du denn her?“, wisperte der Hylianer. „Na, ich musste dich doch informieren. Wenige Meter den Gang runter, den Katana und ich genommen haben, ist ein Loch in der Decke. Durch das kann man nach draußen klettern.“ „Sehr schön, aber wir kommen niemals an dem Drachen vorbei“, sagte Link. „Vielleicht doch“, meinte Navi und flüsterte Link etwas ins Ohr. Dieser wurde mit jedem Wort, das er von seiner Fee hörte, blasser. „Du hast ’n Knall, das funktioniert nie im Leben.“ „Na gut, dann nicht“, meinte Navi und flog davon. Link fluchte leise und steckte sein Schwert weg. Das schien der Startschuss für die Echse zu sein. Sie rannte vorwärts und Link hob so schnell er konnte ein Ei in die Höhe. Es war ziemlich schwer, der Junge benötigte beide Hände, um den Drachennachwuchs empor zu stemmen. Augenblicklich verharrte die Echse. Langsam ging Link ein paar Schritte zurück und dann zur Seite, während der Drache ihm mit den Augen folgte. „Mach keine Dummheiten, oder ich lasse das Ei fallen“, prophezeite Link und näherte sich im Zeitlupentempo dem Seitengang. Hilflos stampfte der Drache mit dem Fuß auf, dass der Boden vibrierte. Link taumelte zurück und hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Er lehnte mit dem Rücken an einer Felswand und stützte das Ei daran ab. „Das würde ich nicht noch einmal machen“, rief der Hylianer. Sein Herz trommelte wild gegen seine Brust, als wäre es darin gefangen und wollte, dass man es heraus ließ. „Willst du, dass ich das Ei fallen lasse?“, schrie Link und der Drache blies Rauch aus seinen Nüstern. Link schob sich weiter in Richtung Seitengang. Endlich hatte er den Weg, der in die Freiheit führen sollte, erreicht, doch bevor er ihn betrat, sagte er zu seinem Gegner: „Du wirst jetzt schön brav hier warten, bis ich dich rufe. Ich verspreche dir, dass ich dein Ei nicht beschädigen werde. Sollte ich vorher auch nur eine Schuppe von dir sehen, dann hast du einen Nachkommen weniger. Und ich würde dir nicht raten, auszuprobieren, ob ich auch die Wahrheit sage.“ Der Drache blieb lauernd stehen, während Link mit dem Ei vorsichtig rückwärts dem Gang folgte. Dann spürte er einen Luftzug und blickte nach oben. Dort war tatsächlich ein Loch in der Decke, wie Navi es gesagt hatte. Ganz vorsichtig legte er das gestohlene Ei auf den Boden. Dann drehte er sich um und rannte auf einen Felsvorsprung zu. Kraftvoll stieß er sich ab, packte den Rand mit beiden Händen und zog sich hoch. Plötzlich vernahm er das laute Stampfen und Brüllen. Der Drache hatte sich nicht an die Abmachung gehalten und war ihm in dem Moment gefolgt, in dem er mitbekam, dass der Junge das Ei ablegte. Die gesamte Höhle vibrierte und Link sprang zum nächsten Vorsprung, während der Sims, auf dem er noch kurz vorher gestanden hatte, zerbarst und in die Tiefe stürzte. Der Junge hetzte weiter und konnte nur hoffen, dass die Randale des Drachen nicht die Höhle zum Einsturz brachte. Immerhin folgte ihm die Echse nun nicht mehr, sondern blieb ganz nah bei ihrem Gelege stehen. Dafür versuchte sie alles, um ihn zu Fall zu bringen. Sie breitete ihre Schwingen aus und ließ sie durch den Raum sausen. Der Wind zerrte an Links Kleidern, wodurch der Hylianer zwei Schritte rückwärts taumelte und ins Leere trat. Mit letzter Kraft warf er sich nach vorne und konnte so seinen Sturz verhindern. Und dann sah er das Seil, das in der Luft baumelte. Er sprang und klammerte sich an dem rettenden Tau fest, das höher und höher gezogen wurde. Gewaltige Flammen loderten gefährlich nahe an seinem Bein vorbei. Link mobilisierte alle seine Kräfte und kletterte am Seil in die Höhe. Er wollte so schnell wie möglich raus aus dieser Grotte. Endlich erblickte er Katana, die so angestrengt das Seil in die Höhe zog, dass ihre Adern an Hals und Schläfe dick hervortraten. Oben angelangt klammerte sich der Hylianer an den Rand des Lochs und zog sich in die Höhe, wobei Katana ihm half. Tief unter sich hörten sie den Drachen brüllen. Kaum war Link wieder im Freien rollte er sich einige Male um die eigene Achse, um möglichst viel Distanz zwischen sich und dem Loch zu bringen. Katana holte das Seil ein und legte es wieder zu ihrer Ausrüstung. Navi flog über das Loch und rief hinunter: „Na, du dummer Drache. Hierher kannst du uns nicht folgen. Was sagst du jetzt?“ Das Feuer verfehlte sie nur knapp, so dass sie erschrocken zu Link flog, der sich immer noch erholte. Nachdem er wieder zu Atem gekommen war, stand er auf, klopfte sich den Staub von den Kleidern und schrie Katana an. „Hast du den Verstand verloren, genau zu den Eiern zu rennen? Sollte ich sie ausbrüten, oder was?“ „Link, der Drachensitter“, bemerkte Navi mit heller Stimme. „Das ist nicht witzig“, brüllte Link seine Fee an. „Es tut mir leid“, verteidigte sich das Mädchen. „Ich war in Panik und du hast nicht auf mich gehört und …“ „Aha, also bin ich jetzt schuld?“ „Wir haben es doch geschafft.“ „Ja, aber den Drachen hatte ich am Hals“, schrie der Junge. „Du wolltest es doch unbedingt mit ihm aufnehmen. Uns hast du gesagt, wir sollen machen, dass wir wegkommen“, brüllte Katana zurück. „Vielleicht wären wir ihn früher losgeworden, wenn du geradeaus weitergelaufen wärst. Dann hätte er eventuell erst nach seinem Nachwuchs gesehen und uns nicht weiter verfolgt.“ „Vielleicht weiß er durch euer Gebrüll auch, wo wir gerade sind und kommt gleich an, um uns den Rest zu geben“, sagte Navi vorlaut. „Halt die Klappe“, brüllten Link und Katana gleichzeitig in Navis Richtung. Die Wut des Hylianers war grenzenlos und er marschierte einfach weiter durch die Berge. Katana und Navi folgten ihm schweigend. Rings um sie herum ragten die mächtigen Felswände in die Luft. Irgendwann hielt Link an, warf seine Ausrüstung auf den Boden und legte sich hin, um zu schlafen. Die Erkundungen der Höhlen und die abschließende Begegnung mit dem Drachen hatte ihn sehr erschöpft. Hungergefühl verspürte er keines, dafür war er viel zu ärgerlich. Unzählige weitere Höhlen, die sie durchsuchen mussten, lagen noch vor ihnen und sie würden es vermutlich nie innerhalb von wenigen Dis schaffen, sein Double aufzuspüren. Und es blieben ihnen nur noch ein paar Dis, um diese Aufgabe zu erledigen, denn danach würde er ihn nie finden – so hatte es zumindest das Baumorakel gesagt. Und Link hatte keinen Grund, an dessen Worten zu zweifeln. Er schloss die Augen, doch er konnte nicht einschlafen. Und er hütete sich, sich hin und her zu wälzen, als er hörte, wie Katana sich ebenfalls hinlegte. Sollte sie doch denken, er schliefe bereits, das war ihm nur recht. So würde sie ihm wenigstens keine fadenscheinigen Worte der Entschuldigung aufzwängen. Es war doch wohl nicht zuviel verlangt, auch in einer Krisensituation ein klein wenig nachzudenken. Link hörte, wie sie ein- und ausatmete und er hörte auch, wie sie plötzlich die Luft anhielt. „Link“, sagte sie leise. Der Hylianer stellte sich schlafend. „Link.“ Ihre Stimme wurde lauter, doch der angesprochene achtete nicht auf sie. „Link!“, rief sie. „Lass mich bloß in Ruhe“, knurrte er und drehte sich auf die Seite. „Link, hör mal.“ „Du sollst still sein. Vielleicht will ich ja schlafen, ist dir der Gedanke schon mal gekommen?“ „Link, ich weiß, wo wir deinen Doppelgänger suchen müssen.“ Schlagartig machte Link die Augen auf. Doch er blieb still liegen. Das war sicher nur ein Trick, damit er wieder mit ihr redete. Aber so einfach würde er es ihr nicht machen. „Schön“, meinte er nur. „Es gibt nur eine Höhle, wo er steckt. Und ich habe gerade eben den Hummer gefunden. Er hat nur eine Zange, deshalb gibt es auch nur eine Zange, die der Höhle am nächsten ist.“ Jetzt war Link hellwach. Er setzte sich auf und starrte Katana an. „Was?“ „Leg dich wieder hin und schau nach oben“, sagte das Mädchen leise. In seinem Inneren regte sich Empörung darüber, dass Katana nach den ganzen Schwierigkeiten, in die sie ihn gebracht hatte, es auch noch wagte, ihm Befehle zu erteilen. Warum sagte sie nicht einfach klipp und klar, was Sache war? Doch Links Neugier war größer und deshalb tat er das, was sie gesagt hatte. Anfangs wusste er nicht, was es ihm bringen sollte, in den Nachthimmel zu starren. Doch dann erkannte er, was sie meinte. Ein paar Sterne hoch über ihm bildeten die Form eines Hummers, der nur eine Schere besaß. Und genau unter dieser Schere sah er im Mondlicht die Öffnung einer Höhle. Sie lag etwas höher, so dass sie klettern mussten, um sie zu erreichen, aber das war zu verschmerzen. Link konnte es kaum glauben. Sie waren sehr dicht vor ihrem Ziel. Er hoffte, dass das Sternbild auch tatsächlich die richtige Deutung der Worte des Orakels war. Allerdings wusste Link auch nicht, welcher andere Hummer gemeint sein sollte. „Siehst du es?“, hörte er Katana leise fragen. „Ja“, hauchte er. Er konnte es immer noch nicht glauben. Warum war ihnen dieses Sternbild nicht schon in den Nächten zuvor aufgefallen? „Es tut mir leid, dass ich uns alle in Gefahr gebracht habe“, flüsterte Katana kaum hörbar. Link rutschte nahe an sie heran. „Und mir tut es leid, dass ich dich so angeschrieen habe. Zur Zeit bin ich nervlich ziemlich angespannt.“ „Das ist doch ganz klar bei dem ganzen Druck, dem du ausgesetzt bist“, sagte Katana verständnisvoll. Der Hylianer beugte sich über sie. „Ohne dich wäre ich wirklich verloren. Du siehst Dinge, die ich nicht sehe. Ich wäre wohl noch ewig in den Höhlen herumgeirrt, ohne die Lösung zu entdecken.“ „Das war nur Zufall. Ich habe mir nur die Sterne angesehen, weil ich nicht schlafen konnte und da habe ich den Hummer entdeckt.“ Link legte seine Hand auf die Wange des Mädchens und sah sie an. „Du ahnst gar nicht, wie sehr ich dich liebe“, flüsterte er und küsste sie auf den Mund. Katana schlang ihre Arme um seinen Hals und ihre intensiven Küsse wurden nur von den kleinen Augenblicken unterbrochen, in denen sie ihre Lippen voneinander lösten, um Luft zu holen. Der Hylianer schob seine Hand unter ihr Hemd und streichelte ihre Brust. Doch Katana drückte seinen Arm zurück. „Bist du müde?“, fragte sie. „Egal, ich kann sowieso nicht schlafen.“ „Dann lasse uns doch jetzt das tun, wozu du hergekommen bist. Dein Ebenbild wird bestimmt schlafen und nicht damit rechnen, dass jemand in der Nähe ist, um ihm einen Besuch abzustatten. Die beste Gelegenheit für eine kleine Überraschung.“ „In der Tat“, stimmte Link ihr zu, zog seine Hand wieder hervor und gab dem braunhaarigen Mädchen einen letzten Kuß. Dann packten sie ihre Sachen zusammen und gingen dem Sternbild und somit auch der gesuchten Höhle entgegen. Sie platzierten sich direkt unter die Zange des Hummers und blickten hinauf. „Da werden wir eine Weile klettern müssen“, meinte Katana. „Das ist aber nicht allzu schwierig. Fast überall sind Stellen, an denen wir gut Halt finden können“, sagte Link, nachdem er sich im Mondlicht die Wand betrachtet hatte. „Ich warte dann oben“, meinte Navi und flog direkt zur Höhle. Link und Katana machten sich an den Aufstieg, der leichter vonstatten ging, als sie gedacht hatten. Auf halber Höhe kam ihnen Navi entgegen geflogen und berichtete, dass im Inneren ein Junge, der genauso gekleidet war wie Link und ebenfalls spitze Ohren besaß, an der Wand lehnte und schlief. Weitere Personen hatte Navi nicht entdeckt. Diese Mitteilung spornte die beiden Bergsteiger noch mehr an und nach zwei Stunden standen sie endlich vor dem Eingang der Höhle. „Du bleibst hier und passt auf, dass niemand hier rein kommt“, sagte Link zu Katana. „Man hat mir von einem kräftigen Kerl mit weißen Haaren und einer Lederrüstung erzählt. Der gehört garantiert zu meinem Freund. Aber wenn Navi ihn nicht gesehen hat, muss er sich irgendwo versteckt halten oder woanders übernachten. Ich möchte nicht, dass er uns überrascht.“ „Geht klar“, wisperte Katana. „Und du gehst dich selbst besuchen?“ Link nickte grimmig. „Genau. Ich werde mit ihm fertig, verlasse dich darauf. Und dann bringen wir beide ihn nach Hyrule, wo er allen Bürgern erzählen wird, dass nicht ich es war, der sie bestohlen hat. Hoffentlich hat er die ganze Beute nicht schon ausgegeben. Es würde einen guten Eindruck machen, wenn wir mit einem großen Teil der Rubine und der anderen Gegenstände wieder auftauchen würden.“ „Stimmt. Dann sei aber schön leise, wenn du jetzt in die Höhle gehst. Wir wollen ja nicht, dass der Langschläfer vorzeitig aufwacht. Und nimm dir noch mein Seil mit.“ Das Mädchen reichte ihm das Tau, mit dem es ihm vor wenigen Stunden aus einer anderen Höhle befreit hatte. Link biss die Zähne so heftig zusammen, dass die Wangenknochen hervortraten. Er rollte das Seil zusammen und hängte es sich über die Schulter. „Navi, du wartest zusammen mit Katana hier auf mich. Ich komme dann und sage euch Bescheid“, befahl der Hylianer seiner Fee. Dann holte er sein Schwert aus der Scheide und betrat leise die Höhle. Kapitel 32: TEIL 3 - Kapitel 2 ------------------------------ 2 Vorsichtig und immer wieder um sich blickend bahnte Link sich im Licht der Lampe seinen Weg. Überall konnten seine Feinde lauern, wobei der Hylianer hoffte, dass sein Double auch weiterhin noch friedlich schlief und seine Ankunft nicht vorzeitig bemerken würde. Nach einigen weiteren Metern öffnete sich rechts ein tiefer Abgrund. Dieser war ein weiterer Grund zur Vorsicht, denn es war gut und gerne möglich, dass aus einer Seitengasse ein Angriff erfolgen konnte, der den Jungen in den Abgrund befördern würde. Link hielt seine Lampe über die Schlucht, aber er konnte nicht bis auf den Grund sehen. Noch aufmerksamer als zuvor bewegte er sich Schritt für Schritt vorwärts. Dabei kickte er einen kleinen Stein beiseite, der mit klackernden Geräuschen in die Schlucht fiel. Wie gebannt horchte Link und als er erkannte, wie tief das Loch war, wusste er, dass er einen Sturz dort hinunter niemals überleben würde. Angespannt den Schwertgriff umklammernd setzte er seinen Weg fort. Plötzlich hörte er aus einem Seitengang Geräusche. Sehr leise bog er in den Gang ein. Und nach wenigen Schritten blieb er schockiert stehen. Im Schein der Lampe sah er sich selbst. Es gab keinen Zweifel: der hellblonde Junge, der sitzend an der Wand lehnte und leise vor sich hin schnarchte, sah haargenau so aus wie er. Die weißen Ärmel des Shirts lugten unter der grünen kurzärmeligen Tunika hervor. Die Beine, die in einer weißen eng anliegenden Hose steckten und in braunen Stiefeln endeten, waren ausgestreckt und lagen als Hindernis im Weg. Die Mütze war verrutscht und hing dem schlafenden Jungen halb im Gesicht. Neben ihm lag ein Schwert, um das sich Link zuerst kümmerte. Nachdem er eine ganze Weile verwundert den Kopf geschüttelt hatte, griff er nach der Waffe und schleuderte sie in hohem Bogen über die Kante der Schlucht. Es klirrte hell und laut, als das Schwert wieder und wieder von Felsen abprallte und sich seinen Weg in die Tiefe bahnte. Der Doppelgänger schlief seelenruhig weiter. Je länger Link ihn betrachtete, umso stärker dachte er an all die Taten, die dieser Junge in seinem Namen begangen hatte und umso wütender wurde er. Er stellte seine Lampe auf den Boden. „Hey“, rief er und trat gegen die Stiefel des schlafenden Teenagers. Dieser grunzte leise und drehte sich ein wenig. „Hey, aufwachen“, rief Link laut und bearbeitete unaufhörlich die Stiefel mit seinen eigenen. Das wirkte. Der Junge wachte keuchend auf und blickte sich wie gehetzt um, um sich zu orientieren. Als er Link wahrnahm, weiteten sich seine Augen entsetzt und er griff neben sich. Wild tasteten seine Hände nach dem Schwert und in diesem Augenblick erkannte Link, dass der Junge furchtbare Angst hatte. Sein Doppelgänger hatte mittlerweile erkannt, dass seine Waffe nicht zur Verfügung stand, daher sprang er auf und ballte seine Fäuste. Link wartete nur darauf, dass der Junge zuschlagen würde, damit er einen Grund hatte, ihn windelweich zu prügeln. Und sein Double tat ihm den Gefallen, sprang vor und landete einen Treffer auf Links Schwertarm. Der Schlag war nicht sehr stark, was Link jedoch nicht davon abhielt, mit erhobenem Schwert auf den Jungen zuzustürmen und ihn gegen die Wand zu drücken. Der Plagiator hielt schützend die Arme vor sein Gesicht und Link ballte die freie Hand zur Faust und boxte seinem Gegenüber mit aller Kraft in den Bauch. Die Hände auf den Leib gepresst, fiel der Junge auf die Knie und wimmerte vor Schmerzen. Link steckte sein Schwert weg, packte mit beiden Händen die Tunika seines Ebenbildes und riss ihn in die Höhe. „So, du Jammergestalt“, fauchte er. „Und jetzt kannst du dich von deiner Karriere als Einbrecher verabschieden.