Weg zur Hölle - Zum Licht von Drako_Draconis ================================================================================ Prolog: Weg in die Finsternis ----------------------------- „Ist er tot?“, fragte die tiefe Stimme wissbegierig. „Ja, Lord, er ist Beseitigt.“, antwortete eine andere demütig. „Hat er gut gekämpft?“, wollte die Tiefe Stimme wissen. „Wie die Bestie die er war, mein Lord.“, verkündete der andere. „Gut, gut. Habt ihr auch seine Seele gebrochen?“ „Nun Lord, es ist so...“, stotterte der andere. In der Finsternis war nun ein weiteres Geräusch zu hören. Ähnlich einem Meißel der Stein bearbeitete. „Er hatte keine Seele mehr, mein Herr.“, mischte sich eine weibliche Stimme ein. „Und dass kannst du bezeugen, Wurm?“, fragte der Lord seinen Untergebenen. „Jawohl, Herr. Wir haben weder seinen Seelenstein, noch seine freie Seele gefunden.“ Wieder war das Meißeln zu hören. „Hast du mich denn schon wieder ausgetrickst? Aber das wird dir nichts nützen, oder?“, fragte er die weibliche Stimme. „Wir haben seinen Leib in Schatten gehüllt und ihn versiegelt.“, erklärte sie stolz. „Gut. Jetzt müssen wir warten, was er tut.“, sagte der Lord zufrieden. „Du kannst gehen, Krieger.“, befahl er dem anderen, welcher rasch das Feld räumte. „Herr? Darf ich fragen, wie es mit den Vorbereitungen aussieht?“, erkundigte sich die weibliche Stimme. „Oh, sehr Gut meine Liebe. Das Tor ist fast Fertig. Der Letzte Wächter ist tot, seine Seele verschwunden. Jetzt brauchen wir nur noch das Medium.“, erklärte er freudig. „JA, nur noch das lebende Licht. Aber es wird nicht einfach sie zu finden.“ „Meine liebe.“, sagte er, während er sie zu sich zog, „Wir haben alle Ewigkeiten Zeit sie zu finden. Ob nun in einem oder in eintausend Jahren. Zeit ist doch so unwichtig.“ „Wie recht ihr habt, mein Lord.“, schnurrte sie. Dann war es Still. „Ich meine Es ernst! Wenn wir das Licht nicht finden und zerstören, können sie das Tor öffnen.“, hallte die stimme aus dem Licht. „Aber können wir es nicht einfach vor ihm verstecken? Vielleicht sogar hier!“, meldete sich eine Jüngere Stimme. „Du darfst nicht vergessen, dass sie sogar leichter hier her kommen können als dass sie die andere Welt erreichen.“, mischte sich eine dritte Stimme ein. „Dann ziehen wir in den Krieg gegen sie, lasst sie uns zerstören!“, schrie der Junge. „So wie wir es vor Äonen versucht haben? Wir können nicht gewinnen. Sie aber auch nicht, deswegen greifen sie uns nicht an.“, erklärte der Erste. „Dann haben wir keine Wahl.“, meinte der Dritte. „Ja, wir müssen sie auf die Erde schicken, um das Licht zu zerstören.“, beschloss der Erste. „Ja, für das wohl aller!“, schloss sich der Dritte an. „Für unser wohl!“, schloss der Junge. Kapitel 1: Erste Begegnung -------------------------- Fluchend kam er zum Stehen. „Warum müssen diese Dinger immer nur so schnell sein.“, jammerte er und versuchte das brennen in seinen Lungen auszublenden. Die halbe Nacht war er schon hinter diesem Ding her. Er hatte es sogar schon eingeholt, aber dann war es ihm wieder entkommen. Ich kann dir helfen, dass weist du doch, hallte die bekannte Stimme in seinem Kopf. „Ich weis, aber dich kann ich später noch gut gebrauchen.“, antwortete der Junge Mann und griff erneut an seine Hüfte. Der kalte Stahl ruhte dort Sanft in seiner ledernen Hülle. Noch einmal atmete er tief durch und sammelte sich. Dann sah er es. Weiter oben in den Ausläufern der Stadt lagen die Häuser in Dunkelheit, kein Licht, keine Lampe war an. Haben wir ihn Gefunden, fragte die Stimme in seinem Kopf. „Ja, er hat seine Falle vorbereitet, aber mehr als schäbig.“ Wieder begann der Mann zu rennen, der Straße entlang, auf die Dunkelheit zu. - - - - - - - - - - - - - Sheila, ein ganz Normaler, 17 jähriger, Teenager, war gerade mit ihrem Freund auf dem nach Hause weg. Sie waren auf einem Konzert und mit guter Laune auf dem Weg. Der blaue Opel Astra ihres Freundes roch stark nach Zigarettenqualm. „Hör doch endlich auf mit dem Mist.“, sagte Sheila mit besorgter Stimme zu ihrem Freund. „Lass mich doch. Oder wäre es dir lieber wenn ich mir das Gehirn weg saufe, oder ständig nur breit bin?“, sagte er mit einem breiten Grinsen, da er wusste, dass er schon gewonnen hatte. „Nein, aber das bringt dich um!“, versuchte sie sich zu verteidigen. „Irgendwann muss jeder Sterben. Ob ich in ein paar Jahren an Lungenkrebs sterbe, oder mir Morgen frontal einer rein fährt, ist doch egal, oder?“, fragt er neugierig. „Ich will dich doch nur nicht so verlieren. Ich möchte doch noch lange bei dir sein. Ich mach mir doch nur Sorgen, versteh das doch bitte.“, erklang ihr Stimme traurig. Sie gab sich geschlagen und sah zu Boden. „Keine Angst, ich hab keine Lust schon Morgen ins Gras zu beißen.“ Er sah flüchtig zu ihr. Sie sah traurig aus. Muss ich denn immer so einen Mist laber, fragte er sich selbst. „Hat dir das Konzert gefallen?“, fragte er sie spontan. „Ja, klar. Danke, das du mit mir dahin gefahren bist.“ Sie sah ihn mit einem Lächeln an. Diese Konzert war zwar nicht sein Geschmack, aber er hat ihr eine Freude gemacht, dass war alles, was ihm wichtig war. „Ich würde doch alles für dich tun.“ Und das war sein voller Ernst. „Auch jetzt noch in ein Restaurant fahren um eine romantisches Candlelight-Dinner zu halten?“, fragte sie neugierig. Er konnte sich das Lachen einen Moment nicht verkneifen und sie wandte sich beleidigt von ihm ab. „Entschuldige Bitte. Ich mein es doch nicht so.“, sagte er mit freudiger Stimme. „Ok, machen wir. Die nächste Abfahrt geht es raus.“ Wie auf ein Signal erschien das Nächste Straßenschild. „Also Hier geht’s raus.“, murmelte er vor sich hin und lenkte seinen Wagen auf die Rechte Spur, um die Autobahn zu verlassen. Die Stadt war noch durch die Straßenlaternen erhellt. Kaum das sie die Kurve hinter sich gebracht haben, drangen sie in eine dichte Nebenwand ein. Ihr Freund schaltete die Nebelscheinwerfer ein und fuhr, für seine Verhältnisse, sehr langsam. Das Licht der Scheinwerfer wurde vom Nebel geradezu verschlungen und ein ungutes Gefühl machte sich in beiden breit. „Das ist doch normal, oder?“, fragte Sheila besorgt. „Keine Sorge, wir kommen schon heil in der Stadt an.“, meinte ihr Freund optimistisch. Eigentlich ist das gar nicht normal, dachte er, sogar das Licht der Laternen ist verschwunden. Langsam fuhren sie die Straße entlang. Das mulmige Gefühl, was die Beiden beschlich wurde immer stärker. Plötzlich schrie Sheila. Mitten auf der Straße stand jemand. Ihr Freund riss das Lenkrad herum, versuchte auszuweichen und fuhr geradewegs in den Graben. Mit einem Ruck kam das Auto zum Stehen. Wie viel Kraft gewirkt hatte, wollte das Mädchen gar nicht wissen. Es reichte aus, dass ihr die Schulter höllisch weh tat. Dann war wieder alles da. Sie fuhr in ihrem Sitz herum und Blickte durch die Heckscheibe. Was immer auch auf der Straße war, es war verschwunden. „Zum Glück haben wir das überstanden.“, sagte sie und befreite sich aus ihrem Gurt. Doch es kam keine Antwort. Als sie zu ihrem Freund sah schien ihr das Blut in den Adern zu gefrieren. Er hing leblos im Sicherheitsgurt. Jetzt wurde sie panisch. Sie riss an der Tür, bis diese schließlich nachgab und sie nach draußen lies. Das Mädchen stürzte ins Freie und schlug der Länge nach hin. Sie hatte nicht mit der Schräge des Grabens gerechnet. Dann war es zu hören, Gelächter. Es war eine Mischung aus Wahnsinn und Vorfreude. Sie kämpfte sich auf die Beine und um das Auto herum. Wieder riss sie an der Tür um sie auf zu bekommen. Aber schon nach kurzem Kampf gab sie nach. Entsetzt betrachtete sie ihren Freund. Blut war an der Stirn und hatte sich schon seinen weg hinab zu seinem Kinn gebahnt, wo es auf seine Hose tropfte. „Bitte, mach die Augen auf.“, flehte sie, während sie ihn vorsichtig schüttelte, „Komm schon, mach keinen Scheiß! Du kannst mich doch nicht alleine lassen!“ Mit einem leisen knurren stimmte er ihr zu. „Verdammt!“, fluchte er und betastete seinen Kopf, „Was war das denn?“ Er zuckte leicht zusammen, als er die Wunden berührte. „Ich bring diesen verdammten Mechaniker um.“, fluchte er und machte sich langsam an seinem Gurt zu schaffen, „Von wegen, mit der Aufrollvorichtung und der Sperre ist alles in Ordnung.“ Dann hatte auch er es geschafft den Gurt zu bezwingen. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht.“, flüsterte Sheila leise. Langsam und auf seine Freundin gestützt kämpfte er sich aus dem Auto. Dann erklang erneut das Gelächter um sie herum. Es schien aus allen Richtungen zu kommen. „Was ist das?“, fragte er und sah sich um. „Ich glaube, das ist das Ding, was vorhin auf der Straße stand.“, meinte Sheila. Zusammen erklommen sie den Graben. Oben angekommen sahen sie sich ratlos um. Nirgends brannte ein Licht, weder an dem Fast-Food-Lokal mit Drive-In-Schalter, noch in den großen Wohnblocks um sie herum. Auch die Straßenlampen waren ausgeschaltet. „Was zur Hölle ist hier nur los?“ „Wir sollten versuchen in die Stadt zu kommen, vielleicht finden wir dort Hilfe.“, meinte der junge Mann und drehte sich langsam. „Ja, lauft nur, meine Kleinen. Lauft nur, versucht mir zu entkommen.“, kratzte die unbekannte Stimme. Es war ein schreckliches Geräusch. Nun auch setzt sich das Mädchen in Bewegung. In ihr wuchs die Angst. Sie hatte schon viele Horrorfilme gesehen, und auch den einen oder anderen Splatter, aber so was war ihr vollkommen neu. In all den Filmen waren es meist Untote, Zombies, oder irgendetwas was man dauerhaft sah. „Lauft nur lauft, macht es mir nicht zu leicht.“, rief die Stimme hinter ihnen. „Und macht ja nicht zu langsam, ihr könnt es wirklich schaffen zu entkommen.“, verhöhnte sie die Stimme. „Das Ding hat recht.“, meinte ihr Freund und blieb stehen. „Was soll das, los komm!“, schrie sie ihn an. „Lass mich hier, ich halt ihn auf.“, sagte ihr Freund und befreite sich aus ihrem Griff. „Bist du Wahnsinnig! Du weist doch noch nicht mal was es ist!“, brüllte sie ihn an und merkte, wie sich langsam Tränen an die Oberfläche Kämpften. Plötzlich stieß er sie von sich. Völlig perplex fiel sie hin, tat sich aber bis auf ein paar Abschürfungen nicht. Dann sah sie das Ding. Es war Pechschwarz. Aber es war anders Schwarz, sodass es sich vom Hintergrund perfekt abhob. Die Glieder waren lang und dünn und die Augen schienen förmlich Rot zu glühen. Seine Hände endeten in fingergleichen Auswüchsen, jede angespitzt wie eine Kralle. Und da taumelte ihr Freund auf das Ding zu, wollte sie beschützen. „Oh, ist das niedlich! Das hatte ich ja schon lange nicht mehr.“, freute sich das Wesen und seine roten Augen funkelten. „Komm zurück!“ Mehr konnte sie nicht rufen. Tränen schnürten ihr die Kehle zu. Sie konnte nicht aufstehen und laufen, nein, sie wollte einfach nicht. Sie wollte ihn nicht alleine gehen lassen. Dann war er schon bei dem Ding. Sie konnte gar nicht so schnell sehen, wie es ihn am Hals gepackt hatte. Langsam und genüsslich hob es ihn an. Er schlug und trat es, aber ohne Erfolg. „Ist das nicht süß.“, höhnte das Monster weiter, „Sie ihn dir an, wie hilflos und jämmerlich. Und das alles nur, damit du entkommst.“ Es drehte den jungen Mann und betrachtete ihn eingehend. „Und was machst du aus seinem Opfer? Du sitzt da und wartest auf dein Ende.“, stellte es fest. Ja, es hat recht, erkannte Sheila und fragte sich im selben Moment, warum er so etwas dummes getan hat. Ich würde doch alles für dich tun, hallte seine Stimme in ihr wieder. Sie konnte einfach nicht mehr. Sie hielt das alles nicht mehr aus. Tränen rannten über ihre Wangen und ihr Kopf blockierte alles. „Ich will dich doch nicht verlieren“, flüsterte sie und starrte die beiden einfach an. Die Bemühungen ihres Freundes, sich gegen das Monster zu wehren verebbten, bis er nur noch schlaff in dessen Griff hing. „So schnell gibst du schon auf? Und da wolltest du deine Freundin beschützen.“, jammerte das Monster, als hätte man es um seinen Spaß betrogen. Dann lies er ihn einfach fallen, wie ein Stück Müll, und ging langsam auf das Mädchen zu. „Komm Kleine, jetzt wollen wir mal miteinander spielen.“, meinte das Wesen mit einer wahnsinnigen Stimme. Es ist aus. Er ist tot, und ich werde ihm bald folgen. Ob wir dann wieder zusammen sein können? Ein Knall riss sie aus ihren Gedanken. Der darauf folgende Schrei lies ihr das Blut gefrieren. Der Schleier, der ihre Augen bedeckte hatte war verschwunden. Das Monster verlor eine leuchtend grüne Flüssigkeit aus einem Loch in Brustkorb. „Lass deine dreckigen Klauen von ihr!“ Die Stimme erklang hinter ihr. Langsam drehte sie den Kopf. Da stand eine Person mit ausgestrecktem Arm. Ein Mann, von der Stimme her. Aber der Nebelschleier war noch zu Dicht um, mehr zu erkennen. „Wie kannst du Wurm es wagen!“, schrie das Wesen wutentbrannt. „Wie kannst du es wagen, hilflose Menschen anzugreifen und zu verletzen?“, kam die Frage zurück. Dann schrie das Wesen erneut auf, sie Aber konnte den Blick nicht von dem Neuankömmling nehmen. Er bewegte sich nicht und wartete. Plötzlich schoss etwas Schwarzes neben ihr vorbei, auf den Fremden zu. Dann waren ihre Gedanken wieder im Hier und Jetzt. Sie Sprang auf und rannte auf ihren Freund zu. Sie kniete sich neben ihn und erkannte erleichtert, dass er noch atmete. Es war kein Stein der ihr vom Herzen Fiel, eher ein ganzes Felsmassiv. Wieder war ein Schrei zu hören. Sie sah zu den beiden Kämpfenden. Das schwarze Ding stand mit dem Rücken zu ihr, jedenfalls konnte sie seine Augen nicht sehen. Der Fremde stand vielleicht einen Meter daneben. Einen Arm in Richtung des Monsters, den Anderen lief er einfach hängen. Dann sah der Fremde sie an. Kalte blaue Augen sahen sie an. „„Elender Bastard, Schatten, Ausgeburt der Hölle! Hiermit Schicke ich dich dorthin, wo du hingehörst! Schönen Gruß ans Fegefeuer!“, sagte er. Dann löste sich aus dem Ausgestreckten Arm ein Knall und ein kleinen Blitz. Die Szenerie schien still zustehen. Erst nach einigen Sekunden kippte das Monster zur Seite und im nächsten ging der Fremde schon auf die beiden zu. Der Nebel war wie weggeblasen und gab den Blick auf den Fremden frei. Er war komplett in Schwarz gekleidet. Ledermantel, T-Shirt, Hose und Stiefel, die sie von der Bundeswehr zu kennen glaubte. In der Rechten hielt er eine kurze Klinge und in der linken eine Pistole. Mit einem routinierten Handgriff verstaute er die Klinge und die Pistole in seinem Mantel. „Alles Ok, bei dir? Wie geht’s ihm?“, fragte er freundlich. Sie wollte ihm Antworten, stotterte aber nur irgendetwas. „Das nehm ich mal als Ja.“, sagte er und kniete sich neben ihren Freund. Gekonnte fühlte er den Puls an Handgelenk und Hals. Dann holte er ein Mobiltelefon und einen kleinen Anhänger aus der Innentasche seines Mantels. So konnte sie die Pistole erkennen und auch den Griff der Klinge. Schnell hatte er eine Nummer gewählt. „Abend, Krankenwagen bitte zum Ortsausgang Nord, ein Verletzter, Puls normal und flache Atmung.“, dann sah er das Mädchen an, „Und eine Person unter Schock. Monsterkontakt nach Verkehrsunfall, wahrscheinlich durch das Ding. Ja... ja, ich bleib so lange da.“ Als er aufgelegt hatte rollte er das Band, an dem Der Anhänger sich befand aus und hielt es über den Kopf des Bewusstlosen. Der Anhänger gab ein schwaches weißes Glühen von sich. „Abend erst mal, ich bezweifle, dass es ein guter für euch war.“, sagte der Mann mit freundlicher Stimme. „Abend.“, antwortete Sheila wie in Trance. „Deinem Freund geht es rein äußerlich gut, wie es sich aber mit seinem Innenleben verhält kann ich nicht sagen.“ „Was war das eben für ein Monster? Und der Anhänger? Und wer und Was bist du?“, sprudelten die Fragen aus ihr. „Das Ding war ein Schatten, wie du schon erkannt hast ein Monster. Schatten können Lebewesen bei Kontakt infizieren, sodass sie auch zu diesen Finsterlingen werden, was bei deinem Freund zum Glück nicht der Fall ist, hat mir der Anhänger gezeigt. Und ich heiße Nero und bin ein Mensch.“, antwortete er offen. Sie sah ihn verdutzt an. „So hab ich das mit dem „Was“ nicht gemeint. Wie kommt es, dass du gegen das Ding, diesen Schatten, gekämpft hast?“, fragte sie erneut. Ungläubig sah er sie an und fragte: „Sag mal, kommst du aus 'ner Großstadt?“ „Ja.“, antwortete sie verwirrt. „Wenn das so ist: Ich bin ein Monster- und Dämonenjäger. Wir nennen uns einfach kurz „Jäger“. Was du gerade gesehen hast, ist für uns Alltag. In größeren Städten nimmt man uns meist gar nicht war, deswegen die Frage.“, erklärte er ihr. „Wie alt bist du, wenn ich fragen darf. Du siehst noch so jung aus.“, fragte sie und wurde leicht rot. Nero hingegen begann zu lachen. „Das liegt vermutlich daran, dass ich erst Zwanzig bin.“ „Noch so jung? Das ist doch ein gefährlicher Beruf!“, staunte sie. „Kommt drauf an, ob du noch was zu verlieren hast, oder nicht.“, antwortete er ihr und stand auf. Fettnapf... Schnell nahm er seine Pistole zur Hand, wechselte das Magazin und lies sie genauso schnell wieder im Mantel verschwinden. „Kämpfen alle Jäger so?“, fragte sie vorsichtig. „Nein, das kommt immer auf deinen jeweiligen Stil an. Einige lieben das erledigen auf Distanz, andere gehen mit dem Messer auf ihre Feinde los.“, erklärte er nebensächlich. „Sind das normale Messer, oder irgendwas verzaubertes.“ „Ganz schön neugierig.“, sagte er lächelnd, „Meist normaler Stahl, einige lassen sich ihre Waffen in einer Kirche weihen. Ich hab auch mal von einem Jäger gehört, dass er sie vor einer Jagd zu einem Voodoo-Priester bringt, also Schwarze Magie mit ihren Eigenen Waffen schlagen.“ Plötzlich schauderte es Sheila. „Euch scheint aber auch jedes Mittel recht zu sein, oder?“ Er sah sie ungläubig an und versuchte die passenden Worte zu wählen. „Ja und nein.“, antwortete er nach einigen Sekunden, „Wir versuchen unsere Feinde mit allen uns zur Verfügung stehenden Waffen zu erledigen.“ Dann sah er sie wieder aus diesen blauen Augen an. „Aber, wir würden niemals unschuldige in Gefahr bringen, jedenfalls nicht wissentlich.“ Jetzt war sie es die ihn ungläubig ansah. „Hast du etwa gewusst, wo dieses Ding ist?“, fragte sie und merkte wie die Wut in ihr hoch stieg, „Hast du etwa zugelassen, das sie meinem Freund DAS antun?!“ Der Jäger hob abwehrend seine Hände. „Was glaubst du, was ich die ganze Nacht über gemacht habe? Ich bin die ganze Gott verdammte Nacht diesem Dreckvieh hinter her gerannt! Ich hab ein Halbes Dutzend von diesen Fallen betreten, nur um festzustellen, dass das Ding mich verarscht hat!“, fuhr er sie an, „Glaubst du allen ernstes, dass ich dieses Ding nicht schon vorher ausgeschaltet hätte, wenn ich die Möglichkeit dazu gehabt hätte?“ Er hob die Hände und schlug sie auf seinem Kopf zusammen. „Versteh mich nicht Falsch, Mädchen. Was dir und deinem Freund passiert ist, würde ich gerne ungeschehen machen, aber dazu fehlt mir die Macht.“ Sheila sah ihn an und ihr Ausbruch lies sie sich wie ein Kind fühlen. Er hatte sein Leben riskiert. Wie oft, wollte sie gar nicht wissen. „Gehst du jede Nacht auf die Jagd?“ „Jede einzelne Nacht bin ich auf der Straße. Jede Nacht suche ich nach den Finsteren.“, sagte er und sah sie an, „Jede Nacht sterbe ich einen kleinen Tod Und jede Nacht versuche ich Leben zu retten, so viele ich kann.“ Dann war der Krankenwagen zu hören, vielmehr das Horn. Ohne sie noch einmal anzusehen ging er zur nahe gelegenen Kreuzung. Währenddessen hatte sie sich wieder ihrem Freund zugewandt. Er atmete ruhig und der Brustkorb hob und senkte sich sanft. Eine Strähne hatte hatte sich in sein Gesicht verirrt, die sie mit vorsichtigen Handbewegungen an ihren Platz schob. „Sheila?“, flüsterte er leise. „Shhh, nicht reden, du brauchst deine Kraft noch um wieder gesund zu werden.“, mahnte sie ihn mit sanfter Stimme, jedoch äußerst froh, die gehört zu haben. Schon war er wieder eingeschlafen. Als wäre nichts dabei würde er auch noch bis zum Morgen schlafen. Irgendwie beneidete sie ihn, nichts von dem Horror erlebt zu haben. Dann kam der Krankenwagen um die Ecke. Er hielt ein Stück neben den beiden und sofort waren zwei Sanitäter an ihrer Seite, die den jungen Mann untersuchten. Nach einer kurzen Diagnose wurde er auf eine Trage gelegt und vorsichtig in das Heck des Wagens gefahren. Sie würde ebenfalls hinten Mitfahren, erklärte einer der Männer mit den Signalroten Jacken. Bevor der Wagen los fuhr konnte sie noch einen Blick auf den Jäger erhaschen. Er Stand am Straßenrand, die Hände in den Hosentaschen und lächelte Matt. Dann glitten die Türen zu und der Wagen setzt sich in Bewegung. Danke für deine Hilfe, Nero. Die Gedanken hallten noch die Halbe fahrt nach, die andere Hälfte beschäftigte sie sich mit der restlichen Nacht. Wie Lange würde sie brauchen, um das alles zu verstehen. Sie hatte zwar alles gehört, was er gesagt hat, aber wirklich begreifen konnte sie es noch nicht. Vorsichtig legte sie ihre Hand auf die ihres Freundes. Danke. Danke ihr Götter, dass er lebt. Es war ihr letzter Gedanke, bevor die Erschöpfung sie einholte und sie ein schlummerte. Kapitel 2: Vorbereitungen ------------------------- Vorbereitungen Noch blieb der Jäger an der Kreuzung und beobachtete den Krankenwagen. „Ich wünsche euch noch viel Glück.“, murmelte er vor sich hin. Wieder hast du Leben gerettet, versuchte die Stimme in ihm ihn aufzuheitern. Er griff in eine seiner vielen Manteltaschen und holte eine Packung Kaugummi heraus. Die ganze Gott verdammte Nacht war er hinter dem Vieh her. Aber letztendlich hatte er es erwischt und das war die Hauptsache. Ein flüchtiger Blick auf das Display seiner digitalen Armbanduhr sagte ihm, dass er die Nacht fast geschafft hatte. „Du glaubst nicht, wie froh ich bin, wenn die Nacht vorbei ist.“, sagte Nero zu sich selbst. Und wie zum Schur begann sein Handy zu vibrieren. Leicht genervt griff er in die Tasche und holte sein Klapphandy heraus. Auf dem Display stand nur „Chef“. „War klar, dass noch was kommen musste.“ Dann nahm er den Anruf an. „Jo, Chef, was gibt es denn noch, ich hab bald Feierabend.“, erkundigte sich der Jäger gestellt fröhlich. „Entschuldige, wenn ich dir deinen wohlverdienten Feierabend ruiniere, aber ich hab noch ne Meldung rein bekommen. Etwas von sich bewegenden Laken.“, erklärte der Mann am anderen Ende. „Geister, ja und? Kann das nicht wer anders machen?“ „Leider nein, die anderen sind alle nicht ansprechbar.“ Mit einem Seufzer Stimmte er zu: „Ich brauche Munition und 'nen mobilen Untersatz.“ „Beides schon auf dem Weg.“, entgegnete die Stimme freundlich, „Und einen starken Kaffee hat er auch dabei.“ „Wenn er auch Zucker und Milch dabei hat, mach ich es.“, grinste er seinem unsichtbaren Gegenüber an. „Meine Spezialmischung.“ „Ich möchte die Nacht gerne Überleben und nicht an Koffeinschock sterben.“, entgegnete der Jäger freudig. „Man sieht sich, Nero. Und pass auf dich auf.“; verabschiedetet sich sein Chef. Ihm kannst du aber auch nichts abschlagen, was?, fragte seine Innere Stimme mit einem neckenden Unterton. Er ist schließlich mein Chef, außerdem ist er ein guter Kerl, schickt mir sogar Kaffee, erwiderte er in Gedanken. Langsam bewegt er sich auf den Fußweg, wo er sich auch hinsetzte. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis der Fahrer hier war, aber es tat für einen Moment sehr gut, einfach nur zu sitzen. Die Jagd hatte sich ganz anders entwickelt als geplant. Er war von einer Falle in die nächste geraten, und ständig kam ihm irgendein Monster in den weg. „Ich sollte aufhören so viel herumballern.