Resurrection, damnit! von LeS ================================================================================ Kapitel 17: Feenglanz! ---------------------- Unter anderen Umständen hätte es ihn mehr gewundert, dass er allein im Bett aufwachte. Verwunderlicher fand er nur, dass ihm der Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee in die Nase stieg. Er schlug die Bettdecke zurück und setzte sich auf. Das Nachtkleid hatte rote Streifen auf seiner Haut hinterlassen. Er schob es sich von den Schultern und warf es auf den Boden. Es war nicht nur verschwitzt, es klebten auch genügend Körperflüssigkeiten daran, die definitiv nicht ihm gehörten. Er verzog das Gesicht und beugte sich vor um die oberste Schublade zu öffnen. Nach ein wenig Fummelei im Dunkeln erwischte er die dünnen langen Haarnadeln. Er ließ sich zurück in die Kissen sinken, nahm eine Haarnadel in den Mund und drehte seine langen Haare mit den Händen ein. Als er mit dem Hochsteckwerk zufrieden war streckte er sich. Die Tür schob sich Stück für Stück auf. Seishirou legte die Stirn in Falten. Subaru betrat das Schlafzimmer. Er trug ein Tablett auf den Armen. Seishirous Augenbrauen schossen in die Höhe. Er fand nicht die nötige Verschlagenheit, um Subaru deswegen auszulachen. Er schüttelte einfach nur den Kopf und ließ Subaru das Tablett auf dem Bett abstellen. Zwar war auch Reis dort zu finden, doch in einer Schale befand sich Wasser, in einer anderen Katzenfutter. Seishirou spürte seine Katzenohren wackeln. Er sah zu Subaru auf. Das Lächeln, das ihm entgegenstrahlte, schaffte es gerade noch so, ihn aus der Bahn zu werfen. Langsam gewöhnte er sich wohl daran. Friede, Freude, Eierkuchen. Und hin und wieder etwas zuviel Bitterstoffe. Er ließ sich von Subaru küssen und rutschte zur Seite um ihm Platz zu machen. „Guten Morgen“, sagte Seishirou und konnte die Augen nicht von Subarus überglücklichem Gesicht lassen. Er kaute auf seinen Lippen und wandte sich nur zaghaft mit den Händen dem Essen zu. Die Augen ließ er bei Subaru. Es dauerte nicht lange, bis Subaru dies bemerkte, obwohl er sich verdächtigerweise Zeit ließ um zu reagieren. Seishirou war aber nicht entgangen, dass Subaru kurz zu ihm herüberschielt hatte. Als sich Subaru endlich zu einem Kommentar herabließ, hatte Seishirou schon fast den Entschluss gefasst, doch mit dem Frühstücken anzufangen. „Geht es dir gut?“ Seishirou zog die Schultern hoch und seufzte. „Ich… fühle mich etwas wund, aber das war zu erwarten nach dieser Tortur.“ Subaru errötete. „Das tut mir leid. Obwohl es das wohl nicht sollte“, fügte er leise hinzu. Er goss sich eine Tasse Tee ein. Seishirou blickte unverhohlen das Zuckerstück an, das Subaru aus einem kleinen Gefäß hervorgezaubert hatte. Als Subaru es ihm unter die Nase hielt, zuckte er reflexartig ein Stück zurück. Er sah zu dem Zuckerstück und wieder zu Subaru zurück. Schließlich senkte er den Blick und neigte den Kopf um an dem Zucker zu lecken. Er erwischte dabei, nicht völlig mit Absicht, auch Subarus Fingerspitze. Subarus Schaudern durchzuckte auch seinen Körper bis in die Schwanzspitze. Er schleckte den Zuckerwürfel auf und ließ ihn auf der Zunge zergehen. Als er wieder aufsah, war Subarus Gesicht erstaunlich gelassen. Nur seine Ohren verrieten, dass er entweder peinlich berührt, oder leicht erregt war. Seishirou schmunzelte und schluckte die Überreste der Zuckerkristalle herunter. Letztendlich war nicht wichtig, ob es nun das eine, das andere, oder gar beides war, dass Subaru erröten ließ. Es war immer nett, ihm dabei zuzusehen und die Gelegenheit dazu hatte er immer seltener. „Was hat er gestern noch zu dir gesagt?“ „Das hast du noch mitgekriegt?“ Subaru nippte an seinem Tee. Seishirou nickte und schnappte sich noch ein Stück Zucker. Er schob die Lippe vor, als Subaru den Deckel wieder auf das Gefäß legte. Gut, würde er sich eben mit dem Futter begnügen. Er knirschte mit den Zähnen und hob die Schale an den Mund. „Ist es wieder etwas, das du mir nicht mitteilen wirst? Ja, wahrscheinlich.“ „Er hat sich nur gewundert, dass ich… wir nicht verhüten.“ „Verhüten“, sagte Seishirou. „Wegen… er hat sich gefragt, ob du nicht schon längst“, Subaru stockte, „schwanger bist.“ Seishirou stellte die Schale wieder zurück aufs Tablett. „Schwanger.