Missing you von LadyAllan (Tendershipping) ================================================================================ Kapitel 1: Mit dem Bus zu Oma ----------------------------- Nun saß ich wieder hier, weinend auf dem Bordstein und wartete auf den nächsten Bus, der mich von der Schule nach Hause bringen sollte. Ich war ganz allein, alle anderen Schüler waren schon fort, zum Glück. Wieder wartete ich, wie jeden Tag auf einen der späteren Busse. So war ich meinen Mitschülern nicht schutzlos ausgeliefert. Mit ihnen in einem Klassenraum zu sein war schon unerträglich. Immer die gehässigen Blicke in meinem Rücken spürend, das Getuschel und anschließende Gekicher hörend wartete ich auf den Abend, wenn die Schule endlich zu Ende war. Heute war es mir noch relativ gut ergangen. Ich hatte mich nur in einen Kaugummi gesetzt, den ein netter Mitschüler auf meinen Sitz geklebt hatte und auf dem Schulhof wurde mir ein Bein gestellt, so dass ich hinfiel und mir die Handflächen aufgeschürft hatte. Ich war noch gut davongekommen, was sind schon die paar Kratzer. Meine Handflächen brannten wie Feuer und die salzigen Tränen, die darauf tropften verschlimmerten es nur noch, so dass ich davon absah mir mit den Händen die Tränen fort zu wischen. Unglücklich blickte ich auf meinen Milleniumsring hinab, der um meinen Hals baumelte. In Gedanken erzählte ich Bakura alles, was sie mir antaten, wie sehr sie mich mit ihren Worten und Taten verletzten. Aber nie kam eine Antwort aus dem Ring, er war seelenlos, nicht mehr wert als das Metall, aus dem er geformt war. Unweigerlich musste ich aufschluchzen. Wie konntest du mir das antun, wie konntest du mich in dieser Welt nur alleine lassen. Du wusstest doch genau, dass ich zu schwach bin um ohne dich zu sein. Ich verschränkte die Arme über den Knien und verbarg mein Gesicht in dem weichen Stoff meiner Schuluniform. Alles, was ich wollte war einfach nur nach Hause, nicht die kalte leere Wohnung, die ich hier bewohnte, nein viel mehr meinte ich damit mein zu Hause in Domino, wo meine Freunde waren. Sie hätten mich beschützt. Wie konnte ich nur so dumm sein und das alles aufgeben. „Warum weinst du Onkel? Hast du dir weh getan?“ Eine niedliche kleine Stimme drang an mein Ohr. Es dauerte eine Weile, bis ich realisierte was los war. Eine kleine Hand streichelte tröstend über meinen Rücken und diese süße Kinderstimme sprach erneut zu mir. „Wenn du dir weh getan hast, dann musst du zu meinem Papa gehen, der ist Arzt und macht das wieder heile…“ Nun wollte ich mir doch den Quell dieser lieben, naiven Worte ansehen. Ich schluckte kurz den Tränenkloss, der sich in meinem Hals angesammelt hatte, herunter und wandte den Kopf zu dem Kind, das so rührend versuchte mir Trost zu spenden. Ungläubig blickte ich in zwei große glänzende Kinderaugen, ein liebliches lächeln in dem süßen runden Gesicht, dass auffälligste waren allerdings die silberweißen Haare des Jungen. Ich musste erneut schlucken. Neben mir stand eine perfekte Kopie von Meiner selbst, nur gute 15 Jahre jünger. Verwirrt strich ich dem Kleinen durch die leicht zerzauste weiße Mähne, fuhr die Konturen seines weichgeschnittenen Gesichtchens ab und starrte in die funkelnden braunen Augen. „B-bakura?