“, schallte er sich selbst. Er war mit fünf geladenen Magazinen losgezogen und hatte vorhin das letzte geladen. Fast sechzig Kugel für nichts und wieder nichts außer um ein paar Illusionen auszuschalten. Aber es machte sich auch das schöne Gefühl in ihm breit, Menschen gerettet zu haben. Dann begann er die Folgen der Nacht zu spüren. Die nächtliche Kälte kroch langsam an ihm herauf und lies ihn zittern, aber auch die Müdigkeit schien ihn zu übermannen Kurze Zeit später war ein Motor zu hören, der sich näherte. Langsam und gequält schaffte er es aufzustehen und bewegte sich zum Straßenrand, wo er sich am Geländer abstützte. Dann fuhr der Schwarze Audi A4 vor und mit einem leisen Summen senkte sich die Scheibe des Beifahrers. „Taxi bestellt?“, fragte der Mann, obwohl es sich eher wie eine Feststellung anhörte. „Zuerst Kaffee, dann Taxi.“, antwortete der junge Jäger und gähnte herzhaft. Der Mann am Steuer grinste und stieg aus. Er ging zum Kofferraum und schloss auf. „Wenn du Kaffee willst, musst du schon herkommen.“, meinte er mit einem Grinsen. Widerwillig folgten die Gliedmaßen dem Befehl. Aber als er den Geruch des noch warmen Getränks war nahm, schien auch sein Körper gewillter zu sein. Kaum am Kofferraum angekommen hielt ihm der Fahrer schon einen Plastikbecher mit warmen, dampfenden Kaffee entgegen. „Lass dir schmecken.“, sagte er und schob Milch und Zucker hinüber. Der Becher war halb gefüllt. Nach einem großen Schuss Milch und einer gehörigen Portion Zucker schlürfte Nero das Getränk genüsslich hinunter. Sofort waren Kälte und Müdigkeit verschwunden und auch sein innerer Akku schien sich wieder aufzuladen. „Koffein und Zuckerschock wirken wohl bei euch allen, was?“, fragte der Fahrer mit seinem Allgegenwärtigen Grinsen. „Bei mir schon.“, antwortete er ohne den Becher von den Lippen zu nehmen. Er wusste immer noch nicht, was für eine Marke das war, aber seinem Chef musste er es lassen: Der Mann konnte Kaffee kochen, und was für einen, nicht zu schwach und nicht zu stark, munter machend ohne aufdrehend zu wirken. „Was hast du noch für mich?“, fragte er und betrachtete den Fahrer. Der Mann war höchstens dreißig, kurzes braunes Haar und aufgeweckte grüne Augen. Wie immer trugen die Fahrer angenehme Kleidung, in diesem Fall Jeans und T-Shirt. Der Mann öffnete die Hintertür des Wagens und kam mit einem Koffer und einem länglichem, in ein Stofftuch gewickelten Gegenstand zurück. Den Koffer legte er auf die Heckablage und den Gegenstand stellte er ebenfalls dazu. Nero schlürfte noch einen Schluck des Muntermachers, bevor er sich dem Koffer zu wand. In dem Koffer befanden sich fünf Magazine für seine Pistole, eine Beretta 92, einer 9mm Pistole. Jedes Magazin faste 15 Kugeln. Daneben lag ein kurzes Winchester-Gewehr, ähnlich wie man es aus Westernfilmen kannte. „Das hab ich nicht bestellt.“, sagte Nero und zeigte auf das Gewehr. „Der Chef hat mir nur gesagt, dass ich den Koffer mitnehmen soll.“, verteidigte sich der Fahrer. Der Jäger nahm die Waffe heraus und betrachtete sie genauer. Anders als die Gewehre aus den Westernfilmen war dieses mit Schrotmunition geladen, nicht mit einer einzigen Patrone. Der Reihe nach Lies er die Kugeln aus der Waffe springen. Sechs Schrotpatronen fasste die Waffe und weitere sechs lagen im Koffer. Er befestigte den Waffenhalter an seinem Oberschenkel und lies das Gewehr hinein gleiten. „Aber sie haben doch gesagt, es wäre nicht bestellt?“, fragte der Fahrer verwirrt. „Je mehr, desto besser.“, antwortete ihm der Jäger mit einem leichten Lächeln. Als letztes wandte er sich dem länglichen Gegenstand zu. Vorsichtig wickelte er ihn aus dem Stoff. Zum Vorschein kam ein japanisches Schwert, ein Tachi. Das Tachi hatte im Gegensatz zum Katana, ein wenig längere Klinge einen längeren Griff, der entgegen der Klinge gebogen war. Seines Wissens nach, war es die Vorgängerversion des Katanas, glaubt er jedenfalls mal im Internet gelesen zu haben. Der Chef mag dich echt, das Ding ist frisch aus der Schmiede, sagte seine Innere Stimme und Nero wusste dass er recht hatte. Mehr als ein „Wow“, brachte er nicht raus, als er sich das Schwert besah. Dann zog er die Klinge aus der Scheide. Ein sanfter Rot-Schimmer lag darauf und gab der Waffe ein überirdisches Erscheinungsbild. „Sieht echt schick aus.“, meinte der Fahrer erstaunt. Mit einem Klicken befand sich das Schwert wieder in seiner Hülle. „Ja, ist es.“, sagte Nero und sah auf seine Uhr. „Ich glaube wir sollten Langsam los.“, meinte er und legte das Schwert auf die Rückbank. Mit einer schnellen Bewegung landete auch sein Kurzschwert, ein Wakizashi, auf der Rückbank. Der Fahrer nickte, das Grinsen war weggewischt. Ich hab ein verdammt mieses Gefühl, verkündete seine Innere Stimme. Nicht nur Du, gab er zurück. Etwas würde heute Nacht noch passieren und das schlimmste war, dass keiner wusste was. „Wie fährst du?“, fragte der Junge Jäger neugierig. „Ich rase ganz gerne, aber wenn du willst, kann ich auch ruhiger fahren.“, erklärte er freundlich. „Ruhig bitte, ich will den Kaffee nicht verlieren.“ Ohne eine Antwort zu geben startete er den Motor. „Weck mich, wenn wir da sind. Nur mal so der Neugierde halber, wie heißt du?“ „Thomas.“, antwortete er und lenkte den Wagen die Straße hinunter. Als er die Augen aufschlug befand Nero sich in einem dunklen Zimmer. Die Wände, sowie Decke und Boden waren Pechschwarz. Der Raum war karg eingerichtet. Eine kleine Kommode und ein altes hölzernes Schaukelpferd waren die Einzigen Objekte. Die einzige Lichtquelle war ein kleines vergittertes Fenster. Wie jedes Mal sah er hinaus. Blumen, Schmetterlinge, Sonne, Licht und Lachen strahlten ihm entgegen, ohne ihn zu berühren. „Du solltest aufhören, dass macht dich Kaputt.“, sagte die Stimme, die sonst nur in seinem Kopf war. „Du hast Recht, aber...“, begann er und griff an das Gitter. „Du kannst nicht. Du darfst dich nicht deswegen Schuldig fühlen. Es wird dich noch umbringen.“, entgegnete die Stimme. „Ach echt? Hat es das nicht schon mal?“ Ein tiefes Seufzen erklang von scheinbar allen Seiten. Nero wusste, dass er jetzt noch einige Minuten Ruhe haben würde. Sein Blick war noch immer auf das Fenster gerichtet. Nun konnte er draußen auch den Schemen einer Person erkennen. „Das hätte nie passieren dürfen.“, sagte er leise und drehte sich weg. „Aber es ist nun einmal passiert! Du kannst es nicht ändern!“, hallte die Stimme erbost. „Du hast nicht genügend Macht dafür! Weder Gott noch Teufel hätten dafür die nötige Macht, versteh es doch endlich!“ Der Jäger ging auf die Kommode zu. Ein kleines Bild lag dort unter einer decken Staubschicht. Er hatte es nicht gesehen. Er wusste einfach, wo es war. Wo es immer sein würde. Vorsichtig wischte er den Staub weg und betrachtete es. Drei Schemen standen um ihn herum. Es war ein Bild aus seiner Kindheit. Langsam merkte er den Druck der Tränen, der in ihm aufstieg. Hier konnte er weinen. Hier konnte er allen Gefühlen freien Lauf lassen, denn hier konnte sie niemand sehen. Dann hörte er ein Geräusch. Im ersten Moment konnte er es nicht einordnen, aber es wiederholte sich. Mit jedem Mal wurde es Klarer, bis er es verstand. Er wurde gerufen. Erneut sah er aus dem Fenster. Dann beschloss er auf zu wachen. „Nero, aufwachen, wir sind da.“, sagte der Fahrer aber der Jäger rührte sich nicht. Vorsichtig begann er an ihm zu rütteln. „Wie kann man denn so fest schlafen?“, fragte er laut und versuchte ihn weiter aufzuwecken. Von draußen hallte der Ruf einer Eule zu ihnen ins Auto. Erschrocken zuckte er zusammen und verfluchte sich die Fenster nicht geschlossen zu haben. „Nero, komm schon, aufwachen, oder muss ich erst das Riechsalz raus holen?“, fragte er. Da es sinnlos schien den Jäger aufzuwecken, beschloss er nochmals die GPS-Daten zu überprüfen. Sie stimmten. Dann sah er aus dem Fenster. Ein Lagergelände mit Hallen und Verwaltungsgebäuden. Alt war es schon, aber dass es dort irgendetwas für seinen Beifahrer zu Tun gab, bezweifelte er. Seiner Meinung nach gab es etwas wie Geister und Dämonen nicht. Er machte den Job eigentlich nur, weil er gut bezahlt wurde. Und er konnte jeden Cent gebrauchen. Vor einem halben Jahr wurde er Arbeitslos. Ein Brand hatte seine Arbeitsstelle in Schutt und Asche verwandelt. Natürlich war seine Firma nicht so hoch versichert, wie er immer das Glück hatte. Von dem bisschen Arbeitslosengeld und dem Nebenjob konnte er aber unmöglich die offenen Raten für sein Auto und das Haus bezahlen. Irgendein bekannter hatte ihm dann geraten mal bei den Jägern anzufragen, ob sie einen Fahrer bräuchten. Anfangs hatte er ihn für verrückt erklärt, entschied sich dann aber auch aufgrund von zahlreichen Mahnungen dann doch für einen Anruf. Und schon war er mitten drin. Er musste nicht Kämpfen, aber das fahren reichte auch schon. Aber er musste zugeben, dass wenigstens dass Geld stimmte. Ohne den Blick von dem alten Gelände zu nehmen rief er nochmal nach seinem Beifahrer. Diesmal aber bekam er zur Antwort ein Knurren. „Endlich wach?“, fragte er und sah hinüber zu dem Verschlafenen. „Krieg ich noch'n Kaffee?“, fragte dieser nur. „Wenn du wieder da bist, klar.“, antwortete der Fahrer. Langsam quälte sich der Jäger aus dem Wagen und steckte sich. Er hasste es während einer Autofahrt schlafen zu müssen, aber das hielt ihn am Leben. „Was soll's denn hier geben?“, fragte er Fahrer uninteressiert. „Geister.“, antwortete der Jäger knapp und öffnete die Hintertür. „Was, du meinst diese durchsichtigen Dinger, die immer mal auf den Fotos drauf sind?“, fragte er scherzhaft. „Das sind Gespenster.“, erwiderte Nero und befestige das Kurzschwert an seinem Rücken auf Hüfthöhe, gefolgt vom Tachi an der Hüfte. „Der Unterschied kann doch gar nicht so groß sein.“, meinte Thomas und stieg aus seinem Wagen aus. „Der Unterschied ist schon groß. Gespenster wollen einfach nur dass du ihnen zur Ruhe verhilfst, ob dass nun dadurch ist, dass du ihre Körper findest, oder ihre Mörder, dass musst du selbst herausfinden.“, erklärte Nero dem Mann, während er die Feuerwaffen prüfte. „Aber ein Geist ist was anderes. Es wird vom Bösen getrieben, vom Wunsch wieder zu leben.“ Jetzt war doch die Neugierde des Mannes geweckt. „Und wie versuchen sie das?“ Nero sah den Mann an. Die vorher so warmen blauen Augen waren nun wie kalter Stahl. „Sie leben in dem Irrglauben, dass sie durch das Leben anderer wieder lebendig werden können.“ „Sie töten, weil sie leben wollen?“, fragte Thomas entsetzt. „So in der Richtung.“ „Aber wie kann man denn ein Geist töten? Die sind doch gar nicht echt!“, protestierte der Mann. „Es sind keine Gespenster. Geister haben eine feste Form. Meist das Skelett im Totengewand.“ Wie er das so sagte, kroch es dem Fahrer kalt den Rücken herauf. Noch keiner der Jäger hatte ihm in den letzten Monaten irgendetwas über ihre Arbeit erklärt. „Es gibt drei Arten von Geistern. Die weißen sind die Schwächsten. Sie können nur selten und sehr langsam auf die Geisterebene wechseln. Die roten Geister, die die schon ein paar Leben genommen haben, schaffen es leichter und sie sind im Allgemeinen stärker. Die Stärksten sind die grauen Geister. Ein Wechsel ist für sie so, als würden wir einen Schritt machen.“, erklärte er bereitwillig. Thomas hatte sich währenddessen zum Kofferraum begeben und zwei Becher Kaffee gefüllt. „Und warum nennt ihr die Geister so, also mit den Farben?“, erkundigte er sich. „Das ist die Farbe des Lakens. Weiß für die Unbefleckten, rot für die Mörder und grau für die Wahnsinnigen.“ „Wahnsinnigen?“, fragte er und merkte erst einen Moment zu spät, dass der Becher überlief. Er fluchte kurz und kräftig, entschuldigte sich aber gleich darauf. „Einem grauen Geist ist es egal, ob er wieder lebendig wird oder nicht. Er will einfach nur noch töten, alles andere ist ihm egal geworden.“, sagte er und trank einen Schluck des nun noch lauwarmen Muntermachers. „Mal ne andere Frage: Warum lasst ihr das nicht die Garde erledigen?“, erkundigte sich Thomas neugierig, bereute es aber gleich wieder. Neros Augen schienen zu leuchten, als er ihn ansah. Seine freie Hand war zur Faust geballt und Zitterte. „Die Weiße Garde tut nichts. Jedenfalls nicht Nachts.“, meinte er wütend. Jetzt verstand er auch die Wut, mit der die Jäger über die Garde sprechen. „Am Tag zu jagen ist nutzlos, da sich die meisten einfach verstecken. Des Weiteren spüren sie die Weiße Garde. Soll heißen, je mehr, desto schneller fallen sie auf.“, fuhr er fort. Während des ganzen Gesprächs war Thomas ganz Ohr. Für die meisten Jäger war er nur das Taxi. Selten hatte sich einer bereit erklärt ihm etwas zu sagen. Aber jetzt schien er doch einen Ansprechpartner gefunden zu haben. „Sag mal, wenn ich mal wieder was wissen will, kann ich dich da fragen?“, erkundigte er sich vorsichtig. Wieder konnte er Neros Augen sehen, diesmal aber waren sie nicht mehr so kalt. „Klar kannst du. Oder du fragst in der Bar, oder den Chef. Aber wenn du was von 'nem Jäger erfahren willst, sieh zu, dass du ihn nicht zum nächsten Auftrag fährst. Da haben die nämlich ganz andere Sachen im Kopf.“, antwortete er lächelnd und sah zu dem Gelände. „Kann ich sonst noch was für dich tun?“, erkundigte er sich vorsichtig. Neros sah in grinsend an und ein sehr schlechtes Gefühl machte sich in Thomas breit. Im schlimmsten Fall würde er ihm ne Waffe in die Hand drücken und Mitnehmen. Stattdessen drückte er ihm nur eine Visitenkarte in die Hand. Dort standen sein Jägername und eine Handynummer. „Wenn du irgendwas siehst, was dir Sorgen macht, versuch mich zu erreichen.“, meinte er und ging langsam auf das Haupttor zu. „Und kauf dir ne Herdplatte für deine Karre.“, meinte er noch im Gehen. „Was?“, fragte Thomas verwirrt. „Kalter Kaffee ist Mist.“, sagte er nur und Thomas glaubte ihn sogar Lachen gehört zu haben. Kapitel 3: Von Geistern und Gardisten ------------------------------------- Geister und Gardisten Ich hasse alte Gebäude, meinte Nero in Gedanken. Ach, du auch, fragte seine innere Stimme scherzend. Das Tor stand Sperrangel weit offen. Er brauchte nicht seine Innere Stimme um zu wissen, dass das nach einer Falle stank. Langsam und vorsichtig zog er die Pistole und entsicherte sie. Er musste auf alles gefasst sein. Vorsichtig betrat er das Gelände. Insgeheim verfluchte er sich, dass er keine Taschenlampe mitgenommen hatte. Kannst du mir ein bisschen beim Sehen helfen?, fragte er seine Innere Stimme. Prompt setzt ein stechender Schmerz in seinen Augen ein. Nach ein paar Sekunden sah er alles gestochen scharf. Langsam solltest du dich doch dran gewöhnt haben, entgegnete sie. Ohne auf die Bemerkung zu reagieren ging er zum ersten Gebäude. Vorsichtig bewegte er die Türklinke. Die Tür gab keinen Millimeter nach. Vorsichtig schlich er zur nächsten. Plötzlich spürte er eine Präsenz. Schnell fuhr er in die Richtung. Nichts. Was es auch war, es war verschwunden. Dann war es rechts von ihm, dann links, vor ihm, und wieder weg. „Entweder sehr schnell, oder mehrere.“, stellte er nüchtern fest. Ich tendiere zu mehreren. Dann sah er etwas im Gebäude vor sich. Am Fenster huschte ein graues Laken entlang. Hast du das auch gesehen?, fragte er in sich. Leider, Stimmte die Stimme zu. Das würde Probleme geben. Ausgerechnet er durfte sich noch mit einem Grauen anlegen. Plötzlichen war hinter ihm ein Geräusch. Aus der Drehung schoss er drei Mal. Aber es war nur ein Stück Putz, welcher abgestürzt war. Noch im Selben Moment fuhr er wieder herum. Vor im stand der graue Geist. Es dauerte nur eine Sekunde, bis ihn der Schlag traf. Und schon im nächsten Moment war er in der Luft. Nach einer Unsanften Landung auf dem Boden rappelte er sich wieder auf und erstarrte. Vor ihm standen drei graue Geister. Du hast aber auch wieder ein Glück heute, bemerkte seine Innere Stimme trocken. Aus Reflex wollte Nero seine Waffe heben, bemerkte aber erst jetzt, dass er sie während des Fluges verloren haben muss. Ein Unsägliches Geräusch kam von einem der Tücher. Dann war auch schon einer der hinteren verschwunden. Hektisch drehte er sich um seine Eigene Achse, während ihm sein Gehirn erklären wollte, dass so etwas nicht Funktionierte. Aus Reflex griff er zu seinem Kurzschwert, aber da passierte es schon. Der Geist tauchte vor dem Jäger auf und in der Nächsten Sekunde umklammerte die kalte Skeletthand schon seinen Hals. Ohne Probleme hob der Geist den jungen Mann an und verstärkte somit noch seinen Griff. „War es dir eine Freude zu leben?“, fragte der Geist leise, aber die Stimme Hallte trotzdem in seinem Kopf nach. „Nein.“, erwiderte Nero gepresst. „Dann wird der Tod dir sicher Gefallen.“, flüsterte der Geist und in den Leeren Höhlen des Totenschädels begann es rot zu glühen. Er konnte sich nicht bewegen. Der Griff des Geistes war zu fest. Doch dann berührte sein Arm seine vielleicht letzte Rettung. Ein Lächeln glitt über seine Lippen. „Freust du dich schon, auf deine Erlösung?“, erkundigte sich der Untote während seine Stimme mit jedem Wort schriller wurde. Der Geist lockerte seinen Griff um ihm eine Antwort zu ermöglichen. Mit einer schnellen Bewegung hatte er das Gewehr an seinem Bein gezogen und den Lauf auf den Geist gerichtet. Schon im Nächsten Moment betätigte er den Abzug. Der Knall störte ihn schon lange nicht mehr, dafür musste er so etwas schon zu lange hören. Aber der Schuss hatte dafür gesorgt, dass er Frei war. Schnell lies er die Waffe kreisen, lud somit die Nächste Patrone und legte den Lauf auf seinen linken Arm. Wieder betätigte er den Abzug. Noch vom ersten Treffer überrascht bemerkte der Geist den zweiten erst, als dieser traf. Die erste Kugel hatte ein Loch in Brustkorb und Laken gerissen, die zweite hatte einen Großteil des knöchernen Schädels entfernt. Zu seiner Überraschung schien das genug für den Geist zu sein, der sich vor seinen Augen in Staub verwandelte. Die nächsten Sekunden wappnete er sich für einen neuen Angriff der beiden Verbliebenen und versuchte wieder Luft in seine Lungen zu pressen. Einer der Geister begann zu Zitter. Schnell hatte Nero das Gewehr im Anschlag. Dann begann der Geist zu schreien. Es war ein unbeschreiblicher Laut, der bis ins Mark ging. Und schon in nächsten Moment kam der Geist auf ihn zu. Kurz bevor er ihn erreicht schnellte er zur Seite. Reflexartig Pakte er den Griff das Kurzschwertes und Zog es. Dann war der Geist schon fast Neben ihm, die kalten Hände ausgestreckt. Nero duckte sich gerade rechtzeitig. Er Spürte noch die Hände über seine Haare gleiten. Im selben Moment lies er die Klinge nach vorne schnellen. Sie verfehlte ihr Ziel nicht. Ohne Widerstand glitt sie durch das Laken und er spürte wie sie den Hüftknochen streifte. Schon vollführte er eine hundertachtzig-Grad-Drehung und lies das Schwert durch die Vertikale gleiten. Es biss sich Tief in den Rücken des Geistes, Zerschnitt das Schulterblatt und die Wirbelsäule. Als der Geist zusammensackte verwandelte auch er sich in Staub. Nach einer erneuten Drehung stand er vor dem letzten Gegner, das Gewehr wieder auf dem Unterarm aufgelegt, die Klinge zeigte auf ihn. Der Geist starrte ihn fassungslos an und rührte sich nicht. „Willst du nicht auch?“, fragte Nero kalt. Der Geist antwortete nicht, sondern sah ihn nur an. Dann schüttelte er leicht den Kopf. Langsam entspannten sich die Muskeln des jungen Mannes, aber er blieb trotzdem bereit. Plötzlich begann der Geist zu lachen. Es war ein Geräusch wie Fingernägel auf einer Schiefertafel. Die Augen glühten rot. Der Finger lag auf dem Abzug. Dann riss der Geist seinen Arm nach oben. In der Faust lag seine Pistole. Er konnte nur leise fluchen. Dann klappte der Arm des Geistes ein. Entsetzt betrachtete der Jäger, dass die Waffe am Kopf des Geistes ruhte. Das Gesicht auf dem Totenschädel schien entspannt zu sein. „Was soll das?“, fragte Nero unsicher. Aber er bekam keine Antwort. Der Finger des Geistes zuckte von der einen auf die andere Sekunde, dann löste er sich in Staub auf. Ungläubig betrachtete er die Szene, hielt es für eine Falle. Das Gewehr weiter im Anschlag schritt er vorsichtig auf seine am Boden liegende Pistole zu. Auf dem Weg sah er sich mehrfach um. Aber er konnte nicht sehen oder hören, was auf eine Falle schließen lies. Ich spüre nichts mehr, meldete sich die Innere Stimme. Was sollte das, fragte er nachdenklich. Wie du vorhin Gesagt hast, sie sind Wahnsinnig. Es ist möglich, dass es nicht leiden wollte. Erst jetzt merkte Nero den Druck und das verlangen seiner Lungen nach frischer Luft. Unbemerkt hatte er die Luft angehalten. Mit einem erleichterten Seufzer lies er die Luft aus den Lungen entweichen. „Ich hab des Echt überlebt.“, flüsterte er leise. Noch ein letztes Mal sah er sich um, dann verstaute er seine Waffen in den Halterungen. „Endlich frei.“ Wieder schnurrte das Handy in seiner Hosentasche. Hastig holte er es heraus, aber es wurde nur ein Unbekannter Anrufer gemeldet. „Ja?“ „Thomas hier!“, meldete sich der Anrufer hektisch, „Da ist gerade 'nen halbes Dutzend Gardisten über das Gelände geflogen.“ „Weist du wohin?“, fragte der Jäger hektisch. „Keine Ahnung, aber laut GPS und Stadtplan sind da hinten noch Hallen.“, antwortete Thomas, der langsam wieder zu Atem kam. „Gut, ich sehe es mir mal an.“ Dann legte er auf. Wenn die Garde jetzt schon Nachts unterwegs ist, muss irgendwas im Busch sein. Bin genau deiner Meinung, meldete sich die Stimme wieder. Mit schnellen Schritten ging er die Straße hinab, weiter in das Alte Gelände. Hastig zog er das Gewehr und lud zwei neue Patronen, auch das Pistolenmagazin legte er vier neue Kugel. Wieder verstaute er die Waffen. Nero war nervös. Von der Garde hatte er nichts zu befürchten, wenn er gegen sie Kämpfen müsste. Aber dass sie des Nachts unterwegs waren lies ihn nicht in Ruhe. Wenn etwas passiert, sind wir da, also versuch dich ein wenig zu entspannen, versuchte die Stimme ihn zu beruhigen. Ich weis, aber... Dann zerriss ein Schrei die Stille und unterbrach seinen Gedankengang. Er kam von den Hallen, die vor ihm langen. Dann begann er zu rennen. Ein schreckliches Gefühl machte sich in ihm breit: Das Gefühl wieder versagt zu haben. Wieder hörte er es, aber es klang anders. Er hatte es verstanden und lies ihm das Blut in den Adern gefrieren: Es war ein Hilferuf. Fragmente aus seiner Vergangenheit blitzen in ihm auf, aber er schaffte es sie zurück zu drängen. Später konnte er auch noch darüber nachdenken. Nächste Halle rechts, verkündete die Stimme. Der Eingang stand offen, die Türen fehlten und von drinnen erklangen Stimmen. Dann hörte er wieder den Hilferuf, diesmal genau aus der Halle. Eine panische Frauenstimme. Ohne zu zögern betrat er die Halle. Dort standen die Gardisten, im Kreis um eine einzelne, am Boden kauernde, Person. Die Garde war schon ein Anblick. In ihrer mittelalterlichen silbernen Rüstungen und den Schwertern an der Hüfte. Aber das eindrucksvollste waren die weißen Schwingen, die sie auf dem Rücken hatten. Dann drehte sich einer der Gardisten um. „Können wir helfen Bürger?“, fragte er freundlich, als würden sie sich auf offener Straße begegnen. „Sie können mir sagen, was sie mit diesem Menschen vorhaben.“, entgegnete er kalt und schritt weiter auf sie zu. „Diese Person hat es verwirkt ein Mensch genannt zu werden. Sie ist mit dem Bösen im Bunde und bestreitet es vehement.“, erklärte er überzeugt. „Habt ihr auch Beweise dafür?“ Er versuchte zwischen den Gardisten hindurch auf die Frau zu schauen, sah aber nichts. Keiner der anderen Gardisten hatte sie aus den Augen gelassen. So standen sie noch um sie herum, die Flügel leicht abstehend, wahrscheinlich um ihr die Sicht zu nehmen. „Sie trägt ein Zeichen des Bösen am Finger.