“ „Hör doch bitte auf zu wiederholen, was ich sage!“ Subaru legte die Essstäbchen beiseite, die er gerade auseinander gebrochen hatte. Seishirou schnaubte. „Ich bin ein Katzengeist.“ „Ja, aber ein Katzenmädchen und dein Körper scheint voll funktionstüchtig zu sein.“ „Das mag ja so sein, aber wir gehören nicht der gleichen – Spezies ist das falsche Wort… spirituellen Ebene an.“ Er schüttelte den Kopf. „Lass dich von ihm nicht aufziehen.“ „Das heißt, du kannst nicht schwanger werden?“ „Ja.“ Er hatte von Anfang an keinen großen Hunger gehabt, aber wenn er jetzt die Schale mit Futter ansah, wurde ihm regelrecht schlecht. Er hatte keine Ahnung, ob das im Bereich des Möglichen lag. Nur, dass wenn dies der Fall war, er in großen Schwierigkeiten wäre. Die, die sich bis jetzt angesammelt hatten, reichten ihm eigentlich voll und ganz. Er biss sich auf die Unterlippe. „Seishirou!“ „Danke für das Frühstück am Bett.“ „Du hast noch gar nichts angerührt.“ „Lass uns jetzt nicht mehr darüber reden. Erzähl mir lieber, ob du was in Sachen Angreifer herausgefunden hast.“ „Du weißt es nicht.“ „Nein, natürlich nicht. Du sagst mir ja nichts.“ „Was? Nein. Das meine ich nicht!“ Subaru packte ihn am Oberarm. „Ob du schwanger werden kannst. Du bist dir nicht sicher.“ Er versuchte ihn abzuschütteln, aber Subaru zog ihn nur näher heran. „Du verhältst dich schon seit ich das Ritual durchgeführt habe wie eine rollige Katze.“ Seishirou blinzelte ihn an. „Wie bitte.“ „Du bist auf mich zugekommen!“ „Beruhig dich wieder.“ Er fuhr die Krallen aus und zog tiefrote Linien über Subarus Hand. Der zog diese blitzschnell zurück. „Es ist völlig belanglos und es ist nicht möglich. Und jetzt erzähl mir, ob du Neuigkeiten bezüglich der Attacke hast.“ Subaru starrte ihn sekundenlang nur an. Seishirou biss die Zähne zusammen und hielt sich so selbst davon ab, als erster wieder das Wort zu ergreifen. Seine Ausdauer wurde nicht belohnt. Subaru wandte sich ab und nahm die Essstäbchen wieder auf. „Iss“, sagte er. Seishirou atmete tief ein und nickte. „Meinetwegen.“ * Das Frühstück verstrich in eisigem Schweigen. Seishirou hielt sich seinerseits zurück, Subaru seine Hilfe beim Abräumen anzubieten. Als er keine Schritte mehr hörte, rollte er sich aus dem Bett und fischte sich blind eins der Kleider aus den Tüten, die Yuuto mitgebracht hatte. Es war ein mitgrünes, knielanges Kleid. Hinten war ein Loch für einen Katzenschwanz freigelassen. Er fand auch passende Unterwäsche für Katzenmädchen. Cosplayer hatte er während seiner Arbeitszeit viele gesehen. Genug seiner Zielpersonen hatten etwas für kostümierte junge Frauen übrig gehabt. Ironie des Schicksals, dachte er und zog sich das Kleid über den Kopf und einen Slip in der gleichen Farbe über die Beine. Er fühlte sich ein wenig, als wäre er einmal in einen Farbtopf getunkt worden. Als Sakurazukamori war es, gelinde ausgedrückt, nicht weise, sich bunte Kleider auch nur anzusehen. Geschweige denn, sie zu tragen. Er drehte sich einmal im Kreis und ließ den weichen Stoff des Kleids um seine Beine streifen. Es hatte etwas für sich. So mussten sich Singvögel im Käfig fühlen. Schön anzusehen, fähig zu fliegen, aber dennoch letzten Endes eingesperrt und daran war auch nicht zu rütteln. Ohne dass es von Bedeutung gewesen wäre strich er die Falten im Kleid glatt und verließ das Schlafzimmer, ohne die Tür hinter sich zu schließen. Hungrig war er sicherlich noch nicht, aber da es nichts Besseres zu tun gab und Trinken stets gesund war, ging er in die Küche. Ein Glas Wasser war sich schnell eingeschenkt. Solange Subaru nicht da war, machte es keinen Unterschied, woraus er trank. Und wenn er doch da gewesen wäre, hätte Seishirou zu gerne miterlebt, wie Subaru seine neu gewonnene Macht auskostete. Oder es wenigstens versuchte. Streitsüchtig, dachte er. Ja, er war wohl gerade streitsüchtig. Nicht grundlos, wenn er an die viel zu knapp gehaltene Diskussion bezüglich des Angreifers zurückdachte. Und dann noch Subarus völlig verrückte Idee… er seufzte und leckte einen Tropfen vom Glas ab, der dabei war, gen Boden zu rollen. Etwas Buntes blitzte vor seinen Augen auf. Er blinzelte. „Er kann uns sehen!“, flüsterte eine weiche, hohe Stimme. „Meinst du?