The Legend Of Zelda - Wenn ein Stern verglüht von David_Turman ================================================================================ Kapitel 23: TEIL 2 - Kapitel 11 ------------------------------- 11 Schwer atmend blickte Link auf seinen toten Gegner hinab. Ihm wurde furchtbar kalt, als er daran dachte, dass er sich soeben selbst umgebracht hatte. In seiner Hand tobte immer noch der Schmerz und er hatte fürchterlichen Durst. Er dachte an das Geräusch, das er im ersten langen Gang gehört hatte. Es musste hier irgendwo Wasser geben. Das Problem war jedoch, dorthin zu gelangen. Link sah ein, dass er sich mit den Gedanken an etwas zu trinken nur noch weiter quälte. Der Junge drehte sich um und stolperte durch den Raum, um noch einen weiteren Ausgang zu finden als den, durch den er gekommen war. Aber er fand nichts. Also öffnete er die einzige Tür im Raum. Und dieser verlogene Zwerg hatte ihm gesagt, dass dieser Eingang zum Orakel führen würde. Von wegen wahrheitsgemäße Antwort, dachte Link wütend und wünschte sich, dass der Zwerg noch im anderen Raum war, damit er ihn sich vornehmen konnte. Nun musste er doch die restlichen Türen ausprobieren. Der Hylianer trat über die Schwelle, die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und er stand in einem Raum, der nur von schwachem Dämmerlicht erfüllt war. Und im selben Moment hörte er das Plätschern. Er schaute sich um und erblickte ein erleuchtetes Bassin in der Wand. Aus einer Krone floss Wasser in das Becken. Sofort spürte er wieder das Durstgefühl. Schnell lief er zum Bassin und streckte seine unverletzte Hand aus. Vor dem Becken traf sie auf Widerstand. Es war nichts zu sehen, also musste es sich wohl um ein magisches Kraftfeld handeln. „Nein“, keuchte Link und versuchte noch zwei Male erfolglos die Barriere zu durchdringen. Trocken schluchzte er auf. Er hatte die Nase gründlich voll von diesen Prüfungen, er wollte nur noch das nahe Wasser erreichen, dass doch so unglaublich fern war. Vielleicht gab es etwas in diesem Raum, das ihm helfen konnte, durch den Schild zu greifen. Er sah sich um und erblickte drei Becher aus Kupfer, die auf einem Tisch standen. Misstrauisch kniff er die Augen zusammen. Diese Becher waren vorher noch nicht auf dem Tisch gewesen. Er dachte nach und ein Verdacht stieg in ihm auf. Den Tisch nicht aus den Augen lassend schlug er ein weiteres Mal gegen die Abschirmung. Mit einem Flimmern materialisierte sich ein vierter Becher auf dem Tisch. Link nahm sich vor, kein weiteres Mal mehr gegen das Hindernis zu schlagen, denn er ahnte, was die Prüfung in diesem Raum war. Langsam ging er zu den Bechern hinüber und untersuchte sie. Auf jedem konnte er die gleichen eingravierten Worte lesen. Welcher Becher schenkt dir das Leben, während dir die anderen den Tod bringen? Genau so hatte Link sich das vorgestellt. Es war zum Verzweifeln. Er musste unter vier Bechern den richtigen finden. Da es sonst keinen weiteren Hinweis gab, wusste er nicht, wie er diese Aufgabe bewältigen sollte. Wahrscheinlich war der Becher der richtige, der aufgetaucht war, als er das erste Mal versucht hatte, an das Wasser zu gelangen. Aber welcher war es? Nichts unterschied die Gefäße in Größe, Form, Farbe oder Material. Links Hand schwoll an und die Haut spannte so stark, dass Link das Gefühl hatte, sie würde jeden Moment aufsprengen. Mit zusammengebissenen Zähnen konzentrierte er sich auf seine Aufgabe. Vielleicht gab es doch eine Möglichkeit, den richtigen Kupferbecher zu bestimmen. Vielleicht konnte man nur mit einem von ihnen die magische Barriere durchstoßen. Der Teenager griff nach einem Becher, ging zum Bassin und streckte die Hand aus, die den Schild mühelos durchdrang. Trotz des Erfolges zweifelte der Hylianer. Vielleicht war das doch nicht der richtige Becher. Er zog die Hand wieder heraus, stellte den Becher zurück auf den Tisch, griff nach einem anderen und wiederholte das Prozedere. Auch