“, berichtete der Gardist, der scheinbar der Anführer des Trupps war. Ungläubig sah Nero den Mann an. Die weißen Haare lagen alle wie angeklebt und die Augen sahen ihn unberührt und abschätzend an. Er will spielen, hab ich den Eindruck, meldete sich die Innere Stimme wütend. „Darf ich dieses ominöse Zeichen des Bösen mal sehen?“, fragte er ungläubig. „Ich wüsste nicht, was ein Zivilist da sehen will.“ In der Stimme des Gardisten lag soviel Hochmut, dass der Jäger lächeln musste. „Ich gehöre der Gemeinschaft der Jäger an.“, ahmte er die Stimme des Gardisten nach. „Ich wüsste nicht, was ein Jäger hier zu suchen hätte.“, klang die Stimme des Gardisten hochmütig. „Ich hab da vorne eben drei graue Geister erledigt.“, erklärte er gelassen und deutete auf den Eingang. „Das hätten wir aber bemerkt.“, widersprach der Anführer. „Ja, so wie Gestern das mit der Horde Ghouls in der Innenstadt, oder die Schattenfallen die zu Anfang der Nacht aufgestellt wurden.“ Verunsicherung war in seinem Gesicht zu lesen. Mit schnellen Schritten ging er auf die Gruppe zu, an ihrem Anführer vorbei. „Sie dürfen da nicht hin!“, sagte er, aber Nero lies ihn links liegen. Er hatte das Gespräch beendet und würde es so schnell nicht wieder aufnehmen. Bei der Gruppe angekommen packte er den Gardisten und schob ihn ein wenig zur Seite. Vor ihm auf dem Boden kniete eine junge Frau. Sie hatte den Kopf gesenkt, aber er schätzte sie auf Anfang zwanzig. Das blonde Haar war zu einem Bob geschnitten. Die Hose wies etliche Abschürfungen auf, auch der Pulli den sie trug war an mehreren Stellen eingerissen. „Ich hab doch nichts getan.“, murmelte die Frau wieder und wieder. „Darf ich ihre Hände sehen?“, fragte Nero die Frau leise. Diese hob langsam die Arme, streckte ihm ihre Hände entgegen. Dann sah er das Zeichen. Es war ein schlichter silberner Ring. Durch seine geschärfte Sicht konnte er die Energie sehen, die von dem Ring ausging. Negative Energie, dachte er und betrachtete den Ring, während die lila Energie vom Ring in die Luft aufstieg und dann verschwand. Neben dem Ring bemerkte ihm noch etliche Abschürfungen und kleine Schnitte an den Händen auf. Vorsichtig legte er eine Hand auf ihren Kopf und sagte leise: „Ich lass nicht zu, dass sie dir etwas tun.“ Dann stand er auf und sah den Anführer an. „Was habt ihr mit ihr gemacht?“, fragte er und merkte wie seine Stimme abkühlte. „Sie ist vor uns weg gerannt.“, erklärte er selbstsicher. „Und warum?“ „Weil sie nicht kooperieren wollte. Wir wollten sie nur mitnehmen.“ „Ihr habt mich angegriffen! Aus heiteren Himmel!“, schrie auf einmal die junge Frau, den Kopf noch immer gesenkt. „Das Einzige was negative Energie Ausstrahlt ist der Ring, nicht die Person. Warum also habt ihr sie Angegriffen?“, fragte Nero und musste sich zurückhalten. „Sie ist mit dem Bösen im Bund, der Ring ist doch Beweis genug.“, rechtfertigte der Gardist sich. „Ich hättet es ihr erklären können! Sie hätte euch den Ring möglicherweise sogar gegeben!“, brüllte er den Gardisten an. Der Gardist schüttelte nur den Kopf. „Dieses Gespräch führt zu nicht.“, meine er beherrscht, „Wir sollten tun, weshalb wir hier sind.“ Hinter sich hörte der Jäger wie Schwerter gezogen wurden. „Ja, das sollten wir tun.“, sagte Nero hart. - - - Sie wusste gar nicht, was geschehen war. Plötzlich war die Weiße Garde da. Und dann raste auch schon das erste Schwert auf sie Herab. Das war der Zeitpunkt an dem sie anfing zu rennen. Wohin? Das war egal, Hauptsache in Sicherheit. Es war doch nur ein Diskobesuch gewesen, mehr nicht. Warum sollte die Garde sie angreifen? Was hatte sie denn Falsch gemacht? Als sie wieder auf sah war sie im Wald. Aber sie konnte die Rufe hören. Die Garde verfolgte sie. Sie rannte weiter stürzte ein ums andere Mal in der Dunkelheit. Dann hörte sie auf die Stürze zu zählen. Solange sie entkommen würde, war ihr alles Recht. Dann verließ sie den Wald und vor ihr befand sich das stillgelegte Industriegelände. Neue Hoffnung keimte in ihr auf. Hoffnung, dass sie sich in einer der Halle verstecken konnte. Dann hörte sie die Rufe schon wieder. Wenn sie sich beeilte, könnte sie es schaffen. Es schien ihr eine Ewigkeit zu dauern, aber dann erreichte sie die Hallen. Egal welche, Hauptsache ein Versteck. Sie rannte in die erstbeste Halle, aber zu ihrem Entsetzen war die Halle leer. Keine Kiste, kein Fass, nichts war da, nicht mal ein Müllberg unter den sie hätte kriechen können. Sie wollte gerade heraus rennen, als einer der Gardisten auftauchte. Schon im nächsten Moment hatte er gerufen und danach waren seine Mitstreiter da. Der Mut verließ sie und sie sank zu Boden. Mit einem Mal begann sie zu weinen. Sie spürte, wie sich die sechs Gardisten im Kreis um sie stellten. Es ist aus. Dann war da eine Stimme, sie hörte sie, aber verstand sie nicht. Dann ging einer der Gardisten und redete mit der neuen Person. Würde sie gerettet werden, fragte sie sich ängstlich. Dann war die Stimme vor ihr, aber sie schaffte es nicht auf zu sehen. Sie folgte der Anweisung, ihre Hände zu zeigen, aber warum wusste sie nicht. Dann spürte sie eine Hand auf ihrem Kopf. Sie war ganz sanft und hörte, wieder die Stimme. Aber auch diesmal verstand sie nicht. Stand sie unter Schock oder was war mit ihr passiert? Wieder redete der Gardist mit dem anderen. Dann brüllte der andere. Dann wurden Schwerter gezogen. Sie presste die Hände vor ihre Augen. Sie würde sterben. Plötzlich erklang ein Schmerzensschrei, der sie ein wenig aus ihrer Ohnmacht befreite. Kurz darauf ein Zweiter. Dann war sie wieder Herr ihrer Sinne. Vor ihr lagen zwei Gardisten, aber sie atmeten noch. Und mit dem Rücken zu ihr stand eine Schwarze Gestalt. Von rechts kam ein Gardist mit erhobenem Schwert. Der Fremde griff an seine linke Hüfte und erst jetzt konnte sie die Schwertscheide sehen. Mit einem Ruck befreite er das asiatisch wirkende Schwert. Ungebremst traf es auf das Kinn des angreifenden Gardisten. Dieser taumelte zurück und brach nach einem zweiten Schlag gegen den Kopf zusammen. Dann kam ein Schrei von links. Das Schwert raste auf den schwarz Gekleideten zu. Mit einem Schritt wich er aus und schlug nach dem Bein des Gardisten. Ein feiner Schnitt war zu sehen und eine dünne Blutspur. Dann wirbelte er herum und schlug erneut zu. Das Schwert des Gardisten fiel zu Boden, als er seinen Arm packte und stürzte. Dann erklang ein Kampfschrei hinter ihr. Instinktiv zog sie den Kopf ein und wartete auf ihr Ende. Dann aber hörte sie das schaben von Metall auf Metall und sah auf. Die Augen des Fremden war blau und kalt wie es. „Verletzt?“, fragte er. „Nein.“, hauchte sie. Dann sah er sie an und seine Augen weiteten sich. Noch das andere Schwert abwehrend blinzelte er mehrmals, aber er betrachtete sie noch immer entsetzt. - - - Nero war wütend. Er kochte regelrecht. Die Gardisten hatten hinter ihm ihre Waffen gezogen und waren bereit, die junge Frau zu töten. Er fuhr herum und lies den Ellenbogen auf den Ersten Gardisten nieder fahren. Er hatte Glück und erwischte den Kopf. Daraufhin brach er einfach zusammen. Den anderen Schickte er mit einem gezielten Schlag in den Magen auf die Bretter. Der Anfang ist gemacht. Er fuhr herum und sah den Anführer der Truppe an. Perplex sah er Nero an und machte den Mund auf, ohne dass ein Laut herauskam. Plötzlich hörte Nero von rechts ein Geräusch. Aus dem Augenwinkel sah er einen Gardisten mit erhobenem Schwert. Schnell hatte er den Griff seines Schwertes in der Hand. Er nutzte ihn zum Angriff. Ein schneller Schlag gegen das Kinn und den Kopf schickte seinen Gegner zu Boden. Von der Anderen Seite kam schon der Nächte. Das Schwert schnitt ohne Probleme durch die Rüstung, als er das Bein traf. Auch der Folgeangriff auf den Arm war kein Problem. Er war darauf Bedacht, den Gardisten nicht zu schwer zu verletzen. Wieder ertönte ein Kampfschrei. Diesmal hinter der jungen Frau. Nach einem Schritt und einer halben Drehung hatte er das ankommende Schwert mit seinem abgefangen und hielt es. „Verletzt?“, fragte er die junge Frau, während er versuchte seinen Gegenüber einzuschätzen. „Nein.“, antwortete sie leise. Dann sah er zu ihr herunter. Die ganze Welt schien ins schwanken zu kommen. Das ist unmöglich!, rief er zusammen mit seiner Inneren Stimme. Er kannte das Gesicht, kannte jeden Makel, jeden Zug. Alles schien auf einmal so vertraut. Mehrmals blinzelte er und wollte sich einreden, dass er es sich nur einbildete, dass die Person vor ihm eine Andere war. Es hilft nichts. „Aber diesmal kann ich sie beschützen“, flüsterte er, entwaffnete seinen Gegenüber und schlug ihn nieder. Dann drehte er sich zum Anführer des Trupps um. Dieser hatte schon das Weite gesucht. „Wir müssen weg!“, sagte er ernst und nahm ihre Hand. Mit Mühe rappelte sie sich auf. „Kannst du laufen?“, fragte er hektisch. Sie schüttelte nur den Kopf. Sie zitterte am ganzen Körper dann drohte sie schon ein zu knicken. Erst jetzt bemerkte er, dass die Energie aus dem Ring sie ganz umfangen hatte. Rasch war er an ihrer Seite und Stützte sie. So machten sie sich langsam auf den Weg nach draußen. Nero sah sie die ganze Zeit an. Er konnte es einfach nicht begreifen. Mach dir Sorgen um das Hier und Jetzt, nicht um die Vergangenheit, wies ihn die Stimme scharf zurecht. Als er wieder nach vorne sah, erkannte er sieben Gestalten, die vor der Halle standen. Sieht so aus, als wollen sie Ärger, meinte seine Innere Stimme knurrend. Wenn sie Ärger haben wollen, kriegen sie Ärger. „Wir wollen das Mädchen!“, rief ihnen einer der Gardisten zu. „Ihr bekommt sie aber nicht!“, rief Nero zurück. Viele Optionen hatten sie nicht. Die Halle verfügte nur über einen Eingang. Die Fenster fehlten meist. Aber mit dem Mädchen könnte er die Fenster nicht schnell genug erreichen. „Lass mich.“, flüsterte sie monoton. „Vergiss es. Ich habe schon mal jemanden sterben lassen, das wird mir nicht noch einmal passieren.“, antwortete er kalt, was ihn selbst erschreckte. Dann spürte er ihren Blick auf sich. Er sah sie an und schon wieder holte die Vergangenheit ihn ein. In ihren Augen konnte er soviel Schmerz sehen und panische Angst. Vorsichtig lies er sie zu Boden gleiten. „Ich werde dafür sorgen, dass du hier raus kommst.“, versicherte er ihr mit einem Lächeln. Dann wand er sich den Gardisten zu. Sie wirkten disziplinierten und stärker, als ihre Kollegen weiter hinten. Auch waren die Zeichnungen auf den Rüstungen andere. Dann schritt ein Gardist weiter in die Halle. Seine Augen musterten den Jäger eingehend. „Hab ich was im Gesicht?“, fragte Nero frech und versuchte ihn zu provozieren. „Nein.“, kam die kalte Antwort. Dann starrten sie sich an, schätzten einander ab. „Warum beschützt du das Monster?“, hallte die Frage durch die Halle. „Ich beschütze einen Menschen.“ „Wir haben gehört sie sei mit dem Bösen im Bunde und sei deshalb geflohen.“, erklärte der Gardist. „Sie haben mich angegriffen! Ich kam gerade aus der Disco, als sie mich ohne Vorwarnung angegriffen haben!“, schrie das Mädchen und auch ihre Stimme jagte ihm einen unheimlichen Schauer über den Rücken. Langsam kam der Gardist näher. Auf halben Weg öffnete er den Verschluss der Schwertscheide und lies es zu Boden fallen. Dann blieb er vor dem Jäger stehen. „Erlaubt ihr mir, sie anzusehen?“, fragte er mit seiner kalten Stimme. Widerwillig tat der Jäger einen Schritt zur Seite. Warum vertraue ich ihm nur? Weil er unbewaffnet ist, kam die prompte Antwort. Er sah der jungen Frau ins Gesicht, dann auf die Hände. Er betrachtete sich den Ring genau. „Wir werden die Gardisten bestrafen lassen.“, sagte er und Stand auf. Nero lies ihn keinen Moment aus den Augen. Auch nicht als er seine Waffe aufhob und den anderen Gardisten befahl ihren verletzten Kameraden zu helfen. Dieser Gardist war ganz anders. „Warum?“, fragte Nero überrascht. „Weil ihr die Wahrheit gesagt habt. Ich konnte keinen Makel an ihr erkennen.“, erklärte er und sah die beiden an. Etwas hatte sich in seinem Gesicht verändert. Es schien weicher geworden zu sein. Oder täuschte er sich nur? Erneut hob er seine Stimme und befahl den Gardisten zu gehen. „Ich kann nicht gehen!“, rief einer der Gardisten und zog die Blicke aller Anwesenden auf sich. „Warum könnt ihr nicht gehen?“, fragte ihr Anführer mit ruhiger Stimme. „Weil der Dämon noch lebt!“, schrie sein Gegenüber und zog sein Schwert. Noch bevor seine Kameraden reagieren konnten, war er in der Luft und flog auf den Jäger und das Mädchen zu. Dann ging alles zu schnell. Das Mädchen begann zu schreien. Ein roter großer Arm schoss aus dem Boden und eine Hand legte sich ohne Probleme um den Leib des Gardisten. Dem Arm folgte noch ein zweiter. Dann kam der Kopf. Zwei blaue Facettenaugen starrten den Jäger und das Mädchen an. Dann folgte noch ein massiger Körper und Beine. Als letztes spannt es seine Lederflügel. Dann hatte das Monstrum die Bühne betreten. Und die Hölle brach aus. Kapitel 4: Teuflische Bekanntschaft ----------------------------------- Vor ihnen Stand ein Bateezu, ein niederer Teufel mit seinen stattlichen drei Metern Körpergröße. Neros inneres Biest wollte raus. Er hatte noch dringend etwa mit dem Bateezu zu klären. Das Schwert in seiner Hand schien vor Energie zu Pulsieren. Auch der Gardist starrte das Monster an und rührte sich nicht. „Los verschwinde und nehm das Mädchen mit.“, befahl Nero dem Gardisten. „Und was ist mit dir? Du bist nicht Stark genug!“, erwiderte er. „Ich hab noch den ein oder anderen Trumpf im Ärmel.“, erklärte er und schritt auf seinen Gegner zu. Werden wir ihn vernichten?, fragte seine innere Stimme mit einem unangenehmen Unterton. Sicherlich, entgegnete der Jäger gelassen. Schnell hatte er seine Pistole gezogen und zielte auf den Teufel. „Wärst du so freundlich?“, fragte er den Gardisten erneut. „Wie du wünscht.“, meinte dieser und verbeugte sich. „Mädchen, mach ihm keinen Ärger, er wird auf dich aufpassen.“ „Woher weist du das?“, fragte sie ängstlich. „Ich weis es einfach.“, erklärte Nero ruhig. Dann gab er den ersten Schuss ab. Die Kugel traf das Facettenaugen, prallte aber scheinbar wirkungslos ab. Weitere Kugeln folgten, jedoch mit dem selben Ergebnis. Dann hörte er die Flügel hinter sich schlagen. Sie sind weg, erklang die Stimme in seinem Inneren. Schnell hatte er die Pistole verstaut und die Winchester gezogen. Er zog den Abzug durch und das Geschoss raste aus dem Lauf. Wieder traf er das Auge, aber auch diese Waffe hatte keinerlei Wirkung. „Wurm! Glaubst du, dass es so einfach werden sollte?“, hallte die Stimme des Teufels durch das alte Gebäude. „Einen Versuch war es wert.“, entgegnete Nero und richtete da Schwert auf seinen Gegner. Die Klinge pulsierte in einem kräftigen, vollen Rot. Dann wirbelte der Jäger die Klinge herum, stoppte, hielt sie an der Hüfte und stürmte mit einem Schrei auf den Teufel zu. Gerade hatten sie die Halle über eines der zerstörten Fenster verlassen, da hallten erneut Schüsse durch die Nacht. Nach einer galanten Halben Drehung schien er in der Luft zu stehen und sah zurück. Die schreckliche Stimme des Teufels hallte durch das Gebäude und drang stumpf an seine Ohren. Egal was dieser Jäger auch vorhaben sollte, er würde sehr viel können und Glück brauchen. „Kann er es schaffen?“, fragte das Mädchen in seinen Armen unsicher. „Ich hoffe es.“, sagte der Gardist traurig, „Wenn nicht wäre es ein großer Verlust.“ „Kennst du ihn?“, erkundigte sie sich vorsichtig. „Nein.“, antwortete er ehrlich, „Aber der Verlust eines solch mutigen Mannes ist immer eine Katastrophe.“ Ein Schrei lies seine Aufmerksamkeit wieder zu den Uneinsichtigen Kampfplatz wandern. Schrei folgte auf Schrei und das Geräusch wenn eine Klinge Fleisch schneidet. „Du elender Sohn einer celestrischen Hure!“, schrie der Bateezu voller Wut. Und der Gardist spürte, wie ein Lächeln über sein Gesicht wanderte. Gerade war Nero wieder zum stehen gekommen. Noch rechtzeitig hatte er es geschafft dem Angriff auszuweichen. Und jetzt hatte er Zeit seinen Treffer zu begutachten. Auch wenn der Schnitt am Bauch nicht tief war, so hatte er doch gereicht seinen Gegner Fluchen zu lassen. Da drehen sich doch die Vögel im Grab rum, meinte seine innere Stimme amüsiert. Kannste Gift drauf nehmen erwiderte er ebenfalls gut gelaunt. Das Schwert, was er von seinem Chef bekommen hatte, war wirklich ein Traum. Es schnitt Stahl und Dämonenfleisch wie ein heißes Messer die Butter. Aber Nero glaubte nicht, dass das schon alles war. Dieses Schwert gab so viel Energie ab, dass es bestimmt noch mehr konnte. „Ich werde dich zerquetschen!“, schrie der Bateezu wütend. Dann bewegte er den massigen Körper schnellen Schrittes auf ihn zu. Nero hingegen blieb stehen und hielt das Schwert vor sich. Dann schoss auch schon die Pranke des Teufels nach vorn. Doch mit einem Schritt zur Seite und einer gekonnten Drehung wich er dem Schlag leicht aus. Noch in der Drehung hatte er das Schwert gehoben und lies es nun auf den Arm seines Gegners nieder fahren. Erneut glitt es ohne Widerstand durch die lederne Haut des Teufels und hinterließ einen tiefe Wunde. Fauchend wich der Teufel zurück und betrachtete die Frische Wunde an seinem Arm. „Weist du Wurm nicht wer ich bin?“, fragte er so Laut, dass Nero für Sekunden nichts mehr hören konnte. „Kannst du dir vorstellen wie egal mir das ist?“, stellte Nero die Gegenfrage und seinem Feind schien fast der Kragen zu Platzen. „Dann sollst du Wurm meine Macht zu spüren bekommen!“, brüllte er und mit jedem Wort schlug ihm eine Windböe entgegen. Ich glaube er ist sauer, sagte seine innere Stimme unbeeindruckt. Könntest du echt recht haben, stimmte Nero zu und musste über diese Unverschämtheit Grinsen. Doch dieses kleine Gespräch hatte ihn viel Aufmerksamkeit gekostet und so hatte er nicht bemerkt, wie der Teufel heran gerauscht kam und als er ihn bemerkte, war es Schon zu Spät. Aus Reflex versuchte er den Angriff zu parieren, doch in der nächsten Sekunde bemerkte er, wie sinnlos es war. Ungebremst riss der Schlag ihn von den Füßen und lies ihn blind durch die Halle fliegen. Den ersten und den Zweiten Pfeiler, den er durchschlug spürte er noch, aber dann löschte die Dunkelheit alles aus. Der Lärm in der Halle lies den Gardisten zusammen zucken. Der Teufel hatte eindeutig einen heftigen Treffer gelandet, soviel war klar. Aber wie schlimm es um den Jäger stand wusste er beim besten Willen nicht. Gespannt betrachteten er und das Mädchen die Halle, als plötzlich das Dach nachgab und in die Tiefe stürzte. Dann konnten sie den Teufel sehen. Doch von seinen Gegenüber fehlte jede Spur. „Na was sagst du jetzt? Reicht dir das?“, rief der Teufel Triumphierend in Richtung des Schuttberges. Und aus der Kehle des Mädchens drang ein verzweifelter Schrei. Es wehrte sich mit aller Kraft, wollte sich losreißen. „Bleib ruhig!“, sagte der Gardist gebieterisch, „Ich werde nicht zulassen, dass der Teufel dir etwas antut.“ „Ich mach mir Sorgen um den anderen.“, sagte sie panisch. Und in diesem Moment wusste der Gardist nicht, was er sagen sollte. Dieses Monster da unten würde sie ohne mit der Wimper zu zucken verschlingen und sie machte sich Sorgen um den jungen Mann da unten. „Du bist komisch.“, meinte er nur. Aber anstatt einer Erwiderung drang nur ein leises Stöhnen. Dann hob sie ihre Hand und zeigte auf den Schutthaufen. Der Gardist folgte dem Fingerzeig und auch ihm verschlug es die Sprache. Unter bestimmt einer Tonne Schutt begann sich etwas zu regen. Kannst du noch, fragte Neros innere Stimme besorgt. Ich mach das Ding kalt, erwiderte er wütend, kannst du mir kurz zur Hand gehen? Dann vernahm der Jäger ein kehliges Knurren in seinem Kopf, was schon nach Sekunden von einem stechendem Schmerz abgelöst wurde, der durch seinen linken Arm zuckte. Doch schon nach kurzer Zeit war der Schmerz vergangen und machte einem Anderen Gefühl platz. Dem Gefühl nach unbegrenzter Macht. Jetzt musste er erst einmal die Orientierung wiederfinden, Schutt von Betonboden unterscheiden. Du liegst auf dem Bauch, meinte die Stimme gelassen. Nach einem kurzen gemurmelten danke, machte sich Nero bereit zurück zuschlagen. Sein ganzer Körper pulsierte vor Energie. Und das würde zum Glück eine ganze Zeit lang anhalten. Vorsichtig taste er um sich, versuchte den Platz, den er hatte, richtig einzuschätzen. Er reichte aus, damit er in die Hocke gehen konnte und das war alles, was er brauchte. Und schon war er in Position. Er hörte noch die mächtige Stimme des Teufels von außen. Dieser Teufel würde sich noch warm anziehen müssen. Nero sammelte alle Kraft und richtete sich mit einem Schlag auf. Die Trümmer schienen nicht schwerer zu sein als eine Feder. Es dauerte nur Sekunden, bis sich der Staub, den er aufgewirbelt hatte, wieder gelegt hatte. Dann stand er schon wieder vor dem Teufel, der wirklich nicht schlecht schaute. „Bei den Höllen! Was bist du?“, fragte er ungläubig. „Ich bin der Ungläubige, ein Schatten in den Ebenen. Ein Flüstern nur, ein Lied für dich. Deine Seele singt den Refrain für mich.“, sagte Nero leise. Wie diese Worte sich in seine Gedanken geschlichen hatten, war ihm egal. Ab jetzt hatte er auf jedenfalls einen coolen Spruch für seinen Auftritt. Der Bateezu hingegen stand mit offenem Maul vor ihm und starrte ihn stumm an. Kein Muskel bewegte sich. Er schien einfach nur erstarrt zu sein. Langsam stieg Nero über den Schutt zu seinen Füßen und war froh wieder ebenen Boden unter den Füßen zu haben. Ups, ich glaube dein Arm ist ein wenig entartet, meinte seine Innere Stimme leise. Irritiert betrachtete Nero seinen Arm. Und seine innere Stimme hatte ihn nicht angelogen. Der Ärmel des Mantels war nur noch an der Schulter als Fetzen vorhanden. Der Arm war feuerrot. Und als er langsam mit der Hand darüber fuhr konnte er kleine Unebenheiten fühlen. Des weiteren fühlte er sich zum einen Heiß, zum andern Kalt an. Auch seine Hand war nicht mehr hundert prozentig menschlich. Seine Finger wirkten dicker und anstatt der Fingernägel hatte er fast fünf Zentimeter lange Krallen. „Passt ja zu einem Freak wie mir.“, meinte er gelassen und betrachtete den Arm weiterhin. Nimmst es ja echt gelassen, meinte die Stimme sarkastisch. „Warum sollte ich mich drüber aufregen.“, sagte Nero und wandte sich wieder seinem Gegner zu, „Muss mir nur nen neuen Mantel kaufen.“ Zu Neros Leidwesen hatte sich der Teufel wieder gefangen. Doch mehr als ihn verdattert anzusehen und auf ihn zu zeigen brachte er nicht fertig. Nero hingegen packte das Schwert fester und ging entschlossen, die Sache zu beenden, auf seinen Gegner zu. Erst als der Jäger den Teufel fast erreicht hatte, erwachte dieser aus seiner Starre. Doch da war es schon zu spät. Mit einem Satz sprang Nero nach vorne und stieß mit dem Schwert zu. Die Klinge Bohrte sich in die Brust des Teufels. Plötzlich begann die Energie die Klinge entlang zu fließen und drang in den Körper des perplexen Teufels. Sekunden später riss dieser sein Maul auf und entließ einen markerschütternden Schrei. Und von einer Sekunde auf die Nächste löste sich der massive Leib des Teufels in Nichts auf, das Einzige was blieb war die pulsierende, rote Klinge. „Unglaublich.“, flüsterte der Gardist beeindruckt und beängstigt zugleich, „So eine Macht habe ich noch nie gesehen.“ Und das war mehr als die Wahrheit. Er hatte, trotz seines Ranges als Elite-Gardist, noch nie einen Bateezu gesehen, oder gar bekämpft. Doch dieser Jäger stellte die ganze Ordnung auf den Kopf. Mit einer spielerischen Leichtigkeit hatte er den Teufel in Nichts verwandelt, ihn einfach aufgelöst. Es dauerte Sekunden, bis er merkte, dass das Mädchen schwieg. Langsam sah er sie an. Und der Schreck lies fast sein Herz stehen. Sie zitterte, weinte, verkrampfte sich. Doch das schlimmste war die lila Aura, die sie Komplett umfangen hatte. „Was ist los?