“, flüsterte eine andere, nicht gar so weiche, aber ebenso hohe Stimme. Die Lichtblitze wurden deutlicher, verschwammen aber gleichzeitig. Seishirou krauste die Stirn und stellte das Glas weg. Er streckte die Hand nach den Lichtquellen aus – eine pink, eine orange. „Er kann uns wieder sehen!“, quietschte das pinke Licht. Die Lichtkegel verformten sich. Umso länger er hinsah, desto mehr zweifelte er seinen gesunden… ja, Katzenverstand? Er zweifelte das bisschen Verstand an, welcher Art auch immer es war. Dünne Flügel, von denen sanft bunter Staub herunterfiel. Flügel, die schnell schlugen, wie die eines Kolibris. Sie trugen winzige Wesen, eindeutig weiblich, schwebend in der Luft. Langsam konnte er Gesichter ausmachen. Sie kamen ihm vage bekannt vor. Er schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück, lief aber prompt in die Küchenzeile. „Sei-chan!“, rief das pinke Licht erneut. „Erkennst du uns etwa nicht mehr?“ „Sollte ich?“ Das orangene Licht hüstelte. „Nach so langer Zeit… wohl eher nicht. Besonders mit diesem verdrehten Körper, den du da jetzt hast. Wie bist du da überhaupt drangekommen?“ „Ja, wie bist du in so eine missliche Lage geraten?“, sagte das pinke Licht. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, ihr seid Feen.“ „Das sind wir ja auch.“ Das orangene Wesen deutete auf sich. Inzwischen waren die Konturen klar erkennbar. Die beiden… Feen waren etwa so groß wie seine Handfläche. Definitiv nicht zu übersehen. Halluzinierte er? Wenn ja, weshalb? „Ich bin Msha“, sagte das pinke Wesen. „Das ist Ersha“, sagte sie und deutete auf das andere. „Ersha und Msha. Sollte zu merken sein.“ Er setzte sich auf den Küchentisch. „Gibt es einen bestimmten Grund für euer Erscheinen, oder darf ich mich jetzt zu den Glückseligen zählen, die ihren Verstand verloren haben?“ „Sei doch nicht doof“, sagte das Wesen, das sich als Msha vorgestellt hatte. „Wir sind immer da. Waren es schon lange, bevor die Sakurazukamori hier ihre Lager aufgeschlagen haben.“ „Du hast uns einst sehen können, als Kind“, warf Ersha ein. Sie runzelte die Stirn und flog dicht an sein Gesicht heran. Seishirou unterdrückte den Drang zurückzuweichen und ließ die Fee seine Lippen berühren. Er zuckte zusammen, ertappt von der unerwarteten Wärme ihrer Hände. „Als Kind.“ „Nur wer reinen Herzens ist, kann uns Feen sehen.“ Einige Fragen schossen ihm durch den Kopf, doch die einzige, die er tatsächlich stellte, war die, die ihn am meisten beschäftigte. „Warum kann ausgerechnet ich euch dann – wieder, wenn ihr die Wahrheit sagt – sehen? Sollte der aktuelle Sakurazukamori nicht viel eher dazu imstande sein?“ „Oh nein“, sagte Msha und schüttelte sich. „Er ganz sicher nicht.“ „Ich kann sehen, dass auch er als Kind einmal dazu in der Lage gewesen wäre, aber heutzutage? Nein, gewiss nicht.“ Die Neuigkeit ließ sich schwer verdauen. Er kaute daran wie an einem zähen Stück Fleisch. Sie hatte eindeutig gesagt als Kind. Aber hätte Subaru dazu nicht auch als Heranwachsender fähig sein müssen? Allerdings hatten die Feen wohl kaum ein menschliches Zeitgefühl inne, daher schob er ihren Kommentar als unwichtig beiseite. Wahrscheinlich hatte sie nur darauf hinauswollen, dass Subaru zu einem früheren Zeitpunkt, der einige Zeit zurück lag, dazu fähig gewesen war. Nicht zwingend nur als Kind. Was viel wichtiger war: Sie hatte seine eigentliche Frage nicht beantwortet. Wieso war er plötzlich wieder in der Lage, Feen zu sehen? Gerade als er nach ihr greifen wollte, flog die Fee ein Stück zur Seite. Sie bleckte die Zähne. Er blinzelte angesichts der erstaunlich scharf wirkenden Spitzen. Es war wohl nicht gescheit, sich mit ihnen anzulegen. Seishirou nickte und öffnete die Hand. Beide Feen nahmen darauf Platz, obwohl sie gemeinsam fast etwas zu groß waren. „Du hast dich sehr verändert, Seishirou“, sagte Ersha und umarmte seinen Daumen. „Nicht nur äußerlich. Wobei das Äußerliche ganz neu ist.“ Msha ergriff das Wort: „Aber das Innere kommt mir bekannter vor als an jedem vergangen Tag zuvor.“ Seishirou seufzte tippte die pinke Fee mit dem Zeigefinger an. „Wieso habt ihr Kontakt zu mir aufgenommen?“ Beide Feen zuckten die Schultern. „Wir haben niemanden zum Reden mehr. Die anderen Feen sind alle gestorben. Eigentlich können wir das ja nicht, aber als der erste Kekkai fiel, fielen auch viele unserer Schwestern.