“ Fragte ich ungläubig. Konnte das sein, war mein Yami in dieser Gestalt zu mir zurück gekehrt. Aber er sah so unschuldig, so niedlich aus. Der Ausdruck in seinem Gesicht glich ehr dem meinen und nicht dem ernsten harten meines Ringgeistes. Lächelnd legte mein kleines Ebenbild den Kopf schief und musterte mich genauer. „Du bist komisch.“ „Schau mal in den Spiegel Zwerg!“ Freundlich tippte ich ihn mit dem Zeigefinger auf sein Stupsnäschen, was ihn nur noch mehr zum lächeln brachte. „Ich bin Ryou und wie heißt du?“ „Ich bin Ray und auf dem Weg zu meiner Oma.“ Der Kleine war einfach zu niedlich. „Wo ist denn deine Mama, du fährst doch bestimmt nicht ganz alleine mit dem Bus zu deiner Oma oder?“ Ich blickte mich suchend um, irgendwo musste doch jemand sein, der auf den kleinen Ray aufpasste. „Doch, mein Papa wollte mich eigentlich von der Kita abholen und zu meiner Oma bringen, aber er hat immer ganz arg viel zu tun, darum ist er nicht gekommen…“ Traurig blickte der Junge zu Boden. „Mein Papa kümmert sich auch nie um mich…“ Ich seufzte und starrte vor mich hin, in fünf Minuten sollte der nächste Bus eigentlich kommen. „Mein Papa kümmert sich um mich, er ist ganz lieb und macht immer ganz tolle Sachen mit mir. Aber er hat nur wenig Zeit, weil er so viel arbeiten muss.“ „Und darum schickt er einen kleinen Jungen alleine los um mit dem Bus zu seiner Oma zu fahren und das um sechs Uhr Abends?“ Was war denn das für ein verantwortungsloses Stück von einem Vater? Der Kleine war wenn es hoch kam gerade mal fünf Jahre alt. Was wenn er sich auf dem Weg zu seiner Oma verirrte, was wenn er in den falschen Bus stieg? „Papa hat mich nicht geschickt, ich bin ganz allein hierher gelaufen. Papa hat gesagt ich soll warten bis er kommt, aber ich hab sooooooo lang gewartet und dann hatte ich keine Lust mehr.“ Entsetzt sah ich ihn an, das durfte doch nicht wahr sein. Dieses Gör war einfach abgehauen, sein Vater machte sich bestimmt schon unglaubliche Sorgen. „Wo ist denn die Kita, bei der dich dein Papa abholen wollte?“ Ray legte nachdenklich den Kopf etwas schief und sah mich einfach nur an. „Weiß nicht?“ „Würdest du dahin zurück finden?“ Nur ein Kopfschütteln als Antwort. Na toll und was nun? Ich saß hier mit einem kleinen Kind an der Bushaltestelle und hatte keine Ahnung, wie ich es zu seinen Eltern zurück bringen konnte. Und wenn ich den kleinen Bakuraverschnitt einfach behielt? Er war einfach zu niedlich und am liebsten hätte ich ihn mir einfach geschnappt und durchgeknuddelt. Aber seine Eltern vermissten ihn bestimmt, behalten war also wohl doch nicht drin. „Wo wohnt denn deine Oma?“ Fragte ich hoffnungsvoll, vielleicht konnte ich ihn ja da absetzen. Alleine wollte ich den Süßen Fratz auf keinen Fall durch die Gegend rennen lassen. „Rosenstraße 8?“ Gespannt sah er mich an. Normalerweise hätte ich mit dem Namen einer Straße und einer Hausnummer rein gar nichts anfangen können, zumal ich neu in der Stadt war und mich so gut wie überhaupt nicht auskannte. Aber langsam schien mir das Glück wieder hold zu sein, denn die Rosenstraße 8 war mir gut bekannt. Wie könnte es auch anders sein, schließlich war das die Adresse des Wohnblockes, in dem sich meine neue Bude befand. Erleichtert nahm ich Ray bei der Hand und stand auf, da der Bus gerade vorfuhr. „Soll ich dich zu deiner Oma bringen, Ray-chan?