“, fragte er verwirrt. „Spürst du es nicht?“, fragte sie und die Stimme klang gebrochen. Entsetzt riss der Gardist die Augen auf. Doch er spürte es. Und es verhieß nichts Gutes. „Den hätten wir auch geschafft.“, meinte Nero triumphierend. Aber es ist noch nicht vorbei sagte seine innere Stimme knurrend. Kaum hatte er es vernommen, sammelte er sich, schärfte seine Sinne. Und dann spürte er es. Eine Macht, die sich auf sie zu bewegte. Und diese lies den Bateezu geradezu schwach aussehen. „Das kann nicht sein!“, rief er entsetzt. Und doch ist es so, erwiderte seine innere Stimme kalt. Hastig drehte sich Nero um seine eigene Achse, versuchte den Herkunftsort zu bestimmten. Doch die Macht drang von überall auf sie ein. Aber von wo kam sie? Instinktiv sah er hinauf in den Himmel. Und da sah er den Gardisten und das Mädchen, was einer Erinnerung zum verwechseln ähnlich sah. Bruchteile einer Sekunde später realisierte er die Wolke an negativer Energie, die das Mädchen umfing. Sie ist wie ein Leuchtfeuer, stellte Nero entsetzt fest. Eher wie ein Flächenbrand, korrigierte seine innere Stimme. Plötzlich begann der Boden zu beben. Hastig ging der Jäger in die Knie, rammte das Schwert in den Boden und stützte sich mit seinem veränderten Arm ab. Und aus den Tiefen der Hölle werden sie sich erheben..., begann die Stimme. ... um die Welt in Finsternis und Feuer zu hüllen, beendete Nero den Satz. Kaum war das letzte Wort verklungen brach die Erde, keine zwanzig Meter vor ihm auf. Und aus dem Spalt erhob sie ein massives Steinernes Tor, reichlich verzieht mit Obskuritäten und blasphemischen Anstößigkeiten. Die Torflügel selbst sahen aus wie eine dämonische Fratze. Und zu allem Überfluss öffneten sie sich langsam. Nero verschlug es den Atem. Nicht nur wegen der verbrauchten, Schwefel versetzten Luft, die durch das Tor drang, sondern auch wegen dem, was dahinter wartete. „Balor.“, flüsterte Nero leise. Leise und langsam schlich sich die Angst in sein Herz. Ein Bateezu war eine Sache, aber ein Balor eine ganz andere. Sie waren hohe Teufel und viele auch als Erzteufel bekannt, die Handlanger Satans. Stärke deinen Willen gegen die Angst, befahl seine innere Stimme, es ist auch nur ein Gegner, wie jeder andere. Bis auf die Tatsache, dass dieser keine Probleme hat, ganze Kontinente zu zerstören, meinte Nero trocken. Aber der Zuspruch hatte geholfen. Er war nicht allein, und das war die Hauptsache. In der Zwischenzeit hatte sich das Tor ganz geöffnet und gab die Abscheulichkeit frei. Der Balor war fast anderthalb mal so groß wie der Bateezu. Der Kopf ein blanker Ziegenschädel, in dessen Augenhöhlen blutrote Flammen loderten. Die Flügel auf dem Rücken waren nur Knochen, umgeben von Flammen. Das war das erste mal,das Nero einem solchen Gegner gegenüberstand. Zwar hatte er schon zuvor zwei Bateezu erledigt, aber das hier war eine ganz andere Liga. Langsam und unaufhaltsam beschlich ihn das Gefühl, dass sein Schwert nicht ausreichen würde. Hast du noch einen Trumpf im Ärmel?, fragte Nero besorgt sein Innerstes. Nicht ohne dich zu töten, erwiderte diese nun ebenfalls besorgt. Unaufhaltsam, wie eine Naturgewalt, schritt der Balor durch das Tor. Und mit jedem Schritt schien er zusätzlich an Masse und Macht zu gewinnen. Und dann schloss sich das Tor hinter ihm. Forschend streckte er den Kopf in die Luft. „Danke an denjenigen, der so dumm war, mich zu rufen.“, reif er laut. Seine Stimme war eine Mischung, die Unheil versprach. Tief wie ein Bass und doch wie Fingernägel, die über eine Schiefertafel gezogen wurden. Und mit jedem Wort drang eine sichtbare Wolke des Verfalls aus dem Maul des Monsters. Wieder lies der Balor seinen Blick über die, scheinbar neue Umgebung, wandern. Bis er Nero entdeckte. „Willst du etwa gegen mich Kämpfen, Mensch?“, fragte der Teufel amüsiert. „Und wenn es so wäre?“, entgegnete Nero und versuchte überlegen zu wirken. Plötzlich stand der Balor vor ihm, zu voller Größe aufgerichtet und starrte ihn von oben herab an. „Das wäre schlecht für dich.“, sagte der Teufel kalt, „Du weist nicht, welche Macht ich habe.“ Entsetzt taumelte Nero zurück und stürzte. Er hatte keine Bewegung des Wesens gesehen und auch nicht gespürt. Was für eine Macht! So wie alle Balor., verkündete seine innere Stimme ruhig. Wie kannst du nur so ruhig bleiben? fuhr Nero sie an. Gewohnheit, meinte diese nur und Nero hatte das Gefühl, dass sie amüsiert war. Gemächlich neigte der Balor seinen Kopf und sah Nero das erste mal richtig an. Der Jäger hatte das Gefühl,als würde sich das Feuer aus den Augen tief in seine Seele brennen. Doch mit einem mal wurden die Flammen kleiner und breiter. Es wirkte auf ihn, als würde der Teufel die Augen zusammen kneifen. „Woher hast du dieses Schwert?“, fragte er leise. Doch auch, wenn es fast ein flüstern war, was aus dem Schlund des Teufels drang, fühlte sich Nero als würde sein Kopf gleich platzen. „Das geht dich nichts an.“, antwortete Nero und legte alle Abscheu, die er empfand in diese Worte. „Du weist nicht, was du da in der Hand hältst, oder?“, fragte der Teufel erneut und musterte ihn für Sekunden, „Nein, das weist du wirklich nicht.“ „Ich weis nur, dass ich damit den schwarzes Herz pfählen werde.“, reif Nero wutentbrannt. „Dann lass das Schauspiel beginnen.“, sagte er und deutete eine Verbeugung an, „Den letzten Akt deines Lebens.“ Mit einem Satz sprang Nero auf und stach mit der Klinge nach dem Teufel, der kaum eine Armeslänge von ihm entfernt war. Doch kurz bevor die Klinge ihn berührte verschwand der Teufel. Und schon im nächsten Moment fand sich Nero in der Luft wieder. Seine Seite schmerzte, doch das war Nebensächlich. Noch in der Luft verlagerte er sein Gewicht und versuchte sich zu fangen. Da konnte er schon das Ende seines Fluges sehen. Eine massive Wand erschien in seinem Sichtfeld. Erneut verlagerte er sein Gewicht und schaffte es seine Füße in Richtung der Wand zu bekommen. Es waren nur Sekundenbruchteile, als seine Füße die Wand berührten, er die Wucht abfederte und sich ab stieß. Sein Ziel war der Teufel, aber er würde nicht noch einmal den selben Fehler machen und einen direkten Angriff versuchen. Statt dessen nutzte er die Sekunden des Fluges um seine Muskeln anzuspannen. Und kurz bevor er den Teufel berührte wirbelte er mit ausgestreckter Klinge herum. Auch wenn sein Flug dadurch unkontrollierbar wurde und die Landung in einem einzigen Sturz endete. Als er den Balor erblickte hellte sich seine Laune jedoch auf. An der Seite war eine Wunde, eher ein Kratzer. Auch wenn es nur Tropfen waren, die aus dem Leib des Teufels drangen, so hatte er ihn doch verletzt. Verdutzt sah der Balor an sich herab und sah den Rinnsal an seiner Seite. Aber anstatt wütend los zu brüllen und den halben Kontinent in Asche zu verwandeln sah er ruhig auf. „Tollkühn.“, sagte er ruhig, das Kreischen war aus der Stimme gewichen, „Und ich schulde euch Respekt, Krieger. Seit Jahrtausenden hat man mich nicht mehr verletzt.“ Langsam streckte er den Arm zur Seite. Im nächsten Moment schoss eine Flammen aus seiner Pranke und nahm die Form eines riesigen Schwertes an. „Mut habt ihr, doch wie sieht es mit euren Kampffähigkeiten aus?“, fragte er neugierig. „Wenn dann ein fairer Kampf.“, erwiderte Nero ruhiger. Der Teufel nickte nur, umfasste den Griff des Schwertes mit Beiden Händen und stampfte langsam auf ihn zu. Kämpfen Teufel überhaupt fair?, fragte er seine innere Stimme. Du hast Mut bewiesen und Einfallsreichtum, stellte die Stimme belustigt fest, und ja, Teufel kämpfen fair, denn auch sie kennen die Ehre. Und das reichte ihm. Er wusste, wie viel die meisten Dämonen von Fairness und Ehre hielten. Aber seine innere Stimme irrte sich in so etwas selten. Und jetzt hatte er auch eine reelle Chance gegen das Ungetüm. Sein Schwert konnte ihn verletzen, und wenn er nicht mehr so schnell wäre, könnte er ihn öfter Treffen. Der Teufel war zwar bei weitem Kräftiger, dennoch hoffte Nero auf seine Wendigkeit als Vorteil. Er war klein, im Gegensatz zu dem Riesen. Aber eine Mücke ist schwieriger zu treffen als ein Elefant., meinte Nero selbstbewusst. Der Vergleich gefällt mir, gluckste seine Innere Stimme erfreut. Dann kam der erste Angriff. Der Teufel hob sein Flammenschwert über den Kopf und Lies es in einer einzigen Bewegung herunter rasen. Nero hastete zur Seite. Zwar war er dem Schwert ausgewichen, aber die Hitze, als das Schwert den Boden berührte, spürte er trotzdem. Es fühlte sich so an als würde er bei lebendigem Leib verbrennen. Hastig riss er die Arme nach oben und versuchte sein Gesicht vor der Hitzewelle zu schützen. Pass auf, schrie es in ihm. Instinktiv lies er sich zu Boden fallen. Eine Sekunde später fühlte er die Hitzewelle über sich hinweg rasen. Nero fixierte seinen Feind. Dieser hatte bei seinem Schwinger zu weit ausgeholt und hatte das Schwert nur noch in einer Hand. Der Jäger packte die Gelegenheit beim Schopf, vollführte im aufstehen eine Vorwärtsrolle und stürmte auf seinen Feind zu. Doch der Balor hatte sich schneller wieder gefangen als gedacht. Und schon im nächsten Moment kam ihm der nächste Schwinger entgegen. Einem Instinkt folgend hob er den verwandelten Arm und legte sein pulsierendes Schwert dagegen. In der darauf folgenden Sekunde zweifelte er an seinem gesunden Verstand. Das das Schwert, ob mit oder ohne verwandelten Arm, das Schwert seines Gegners aufhalten konnte, war mehr als unwahrscheinlich. Aber für etwas anders hatte er einfach keine Zeit. Und so betete er, dass er den Angriff wenigstens überleben sollte. „Idiot!“, schrie der Gardist von oben. Er konnte nicht glauben, dass der Junge den Angriff parieren wollte. Im besten Fall, würde er wie ein Tischtennisball durch die Gegend geschleudert und würde sich einiges Brechen, und im schlimmsten einfach verpuffen. „Verschwinde da!“, schrie das Mädchen. Doch da war es schon zu spät. Das Schwert des Teufels war zu nah, als das er noch etwas anderes tun konnte. Und vor seinem Inneren Auge, sah er den Jäger schon in dem Schwert verpuffen. Und von der Position hier oben würde er alles sehen können. Innerlich wappnete er sich schon vor dem unvermeidbaren. Nero wagte es nicht den Blick abzuwenden. Auch wenn es vielleicht besser wäre. Aber der Anblick des Flammenschwert hatte ihn gefangen genommen. Und gespannt betrachtete er es, als es näher kam. Plötzlich flutete reine, rote Energie aus seinem Schwert. Und dann trafen die Schwerter aufeinander. Doch anders als Gedacht passierte ihm nicht. Die Energie seines Schwertes erinnerte ihn an eine riesige Flutwelle, als sie sich um die Flammen legte, die nur Sekunden später verschwanden und den Teufel unbewaffnet zurück liesen. „Unmöglich!“, schrie der Teufel. Aber dieses mal versetzte mich dieser Schrei nicht in Angst oder Panik. Im Gegenteil. Er sorgte dafür, das er ruhiger wurde. „Wie kann dein Schwert meine Magie bannen?“, reif er unsicher. Doch Nero nutzte die Chance, hob das Schwert über den Kopf und fühlte, wie Energie die Klinge verlängerte. Der Teufel sah auf und die Flammen in einen Augen weiteten sich. Dann lies der Jäger das Schwert nach unten Gleiten. Der Gardist traute seinen Augen nicht. Das Flammenschwert war einfach verschwunden und das Schwert des Jägers hatte eine unglaubliche Menge an Energie dafür freigesetzt. Und nun hielt er sein Asiatisches Schwert über dem Kopf, nur um im nächsten Moment zuzuschlagen. Die Klinge glitt durch den Teufel, hinterlies aber keine sichtbare Verletzung. Doch der Teufel taumelte, machte ein, zwei Schritte zurück, bevor er stürzte. „Das ist unmöglich.“, sagte er und seine Stimme klang seltsam normal, "Einfach nur unmöglich, dass mich ein Mensch besiegt.“ Nach einem letzten Aufbäumen blieb er liegen. Und wie der Bateezu vor ihm, begann er sich aufzulösen. Jedoch nicht von einer Sekunde auf die andere, sondern langsamer. „Endlich geschafft.“, keuchte Nero. Der Kampf hatte ihn mehr Kraft gekostet, als er geglaubt hatte. Erschöpft ging er in die Knie und sah dem Teufel zu, als dieser sich auflöste. Du hast sehr gute Arbeit geleistet, Nero, lobte seine innere Stimme. Doch er war zu fertig um sich zu bedanken. Und zu allem Unglück begann das typische Stechen und ziehen in seinem Arm. Neugierig betrachtete er die schmerzende Extremität. Langsam verschwand das rot und die unnatürlichen Proportionen. Der Prozess dauerte nur Sekunden. Danach sah er auf einen normalen nackten Arm. Alles sah so aus, wie es auszusehen hatte. „Wie geht es dir?“, hörte er eine aufgebrachte Mädchenstimme. Nero sah auf und erkannte das Mädchen, welches auf ihn zugelaufen kam. Hinter ihr lief der Gardist und warf wieder und wieder einen skeptischen Blick vergehenden Teufel. „Ich bin nur geschafft.“, sagte Nero und versuchte zu Lächeln, „Und ihr? Alles in Ordnung?“ „Uns geht es gut.“, sagte sie und begann zu Lächeln. „Und das haben wir nur dir zu verdanken.“, meinte der Gardist. Und so wie er es sagte klang es auch nach der Wahrheit. Nero sah den Gardisten Lächelnd an. Dieser war kreidebleich und auch die Beine schienen ihn nicht mehr tragen zu wollen. „Alls in Ordnung bei dir?“, erkundigte sich der Jäger. „Was willst du nach so etwas erwarten?“, fragte dieser und lachte freudlos, „Die Garde hätte das nicht so sauber geschafft.“ Doch der letzte Satz klang verletzend. Mehr als das. Der junge Mann konnte auch Zweifel in diesen Worten hören. „Darf ich eine Frage stellen?“, erkundigte sich der Gardist plötzlich. Nero nickt gespannt. „Was treibt euch an?“, platzte die Frage aus ihm heraus, „Was gibt euch die Kraft so zu kämpfen?“ „Der Verlust.“, erwiderte Nero und spürte wie Trauer sich in seine Worte einschlich, „Viele von uns Kämpfen um zu Rächen. Viele haben Freunde, Gefährten und Familie verloren, bevor sie zu uns gekommen sind.“ Dann spürte er den blick des Mädchens auf sich, wie sie ihn neugierig ansah. „Auch ich habe Freunde verloren, bevor ich zu der Gemeinschaft gefunden habe.“, erzählte Nero offen, „und einer sah dir zum verwechseln ähnlich.“ Neros Blick und der des Mädchens trafen für Sekunden, bevor sie betreten zu Boden blickte. „Aber das ist Vergangenheit.“, versuchte er sich aus der Situation zu retten und quälte sich auf die Beine. Doch kaum hatte er Anstalten gemacht aufzustehen, war schon der Gardist bei ihm und reichte ihm die Hand. Dankbar schlug Nero ein und lies sich auf die Beine ziehen. „Ihr seid gar nicht so schlecht, wie man denkt.“, meinte Nero offen und verfluchte sich gleich für diesen dummen Spruch. „Das selbe kann ich von euch sagen. Wenn alle Jäger so sind, verstehe ich nicht, warum unsere Ältesten gegen eine Partnerschaft sind.“, meinte der Gardist. Und mit jedem Teil dieses Gesprächs wurde er Nero sympathischer. „Wir können uns ja mal außerhalb vom Dienst treffen und Diskutieren.“, schlug er kurzerhand vor. „Oder zum trainieren.“, erwiderte der Gardist, „Eure Art mit dem Schwert zu Fechten ist unglaublich.“ „Oder für sowas.“, meinte Nero lächelnd, „Doch zuerst will ich eine Badewanne und ein weiches Bett.“ „Das kann ich gut verstehen.“, sagte er Gardist. Höflich trat er einen Schritt zurück und verbeugte sich, wobei er seine Flügel ausbreitet. „Es war mir eine Ehre eurem Kampf beizuwohnen, Jäger.“, verkündete der Gardist höflich. „Mein Name ist Nero.“, meinte er knapp. Langsam schleppte er sich vorbei und klopfte dem Gardisten auf die Schulter. „Und du kannst mitkommen.“, rief der Jäger über die Schulter, „Wir passen schon auf dich auf.“ Dann war das Mädchen auch schon an seiner Seite. Hinter sich konnten sie nur das Schlagen von Flügeln hören. Und Nero wusste, dass er heute Abend, inmitten von Blut und Hölle, einen neuen Freund gefunden hatte. Kapitel 5: Verlieren, Verlust, Verloren --------------------------------------- Langsam schlich Nero mit dem Mädchen in Richtung Ausgang. Er wollte einfach nur noch das Schlachtfeld verlassen und irgendwo schlafen. Zuerst die ganze Nacht einem Schatten hinterher rennen, drei Graue ins Nirvana schicken, nein, er musste auch noch zwei Teufel abbekommen. Aber wenigstens waren damit die Finanzen für das kommende Jahr unter Dach und Fach. Gemächlich zog er das Telefon aus der Tasche. Erstaunt sah er auf die Anzeige. Trotz der ganzen Stürze und allem, was es heute mitmachen musste lief es einwandfrei, auch wenn die Schale mehr als einen Sprung hatte. In aller Ruhe suchte er die Nummer von Thomas, dem Fahrer aus der Anrufliste und betätigte zufrieden den grünen Hörer. „Nero?“, fragte der Mann vorsichtig durchs Telefon. „Nein.“, meinte Nero und musste leicht Grinsen, „Kannst schon mal den Motor anmachen, bin gleich da. Und benehme dich, ich hab ich habe eine Dame dabei.“ „Schon klar.“, erwiderte dieser und legte auf. Nero konnte nur mit dem Kopf schütteln und hoffen, dass er sich doch in Bewegung setzte. Denn langsam begannen die Schmerzen einzusetzen. Während des Kampfes brauchte er sich über sowas kaum Gedanken machen. Einerseits war da das Adrenalin, welches den Schmerz unterdrückte, zum anderen auch keine Chance, sich seiner Schmerzen bewusst zu werden. Doch jetzt kam die trügerische Ruhe, und alles kam mit einem mal zurück. „Ist alles in Ordnung?“, fragte das Mädchen plötzlich. Überrascht sah Nero sie an und versuchte sich ein Lächeln abzuringen. Aber sogar seine Gesichtsmuskeln brannten wie Feuer. „Ich hab es einfach übertrieben.“, meinte er ruhig, „Das ist nicht das erste Mal.“ Sie ließ den Kopf hängen und er konnte spüren, wie sie sich Vorwürfe machte. „Aber das Leben habe ich gewählt und ich steh dazu.“, meinte Nero in dem Versuch sie aufzumuntern. „Und ich habe dich fast umgebracht.“, sagte sie traurig, „Ich weiß, was der Ring macht. Er zieht diese Dinger an. Aber ich habe ihn schon so lange ich mich erinnern kann und kann ihn nicht abnehmen.“ „Dann lass mal meinen Chef einen Blick drauf werden und hör dir an, was er zu sagen hat.“, sagte er und legte vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. Sie wird es verkraften, meldete sich seine innere Stimme zu Wort. Ich hoffe es. Ich würde es nicht verkraften, wenn ihr noch einmal etwas Widerfahren würde, erwiderte er besorgt. Sie sind nicht dieselbe Person, das weißt du doch. Also hör auf dich in Selbstzweifel zu verlieren, schalt sie ihn. Stumm stimmte er zu. Vergangen ist vergangen und er sollte eher nach vorne sehen, der Zukunft entgegen. Doch das war gar nicht so einfach, wenn die Vergangenheit neben einem lief. „Du solltest mich am besten hier lassen.“, meinte sie plötzlich, „Wenn mich eines dieser Dinger findet haben so Viele weniger zu leiden.“ „Wenn du so etwas nochmal sagst knallt es.“, meinte Nero kalt. Und er würde es auch Wahr machen. „Aber es ist doch wahr!“, rief sie aufgebracht. Kaum hatte sie es gesagt fuhr Nero herum und packte ihren Arm. „Du weißt nicht was du sagst!“, brüllt er sie an, „Der Tod ist niemals eine Lösung!“ „Und woher willst du das wissen?“ „Weil ich schon mehr Tod in meinem Leben gesehen habe als du glauben würdest. Ich habe schon so viele Monster sterben sehen und auch viele Menschen. Was hat es Gebracht? Nichts?“, fuhr er sie wütend an, „In meinen Armen sind Freunde und Kollegen gestorben! Doch das einzige was passiert ist, ist das wir weiter machen. Die Leere ausfüllen wollen, die ihr Tod verursacht hat!“ Er atmete einmal tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Es war falsch sie anzuschreien. „Entschuldige.“, meinte sie plötzlich und Nero sah sie verwirrt an. „Die ganze Nacht hat mir nicht gut getan.“, sagte sie leise. „Ich muss mich entschuldige. Ich hätte dich nicht anschreien dürfen.“, erwiderte der Jäger reumütig. „Ich glaube, ein bisschen Schlaf würde uns beiden ganz gut tun.“, sprach sie seine Gedanken aus. Nero nickte und richtete seinen Blick wieder nach vorn. Langsam bogen ein paar Scheinwerfer um die Ecke. Das Taxi war endlich da. „Um auf das Thema zurück zu kommen.“, meinte er nebensächlich und sah sich schon in einem weichen Bett liegen, „Wenn du diese Dinger damit beschwören kannst, kannst du sie vielleicht auch Kontrollieren. Mein Chef hat mit sowas Ahnung und wird dir helfen, das weiß ich.“ Sie sah den jungen Mann an und begann zu Lächeln. Und er spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. Doch das war nur ein Augenblick. Pass auf!, schrie seine innere Stimme. Doch da war es schon zu spät. Etwas warf sich gegen ihn und riss ihn zu Boden. Der Versuch sich aufzurichten wurde im Keim erstickt, denn das Etwas packte ihn und warf ihn herum. Kaum war er auf dem Boden aufgekommen, rollte er sich herum, wollte seinen Angreifer sehen, doch da der schon über ihm. Glutrote Augen starrten ihn aus einem schwarzen Gesicht an. „Du hast meinen Bruder erschlagen.“, hauchte sie ihm mit stinkendem Atem entgegen, „Dafür töte ich dich.“ Im nächsten Moment spürte er schon zwei Hände an seinem Hals, und die waren nicht gerade zimperlich. Nero schlug um sich, traf auch mehrmals, aber es brachte nicht. Der Abend hatte ihn zu sehr mitgenommen, als das er noch zu ernsthafter Gegenwehr fähig wäre. Hastig versuchte er an sein Gewehr zu kommen, doch noch nicht einmal dafür reichte seine Kraft mehr. Hilf mir!, schrie er seine innere Stimme an, Gib mir Kraft! Das kann ich nicht, sonst stirbst du, erwiderte sie gedrückt. Aber eines wusste er gewiss: Egal wie, er würde heute Abend sterben. Ein plötzliches Knurren ließ ihn aufhorchen. Der Druck an seinem Hals wurde schwächer. Langsam kehrten seine Sinne zurück. Dann war das Knurren wieder da. Vorsichtig legte er den Kopf in den Nacken. Und die Zeit schien still zu stehen. Keinen halben Meter weit entfernt stand ein pechschwarzer Wolf. Nein, kein Wolf, ein Schatten, mit gefletschten Zähnen. Er hatte schon von Tierschatten gehört, auch wenn diese extrem selten waren, aber geglaubt hatte er es trotzdem nicht. Erneut klang das Knurren. Und in Gedanken fragte er sich, was wohl besser wäre: Von einem Schatten erwürgt, oder von einem anderen gefressen. Plötzlich schoss der Wolf nach vorn und riss sein Maul auf. Die Zähne waren bestimmt fünf Zentimeter lang und messerscharf. Und es waren verdammt viele. Doch nicht er war das Ziel, wie er Sekunden Später erkannte. Die Mächtigen Kiefer hatten sich in die Schulter und die Brust des Schattens gegraben, der sofort von dem Jäger ab lies. Dann waren es nur Sekunden, ein Anspannen der Muskeln, und der Schatten fiel leblos zu Boden. Der Wolf drehte seinen Kopf und eisblaue Augen sahen ihn an. Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus. Doch der Wolf drehte sich nicht um, sondern lief gerade aus und legte sich hin. Panik begann an Nero zu reißen. Er war direkt zu dem Mädchen gegangen. Und selbst liegend war er bestimmt einen Meter groß. „Pass auf!“, rief er Jäger und versuchte mit seinen fast tauben Gliedmaßen an das Gewehr zu kommen. „Es ist in Ordnung.“, erwiderte sie ruhig und legte der Schattenbestie die Hand auf den Kopf, „Ich habe ihn gerufen.“ Ungläubig sah Nero die junge Frau an. Sie hatte es geschafft ein Wesen zu beschwören, dessen Existenz nicht einmal bestätigt war und sie hatte es geschafft es unter ihre Kontrolle zu bringen. Der Tag wurde einfach immer verrückter. „Ich wollte dir helfen, aber ich wusste nicht wie.“, sagte sie kaum hörbar, „Ich kann nicht kämpfen und Waffen haben ich auch nicht. Ich hab um Hilfe gerufen. Und er ist dann aufgetaucht.“ Während sie das sagte, tätschelte sie weiter den Kopf des Wolfs. Das Schwanzwedeln zeigte, dass es ihm eindeutig gefiel. „Ich mach dir daraus keinen Vorwurf, es hat mich nur überrascht.