diesmal konnte seine Hand ohne Probleme in das Feld eindringen. Genau so verhielt es sich mit dem dritten und dem vierten Becher. Das war also nicht die Lösung. Link starrte die vier Becher eine Weile an, dann reichte es ihm. Er würde diese Spielchen nicht mehr mitmachen. Die ganze Sache ging ihm gründlich auf die Nerven und er entschloss sich, den Raum zu verlassen. Doch an der Stelle, an der sich die Tür befunden hatte, war nur eine glatte Felswand. „Lasst mich raus“, schrie Link erbost, packte voller Verzweiflung einen Becher und warf ihn gegen das Kraftfeld. Das Gefäß prallte ab und landete klappernd auf dem Boden. Link hob ihn mit einem wütenden Fluch auf, um ihn auf den Tisch zurück zu stellen – und erstarrte. Die gesamte Tischplatte war übersät mit Bechern. Hatten sich zuvor noch vier Becher auf dem Tisch befunden, so waren es nun über siebzig. „Nein“, brüllte Link und warf den Becher, den er in der Hand hielt, zwischen seine Artgenossen. Einige Gefäße fielen zu Boden, andere kippten auf dem Tisch um. „Ich will nicht mehr“, flüsterte Link müde. Er verfluchte Katana. Was für eine blödsinnige Idee von ihr, ein Baumorakel um Rat zu fragen. Wahrscheinlich gab es dieses Orakel gar nicht und das ganze war nur eine Idee von irgendwelchen Spinnern, die zuviel Zeit hatten und sich daran ergötzten, Wesen von einer Hoffnung in die andere laufen zu lassen, um diese dann irgendwann brutal zu zerstören. Link war mittlerweile alles egal, auch, ob er starb. Es gab offenbar nur einen Weg, um hier herauszukommen. Trotzig ergriff Link einen Becher. Die Wahrscheinlichkeit, dass es der richtige war, war minimal. Link wusste nicht einmal, ob der von ihm gewählte Becher unter den ersten vieren gestanden hatte. Er ging abermals zum Wasserbecken und durchdrang das Kraftfeld, diesmal mit beiden Händen. Die verletzte Hand hielt er unter den kühlenden Strahl, der aus der Krone durch die Luft fuhr. Sobald das Wasser seine Hand berührte, verschwanden die Schmerzen. Auch die Schwellung klang ab. Es war ein wunderbares Gefühl. Dann ließ Link den Becher bis zum Rand voll laufen, zog die Hände zurück und trank. Selten hatte ihm etwas so gut geschmeckt, wie dieses Wasser. Und mit jedem Schluck spürte er, wie die Schmerzen in seinem Körper abklangen und er wieder zu neuen Kräften kam. Er trank das Gefäß in einem Zug leer. Kraftvoll stieß er die Luft aus, als er den Becher absetzte. Das war herrlich gewesen. Link dachte nur einen kurzen Moment nach. Wenn er den falschen Becher erwischt hatte, dann waren die Folgen sowieso klar, also war es egal, wenn er noch einen Becher trank. Ein letztes Mal fuhr seine Hand mit dem Becher durch die magische Wand. Diesmal konzentrierte er sich ganz auf den Geschmack des Wassers. Er genoß jeden Schluck, der durch seine Kehle rann. Sobald der Becher leer war, ließ er ihn fallen, worauf sämtliche Gefäße aus dem Raum verschwanden. Der Hylianer wartete gespannt auf das, was mit ihm geschehen würde. Würde er einen schnellen Tod erleiden? Oder waren die falschen Becher mit einem Gift präpariert, das ihn qualvoll sterben ließ? Link war es gleichgültig. Eine Tür erschien wie aus dem Nichts in der Wand, in der das Bassin eingelassen war. Der Junge blickte sie fassungslos an. Offensichtlich hatte er doch den richtigen Becher erwischt, aber er fragte sich, wie so etwas möglich sein konnte. Spielte jemand mit ihm? Zögernd ging er zur Tür und drehte den Knauf. Sie ließ sich tatsächlich öffnen. Ein hell erleuchteter Raum wurde sichtbar. Link gegenüber befanden sich zwei weitere Türen, von denen die eine rot und die andere grün angestrichen war. Der Hylianer betrat das Zimmer und die Tür, durch die er getreten war, verschwand. In einer Ecke links von ihm saß ein alter Mann auf einem Stuhl. Sein Kopf war kahl und das Gesicht wies unzählige Falten auf, doch die Augen glänzten. „Glückwunsch, du hast es geschafft“, sagte der Mann. „Ja, auch wenn ich nicht weiß, wie“, gab Link zu. „Ich kann unmöglich den richtigen Becher erwischt haben.