“ Die Feen nickten bedächtig. „Verstehe“, murmelte Seishirou. Die Kekkai waren die Schutzwälle Tokios. Nicht weiter verwunderlich, dass bei der Zerstörung dieser auch die Mythenwelt Japans in Gefahr war und zu genau dieser gehörten die kleinen Leuchtwesen wohl eindeutig. „Und ihr seid die einzigen beiden, die übrig geblieben sind?“ „Ja“, antworteten sie in einem Atemzug. „Deswegen haben wir gewartet… und dich jetzt angesprochen.“ „Msha!“, ermahnte Ersha ihre Gefährtin. „Nicht so schnell.“ „Aber wir haben keine Zeit“, wisperte Msha zurück. „Sei-chan, wir brauchen deine Hilfe!“ „Ich muss eigenhändig dutzende eurer Schwestern getötet haben, als ich die beiden Kekkais zur gleichen Zeit zu Fall brachte. Jetzt wollt ihr meine Hilfe?“ Er schnaubte amüsiert. „Ich glaube kaum.“ „Doch. Du musst mit ihm reden!“ „Mit wem, Subaru?“ Seishirou schüttelte den Kopf. „Er hört nicht auf mich.“ „Eine bessere Chance haben wir nicht“, sagte Ersha. Obwohl ihre Gesichter klein waren, konnte er doch den giftigen Blick erhaschen, den Msha Ersha zuwarf. Er grinste leicht und setzte die Feen auf der Anrichte ab. Dann öffnete er den Kühlschrank und suchte nach etwas Süßem. Es war aber nichts dergleichen zu finden. Er schürzte die Lippen und verließ die Küche. Bevor er mit beiden Beinen im Wohnzimmer stand, hatten ihn die zwei Feen schon eingeholt. Sie schwebten mit verschränkten Armen vor ihm. Ihre Flügel flatterten wild in der Luft, sodass er sogar hörte, wie sie schlugen. Seishirou verdrehte die Augen und machte es sich im Sessel bequem. Die Feen nahmen auf seinen Schenkeln Platz. Er schlug mit dem Schwanz nach ihnen, aber sie ließen sich nicht vertreiben. „Gut“, sagte er. „Wie meint ihr soll ich Subaru davon überzeugen können, euch zu schützen? Wenn ihr tatsächlich die letzten in Japan sein solltet, ist es doch ohnehin nicht nötig, oder?“ Beide Feen atmeten zugleich zischend ein und fassten sich an die Brust. „Ja, ihr lebt ewig, aber ohne die Fähigkeit euch fortzupflanzen… oder ist doch eine von euch beiden männlich?“ Er schmunzelte und fuhr behäbig seine Krallen aus um sie zu inspizieren. Subaru hatte ihm schon vor Tagen eingebläut, sie nicht an der Einrichtung zu schärfen, aber da Subaru ihn behandelte wie ein Haustier, würde er sich auch wie eines verhalten. Mit Katzeninstinkt ausgestattet war er wirklich nicht darauf ausgelegt stets zu gehorchen, auch wenn er Subaru dieses Versprechen mehr oder minder gemacht hatte. Er schob die Krallen unter den harten Stoff der Armlehnen und riss tiefe Schlitze hinein. Zufrieden betrachtete er sein Werk. Er hörte nur, wie die Feen nebenher leise diskutierten. Wenn sie flüsterten, verstand er trotz seines besseren Gehörs kein Wort. Er lehnte den Kopf zurück und wartete geduldig ab, bis die beiden sich geeinigt hatten. Beide Feen nickten sich zu und wandten sich wieder an ihn. Er legte den Kopf schief. „Also?“ „Zunächst möchte ich sagen, dass wir uns sehr wohl fortpflanzen können. Wie du schon erwähntest, wir sind mystische Wesen und bei uns läuft es etwas anders ab als bei gewöhnlichen Menschen“, sagte Msha. Ersha räusperte sich. „Was im Übrigen auch für dich gilt. Es tut uns sehr leid das zu sagen, aber wir sind nicht umhin gekommen euch heute Morgen zu belauschen.“ Er runzelte die Stirn, obwohl er sehr genau wusste, worauf die Fee hinauswollte. Es war kein Thema, das er gewillt war anzuschneiden. Andererseits war das andere Thema, das die beiden im Sinn hatte, auch keines, das er diskutieren wollte. Er entschied sich dafür zunächst zu schweigen und Ersha Gehör zu schenken. Im Nachhinein konnte er ihre Ausführungen immer noch kommentieren. „Ich denke, du bist dir nicht sicher. Hast du ja auch gesagt“, sagte Msha. „Aber du kannst schwanger werden. Ist gar kein Problem.“ Ersha nickte. „Unter Umständen bist du es sogar schon.“ Galle stieg ihm in den Mund. Er schob den bitteren Geschmack auf der Zunge umher ehe er schluckte, in der Hoffnung, dass der Ekel seine Gedanken ablenken würde. Das gelang sogar für den Moment. Aber dann war der Geschmack weg und sein Hirn fing an zu arbeiten. „So wie ihr gleich losgelegt habt“, sagte Msha und kicherte, ohne die Hand vorzuhalten. „Du warst doch lang genug Tierarzt!