The heartless von abgemeldet (Juri x Shiori Oneshot) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Was zeichnest du da?“ Juri beugte sich über den Zeichenblock ihrer Freundin, neugierig und wissbegierig wie sie als Kind schon immer gewesen war. Das Mädchen, das gerade die Stifte beiseite gelegt hatte, starrte ihr Gegenüber etwas verängstigt aus amethystfarbenen Augen an, als hätte man sie gerade bei einer schlimmen Tat erwischt, presste den Block an ihre Brust. „Nichts… nichts besonderes, Juri…“, stammelte sie, als smaragdgrüne Augen sie fragend fixierten, das herzliche Lächeln nicht lange ertragend. „Ach komm, sei doch nicht so, Shiori!“ Juris Ton war beschwichtigend, gleichzeitig jedoch versuchte sie sich dem scheuen Mädchen etwas anzunähern, um ihr die Angst zu nehmen. Beide kannten sich nicht sonderlich lange, und Juris erster Eindruck der Mitschülerin war simpel gesagt der eines scheuen Rehs – was wohl nicht nur am Ausdruck der tiefen, dunklen Augen liegen konnte, viel mehr war es die Art und Weise, wie sich das Mädchen zurückzog vor allen anderen, wirkte wie von aller Welt verlassen. „Es… es ist noch nicht fertig… außerdem ist es nicht gut…“, murmelte Shiori, während sie ihren Kopf sinken ließ, auberginefarbenes, kurzes Haar hing ihr ins Gesicht und versperrte ihr auf diese Art und Weise die Sicht. Juri jedoch ließ sich damit nicht abspeisen. Sie setzte sich demonstrativ neben das Mädchen und lächelte sanft, während sie ihre Fingerspitzen durch das dunkle Haar wandern ließ. „Blödsinn!“, blaffte sie, warf ihren Kopf in den Nacken, auf dass die rotblonden, zum Pferdeschwanz gebundenen Locken nur so flogen. „Ich habe schon ein paar Bilder von dir gesehen in der Pause. Die sind gut!“, fuhr sie beschwichtigend fort, erntete dafür nur ein Schweigen, einen traurig anmutenden Blick, als wollte sie nicht verstanden werden, schon gar nicht ermuntert. „… Bist du immer so?“, murmelte Shiori plötzlich nach einer Weile, während sie Juri den Rücken gekehrt hatte, zuvor noch in die Stille getaucht war, die nur durch das Kratzen von Stiften auf Papier gestört wurde. Juri blickte erstaunt auf, als sie damit beschäftigt war ein Gänseblümchen zu pflücken und genauestens zu betrachten, sich an der Schönheit simplen… Unkrauts erfreuend, wie es vielleicht ihre Mutter bezeichnet hätte. „Was meinst du damit?“ Der Ton des wesentlich agileren Mädchens wurde fragend, während sie ihren Kopf in die Richtung des schüchternen Gegenbildes wandte. „Nun ja… so halt.“, gab Shiori mehr oder minder resignierend von sich, während sie einen grünen Farbstift hervorzog und die Farbe großzügig auf dem Blatt verteilte. „Ja… wie ‚so halt’? Ich weiß nicht, was du damit meinst…“ „Wie soll ich das erklären?“ – „Versuchs einfach!“ Shiori jedoch schwieg wieder, widmete sich dem Bild, während Kinder aus der höheren Stufe über das Gelände des Ohtori-Campus rannten und lachten. Kurz zuckte das Mädchen zusammen, als würde das Gelächter alleine ihr gelten. Juri nahm durchaus Notiz vom Verhalten ihres Gegenübers, zog es jedoch vor zu schweigen. Irgendwie faszinierte sie dieses scheue Wesen, das so unantastbar schien, verlassen und auf sich selbst gestellt. „Nun?“ „Was… nun?“ Shioris Stimme klang ein wenig verschreckt, als sie aus ihrer kleinen Welt gerissen wurde. „Wie bin ich denn für dich?“ Mit großen Augen fixierte das Mädchen Juri, die nun etwas näher gerückt war und ihr ein herzliches, aber vor allem ehrliches und gut gemeintes Lächeln zeigte. Mittlerweile waren aus einem Gänseblümchen mehrere geworden, verbunden zu einer Kette. Leicht errötend, sich eine freundliche Regung unterdrückend, duckte sich die schüchterne Schülerin noch mehr. „Hübsch… aber laut.