“ Der Mann lachte. „Du hättest fast gar keinen Fehler machen können. Denn egal, welchen Becher du gewählt hättest, es wäre in jedem Fall der richtige gewesen.“ Link guckte ungläubig auf seinen Gesprächspartner. „Das … das kann nicht sein.“ „Glaube mir, es ist so. Die Prüfung in diesem Raum diente nur dazu, dich zu einer Entscheidung zu zwingen. Was meinst du, wie viele Prüflinge in diesem Raum schon ihr Leben gelassen haben, weil sie sich nicht entscheiden konnten, welchen Becher sie nehmen sollten. Sie sind lieber gestorben, als sich für den falschen Becher zu entscheiden. Du allerdings hast das Risiko auf dich genommen und gesiegt.“ Link nickte. „Woher wisst Ihr, welche Prüfung ich gerade absolviert habe?“ Der Mann faltete die Hände und lehnte sich zurück. „Ich bin ständig hier in diesem Baum zwischen den Prüfungsräumen unterwegs und beobachte die, die begierig darauf sind, vor das Orakel treten zu dürfen. Bei dir ist es bald soweit. Dich trennen nur noch zwei Prüfungen vor der Begegnung. Diese hier und noch eine weitere.“ „Gut. Was ist denn hier meine Aufgabe?“ „Du hast einen Schlüssel bekommen. Dieser Schlüssel passt zu beiden Türen, die du dort hinten siehst. Aber nur eine Tür führt dich zur letzten Prüfung. Welche das ist, das musst du entscheiden.“ „Wie?“ „Unterhalte dich mit mir. Und sobald du hundertprozentig sicher bist, dass ich auch nur einmal während unserer Unterhaltung die Unwahrheit gesagt habe, darfst du den Weg durch die rote Tür fortsetzen. Bist du der Meinung, dass ich zu keinem Zeitpunkt gelogen habe, dann führt dich die grüne Tür weiter.“ „Ich könnte auch einfach irgendeine Tür auswählen und sie aufschließen.“ Der Mann nickte. „Das könntest du. Doch hinter jeder Tür lauert ein Monstrum, das dich auf der Stelle tötet, wenn du auf gut Glück versuchen solltest, weiterzukommen. Du musst dir schon hundertprozentig sicher sein, welche Tür die richtige ist.“ „Es könnte ja sein, dass Ihr mich bereits belogen habt und es gibt gar keine Monster hinter den Türen.“ „Auch das könnte sein. Aber das kannst du nur vermuten. Du musst mich jedoch zweifelsfrei der Lüge überführen. Im Fall der Bestien hinter den Türen kannst du das nicht, denn du weißt ja nicht, ob ich nicht vielleicht doch die Wahrheit gesagt habe.“ Link begriff, welch schwierige Aufgabe hier auf ihn wartete. Aber er war bereit, sich ihr zu stellen. Offensichtlich passierte in diesem Raum nichts Gefährliches. Und eine kleine Unterhaltung zur Abwechslung war auch ganz nett. Also setzte er sich auf den Boden und schlug die Beine übereinander. „Was möchtest du vom Orakel?“, wollte der Mann wissen. „Ich stecke ziemlich in der Klemme und muss jemanden finden, weiß aber nicht, wo ich suchen soll. Und dabei soll das Orakel mir helfen.“ „Dann hoffe ich nur, dass die Antwort des Orakels dich weiterbringt und dass du sie enträtseln kannst. Du weißt sicher, dass das Orakel dir deine Frage nicht konkret beantwortet.“ Link nickte und grübelte über das nach, was ihm bisher widerfahren war. Als er an Katana und Navi dachte, fuhr er hoch. Was die beiden jetzt wohl machten? Und wo steckten sie eigentlich? Der Junge entschloss sich, den vor ihm sitzenden Mann zu fragen. „Sagt mal, habt Ihr ein junges Mädchen mit braunen Haaren gesehen? Sie trägt ein blaues Hemd und eine braune Hose.“ „Nein, ist mir nicht begegnet.“ Link seufzte. Nach Navi fragte er den Mann nicht, denn er hatte sie ja doch nicht sehen können. Er begann, sich Sorgen um seine Begleiter zu machen. „Wollte sie denn auch zum Orakel?“, fragte der Mann. „Ja, aber wir wurden getrennt.“ „Das geschieht sehr häufig. Man will mit einem Gefährten zusammen sein Ziel erreichen. Doch es ist vorgesehen, dass immer nur ein Wesen aus eigener Kraft das Orakel erreichen darf. Aber du wirst sie sicher wieder sehen“, tröstete ihn der Alte. Link hoffte, dass sein Gesprächspartner Recht behielt. „Irrt sich das Orakel ab und zu? Gibt es falsche Antworten?