“ „Ja, war ich. Der Penis meines Partners hat aber nicht die nötigen… Eigenschaften, um die Befruchtung bei einer Katze zu ermöglichen.“ „Du bist aber keine Katze“, warf Ersha ein, „sondern ein Katzengeist – ein Katzenmädchen – halb Mensch, halb Geist, halb Katze. Du bestehst zu großen Teilen aus potenter Magie, was ja auch der Grund dafür ist, dass du sie zwar nicht willentlich einsetzen kannst, sie aber sehr wohl in der Lage ist, dich wenn nötig zu schützen.“ „Nicht besonders gut, aber na ja“, sagte Msha. „Auf alle Fälle, um alle Zweifel auszuräumen, du kannst schwanger werden. Oder wäre trächtig in dem Fall das bessere Wort?“ „Ich denke nicht“, sagte Ersha leise. Seishirou knirschte mit den Zähnen. Er konnte sich weder mit schwanger noch mit trächtig identifizieren. Allerdings glaubte er nicht daran, dass die Feen ihn belügen würden. Soweit er von dieser Art Wesen Bescheid wusste waren Naturgeister dazu nicht in der Lage. Zumindest nicht solche von so niederem Stand, die keine weitere Bedeutung hatten außer da zu sein. Weit unten in der mystischen Nahrungskette und ohne besondere erwähnenswerte Fähigkeiten. Er atmete tief durch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wirst du es Subaru-chan sagen?“ Msha streckte die Arme nach seinen Fingern aus. Er hob die Hand in ihre Richtung und ließ zu, dass sie seinen Zeigefinger umklammerte. „Nein. Er hält genauso Informationen vor mir zurück und da es bisher keine Anzeichen dafür gibt, dass ich tatsächlich“, er stockte, überlegte kurz und beschloss, jegliches Wort wegzulassen, „sehe ich dafür auch keinen Grund.“ „Wie du mir, so ich dir? Ziemlich kindisch.“ „Das muss ich mir nicht von jemandem sagen lassen, der nicht höher ist als meine Elle lang.“ Seishirou warf einen Blick nach draußen, in den schneebedeckten Garten. „Die Kekkais also.“ „Wirst du uns helfen?“ „Ich glaube schon“, sagte er und seufzte. Es gab genauso wenig einen Grund, Subaru von seiner Fruchtbarkeit zu berichten, wie es einen Grund gab, den Feen nicht beizustehen. Auch wenn er keine Idee hatte, wie er dies bewerkstelligen könnte. Wenigstens hätte er nun etwas, mit dem er sich beschäftigen konnte. Daran hatte es ihm ja lange gemangelt. Er konnte zwar immer noch nicht das Anwesen verlassen, aber er hatte nun Gesprächspartner gefunden. Sehr kleine, aber auch er befand sich ja nicht in einem Körper, der besonders ehrfurchtsvoll anzusehen war. Er ließ die Feen an seinem Oberkörper hinaufschweben und auf seinen Schultern, eine links, die andere rechts, niedersinken. „Nehmt es mir aber nicht übel, wenn mein Einfluss auf ihn nicht ausreicht.“ „Oh, das wird er bestimmt!“ Msha drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Ersha seufzte. „Wenn nicht, dann müssen wir uns eben etwas überlegen.“ „Das sollten wir hinkriegen“, sagte Seishirou. Immerhin hatte er früher Menschen beschattet und ermordet. Abgesehen davon hatte Subaru nun etwas, dass ihn wohl eher davon abhalten würde, Kekkais zu zerstören, was zum Untergang der Welt führen würde. Frustrierend an dieser Taktik war nur, dass Seishirou sich dadurch von seinem eigentlichen Ziel distanzieren musste. Wenn er Subaru mit dem Argument kam, dass er diese für sie beide neu erhaltene Chance schützen musste, dann konnte er sich kaum ausmalen, wie eine Reaktion ausfallen würde, wenn Subaru schließlich die Wahrheit erführe. Aber bis dahin war noch Zeit. Hoffte er. Er hatte keine Ahnung, wann der Tag des Versprechens war, wusste nur um dessen Existenz. Er hatte sich auch nicht weiter erkundigt, in der Annahme, dass er zu diesem Zeitpunkt schon tot wäre. Es lief rein gar nichts nach Plan. „Was machen wir denn solange?“ Msha legte den Kopf an seine Wange. Seishirou erhob sich langsam – um den Feen Zeit zu geben, sich darauf vorzubereiten, sodass sie nicht von seinen Schultern fallen würden – und ging auf einen alten Schrank in der Ecke des Zimmers zu. „Spielen Feen Mahjong?“ * Die Steine waren über das ganze Bett verstreut als Subaru zurückkam. Er hob eine Augenbraue und rieb sich die Stirn. Seishirou beachtete ihn nicht weiter. Etwas Unangenehmes zog immer noch eine Spur in seinen Gedanken, die sich unglücklicherweise auf seine Brust ausbreitete. Sein Herz, dachte er und schnaubte. Wie auch immer. „Hör auf zu schummeln“, sagte Seishirou zu Msha, die gerade versucht hatte, einen ihrer Steine zu verstecken, indem sie ihn hinter ihren leuchtenden Körper zu schieben versucht hatte. „Mit wem redest du?