“ Link stieß seinen Gegner mit dem Rücken gegen die Wand. Der Junge schrie auf und sackte zusammen. Der Hylianer ließ ihn vorsichtig zu Boden gleiten, presste sein Knie auf dessen Rücken, bog ihm die Arme nach hinten und fesselte ihn. Dann rollte er ihn auf den Rücken und lehnte ihn gegen die Wand. „Wer bist du?“, wollte der Hylianer wissen. Der Plagiator zitterte am ganzen Körper. „L … Link“, stammelte er, doch diese Antwort stachelte Links Wut noch mehr an. Er schlug seinem Gegner ins Gesicht, dass der Kopf zur Seite flog. Dann riss er das Schwert heraus, setzte die Spitze an die Brust des Jungen und drückte leicht zu. „Falsche Antwort“, zischte er. „Derjenige, der du vorgibst zu sein, steht gerade vor dir. Und er ist verflucht sauer, wie du dir sicher denken kannst. Also pass ab jetzt besser auf deine Worte auf.“ Der gefesselte Link schluckte. Schweiß brach ihm aus. „Also, nach deinem Einbruch in Kakariko und dem Überfall auf der Lon-Lon-Farm, wie viele Leute hast du noch überfallen, ausgeraubt oder bist bei ihnen eingebrochen?“ Mit Angst in den Augen blickte der falsche Link den echten an und brachte keinen Ton heraus. „Rede“, schrie Link ihn an und schlitzte mit der Schwertspitze seine Tunika auf. „Noch … noch fünf“, gab der Junge zu. „Und alle in dieser Maskerade.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, daher wartete Link auch gar nicht die Antwort seines Doppelgängers ab. „Warum?“, wollte er stattdessen wissen. „Ich kenne dich nicht. Ich habe dich nie gesehen. Warum willst du mir schaden und tust alles, um mich in Misskredit zu bringen?“ Der Junge blickte zu Boden und schwieg. Link sprang auf ihn zu, riss ihm die Mütze vom Kopf, krallte die Finger in sein Haar und zog seinen Kopf zur Seite. Scharf zog der Gefesselte die Luft ein und schrie erstickt auf. „Warum?“, rief Link. „Was hast du davon?“ „Es … es war nicht meine Idee. Ich habe es für einen Teil der Rubine getan, die ich gestohlen habe“, heulte der Plagiator. „Wessen Idee war es?“, fragte Link laut. „Etwa die von deinem bulligen Freund?“ Der Junge schüttelte den Kopf. „Er hat mich nur auf Diebestouren begleitet, bei denen die Überfallenen Schwierigkeiten hätten machen können.“ Link packte seinen Feind vorne an der Tunika und schüttelte ihn heftig. „Ich habe dich gefragt, wessen Idee diese ganze Aktion war“, schrie er außer sich vor Wut. „Midos“, antwortete der Junge unter Tränen. Diese Antwort hatte Link nicht erwartet. Vollkommen fassungslos ließ er von dem Jungen ab, taumelte zwei Schritte nach hinten und starrte seinen Gefangenen ungläubig an. „Midos?“, hauchte er überrascht. „Meinst du den Kokiri?“ Der Doppelgänger nickte. Link konnte es nicht begreifen. Aber es ergab alles Sinn. Vor gut einem Ahno war Mido von den Kokiri verstoßen worden. Ganz offen hatte er es damals gezeigt, dass er Link für denjenigen hielt, der an seiner Bestrafung die Schuld trug. Offenbar hatte Mido ihm all die Zeit nie verziehen. Bestimmt war sein Hass auf den Hylianer noch gewachsen. Und um sich zu rächen hatte er diesen Plan entwickelt, um Link zu schaden. „Woher kennst du Mido?“, wollte der Hylianer wissen, nachdem er sich von seinem Schock erholt hatte. „Er … er hat mich vor einer Zykle angesprochen und mich gefragt, ob ich daran interessiert bin, Rubine zu verdienen. Und dann hat er gesagt, dass ich nur in ein Haus in Kakariko einbrechen sollte. Ich sollte mich nach Rubinen und anderen Wertgegenständen umsehen. Es wäre überhaupt kein Risiko dabei, da es nachts passieren sollte und der Bewohner sowieso tief schlafen würde. Aber dann wurde er doch wach und ich geriet in Panik, als er mich überraschte und schlug ihn nieder.“ „Wer hat dir dieses Outfit verpasst?“ „Das war Mido. Er hat mir die passenden Sachen besorgt, so dass ich so aussehe wie du. Er meinte, dass auf mich nicht der geringste Verdacht fallen würde.“ „Und dieser Muskelprotz? Wo hat Mido den aufgegabelt?“ „Keine Ahnung“, zuckte der falsche Link mit den Schultern. „Der war schon bei ihm, als er mich ansprach.“ „Und ihr hattet noch weitere Einbrüche geplant, oder?“ Der Doppelgänger blickte zu Boden und sagte dann leise: „Nicht direkt.“ „Nicht direkt? Was heißt das?“ Der gefesselte Junge biss sich auf die Lippen und gab keine Antwort. Link verpasste ihm zwei kräftige Ohrfeigen. „Was habt ihr vor?“, fragte er aggressiv. „Prinzessin Zelda macht morgen einen Ausflug.“ Link stockte der Atem. „Ihr wollt Zelda überfallen?“ Als sein Gegenüber keine Antwort gab, richtete Link sich auf, blickte seinem Gefangenen direkt in die Augen und sagte: „Weißt du, was dich jetzt erwartet? Ich werde dich mitnehmen. Du wirst allen das erzählen, was du mir gerade erzählt hast. Und als kleine Überraschung für dich werden wir uns direkt nach Kakariko begeben und von dort nach Hyrule.“ Mit Genugtuung sah Link, wie der gefesselte Junge blass wurde. „Nach … Kakariko?“, stammelte er. „Ganz genau. Hast du Angst? Dazu solltest du auch allen Grund haben. Habt ihr Pferde?“ Der Junge nickte. „Sie stehen am hinteren Ausgang der Höhle.“ „Sehr schön“, stellte Link fest. „Dann werden wir jetzt hier auf Mido und den Kraftprotz warten. Die werden ja bestimmt bald auftauchen, wenn ihr in ein paar Stunden …“ Eine Bombe aus feuriger Farbenpracht explodierte in Links Kopf. Dass er auf dem Boden aufschlug, merkte er bereits nicht mehr. Kapitel 33: TEIL 3 - Kapitel 3 ------------------------------ 3 „Ribeiro“, rief der falsche Link erleichtert. „So leicht lässt du dich also austricksen“, antwortete der weißhaarige muskulöse Kerl, der von dem Hylianer unbemerkt in den Seitengang geschlichen war und ihn mit dem Schwertgriff niedergeschlagen hatte. „Er hat mich überrascht“, verteidigte sich der Gefangene. „Blödsinn, wahrscheinlich bist du wieder eingeschlafen.“ „Das bin ich nicht.“ „So, und wo ist dann dein Schwert?“, wollte Ribeiro wissen. Der gefesselte Junge gab keine Antwort. Nach einer langen Zeit des Schweigens sagte er: „Schneidest du mich bitte los? Es wird langsam unbequem.“ Ribeiro kniete sich neben ihn und zog einen Dolch hervor. „Weißt du, dass ich eine ganze Zeit in eurer Nähe verbracht und euch zugehört habe?“ Der Doppelgänger starrte ihn an. „Du hast ihm alles erzählt. So etwas nennt man Verrat.“ „Ribeiro“, flüsterte das Double, „ich habe ihn abgelenkt, so dass du ihn niederschlagen konntest.“ Ribeiro nickte. „Dafür bin ich dir auch sehr dankbar. Auf ihn ist eine richtig dicke Belohnung ausgesetzt, die wir uns jetzt holen können. Aber ein Verrat von dir bleibt es dennoch.“ „Nein, bitte nicht“, flehte der Junge. „Außerdem hat jeder von uns wesentlich mehr von der Beute, wenn Mido und ich sie durch zwei teilen müssen und nicht durch drei.“ Mit einer blitzschnellen Bewegung stieß der große Mann in der Lederrüstung seinen Dolch in das Herz des vor ihm liegenden Jungen, der entsetzt die Augen aufriss und dann langsam zur Seite wegrutschte. Ribeiro schnitt dem Toten die Fesseln durch und ging mit diesen zum immer noch bewusstlosen Link. Dann machte er mit dem Hylianer genau dasselbe, was dieser mit seinem Double getan hatte. Er überprüfte, ob der Strick auch wirklich fest saß und knurrte zufrieden: „So, jetzt warte ich nur noch auf Mido und dann werden wir dich nach Hyrule bringen, dort den Wachen ausliefern und die fette Prämie kassieren, die es für deine Ergreifung gibt.“ „Habt ihr noch nicht genug an dem, was ihr erbeutet habt?“ Ribeiro fuhr herum, als er die unerwartete Stimme hörte und sah mit Verblüffung, dass ihm ein braunhaariges Mädchen in einem blauen Hemd und brauner Hose gegenüber stand. „Wer bist du denn?“ „Die Vereitelung deines Vorhabens“, sagte Katana und deutete auf den Hylianer. „Er ist bestimmt nicht mit dem einverstanden, was du mit ihm machen willst, daher stehe ich ihm bei.“ „Ach so, ihr gehört also zusammen? Das ist ja praktisch. Vielleicht springen noch mehr Rubine heraus, wenn ich dich als seine Komplizin gleich mit abliefere.“ Die Xylte zog ihr Schwert und hielt es ihm entgegen. „Das versuch nur.“ Auch Ribeiro holte seine Waffe hervor und grinste das Mädchen an. Er ging langsam auf sie zu. Spielerisch ließ er seine Klinge die ihre berühren, doch es steckte keinerlei Kraft hinter dem Hieb. „Du hast noch die Chance, dich anders zu entscheiden“, machte Ribeiro sie aufmerksam. „Dann musst du wenigstens nicht sterben.“ „Das kann schon sein“, erwiderte Katana. „Aber dann müsste ich mir für den Rest meines Lebens Vorwürfe machen, einem stinkenden Aufhocker wie dir nicht die Stirn geboten zu haben.“ Aufhocker waren Wesen, die einsamen Wanderern auflauerten und sich mit einem Sprung auf ihren Rücken setzten, um sich durch die Gegend tragen zu lassen. Der Wanderer kann sich nicht gegen sie wehren oder sie abschütteln. Sobald die Aufhocker merkten, dass ihr Opfer am Ende seiner Kräfte war, sprangen sie von dessen Rücken hinunter und liefen fort. Als Dankeschön für den Transport hinterließ die Begegnung mit so einem Wesen bei dem Opfer Krankheiten oder im schlimmsten Fall sogar den Tod. Niemand, noch nicht einmal andere magische Wesen, wollten etwas mit einem Aufhocker zu tun haben. Diese Spezies rangierte in der Beliebtheitsskala am untersten Rand. Dementsprechend fiel auch Ribeiros Reaktion aus. Sein Grinsen fror ein und machte einem wütenden Ausdruck Platz. Mit einem Aufschrei stürzte er nach vorn und schwang sein Schwert. Katana sprang zurück und die Klingen prallten so heftig gegeneinander, dass Funken nach allen Seiten sprühten. Das Mädchen stieß einen Schmerzenslaut aus. Fast hätte ihr der Schlag die Waffe aus der Hand geprellt, aber sie hielt das Schwert fest. Dem nächsten Hieb konnte sie nur knapp ausweichen, indem sie sich ein Stück zurück beugte. Dann zischte die Klinge von oben auf sie herunter. Sie warf sich zur Seite und das Stahlblatt donnerte mit einem hellen Klirren auf den Steinboden. Katana hörte Ribeiro aufschreien, bevor er die Waffe fallen ließ. Die Xylte kniete am Boden und ließ nun ihrerseits ihr Schwert schwingen, doch Ribeiro sprang in die Höhe und entging so einer Beinverletzung. Das braunhaarige Mädchen wurde vom Schwung der Waffe zu Boden gerissen und als sie ungeschützt auf der Erde lag, holte Ribeiro mit seinem Fuß aus und trat ihr mit aller Kraft gegen die linke Schulter. Katana riss die Augen auf, die sich sofort mit Tränen füllten. Der Schmerz kam so heftig und unerwartet, dass sie noch nicht einmal schreien konnte. Ihr gesamter Arm wurde in einem Sekundenbruchteil taub und das Schwert entglitt ihren Händen. Sie rollte sich auf den Rücken und sah, wie ihr Gegner seinen Dolch zog. Doch dann war Navi vor seinem Gesicht, flog hin und her und irritierte ihn auf diese Weise. Wild stach der kräftige Mann durch die Luft, aber die kleine Fee war zu flink für ihn. Als ihr Gegner kurz über der Xylte stand, nahm sich diese nicht viel Zeit zum Überlegen. Sie ließ ihr Bein hochschnellen und traf ihn genau an dem Punkt, an dem sie ihn treffen wollte. Ribeiro stoppte mitten in der Bewegung, riss den Mund auf und schnappte nach Luft. Der Dolch glitt ihm aus der Hand und fiel mit der Spitze genau auf Katanas Bauch. Doch die Kraft der Bewegung reichte nicht aus, um ihn in den Körper eindringen zu lassen und so fiel er zur Seite und rutschte seitlich an ihrem Hemd auf die Felsen. Im selben Augenblick ließ Ribeiro einen gellend abgehackten Schrei ertönen, der nicht so klang, als hätte ihn ein menschliches Wesen ausgestoßen. Katana setzte nach, indem sie ihr Bein anzog und den Fuß gegen Ribeiros Oberkörper schnellen ließ. Dieser stürzte nach hinten, überschlug sich und rollte über die Kante des Abgrunds. Kein Schrei war von ihm zu hören, doch die Geräusche, die Katana vernahm, als sein Körper gegen die Felsen prallte und von ihnen zurückgeworfen wurde, waren um ein vielfaches schrecklicher. Jetzt kamen die Schmerzen. Es fühlte sich an, als wäre ihr Arm in flüssige Lava getaucht. Das Mädchen hielt sich den Arm und schrie gellend. Sie glaubte, vor Schmerzen den Verstand zu verlieren und biss in ihrer Verzweiflung auf einen Stein. Animalische Laute drangen aus ihrer Kehle, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Ihre stumme Bitte um eine Ohnmacht wurde nicht erhört. Allmählich ließen die Schmerzen nach. Vorsichtig bewegte Katana ihren Arm, wodurch neue Schmerzwellen durch ihren Körper jagten. Sie biss die Zähne zusammen und krabbelte auf den Knien zu Link. Navi war schon bei ihm und bemühte sich vergebens, ihn zum Aufwachen zu bewegen. Mit der Hand ihres unversehrten Armes rüttelte Katana an seiner Schulter und rief mehrmals seinen Namen. Sie schlug gegen seine Wangen und endlich kam Leben in ihn. Er stöhnte und versuchte seinen Kopf aus der Reichweite der Schläge zu bringen, was ihm aber nicht gelang. Langsam öffnete er die Augen, blinzelte und versuchte sich zu orientieren. Schmerzen schossen wie Blitze durch seinen Schädel und im selben Moment wurde ihm schlecht. Er drehte sich zur Seite und übergab sich. „Igitt“, rief Navi und brachte sich mit zwei Flügelschlägen in Sicherheit, damit sie nichts abbekam. Schnell stürmte Katana zu ihrer Tasche, die sie etwas entfernt abgestellt hatte. Sie kramte mit einer Hand darin herum und fand schließlich das, was sie suchte. „Hier, kau das“, forderte sie Link auf, als sie wieder bei ihm war und hielt ihm zwei lila Blätter entgegen. Der Junge nahm sie und steckte sie sich stöhnend in den Mund. Am liebsten hätte er sich, gereizt vom Geruch seines Erbrochenen, erneut übergeben. Er drehte den Kopf so weit wie möglich von der Lache weg und kaute mit angewidertem Gesichtsausdruck. Katana half ihm beim Versuch, sich aufzusetzen, wobei sie sehr genau darauf achtete, dass sie ihren geprellten Arm nur minimal bewegte. Als Link sich wieder einigermaßen beruhigt hatte und die Kopfschmerzen abgeklungen waren, sah er Katana an und fragte sie: „Was … was ist denn passiert?