“, erwiderte der Jäger und versuchte gelassen zu klingen, „Aber du solltest ihn wieder wegschicken. Nicht alle sind so aufmerksame, verständnisvolle Zuhörer wie ich.“ Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht und sie nickte. Vorsichtig drehte sie den Kopf des Wolfs, so dass er sie ansah. „Vielen Dank für deine Hilfe, aber du solltest wieder gehen.“ Einen Moment lang, sah er sie einfach an. Nur einen Wimpernschlag später schien er zu zerfließen, gab seine feste Form auf. Doch anstatt im Boden zu versickern, oder irgendwie anders zu verschwinden, bewegte sich die Masse um ihre Füße. Langsam begann sie in ihrem Schatten zu verschwinden. „Ich glaub der mag dich.“, sagte Nero mit einem schwachen Grinsen und stand auf, „Der lässt dich nicht mehr allein.“ Zum einen war er froh, dass sie jetzt einen Beschützer hatte, zum anderen hatte er Angst, dass diese Bestie alles zerfleischen würde, was sie als Bedrohung empfand. Und das konnte verdammt viel sein. „Dann pass ich auf, das er keinem etwas tut.“, sagte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Was war denn das für eine Freakshow!“, rief jemand neben Nero ungläubig. Erschrocken fuhr er herum. Neben ihm stand das Auto und Thomas hatte sich aus dem Fenster gelehnt. Er musste echt fertig sein, wenn er ein Auto nicht mitbekam. „Erzähl ich dir irgendwann mal.“, erwiderte Nero und winkte das Mädchen heran. Hastig öffnete er die hintere Tür und lies dem Mädchen den Vortritt. Erst als sie sicher saß gesellte er sich zu ihr. Langsam setzte der Wagen zurück. Ohne Schramme verließ er das alte Lagergelände. „Willst du mich nicht mal vorstellen?“, fragte Thomas neugierig. „Tanja.“, sagte sie und rang sich ein Lächeln ab. Kann das denn ein Zufall sein, fragte sich Nero. Hör endlich auf mich und lass Vergangenes vergangen sein, erwiderte seine innere Stimme ohne zögern. „Und wo soll es hingehen?“, erkundigte sich der Fahrer gewohnt freundlich. „Nach Hause.“, sagte Nero und versuchte es sich im Auto bequem zu machen. „Dann macht es euch mal gemütlich da hinten.“, sagte er und grinste sie über die Schulter an. Tanja saß schweigend neben ihm. Vorsichtig sah er zur Seite. Sie sah auf den Boden, die Augen halb geschlossen. Die Nacht war zu viel für sie. Aber für einen normalen Menschen war das eine normale Reaktion. Die ersten Nächte, in denen er auf die Jagd gegangen ist, ging es ihm ähnlich. Auch heute noch hatte er Nächte, die er mit dem Kopf auf dem Tisch verbrachte und erst bei den ersten Sonnenstrahlen wieder aufwachte. Und heute war so eine Nacht. Aber er hatte noch genug zu tun. Zwei wichtige Sachen musste er noch mit seinem Chef klären, erst dann konnte er sich eine Mütze voll Schlaf holen. „Nero?“, fragte Tanja leise. Neugierig sah er sie an. In ihren Augen lag ein Hauch von Angst. „Werden sie mich akzeptieren?“ „Sie werden dich nicht auf die Straße setzten, oder aus dem Lokal werfen.“, erwiderte der Jäger lächelnd, „Auch wenn einige von ihnen etwas raue Umgangsformen haben werden sie für dich sorgen.“ „Aber werden sie mich nicht verurteilen für das was ich kann?“ „Warum sollten sie?“, fragte Nero neugierig, „Unter den Jägern gibt es Leute mit ganz speziellen Fähigkeiten. Gedankenlesen, Telekinese und sogar den ein oder anderen Dämon.“ Als er die Dämonen erwähnt hatte, spürte er, wie sich alles in ihr verkrampfte. „Diese Dämonen sind friedlich. Sie Kämpfen gegen ihre Artgenossen und schlimmeres, weil sie diese Welt beschützen wollen.“, erklärte er und hoffte, dass es sie beruhigte. „Warum?“, fragte das Mädchen apathisch. „Weil sie es wollen.“, erwiderte Nero gelassen, „Weil ihnen diese Welt gefällt, weil sie sich in einen Menschen verliebt haben, oder weil es sich einfach richtig an fühlt. Dämonen sind in ihrem Charakter genauso vielfältig wie Menschen.“ Und mit dieser Antwort begann sie wieder auf ihre Füße zu sehen. „Sieh dir die Gemeinschaft erst einmal an, dann kannst du dich immer noch entscheiden.“ Und mit diesen Worten ließ er sich wieder in den Sitz sinken und schloss die Augen. Ein großer Fehler wie es sich Sekunden später herausstellen sollte. Als er die Augen öffnete befand er sich wieder in dem Schwarzen Raum. „Schläfst du während Autofahrten immer ein?“, fragte die schemenhafte Gestalt seiner inneren Stimme. „Man kann jede Pause gebrauchen.“, erwiderte Nero grinsend und lies sich an einer der schwarzen Wände hinab gleiten. „Das mag ja sein, aber musst du immer wieder hierher kommen?“, hakte die Gestalt nach. „Ich such mir das nicht aus.“, erwiderte er und sah den Schemen an, „Außerdem ist das mein Innerstes, da kann ich machen was ich will.“ „Und ich hab als Untermieter keine Rechte, oder was?“, kam die Frage zurück, „Aber mal im Ernst. Warum reißt du dieses kleine Zimmer nicht ein und gehst mal raus. Ach ja, ich weiß, deine Schuldgefühle treiben dich immer wieder hierher.“ Nero erwiderte nichts. Der Schemen hatte Recht. Für das was damals passiert ist konnte er nichts. Er war nicht schuld. Aber er konnte es auch nicht verhindern. Und genau das fraß an ihm. „Nero, du musst damit abschließen.“, stellte seine innere Stimme fest. „Glaubst du, dass ich das noch nicht versucht habe?“, fragte der Jäger, „Aber wie du sicherlich mitbekommen hast, ist das gar nicht so einfach.“ Im Moment hatte er wirklich keine Lust auf dieses Gespräch. Er war mit den Nerven am Ende. Sein Körper zitterte vor Erschöpfung und das einzige was er wollte war sein Bett. „Aber eine Sache beschäftigt mich noch.“, meldete sich der Schemen, „Was willst du ihr sagen?“ „Das es aus ist. Und ich hoffe sie wird es verstehen.“, erwiderte Nero vorsichtig. „Dann bete lieber, dass sie es verstehen wird. Du warst, seitdem wir uns begegnet sind, kaum noch bei ihr.“, legte seine innere Stimme den Fakt auf den Tisch. „Mir gefiel das auch nicht.“, meinte Nero kalt, „Aber es musste sein.“ „Weil du dir die Schuld gegeben hast.“ „Wäre ich nur ein paar Minuten früher da gewesen, hätte ich sie retten können!“, fuhr Nero den Schemen an, „Und lass mich damit jetzt endlich in Ruhe!“ Der Schemen zuckte zusammen, verbeugte sich dann jedoch, bevor er sich auflöste. Nero wusste, dass er ihn nicht hätte anschreien dürfen. Er machte sich nur Sorgen. Aber das musste er ja zum Glück nicht mehr lange. Träge stand Nero auf. Auch wenn in diesem Raum die Realität keine Bedeutung hatte, so spürte er doch jeden schmerzenden Zentimeter genau. Langsam schlich er zu der Kommode und betrachtete das Bild, die verwischten Gesichter seine Freunde. Er vermisste sie wirklich. Und er hasste sich dafür, dass er sie nicht retten konnte. Seine Hände verkrampften sich und er wünschte, dass er einfach weinen konnte. Aber für Trauer blieb noch genug Zeit. Erneut schloss er die Augen und spürte, wie er fiel, wie sein Geist wieder in seinen Körper fuhr. Langsam schlug er die Augen auf. „Wir sind da.“, sagte Thomas freudig und stellte den Motor ab. Von außen sah das Gebäude wie ein Mehrfamilienhaus aus. Drei Stockwerke und ein dazugehöriges Dachgeschoss, sowie einen riesigen Keller. „Komm, ich will dir mal mein zweites zu Hause zeigen.“, meinte Nero und rang sich zu einem Lächeln durch. Vorsichtig öffnete er die Tür, um nicht den Lack des nebenstehenden Autos zu beschädigen. Nachdem er sich halbwegs vorsichtig an den Autos vorbei geschoben hatte stand er nur noch wenige Schritte von seinem Feierabend entfernt. „Bleib einfach in meiner Nähe.“, sagte er Lächelnd zu Tanja. Erst als sie neben ihm stand, setzte er seinen Weg fort. „Man sieht sich.“, hörte er Thomas von hinten rufen. Zur Antwort hob er die Hand und öffnete mit dieser in der Nächsten Sekunde die Tür. Der Raum erinnerte eher an eine Bar. Ein langer Tresen befand sich an der hinteren Seite des Raumes und Tische standen perfekt angeordnet. Nur noch eine Handvoll Jäger waren da. „Da ist ja unser Held!“, rief einer plötzlich. „Und was hast du heute erledigt?“, kam es von der anderen Seite des Raumes. „Viel wichtiger ist doch, wer die Kleine ist!“, rief ein Dritter und die Versammelten begannen zu Lachen. „Ich bin kein Held, habe heute Genug erledigt und die Kleine spielt nicht in deiner Liga.“, beantwortete er die Fragen hastig und ging zum Tresen. Hinter ihm stand eine junge Frau und sah ihn neugierig an. „Was kann ich heute für dich tun?“, fragte sie mit einem lasziven Unterton. „Dasselbe wie immer, Sukki. Ich muss den Chef sprechen.“, antwortete Nero ohne auf den Unterton einzugehen. Für einen Moment setzt sie einen Schmollmund auf, doch im nächsten verschwand sie in ein Hinterzimmer. „Wer ist das?“, fragte Tanja verwirrt. „Sukki ist unsere Bardame.“, sagte Nero ruhig, „Und ein Sukkubus.“ „Was?“, fragte sie verwirrt. „Sukkuben sind die Prostituieren der Hölle. Aber anders als ihre irdischen Vertreter nehmen sie für ihre Dienste ein wenig Lebensenergie. Das ist alles was sie zum existieren brauchen.“, erklärte der Jäger. Von ihr kam nur ein knappes „Aha“. Für sie musste es sehr komisch sein, wenn jemand professionell über so ein Thema sprach. Aber was sollte er schon anderes tun? „Der Chef kommt gleich.“, meldete sich die Bardame aus dem angrenzenden Zimmer. Nickend wandte sich Nero an den nächsten Tisch. Noch immer ungläubig folgte Tanja ihm und nahm neben ihm Platz. Eingehend betrachtete Nero das Mädchen. Noch immer war es für ihn ein Rätsel, wie sie so aussehen konnte. Vielleicht war es wirklich nur ein Zufall. Oder eher Schicksal? Oder er war schlicht und ergreifend im Begriff verrückt zu werden. Sie sah genauso aus wie in seiner Erinnerung. Eine lebendige Erinnerung. „Zufall.“, meinte Nero schwach lächelnd. „Wie bitte?“, fragte Tanja plötzlich. „Ich hab nur Laut gedacht.“, erwiderte er noch immer lächelnd. Obwohl es ihn innerlich eher zerriss. Wenn er Glück hatte, würde das heute Abend aber enden. „Ihr wolltet mich sprechen?“, fragte eine sich nähernde Männerstimme. „Abend Chef.“, meinte Nero und drehte sich zu dem Mann. Der Jäger hatte ihn schon vorher wahrgenommen. Das leise laufen des elektrischen Motors hatte ihn verraten. „Wie lief der Abend?“, fragte er forschend. „Rentabel. Ein Schatten, drei Graue, ein Bateezu und ein Balor.“, meinte er gelassen, „Und die junge Dame hier hat einen Schatten erledigt.“ Beeindruckt betrachtete sein Chef sie. Aber sie tat das gleiche. „Damit hast du nicht gerechnet, oder?“, fragte der Mann lächelnd. „Ich wusste nicht, dass sie im Rollstuhl sitzen.“, antwortete sie leise. „Arbeitsunfall.“, erwiderte er gelassen, „Aber wie hast du den Schatten erledigte?“ „Sie hat unwissend einen Tierschatten beschworen und an sich gebunden.“, sagte Nero ruhig und nippte an seinem Glas, „Und du solltest dir mal ihren Ring ansehen.“ Ungläubig sah sein Chef zwischen ihr und Nero hin und her. Nach gut einer Minute ging er dann zur Betrachtung des Ringes über und nahm ihre Hand. Er drehte und wendete ihre Hand im Bereich des möglich, nahm den Ring aus jedem Winkel in Augenschein. „Sehr interessant.“, sagte er, nachdem er die Untersuchen abgeschlossen hatte, „Loswerden und damit umgehen?“ „Ich kann ihn loswerden?“, fragte sie verblüfft. „Ja, auf zwei Möglichkeiten.“, begann sein Chef, „Entweder wir versuchen die Magie zu brechen, was die Hölle auf Erden beschwören kann, oder wir amputieren den Finger.“ Hastig verbarg sie die Hand in ihrer anderen. „Dann also damit umgehen.“, erwiderte der Mann grinsend. Unsicher sah sie zu Nero. „Er ist manchmal Komisch, aber daran gewöhnt man sich.“, meinte er entspannt, „Ich glaube, dass ist der Arbeitskoller in dem Beruf.“ „Dann zu dir.“, meinte der Mann plötzlich und wandte sich an den Jäger, „Warum willst du mit mir sprechen?“ Mit einem letzten Zug leerte Nero das Glas, erst dann wandte er sich an seinen Arbeitgeber. „Ich bin fertig.“, sagte er knapp. Schon im nächsten Moment war Sukki neben dem Tisch und nahm das Glas mit. „Schon?“, fragte der Mann. „Garver, ich müsste doch am besten wissen, wann ich fertig bin, oder?“, fragte Nero mit eindringlich. „Wann willst du anfangen?“ „Jetzt.“, erwiderte der Jäger fest entschlossen. Garver saß ruhig in seinem Rollstuhl und schien in Gedanken versunken zu sein. Dann nickte er schwach. „Was du willst, sollst du kriegen.“, sagte er genauso entschlossen wie Nero. „Was geht hier vor?“, fragte Tanja verwirrt. „Erklärt er dir irgendwann mal.“, sagte Nero und stand auf. Gerade wollte Tanja es ihm gleichtun, doch da legte er seine Hand auf ihre Schulter. Ihr fragender Blick traf sie, doch er schüttelte nur mit dem Kopf. Dann sah er die Bardame an. „Sukki, sie braucht eine Unterkunft und Verpflegung.“ „Sofort, Nero.“, erwiderte sie freundlich. Dann glitt sein Blick wieder zu seinem Chef. „Gehen wir, Garver.“ Gefühlte Stunden später hatten sie den geräumigen Keller erreicht. Drei Etagen waren sie in die Tiefe gegangen. Aber endlich waren sie am Ziel. „Mussten wir soweit runter?“, fragte Nero missmutig. „Sicher ist sicher.“, erwiderte Garver ruhig. Sein Rollstuhl glitt fast Lautlos an dem Jäger vorbei und hielt auf einem kleinen Kreis, gerade groß genug, dass sein Gefährt hineinpasste. „Und du bist dir ganz sicher.“, fragte er erneut. Nein, Nero war sich ganz und gar nicht sicher. Aber es war der erste Schritt zu einem halbwegs normalen Leben. Es wäre eine drastische Veränderung, aber das war es nicht zum ersten Mal. „Ja, ich bin mir sicher.“ Lügner, erwiderte seine innere Stimme amüsiert. Du weißt, was das hier bedeutet, oder?, fragte Nero zurück. Seine Stimme schwieg. Sie wusste, was jetzt passieren würde. Ja, sagte sie schließlich, Aber es ist Zeit. Ja, das war es. Vier Jahre waren sie jetzt zusammen durch dick und dünn gegangen. Sie war wie sein Gewissen geworden, wie ein Freund. „Dann lass uns anfangen.“, meinte der Mann nach einer gefühlten Ewigkeit. Andächtig schritt Nero vor. Ein weiterer Kreis befand sich im Raum und füllte diesen fast vollständig aus. Nachdem er die Mitte erreicht hatte, drehte er sich wieder zu seinem Chef um. „Fangen wir an.“, sagte Garver ernst und hob seine Hände zur Decke. Leise begann er Worte zu sprechen. Worte in einer fremden, melodisch klingenden Sprache, die nur er kannte. Und mit jeder Sekunde wurde er schneller und lauter. Langsam erschienen Linien in den Kreisen, gefolgt von Symbolen, die in den Augen schmerzten. Nero drehte sich einmal um sich selbst, versuchte das ganze Gebilde zu erfassen, aber es war zu fein gearbeitet. Mit jedem verstreichenden Augenblick schienen neue Linien und Symbole zu erscheinen. „Die Vorbereitungen sind abgeschlossen.“, sagte Garver mit düsterer Stimme, „Also fangen wir an.“ Er faltete die Hände und begann erneut zu singen. Jedoch war dieses Lied von Disharmonien und schrecklichen Tönen bestimmt. Eine wahre Tortur für die Ohren. Minute um Minute verstrich und der Mann schrie beinahe. Doch dann spürte Nero es. Ein Ziehen und Zerren in seinem Innersten. Im ersten Moment wollte er sich wehren, doch dann realisierte er, dass genau das passieren sollte. Nero versuchte sich abzulenken und sah zu seinem Chef. Er saß unverändert vor ihm und hatte die Augen geschlossen, war in vollkommener Konzentration versunken. Plötzlich hatte Nero das Gefühl, als würde er auseinander gerissen. Er schrie vor Schmerz. Eine Qualvolle Ewigkeit dauerte der Schmerz. Doch dann endete er genauso plötzlich wie er begonnen hatte. Mit einem Keuchen fiel der Jäger auf die Knie. „Es ist Vollbracht.“, sagte eine tiefe Stimme hinter ihm, „Der Pakt ist erfüllt.“ „Dann bist du wieder frei.“, erwiderte Nero ohne seinen Gesprächspartner anzusehen. „Ja, und das verdanke ich dir.“, meinte der andere, „Und deswegen möchte ich auch, dass du mich siehst.“ Ohne Nachzudenken stand Nero auf und drehte sich langsam um. Vor ihm stand ein Wesen, das fast die Decke berührte. Ein Wesen unvorstellbarer Macht. Im Großen und Ganzen glich er einem Bateezu, doch war es größer, stärker. Sie Ledernen schwingen standen in Flammen. Und statt der Facettenaugen waren dort zwei leere Augenhöhlen, in denen Feuer brannte. Eine Mischung aus einem Bateezu und einem Balor. „Was denkst du jetzt, da du mich siehst?“, fragte das Wesen neugierig. „Wie du in mich rein gepasst hast.“, erwiderte Nero und setzt ein schiefes Grinsen auf. Das Mischwesen begann zu Lachen. Aber es waren keine schiefen, schmerzhaften Töne, sondern vollkommene, volle. „Dank dir habe ich meine Rache erhalten.“, sagte das Wesen, als es sich beruhigt hatte, „Und dank dir kann ich zurück in Hölle.“ „Was hast du vor?“, erkundigte sich Nero. „Ich habe noch die eine oder andere Rechnung zu begleichen. Nichts was die Menschheit betrifft.“, erklärte er. Und auf dem Gesicht seines Gegenübers schien sich ein Grinsen zu zeigen. „Ich werde dich vermissen, kleiner Mensch.“ Mit diesen Worten begann das Mischwesen sich aufzulösen. Das Grinsen war bis zum Schluss, bis es gänzlich verblasste, zu sehen. „Vergiss mich nicht.“, hallten seine letzten Worte im Raum nach. „Nein, das werde ich nicht.“, sagte Nero leise und wusste, dass er einen Teil von sich selbst aufgegeben hatte. Allmählich verstummte der Gesang und die Symbole auf dem Boden verblassten, hinterließen nur einen makellosen Boden. Erschöpft wand sich Nero zu seinem Chef. Dieser öffnete gerade die Augen und Atmete tief durch. „Danke.“, sagte Nero und ging auf ihn zu. „Ich würde ja sagen, dass es mir eine Freude war, aber das wäre gelogen.“, erwiderte dieser mit einem matten Lächeln, „Was hast du jetzt vor?“ „Nach Hause gehen.“, sagte Nero und verließ schweigend den Keller. Leise öffnete Nero die Tür. In der Wohnung brannte kein Licht und er hoffte den Bewohner nicht geweckt zu haben. Vorsichtig schlich er weiter. Unzählige Sätze spukten in seinem Kopf herum, während seine Hand sich fester um den Gegenstand schloss. Er wollte ihr so viel sagen, ihr alles Erklären. Warum er es getan hat. Seine Aufmerksamkeit wurde aber plötzlich abgelenkt. Hinter einer Tür hörte er eine Bewegung. Hatte er sie doch geweckt? Geräuschlos ging er zu der Tür. Wieder ein Geräusch. Vorsichtig ließ er seine Hand zur Türklinke wandern und öffnete diese. Dann brach seine Welt zusammen. Wie in Trance schloss er die Tür wieder und betrat die Küche. Seine Hand wanderte über die Oberseite des Schranks und fand das Objekt der Begierde. Still öffnete er die angrenzende Balkontür und trat hinaus in die Nacht. Gemächlich öffnete er den Gegenstand und im nächsten Moment wehte ein dünner Streifen blauen Rauchs vor seinem Gesicht. In seinem Kopf waren tausende Fragen die beantwortet werden wollten, aber er schaffte es nicht auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Nebensächlich zog er an der Zigarette, bevor er sie betrachtete. Er war so froh gewesen, endlich damit aufgehört zu haben. Aber aus einem Impuls heraus hatte er die letzte, zusammen mit einem Feuerzeug, auf dem Schrank deponiert. Vielleicht war es Schicksal. Im Endeffekt war es egal. Wieder nahm er einen tiefen Zug und realisierte, dass er heute alles verloren hatte. Gott verdammt alles, wofür er seit dieser schrecklichen Nacht gekämpft hatte. Nachdem er schon die Hälfte geschafft hatte, warf er sie von der Brüstung in das tiefe Schwarz der Nacht und verglich sich einen Moment mit dem Glimmstängel. Sie hatten doch so viel gemeinsam. Geräuschlos betrat er erneut die Wohnung. Seine Schritte führten ihn ins Wohnzimmer. Den Lichtschalter ignorierte er gekonnt. Diesen Ort kannte er wie seine Westentasche, auch wenn er kaum hier war. Dann wartete er. Fünf Minuten. Zehn Minuten. Eine Ewigkeit gefangen zwischen quälenden Fragen und zerstörenden Erkenntnissen. Er saß in der Dunkelheit und hoffte, dass alles nur ein schlechter Traum war. Das die letzten vier qualvollen Jahre einfach verpuffen würden und er einfach aufwachte. Dann hörte er die Tür, wie sie sich öffnete. Schwere Schritte, auf dem Flur, die sich entfernten, gefolgt von leichteren, die in seine Richtung kamen. Er sah die Person nicht, die das Zimmer betrat, er spürte sie. Plötzlich flammten die Glühbirnen auf, gefolgt von einem entsetzten Schrei. „Seit wann bist du hier?“, fragte sie verwirrt. „Lange genug um nur eine Frage zu haben.“, erwiderte Nero und sah sie an, „Warum?“ „Warum wohl?“, erwiderte sie die Frage, „Weil mein, ach so geliebter Freund, niemals für mich da ist. Ich habe auch Bedürfnisse, aber du warst ja nie da.“ „Ich weiß, dass ich selten da war, aber warum hast du nichts gesagt?“, fragte er aufgelöst. „Weil du mir doch eh nicht zugehört hast! Immer nur Jagen hier, verlorene Freunde da! Du warst doch nie für mich da!“ „Ich wollte das nicht schon wieder erleben!“, erwiderte Nero wütend, „Du hast nicht gesehen, was ich gesehen habe!“ „Sie sind Tod! Und du kannst nicht loslassen!“, schrie sie nun. „Könntest du es vergessen?“, fragte Nero nüchtern, „Könntest du die Bilder vergessen, wenn deine besten Freunde vor deinen Augen in Stücke gerissen werden und DU nichts, absolut NICHTS, tun könntest?“ „Nein, das kann ich nicht.“, sagte sie kalt, „Und darüber will ich mir auch keine Gedanken machen.“ Nero kochte vor Wut. Er wollte am liebsten etwas zerstören. Am liebsten die Person, die vor ihm Stand. „Du hast mich nie verstanden! Du warst Nie für mich da!“, schrie er nun, „Wenn ich nachts weinend und schreiend aufgewacht bin, warst du nicht da! Wenn ich Weinkrämpfe hatte, saßt du neben mir und hast mich ignoriert! Wenn ich einen Wunsch hatte, hast du ihn einfach Ignoriert! Und da beschwerst du dich?“ „Warum warst du nur immer auf der Jagd?“ „Weil ich nicht wollte, dass dir etwas passiert!“, erwiderte er erschöpft, „Aber das muss ich ja nicht mehr.“ Ohne ein weiteres Wort stand er auf und schickte sich an, die Wohnung zu verlassen. „Ja! Geh nur! Folge deiner „Inneren Stimme“ und geh zurück zu deinen Jägern!“, schrie sie ihm nach. „Das ist vorbei.“, sagte er gebrochen und sah sie an, „Der Pakt ist beendet und für die Jäger bin ich gestorben.“ Ihre Augen weiteten sich vor Schrecken, aber sie sagte nichts. Sie stand einfach nur da. Letztendlich verließ Nero die Wohnung und verschwand in der Nacht. Sie rannten. Er wusste, dass sie verfolgt wurden. Finsterste Schatten und unheimliche Gestalten hetzten sie durch die Nacht. Dann sahen sie die offene Tür und ohne Umschweife verschwanden sie in dem alten Bau. Aber sie rannten noch immer. Hinter sich konnten sie den Putz von der Wand bröckeln hören, aber da war noch ein anderes Geräusch, wie Krallen, die über nackten Stein zogen. Hastig sah er zurück, konnte aber nichts erkennen, als undurchdringliche Dunkelheit. Plötzlich gab der Boden unter seinen Füßen nach. Er fiel. Wie tief konnte er nicht sagen, nur dass es eine Ewigkeit dauerte. Finsternis umfing ihn und nahm ihm jede Orientierung, jedes Zeitgefühl. Seine Gedanken rasten und kreisten um seine Freunde. Hatten sie sein Verschwinden bemerkt? Waren sie umgekehrt, um nach ihm zu sehen? Waren sie überhaupt noch am Leben? Endlich erreichte er den Boden. Er spürte jeden Knochen in seinem Leib, spürte, wie sie nachgaben und brachen. Dann ist es also aus, dachte er schmerzvoll. Erinnerungen zogen an seinem geistigen Auge vorbei, während sich sein Geist dem Licht am Ende des Tunnels zu wand. Er sah sich und seine Freunde, sah sie lachen, sich freuen, trauern, leiden und doch alles gemeinsam überstehen. Er spürte die Tränen seine Wange hinunter laufen. Es war aus. „Willst du leben?“, hörte er eine Stimme aus der Dunkelheit, „Willst du deine ärmliche Existenz weiterführen? Weiter leiden?“ Er versuchte zu antworten, aber sein Körper reagierte auf keinen Befehl mehr. Ja, dachte er entschlossen. „Warum?