“ Subaru war in wenigen Schritten an seiner Seite. Seishirou hob den Kopf und deutete auf die beiden Feen, die ihm gegenüber auf dem Bett saßen. Dann klappte er den Mund wieder zu, ohne etwas gesagt zu haben. Richtig. Er konnte sie ja nicht sehen. Der gekrausten Stirn zu urteilen hatten die Feen in der Hinsicht Recht gehabt. Seishirou zuckte mit den Schultern. Eine blutige Hand schwebte plötzlich direkt vor seinem Gesicht. Seishirou wich zurück. Er schluckte einen Anflug von – er wusste nicht genau was herunter, nur dass er es loswerden musste, bevor er etwas sagte – und räusperte sich leise. „Wasch dir die Hände.“ „Bitte?“ „Die Hände.“ Er blinzelte und fing an, die Spielsteine zusammenzusammeln. Jetzt war keine Zeit mehr zum Spielen. Die bedeutungsschwangeren Blicke, die die Feen ihm zuwarfen waren leicht zu deuten. Er kaute auf seiner Unterlippe während er den Karton näher zu sich heranzog um sich nicht immer strecken zu müssen. Als er alles fertig eingeräumt hatte, stand Subaru immer noch mit blutverschmierten Händen vor dem Bett. Seishirou runzelte die Stirn. „Stimmt etwas nicht?“ „Ja.“ Subaru setzte sich auf die Bettkante. „Hast du… fühlst du dich… bist du in Ordnung?“ Seishirou drückte den Deckel auf den Karton. „Ah. Du meinst wegen meiner imaginären Freunde. Irgendwie muss ich mich ja bei Laune halten, da du mich als Haustier und ich nehme an „Spielzeug“ trifft es ganz gut, hier eingesperrt hältst.“ Er winkte ab. „Mach dir darum keine Sorgen.“ „Wieso bist du vor dem Blut zurückgeschreckt?“ „Was?“ „Du hast mir noch vor kurzem gesagt, dass Blut mir steht. Du hattest keinerlei Problem damit, darin zu baden. Du hast es geradezu genossen.“ Subaru verzog das Gesicht. Er sah kein bisschen niedlich aus, obwohl dennoch etwas in seinem Ausdruck es schaffte, Seishirou zu faszinieren. Subaru streckte die Hand erneut aus. Seishirou sprang auf und räumte den Karton weg. Subaru folgte ihm ins Wohnzimmer. „Seishirou.“ „Ich bin nicht zurückgeschreckt.“ „Du wirktest geradezu panisch.“ Subaru packte ihn an der Hüfte und drehte ihn mit einer Kraft, die Seishirou ihm nicht direkt zugetraut hätte, herum. „Wieso?“ „Ich weiß es nicht. Instinkt.“ Ihm wurde schlecht als er den sich ausbreitenden Fleck auf dem grellbunten Kleid sah. Blut hatte ihn nie gestört, nicht soweit er sich erinnern konnte. Er wand sich aus Subarus Griff, als ob er mit kaltem Wasser überschüttet worden wäre. Es gelang ihm aber nicht, sich zu befreien. „Lass sofort los, Subaru.“ „Nein“, sagte Subaru schlicht und packte auch mit der anderen Hand zu. Seishirou fauchte. „Sofort!“ Zwei Lichtkugeln ließen Subarus verwirrtes Gesicht verschwimmen. Ja. Die Feen. Er hatte sie schon fast wieder vergessen. „Beruhig dich“, sagte Ersha. „Nichts in dieser Flüssigkeit ist ansteckend. Nicht mehr.“ „Wieso sollte mich das interessieren?“ Es war schließlich nicht so, als ob er besonders am Leben hing. Würde er todkrank, es wäre umso einfacher, Subaru um einen schmerzfreien Tod zu bitten. Subaru schüttelte ihn. „Mit wem redest du?“ „Würdest du bitte damit aufhören!“ Er erinnerte sich eine Sekunde später nicht daran, was genau passiert war. Subarus Hemd hatte zwei tiefe Kratzspuren. Blut trat aus zwei ebenso tiefen Wunden in seiner Haut. Seishirou schlang die Arme um sich und sank zu Boden, achtete aber darauf, nicht die blutbefleckten Stellen seines Kleides zu berühren. Subaru schüttelte den Kopf und betastete die Kratzspuren. „Was ist mit dir los, Seishirou?