“ „Du wurdest von diesem Muskelprotz bewusstlos geschlagen. Ich habe das beobachtet und dann wollte er mich auch fertig machen. Aber dieser Plan ging nach hinten los.“ „Du hast das gesehen? Aber wieso?“ „Es hat mir da draußen zu lange gedauert. Deswegen bin ich dir mit Navi gefolgt. Der Kerl hat sich von hinten an dich heran geschlichen und dich außer Gefecht gesetzt. Aber er ist nicht an mir vorbei gekommen. Vielleicht hat er sich schon in der Höhle befunden.“ „Oder er ist durch den Hinterausgang gekommen“, klärte Link sie auf. „So einen gibt es nämlich. Dort stehen auch die Pferde dieser Bande.“ „Geht es dir wieder besser?“, erkundigte sich die Fee, die sich auf seine Schulter gesetzt hatte. „Ja, alles in Ordnung.“ „Ich frage nicht aus Sorge“, stellte Navi klar. „Ich wollte nur wissen, ob du vielleicht heute auf dein Frühstück verzichtest.“ „Es ist so schön, wenn man von allen gemocht wird“, seufzte Link. Dann blickte er sich um. „Wo ist mein Doppelgänger?“ Katana legte ihm die Hand auf die Schulter, worauf er sie ansah. Ihr Gesichtsausdruck war traurig. „Es tut mir so leid, aber der Kerl hat ihn erstochen.“ Der Ausdruck im Gesicht des Hylianers wurde starr. „Was?“ „Es ging alles blitzschnell. Ich war total geschockt, als er das Messer in seinen Körper stieß“, verteidigte sich die Xylte. Link schüttelte fassungslos den Kopf. Er stand auf, ging langsam zu dem toten Jungen, umfasste seine Schultern und drehte ihn auf den Rücken. Die linke Brustseite seiner Tunika hatte sich mit Blut voll gesogen. Seine offenen Augen blickten zur Decke. Der Hylianer schloss dem Jungen die Augen, drehte den Kopf und sah seine Begleiterin über die Schulter hinweg an. „Er … ich wollte ihn … mit nach Hyrule nehmen. Er sollte … er sollte dort erzählen … dass er … für alles verantwortlich war. Er war … die Hoffnung meinen Namen … reinzuwaschen.“ Katana ging auf ihn zu, kniete sich neben ihn und sagte leise: „Gibt es keine andere Möglichkeit, den Leuten die Wahrheit zu erzählen?“ Link nickte. „Schon, aber dafür muss ich auf den Anführer warten. Keine Ahnung, wo er sich momentan herumtreibt. Aber ich denke, dass er früher oder später wieder hierher zurückkommen muss.“ „Na also. Dann reitest du mit ihm nach Hyrule und er muss den Bürgern alles erklären. Und zum Beweis nimmst du deinen Doppelgänger mit.“ „Gute Idee.“ Link riss sich vom Anblick des toten Jungen los und stand auf. „Danke, dass du nicht draußen geblieben, sondern in die Höhle gekommen bist, um nach mir zu sehen.“ Katana lächelte den Hylianer an. „Genau, ich bin immer noch draußen und kümmere mich gar nicht um dich. Dafür erwarte ich auch gar keinen Dank“, beschwerte sich Navi. „Wollen wir mal den Hinterausgang suchen und nach den Pferden gucken?“, schlug Link vor. „Ist gut“, meinte Katana. „Aber lass uns vorsichtig sein. Wer weiß, vielleicht taucht plötzlich irgendwo ihr Anführer auf.“ „Navi, du fliegst bitte voraus und sagst uns Bescheid, falls uns jemand entgegen kommt. Und teile uns auch mit, wenn du den Ausgang gefunden hast.“ „Als Botschafter tauge ich gerade genug. Das hätte ich mir ja denken können.“ Protestierend flog Navi in die Dunkelheit. Das Mädchen griff sich ihre Tasche und biss mit schmerzverzerrtem Gesicht die Zähne zusammen, als sie ihren linken Arm bewegte. Dann ging sie tapfer neben Link, der sich in der Zwischenzeit seine immer noch auf dem Boden stehende brennende Lampe gegriffen hatte, dem zweiten Ausgang entgegen. Der Weg führte leicht schräg nach unten, so dass sie vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzten. „Sag mal, weißt du, wie viel Beute die Kerle bei ihren Überfällen gemacht haben?“ Link zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, doch bei sieben Überfällen könnte einiges zusammen kommen.“ „Aber weder dein Doppelgänger noch der Muskelprotz hatten etwas bei sich. Und hier haben wir auch nichts gefunden. Die haben ihre Schätze sicherlich irgendwo versteckt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in der kurzen Zeit schon alles zu Rubinen gemacht haben.“ „Damit könntest du Recht haben. Nur wo ist ihr Versteck? Hier in der Höhle? Außerhalb?“ „Ich weiß es nicht, Link. Aber der Anführer wird es dir sicherlich verraten können.“ Bei der Erwähnung wanderten Links Gedanken abermals zu Mido. Bisher hatte er sich noch nicht blicken lassen, aber der Hylianer war sich sicher, dass er irgendwann wieder zur Höhle kommen würde. Wahrscheinlich war er gerade damit beschäftigt, letzte Vorbereitungen für den Überfall auf Prinzessin Zelda zu treffen, der noch an diesem Tag stattfinden sollte. Doch dieser Überfall würde garantiert nicht stattfinden. Mido wusste es noch nicht, aber er war allein. Seine Komplizen waren tot und Link wollte nicht glauben, dass es noch weitere Mittäter gab. Allein würde sich Mido niemals an so ein heikles Unterfangen wagen. Trotzdem musste Link sich vergewissern, dass keinerlei Gefahr für die Prinzessin mehr bestand. Wer konnte schon wissen, ob die drei nicht irgendwelche Fallen aufgestellt hatten? Navi kam ihnen aufgeregt entgegen. „Was ist los?“, erkundigte sich Link. „Wildschweine“, keuchte Navi. „Jede Menge Wildschweine.“ Link kniff die Augen zusammen. „Wildschweine? Hier in der Höhle? Das glaubst du doch wohl selber nicht.“ „Na gut“, meinte Navi. „Hätte ja klappen können, dass ich euch damit reinlegen kann. Nein, ich habe den Ausgang gefunden.“ Link verdrehte die Augen. Offenbar gab es keine Situation, in der Navi nicht versuchte, witzig zu sein. Manchmal konnte es wirklich nerven. „Das ist ja toll“, lobte Katana die Fee. „Wo ist er denn?“ „Wenigstens eine, die meine Bemühungen zu würdigen weiß“, stellte Navi fest. „Etwas weiter müsst ihr schon noch laufen. Dann klettert ihr ein paar Felsen hoch. Das ist aber nicht allzu schwer.“ „Vor allem nicht für dich, denn du kannst ja fliegen“, knurrte Link, doch Navi ignorierte den Hylianer. „Und die Pferde habe ich auch schon gesehen. Aber die müsst ihr selber sehen, sonst glaubt ihr nicht, wo sie stehen.“ „Wie viele Tiere sind es denn?“, erkundigte sich Katana. „Für dich und mich reichen sie. Link muss leider laufen“, kicherte Navi. „Ich krieg kaum noch Luft vor Lachen“, meinte der Junge sarkastisch. „Jetzt sei doch nicht so grummelig.“ Katana knuffte ihn in die Seite. „Sag deiner Fee lieber mal, was für gute Arbeit sie geleistet hat. So etwas kriegt sie bestimmt nicht oft von dir zu hören, oder?“ „Nie“, tönte Navi. „Das macht sie bloß noch eingebildeter“, antwortete Link, worauf Navi ihm die Zunge herausstreckte und wieder zum Ausgang flog. Katana hakte sich bei Link unter und stöhnte leise, als sie ihren verletzten Arm leicht bewegte. „Es wird alles wieder in Ordnung kommen, glaube mir. Du wirst die Bürger von Hyrule davon überzeugen können, dass du nichts mit den Raubzügen zu tun hattest. Und dann kannst du endlich wieder in Frieden leben.“ „Und was ist mit dir? Kehrst du wieder in die Verlorenen Wälder zurück?“ „Wahrscheinlich. Oder wir kommen irgendwo in Hyrule unter.“ Link schaute sie ernst an. „Selbst wenn man mir jetzt glaubt, möchte ich in der ersten Zeit einen weiten Bogen um die Stadt machen. Ich werde so schnell nicht vergessen können, wie wenig sie mir nach allem, was ich bisher für sie getan habe, vertrauen. Sie haben mich gejagt wie ein Tier.“ „Aber du hast deinen Doppelgänger doch gesehen. Wenn du ein Bürger von Hyrule gewesen wärst, hättest du bestimmt genauso gedacht“, verteidigte Katana die Städter. „Vielleicht.“ Link wiegte den Kopf hin und her. „Aber vielleicht hätte ich auch selbst Nachforschungen angestellt, um herauszufinden, ob an den ganzen Geschehnissen etwas faul ist und hätte das Gerede nicht so ohne weiteres übernommen. Vergiss nicht, es gab auch Leute, die von meiner Unschuld überzeugt waren. Und die hatten genau die gleichen Informationen wie der Rest der Städter.“ „Urteile nicht zu streng über sie. Sie können nicht mehr, als sich bei dir entschuldigen. Ob du ihnen verzeihst, das hängt einzig und allein von dir ab.“ „Jedenfalls werden sie sich mein Vertrauen erst wieder hart verdienen müssen“, meinte Link. „Sieh mal, der Ausgang“, rief Katana und zeigte schräg nach unten. Dämmriges Licht fiel durch ein Loch in einer Seitenwand. „Offenbar wird es gerade hell“, stellte Link fest und das Mädchen neben ihm nickte eifrig. „Ich weiß nicht, ob ich mit meiner Schulter dort hinunter klettern kann.“ Katana machte ein zweifelndes Gesicht. „Vielleicht ist es gar nicht so schlimm. Dieser Weg hier scheint ziemlich nahe an die Öffnung heranzuführen.“ Links Worte sollten sich bewahrheiten. Der Pfad, den sie entlang schritten, schraubte sich immer weiter nach unten und endete kurz vor dem Ausgang. Lediglich drei Felsvorsprünge mussten sie abwärts klettern, um die Öffnung zu erreichen und diese Vorsprünge lagen auch dicht beieinander. „Hey, das schaffst du“, sprach Link seiner Begleiterin Mut zu. „Ich werde dir helfen.“ „Ich kann mit einer Hand nicht klettern. Es ist zwar sehr lieb, dass du mir helfen willst, aber was willst du denn tun? Mich zum Ausgang tragen?“ „Notfalls auch das“, sagte der Hylianer und leuchtete mit der Fackel den ersten Vorsprung an. „Was ist denn mit deiner Hand los?“, fragte Katana besorgt und dann sah auch Link das schwache Glühen. Er schaute auf seine Handfläche und sah, dass das Triforce aufleuchtete, das wie eine Tätowierung gelegentlich in seiner Hand auftauchte. Niemand konnte das Auftauchen des Zeichens voraussehen und schon oft hatte sich Link gefragt, was wohl der Impuls dafür war, dass sich das Triforce immer wieder in Erinnerung brachte. Diesmal wusste der Hylianer allerdings, was jetzt zu tun war. Er zog an der Schnur, die Katanas Hemd an der Brust zusammenhielt, und streifte vorsichtig den weichen Stoff über ihren linken Arm, so dass die Schulter frei lag. „Was hast du vor?“ Er antwortete nicht, sondern legte seiner Begleiterin sanft die Hand auf das Schulterblatt. Diese zuckte kurz zusammen und schrie leise auf, als die Kälte in ihre Schulter fuhr. Von dort begann sie langsam den gesamten Arm auszufüllen. Als sie das Handgelenk erreicht hatte, wurde die Kälte in der Schulter durch eine angenehme Wärme abgelöst, die sich abwärts im ganzen Arm bis tief in die Fingerspitzen ausbreitete. Link ließ Katana los. Diese legte nun ihrerseits ihre Hand auf die linke Schulter und vollführte mit dem Arm vorsichtig kreisende Bewegungen. Doch die Schmerzen, die zuvor in ihrem Arm aufgeflammt waren, blieben nun aus. Sie schaute Link an. „Wie hast du das gemacht?“ „Keine Ahnung“, gab der Hylianer zu und zeigte ihr das Triforce, das langsam verblasste. „Ich glaube, die Kraft geht davon aus, aber ich habe keinen Schimmer, wie es funktioniert.“ „Du hast das Triforce in deiner Hand?“, fragte Katana ehrfürchtig. Link nickte. „Es ist aber nicht immer zu sehen. Für mich ist das nichts besonderes, ich habe mich bereits daran gewöhnt.“ „Mein Arm tut überhaupt nicht mehr weh. Es ist, als hätte es den Tritt gegen meine Schulter nie gegeben.“ „Das klingt so, als würdest du es vermissen“, grinste Link. „Blödmann.“ Katana boxte ihn gegen den Oberarm. „Also, dann können wir uns ja an den Abstieg machen.“ Während das Mädchen ihre Schulter wieder bedeckte und die Schnur zuband, kletterte Link auf den ersten Felsvorsprung. Die Xylte folgte ihm nach ein paar Sekunden und gemeinsam hatten sie schnell den Ausgang durchschritten. Katana schloss die Augen und atmete tief die frische Morgenluft ein. Das Dämmerlicht war heller geworden und man konnte bereits ohne Zuhilfenahme von Lampen die Umgebung erkennen. „Ach, seid ihr auch schon da?“ Navi lehnte mit dem Rücken am Fels neben dem Ausgang und schaute die beiden an. „Da habt ihr ja alle Geschwindigkeitsrekorde gebrochen. Ich musste mich echt beeilen, um mit euch mitzuhalten.“ „Hätte ich gewusst, dass du hier auf uns wartest, hätte ich mir mehr Zeit gelassen“, konterte Link. Katana lachte. „Ich könnte euch einen ganzen Dis zuhören.“ „Wollt ihr die Pferde sehen? Dann kommt mal mit.“ Navi flog an ihnen vorbei und Link folgte seufzend seiner Fee, während Katana schmunzelnd hinter Link her lief. Als sie um die Ecke bogen, machten sie große Augen. Auf einem großen Felsplateau standen zwei Pferde, eines war grau mit schwarzen Flecken, das andere hatte eine hellbraune Farbe. Die Tiere sahen ziemlich gelangweilt aus, was man ihnen auch nicht verdenken konnte. Auf einer Weide konnten sie wenigstens noch Gras fressen, aber hier gab es absolut nichts für sie zu tun. Sie konnten nur auf dem Plateau stehen und auf ihren nächsten Einsatz warten. Was Link und Katana so erstaunte, war das Plateau, das mitten neben der Höhle zu finden war. Niemals hätten sie gedacht, dass es so eine große Fläche direkt zwischen schroffen Felsen gab. Katana sah sich um und meinte dann: „Schau mal, Link. Da führt ein Weg zum Plateau. Und es sieht fast so aus, als ginge dieser Weg in einen anderen über, der wieder aus dem Gebirge hinaus- und zu den Goronen führt.“ Das Mädchen zeigte dem Hylianer mit dem Finger den Verlauf des Weges. „Dann sind wir wenigstens ziemlich schnell wieder aus den Bergen raus“, stellte Link fest. Katana nickte, bevor sie sich mit ihrem Begleiter den Pferden zuwandte, die sie neugierig anschauten. Die Tiere hatten keine Sättel auf den Rücken. Auch von irgendwelchen Taschen oder sonstigen Transportbehältern war nichts zu sehen. „Komisch“, meinte Katana, während der braune Vierbeiner sie mit der Nase anstubste. „Irgendwie müssen sie ihre Beute doch transportieren. Wo sind ihre Säcke oder Taschen?“ „Bestimmt dort, wo sie auch die Wertsachen versteckt haben. Wir kriegen das schon noch heraus.“ Das braunhaarige Mädchen drehte sich zu Link um und sah ihn an. „Wirst du wieder zurück zu den Kokiri gehen?“ „Wahrscheinlich.“ „Vielleicht könnten wir beide bei ihnen leben“, schlug die Xylte vor. „Das bezweifle ich. Die Kokiri lassen keinen Außenstehenden in ihr Territorium eindringen. Man kann zwar Besuche empfangen, aber im Dorf dürfen nur Kokiri leben.