“, fragte die Stimme ernst. Ich will sie beschützen. Die die mein Leben geworden sind. „Dann könnten wir uns einig werden.“, klang die Stimme belustigt. Ich tue alles, was nötig ist. „Gut.“, erwiderte die Stimme. Plötzlich spürte er ein brennen. Ein Inferno, das in seinem Körper tobte. Er wollte schreien. Doch dann reagierte sein Körper wieder. Schwach, unkoordiniert, aber er reagierte. Und jetzt geh!, befahl die Stimme in seinem Kopf. Sein Körper schmerzte. Aber er schaffte es aufzustehen. Sofort setzte der Schwindel ein, aber er dürfte ihn nicht aufhalten. So kämpfte er sich weiter und erreichte eine Tür. Inzwischen war sein Körper wieder einigermaßen unter seiner Kontrolle. „Wo können sie nur sein?“, fragte er sich leise und sah sich um. Alles um ihn herum lag in Dunkelheit. Entfernungen wuchsen und schrumpften im Sekundentakt. Lass mich dich führen. Ohne zu wissen warum folgte er den Anweisungen der Stimme. Stolperte durch die Dunkelheit und stürzte auch das ein oder andere Mal, kämpfte sich doch immer wieder auf die Beine. Er hatte sein Ziel klar vor Augen. Und endlich erreichte er sein Ziel. Es war ein einziger, riesiger Raum. Der einzige, der beleuchtet war. Langsam betrat er den Raum. Nur einen Meter vom Rand entfernt begann eine Grube, mehrere Meter tief. Dann setzte sein Herz aus. Dort unten waren seine Freunde, oder zumindest das, was davon übrig war. Monster hingen an ihren Körper, zerrten und rissen an ihnen, bis er nachgab. Er hatte das Gefühl, dass sein Kopf in Watte gepackt war. Alles klang so fern und undeutlich. Einem Gefühl nach sah er auf. Und in der hinteren Ecke konnte er blonde Haare erkennen. Der dazugehörige Körper wehrte sich noch immer, aber diese Monster liesen nicht locker. Er schrie, sprang in die Tiefe. Als seine Füße den Boden berührt hatten sprintete er los. Die Watte war verschwunden und trug die Schreie an sein Ohr. Plötzlich erhob sich der Körper in die Luft. Eines dieser Monster hatte ihn am Kopf gepackt und hoch gehoben. Wimmern und Schluchzen lösten die Schreie ab. Er konnte seine Augen nicht abwenden. Und im nächsten Moment schoss die andere Hand nach vorne, bohrte sich in den Leib. Schmerzhafte Schreie entrannen der Kehle. Der Leib zuckte und wand sich vor Schmerzen. Und ein entsetzliches Grinsen zog sich über das Gesicht des Monsters. Ein Ruck ging durch beide Leiber. Und dann hielt das Monster das Herz in der Hand. Achtlos warf sie den Körper beiseite und schon stürzten sich Monster auf den Leib, während es sich an dem Herzen labte. Dann endlich hatte er sie erreicht. Er packte die Monster, eines nach dem anderen, und riss sie weg von dem Körper. Vor ihm lag ein blutüberströmter Körper, das Blond hatte sich rot gefärbt und die Augen waren vor Schreck aufgerissen. Apathisch kniete er sich hin, fuhr mir den Fingern das Gesicht nach, bevor er sanft die Augen schloss. „Es tut mir leid.“, flüsterte er. Dann spürte er die Krallen und Klauen, wie sie sich in seinen Leib bohrten. Doch er spürte keinen Schmerz. Das einzige was er fühlte war pechschwarzer Hass und eine alles verschlingende Wut. „Der Mensch war lecker.“, zischte das Monster vor ihm, „Bist du auch so schmackhaft?“ „Es tut mir leid.“, sagte er erneut und spürte die das Rot, wie es ihn umfing. „Es tut mir so leid, Tanja.“ Schweißgebadet wachte er auf. Hektisch raste sein Blick durch das Wohn- und Schlafzimmer. Seit Jahren hatte er es geschafft, dieses Ereignis zu verdrängen. Und nun war es wieder soweit. Ausgerechnet jetzt, wo er alleine war. „Da hast du dir ja einen schönen Zeitpunkt für ein neues Leben ausgesucht, Nero.“, sagte er leise und lies sich wieder ins Bett fallen. Kapitel 6: Einmal ein Jäger... ------------------------------ Drei Monate war es jetzt her. Drei lange Monate, seitdem er die Jäger verlassen und alles verloren hat. Seine Innere Stimme, ein Teufel, war gegangen, seine Freundin hatte ihn betrogen und verlassen und unter den Jäger ging die Nachricht um, dass er gestorben sei. Er hatte jetzt nichts mehr, bis auf seine Zweitwohnung und die Einsamkeit. Seinen Finsteren Gedanken nachhängend merkte Nero nicht, wie sich etwas an ihn heranpirschte. Lautlos und unsichtbar, bis es neben ihm war. Dann spannte es die Muskeln zum Sprung, sein Ziel klar vor Augen. Und mit einem markerschütternden Schrei sprang es und landete auf seinem Schoß. Automatisch begann der ehemalige Jäger über das Fell der schwarz-weißen Katze zu streichen, was sie sofort mit ohrenbetäubenden Schnurren quittierte. „Wenigstens habe ich dich noch.“, sagte er zu der Katze. Sie sah auf und ihn an. Das ein oder andere Mal fragte er sich schon, ob das Tier ihn verstand. Katzen sagte man ja eine unglaubliche Intelligenz nach. Obwohl seine wahrscheinlich eine Ausnahme war, so oft wie sie schon gegen die Tür gerannt war. Plötzlich bewegte sich die Katze und stellte sich mit den Vorderpfoten auf seine Brust. Fragend sah er das Tier an, doch schon im nächsten Moment kollidierte der Katzenkopf mit seinem Kinn. „Dumme Katze.“, sagte er leise und streichelte ihren Kopf. Nebenbei warf er einen Blick auf die Zimmeruhr. Dann war ihm klar, was sie ihm sagen wollte. Es war Zeit für die Raubtierfütterung. Vorsichtig nahm er das Tier und setzte es auf den Boden. Schon war sie verschwunden. Gemächlich folgte Nero seinem Mitbewohner in die Küche. Dieser saß schon mit großen Augen vor der Futternapf, als würde dieser sich von selbst füllen. Lächelnd nahm er die Futterschale und öffnete den Schrank mit dem Futter. Bis auf ein Päckchen schrie ihm die Leere entgegen. „Für morgen Früh sieht es ganz schön schlecht aus.“, meinte er und nahm die letzte Portion. Ein klagendes Maunzen erklang hinter ihm. Doch schon im nächsten Moment war die Katze mit ihrem Futter beschäftigt. Dann wand er sich seinem Kühlschrank zu, öffnete ihn und würde auch von der Leere begrüßt. Deprimiert wand er sich an die Katze. „Ich geh dann nochmal einkaufen.“ Kaum hatte er es gesagt, sah ihn das Tier fragend an. „Also lass die Bude ganz und lass keine Fremden rein.“, meinte er lächelnd. Aber es antwortete nicht, sondern schmatze fröhlich weiter. „Katze müsste man sein.“, sagte er und Verlies das Zimmer. Schnell war der neue Mantel über gezogen. Der Alte mit dem zerfetzten Ärmel hing noch immer im Schrank. Als letztes Andenken an sein altes Leben wollte er ihn nicht wegwerfen. Dafür hingen zu viele Erinnerungen daran. Die vielen Kämpfe hatten das Material stark lädiert und der fehlende Ärmel machte es auch nicht besser. Aber immer wenn er ihn ansah konnte er die Gesichter der Leute vor sich sehen, die er gerettet hat. Vor dem raus gehen kontrollierte er noch die Fenster. Er glaubte zwar nicht, dass ein Einbrecher in den dritten Stock kommen würde, aber da draußen war noch mehr. Und da er damals keine Waffen mitgenommen hatte, musste er halt Vorsorge betreiben. Zuletzt überprüfte er noch den Verschluss der Katzenklappe in der Eingangstür. Es war schon eine Meisterleistung gewesen, den Vermieter davon zu überzeugen, dass er sich eine Katze halten dürfte. Dieser Mensch war ein Tierhasser vom Feinsten. Sogar ein Goldfisch verdreckte für ihn die Umgebung. Aber wer das Geld hat, hat das Sagen. Und Geld hatte Nero genug. Die zweite Geschichte war die Katzenklappe. Nero hatte kurzerhand eine Sicherheitstür mit einer gekauft und eingebaut. Sofort war sein Vermieter da und wollte ihn wegen mutwilliger Beschädigung verklagen. Als dieser jedoch die eigentliche Tür sah, schwieg er schnell wieder. „Bis dann.“, rief er noch einmal in die Wohnung und schloss dann die Tür. Zweimal schloss er herum und ruckelte noch einmal daran. Dann erst setzte er den Weg fort. Und eines wahr sicher, das nächste mal würde er nach einer Bleibe mit Aufzug suchen. Drei Stockwerke per Treppe konnten schon die Hölle sein, besonders wenn man mit zwei vollen Einkaufstaschen nach Hause kam. Aber es war eine gute Abwechslung zu seinem eher ruhigen, gar langweiligen Leben. Nach gefühlten Stunden hatte er endlich die Eingangstür hinter sich gelassen. Kalte Luft wehte ihm entgegen und schien ihm schon einmal einen Vorgeschmack auf den Winter geben zu wollen. Bevor er los lief streckte er noch einmal die Nase in die Luft und nahm einen tiefen Zug. Nichts war da, was ihn alarmieren würde. Keine Spur vor Schwefel und Gefahr. Es war einfach so wie immer. Langsam ging er los. Es war schon dunkel geworden, aber er hatte noch eine gute Stunden Zeit. Mehr als er benötigte. Und während er durch die Straßen lief, lies er seinen Blick über die Umgebung schweifen. Mehr als einmal entdeckte er einen Schemen, der schnell wieder in der Dunkelheit verschwand. Was diese Wesen genau waren, wusste er nicht, aber es war ihm auch egal. Solange sie ihn in Ruhe liesen sah er keinen Grund Nachforschungen zu betreiben. Sollten sich doch die Garde und die Jäger darum kümmern. Langsam lies er die Hand unter den Mantel wandern. Und dann fühlte er den Griff des Messers. Es war mehr ein Witz als eine Bedrohung. Die Klinge war nur fünf Zentimeter lang, aber im Notfall besser als nichts. Langsam legten sich seine Sorgen wieder und liesen ihn allein. Etwas, was er gelernt hatte zu hassen. Die ersten Tage und Nächte war es Erholung pur. Aber dann schlich sich etwas anderes ein. Er fühlte den Zweifel an sich nagen. War es wirklich richtig gewesen, den Jägern den Rücken zu kehren? Was sollte er jetzt tun? Die Wenigsten stellten jemanden ein, der in seinem Lebenslauf die Beschäftigung als Jäger erwähnte. Noch nicht einmal die Sicherheitsdienste taten das. Also war er kurzerhand zur Untätigkeit verdammt. Aber er würde schon etwas finden. „Wo sollen wir hin, Sir?“, fragte das Mädchen neugierig. „Nur eine kleine Aufgabe zum Aufwärmen, dass solltet ihr ohne Probleme Schaffen.“, meinte der Mann hinter seinem Tisch. Neugierig stöberte sie in der Akte. Überflog Seite um Seite. „Wird erledigt, Chef.“, sagte sie zuversichtlich und verschwand aus dem Büro. Endlich hatten sie wieder etwas zu tun. Sie und ihre Kameraden würden sich zwar über mehr Aufträge freuen, aber so war es besser. Sie waren erst seit kurzem in der Gemeinschaft und waren noch unbeschriebene Blätter. Aber jeder von ihnen wollte das ändern. „Jungs!“, rief sie begeistert, als sie das Zimmer betrat, „Wir haben einen Job!“ Mit vollen Einkaufstaschen war Nero wieder auf dem Heimweg. Und er schwor sich nächstes Mal ein Taxi zu nehmen. Für sich brauchte er zwar nicht viel, aber da war noch seine Nachbarin. Eine ältere Frau, für die er immer mit einkaufte. „Du bist einfach zu Gutherzig für diese Welt.“, sagte Nero leise lächelnd. Doch plötzlich wurde er hellhörig. Ein leises Geräusch drang an seine Ohren. Ein Geräusch was er zu gut kannte. Hastig änderte er seinen Weg und folgte dem Geräusch. Es wurde beständig lauter. Dann sah er die Quelle. Auf einer Treppe saß eine Person, das Gesicht in den Händen und schluchzte. Vorsichtig näherte er sich. Es konnte auch nur eine Falle sein. Dann stand er auch schon vor der Person. „Alles in Ordnung?“, fragte er vorsichtig. Erschrocken sah die Person auf. Ein junges Mädchen sah ihn verwirrt an. „Nichts ist in Ordnung.“, erwiderte sie mit erstickter Stimme. „Was ist passiert?“ „Wir waren gerade auf der Jagd, ein einfacher Auftrag.“, meinte sie und senkte den Blick. So wie das Gespräch begann wusste der ehemalige Jäger, das etwas nicht stimme. Zumal sie alleine war und doch von mehreren Gesprochen hatte. „Was ist passiert?“, fragte er eindringlicher. „Wir sind fast überrannt worden. Wir sollten nur ein paar Zombies Ausschalten, aber dann kamen immer mehr und mehr.“, erklärte sie und wurde mit jedem Wort leiser, „Die anderen sind zurückgeblieben und haben gesagt, ich solle Hilfe holen.“ Ohne Nachzudenken stellte Nero seine beiden Beutel ab und zückte sein Mobiltelefon. Er wollte kein Jäger mehr sein. Er wollte sich nicht mehr einmischen. Schnell hatte er die gesuchte Nummer gefunden und Sekunden später tutete das Freizeichen vergnügt. „Was machst du da?“, fragte das Mädchen verwirrt. „Hilfe organisieren.“, erwiderte Nero ruhig. Zu ruhig. Er spürte, dass der Abend mehr als diesen einen Anruf für ihn bereithalten würde. „Wer da?“, erklang die Stimme am anderen Ende plötzlich. „Orte mein Signal und komm her.“, sagte Nero ruhig und nahm das Telefon von seinem Ohr. „Hast du Kontakte zu den Jägern?“, fragte sie verwirrt. „Ich gehöre auch zu der Gemeinschaft.“, erwiderte Nero und rang sich ein Lächeln ab, „Und eigentlich hab ich Urlaub.“ Auch wenn es eine Lüge war, so klang es doch weitaus besser. Plötzlich schallte eine Autohupe durch die Straße. Schnell hatte der Jäger die Quelle ausfindig gemacht und hob grüßend die Hand. Das Fahrzeug beschleunigte und hielt dann neben ihnen. „Los, steig ein.“, befahl er dem Mädchen, während er die Beifahrertür öffnete. „Was, bei allen Höllen, machst du hier?“, fragte der Fahrer verwirrt, als er den Jäger ansah. „Arbeiten, was sonst?“, fragte er zurück und sah seinen Fahrer an. Thomas saß wie erstarrt in seinem Sitz. Seine Finger hatten sich in das Lenkrad gekrallt, dass seine Knöchel weiß hervor traten. „Ich erkläre es dir später.“, meinte er und wandte sich an die junge Frau auf dem Rücksitz, „Wo müssen wir hin?“ „Zum neuen Center.“, sagte sie fast mechanisch. „Dem Rohbau?“, erkundigte sich Thomas. Sie nickte nur und schon gab er Gas. Warum tat er das eigentlich? Er hatte noch immer die Nummer von Thomas und auch von Garver. Er hätte einfach nur Bescheid sagen müssen. Vorsichtig griff er nach dem Rückspiegel und drehte ihn ein Stück, dass er die Mitfahrerin betrachten konnte. Sie saß zusammengesunken hinter ihnen, ein Häufchen Elend. „Warum bist du wieder da?“, fragte Thomas leise. „Weil man mich braucht.“, erwiderte Nero gelassen und konnte seinen Blick nicht von dem Mädchen abwenden. „Die Kleine hat es dir angetan was?“, fragte der Fahrer und grinste. „Sie erinnert mich an mich selbst.“, erwiderte Nero und sah Thomas an, „Ich habe damals meine Freunde sterben sehen. Und ich will nicht, dass jemand das durchmachen muss.“ Und als er es ausgesprochen hatte war das Grinsen verschwunden und Thomas nickte ernst. „Gebt mir noch fünf Minuten, dann sind wir da.“, sagte er und rutschte in seinem Sitz herum. „Aber bis dahin braucht man doch Mindestens eine viertel Stunde.“, meinte das Mädchen geschlagen. „Wenn ihr euch endlich anschnallen würdet nicht.“, erwiderte er gereizt. Hastig folgten Nero und die Mitfahrerin seiner Aufforderung. Kaum war das zweite Klicken des Verschlusses zu hören beschleunigte der Wagen, schoss die Straßen entlang. „Ich hatte nicht vor so zu sterben.“, meinte Nero trocken und sah Thomas skeptisch an. „Ich auch nicht.“, erwiderte er ernst. Plötzlich griff seine Hand zur Seite und schon im nächsten Moment spürten sie die Volle Auswirkung der Fliehkräfte, als das Fahrzeug um die Kurve schlitterte, nur um Sekunden später wie ein Pfeil die Straße entlang zu schießen. Nach gefühlten Sekunden wurde der Wagen endlich langsamer und bog ein. Der Boden war mehr Schlamm als Erde. Vor ihnen lag der Riesige Betonblock des neuen Einkauf-Zentrums. Über einem Schild neben dem Eingang stand groß und breit „Center-Bau – Wir erfüllen Träume.“ „Alpträume passt wohl eher.“, meinte Nero als er aus stieg. Nachdenklich betrachtete er den Klotz vor ihm. Das Gelände dürfte genug Platz für eine kleine Armee dieser Hirntoten Aasgeier bieten. „Brauchst du noch was?“, fragte Thomas, der sich ebenfalls aus dem Auto bewegt hatte. „Kaffee und die ein oder andere Waffe.“, erwiderte Nero ruhig und lehnte sich an das Auto. „Dann komm her.“,sagte Thomas und ging zum Kofferraum. Mit einem leisen Klicken öffnete das Schloss und gab den Inhalt Preis. Eine Kanne Kaffee und zwei Stapel an Plastikbechern, dazu eine Packung Milch und eine Tupperbox mit Zuckerbeuteln. Wortlos nahm Thomas alles nach einander und drückte es dem Jäger in die Hand. „Und jetzt?“, fragte Nero verwirrt, „Soll ich sie mit Kaffee ertränken?“ Aber sein Gegenüber antwortete nicht, Stattdessen nahm er den Boden des Kofferraums heraus. Nero sah es, aber er konnte es nicht glauben. Darin lag eine Benelli M4, eine halbautomatische Schrotflinte, zusammen mit einer MP5 und etlichen Magazinen. „Für mich?“, fragte Nero ungläubig. „Ne, meine.“, erwiderte Thomas grinsen und griff sich beide Waffen. „Kleine, komm mal her.“, rief er durch die geschlossene Tür. Sofort ging sie auf und das Mädchen sah ihn fragend an. „Halt mal.“, meinte Thomas grinsend und schob sich an ihr vorbei. Plötzlich klappte die Rückbank um und gab ein weiteres Versteck preis. „Das ist für dich.“, meinte der Fahrer plötzlich und warf ihm einen Koffer zu. Neugierig betrachtete Nero den Koffer und konnte nur raten, was sich darin befand. Hastig legte er ihn in den Kofferraum und löste die beiden Verschlüsse. Andächtig öffnete er den Behälter und traute seinen Augen nicht. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte der Jäger und sah den Fahrer an. Dieser hatte sich mit einem Kaffee in der Hand an den Wagen gelehnt und Grinste über den Becherrand. Vorsichtig nahm Nero die Waffen aus dem Koffer. Eine Beretta 92F, eine kurzes Winchester-Gewehr und ein Wakizashi. Seine Waffen, die er vor drei Monaten auf dem Schreibtisch seines Chefs zurückgelassen hatte. „Woher hast du die?“, fragte Nero verwirrt. „Garver hat sie mir gegeben, nachdem du gegangen warst.“, erwiderte Thomas ruhig, „Dein Käsemesser hat er noch in Verwahrung.“ Einerseits konnte er seinen Chef Küssen, dass er die Waffen für ihn aufgehoben hatte. Andererseits konnte er nicht glauben, dass Garver gewusst hat, dass er zurück kommen würde. Fast ehrfürchtig befestigte er die Hohlster, lud die Waffen und lies sie darin verschwinden. Zuletzt befestigte er das Wakizashi an seiner Hüfte. „Wie in alten Zeiten.“, flüsterte Nero, als er an sich herab sah. Nur das eines fehlte. Nun würde er alleine auf die Jagd gehen. Aber zum Trauern war später noch Zeit. „Wer ist alles in deinem Trupp?“, fragte er das Mädchen. „Drei Männer.“, erwiderte sie. „Besonderheiten?“, erkundigte sich Nero weiter. „Ja, gibt es.“, sagte sie leise, „Einer ist ein Vampir.“ Ungläubig sah er das Mädchen an. Normalerweise Blieben die Vampire in ihrem Clan und hielten ihre Territorien sauber. Ein Vampir bei den Jägern war etwas ganz anderes. „Wir haben ihn während unseres ersten Auftrages kennen gelernt und uns sofort verstanden.“, sagte sie leise, sah Nero doch dann eindringlich an, „Bitte, tu ihm nichts.“ „Warum sollte ich das?“, fragte Nero mit einem schwachen Lächeln. Dann wand er sich wieder dem Gebäude zu. Sie hatten schon viel zu viel Zeit vergeudet. Hastig goss Nero sich einen Becher Kaffee ein und schüttete das Getränk in einem Ruck herunter. Sofort schien sein ganzer Körper zu brennen, als das kochend Heiße Getränk sich den Weg die Speiseröhre bis in den Magen bahnte. „Dachschaden?“, fragte Thomas belustigt. „Nein, aber dafür bin ich wieder wach.“, erwiderte Nero und rang sich ein Grinsen ab. Die Schmerzen halfen, sich wieder auf das hier und jetzt zu konzentrieren. „Dann wollen wir mal.“, sagte Nero kalt und schritt auf die Blechtür zu, die den Eingang verschloss. Vorsichtig strich er mit der Hand darüber, bevor er sie mit einem gezielten Tritt öffnete. Einen Augenblick später waren das Kurzschwert und die Pistole gezogen und bereit zum Einsatz. Kein Funken Licht schien in das Innere des Gebäudes zu Dringen. Und nur hier und da war ein Scheinwerfer, der einen kleinen Fleck erhellte. Sofort verfluchte er sich, dass er nicht nach einer Taschenlampe gefragt hatte, aber dafür war es zu spät. Wie sehr er sich seinen teuflischen Begleiter und dessen Kräfte wünschte, konnte er nicht in Worte fassen. Aber alles jammern würde nicht helfen. Langsam, die Pistole nach vorn ausgerichtet ging er tiefer in die Dunkelheit, schlich von einem Lichtkegel zum nächsten. Und mit jedem Schritt legte sich die Hand fester um das Kurzschwert. Plötzlich ertönte ein Stöhnen neben ihm. Hastig fuhr er herum. Zwei Hände ragten aus der Finsternis, hatten ihn fast erreicht. Dann erschien der restliche Körper. Verwesendes Fleisch hing in Fetzen herunter und das Wesen starrte ihn aus weißen, toten Augen an. Ohne Verwarnung hob er die Pistole und schoss. Die Kugel durchschlug den Kopf des Untoten und beendete seine Existenz. Einer der wenigen Punkte, in denen Hollywood nichts erfunden hat. Der Knall hallte eine gefühlte Ewigkeit nach. Und bei dem Glück, dass er gepachtet hatte, würde sich gleich eine ganze Armee Fleisch fressender Untoter auf ihn stürzen. Aber es blieb ruhig. Seufzend schloss Nero die Augen und versuchte diese so schneller an die Dunkelheit zu gewöhnen. Lass mich sehen, befahl er sich in Gedanken. Er hoffte auf das markante Stechen in den Augen, das ihm eine Veränderung zeigte, aber es passierte nichts. Geschlagen öffnete er die Augen und erstarrte. Er konnte alles um sich herum sehen. Ein grauer Schleier schien auf der Welt zu liegen, der Licht und Schatten verschluckte und nur ein einheitliches Grau zurück ließ. Es war nicht das selbe, wie sein Teufelspartner es geschafft hätte, aber es half ungemein. „Lasst die Jagd beginnen.“, flüsterte Nero. Dann setzte er seinen Weg fort. Tiefer in das Grau, auf der Suche nach den drei Jägern. „Hast du das gehört?“, fragte das Mädchen nervös und sah sich gehetzt um. „Ja, hab ich.“, erwiderte Thomas und nippte an seinem Becher, „Sieht so aus, als hätte er einen gefunden.“ „Glaubst du, ihm geht es gut?“, fragte sie vorsichtig. „Immer.“, erwiderte Thomas gelassen. Er konnte nicht glauben, dass ein einfacher Zombie diesem Jäger umbringen konnte. Er hatte so viel von ihm und seinen Jagden gehört. Vier Jahre lang ist er Nacht für Nacht umhergezogen und mehr umgebracht als andere in ihrem ganzen Leben. „Ich wäre am liebsten mitgegangen.“, sagte sie plötzlich. „So ist es besser, da muss er auf niemanden Rücksicht nehmen.“, meinte Thomas. Wieder nippte er an seinem Becher. „Aber wer ist das überhaupt?“, fragte sie neugierig. „Jemand den man nicht zum Feind haben will.