“, entgegnete Shiori leise. „Das Gegenteil von mir…“ - Eindrücke und Impressionen starben einen langsamen Tod, wie die Kette aus Gänseblümchen, die schon vor langer Zeit verwittert war. Welch Ironie. Dass Juri sich noch an diese Begebenheit erinnern konnte, grenzte fast schon an ein Wunder. Sie fühlte sich mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, als sie sich gegen den alten, mächtigen Baum am Hügel lehnte, die Arme verschränkte, ihre Augen schloss. Ein Windhauch trieb ein zartes, haschendes Spiel mit ihren rotblonden Locken. Ein leises Seufzen entkam ihren Lippen, als sie sich umblickte, die Umgebung observierte wie ein Raubtier, ehe sie sich am Grund niederließ. Wann hatte sie aufgehört, mit Shiori hierher zu kommen? Es war schmerzhaft, daran zu denken, an den letzten Tag, als ihre Freundin bedrückt war. - Auberginefarbenes Haar nahm der Schülerin die Sicht, als sie unruhig mit einem Bleistift gegen den Zeichenblock trommelte. Etwas bedrückte das Mädchen, der Fakt war offensichtlich. Doch… worum es sich gehandelt hatte, blieb Juri bis heute ein Rätsel. Sie vermutete, dass ihre beste Freundin Liebeskummer hatte – eine Tatsache, die sich schon des Öfteren ereignet hatte. Immer wieder endete es damit, dass die rotblonde Schönheit ihre Schulter angeboten hatte, und Shiori hatte sie stets dankbar angenommen. Nur nicht an diesem Tag. Sie schien verwirrt, in Gedanken versunken, um nicht zu sagen, verzweifelt. „Shiori?“ Ihre Stimme war schier lautlos, drang nur mit Mühe an scheinbar taube Ohren. Die Angesprochene hatte durchaus die Botschaft verstanden, doch sie stellte sich stur, ließ den Blick von Zeit zu Zeit schweifen um die Aussicht vom Hügel aus zu „genießen“. Genießen? Gott, wie klang das erbärmlich. „Wo ist Shigeru? Wollte er nicht mitkommen?“, fragte das scheue Mädchen nach einer längeren Pause, amethystfarbene Augen richteten sich auf Juri mit einer Unsicherheit, die der selbstbewussten Schülerin fast das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Er ist in der Fechthalle und trainiert. Du weißt doch… in zwei Wochen sind die Meisterschaften.“ „Ich weiß… und… warum trainierst du nicht?“ Juri wusste, dass diese Frage kommen würde. Mit einer sachten Bewegung strich die eine störende Locke aus dem Gesicht und – was ziemlich unüblich für sie schien – grinste, schier verlegen. „Ich wollte bei dir sein. Ich trainiere doch immer am Morgen und nach der Schule. Die Mittagspause ist für meine beste Freundin reserviert!“ Eine Regung huschte durch das Gesicht ihres Gegenübers. Etwas, das einem Lächeln glich, aber nicht allzu lange anhielt, bevor es wieder der Melancholie wich. Die Gesichtszüge wirkten glatt… fast eisig. „ …Shiori? Ist alles in Ordnung?“ Das Mädchen blickte kaum von ihrem Zeichenblock auf. Wie sehr glich sie doch ihrem Ebenbild von damals, diese scheue Wesen, das niemanden an sich heranlassen wollte. Und dennoch zwang sich die Angesprochene ein Lächeln auf. „Ja. Alles bestens.“, antwortete sie flüsternd und öffnete den Umschlag ihres Blocks. Juri schenkte ihr noch einen sorgvollen Blick, bevor sie sich wieder auf den Himmel über ihr konzentrierte. Wie hätte sie auch nur ahnen können, dass sich die Dinge so schnell… änderten? Sie hätte es wissen sollen. Die Art und Weise, wie sie nach ihren gemeinsamen Freund gefragt hatte, ließ sie insgeheim stutzig werden. - Heute wusste die junge Frau alles besser. Dieser Tag hatte alles grundlegend verändert. Waren sie, Shiori und Shigeru als unzertrennliches Gespann an der Schule bekannt geworden, so wurde Juri schmerzlich bewusst dass alles ein Ende hatte. Dass bei dreien immer einer zuviel war. Und Gott… sie hatte diesen Kampf verloren. 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