“ „Aber du …“ „Ja, ich weiß, ich bin Hylianer. Aber ich habe jahrelang unter den Kokiri gelebt, weil sie glaubten, ich sei ebenfalls einer von ihnen. Auch ich dachte es lange Zeit. Und als sich die Wahrheit herausstellte, wollten sie mich nicht ausgrenzen, da wir uns respektierten und mochten. Ich gehörte einfach zum Volk. Und ich war froh, dass ich bei ihnen bleiben durfte.“ Sie schlang die Arme um seinen Hals, zog ihn an sich und küsste ihn auf die Nase. „Und ich möchte gerne bei dir bleiben. Ich liebe dich, Link. Und jede Minute, die wir getrennt sind, tut mir mehr weh, als alle Schmerzen zusammen, die ich während unserer Suche ertragen musste.“ Sie drückte ihren Mund in dem Moment auf den seinen, in dem er antworten wollte. Als ihre Zungen sich berührten, breitete sich explosionsartig eine wohlige Wärme in Links Körper aus. Er stöhnte, umfasste Katanas Taille und zog sie ganz eng an seinen Körper. Das Mädchen legte ihre Hand auf Links Tunika und massierte seinen Nacken. „Ich nehme das als Zustimmung, dass es dir genauso geht“, flüsterte Katana, küsste ihn erneut, legte die Hand auf seine Wange und knetete sie. Ein wohliger Laut löste sich aus Links Kehle und seine Finger wuschelten Katanas Haar durch. „Ich liebe dich so“, sagte sie leise, bevor sie zusammenzuckte und die Augen aufriss. „Was hast du?“, fragte der Hylianer. Es kam ihm vor, als würde das Mädchen an ihm vorbei sehen, also drehte er den Kopf, konnte jedoch außer den Pferden, die ein paar Meter von ihnen entfernt standen, nichts sehen. Als er sein Gesicht wieder Katana zuwandte, sackte diese in sich zusammen. Link fing sie auf und merkte, wie schlaff sich ihr Körper anfühlte. „Katana“, rief er erschrocken und ließ das Mädchen langsam zu Boden gleiten. Nachdem er seine Hände unter ihrem Körper hervorgezogen hatte, sah er das Blut, das sich darauf befand. „Nein!“, schrie er und starrte ungläubig auf seine Finger, von denen Blut tropfte. „Link“, sagte sie so leise und schwach, dass er es kaum verstehen konnte. „Ich bin hier, Katana“, antwortete er und beugte sich über sie, während seine Augen sich mit Tränen füllten. Sie sah ihn an und lächelte. „Bitte … nicht weinen. Denke … an unsere … schöne Zeit.“ Link erkannte, dass ihr jedes Wort Schmerzen bereitete. Es kam ihm vor, als drehe jemand ein Messer in seinem Herz herum. „Katana, bitte, halte durch“, bettelte er. „Es muss etwas geben, was dir helfen kann. Irgendein Kraut oder … Du kennst dich doch aus. Du hast sicher etwas dabei. Sage mir, wo es sich befindet.“ Sie schüttelte leicht den Kopf. „Es … gibt nichts. Ich … fühle, dass … nichts helfen wird.“ „Sag das nicht, Katana. Was soll ich ohne dich tun?“ Er sah, wie sie schluckte und all ihre restliche Kraft zusammen nahm. „Link … versprich mir, … dass du … deinen Namen rein wäscht. Und … vergeude keine … Zeit … mich wieder in … den Wald zu bringen. Errichte … mir hier … ein Steingrab.“ Sie hustete leicht. Link schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte er trotzig. „Du wirst nicht sterben. Nicht hier und nicht jetzt, wo wir es fast geschafft haben.“ Mit Entsetzen sah Link, wie der Lebenssaft unter Katanas Körper hervor floss. Sie legte die Hand auf seine Brust. „Die Dis … mit dir … waren wunderschön … aber … viel … zu kurz.“ Sie schloss die Augen und atmete schwer. „Nein, Katana, bitte“, flehte Link. Tränen tropften aus seinen Augen auf ihr Hemd. „Geh nicht. Lass mich nicht alleine.“ „Bitte … lass mich … gehen.“ Link schluchzte auf. „Ich liebe dich doch.“ Durch einen Tränenschleier sah Link, wie sie ihre Augen noch einmal öffnete und ihm ein Lächeln schenkte. „Danke … Das zu … hören … bedeutet mir …“ Sie verstummte mitten im Satz und bäumte sich noch einmal auf. Dann rollte ihr Kopf zur Seite. Ihre toten Augen blickten zu den Pferden. Link wollte es nicht wahrhaben. Immer wieder rief er ihren Namen und zog sie vom Boden hoch. Katanas gesamter Rücken war blutüberströmt. Der Hylianer umarmte sie und weinte seinen Schmerz heraus. Er wiegte sie in seinen Armen und streichelte ihr immer wieder über die Haare und den Rücken, wobei es ihm egal war, dass er sich mit ihrem Blut besudelte. Er legte sein Gesicht auf ihren Kopf und schluchzte laut in ihr Haar. Der Teenager machte sich die schlimmsten Vorwürfe. Er hätte ihr nicht erlauben sollen, dass sie ihn begleitete. Er war schuld daran, dass sie jetzt auf diesem Felsplateau lag. Nie wieder würde sie seine Berührungen spüren, nie wieder würde sie ihn küssen oder umarmen können. Nie wieder würde sie seinen Namen sagen. Er hatte sie verloren und nichts konnte sie ihm wiederbringen. Dabei war es doch ihr Verdienst gewesen, dass er bei der Suche nach dem Doppelgänger überhaupt so weit gekommen war. Katana hatte ihn auf das Baumorakel aufmerksam gemacht. Katana hatte die Prophezeiung des Orakels richtig gedeutet und den Hummer gefunden. Eigentlich hatte sie die ganze Arbeit geleistet. Ohne ihre Hilfe würde er vermutlich noch jetzt planlos suchend in der Gegend herumirren. Und nun war sie tot. Durch seine Schuld. In seinem Selbstmitleid bestärkt weinte Link nur noch lauter und heftiger. Er gab sich ganz seinem Schmerz hin, drückte Katanas Kopf gegen seine Brust und streichelte sie pausenlos. Schließlich wurde Links Schluchzen leiser. Er fasste die Tote an den Schultern und bettete sie vorsichtig zu Boden. Navi lag auf ihrer Brust und hatte das kleine Gesicht in ihrem Hemd vergraben. Sie blickte Link an und der Junge sah, dass auch die Fee geweint hatte. „Ich hatte sie sehr gerne“, wisperte Navi. Link sah sie verständnisvoll an, obwohl er durch seine Tränen kaum etwas erkennen konnte. Sein gesamtes Gesicht war nass. „Was wirst du jetzt tun?“, wollte Navi wissen. Link räusperte sich, da ihm ansonsten seine Stimme nicht gehorcht hätte. Er sagte leise: „Ich werde das tun, worum sie mich gebeten hat und sie in der Höhle begraben. Und dann werde ich ihren Tod rächen.“ Neben den Schmerz mischte sich eine riesige Wut, als er den letzten Satz aussprach. Navi blickte ihn an. „Weißt du denn, wer das getan hat?“ Link konnte es sich denken. Bestimmt war Katana durch eine Eisenkugel getötet worden. Durch eine Eisenkugel, die aus dem Hinterhalt abgefeuert worden war. Durch genau so eine Eisenkugel, wie er sie schon einmal selbst in der Schulter hatte. Durch genau so eine Eisenkugel, die ihn einige Male verfehlt hatte. Und offenbar reichte es dem Attentäter nicht, seinen Ruf zu ruinieren. Er wollte auch noch sichergehen, dass Link getötet wurde. Und wenn es die Bürger von Hyrule nicht schafften, dann würde er es eben übernehmen. „Mido, du solltest dir gut überlegen, ob du hierher zurück kehrst“, sagte Link leise und zitterte vor Wut am gesamten Körper. „Denn wenn du es tust, werde ich dich töten.“ Kapitel 34: TEIL 3 - Kapitel 4 ------------------------------ 4 Der hellblonde Hylianer drückte der Toten die Augen zu, hob den leblosen Körper auf seine Arme und trug ihn mit langsamen Schritten in die Höhle. Katanas Kopf hing schlaff herunter, so dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte, wofür er dankbar war. Die Lampe hatte er bereits draußen entzündet und sich über den Arm gehängt. Er ignorierte die Felsvorsprünge, von denen sie gekommen waren, sondern ging den Pfad in die Höhle hinein, bis er an einen Seitengang kam. Er bog ein und erkannte einige Nischen, die seitlich in den Fels gehauen worden waren. Viele der Nischen waren mit Steinen ausgefüllt, die in unzähliger Menge auf dem Boden lagen. Link legte Katana in eine dieser Nischen. Er schnallte ihr Schwert ab und platzierte es neben sie auf den Stein. Dann faltete er ihr die Hände auf den Bauch. „Ich werde dich nie vergessen“, versprach er ihr, bevor er sie noch ein letztes Mal küsste. Dann begann er mit seiner Arbeit und füllte die Nische, in der sie lag, mit Steinen aus. Er hasste sich dafür, ihren Körper mit Fels bedecken zu müssen, aber vielleicht verirrten sich nachts Tiere in die Höhlen und dass ihr Leib von irgendwelchen Wesen zerfleischt wurde, wollte er erst recht nicht. Link sah nicht hin, als er ihr vorsichtig Steine aufs Gesicht legte. Navi saß stumm auf dem Boden und sah ihm zu, wobei sie ab und zu ein Schniefen hören ließ. Als Link keinen Stein mehr in die Nische legte, sondern nur noch stumm davor stand und die Stelle anblickte, an der ihr Gesicht lag, fragte sie vorsichtig: „Was machen wir jetzt?“ Es dauerte eine Weile, bevor Link antwortete. „Da wir schon einmal hier sind, können wir auch gleich meinen Doppelgänger aus der Höhle tragen. Wir müssen ihn sowieso mitnehmen.“ Link musste sich zwingen, vom Grab wegzugehen. Er kletterte die Vorsprünge hinauf und schon bald erreichten er und Navi, die ohne ein Wort neben ihm geflogen war, die Stelle, an der Link wenige Stunden zuvor sein Double überrascht hatte. Er blickte sich selbst an, entdeckte die Stelle, an der er sich übergeben hatte und erneut wanderten seine Gedanken zu Katana, zu der Xylte, die ihm immer wieder geholfen und sogar einmal sein Leben gerettet hatte. Er kniete neben dem toten Link nieder, schlug die Hände vor die Augen und weinte erneut. Er dachte daran, dass es ihm vielleicht gelungen wäre, die Kokiri zu überzeugen, so dass Katana und er bei ihnen hätten bleiben können. Diesmal dauerte es nicht so lange, bis er sich wieder beruhigt hatte, aber er saß trotzdem noch eine ganze Weile wie erstarrt neben seinem Ebenbild. „Der Sohn des Holzes hat einen sehr schmerzhaften Verlust erfahren müssen“, hörte Link die Stimme neben sich. Er erschrak nicht, denn er kannte die Person, der diese Stimme gehörte. Einen kurzen Augenblick lang flammte die Frage, wie seine Lebensretterin aus dem Kokiri-Wald wohl in diese Höhle gelangt war, in seinem Kopf auf. Aber die Antwort darauf interessierte ihn nicht wirklich. „Er wird über diesen Verlust hinweg kommen, aber es wird sehr sehr lange dauern. Und das verlorene Mädchen wird immer in seinem Herz und in seinen Gedanken weilen“, orakelte die alte Ednita. Link schwieg eine ganze Weile. Ednitas Worte trösteten ihn kein bisschen. „Warum?“, fragte er. „Der Sohn des Holzes sollte die Aufgabe, wegen der er hierher gekommen ist, auf keinen Fall vergessen. Und er sollte auch weiterhin wachsam bleiben, sonst wird er erneut jemanden verlieren, der für ihn sehr wichtig ist.“ Link schüttelte den Kopf. „Niemand war wichtiger für mich als sie.“ „Der, den der Sohn des Holzes sucht, befindet sich bereits auf dem Weg. Und er wird schon sehr bald hier eintreffen.“ Der Hylianer horchte auf. Plötzlich war der Hass wieder da. „Mido“, knirschte er voller Zorn. „Nichts kann dem Sohn des Holzes mehr schaden, als wenn er jetzt die Beherrschung verliert“, sagte Ednita. „Er muss weiterhin die gesamte Aufmerksamkeit auf sein Vorhaben richten. Und Ednita ist sicher, dass er das hier sehr gut gebrauchen kann.“ Sie griff in ihre Jacke und holte einen kleinen schwarzen Beutel hervor, der mit einer Kordel zugebunden war. Link griff nach dem Beutel, löste die Schnur und schaute hinein. Ein feines weißes Pulver war zu erkennen, aber das Behältnis war noch nicht einmal zu einem Achtel mit dem Pulver gefüllt. „Was ist das?“ „Er wird erkennen, wann er es gebrauchen sollte“, stellte Ednita fest. „Und jetzt sollte der Sohn des Holzes seine böse Seite mitnehmen und nicht wieder in diese Höhle zurück kehren.“ Link starrte Ednita an. Dann stand er auf, verknotete die Kordel des Beutels an seinem Gürtel und schnitt die Fesseln, mit denen die Hände seines Doubles auf dem Rücken gefesselt waren, durch und steckte sie ein. Er hievte seinen Doppelgänger auf die Arme. Aus der Stichwunde in der Brust floss kein Blut mehr. Die rote Flüssigkeit auf der Tunika war mittlerweile geronnen. Das Gesicht des toten Jungen rutschte gegen Links Oberkörper, wobei die grüne Mütze sich vom Kopf der Leiche löste und zu Boden segelte. Ednita hob sie auf und legte sie auf die Brust des Toten. Dann ging Link ein zweites Mal den Weg, den er schon ein paar Stunden zuvor zurückgelegt hatte. Als er sich nach einigen Metern noch einmal umdrehte, war von der alten Ednita keine Spur mehr zu entdecken. Navi flog neben ihm. Seit Katanas Beerdigung hatte sie kein Wort gesprochen, sondern einfach nur stumm zugesehen, was Link tat oder was er sagte. Als der Hylianer am Ausgang der Höhle angekommen war, blieb er kurz stehen, um sich auszuruhen. Und da hörte er den Hufschlag. Offenbar kam jemand auf die Höhle zu und der Teenager konnte sich auch schon denken, wer das war. Er kniete sich auf den Boden und setzte die Leiche mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt aufrecht vor den Höhlenausgang. Die Mütze rutschte in den Schoß des Jungen. Schnell erhob sich Link wieder und lugte um die Ecke der Felswand. In einiger Entfernung sah er einen Reiter näher kommen. Er behielt ihn im Auge und erkannte schnell, dass es sich nur um Mido handeln konnte. Der Kokiri, der früher mit Link zusammen in einem Volk lebte, wurde immer deutlicher sichtbar und mit jedem zurückgelegten Meter wuchs Links Hass auf ihn. Was hatte er ihm nicht alles angetan? Und zum krönenden Abschluss hatte er auch noch die Xylte umgebracht, die er am meisten geliebt hatte. In einer winzigen Zeitspanne stellte sich sein Hirn die Frage, wie Mido für den Tod von Katana verantwortlich war? Er konnte nicht weit entfernt gewesen sein, als er die Eisenkugel abfeuerte. Nur wie war er danach entkommen? Link hatte keinerlei Pferdehufe gehört. Aber diese Fragen drängte er schnell beiseite. Bei den anderen beiden Pferden angekommen, brachte Mido sein Tier zum Stehen und stieg ab. Er zog einen Sack vom Rücken des Pferdes, der offensichtlich leer war, denn für Mido war es eine Kleinigkeit, den Sack zu tragen. Völlig ahnungslos schlug der Kokiri den Weg zur Höhle ein, als Link mit grimmigem Gesichtsausdruck in seinen Weg trat. Der Kokiri schrak zurück und als er erkannte, wer da vor ihm stand, weiteten sich seine Augen. Ein ungläubiger Ausdruck trat in sein Gesicht. „Du?“, fragte er. „Wie kommst du …“ Weiter kam er nicht. Links Faust krachte gegen seinen Mund und mit einem gurgelnden Laut taumelte Mido rückwärts. Durch zwei lange Schritte nach vorne konnte ihn Link einholen. „Du mieses Schwein“, brüllte er und hämmerte Mido die Faust gegen das Kinn. Der Kokiri schrie auf, drehte sich halb um sich selbst und stürzte zu Boden. Der Hylianer war nicht zu halten und setzte nach. Er packte seinen Feind an der Tunika, hob ihn hoch und stieß ihm zwmal die Faust in den Bauch. Mido schrie dumpf auf und seine Hände fuchtelten suchend in der Luft herum, bis sie Links Arm fanden. Doch er war zu schwach, um die Finger des Hylianers von seiner Kleidung lösen zu können. Link stieß seinen Arm beiseite und ließ Mido los, der krachend auf den Rücken fiel und einen Schmerzensschrei ausstieß. Wimmernd lag er auf dem Boden und hielt sich den Magen. Link drehte ihn auf den Bauch und ignorierte seine Schmerzensschrei. Er drehte Mido die Arme auf den Rücken und band sie mit den Stricken zusammen, mit denen bis vor wenigen Minuten noch sein Doppelgänger gefesselt war. Dann rollte er den Kokiri wieder auf den Rücken, umfasste seine Arme mit festem Druck und schüttelte ihn. „So, und jetzt wirst du mir ein paar Fragen beantworten. Und ich rate dir gut, dass du dir vorher überlegst, ob du mir die Wahrheit sagst oder mich anlügst.