“, erkundigte sich Link nach einer Weile. „Das Orakel irrt sich niemals.“ „Aber wie kann es sich sicher sein, dass die Antworten richtig sind? Woher erhält es die Informationen?“ „Aus dem Inneren des Fragenden. Wenn du deine Frage stellst, dann denkst du automatisch an sie und an all die Faktoren, die mit dieser Frage zusammenhängen. Das Orakel sieht diese und gibt dir durch Schlussfolgerungen die korrekte Antwort.“ Link hatte keine Ahnung, wie das vor sich gehen konnte, aber er dachte auch nicht weiter darüber nach. In Gedanken beschäftigte er sich mit Katana und Navi und daran, dass ihn nur noch eine Prüfung vom Orakel trennte. Und dieser Gedanke gab den Ausschlag. Er stand auf, zog sich die Tunika zurecht und sagte: „Ich glaube, ich werde jetzt gehen.“ „Tatsächlich?“ Der Mann zog die Augenbrauen hoch. „Weißt du denn bereits, ob ich in allen Punkten die Wahrheit gesagt habe? Du musst hundertprozentig sicher sein, das hast du hoffentlich nicht vergessen.“ Nein, das hatte Link nicht. Sein Inneres sagte ihm, dass er die Antwort bereits kannte und dass es Zeitverschwendung wäre, noch länger hier zu verweilen. Angestrengt dachte er nach. Gab es einen Punkt, bei dem er sich hundertprozentig sicher sein konnte, dass dieser gelogen war? Der Hylianer ließ die Unterhaltung in seinem Kopf Revue passieren, aber er konnte nichts finden. Vieles, was ihm nicht bekannt war, konnte gelogen sein. Doch das konnte er nicht feststellen. In seinem Kopf wirbelte alles umher. Er hatte sich gesetzt und dann? Was war das erste gewesen, über das sie gesprochen hatten? Halt, er ließ ein ganzes Stück aus. Das Gespräch hatte schon viel früher angefangen, nämlich in dem Moment, als er durch die Tür schritt. Er fühlte, dass dort die Antwort lag, aber er konnte sie nicht erfassen. Was hatte der Mann gesagt? Und dann fiel es ihm ein. Genau, an diesem Punkt hatte der Mann mit absoluter Sicherheit gelogen. Link erinnerte sich, dass Katana ihm erzählt hatte, dass das Orakel dafür berühmt sei, dass eine Aufgabe immer nur ein einziges Mal gestellt wurde. Das widersprach aber der Aussage des alten Mannes, dass in dem Raum mit den Bechern bereits viele Prüflinge durch ihre Unentschlossenheit den Tod gefunden hatten. „Du hast mindestens einmal gelogen. Ich wähle die rote Tür“, sagte Link und blickte sein Gegenüber an. „Und da bist du dir absolut sicher?“ Link nickte. Rasch ging er zu dem Eingang, den er ausgewählt hatte. Aus seiner Hosentasche zog er den Schlüssel hervor und steckte ihn ins Schloss. Er passte und ließ sich drehen. „Eines noch“, sagte der Mann und Link drehte den Kopf zu ihm. „Sobald du diesen Raum verlassen hast, betrete ihn nicht wieder. Egal, was auch passiert, setze keinen Fuß mehr in dieses Zimmer.“ „In Ordnung“, antwortete Link, obwohl er nicht wusste, wovon der Mann sprach. Der Teenager zog die Tür auf und trat über die Schwelle. Im selben Moment hörte er ein Krachen und ein fürchterliches Fauchen neben sich. Erschrocken fuhr er herum und sah, wie die blaue Tür offen stand und ein fürchterlich aussehendes Raubtier auf sechs Pfoten auf den alten Mann im Stuhl zupreschte. Das Tier war ein einziges Fellbündel. Nicht einmal sein Gesicht war durch das Fell zu sehen. Der Alte riss die Arme vors Gesicht und schrie. Das Wesen riß das Maul auf und Link erblickte zwei Reihen spitzer Zähne, die in den Arm des Mannes eindrangen und ihm das Fleisch von den Knochen rissen. Immer wieder schnappte das Untier zu und zerfleischte dem Alten das Gesicht. Knochen brachen unter dem Druck der Kiefer, Blut spritzte durch den Raum und die markerschütternden Schreie waren kaum zu ertragen. Link war nahe daran, zurück in den Raum zu stürzen und dem armen Kerl zu helfen, aber er erinnerte sich an dessen Warnung. Schaudernd wandte er sich ab und schloss die Tür. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)