“, erwiderte Thomas und Grinse in seinen Becher. Schritt für Schritt tastete sich der Jäger weiter in das Grau. Trotz der Gewonnenen Sehkraft konnte er nicht auf Wunder hoffen. Diese Wesen bewegten sich Leise, fast Lautlos und er wollte keines dieser Wesen im Rücken haben. Dann kam die nächste Ecke in Sicht. Vorsichtig schlich er an der Wand entlang, bereit einen Bleiregen auf seine Gegner los zu lassen. Nach gefühlten hundert Meter konnte er endlich um die Ecke sehen. Sofort hatte er das Gefühl, dass sich sein Magen umdrehen würde. Am Boden lag ein Lebloser Körper, darum versammelt hatte sich ein halbes Dutzend dieser Aasgeier und stillte ihren Hunger. Neros Magen verkrampfte sich und er betete,dass es kein Jäger war. Vorsicht verstaute er die Pistole in ihrem Hohlster, zog er die Winchester und zielte. Er wusste noch, dass sie keine normalen Patronen verwendete. Vorsicht legte er den Lauf auf seinen Arm und nahm Maß. Wenn er Glück hatte, konnte er mehrere Gegner mit einem Schuss erledigen. Dann zog er den Abzug durch. Der Knall war Ohrenbetäubend und der Widerhall schien nie mehr verklingen zu wollen. Die nächste Sekunde hatte er wieder seine Feinde im Visier. Drei von ihnen hatte die Kugel erledigt, doch die anderen waren schon auf dem Weg zu ihm. Hastig legte Nero wieder an und schoss. Ein weiterer Kopf verteilte sich im Raum. Doch da waren die Letzten beiden schon zu nah. Ein paar Arme griff nach dem Jäger, doch er Tauchte unter dem Angriff weg und erwiderte mit einem Stoß des Kurzschwertes. Es bohrte sich Seitlich in den Hals und das Kratzen von Stahl über Knochen klang überlaut in seinen Ohren. Mit einem Ruck zog er es wieder aus seinem Gegner und fuhr, den Arm ausgestreckt, herum. Schon fand die Klinge das nächste Ziel und schnitt mühelos durch das Fleisch. Die letzten beiden Untoten brachen kurz nacheinander zusammen und blieben regungslos liegen. Vorsichtig passierte Nero die drei Untoten und betrachtete das, was von der Leiche übrig war. Einerseits war er erleichtert, da es sich nicht um einen der Jäger handelte. Aber es machte den Tod des Mannes nicht besser, sondern eher schlimmer, als er den Ausweis sah, der daneben lag. Vorsichtig hob er den Ausweis hoch und wischte das Blut weg. Warum dieser Mann hier war wusste er nicht, er konnte höchstens spekulieren. Das wahrscheinlichste war, dass einer der Anwohner ihn gerufen hatte. Wahrscheinlich hatte er die Untoten mit Einbrechern verwechselt. Und für diesen Fehler musste der Polizist sterben. Nachdem er den Ausweis in seinem Mantel untergebracht und die Pistole gezogen hatte, betrachtete er noch einmal den Leichnam. Wenigstens brauchte er sich keine Sorgen zu machen, dass er noch einmal aufstand. Dafür würde er nie mehr kommen. Aber plötzlich beschäftigte Nero eine ganz andere Frage. Hastig zog er die Winchester und warf eine Patrone aus. Damals hatte so eine Patrone einen Grauen Geist erledigt, heute drei Zombies auf einen Streich. Sachte strich er über die Patrone, und verstärkte beim zweiten mal den Druck. Dann wusste er, warum sie so effektiv waren. Mit einem zufriedenen Grinsen verstaute er sie wieder in dem Gewehr. Er atmete noch einmal tief durch. Doch eine Sekunde Später verfluchte er sich dafür. Die Untoten stanken unglaublich nach Verwesung. „Also seid ihr schon länger wieder da.“, sagte er leise und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Weg vor sich. Plötzlich ertönten Schüsse. Schlagartig hielt er inne, versuchte den Herkunftsort zu bestimmen. Aber es war schier unmöglich. Das Echo warf das Geräusch von Wand zu Wand und machte es unmöglich den Herkunftsort zu bestimmen. Kurzerhand rannte er los. Die Schüsse bedeuteten zwei Sachen. Erstens das der Jäger noch lebte und zweitens, dass er ein Problem hatte. Der Schlussfrequenz nach zu urteilen waren es eine oder zwei halbautomatische Waffen. Die Weg schien sich bis ins unendliche zu ziehen. Jede Mauer sah gleich aus, jeder Raum war gleich geschnitten, hatte die selben Maße. Und das Echo spielte immer noch Tennis mit den Geräuschen. „Verreckt endlich!“, hörte er eine panische Stimme schreien. Hastig sah er sich um. Wenn er ihn hören konnte, war die Distanz hoffentlich nicht mehr so groß. Wieder hallten Schüsse durch den Rohbau. Und endlich wusste Nero woher sie kamen. Rasch sah sich der Jäger um. Dann sah er das Gesuchte. Schnellen Schrittes nahm er die Treppenstufen, immer zwei auf einmal. Er hatte keine Zeit mehr zu verlieren, dass wusste er. Jede Sekunde, die er brauchte, könnte die Letzte sein, die der andere Jäger hatte. Dann erlosch die Schüsse. Nero befürchtete schon das schlimmste. Fast hatte er es Geschafft, eine Letzte Stufe, eine letzte Ecke, dann war er da. Jegliche Vorsicht über Bord werfend, stürmte er um die Ecke. Nur um mit einem Untoten zu kollidieren. Beide stürzten zu Boden. Doch Nero hatte den Vorteil auf dem Wesen zu landen. Seinen Instinkten folgend richtete er sich auf und stieß mit dem Schwert zu. Es drang durch den Unterkiefer, und verließ den Schädel an der Oberseite. Kaum hatte er den ersten Gegner erledigt rollte er sich Seitlich von dem Untoten herunter. Schon war ein zweiter Gegner in seinem Sichtfeld. In einer fließenden Bewegung hob er die Pistole und schoss. Dann brach der Untote zusammen, zuckte noch einmal, dann war er erledigt. „Nimm das!“, hörte er eine Männerstimme. Schnell lies Nero seinen Blick durch den Großen Raum gleiten. Weiter hinten stand ein Mann. Seine Händen hatten sich um den Lauf gelegt und er benutzte es als Schläger. Wieder und wieder schlug er auf einen am Boden liegenden Gegner ein. Vorsichtig Stand Nero auf und lies seinen Blick weiter wandern. Der Restliche Raum war Frei von Gegner. Langsam schritt er auf den Mann zu. „Ich glaube es reicht.“, meinte Nero trocken, als er auf die Fleischige Masse herunter sah. „Kann man nie wissen.“, erwiderte er außer Atem. „Wenn der Kopf fehlt stehen sie nicht mehr auf.“, meinte Nero sachlich und zeigte auf die Undefinierbare Masse. „Dann ist ja gut.“, sagte sein Gegenüber und richtete sich auf. Eindeutig Jäger, dachte Nero als er die dunkle Gestalt betrachtete. Erschöpft strich sich sein Gegenüber mit dem Ärmel über die Stirn. Seine Kleidung sah aus, als wäre er gerade vom Metzger gekommen. Überall an ihm war Blut und noch Schlimmeres. „Danke. Aber was machen sie hier?“, fragte er verwirrt. „Ich hab ihre Kameradin getroffen und bin die Hilfe.“, erwiderte Nero kalt. Erleichtert atmet er aus. „Ich hab schon gedacht, dass sie es nicht geschafft hat.“, sagte er und sah sich suchend um, „Und wo ist sie?“ „Draußen und wartet auf dich.“, meinte Nero und deutete auf die Treppe. Der Mann nickte und lief langsam los. „Wo sind die anderen beiden?“, fragte Nero ruhig. „Keine Ahnung. Wir haben uns getrennt, als die Sache zu brenzlig wurde. Wir hatten noch nicht einmal Hoffnung zu überleben.“ „Gut, dann geh ich die anderen finden.“, erwiderte Nero professionell. „Ich bin draußen.“, erwiderte der Mann. Nero sah ihm noch nach, bis er aus seinem Blickfeld verschwunden war. Wenigstens einen hab ich schon gefunden. Mit diesem ernüchternden Gedanken machte er sich wieder auf den Weg. Zwei hatte er noch zu finden. „Warum müssen die immer solche riesigen Gebäude bauen?“, fragte er laut in die Dunkelheit. Plötzlich klingelte sein Handy. Es kam ihm vor wie ein Donnerschlag. Hastig hatte er die Pistole verstaut und das Telefon zur Hand. „Wie sieht es aus?“, fragte Thomas vorsichtig. „Einen Jäger hab ich gefunden und einen toten Polizisten.“, erstatte Nero Bericht, „Aber von den anderen fehlt noch jede Spur.“ „Wir haben einen weiteren aufgespürt. Er befindet sich im nördlichen Teil des Gebäudes. Die Kleine konnte ihn über ihr Funkgerät erreichen.“, sagte Thomas freudig. „Und wo ist Norden?“, fragte Nero ernüchtert. Er hatte zwar einen Guten Orientierungssinn, aber hier sah alles gleich aus. „Beweg dich mal.“, meinte der Fahrer gelassen. Wortlos folgte Nero der Aufforderung und lief ein Stück. „Du bewegst dich nach Osten.“, meldete sich Thomas wieder. Schlagartig wurde Nero klar, wie er darauf gekommen war: Die Handyortung. Die Entsprechende Karte war immer nach Norden gerichtet. „Kann ich sonst noch was für dich tun?“ „Ja.“, meinte Nero und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, „Sieh zu dass mein Einkauf nach Hause kommt.“ Dann nannte er ihm noch die Straße und den Namen seinen Nachbarin. „Man sieht sich.“, verabschiedete sich Nero. „Gute Jagd.“, erwiderte Thomas und unterbrach die Verbindung. Schnell hatte der Jäger das Mobiltelefon wieder verstaut und die Pistole gezogen. Jetzt wusste er, wo sein nächstes Ziel war. „Zurück an die Arbeit.“, sagte Nero leise und lief los. Kapitel 7: immer ein Jäger -------------------------- Vorsichtig pirschte sich der Jäger durch den Betonbau. Sein Ziel befanden sich vor ihm, dass wusste er. Aber wo er war, konnte er beim besten Willen nicht sagen. Eine grobe Richtung hatte er zwar, aber mehr auch nicht. Wäre mein Untermieter noch da, hätte ich keine Probleme, dachte er wehmütig. Aber alles meckern würde ihn nicht zurückbringen. Außerdem wäre es unfair ihm gegenüber gewesen, die Paktbedingungen nicht einzuhalten. Ein plötzliches Scharren lies ihn innehalten. Hastig presste er sich an die Wand und spähte den Gang entlang. Mit jeder Sekunde wurde das Scharren lauter. Neros Hand legte sich fester um die Pistole und richtete sie aus. Dann kam die Quelle des Geräusches um die Ecke. Ein menschenähnliches Wesen mit grauer Haut schleifte etwas hinter sich her. Der Jäger hatte schon einmal gegen diese Wesen gekämpft. Man nannte sie Ghule. Sie waren bei weitem nicht so Hirnlos wie ihre dem Grab entgestiegenen Verwandten. Doch trotz der Spindeldürren Arme und Beine konnte das Wesen eine unglaubliche Kraft und Schnelligkeit entwickeln. Aber diese würde ihm heute nicht mehr helfen. Routiniert legte der Jäger die Waffe an und zielte. Dann zog er den Abzug durch. Die Kugel traf den Kopf und riss ddiesen zur Hälfte weg. Das Monster lies seinen Ballast fallen und stürzte zu Boden. Schreiend faste es dorthin, wo Teile des Kopfes fehlten, und wälzte sich herum. Ihm war klar, dass sowas einen Ghul nicht töten konnte, aber etwas anderes, was er bei sich trug sehr wohl. Schnellen Schrittes Bewegte Nero sich neben den Untoten und zog sein Kurzschwert, während er sich hin kniete. „Damit kannst du mich nicht töten, Mensch.“, krächzte es undeutlich. Er warf einen Kurzen Blick auf die Klinge, dann rammte er sie dem Monster in die Brust. „Silber tötet fast jedes Wesen.“, erwiderte der Jäger ruhig. Sekunden später schrie das Wesen, zappelte noch ein paar Sekunden und verstummte dann. Noch im Selben Moment begann der Körper sich aufzulösen. Hastig riss Nero das Schwert aus dessen Brust und verstaute es. Jetzt wandte sich der Jäger dem Gegenstand zu, das der Untote hinter sich her zog. Schon auf den ersten Blick konnte er das Blut daran erkennen und den widerlichen Gestank der Verwesung riechen. Vorsichtig löste er das Band, das den Sack Verschlossen hielt. Ein letztes Mal holte er tief Luft, dann öffnete er ihn. Doch schon im nächsten Moment schloss er ihn hastig. „Elendes Monster“, flüsterte Nero. Er hatte schon vieles gesehen, aber der Anblick der menschlichen Überreste in dem Sack ging auch ihm an die Nieren. Dieses Monster hatte den Leib regelrecht zerrissen. Vorsichtig verschnürte er den Sack wieder. In ihrem Zustand konnte sie zwar kein Zombie mehr werden, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht. Nach einem letzten Blick ging er weiter. Schnell hatte er das Handy am Ohr. „Noch eine Leiche, weiblich.“, sagte er kurz und knapp. „Zombies?“, erkundigte sich Thomas neugierig. „Ghul.“, erwiderte Nero und rieb siech die Stirn, „Wir haben es hier nicht mit einem Hobby-Necromanten zu Tun. Der hier versteht was er macht.“ „Und wie kommst du darauf?“ „Weil es einfach zu viele Zombies sind. Und das Erwecken eines Ghuls ist kein Kinderspiel.“, meinte der Jäger nachdenklich. „Dann pass auf dich auf.“, sagte Thomas noch, dann legte er auf. „Was anderes bleibt mir auch nicht übrig.“, meinte Nero, während er das Mobiltelefon verstaute. Leise zog er erneut sein Kurzschwert. Wenn ich wieder zurück bin, muss ich mir das Tachi von Garver holen. Aber im Moment musste es reichen. Die Gänge des Betonbaus glichen einem Labyrinth. Aber wenn die vier Jahre der Jagd ihm eines gegeben hatten, dann war es ein verdammt guter Orientierungssinn. Oftmals waren die Wesen, die er jagte schneller als er. Aber er kannte die Abkürzungen. Er hätte auch mit geschlossenen Augen los laufen können und seinen Weg gefunden. So wie auch in dieser Nacht. Er prägte sich seinen Weg peinlich genau ein. Ab und an lies er auch eine Patrone liegen. Nur für denn Fall, dass er sich wirklich verirren sollte. Jedoch war das mehr als Unnütz, denn es reichte schon ein vorbei schlürfender Zombie, um die Patrone verschwinden zu lassen. Nero konnte nur dem Quäntchen Glück vertrauen, dass er stets gehabt hatte. Das Atmen viel ihm schwer und wurde von einem Brennen in den Lungen und einem Stechen im Zwerchfell begleitet. Aber er dürfte nicht anhalten. Er war schon fast draußen aus diesem gottverlassenen Gebäude. Doch das Schlurfen hinter ihm wurde mit jedem Schritt lauter. Er warf einen kurzen Blick nach hinten. Er konnte ein Gutes halbes Dutzend Schemen ausmachen, die ihm im Dunkel folgten. „Lasst mich endlich in Ruhe!“, schrie er die Monster an, doch sie erwiderten nichts. Ohne abbremsen stürmte er um die nächste Ecke. Eine heller, rechteckiger Ausschnitt war vor ihm. Neue Hoffnung keimte in ihm auf, und verbannte den Schmerz vorerst. Gleich hab ich es geschafft. Dann, endlich, hatte er die Tür hinter sich gelassen und war wieder im Freien. Seine Kampfstiefel gaben ihm einen sehr guten Halt. „Wo seid ihr?“, rief er in die Nacht. „Wir sind hier!“, erklangen die Stimmen. Seinen guten Ohren hatte er es zu verdanken, dass er die Quelle schnell ausgemacht hatte. „Komm endlich her!“, riefen sie erneut. Er war unendlich froh, ihre Stimme zu hören. Aber das Adrenalin in seinem Körper verdrängte das Endorphin recht schnell. Zum Feiern blieb später auch noch Zeit. Erst einmal musste er sie erreichen. So folgte er den Stimmen. Es war nur noch ein Katzensprung bis zur Hausecke. Dahinter mussten sie sein. Doch plötzlich verlor er das Gleichgewicht und stürzte. Hastig schaffte er es, sich auf den Rücken zu drehen. Die Zombies verfolgten ihn noch immer. Plötzlich spürte er einen Widerstand an seinem Rücken. Perplex sah er auf und in das grinsende Gesicht eines Mannes. „Na, schönen Abend gehabt?“, fragte er beiläufig. Aber eine Antwort wartete er nicht ab. Schon im nächsten Moment war er an dem abgehetzten Jäger vorbei. Wieder dauerte es nur einen Wimpernschlag, dann hallten Schüsse durch die Nacht. „Hast du sie?“, fragte eine ihm zu bekannte Mädchenstimme. „Kalt wie Eis.“, erwiderte der Mann gelassen. Der Blick des Jägers schnellte zwischen der Hausecke und dem Mann hin und her. „Bin ich froh, dass es dir gut geht.“, erklang die Mädchenstimme erneut. Und dieses Mal konzentrierte er sich nur darauf. Dann sah er sie. Sie lächelte ihn an und Tränen glitzerten im Licht der Straßenlampen. Sie trug noch immer ihren schmutzigen, schwarzen Mantel. Aber die Maschinenpistole an ihrer Hüfte war neu. „Wäre der andere Jäger nicht gekommen, hätte sie mich gehabt.“, sagte er und rang nach Luft. Langsam setzten die Schmerzen wieder ein. Am liebsten hätte er sich die ganze Nacht mit ihr unterhalten, aber etwas anderes interessierte ihn viel mehr. „Wer bist du?“, fragte er den Mann, „Auch ein Jäger?“ „Nein“, erwiderte dieser grinsend und lies den Lauf der Schrotflinte auf der Schulter ruhen, „Ich bin nur der Fahrer.“ Während er durch die in Grau gehüllten Gänge des Rohbaus schlich, verlor der Jäger sein Zeitgefühl. Sekunden schienen zu Minuten zu werden und umgekehrt. „Irgendwo muss er doch sein.“, flüsterte Nero vor sich her. Dann waren da schon wieder zwei Abzweigungen. Frustriert sah er von einem Gang in den anderen. Seit einer gefühlten Ewigkeit war es zu ruhig. Weder ein Lebenszeichen der anderen zwei Jäger und auch keine weiteren Untoten. Aber da mussten noch welche sein. Die Kleine hatte schließlich gesagt, dass sie fast überrannt worden. Jedoch waren die Handvoll Untote die er bis jetzt getroffen hatte keine großartige Herausforderung gewesen. Auch nicht für vier Grünschnäbel. Plötzlich hielt er inne. War da nicht etwas? Doch dann war es wieder da. Das Geräusch war leise, aber er konnte es eindeutig zuordnen. Nichts war so unverwechselbar wie ein Schuss. Zwei weitere Schüsse ertönten, dann hatte er die Richtung. Nur Sekunden später trugen ihn seine Füße wie von alleine. Ecke um Ecke hastete er vorwärts. Schnell bog er um eine Ecke. Zu schnell für seine Schuhe, dann nur Sekunden Später befand er sich in der Horizontalen und Blickte in den Gang. Glück im Unglück. dachte er grinsend. Doch da war schon der unsanfte Aufschlag auf dem Boden. Doch er hätte nicht vier lange Jahre auf der Straße überlebt, wenn er sich von so etwas unterkriegen lassen würde. Hastig hob er die Pistole und zielte. Dem Zombie vor ihm blieb keine Zeit für eine Reaktion, da raste schon eine Kugel durch seinen Kopf und erledigte ihn endgültig. „Und wieder steigt der Highscore.“, meinte Nero mit einem schiefen Grinsen. Kaum hatte er sich auf gerappelt setzte er seinen Weg fort. Wieder hallten Schüsse durch das unfertige Gebäude. „Hör ja nicht auf zu schießen!“, rief Nero durch die Gänge. Denn solange auch nur noch ein einzelner Schuss hallte, wusste er, dass der Grünschnabel am Leben war. Kugel um Kugel schoss er auf die Untoten. Aber es schienen nicht weniger zu werden. Im Gegenteil. Für jeden Zombie den er erledigtem, schienen zwei weitere nach zu rücken. Aber für Denken oder gar Angst war jetzt kein Platz. Gekonnt lud er mit geschickten Fingern ein neues Magazin in seine 9mm und eröffnete wieder das Feuer. Fünfzehn Schuss. Fünfzehn Treffer. Fünf erledigte Gegner. Und noch immer war kein Ende in Sicht. Hastig lies er seine Hand über den Gürtel wandern. „Nur noch zwei Streifen.“, flüsterte er erschöpft und lud die Pistole nach, „Wenn nicht bald ein Wunder geschieht ist es aus.“ Doch der Gedanke hatte ihn zu lange abgelenkt. Erst als das Keuchen direkt hinter ihm war bemerkte er es. Hastig fuhr er herum, aber da war es schon zu spät. Ein Zombie warf sich mit seiner ganzen Körpermasse auf ihn. Sekunden später realisierte er den kalten, harten Betonboden unter ihm. Und den Zombie, dessen Kopf seinen Hals schon fast erreicht hatte. Er mobilisierte alle Kraft um den schweren Leib, und somit auch die todbringenden Zähne, außer Reichweite zu halten. Ein rascher Blick in die Gang genügte um zu verzweifeln. Auch wenn er den Untoten von sich stoßen könnte, war kaum noch Zeit zur Flucht. Sie waren einfach schon zu nah. Mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung sah er zu dem Zombie auf. „Sterb doch Endlich!“, rief er so Laut er konnte. Plötzlich starb die Gegenwehr. Ungläubig betrachtete er den Untoten. Doch bevor sein Kopf das gesehene realisieren konnte, huschte schon ein Schemen über sie Hinweg. Er brauchte gefühlte Stunden, um ihn mit den Augen zu folgen. Aber viel sah er auch nicht. Nur ab und an etwas, das an Silber erinnerte und die Explosion von Mündungsfeuer. Gefühlte Sekunden Später stand nur noch der Schemen, umringt von Leichen. „Unglaublich.“, flüsterte er und drückte endlich den Untoten von sich. „Hartes Training.“, erwiderte der Schemen heiter, „Verletzt?“ „Nur mein Stolz.“, meinte er und stand langsam auf. „Zwei deiner Kollegen sind schon draußen.“, sagte der Neuankömmling ernst, „Irgendeine Ahnung wo euer Blutsauger steckt?“ „Er hatte etwas von Keller gemurmelt.“, antwortete der junge Jäger und sah sich nervös um. Plötzlich hörte er rasches Klicken. Nur einen Wimpernschlag später kauerte er auf dem Boden, die Pistole fest umklammert. „Du solltest gehen.“, sagte der andere hart. Er nickte nur knapp, dann machte er sich schon auf den Weg. Nero atmete tief durch. Trotz der jahrelangen Jagderfahrung machten sich die drei Monate des Faulenzen schmerzhaft bemerkbar. Vorsichtig zog er das T-Shirt ein Stück nach oben und glitt mit der Hand über die schmerzende Stelle. „Wird wohl ein Blaues werden.“, meinte der Jäger lächelnd. Aber die Tatsache, dass er weder Nässe fühlte, noch den typischen Schmerz einer offenen Wunde beruhigte ihn sehr. Hastig richtete er seine Kleidung und bewaffnete sich mit seinem Mobiltelefon. „Zweiter ist auf den Weg, Dritter lokalisiert.“, gab er kurz durch. „Beeile dich, ich hab ein echt ungutes Gefühl.“, meinte Thomas, während er bei jedem Wort leiser wurde. „Ach, du auch?“, erwiderte Nero kühl und beendete das Gespräch. Danach lies er das Gerät wieder in der Tasche verschwinden und zog erneut die Beretta. Vor seinem inneren Auge ging er noch einmal den Weg zurück. Aber das Gebäude war noch weit von der Fertigstellung entfernt und somit brauchte er nicht zu hoffen auf ein Hinweisschild zu Stoßen. Jedoch war ihm während seiner Erkundungstour auch kein Weg in den Keller aufgefallen. Seufzend schritt der Jäger weiter. Leise setzte seine Schritte, bog um eine Ecke nach der anderen und fragte sich nach jeder Abzweigung, ob es die Richtige war. Alleine auf die Jagd zu gehen hatte zwar seine Vorteile, aber in dieser Situation wünschte er sich einen Gefährten. Seine Gedanken schossen zu dem Mädchen zurück. Er hätte sie mitnehmen können. Aber ohne ihre Fähigkeiten zu kennen wäre es ein Tanz auf glühenden Kohlen geworden. Und er wollte sich erst recht nicht ausmalen, was ein verrissener Schuss anrichten könnte. Vorsichtig spähte er um die nächste Ecke und sah ungläubig auf einen, mitten im Gang liegenden, Körper. Vorsichtig ging er weiter. Zombies, und auch Ghule, sind keine Wesen überragender Intelligenz, sondern eher Instinkt gesteuert. Da Ausnahmen ja die Regel bestätigen traf dies nur auf die Hälfte der Ghule zu, die er kannte. Wenn sie lang genug lebten konnte sie ziemlich verschlagen und hinterhältig sein. Aber da der Jäger bis jetzt nur Einen getroffen hatte, glaubte er nicht an einen Hinterhalt. Langsam lies er seinen Blick umher wandern, fand aber keine Spuren, die auf weitere Feinde hindeuteten. Endlich war er an dem leblosen Körper angekommen und stellte sofort fest, dass es sich um einen Untoten handelte. Dafür musste er ihn nicht ansehen, der Gestank reicht völlig aus. „Entweder war das Nummer Zwei,“, sagte er leise und sah den Gang entlang, „Oder ich bin hier richtig.“ Sorgsam sah er sich um und versuchte eine Spur zu finden. Vergebens. Keine Patronenhülsen, keine Spuren in den Wänden, absolut gar nichts. Vorsichtig berührte er den Zombie. Nero schluckte Hart, dann drehte er den Leib mit einem Ruck herum. Das der Arm aus dem Schultergelenk sprang war Nebensache. Quer über den Körper zog sich ein tiefer Schnitt. „Eindeutig der Lutscher.“, flüsterte der Jäger. Seine Stimme klang in seinen Ohren wie ein Schrei und aus Reflex sah er sich rasch um. Nachdem er sich vergewissert hatte, das niemand im Anmarsch war, betrachtete er die tiefe Wunde erneut. Die Wunde war tief. Zu tief, als das ein Mensch sie verursachen könnte. Zaghaft legte er seine Hand um den Unterarm des Monsters. Langsam und sachte bewegte er diesen. Beinahe Sofort war des brechen von Knochen zu hören. Vielleicht eine halbe Stunde, sagte er sich. Auch wenn Untote ziemlich zäh waren, so verweste der Körper nach deren endgültigen Ableben recht schnell. Und als erstes zerfielen die Knochen und Nervenbahnen, danach Muskeln und Haut. Noch eine gute halbe Stunde später würde von dem Wesen nur eine Stinkende Pfütze übrig sein. Das war der einzige Vorteil an diesen Dingern: Man musste weit aus weniger Sauber machen. Das einzige, wobei man viel Geduld brauchte, war es den Gestank verschwinden zu lassen. Plötzlich drang ein Geräusch an die Ohren des Jägers. Hastig sah er sich um und fand die Quelle schnell. Langsam zog sich ein Zombie über den Boden und kroch auf ihn zu. Gemächlich legte der Jäger an und beendete das Unleben mit einer gezielten Kugel. Gespannt wartete Nero noch einige Sekunden. Der Untote würde sich nicht mehr bewegen, aber vielleicht hatten andere den Schuss gehört. Doch es blieb Still, bis auf den schwächer werdende Widerhalls des Schusses. Vorsichtig, noch immer Geduckt, schlich er zu seinem neusten Opfer. Erstaunt stellte er fest, das ein glatter Schnitt, kurz oberhalb der Hüfte, den Untoten zu so einem Krüppel gemacht hatten. „Eindeutig der Vampir.“ Der Jäger packte das Schwert und die Pistole fester und schritt weiter. Um die Ecke, um die der Zombie eben gekrochen war. Und zu seinem erstaunen fand er dahinter fast ein Dutzend lebloser Untoter. Einen langen Seufzer später fragte sich der Jäger, ob er überhaupt noch gebraucht wurde. Scheinbar war der vierte Vermisste weit aus besser als seine Kameraden. Erschöpft kniete er auf dem Boden, die Waffe als Stütze. Er hatte seinen Gegner Unterschätzt. Hatte gedacht, es wäre ein einfacher Nekromant. Aber mit diesem Gegner hatte er nicht gerechnet. „Soll ich es endlich beenden?