“ Mido wimmerte. „Und hör auf zu heulen!“, schrie Link ihn an. Der Kokiri zog den Kopf zwischen seine Schultern, was Link nicht im geringsten beeindruckte. „Du und deine beiden feinen Komplizen, ihr habt zusammen Einbrüche begangen und den Leuten ihr Hab und Gut geraubt. Stimmt das?“ Mido reagierte nicht, doch als Link ihm den Kragen seiner Tunika umdrehte, nickte er eifrig. „Sehr gut. Das war doch gar nicht schwer. Wo habt ihr die Beute gelassen?“ Der Kokiri starrte den Hylianer an und Link konnte in seinem Gesicht lesen, dass er diese Frage nicht beantworten wollte. Mit einem Ruck hatte Link ihm die Mütze vom Kopf gerissen und krallte die Finger in sein Haar. „Wo habt ihr die Beute gelassen?“, schrie er den Kokiri an. „Versteckt“, gab Mido zu, doch das war nicht die Antwort, die Link hören wollte. „Hältst du mich für bescheuert?“, fragte Link und gab Mido zwei kräftige Ohrfeigen, von denen sein Kopf zur Seite flog. „Ich will wissen, wo ihr sie versteckt habt.“ „Etwas abseits vom Pfad nach Kakariko.“ „Da wirst du mich hinführen“, knurrte Link. „Und dann reiten wir gemeinsam nach Hyrule und du wirst allen erzählen, dass ich unschuldig bin. Hast du das verstanden?“ Als Mido schwieg, wiederholte Link seine Frage und ließ bei jeder Silbe die flache Hand in Midos Gesicht klatschen. Der Junge schrie gellend und nickte dann. Der Hylianer sah seinem Gegner in die Augen. Er war auf einmal furchtbar müde. „Warum hast du es nicht dabei belassen, mich zum Sündenbock für eure Taten zu machen? Warum wolltest du mich auch noch umbringen?“ Mit Angst in den Augen starrte Mido ihn an. „Ich hab dich etwas gefragt“, brüllte Link. „Ich wollte dich nicht umbringen“, schrie Mido zurück. „Du verdammter Lügner“, schrie der Hylianer und schmetterte Mido seine Faust gegen das Kinn, so dass er bewusstlos liegen blieb. Er durchsuchte den Jungen, aber eine Schleuder oder Eisenkugeln fand er nicht. Dann packte er den Kokiri, zog ihn zu dem Pferd, auf dem er gekommen war, legte ihn auf den Rücken des Tieres und band ihn fest. Ein letztes Mal kehrte der Hylianer zum Höhlenausgang zurück, nahm seinen toten Doppelgänger auf die Arme und legte diesen über den Rücken des grauen Pferdes. Schließlich verband Link die Zügel der Pferde mit einem Seil, stieg auf das verbliebene Tier auf und ritt los. Während er sich schweigend dem Gebiet der Goronen näherte, dachte er an die Fragen, die noch unbeantwortet geblieben waren und die er Mido dringend stellen wollte, sobald dieser wieder das Bewusstsein erlangt hatte. Link erinnerte sich daran, dass seine Verfolger den Kokiri-Wald betreten hatten, ohne Schaden zu nehmen. Die Lösung dieses Rätsels konnte ihm sicher sein Gefangener verraten. Auch was sie für einen Hinterhalt für Prinzessin Zelda geplant hatten, wollte der Hylianer wissen. Die nächsten Schritte waren für den Teenager bereits klar. Er würde nach Goronia reiten und den Steinwesen seinen Doppelgänger übergeben. Link wusste, dass die Goronen eine Art Kühlkammer besaßen, in der sie den falschen Link aufbewahren konnten. In der Zwischenzeit würde der Hylianer mit Mido den Pfad nach Kakariko abreiten und die geraubten Gegenstände holen. Da die Stadttore von Hyrule in der Nacht verschlossen waren, plante Link, bei den Goronen zu übernachten und dann sehr früh am nächsten Morgen weiterzureiten. Sehr oft dachte er an Katana und an die Gefahren, die sie gemeinsam überstanden hatten. Tief in Gedanken versunken achtete er gar nicht darauf, in welche Richtung er ritt, aber das hellbraune Pferd schien zu ahnen, was das Ziel ihrer Reise war, denn es schlug automatisch den Weg nach Goronia ein. Nach etwa zwei Stunden vernahm Link ein erbärmliches Stöhnen. Mido war wieder zu sich gekommen und die Schaukelei auf dem Pferd bekam ihm gar nicht gut. Der Hylianer stoppte die Reittiere, stieg ab und ging zum Kokiri hinüber. „Es trifft sich gut, dass du wieder aufgewacht bist“, meinte er, das klägliche Jammern des Jungen ignorierend. „Ich habe da nämlich noch ein paar Fragen an dich.“ „Mir ist schlecht“, presste Mido hervor. „Mir auch. Aber wir reiten gleich weiter und dann muss ich dich zum Glück nicht mehr angucken. Was habt ihr mit Zelda vor?“ Mido stöhnte. Der Hylianer umfasste sein Kinn und drückte den Kopf hoch. „Langsam solltest du begriffen haben, dass ich nicht gerne die gleiche Frage zweimal stelle.“ „Sie … sie macht morgen einen Ausflug. Wir wollten ihr unterwegs auflauern und sie überfallen.“ „Daraus wird jetzt wohl nichts. Habt ihr irgendeine Falle für sie aufgebaut?“ Mido schüttelte den Kopf. „Wir wollten alle drei am Wegrand warten, bis sie kommt und den Raub dann ausführen.“ „Fragt sich nur, ob ihr auch mit ihren Leibwächtern fertig geworden wäret“, knurrte Link. „Wie kommt es eigentlich, dass Hylianer den Kokiri-Wald betreten können, ohne sich in Pflanzen zu verwandeln?“ Mido sah ihn verständnislos an. „Was meinst du?“ Der Teenager überlegte. Das Unverständnis auf Midos Gesicht war ganz gewiss nicht gespielt. Der Kokiri schien keine Ahnung davon zu haben, dass der Zauber im Wald nicht mehr wirkte. Link stieg wieder auf sein Pferd und ritt weiter, ohne die Protestrufe von Mido zu beachten. Nach einigen Minuten hörte er den Kokiri würgen, gefolgt von einem spritzenden Geräusch. Er empfand keinerlei Mitleid mit ihm. Kapitel 35: TEIL 3 - Kapitel 5 ------------------------------ 5 Es dauerte noch eine weitere gute Stunde, bis sie die Goronen erreicht hatten. Ein Steinwesen blickte ihnen neugierig entgegen und hielt die Hand auf, als sie an ihm vorbeiritten. „Habt ihr mal ’n Kreidefelsen?“, fragte er, doch Link beachtete ihn gar nicht, sondern lenkte sein Pferd nach Goronia. Dort angekommen stieg er ab, band seinen Gefangenen los und ließ ihn vom Pferd auf den Boden fallen. Der Kopf des Kokiri war krebsrot. Ein kurzer Blick bestätigte Link, dass sein Gefangener nicht in der Lage war, wegzulaufen. Dafür ging es ihm viel zu schlecht. Er lag wimmernd zusammengekrümmt auf dem Boden. Die Arme waren weiterhin auf seinem Rücken gefesselt. „Aufstehen“, befahl Link barsch und zog seinen Feind in die Höhe. Anfangs knickte Mido immer wieder in den Knien ein, doch nach einer Weile hatte er das Gleichgewicht wieder gefunden und hielt sich aufrecht. Link schubste ihn in Richtung des Höhlensystems, in dem die Goronen lebten und mehr taumelnd als gehend bewegte sich der Kokiri in die entsprechende Richtung, während Link ihm wie ein Schatten folgte. Das dritte Pferd mit dem toten Doppelgänger stand ruhig bei seinen beiden Artgenossen. Am Eingang stand ein Gorone, der sie mit seinen Knopfaugen gespannt anblickte. „Hallo“, begrüßte Link ihn. „Wir kommen gerade aus dem Gebirge und müssen weiter nach Kakariko. Allerdings wird es dunkel und die Tore geschlossen sein, wenn wir dort ankommen. Dürfen wir bei euch übernachten?“ „Wenn euch ein Steinboden nicht zu unbequem ist?“, antwortete der Gorone. „Damit kommen wir schon klar, danke.“ Apathisch starrte Mido vor sich hin und wagte nicht, sich in das Gespräch einzumischen. Der Gorone blickte an Link vorbei. „Seid nur ihr beide unterwegs?“, fragte er. Link nickte. „Aber ich sehe da hinten drei Pferde. Oder ist ein Pferd für euren Proviant?“ „Nein, wir haben im Gebirge einen Toten gefunden und wollten ihn mit nach Kakariko nehmen, damit er dort ein anständiges Begräbnis auf dem Friedhof bekommt.“ Link hatte absolut keine Lust, noch einmal zu erklären, dass sie sein Double zu Beweiszwecken mitnehmen mussten. Aber die abgegebene Erklärung genügte dem Goronen offenbar. „Wir haben hier eine Steinkühlkammer, in der wir die Eisfelsen lagern. Dort können wir ihn unterbringen.“ „In Ordnung. Ich hole ihn. Wartest du bitte mit meinem Weggefährten hier?“ Link ging zu den Pferden zurück. Mido war viel zu erledigt, um einen Fluchtversuch zu unternehmen. Sollte er es dennoch wagen wollen, würde der Gorone ihn schnell eingeholt haben. Doch die beiden Wesen standen noch beim Eingang, als Link mit dem leblosen Jungen auf den Armen zu ihnen zurückkehrte. „Nanu“, wunderte sich der Gorone, „der sieht ja genau so aus wie du.“ „Ich weiß“, war Links einzige Antwort. „Könntest du uns jetzt bitte zu den Eisfelsen führen?“ Es war ein Glück, dass sich die Goronen nicht sonderlich für das Treiben anderer Wesen interessierten und das Steinwesen daher keine weiteren Fragen stellte. Eisige Kälte strömte ihnen entgegen, als die Tür zum Kühlhaus geöffnet wurde. Eine Gänsehaut legte sich über Links Körper, als er in die Kammer trat und den Jungen dort ablegte. Zitternd trat er wieder in die Höhle und fragte den Goronen: „Wo können wir schlafen?“ Dieser führte sie in eine kleine Höhle nahe des Eingangs. Sie war nicht sehr geräumig, aber für eine Nacht würde es schon genügen, dachte sich Link. Als er sah, dass Mido sich hinsetzen wollte, zog er ihn heftig am Arm in die Höhe. „Vergiss es“, zischte der Hylianer dem Kokiri zu, der ihn erschrocken ansah. „Ausruhen kannst du dich später. Wir haben noch etwas zu erledigen.“ „Was?“, fragte Mido leise. „Wir werden noch zu einer kleinen Suchaktion ausreiten. Du wirst das von euch erbeutete Diebesgut aus dem Versteck holen, damit wir es morgen mitnehmen und den rechtmäßigen Eigentümern zurück geben können.“ „Ich muss mich ausruhen“, sagte Mido. „Dazu wirst du ab morgen sehr viele Jahre Gelegenheit haben.“ Erbarmungslos schubste Link seinen Gefangenen durch die Höhle zum Ausgang und von dort zu den Pferden. Er war Mido beim Aufsteigen behilflich. Der Kokiri machte keinerlei Schwierigkeiten. Von den Schlägen durch Link und dem Tod seiner beiden Freunde war er so geschockt, dass er ohne Widerspruch alles über sich ergehen ließ. „Und lasse dir nicht einfallen, mich für dumm verkaufen zu wollen“, warnte Link ihn, nachdem er selber auf sein Pferd gestiegen war. „Meine Laune ist nicht die beste, also reize mich besser nicht noch mehr.“ Langsam ritt Mido voraus in Richtung Kakariko. Der blonde Teenager blieb dicht hinter ihm. Als sie den Pfad nach Kakariko erreicht hatten, ging die Sonne bereits unter. „Ist es noch weit?“, fragte Link nach einer Weile. „Du solltest zusehen, dass du das Versteck noch bei Licht findest, denn wir werden morgen geradewegs nach Kakariko reiten und unsere Zeit nicht mit großartigen Suchaktionen verbringen.“ „Es ist nicht mehr weit“, versicherte Mido mit müder Stimme. Navi flog aus Links Tunika, blickte sich um und flog schweigend neben ihnen her. Etwa eine Minute waren sie weiter geritten, als plötzlich eine laute Stimme vor ihnen ertönte. „Hey, das ist ja riesig nett von dir, dass du meine knappe Kasse wieder aufbessern willst.“ Link und Mido schauten beide auf und sahen einen Reiter auf sich zu kommen. Er war mittelalt, hatte lange schwarze Haare und trug eine Lederrüstung. An seiner Seite baumelte ein Schwert. „Oh nein“, stöhnte Mido. „Was meinst du mit ‚oh nein’?“, erkundigte sich Link. „Kennst du den Typen?“ Noch ehe Mido eine Antwort geben konnte, war der Fremde bei ihnen und brachte sein Pferd vor den zwei Teenagern zum Stehen. Er musterte sie eingehend und sagte dann zu Mido: „Wie ich sehe, bist du gefesselt. Anscheinend hat heute dein Begleiter hier das Sagen. Also werde ich mich wohl an ihn wenden müssen. Und für zwei Leute verdoppelt sich natürlich der Preis.“ „Welcher Preis?“, wollte Link wissen. „Wovon redest du?“ Der Fremde musterte den Hylianer von oben bis unten. „Wegzoll“, antwortete er. „Wenn ihr den Pfad nach Kakariko entlang reiten wollt, dann kostet euch das eine Kleinigkeit.“ „Der Pfad ist für alle da. Und jeder kann ihn so oft benutzen, wie er möchte.“ „Stimmt“, nickte der Mann, „allerdings nur gegen Bezahlung. Unser Freund hier hat bisher immer anstandslos bezahlt.“ „Wieviel kostet es denn?“, erkundigte sich Link. „Für euch beide zwanzig Rubine.“ Der Hylianer prustete los, während er nachdachte. Wenn Mido bisher anstandslos die halbe Menge als Wegzoll bezahlt hatte, um keinen Ärger zu bekommen, dann musste die Beute, die hier irgendwo versteckt war, einiges wert sein. Offenbar wollte der Kokiri jeden möglichen Schwierigkeiten mit dem Mann aus dem Weg gehen und zahlte lieber. Das konnte er sich leisten, da die gestohlenen Waren diesen Verlust sicher um ein Vielfaches wett machen würden. „Das ist ja lächerlich.“ „Link, bezahl sie lieber“, warf Mido ein. „Ich denke überhaupt nicht daran. Der soll selber für seine Rubine arbeiten.“ „Das tue ich doch“, entgegnete der Fremde. „Aber vielleicht habt ihr ja gar keine Rubine dabei. In diesem Falle gebe ich mich auch mit etwas anderem zufrieden. Zum Beispiel mit euren Pferden.“ Link zog sein Schwert. „Das einzige, was du bekommen kannst, ist die Klinge in deinen Körper. Ich habe sehr schlechte Laune. Der heutige Tag war ziemlich frustrierend, also solltest du uns besser aus dem Weg gehen.“ „Entschuldigung“, meinte der Fremde und zog sein Pferd zur Seite. „Wenn das so ist, dann will ich euch nicht aufhalten.“ Seelenruhig blieb er an der Seite stehen und ließ Link und Mido an sich vorbei reiten. Als sie ihn passiert hatten, steckte er zwei Finger in den Mund und pfiff laut. Sofort blickten die beiden Jungen sich um, aber sie konnten nichts entdecken. Der Fremde lächelte nur und sah die zwei weiterhin an, wie sie ihren Weg fortsetzten. Plötzlich bemerkte Link von links und rechts jeweils zwei Reiter, die auf sie zu kamen. „In ein paar Sekunden braucht ihr eure Pferde sowieso nicht mehr“, grinste der Mann sie an und holte seine Waffe aus der Scheide. Der Hylianer wusste nicht, wie er Mido, der sich mit auf den Händen gefesselten Rücken nicht wehren konnte, vor ihren Feinden beschützen sollte. Fünf Leute waren schon eine ziemliche Übermacht für ihn alleine, daher hätte er Midos Hilfe gut gebrauchen können. Aber der Fremde, der sie angehalten hatte, würde es bestimmt nicht zulassen, dass er dem Kokiri die Handfesseln durchschnitt, um ihm die Möglichkeit zu geben, am Kampf teilzunehmen. Navi flog zu Links Ohr und wisperte ihm zu: „Kümmere du dich um den Kerl hinter uns, ich mache die restlichen vier fertig.