“ Wenn er Schmerzen hatte, dann zeigte er es nicht. Seishirou hatte auch nicht den Nerv, danach zu fragen. Obwohl ihm alles recht gewesen, um von sich selbst abzulenken. Er öffnete den Mund und sah an sich herab. Ihm war, als ob er sich gleich erbrechen müsse. Er schloss die Augen und zählte bis zwanzig. Dann öffnete er sie wieder. Er konnte Subarus Knie sehen und hob den Kopf. „Ich weiß es nicht. Wasch dir jetzt die Hände. Sofort“, fügte er gehetzt an, als Subaru erneut die Hand nach ihm ausstreckte. Als ob sein Herz viel zu heftig kontrahieren würde und verkrampfen würde angesichts der Tatsache, dass die schmutzigen Hände in Kontakt mit seiner Haut kommen könnten. Es hatte ihn niemals geschert. Er wusste, was er tun musste, damit es keine Auswirkungen hatte. Woher kam diese… ja, es war wohl, wie Subaru es genannt hatte: Panik. Seishirou stützte sich auf Subarus Schulter und schob sich vom Boden. Er musste aus diesem Kleid raus. Auf wackligen Beinen ging er ins Badezimmer. Subaru war direkt hinter ihm und obwohl er sicher war, dass es ein leichtes gewesen wäre, ihn zu überholen, tat Subaru es nicht. Möglich, dass er die Befürchtung hatte, Seishirou würde ohnmächtig. Auch wenn es ihm nicht gefiel, er zog die Möglichkeit der Ohnmacht ebenso in Betracht. Endlich erreichten sie das Badezimmer. Seishirou ließ sich auf der Toilette nieder und atmete einige Male tief durch. Direkt neben sich hörte er am Waschbecken das Wasser rauschen. Er zog und zerrte an dem Kleid, war aber aus irgendeinem Grund nicht in der Lage, hinauszuschlüpfen. Er fauchte, frustriert unter anderem auch davon, dass sein Herz heftiger schlug denn je zuvor. „Hier. Meine Hände sind sauber“, sagte Subaru und brachte sie in Seishirous Blickfeld. Seishirou nickte und ließ sich widerstandslos von dem Kleid befreien. Er seufzte tief, als er es los war. Erst dann sah er wieder zu Subaru auf. Subaru war bleicher als sonst, wirkte aber nicht traurig oder traumatisiert. Nur neugierig, wenn Seishirou das Stirnrunzeln richtig deutete. Etwas, das ihm nicht gefiel. Ganz abgesehen von seiner eigenen Lage, die ihm gerade noch weniger gefiel als die letzten Wochen ohnehin schon. Ja. Es waren ja inzwischen schon Wochen. Seishirou zitterte und schlang erneut die Arme um sich. Ganz ohne Bekleidung war es doch relativ kühl. Er ließ sich noch einen Moment von Subaru beobachten, dann wandte sich Subaru um und lief Richtung Tür. Wenige Zeit später kehrte er mit einem Badetuch zurück, soweit Seishirou es aus den Augenwinkeln erkennen konnte. „Lehn dich vor“, sagte Subaru. Seishirou ließ sich in Subarus Arme sinken und akzeptierte, von ihm in das Badetuch eingewickelt zu werden. So konnte er sich schlecht bewegen, aber das störte ihn kaum. Wenigstens war er nicht mehr mit Blut besudelt. Er konnte noch immer nicht begreifen, wieso ihn dies plötzlich aus dem Konzept brachte. Er hatte sein ganzes Leben lang aus verschiedenen Gründen damit zu tun gehabt. Langsam schmiegte er den Kopf in Subarus Halsbeuge und roch an dessen Haar. Der Geruch von Zigaretten und Abgasen hing ihm nach. Seishirou verzog das Gesicht und versuchte Subaru mit einem leichten Stoß in die Rippen dazu zu bringen, ihn wieder loszulassen. Es funktionierte nicht. Weil ja sowieso nie irgendetwas funktionieren wollte in diesem zweiten Leben. Seishirou stöhnte und ließ sich wenig bereitwillig ins Wohnzimmer tragen. Subaru setzte ihn auf dem Sofa ab und verschwand. Seishirou vermutete, dass ihn sein Weg in die Küche führte, was ihm unter den gegebenen Umständen ganz recht war. Er konnte und wollte sich jetzt nicht mit Subarus Sorgen und Mutmaßungen beschäftigen. Davon hatte er selbst genug, die ihn mit Leichtigkeit beschäftigt halten würden – für die nächsten paar Tage, befürchtete er. Aber Ablenkung kam, sobald er Subaru eine Tür öffnen hören konnte. Msha und Ersha landeten auf dem Couchtisch und streckten ihre Köpfe in seine Richtung. Seishirou blickte zunächst durch sie hindurch. Als sie aber begannen ihn zu rufen, wandte er sich ihnen zu, auch wenn es ihm widerstrebte. Er musste seine Gedanken ordnen. Nicht noch durch leuchtende Wesen abgelenkt werden. Msha schwebte vor sein Gesicht. „Das ist nicht gut.“ Ersha folgte ihr. „Du wirst es bald merken und er noch eher, fürchte ich.“ Sie setzte sich auf seine Knie, die er an den Körper herangezogen hatte. „Was soll er bald merken? Dass ich scheinbar neuerdings allergisch auf Blut bin? Ich glaube, das hat er schon erkannt.“ Er versuchte zu lächeln, wurde aber von einem erneuten Zittern überrascht und zog das Badetuch enger um sich. „Du weißt, dass ich das nicht meine.“ „Was meinst du denn dann?“ „Ich frage dich zum letzten Mal, mit wem redest du?“ Subaru setzte mit unnötigem Nachdruck ein beladenes Tablett auf dem Tisch ab. Seishirou zuckte zusammen. „Was?“ „Rede mit mir und stell nicht ständig Gegenfragen.