“ Ein fröhliches Lachen war mir Antwort genug und ich zog den Jungen mit mir in den Bus. Wenig später standen wir dann auch vor den unzähligen Klingelknöpfen und ich rätselte, hinter welchem Namen sich wohl eine alte Dame verbergen konnte, die schon sehnsüchtig auf ihr Enkelchen wartete. „Wie heißt denn deine Oma, Ray-chan?“ „Oma Sayuri.“ Oh toll, dass war ja sehr hilfreich, aber was hatte ich von einem kleinen Kind auch anderes zu erwarten. So entschloss ich mich schließlich dazu alle Knöpfe durchzuprobieren, bis ich ‚Oma Sayuri‘ gefunden hatte. Hoffentlich hat Ray mir wenigstens die richtige Adresse gesagt, sonst zeigt mich seine Mutter noch wegen Kindesentführung an… Nach gefühlten 325.000 Klingelknöpfen hatte ich es auch endlich geschafft. Mir viel ein riesen Felsbrocken vom Herzen, als sich endlich eine Frau meldete, die Sayuri hieß und tatsächlich einen weißhaarigen Enkelsohn namens Ray hatte. Meine Überraschung war nicht gering, als eine für eine Oma relativ junge Frau vor ihre Wohnungstür trat und Ray überglücklich in die Arme schloss. Ihre dunkelbraunen Haare hatten zwar schon einige weiße Strähnen doch war ihr fein geschnittenes Gesicht so gut wie Faltenfrei. Sie war wohl kaum älter als 50. „Oma, das ist Ryou, er hat mich her gebracht.“ Ihre klaren blauen Augen sahen mich dankbar an. „Vielen Dank, junger Mann, wir haben uns schon solche Sorgen um Ray gemacht. Mein Schwiegersohn ist außer sich, weil er ihn nirgends finden kann…aber jetzt ist ja alles gut.“ Sie erhob sich mit dem Jungen auf dem Arm und machte eine einladende Geste Richtung Haustür. „Kommen sie doch bitte rein. Für ihre Mühe möchte ich ihnen wenigstens einen Kaffee und ein Stück Kuchen anbieten. Mehr habe ich gerade leider nicht da…“ Es schien ihr beinahe etwas peinlich zu sein. Normalerweise war es mir unangenehm einfach bei fremden Leuten in die Wohnung zu platzen und mich obendrein noch bedienen zu lassen, aber ich war schon so lange nicht mehr unter Leuten, unter netten Leuten wohlgemerkt, so dass ich mich doch hinreißen lies. Außerdem wollte ich noch ein bisschen länger bei dem kleinen Ray sein. Wer weiß, vielleicht brachte ich die Oma ja soweit, dass er mich hin und wieder besuchen durfte. „Nehmen sie einfach irgendwo Platz, am besten auf dem Sofa, ich komme gleich. Oh könnten sie bitte kurz auf Ray aufpassen, damit ich meinen Schwiegersohn anrufen kann. Er ist schon ganz krank vor Sorge.“ Ich nahm ihr den Jungen ab und setzte mich mit ihm auf das große braune Sofa im Wohnzimmer. Es war unglaublich gemütlich in der kleinen Wohnung und diese Caoch war der absolute Hammer, hier könnte ich für den Rest meines Lebens sitzen. Am besten mit Ray auf dem Schoß. „Ähm, sie können mich ruhig Ryou nennen, das ist mir viel angenehmer.“ „Ok, Sayuri, sehr angenehm. Aber jetzt muss ich wirklich telefonieren.“ Damit verschwand sie dann auch ins Nebenzimmer und ließ mich mit dem Kleinen allein zurück. Glücklich betrachtete ich Ray’s niedliches Gesicht und zog ihn noch näher an mich. Er war mittlerweile eingeschlafen, aber dadurch nicht minder niedlich, ganz im Gegenteil. Von dem Jungen ging eine angenehme Wärme aus, je länger ich ihn ansah, desto wohler wurde mir ums Herz. Es war das erste Mal seit langen, dass ich mich nicht von Gott und der Welt verlassen fühlte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)