“ Und bevor der Hylianer etwas erwidern konnte, flog Navi nach rechts. Mido beugte sich über den Hals seines Pferdes und lenkte das Tier hinter der Fee her. Der blonde Teenager riss sein Reittier herum, preschte an dem Mann, der sie aufgehalten hatte, vorbei und zog dann das Pferd nach links, so dass der Fremde sich zwischen ihm und den beiden herannahenden Reitern befand. Mit erhobener Klinge kam dieser auf den Hylianer zu, der so spät wie möglich zur Seite auswich, so dass sein Feind an ihm vorbei galoppierte. Link lenkte seinen Vierbeiner auf die beiden Männer zu, die ihm entgegen kamen. Mit etwas Abstand ritt er seitlich an einem der beiden vorbei, holte mit seinem Schwertarm aus und ließ die flache Klinge auf das Hinterteil des gegnerischen Pferdes klatschen. Grell wiehernd stieg das Tier in die Luft, preschte los und warf seinen Reiter ab, der schreiend auf dem harten Steinboden aufschlug. Link wendete und widmete sich dem zweiten Gegner, der natürlich mitbekommen hatte, was mit seinem Kumpan geschehen war. Wild schwang er sein Schwert durch die Luft, so dass Link nicht an ihn herankam, ohne dass die Waffe ihn oder sein Pferd traf, das sich rückwärts tänzelnd vor den Hieben in Sicherheit brachte. Während der grün gekleidete Junge weiter auswich, ritt der Kerl, der sie aufgehalten hatte, von der Seite an ihn heran. Link überlegte gar nicht lange, ließ sich einfach fallen und rollte mehrmals um die eigene Achse, um etwas Abstand zwischen sich und die Pferde zu bringen. Noch während er sich aufrappelte, sah er das Pferd des Anführers auf sich zukommen, gefolgt vom Pferd des zweiten Gegners. Der Hylianer warf sich zur Seite und entging so den Hufen. Als der nachfolgende Reiter ihn passierte, stieß Link sein Schwert nach vorne und die Klinge schlitzte das Bein seines Feindes auf. Schmerzhaft heulte der Mann auf. Link achtete nicht auf ihn. Er widmete sich dem Anführer, der immer wieder auf ihn zugeritten kam und dem er immer wieder ausweichen musste. Schließlich brachte der Mann sein Pferd vor dem keuchenden Hylianer zum Stehen. „Wir können das Spiel noch die ganze Nacht fortsetzen. Irgendwann bist du zu müde, um auszuweichen und dann töte ich dich. Also, warum kürzen wir das ganze nicht einfach ab?“ „Vergiss es“, presste Link schwer atmend hervor. Der Anführer blickte über den Kopf des Hylianers und lächelte. Einer bösen Ahnung folgend machte Link zwei rasche Schritte zur Seite. Der Kerl, der vom Pferd gefallen war, hatte sich wieder erholt und war von hinten auf Link zu gerannt, um ihm das Schwert in den Rücken zu stoßen. Durch seinen Schwung konnte er nicht mehr stoppen und die Klinge drang in die Brust des Pferdes ein, das zusammenbrach und seinen Reiter einklemmte. Der Hylianer handelte und seine Schwertspitze drang in den Rücken des Attentäters ein, der mit dem Gesicht zwischen die schlagenden Hufe des Pferdes fiel. Der Anführer hatte seine Waffe fallen gelassen und versuchte verzweifelt, sein Bein unter dem toten Tier hervorzuziehen, was ihm aber nicht gelang. Link kam auf ihn zu, hob sein Schwert vom Boden auf und blickte auf den Mann hinab, der ihn wütend anfunkelte. „Vielleicht hast du ja Glück und es kommt jemand vorbei, der dir hilft“, sagte der Hylianer. Der Kerl brüllte zornig auf und beschimpfte seinen Gegner, bis dieser ihm die flache Klinge gegen den Kopf schlug und der Anführer bewusstlos wurde. Der Reiter, der vom in Grün gekleideten Teenager am Bein verletzt worden war, war nirgends zu entdecken. Offenbar hatte er genug von dem Scharmützel und war geflohen. Link drehte sich um und schaute in die Richtung, in der Navi und Mido verschwunden waren. Entfernt sah er, dass der Kampf dort wohl noch im Gange war, auch wenn es nur noch ein Gegner war, mit dem Mido sich beschäftigte. Der Hylianer rannte zum Ort des Geschehens, um seinem ehemaligen Dorfmitbewohner beizustehen. Der Kokiri war in der gleichen Situation, in der er selbst vor wenigen Augenblicken gewesen war. Mido saß nicht mehr auf dem Rücken eines Pferdes, sondern versuchte den Schwerthieben seines Gegners und den Hufen dessen Reittieres auszuweichen. Das gelang ihm mehr schlecht als recht, denn durch die gefesselten Hände fiel es ihm schwer, das Gleichgewicht zu behalten und mehr als einmal war Mido nahe daran, auf den Boden zu fallen. Lange würde er diesen Kampf nicht mehr durchhalten. Im Lauf zerrte Link seinen Dolch hervor. Dann blieb er stehen, zielte kurz und schleuderte die Waffe nach dem letzten Gegner. Die Klinge drang in dessen Hals ein und mit einem gurgelnden Laut kippte der Mann vom Pferd, das schrill wiehernd vor Mido in die Luft stieg. Der Kokiri wich zurück und dann geschah das, was er bisher vermeiden konnte. Mido strauchelte, fiel auf den Boden und lag nun ungeschützt vor den Hufen. Link spurtete zur Kampfstelle, griff sich die Zügel des Pferdes und redete beruhigend auf das Tier ein. Dem Hylianer gelang es, den Vierbeiner ein Stück von Mido wegzuziehen. Nach etwa einer halben Minute beruhigte sich das Tier und Link redete so lange mit ihm, bis es ganz still stand und den Hylianer ansah, als wolle es ihm versichern, dass wieder alles in Ordnung sei. Der blonde Junge ging zu Mido und half ihm auf die Beine. Die Tunika des Kokiri war an der linken Schulter zerrissen. „Bist du verletzt?“, erkundigte er sich. Der Angesprochene schüttelte den Kopf. „Wo ist dein zweiter Gegner?“ „Keine Ahnung. Deine Fee ist vor seinem Gesicht herumgeflogen und hat ihn so von mir abgelenkt.“ Link suchte mit den Augen die Umgebung ab und entdeckte ein paar Meter entfernt den Feind, nach dem er sich bei Mido erkundigt hatte. Er lag auf der Seite, mit dem Rücken zu ihm. Von seinem Pferd war weit und breit nichts zu sehen. „Du wartest hier“, befahl der Hylianer dem immer noch nach Luft schnappenden Mido und ging zur Stelle hinüber, an der der Mann lag. Er wanderte um ihn herum und sah dann das Schwert in seinem Bauch. Offenbar war er vom Pferd gestürzt und hatte sich die Klinge in seinen Körper gestoßen. Eine große Blutlache bedeckte den Boden. Link wandte seinen Blick von dem Toten ab und hatte das Gefühl, das Blut in seinen Adern würde zu Eis werden. Etwa fünf Meter weiter lag Navi auf dem Boden und bewegte sich nicht. „Navi“, schrie Link, eilte zu ihr und ließ sich neben ihr auf die Knie fallen. Äußerlich wies sie keine Verletzungen auf und Link malte sich die schlimmsten Bilder aus, was mit ihr geschehen sein konnte. Vielleicht hatte sie einen Moment nicht aufgepasst und war von einem Pferdehuf getroffen worden. Oder vielleicht hatte einer dieser beiden Mistkerle sie unglücklich mit dem Schwert erwischt. Verzweifelt schob Link die Hände unter seine Fee und hob sie vorsichtig hoch. „Nein, bitte“, flehte er mit einem trockenen Schluchzen, „du darfst mich nicht auch noch verlassen.“ Kapitel 36: TEIL 3 - Kapitel 6 ------------------------------ 6 Der Hylianer war hilflos. Noch nie war seiner Fee etwas passiert und er hatte sich auch niemals Gedanken darüber gemacht, wie man so einem Wesen helfen konnte. Er drehte den Kopf und legte sein Ohr dicht an sie. Kein Laut war zu hören. Er pustete sie vorsichtig an und rief mehrmals ihren Namen aber Navi reagierte nicht. Langsam stand Link auf und trottete wie in Trance zu Mido hinüber, wobei er ununterbrochen auf das Wesen in seinen Handflächen starrte. „Was ist mit ihr?“, fragte Mido erschrocken. „Halte besser den Mund“, antwortete Link leise. Der Kokiri schluckte. Er wusste, dass er sich besser an den Ratschlag des ihm verhassten Hylianers halten sollte und begnügte sich damit Navi anzuschauen. Link fühlte sich entsetzlich müde und erschöpft. Er rollte Navi sanft in eine Handfläche, zog am Kragen seiner Tunika und ließ die Fee behutsam hinein gleiten. Am liebsten hätte er sich auf den Pfad gesetzt und wäre nie wieder aufgestanden. Was hatte es denn noch für einen Sinn? Ihm wurde doch sowieso alles genommen, was er liebte. Er hasste es, immer den Helden zu spielen und die ganzen Schwierigkeiten für Hyrule, für Kakariko, sogar für sich selbst wieder in Ordnung bringen zu müssen. Er wollte nichts anderes, als in Ruhe gelassen werden. Dann dachte er an Navi und an Katana. Beide hätten gewollt, dass er bei dieser Mission nicht aufgab und seinen guten Ruf wieder herstellte. Er würde es für die beiden tun und danach wollte er nichts mehr von irgendwelchen Abenteuern oder Gefahren wissen. „Wo befindet sich die Beute?“, wollte er von Mido wissen und seine Stimme klang gleichgültig. „In einer Höhle, die man nur durch einen kleinen Eingang im hinteren Teil erreichen kann“, sagte der Kokiri zu Boden blickend. „Aber wir werden die Höhle nicht mehr im Hellen erreichen.“ „Gut, dann werden wir morgen früh hier sein, wenn die Sonne aufgeht.“ „Die Sachen sind noch in den Säcken, in denen wir sie abtransportiert haben“, informierte Mido ihn und der Hylianer nickte. Er war seinem Feind beim Aufsteigen behilflich und führte das Pferd zu einem anderen, das noch in der Nähe stand. Gemeinsam ritten sie schweigend wieder nach Goronia zurück. Normalerweise hätte Link die Toten nicht auf dem Pfad zurückgelassen, aber er wollte sich nicht weiter mit ihnen beschäftigen. Sie und Mido waren schuld daran, dass Navi und Katana getötet worden waren. Doch der Hylianer fühlte keine Wut, sondern nur eine große Leere in sich. Eine Leere, von der er sich nicht vorstellen konnte, dass sie jemals wieder ausgefüllt werden würde. Seitdem er ein kleiner Junge gewesen war, hatte Navi ihn auf seinem Weg begleitet. Link wusste nicht, wie es ohne sie weitergehen sollte. Sie war immer bei ihm gewesen. Es war fast unerträglich für ihn, nur daran zu denken, dass sie nie wieder neben ihm fliegen würde. Er achtete überhaupt nicht auf den Weg, sondern verließ sich darauf, dass sie automatisch nach Goronia kommen würden. Daher merkte er auch nicht, dass es Mido war, der die Pferde in die Richtung der Heimat der Goronen lenkte. Der gefesselte Junge dachte nicht daran, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Auch er war zu geschockt von der Erkenntnis, dass Links Fee nicht mehr am Leben war. Die Fee war so etwas wie die Seele eines Kokiri. Jeder Bewohner aus dem Wald hatte sein eigenes kleines geflügeltes Wesen. Ihr Verlust war ein großer Schock für den betreffenden Besitzer und dessen Artgenossen nahmen Anteil an dem Schmerz, den derjenige, der seine Begleiterin verloren hatte, empfinden musste. Sicher, Mido konnte Link nicht leiden, aber dennoch hatte er nie gewollt, dass Navi zu Schaden kam. In Goronia angekommen, band Link die Pferde fest und ging mit Mido in die kleine Höhle, die ihnen von den Steinwesen zugewiesen worden war. Er registrierte nicht, dass ein Gorone zu ihm sagte, dass er sich um die Tiere kümmern werde. Der Hylianer schnitt seinem Gefangenen die Fesseln durch und Mido unterdrückte mühsam einen Schrei, als das Blut ungehindert in seine Hände floss. Link ging langsam rückwärts wieder aus der Höhle, wobei er Mido stets im Auge behielt. Draußen angekommen redete der Hylianer mit einem Steinwesen, mit dem er auch wieder die Höhle betrat. „Bilde dir bloß nicht ein, dass du fliehen kannst“, informierte Link seinen ehemaligen Dorfmitbewohner, der immer noch damit beschäftigt war, sich die Handgelenke zu massieren. „Dieser Gorone wird die ganze Nacht wach bleiben und darauf achten, dass du keine Schwierigkeiten machst.“ Link nickte in Richtung des Steinwesens, das sich auf den Boden gesetzt hatte und einen kleinen Stein auf seiner Fingerspitze kreisen ließ. „Ich will gar nicht fliehen“, antwortete Mido. Link blickte ihn grimmig an und wandte sich dem Ausgang zu. Als Mido seinen Namen rief, stoppte der hellblonde Teenager und drehte sich um. „Es … es tut mir leid um Navi. Ich habe nie gewollt, dass sie zu Schaden kommt.“ „Wir werden morgen sehr früh nach Hyrule reiten. Du solltest bis dahin möglichst viel Schlaf bekommen“, entgegnete Link kalt und verließ ein weiteres Mal die Höhle. Er wandte sich nach links und wanderte durch das Höhlensystem auf der Suche nach einem Platz, an dem er ungestört war. Schließlich erreichte der Hylianer eine kleine Kammer, in der sich nur ein paar Steinkrümel befanden. Offenbar hatte diese Kammer einmal als Vorratsraum gedient. Welchen Zweck sie jetzt erfüllte, konnte Link nicht erkennen, aber es war ihm auch gleichgültig. Für ihn war nur wichtig, dass sie leer stand und dass sich hier hoffentlich keiner um ihn kümmern würde. Der Junge betrat den Raum und setzte sich auf den Boden. Dann griff er vorsichtig mit der linken Hand in den Halsausschnitt seiner Tunika, holte Navi hervor und legte sie behutsam auf den Boden. Lange schaute er das kleine Wesen an. „Es ist alles meine Schuld“, flüsterte er. „Ich hoffe, dass du mir verzeihen kannst. Für dich und für Katana werde ich meine Aufgabe beenden. Aber ich weiß nicht, was danach sein wird. Wie soll ich mich ohne dich zurechtfinden? Solange ich mich erinnern kann, warst du bei mir und hast mich unterstützt. Was soll ich ohne dich tun? Ich wünschte, ich wäre an deiner Stelle nicht mehr am Leben.“ Eine Träne löste sich aus Links Auge und tropfte zu Boden. Er spürte, wie ihm der Schmerz die Kehle zuschnürte, sprach aber dennoch weiter. „Ich habe dir nie gesagt, wie viel du mir bedeutet hast. Die meiste Zeit haben wir uns nur gegenseitig geärgert und gestritten. Aber ich habe es niemals ernst gemeint. Ich war zu feige, um dir zu sagen, wie gern ich dich hatte. Und ich hoffe, dass du mich jetzt hören kannst, egal wo du dich befindest. Ohne dich wird mein Leben nicht halb so ausgefüllt sein wie mit dir. Ich werde dich niemals vergessen und mich so oft an dich erinnern, wie ich kann.“ Link wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Durch einen Tränenschleier blickte er auf seine Fee hinab. „Weiter“, murmelte Navi. „Was?“ Link riss die Augen auf und starrte auf den Boden. „Du sollst mir weiter so nette Sachen sagen. Das ist schön“, antwortete die Fee. „Navi“, flüsterte Link heiser. „Du … du lebst?“ „Wenn dich das davon abhält, mir noch mehr freundliche Dinge zu sagen, dann bin ich tot.“ „Navi“, rief der Hylianer, schob seine Hände unter das kleine Wesen und hob es hoch. „Aber wie … wieso …“ Navi machte die Augen einen kleinen Spalt auf und blinzelte zu Link empor. „Wie lange hast du mir schon zugehört?“ „Von Anfang an“, gab die Fee zu. „Aber warum hast du keinen Ton gesagt?“, wollte Link wissen. „Naja, der eine Kerl hat mich beim Kampf mit seiner Hand erwischt. Dann bin ich in deiner Tunika wieder aufgewacht. Und da war es so schön warm und behaglich, da wäre ich ja schön blöd gewesen, wenn ich mich bemerkbar gemacht hätte. Bestimmt hättest du mich dann sofort rausgeholt und mich der fiesen kalten Luft ausgesetzt.“ Link blieb der Mund offen stehen. Das war doch einfach nicht zu fassen. Navi hatte ihm die ganze Zeit etwas vorgespielt. Während er vor Trauer um sie fast verzweifelte, hatte sie ihn an der Nase herumgeführt. „Spinnst du?