“ Subarus Wangen erröteten. „Wieso bist du erschrocken?“ Seishirous Blicke wanderten zu dem Tablett. Subaru hatte Tee gekocht und eine ganze Schale voller Zuckerwürfel bereitgestellt, ohne Deckel. Seishirou wandte sich mit einiger Mühe ab, als Subaru die Hand an seinen Oberarm legte und sanft rieb. „Was stimmt hier nicht? Ist das ein Trick?“ „Nein“, sagte Seishirou und konzentrierte sich wieder auf die Zuckerwürfel. Er hörte Subaru seufzen, dann streckte dieser den Arm und holte die Zuckerdose. Seishirou nahm die zwei Zuckerstücke, die ihm Subaru auf einmal in den Mund schob, mit einem schmalen Lächeln an. Sein Kopf fühlte sich schlagartig klarer an. Vielleicht war er wirklich nur unterzuckert gewesen. Das war keine gute Erklärung für seine Reaktion, aber es war eine, und das reichte ihm persönlich gerade vollkommen. Er wollte es nicht im Beisein Subarus ergründen. Wie auch immer das Ergebnis ausfiel, er wollte es lieber in der Hinterhand haben, um Subaru damit unter Umständen zu beeinflussen. Dafür gab es nun ja noch einen weiteren Grund. Seishirou blickte zu den Feen, die sich in die Teetassen gesetzt hatten. Er schüttelte den Kopf und befeuchtete sich die Lippen. Irgendetwas musste er wohl sagen. Dass er völlig verstört war würde ihm Subaru nicht abkaufen. Dazu hatte er inzwischen zuviel Erfahrung. „Ich gebe zu, dass ich überreagiert habe.“ „Überreagiert“, sagte Subaru. Er legte beide Hände an Seishirous Wangen. „Überreagiert, wirklich?“ „Ich kann dir nichts weiter sagen. Möglich, dass es an diesem Körper liegt.“ „Das ergibt keinen Sinn.“ Subaru seufzte. „Wie hast du dich denn… gefühlt?“ Die Grimasse, die Subaru schnitt, gefiel Seishirou ebenso wenig wie der Inhalt des Gesagten. Trotzdem, zu lügen würde ich nicht weiterbringen und er fühlte sich auch nicht imstande, etwas zu erfinden oder Subaru irgendetwas vorzuspielen. Ihm war noch immer kalt. Er holte tief Luft. „Nun, Übelkeit, Herzrasen, Zittern“, sagte er und dachte noch, dass es sich wie eine Grippe anhörte, wenn er es so herunterrasselte. „Eine Panikattacke“, sagte Subaru und lehnte sich zurück. „Das…“ „Nein.“ „Doch.“ Alles in ihm sträubte sich dagegen. Doch es war schlüssiger, als seine eigene Grippediagnose, wenn man davon absah, dass es keinen Anlass für eine solche Attacke gegeben hatte. „Blut ist für mich wie eine zweite Haut.“ „Ich hatte hin und wieder mit Menschen zu tun, und auch Geistern, bei denen erst viele Jahre später eine posttraumatische Störung aufgetreten ist.“ Seishirou lachte. Subaru meinte es ernst. „Darf ich in deinen Geist eindringen?“ Seishirou presste die Lippen zusammen und schluckte die nunmehr flüssigen Zuckerwürfel herunter. „Beschränken wir es beim Eindringen aufs Körperliche.“ „Seishirou, ich bitte dich. Ich muss es wissen.“ „Du weißt alles, was du wissen musst.“ „Das glaube ich nicht. Selbst wenn, es ist nicht alles, was ich wissen will.“ Subaru zog ihn dicht an sich heran. „Ich kann es auch tun, wenn du es nicht willst.“ Seishirou grinste. „Du wirst nur zu Schaden kommen. Das wäre wirklich schade.“ „Das ist meine Entscheidung, nicht deine.“ „Dann frag mich nicht und triff sie.“ Für einen Moment starrte er nur in Subarus Augen. Alle Muskeln in seinem Körper verkrampften sich. Er bereitete sich darauf vor, dass Subaru seinen Geist in Kürze angreifen würde. Er tat es nicht. Subaru beugte sich vor und küsste ihn sanft auf die Lippen. Seishirou schloss die Augen, mehr aus Gewohnheit als aus einem Gefühl heraus – er biss sich auf die Zunge, Subaru machte „sch“ – und ließ sich in die Umarmung sinken. Dicht an Subarus Körper konnte er sich aufwärmen. „Ich werde es nicht tun, bevor du mir nicht die Erlaubnis dazu gibst. Sollte es allerdings noch einmal passieren und du verfällst in einen schlimmeren Zustand als dieses Mal, dann werde ich mich wohl oder übel dazu überwinden müssen, es ohne dein Einverständnis zu tun.“ Subaru packte ein Bündel Haare in seinem Nacken. „Ja, Seishirou?“ „Ja“, fauchte er zurück. Als Subaru ihn losließ, flüchtete eine Hand sofort in seinen Nacken und die mit Sicherheit gerötete Stelle zu massieren. Lange Haare fügte er zu seiner Liste unangenehmer Eigenschaften dieses Körpers hinzu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)