“, fuhr er sie wütend an. „Weißt du überhaupt, was für Sorgen ich mir gemacht habe?“ „Ich habe es gehört.“ „Vergiss, was du gehört hast“, blaffte der Hylianer. „Kein Wort davon war ernst gemeint.“ „Das klang aber sehr echt“, meinte Navi. „Ist mir vollkommen egal, wie es geklungen hat. Glaube bloß nicht, dass ich auch nur eine einzige Sekunde Angst um dich gehabt habe. Aber du, wenn du mich gerne mögen würdest, dann hättest du nie dieses Theater abgezogen.“ „Das heißt, du hattest also doch Angst um mich.“ „Das tut überhaupt nichts zur Sache“, fauchte der Hylianer. „Willkommen zurück im liebevollen Zuhause“, verkündete die Fee. „Und deine dummen Bemerkungen kannst du dir auch schenken.“ Ohne ein weiteres Wort stapfte Link aus der Kammer, während Navi hinter ihm her flog. Er kehrte in die Höhle zurück, in der sich Mido und der Gorone befanden, legte sich auf den Boden und schloss die Augen. Dass ein feines Lächeln seinen Mund umspielte, registrierte er nicht. Es war stockdunkel um ihn herum, als er die Augen wieder öffnete. Er musste eingeschlafen sein, hatte aber keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte. Mühsam setzte er sich auf und rieb sich die Augen. Er blickte zur Seite und sah Midos Rücken. Wenn der Gorone seine Position nicht verändert hatte, musste dieser sich genau gegenüber befinden. Also drehte sich Link in diese Richtung und fragte leise ins Dunkel hinein: „Geht die Sonne bald auf?“ Ein zustimmender Laut war die Antwort. Link legte sich wieder hin, legte die Hand auf seine Brust und starrte an die Decke. Katana schlich sich in seine Gedanken. Das rothäutige Mädchen, das so viel mit ihm durchgestanden hatte, war nicht mehr bei ihm. Es tat weh, an sie zu denken. Mit ihr hätte Link sich ein Leben vorstellen können. Wenn sie beide dieses Abenteuer unbeschadet überstanden hätten, dann hätte er sie gefragt, ob sie bei ihm geblieben wäre. Doch das Schicksal hatte anders entschieden. Navi trat an die Stelle von Katana. Link war froh und erleichtert, dass sie noch lebte. Innerlich fühlte er, dass er an ihrem Verlust zerbrochen wäre. Ihr Tod, so kurz nach dem von seiner großen Liebe, hätte ihm endgültig den Rest gegeben. Natürlich würde er Navi gegenüber dies niemals eingestehen. Nach einer Weile erhob er sich, griff nach einem Seil und weckte Mido, indem er ihm die Hände zusammen band. Aus dem Schlaf aufgeschreckt wehrte sich der Kokiri zunächst, hielt dann aber still, nachdem Link ihm schmerzhaft klar machte, wer hier das Sagen hatte. „Wenn ihr frühstücken wollt, wir hätten noch Gallensteine“, schlug der Gorone vor, der die ganze Nacht Wache gehalten hatte. Link und Mido lehnten dankend ab. Links toter Doppelgänger wurde aus der Kühlkammer geholt und auf ein Pferd gelegt. Ein weiteres Pferd im Schlepptau, das die Schätze tragen sollte, ritten Link und Mido erneut den Pfad nach Kakariko entlang. Die Sonne war bereits aufgegangen, am Himmel allerdings nicht zu sehen. Während des ganzen Morgens hatte sich Navi nicht blicken lassen, doch Link war fest davon überzeugt, dass sie irgendwo in ihrer Nähe steckte. Irgendwann würde sie schon wieder auftauchen. „Du wirst wohl keine Schwierigkeiten haben, die Höhle zu finden, in der die Beute versteckt ist“, sagte Link zu seinem Gefangenen. „Schließlich warst du ja schon oft genug hier, um das Diebesgut in Sicherheit zu bringen.“ Mido sagte nichts, sondern nickte nur. Kein Gedanke an Flucht oder Gegenwehr kam in ihm auf. Die Ereignisse des vergangenen Tages hatten ihn in eine Art Apathie fallen lassen. Er wollte nur noch, dass alles zu Ende ging und war dafür sogar bereit, die Strafe auf sich zu nehmen, die ihm bevorstand. Mido machte Link auf die Höhle aufmerksam, als diese in Sichtweite kam. Sie ritten um sie herum und entdeckten im hinteren Teil das große schwarze Loch, das sie ins Innere führte. Sie stiegen ab und plötzlich tauchte Navi wie aus dem Nichts vor ihnen auf. „Ich passe auf die Pferde auf und werde mich nicht von der Stelle rühren“, verkündete sie. „Navi lebt?“, stellte Mido mit erstauntem Gesicht fest. „Wie du siehst“, knurrte Link und schubste den Kokiri in die Höhle. Er selbst zündete eine Öllampe an, dann trat er ebenfalls in den hohlen Felsen. „Also, wo ist das Diebesgut?“ „Wir müssen noch ein wenig weiter laufen“, antwortete Mido. Link packte ihn hart am Arm. „Versuche bloß keine Tricks“, warnte er, doch der Junge schüttelte heftig den Kopf. Link ging rechts neben Mido her und leuchtete ihm, wobei er die Lichtquelle in der rechten Hand hielt. Er traute dem Kokiri nicht und wollte nicht riskieren, dass dieser ihm die Lampe aus der Hand schlug. Nachdem sie ein paar Meter in der Höhle zurückgelegt hatten, blieb Links Gefangener vor einem Steinhaufen stehen. Mido machte sich schweigend an die Arbeit, doch es dauerte eine Weile, bis er mit gefesselten Händen die Steine zur Seite geräumt hatte. Link dachte nicht daran, dem Jungen zu helfen. Schon bald wurde ein Hohlraum sichtbar, der mit fünf Säcken gefüllt war. „Ist das alles?“, erkundigte sich Link. Mido nickte. „Wieviel von der Beute habt ihr bereits zu Geld gemacht?“ „Nichts. Wir wollten eine Weile abwarten, bis wir besprechen wollten, was wir mit den ganzen Sachen anfangen.“ Link schnitt Midos Fesseln durch und forderte ihn auf, die Säcke nach draußen zu schleppen. Wortlos gehorchte Mido, während Link ihm mit der Lampe leuchtete. Als sie draußen angekommen waren, bat Link Navi auf die Beute aufzupassen. Dann ging er mit Mido wieder zum Versteck. Der Kokiri war schweißüberströmt und keuchte heftig, nachdem er alle Säcke zu den Pferden getragen hatte. Link gönnte ihm eine kleine Verschnaufpause und begann damit, die Beutel auf dem Rücken des noch nicht beladenen Pferdes festzubinden. Als Mido sich etwas erholt hatte und seinem Feind zur Hand ging war Link bereits beim vorletzten Sack angekommen. Link vergewisserte sich, ob auch alle Säcke festgezurrt waren und forderte Mido auf, die Hände auszustrecken. „Ich laufe schon nicht weg.“ „Darauf verlasse ich mich lieber nicht“, entgegnete Link. „Ich traue dir nicht mal so weit, wie dein Schatten reicht und gehe lieber auf Nummer sicher. Du solltest noch froh sein, dass ich dir die Hände nicht auf dem Rücken festbinde.“ Mido streckte die Hände vor und ließ sich von Link fesseln. „Wir reiten jetzt nach Kakariko und dort wird die Stadtwache sicher froh sein, dich zu sehen“, kündigte Link an. „Ich werde alles zugeben“, versprach Mido. „Ich möchte nur noch, dass es vorbei ist.“ Nachdem er Mido auf das Reittier geholfen hatte, stieg Link auf sein Pferd und gemeinsam lenkten sie den Zug in die Richtung des Dorfes Kakariko. Der Hylianer empfand keinerlei Vorfreude, obwohl er wusste, dass er bald seine Unschuld würde beweisen können. Zu tief saß noch der Schmerz über den Verlust, den er während seiner Reise hatte ertragen müssen. Die Sonne hatte sich dazu entschlossen, hinter den Wolken hervorzukommen und den Pfad in helles Licht zu tauchen. Wenigstens sie schien sich darüber zu freuen, dass sich für den Hylianer bald alles zum Guten wenden würde. Schweigend setzte das Duo seinen Weg fort. Sie waren nur noch etwa eine halbe Stunde von Kakariko entfernt, als in ihrem Rücken plötzlich eine laute, heisere Stimme ertönte. „Du bist verdammt schwer zu erledigen, Link. Weißt du das?“ Durch den Ruf aufgeschreckt riss Link sein Pferd herum, das sich wiehernd aufbäumte. Als es sich nach einigen Sekunden wieder beruhigt hatte, sah der Hylianer in zwanzig Metern Entfernung einen Mann, der auf einem braunen kamelähnlichen Tier saß. Link war sich absolut sicher, dass er diesen Kerl noch nie vorher gesehen hatte. Er hatte weißes Haar, das auf seinem Kopf aussah, als wäre es Watte. Sein Gesicht war von zahlreichen Falten durchzogen. Das Alter war schwer zu schätzen. „Kennen wir uns?“, wollte Link wissen. „Das wäre vielleicht ein wenig übertrieben, aber ich habe auch keine große Lust, dich näher kennen zu lernen.“ „Wer bist du?“ „Ja, im Gegensatz zu dir habe ich mich ziemlich verändert“, lachte der Fremde. „Ich nehme es dir nicht übel, dass du mich nicht erkennst.“ Link runzelte die Stirn. Er dachte angestrengt nach, doch er konnte sich nicht erinnern, diesem Mann schon einmal begegnet zu sein. Mit einem Lächeln griff der Mann langsam unter sein Hemd und holte ebenso langsam etwas darunter hervor. Er führte offenbar absichtlich seine Bewegungen im Zeitlupentempo aus, um den Hylianer glaubhaft zu machen, dass er nichts gegen ihn unternehmen würde. Der Gegenstand, den der Mann zum Vorschein gebracht hatte, lag nun auf seiner Brust. Link kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Und als er den Gegenstand erkannte, stieß er einen erschrockenen Laut aus. Jetzt wusste er, wen er vor sich hatte, aber dieses Wissen erschien ihm unmöglich. Kapitel 37: TEIL 3 - Kapitel 7 ------------------------------ 7 „Wer bist du?“, fragte Link noch einmal, obwohl er es sich denken konnte, und dieses Mal war seine Stimme voll Fassungslosigkeit. Der Fremde hob den braunen Beutel, der an einem Lederband um seinen Hals hing, leicht an. „Ich bin der, bei dem du diesen Beutel zuletzt gesehen hast. Und jetzt sind übrigens keine Kräuter mehr darin.“ „Rasuk“, flüsterte Link. „Link? Wer ist das?“, mischte sich Mido ein, der ebenfalls sein Pferd gewendet hatte und sich nun neben Link befand. „Wir hatten mal … geschäftlich miteinander zu tun“, antwortete der weißhaarige Mann an Links Stelle. „Aber das Geschäft lief leider nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.“ „Diebstahl sehe ich nicht als geschäftliche Transaktion an“, rief Link wütend. „Das kommt immer auf den Standpunkt des Betrachters an.“ „Was willst du?“, fragte der Hylianer. „Ich will dich“, gab Rasuk zur Antwort, was den Teenager nicht im geringsten überraschte. „Seit Tagen bin ich bereits hinter dir her und versuche, dich zur Strecke zu bringen. Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, aber du bist immer irgendwie davon gekommen. Deshalb habe ich mir überlegt, dass es das beste wäre, wenn ich die Sache durch meine eigene Hand erledige und mich auch an Ort und Stelle vergewissern kann, dass nicht wieder irgendein Fehler deinen Tod verhindert.“ „Wie hast du den Sturz in den See überlebt? Normalerweise dürftest du gar nicht mehr am Leben sein.“ „Ich war auch mehr tot als lebendig, als ich ans Ufer geschwemmt wurde. Ich habe ein Ahno gebraucht, um meine Wunden heilen zu lassen und noch ein weiteres halbes, um meine Kräfte wieder zurück zu erlangen. Und in dieser Zeit hatte ich sehr viel Zeit zum Nachdenken. Ein Volk, das innerhalb des Wasserfalls lebt, hat mich gefunden, bei sich aufgenommen und mich gepflegt. Unter ihnen war auch ein Schamane. Und durch ihn war ich erst in der Lage, meine Rache an dich vorzubereiten.“ Rasuk griff in seine Wamstasche und zog eine kleine Kugel heraus, die er zwischen Daumen und Zeigefinger drehte. „Kommt dir das bekannt vor?“ Die Sonne reflektierte das Licht des Gegenstandes, so dass Link ihn nach einigen Sekunden identifizieren konnte. Und mit einem Schlag war ihm alles klar. Rasuk war für die Anschläge auf ihn verantwortlich. Link hatte es ihm zu verdanken, dass er von so einer Kugel in die Schulter getroffen wurde. Und auch der Tod von Katana, die von einer solchen Kugel in den Rücken getroffen worden war, ging auf Rasuks Konto. Eine gewaltige Welle aus Wut und Hass war kurz davor, den Hylianer zu überschwemmen. Er hielt sie noch zurück, während Rasuk weiter sprach. „Der Schamane hat mir gesagt, dass es einen Weg gäbe, mich an dir zu rächen, ohne dass ich dich überhaupt in Sichtweite haben müsse. Dazu müsse ich allerdings einen Gegenstand von dir bei mir haben. Glücklicherweise hatte ich deinen Kräuterbeutel während meines Sturzes die ganze Zeit in der Hand behalten. Irgendwie hat sich das Band dann um meine Hand gewickelt, so dass ich ihn auch noch bei mir besaß, als ich an Land gespült wurde. Auf jeden Fall besaß ich etwas, was vorher dir gehört hatte. Und dadurch war es mir möglich, dich aus sicherer Entfernung zu erledigen.“ Rasuk winkte mit den Fingern, in denen er die Kugel hielt. „Diese Kugel hat magische Eigenschaften. Sie fliegt unglaubliche Entfernungen, um denjenigen zu töten, dessen Witterung sie aufgenommen hat. Um sie auf das Opfer einzustimmen, muss man sie nur an etwas reiben, was ihrem Opfer gehört. In deinem Falle war das der Kräuterbeutel. Diese Kugel lässt sich durch nichts aufhalten und weicht allen Hindernissen aus, um zu der Person zu gelangen, für die sie bestimmt ist. Wenn sie sich allerdings sehr dicht am Ziel befindet, dann ist es ihr nicht mehr möglich, auszuweichen. Wenn die Zielperson dann ausweicht oder jemand vor ihr auftaucht, dann schlägt die Kugel in das Objekt ein, dass nun an der Stelle steht, an der sich kurz zuvor das Opfer befunden hat. Offenbar war das bei dir einige Male der Fall.“ Link beherrschte mühsam seinen Zorn, denn es gab noch etwas, was er wissen wollte. „Wie konntest du wissen, dass ich noch lebe und deine abgefeuerten Kugeln mich nicht getötet haben?“ „Das ist eine sehr kluge Frage. Sobald man die Kugel am Gegenstand des Opfers gerieben hat, leuchtet sie kurz auf. Das kann in zwei verschiedenen Farben passieren. Leuchtet sie weiß, dann bedeutet das, dass die Zielperson noch am Leben ist. Leuchtet sie rot, dann kann man sicher sein, dass die Kugel das Ziel nicht mehr erreichen kann, denn es ist ja bereits tot. Wie du siehst, war es sehr einfach für mich, zu kontrollieren, ob meine Versuche, dich zu töten, erfolgreich waren.“ „Binde mich los“, drängte Mido, aber Link beachtete ihn gar nicht. „Durch dich ist jemand gestorben, der mir sehr viel bedeutet hat“, schrie der Hylianer seinen Feind an. „Dann freut es mich umso mehr, dass diese Kugel nicht dich getroffen hat. So durftest du wenigstens noch ein wenig leiden. Obwohl du garantiert nicht so sehr gelitten hast, wie ich in dem Ahno, das auf den Sturz in den See folgte. Mehrere Knochen waren gebrochen und durch den Aufprall habe ich zahlreiche Wunden erlitten. Aber das zahle ich dir jetzt alles heim.“ Link sprang blitzschnell von seinem Pferd und zog sein Schwert aus der Scheide. „Link, mach mich los. Ich helfe dir“, rief Mido. „Irrtum, das ist eine Sache zwischen ihm und mir“, antwortete Rasuk, hob seine Hand und streckte die Handfläche dem gefesselten Jungen entgegen. Dieser stöhnte kurz auf und kippte dann bewusstlos vom Rücken seines Reittieres. Mit einem dumpfen Laut schlug er auf dem Boden auf. „Mido“, rief Link entsetzt und schaute zur Seite. Als er wieder nach vorne sah, erkannte er, dass sich sein Feind ebenfalls aus dem Sattel hatte gleiten lassen. Inzwischen hatte auch er bewaffnet. Was er in der Hand hatte, sah aus, wie ein Morgenstern, allerdings fehlte die Kette, so dass sich die mit Eisenspitzen gespickte Kugel direkt am Holzstiel befand. Der hellblonde Junge spurtete los und warf sich hinter einen Felsen, während Rasuk den Stiel nach oben zucken ließ und sich daraufhin die Kugel löste und auf Link zu flog. Dem Hylianer lief es eiskalt über den Rücken, als er hörte, wie die Waffe gegen den Felsen schlug und kleine Steinsplitter durch die Luft wirbelten. „Hat das Wort ‚Rücksicht’ irgendeine Bedeutung für dich?“, schimpfte Navi, die auf Grund von Links Aktion in seiner Tunika durchgeschüttelt wurde und nun vor ihm in der Luft umher flog. „Wir stecken in Schwierigkeiten?“, keuchte Link. „Hui, endlich mal Abwechslung.“ „Sei still und hör zu. Ich weiß jetzt, wer diese Kugeln auf mich abgefeuert hat. Er ist hinter dem Felsen. Du musst ihn irgendwie ablenken.“ „Und wie soll ich das machen?“, fragte Navi. „Was weiß ich? Erschrecke ihn halt irgendwie.“ „Wieso immer ich? Erschreck du ihn doch. Wenn er nicht weiß, wie du aussiehst, hast du gute Chancen.“ „Lass die blöden Sprüche und hilf mir lieber.“ Navi streckte ihm die Zunge heraus und flog davon. Ein lautes Krachen ertönte, als die Kugel ein zweites Mal gegen den Felsen flog. Link hielt schützend die Arme vors Gesicht, obwohl ihn die Steinsplitter nicht erreichen konnten. Er musste sein Versteck verlassen, denn es war nur eine Frage der Zeit, bis die Kugel den Felsen durchschlagen hatte. Der Hylianer lugte über den Rand des Felsens und sah, wie die Kugel zu Rasuk zurückkehrte. Als der weißhaarige Mann erneut ausholte, stieß Link sich ab und spurtete los. Hinter sich hörte er ein Krachen und Splittern. Er konnte sich, auch ohne sich umzusehen, vorstellen, was dieses grauenvolle Geräusch erzeugt hatte. Offensichtlich hatte die Kugel seine ehemalige Deckung zerstört. Hektisch sah sich Link um. Es gab einige Felsbrocken, hinter denen er sich verstecken konnte, aber lange würden sie ihm nicht Schutz bieten. Der Junge überlegte, mit welchen Waffen er sich verteidigen konnte. Er hatte einige Fernkampfwaffen, aber diese nützten ihm nichts. Durch das Laden, Zielen und Schießen mit der Schleuder oder dem Bogen ging zuviel Zeit verloren. Und Rasuk würde ihn bestimmt nicht nahe genug an sich heran kommen lassen, um sich mit dem Schwert zu verteidigen. Es blieb nur die Option, dass Navi es schaffte, Rasuk lange genug abzulenken, damit er einen Angriff starten konnte. Dann wäre eventuell die Möglichkeit gegeben, seinen Feind auszuschalten. „Nicht weglaufen, Link“, hörte der Hylianer Rasuks Stimme hinter sich. „Jetzt hast du die Gelegenheit, zu zeigen, wie mutig du wirklich bist.“ Link stolperte über einen kleinen Stein, der auf dem Boden lag und fiel auf den Bauch. Die mit tödlichen Spitzen versehene Kugel sauste so dicht über ihn hinweg, dass er spürte, wie sie an seiner Tunika zog, ehe sie von einer großen Felswand aufgehalten wurde. Einige der von der Wand abplatzenden Steinsplitter flogen so weit durch die Luft, dass sie gegen Links Hinterkopf prallten. Todesangst kroch in dem hellblonden Jungen empor. Diesmal sah er keinen Ausweg mehr. Niemand war da, von dem er Hilfe erwarten konnte. Und er bezweifelte sehr stark, dass sich Rasuk von einer kleinen Fee aufhalten ließ. „Willst du den ganzen Tag auf dem Boden liegen bleiben?“, fragte Rasuk. „Du kannst weiter vor mir davon laufen, bis du müde wirst. Aber dazu musst du erst einmal aufstehen.“ Link blickte mit gehetztem Blick in Richtung seines Feindes, der mit der Waffe in der Hand breitbeinig auf dem Pfad stand. „Damit es etwas schneller geht, werde ich dir helfen“, kündigte Rasuk an und Link riss entsetzt die Augen auf, als er sah, wie sein Feind erneut ausholte. Blitzschnell war der Hylianer auf den Beinen und rannte um sein Leben. Er blickte sich kurz um und sah die Kugel genau an der Stelle in den Boden einschlagen, an der er soeben noch gelegen hatte. Die Wucht des Einschlags war so stark, dass Link spürte, wie der Boden unter seinen Füßen erbebte. Der Junge fühlte, wie das Herz im Stakkato in seiner Brust hämmerte. Er rannte im Zickzack, um seinem Gegner auf diese Art ein schwerer zu treffendes Ziel zu bieten. Wohin er lief, war ihm vollkommen egal. Er wollte nur so schnell wie möglich eine sichere Distanz zwischen Rasuk und sich bringen. Aber gab es überhaupt eine sichere Distanz? Rasuks Möglichkeiten ihn aus der Ferne zu bekämpfen waren ungleich größer als seine. Es gab nur kurzzeitige Deckung und keinen sicheren Ort für den Hylianer. Link rannte immer weiter, bis er keine Kraft mehr hatte und erschöpft stehen blieb. Er befand sich an einer Felswand, an der er sich abstützte. Das Blut rauschte in seinen Ohren, seine Brust tat ihm weh und er hatte das Gefühl, dass sein Herz so heftig schlug, als wolle es seinen Brustkorb sprengen. Er presste die Hände gegen die Brust und holte japsend und keuchend Atem. Der Schweiß lief ihm über das Gesicht. Die Tunika und seine weiße Hose klebten an seinem Körper. Als er sich wieder etwas erholt hatte, sah er vor sich in einer Entfernung von etwa zehn Metern Rasuk, der grinsend im Weg stand. Hastig schaute Link nach rechts und links und erkannte, dass er in der Falle saß. Zu beiden Seiten jeweils im Abstand von etwa drei Metern befand sich eine Mauer, die fünf Meter nach vorn ragte und so hoch war, dass er unmöglich darüber klettern konnte. Link schluckte heftig und blickte Rasuk an, der die Angst in den Augen des Hylianers sehen konnte. Von Navi war weit und breit nichts zu sehen. Wo steckte sie? Warum hatte sie nichts unternommen, um ihm zu helfen? „Damit dürfte klar sein, wer heute den Sieg davontragen wird“, knurrte sein Gegner. „Jetzt wirst du für die Schmerzen bezahlen, die du mir damals zugefügt hast.“ Immer noch hielt er die Waffe mit der Eisenkugel in den Händen und ließ den Stiel hochzucken. Die Kugel flog auf Link zu, der sich geistesgegenwärtig nach links warf und gegen die Mauer stemmte. Mit einem hässlichen Geräusch drangen die Spitzen in die Felswand ein. Ein umherfliegender Stein riss Link die Wange auf und mit einem schmerzhaftem Aufschrei presste der Junge die Hand auf die Wange. Er spürte, wie warmes Blut durch seine Finger quoll, an seinem Gesicht hinunterlief und auf seine Schulter tropfte. „Du kannst ausweichen, soviel du möchtest“, höhnte Rasuk. „Irgendwann wirst du so müde sein, dass es dir nicht mehr gelingt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ich dich in den Tod schicke.“ Dem Hylianer war klar, dass Rasuk Recht hatte. Er wusste, dass sein Wehren das unvermeidliche Ende nur hinauszögerte. Dennoch dachte er nicht im Traum daran, es seinem Feind leicht zu machen. Er würde bis zum Tod kämpfen. Die Kugel war wieder zu Rasuk zurückgekehrt und ruhte nun auf dem Ende des Holzstiels. Der Mann holte aus und schleuderte das runde Verderben in Links Richtung. Sofort ließ dieser sich zu Boden fallen, so dass die Kugel über ihn hinweg zischte und sich erneut in die Felswand bohrte. Steine und Dreck prasselten auf Links Rücken. Der Junge fühlte, wie sich feiner Staub in die Wunde auf seiner Wange legte und presste die Zähne aufeinander. Er rollte sich zur Seite, als die Waffe erneut auf ihn zu schoss. Donnernd bohrte sie sich in den Boden, was zur Folge hatte, dass ein kleines Erdbeben unter Link stattfand. Rasuk lachte nur. Sein Gegner sagte etwas zu ihm, aber Link hörte überhaupt nicht hin, sondern konzentrierte sich auf etwas anderes. Der Boden hörte nicht auf zu beben, obwohl die Kugel wieder zu Rasuk zurückgekehrt war. Der Hylianer ahnte, was das zu bedeuten hatte. Er mobilisierte seine letzten Kräfte, sprang auf und spurtete auf seinen Feind zu. Dieser war viel zu überrascht über Links Aktion, als dass er irgendwelche Maßnahmen gegen ihn in die Wege leitete. Heftig stieß der hellblonde Junge Rasuk zur Seite. Der Mann verlor das Gleichgewicht und fiel auf den Rücken. Jetzt ertönte ein ohrenbetäubendes Donnern und Poltern. Link dachte überhaupt nicht daran, sich umzudrehen, um zu erkunden, woher das Geräusch kam. Er wusste es längst und rannte so schnell wie möglich vorwärts. Eine dichte Staubwolke hüllte ihn ein. Er hustete und zwang sich dazu, weiterzulaufen. Hinter ihm war immer noch das Krachen aufeinander fallender Steine zu vernehmen. Der Teenager ließ sich einfach auf den Boden fallen und hielt schützend den Arm vor das Gesicht. Immer noch umhüllte ihn der feine Staub. Ein Hustenanfall schüttelte Links Körper durch und er glaubte, seine Lungen würden platzen. Etwa zwei Minuten blieb Link liegen. Der Staub hatte sich etwas gelegt, so dass er zurückblicken konnte. Immer noch wirbelte das graue Pulver durch die Luft, doch es war nicht mehr so dicht. Es war genau das passiert, was der Hylianer geahnt hatte. Die Erschütterungen durch Rasuks Waffe hatten bewirkt, dass sich vom oberen Teil der Felswand Steinbrocken gelöst hatten, die zu Boden gefallen waren. Blitzschnell waren sie ins Tal gestürzt. Rasuk hatte keine Gelegenheit mehr gehabt, sich aufzurappeln und in Sicherheit zu bringen. Er war unter den Felsen begraben worden. Ein riesiger Schuttberg hatte sich vor der Felswand aufgetürmt. Der Staub hatte sich auf Links Kleidung, auf seine Mütze und Haare, auf die Hände und auf das Gesicht gelegt. Das Kratzen in seiner Kehle war sehr unangenehm und er hatte wahnsinnigen Durst. Er versuchte etwas zu sagen, aber es kam nichts weiter heraus als ein Krächzen. Durch Räuspern wollte er das Gefühl ein wenig lindern, was jedoch einen erneuten heftigen Hustenanfall zur Folge hatte. Ächzend stand er auf und schwankte ein wenig. Den Ärmel seiner Tunika hielt er weiterhin gegen Mund und Nase gepresst. Er versuchte sich zu orientieren und schaute sich nach den Reittieren um, aber von denen war nichts zu sehen. Bestimmt waren sie durch den Einsturz in Panik verfallen und weggelaufen. Einfangen würde er sie bestimmt nicht mehr, dessen war er sich sicher. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu Fuß nach Kakariko zu laufen. Trotzdem musste noch irgendwo Mido liegen. Die Wand war in einiger Entfernung eingestürzt, so dass nur der Staub zu Mido gedrungen sein konnte. Link wartete noch eine Weile, bis das Pulver sich weiter gelegt hatte. Als die Sicht besser wurde, konnte Link den Kokiri entdecken. Er lag immer noch auf der Erde und die Pferde, die sich noch vorhin in seiner unmittelbaren Nähe befunden hatten, waren nicht mehr da. Der Hylianer lief zu seinem ehemaligen Dorfmitbewohner, drehte ihn auf den Rücken und kontrollierte dessen Atmung und Puls. Beides war vorhanden. „Lebt er noch?“, wurde Link durch die Stimme seiner Fee aufgeschreckt, die unbemerkt an ihn heran geflogen war. Er nickte und wollte etwas sagen, aber es gelang ihm immer noch nicht. Das Gefühl, das mit jedem Sprechversuch der Schmerz in seiner Kehle aufflammte, war weiterhin vorhanden. „Du siehst aus, als könntest du etwas zu trinken vertragen“, stellte Navi fest. „Wenn du unsere Pferde suchst, die sind panisch davon galoppiert, haben aber nach einigen Metern wieder angehalten und stehen jetzt irgendwo da hinten in der Gegend herum. Folge mir einfach, ich führe dich zu ihnen.“ Link atmete innerlich auf und stapfte hinter seiner Fee her, die vor ihm her flog. Immerhin hatten sie ihre Pferde noch. Dass Navi sich nicht nach seinem Befinden erkundigte, war er schon gewohnt. Offenbar dachte sie, dass mit ihm schon alles in Ordnung war, wenn er sich nur auf den Beinen halten konnte. Der hellblonde Jugendliche war froh, dass er auf diese Art seinen Gegner besiegt hatte, denn viel länger hätte er Rasuks Angriffen nicht mehr standhalten können. Hoffentlich konnten sie jetzt ohne weitere Zwischenfälle nach Kakariko reiten und diese ganze Scharade endgültig abschließen. Link war sich bewusst, dass er im Dorf alles andere als herzlich begrüßt werden würde, aber er wollte mit Prinzessin Zelda sprechen und ihr die gesamte Angelegenheit erklären. Nach einer Weile konnte Link endlich die vier Pferde sehen. Sie standen einträchtig beieinander, hatten die Köpfe in seine Richtung gedreht und blickten ihn an. Er ging geradewegs zu seinem Reittier, griff nach dem Wasserbeutel und spülte sich den Mund aus. Als er den ersten Schluck trank, flammte ein scharfer Schmerz in seinem Hals auf. Der Hylianer hustete anhaltend und holte keuchend Luft. Nachdem er sich beruhigt hatte, ließ er vorsichtig eine weitere kleine Menge Wasser durch seine Kehle rinnen. Der Schmerz war immer noch da, aber er hatte sich nun schon abgeschwächt. Als Link genug getrunken hatte, führte er die Pferde zurück zu der Stelle, an der Mido lag. Unterwegs sagte Navi zu ihm: „Guck mal, was ich diesem weißhaarigen Kerl abgenommen habe?“ Vor Links Augen wedelte Navi mit seinem ehemaligen Kräuterbeutel. Link blieb stehen, nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn nachdenklich. Dann fragte er: „Wie bist du an ihn gekommen?“ „Nachdem der Typ mit seiner Kugel nicht den gewünschten Erfolg erzielt hatte, wollte er es wieder auf die Art versuchen, auf die er es schon in den letzten Tagen versucht hatte. Als er den Beutel von seinem Hals genommen hatte, bin ich schnell zu ihm geflogen und habe ihn mir geschnappt. Er war gar nicht glücklich darüber und hat sich richtig aufgeregt.“ „Davon habe ich überhaupt nichts mitbekommen.“ „Du bist entschuldigt. Du warst viel zu sehr mit Rennen beschäftigt.“ Mit starrem Blick schaute Link auf den Beutel in seiner Hand. Er schluckte und ließ ihn zu Boden fallen. „Was machst du denn?“, fragte Navi. „Ich will ihn nicht“, flüsterte der Hylianer. „Durch ihn ist Katana gestorben und ich möchte nicht ständig daran erinnert werden, wenn ich ihn ansehe.“ Navi flog auf Links Schulter. „Ich vermisse sie auch. Aber wir müssen uns an sie erinnern. Wenn wir uns die schönen und auch die unangenehmen Erlebnisse mit ihr wieder in unsere Gedanken holen, dann wird sie nie ganz verschwunden sein, sondern immer bei uns bleiben.“ Der Junge blickte Navi, die aus traurigen Augen zu ihm empor sah, dankbar an. „Wir werden sie niemals vergessen“, sagte er leise und seine Fee nickte. Jeder hing seinen Gedanken nach, während sie zu Mido gingen. Link weckte den Kokiri auf, indem er ihm Wasser ins Gesicht rinnen ließ. Außer der Bewusstlosigkeit hatte er durch Rasuks Zauber keine weiteren gesundheitlichen Schäden davon getragen. Nachdem sie sich orientiert hatten, setzten sie ihren Weg nach Kakariko fort. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie das Dorf erreicht hatten. Link war entsetzlich müde und wollte sich nur noch erholen. Er würde keinen Widerstand leisten. Sollten sie ihn ruhig erst einmal einsperren. Mido würde alles gestehen und dann wäre seine Unschuld bewiesen, so dass er zu den Kokiri gehen konnte, um sich dort richtig zu erholen und wieder zu Kräften zu kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)