“, höhnte sein Gegenüber freundlich. „Ich mag zwar schwach sein, aber mit dir werde ich fertig.“, erwiderte der Jäger erschöpft. Vorsichtig strich er über seinen Buch. Zu allem Überfluss war die Wunde wieder aufgegangen und schien so schnell nicht aufhören wollen zu Bluten. „Oh dein Leben fließt aus dir heraus.“, stellte der Nekromant belustigt fest, „Dabei sollte es doch eigentlich hinein laufen, nicht war, Vampir?“ Endlich hatte Nero einen Weg in den Keller gefunden. Wie viel Zeit er gebraucht hatte, konnte er nicht mehr sagen, als er in den Gängen herum geirrt war. Immer wieder hatte er zu Thomas Kontakt aufgenommen, hatte ihn nach dem befinden der Neuen gefragt und ob er irgendwo einen Grundriss des Gebäudes bekommen könnte. Leider vergebens. Doch kurz nach dem letzten Statusreport hatte er die nach unten führende Treppe gefunden. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen. Zwar konnte der Jäger in der Dunkelheit sehen, aber er wollte trotzdem nicht in eine Gut versteckte Falle treten. Zu viel war schon geschafft um jetzt an einer Unaufmerksamkeit zu scheitern. Weiter und weiter führte die Treppe in die unteren Geschosse. Zwei hatte er schon hinter sich gebracht. Beide waren nur zwei große Hallen mit Stützpfeilern. Tiefgaragen, flüsterte Nero in sich hinein. Irgendwo hatte er gehofft eine Antwort zu erhalten, aber es sprach niemand mit ihm. Dann hatte er die zweite Tiefgarage passiert und plötzlich war es da. Die Nackenhaare sträubten sich und eine ungewöhnliche Kälte hatte die Tiefe in Beschlag genommen. Ein mehr als ungutes Gefühl breitete sich in deinem Magen aus. Was ist da unten nur los? Plötzlich machte es in seinem Kopf „Klick“. Er kannte dieses Gefühl nur zu gut. Und das es hier unten war und je tiefer er kam, stärker wurde, beunruhigte ihn. Nun war alle Vorsicht beiseite geschoben und der Jäger rannte die nächsten Treppen herunter. Ecke um Ecke und immer mehr Stufen herunter trugen ihn seine Füße. Seine Hände hatten sich wie Schraubzwingen um die Waffen gelegt. Das der Verursacher ganz unten sein würde, daran hatte er keine Zweifel mehr. Und vielleicht war da unten noch mehr, als er wissen wolle. Schnell hatte er den letzten Gedanken in die Hinterste Ecke verdrängt. Er brauchte einen Freien Kopf um die richtigen Entscheidungen zu Treffen. Da dürfte kein Platz für zweifel sein. In den letzten drei Monaten bin ich echt weich geworden, dachte er und bereute es, sich von den Jäger verabschiedet zu haben. Aber jetzt bin ich ja wieder da. „Bist du verletzt?“, fragte das Mädchen ihren Kollegen, der eben aus dem Gebäude kam. „Bis auf meinen Stolz nichts, warum?“, fragte er verwirrt und sah in ihre besorgte Augen. Aber anstatt zu Antworten reichte sie ihm nur einen kleinen Handspiegel, der praktischer weise, über zwei schwache LED-Leuchten verfügte. Vorsichtig sah er hinein und erschrak bei seinem Anblick. Sein ganzes Gesicht war Rot. Auch in seinen Haaren und seinem Hals war das Rot. Vorsichtig fuhr er mit der Hand durch seine Haare und über sein Gesicht. Erleichtert seufzte er und lächelte seine beiden Kameraden und den Mann an. Nachdem er ihnen abermals gesagt hatte, dass er unverletzt sei, begann er zu erzählen was nach ihrer Trennung passiert war. „Ich bin zusammen mit Roman weiter gegangen. Vereinzelt trafen wir noch auf ein paar Untote, aber zusammen mit dem Vampir war es ein Kinderspiel. Plötzlich meinte Roman jedoch, dass er den ganzen Spuk beenden würde und verschwand.“ Nach einer kurzen Pause berichtete er von seinem nicht sehr heroischen Kampf mit den Untoten und von der Rettung durch den anderen Jäger. „Und da muss mir das Blut übers Gesicht gelaufen sein.“, sagte er leise, sprach dann aber normal weiter, „Ohne ihn würden wir nicht hier stehen.“ „Ich hoffe nur, das er Roman auch findet und zurückbringen kann.“, meinte das Mädchen bedrückt. „Klar, Bastian und mich hatte er ja auch gefunden und gerettet.“ „Stimmt, aber ohne den Fahrer hätten sie mich erwischt.“, meinte Bastian und blickte zu dem angesprochenen. Dieser sah von seinem dritten Becher Kaffee auf und lächelte Freundlich. „Also kommen wir jetzt zu der Vorstellung?“, fragte er neugierig, „Thomas.“ Mit diesen Worten hob er den Kaffeebecher ein Stück, nur um sich wieder einen Schluck zu genehmigen. „Bastian kennst du schon.“, sagte der anderen Jäger, „Ich bin Alex.“ „Katja.“, sagte das Mädchen ohne den Blick von der Tür abzuwenden. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Nero das Unterste der vier Kellergeschosse erreicht. Schon als er den Eingang sah fiel ihm ein schwaches Leuchten auf. Vorsichtig späte er durch die Öffnung in der Wand, die später von einer Tür verschlossen sein würde. Fackeln und Kerzen waren in der gesamten Halle verteilt und tauchten sie in ein gespenstisches Halbdunkel. Vorsichtig betrat der Jäger die Höhle des Löwen. „Noch ein Besucher?“, rief eine Stimme freundlich. Hastig sah Nero sich um und hatte kurz darauf schon den Herkunftsort gefunden. An der Hintersten Wand erkannte er zwei Personen. Eine Stand aufrecht neben einer Art Alter, während die andere in der Mitte der Halle kniete. Schnellen Schrittes brachte er die Distanz hinter sich. „Verschwinde!“, reif eine Männerstimme, „Es ist zu gefährlich!“ „Hör auf den armen Lebenstrinker, Mensch.“, erwiderte eine Frauenstimme und Nero glaubte ein schwaches zischeln gehört zu haben. „Ich gehe wann ich will, wohin ich will.“, erwiderte er und setzte unbeirrt seinen Weg fort. Dann hatte er endlich die kniende Person erreicht. Eindeutig Modevampir, dachte er amüsiert. Pechschwarze Haare, blutrote Augen und komplett in schwarzes Leder gehüllt kniete der Mann am Boden, eine Hand auf den Bauch gedrückt, in der anderen eine Hellebarde. „Schlimm?“, fragte Nero den Vampir, ohne die andere Person aus den Augen zu lassen. „Mein Blut ist zu dünn.“, sagte er leise, „Die Wunde heilt nicht mehr richtig.“ Seufzend streifte Nero den Handschuh ab und hielt sie dem Vampir hin. Mit einem flüchtigen Blick zu dem Blutsauger konnte er die Verwunderung in dessen Augen sehen. „Solange du mich nicht mit Vampirismus infizierst, hab ich kein Problem damit.“, erklärte er mit einem schiefen Lächeln, „Obwohl, großartig stören würde es mich eh nicht mehr.“ Plötzlich spürte Nero einen leichten Stich in seiner Handfläche. Jetzt gönnte er sich einen längeren Blick. Mitten in seinem Handteller war ein kleiner roter Punkt. Vorsichtig berührte der Vampir diesen mit dem Finger, nur um ihn sich kurz darauf in den Mund zu stecken. Mit einem mal Riss der Vampir die Augen auf. Schneller als Nero es jemals gesehen hatte führte er seine Hand auf die Wunde auf seinem Bauch. Irritiert betrachtete er den Jäger. „Was bist du?“, fragte er verwirrt. „Ein Mensch.“, antwortete Nero verwirrt, „Warum?“ „Dann musst du sehr mächtig sein.“, erwiderte der Grünschnabel und stand vorsichtig auf, „Die Wunde hat sich geschlossen und das nur mit einem Tropfen deines Blutes.“ „Wenn es dir wieder gut geht, kannst du ja einen Abflug machen.“, meinte er lächelnd und betrachtete dann die Frau, „Den Rest mache ich.“ „Sie ist kein Mensch.“, spukte der Vampir aus. Nun betrachtete Nero die Frau genauer. Ihre Haut wirkte auf den ersten Blick menschlich, doch nach ein paar Sekunden fiel ihm der merkwürdige Schimmer auf. Des weiteren waren ihrer Pupillen nicht rund, sondern Vertikal geschlitzt. „Eine Yan-Ti.“, sagte er ungerührt. „Ein Schlangenmensch?“, fragte der Vampir unsicher, „Und du irrst dich auch nicht?“ „Ich habe noch keine erledigt, aber genug über sie gehört und gelesen.“ Ein eisiges Schweigen machte sich in der Halle breit. Nero konnte den unsicher Blick des Vampirs spüren, der abwechselnd auf ihm und der Yan-Ti lag. „Eure Waffen können mich nicht verletzen!“, rief das Wesen plötzlich. Gemächlich verstaute Nero die Pistole und das Kurzschwert und zog seine Winchester. „Versuchen kann man es ja mal.“, meinte der Jäger trocken und legte an. „Dann versuche dein Glück, Warmling.“, erwiderte die Yan-Ti und breitete sogar die Arme aus. Ein schwaches Grinsen huschte über das Gesicht des Jägers, dann zog er den Abzug durch. Der Schuss hallte wie ein Donnerschlag durch die Halle und das Echo wurde mehrfach von den Wänden zurück geworfen. Halbwegs zufrieden mit dem Schuss lies der Jäger die Waffe ein Stück sinken. „Wie ist das möglich?“, fragte die Yan-Ti verwirrt und betrachtete die Wunde. Die Kugel war fast mittig in ihren Brustkorb geschlagen und hatte ein faustgroßes Loch hinterlassen. „Panzerbrechende Schrotkugeln aus Silber.“, meinte er grinsend, „Damit hab ich schon einen grauen Geist erledigt.“ Noch einmal sah die Yan-Ti an sich herab und noch einmal zu den beiden Jägern. Mit einem Mal brach sie regungslos zusammen. „Ist es Vorbei?“, erkundigte sich der Vampir vorsichtig. „Ja.“, erwiderte der Jäger und lud die nächste Patrone in den Lauf, „Ich kümmere mich noch ums aufräumen und du verschwindest. Deine Kameraden warten draußen auf dich.“ Langsam nickte der Grünschnabel und verlies die Halle. Als er die Tür passiert hatte, verschwand er von einem Moment auf den anderen. Noch einmal blickte Nero zu dem Ausgang, bevor er sich Kopfschüttelnd der Yan-Ti zu wand. „Garver wir noch bettelarm, wenn ich so weitermache.“, meinte er grinsend. Er freute sich schon diesen ungastlichen Ort verlassen und seinem alten Chef einen Besuch abstatten zu können. Vor seinem inneren Auge konnte er schon seine entgleisten Gesichtszüge sehen, wenn er plötzlich wieder in seinem Büro stand und freudig verkündete, dass er wieder dabei sei. Der Hauch einer Bewegung lies ihn innehalten. „Du wirst diesen Ort nicht leben Verlassen, Mensch.“, krächzte die Yan-Ti schmerzerfüllt, „Du hast zu lange gebraucht.“ Plötzlich verfiel sie in ein hysterisches Lachen. Sekunden später wurde es Still in der Halle. Augenblicke wurden zu Sekunden, als der Jäger auf das zuschnappen der tödliche Falle wartete. Doch es passierte nichts. Gerade hatte er wieder einen schritt nach vorn gemacht, da begann die gesamte hintere Wand zu Brennen. Aber das Feuer breitete sich nicht aus, sondern zog sich zusammen, bis es nur noch einen kleinen Teil der Wand einnahm. Was soll das?, fragte er sich, während sich erneut seine Nackenhaare aufstellten. Bewegungslos verharrte er und betrachtete das flammende Schauspiel. Dann spürte er, wie sich etwas näherte. Einerseits war es ein bekanntes Gefühl, aber dann wieder anders. Plötzlich brach ein Arm durch die Flammen, gefolgt von dem Rest. Für einen Moment vergaß der Jäger sogar das atmen, als er die groteske Gestalt betrachtete. „Endlich frei!“, schrie diese freudig, „Niemand mehr, der mir im Weg steht.“ Doch mit diesen Worten hatte seine kleinen gelben Augen Nero gesehen und fixierten ihr. Das Wesen sah aus wie eine grob zusammen genähte Puppe. Nur das diese aus Teilen von Dämonen und Teufeln zu bestehen schien. Gemächlich trat das Wesen auf ihn zu. Doch dann schob sich noch ein anderes Wesen aus dem flammenden Portal. Und für einen Moment vergaß er sogar das atmen. „Lasst uns tanzen!“, rief ein Mann freudig, „Lasst uns Tanzen, auf das unser Gott uns sehe und den Weg zu uns findet!“ Jubel hallte durch den Saal des Hauses. Von überall drang hinter Masken die Freude hervor. Nur eine Person schwieg und sah vorsichtig zu Boden. Und in dem schwachen Schatten, den sie in dem hell erleuchteten Raum warf, glimmten zwei glutrote Augen auf. „Dann mal ran an den Speck.“, sagte sie mit einem leisen Seufzer. Und für einen kuren Moment vernahm sie das schwache Knurren ihres Begleiters. Kapitel 8: Maskenball --------------------- Wie in Trance folgte Nero dem Weg zurück. Das Gesehene machte ihm immer noch zu schaffen. Nicht nur das zusammengesetzte Wesen, welches ihm im Keller begegnet war, sondern auch die fast Zeitgleiche Begegnung mit etwas anderem. Etwas, was er schon fast vergessen hatte. „Wo bleibt er nur?“, fragte Katja ungeduldig. „Mach dir mal keine Sorgen.“, erwiderte Thomas gelassen. Seitdem Roman zurückgekehrt war, war eine gute viertel Stunde vergangen. Und die Grünschnäbel empfanden es allesamt als zu lang zum „Aufräumen“, wie Nero es genannt hatte. „Was passiert eigentlich beim Aufräumen?“, erkundigte sich Bastian. „Normalerweise wird der betroffene Bereich Ausgebrannt.“, begann Thomas sachlich, „Oder auch Gesprengt, wenn er nicht durch Feuer bereinigt werden kann.“ „Er will das Gebäude sprengen?“, platzte das Mädchen heraus. Doch Thomas zuckte nur mit den Schultern. Er hatte schon Jäger chauffiert, die liebend gerne mit Napalm oder Phosphor gearbeitet haben. Andere schleppten Sprengstoff in Kilopaketen mit sich herum. Ein eisiges Schweigen breitete sich über die Anwesenden aus. „Hört ihr das?“, fragte Roman plötzlich. Neugierig sahen die anderen zu ihm, doch er betrachtete nur den Himmel. „Monster?“, erkundigte sich Alex und seine Hand wanderte zu seiner Pistole. „Eher Flügel mit Federn.“, sagte der Vampir nachdenklich. Wieder vergingen nur Sekunden, bis Bastian in den Himmel zeigte. „Gardisten.“, meinte Thomas ruhig. „Die sind doch nur am Tag unterwegs.“, warf Alex ein. „Warten wir es doch einfach ab.“, sagte Katja, aber ihre Hände schlossen sich fester um die MP. Und die Sekunden schienen sich zu Minuten und Stunden zu dehnen. Dann endlich hatten die Gardisten den Boden erreicht. Zwölf Männer, allesamt in schimmernde Rüstungen gehüllt und mit Schwertern bewaffnet. „Guten Abend, Jäger.“, sagte der Vorderste und trat einen Schritt vor. „Abend.“, erwiderte Thomas ehe die anderen Gelegenheit hatten zu antworten, „Können wir euch helfen?“ „Wir haben Informationen über Monster in diesem Gebäude erhalten.“, sagte der Geflügelte ruhig, „Wenn ihr beabsichtigt hinein zu gehen, würden wir euch gerne Begleiten.“ Unsicher sahen sich die Neuen an und blickten dann zu Thomas. „Sehr seltsam, dass ihr mit uns zusammenarbeiten wollt.“, erwiderte er mit einem freundlichen Lächeln, „Und noch seltsamer ist, dass ihr Nachts unterwegs seid.“ „Seit einem Monat gehen wir nachts auf Patrouille“, sagte er und deutete auf seine Begleiter, „Und damit sind wir leider die einzigen.“ „Warum?“, fragte Katja plötzlich. Der Gardist wollte Antworten, fuhr aber plötzlich auf der Stelle herum, Richtung Rohbau. Dann hörten die Jäger auch warum. Das schlurfen von Füßen wurde Lauter. „Wenn einer Schießt, schieße ich zurück.“, rief jemand heraus, „Und glaubt mir ich treffe.“ „Wer ist das?“, fragte der Geflügelte verwirrt. „Die Antwort auf jedes Monsterproblem.“, meinte Thomas grinsend und füllte einen Kaffeebecher. Nero keucht ab und an. Sein Körper fühlte sich an wie nach einer Massage mit dem Fleischwolf. Aber er hatte es überstanden und war, bis auf einige Kratzer und das blaue Fleck, unverletzt. Drei Monate hinterlassen echt Spuren, dachte er wehleidig. Langsam, fast widerwillig hob er den Kopf und konnte endlich den Ausgang sehen. Mit neuer Kraft schritt er ein wenig schneller und versuchte gerade zu laufen. Im Moment musste er wirklich ein jämmerliches, oder vielmehr erschreckendes Bild liefern. Blut überströmt und dreckig. Das Bild alleine gab ihm die Kraft sein letztes Bisschen Würde zusammen zu kratzen und wenigstens muss nach außen hin der Sieger zu sein. „Wo warst du denn so lange?“, hörte er Thomas rufen. Langsam wandte der Jäger den Kopf zu ihm und sah auch die vier Grünschnäbel. Allesamt waren wohl auf. Und dann sah Nero das wichtigste an diesem Abend und rannte fast zu den anderen. Kaum war er angelangt riss er dem Fahrer den Becher aus der Hand und nahm einen großen Schluck. Der Kaffee war kochend Heiß, aber ihm war es egal. Kaffee war wie sein Ambrosia, sein Lebenselixier, wenn er auf einer Jagd war. „Wir haben Besuch.“, flüsterte Thomas und deutete Schwach hinter ihn. Den Kaffeebecher noch einmal ansetzend drehte er sich um und sah das Dutzend Weißgardisten. Dann senkte er den Becher ein Stück. „Was hab ich verpasst?“, fragte er Thomas leise über den Rand hinweg. „Verspätete Verstärkung.“, hörte er den Fahrer und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Dutzend. Und langsam kam der vorderste auf sie zu. „Es ist mir eine Freude, euch wiederzusehen.“, sagte er und Lächelte Nero an. Das Gesicht kam ihm bekannt vor, aber im Ersten Moment wusste er nicht, wo er es einordnen sollte. Doch nur Sekunden später wusste er es wieder. „Drei Monate sind eine lange Zeit in unserem Beruf.“, erwiderte Nero freundlich und ging zwei Schritte auf ihn zu, „Und wie ich sehe, hat sich bei euch einiges Geändert.“ „Nur wir zwölf.“, meinte der Gardist, „Der Rest will alles so lassen wie es ist.“ Nero lachte freundlos. Aber er freute sich wirklich, dass wenigstens diese kleine Truppe ihre Meinung geändert hatte. „Und wie läuft die Jagd bei euch?“, erkundigte sich der Jäger. „Schleppend, aber wir werden mit jedem Tag besser.“, sagte der Gardist zuversichtlich. Doch als Nero einen Flüchtigen Blick hinter ihn warf, sah er in den Augen seiner Begleiter Unmut. Sie konnten noch nicht lange dabei sein, dass spürte er deutlich. „Aber wo habe ich meine Manieren gelassen?“, fragte der Gardist plötzlich und hielt dem Jäger die Hand hin, „Ich bin Samuel.“ „Nero.“, erwiderte er und schlug ein. Mit einem zufriedenen Grinsen hörte er die Grünschnäbel keuchen. Wie in Schlaf vollzog sie alle Bewegungen. Einen ganzen Monat lang hatten sie die Schritte einstudiert. Einen ganzen Monat lang musste sie sich jeden Tag in das Kleid zwängen und mit ihrer Maske herumlaufen. Aber in Wirklichkeit war sie schon zwei Monate bei diesen Leuten. Aber der erste Monat lief ereignislos ab. Sie wurde mit allerlei kleinen Aufgabe betraut, die sie immer nach bestem Wissen erfüllt hatte. Und dann war der Tag gekommen. Sie wurde Feierlich zu dem Oberhaupt bestellt und er lobte sie in vollen Zügen, bis er ihr am Schluss die Maske reichte und ihr mitteilte, dass sie an der Beschwörung ihres Gottes teilhaben durfte. „Ist alles in Ordnung?“, sagte Jemand und riss sie aus den Gedanken. Es war ihr Tanzpartner. In seiner Stimme lag Besorgnis und strafte das Fröhliche Maskengesicht lügen. „Nervös und Erschöpft.“, entgegnete sie leise. Er nickte kurz nur um sich wieder dem Rhythmus hinzugeben. Hoffentlich ist es bald vorbei, dachte sie nüchtern und lies ihren Blick so unauffällig wie möglich durch die Halle wandern. Dann sah sie das paar roter Augen. „Ich fasse es nicht.“, hatte Bastian nach einer guten viertel Stunde sein Schweigen endlich gebrochen, „Nero.“ „Ich bin auch nur ein Mensch.“, erwiderte der Jäger schulterzuckend. „Aber viele sehen dich als Legende.“, meinte Thomas ohne den Blick von der Straße zu nehmen, „Nero, der Teufelsschlächter.“ Aus dem Augenwinkel heraus betrachtete Nero den Fahrer und sah dessen schwaches Grinsen. „Es stimmt.“, sagte Katja langsam, „Du bist eine Legende unter den Jägern. Als die Nachricht von deinem Verschwinden publik wurde, verließen etliche alteingesessene Jäger die Gemeinschaft.“ „Also steht es schlecht um uns.“, schloss Nero. „Es gibt viel zu viele Grünschnäbel, die nicht wissen, worauf sie sich einlassen.“, sagte Thomas düster, „Und die meisten kommen nach der ersten Nacht nie wieder nach hause.“ Etwas in Nero verkrampfte sich. „Wie konnte ich nur daran denken, aufzuhören?“, fragte er sich selber laut, „Ich wusste, dass ich es niemals sein lassen könnte, dass es da draußen Leute gab die Jede Nacht um ihr Leben fürchten.“ „Und deswegen tut Garver alles, um die Gemeinschaft aufrecht zu erhalten.“, meinte Thomas in Gedanken, „Aber er ist ein schlechtes Vorbild.“ Fragend sah Nero den Mann an. „Er kann in seinem Zustand nicht mehr auf die Jagd gehen.“, sagte Alex vorsichtig, „Und die meisten Jäger glauben auch nicht, dass er es damals getan hat.“ „Ihnen fehlt ein Vorbild, an dem sie sich Orientieren können.“, erklärte Thomas und warf Nero einen kurzen, fragenden Blick zu. „Sie brauchen also ein Vorbild?“, fragte er zurück und sah zu den drei Grünschnäbeln, die sich auf der Sitzbank zusammen gequetscht hatten. In ihren Augen konnte er einen Funken sehen, ein einziges, kurzes Aufflackern. Nur Sekunden später sah er wider nach vorn, in die Nacht hinaus. Keine Zehn Minuten später lenkte Thomas den Wagen auf den Parkplatz und schaltete den Motor aus. Die Hand noch am Zündschlüssel atmete er einmal tief durch. „Damit wäre auch die Nacht überlebt.“, sagte er leise und grinste. Nero sah den Mann an. Seit ihrer letzten, und auch einzigen Begegnung vor drei Monaten hatte sich viel bei ihm getan. Nicht äußerlich, aber innerlich. Den besten Beweis lieferten die erledigten Zombies, die auf sein Konto gingen und die Waffen, die er bei sich führte. Er war nicht mehr einfach nur ihr Fahrer. Er war ihre Unterstützung, ihr Vertrauter. Vorsichtig stiegen die fünf aus dem Wagen. Neugierig betrachtete Nero seine Umgebung. Es hatte sich nichts geändert. „Auch schon da?“, hörte er die Stimme des Vampirs. Gemächlich wandte er sich zum Eingang des Hauses zu. Neben der Tür, an der Wand gelehnt, stand Roman und wartete auf sie. „Gut gespeist?“, erkundigte sich Nero. „Ja, aber keine Sorge, ich pass auf.“, erwiderte der Vampir. „Weist du, wer von den alten Hasen da ist?“, fragte er Roman. „Nur Sukki und Garver, sonst ein paar Neulinge.“, antwortete der Angesprochene kopfschüttelnd. Ohne auf die Anderen zu warten ging Nero voraus und stieß die Tür auf. Seine Augen passten sich schnell an die Dunkelheit an und boten ein Bild des Entsetzens. Bis auf drei junge Männer war der Raum leer. Nur Sukki hielt hinter ihrem Tresen die Stellung. Nebensächlich sah sie auf und ein Ruck ging durch sie hindurch. Ihre Augen fixierten Nero und sahen ihn ungläubig an. „Morgen.“, sagte er und betrat vollends den Raum. „Was kann ich bringen?“, fragte Sukki gefasster als sie aussah. „Eine Dusche und neue Klamotten.“, erwiderte er grinsend. „Geh schon mal vor, ich bring dir die Sachen gleich“, meinte sie Abwesend und wandte sich zum gehen. Mürrisch sahen die Männer auf und musterten den Jäger. Aber er folgte Sukkis Anweisung ohne auf die Neuen zu achten. Keine fünf Minuten später erreichte er die Duschräume. Wie immer, dachte er grinsend und betrachtete die Räumlichkeit. Egal wie viele Jäger in einer einzigen Nacht auch hier unter gewesen waren, es gab niemals einen Grund etwas an der Sauberkeit zu beanstanden. Und wer immer hier unter für Ordnung sorgte, er machte verdammt gute Arbeit. In aller Ruhe räumte Nero die Taschen seiner Kleidung aus und verstaute sie in einem der Spinde, die eine ganze Wand in Beschlag nahmen. Langsam streifte er den Mantel ab und spürte deutlich die Prellung an seiner Seite. Nach einem kurzen Keuchen warf er ihn in den Wäschesack, gefolgt von dem T-Shirt. Langsam drehte er sich der Reihe mit Waschbecken und Spiegeln zu und besah sich den blauen Fleck genauer. Du hast verdammtes Schwein gehabt, dachte er ernst. Der Schlag hatte ihm mühelos die Rippen brechen können, hätte er ihn nur ein wenig höher getroffen. „Nero?“, fragte plötzlich eine junge Frauenstimme. Lächelnd drehte er sich zu ihr herum. Aber sein Lächeln verschwand schlagartig. Die Maske der Professionalität, die der Sukkubus im Lokal trug war verschwunden. Sie wirkte verängstigt, hilflos, wie ein kleines Kind. Langsam ging Nero auf sie zu. Sie war ein Stück kleiner als er und als sie zu ihm auf sah wirkte sie noch zerbrechlicher. „Was ist denn los, Kleine?“, fragte er mit sanfter Stimme und strich ihr vorsichtig durch ihr Haar. Noch einen Augenblick sah sie auf, dann warf sie sich ihm um den Hals. „Ich bin so Froh, dass du lebst.“, sagte sie plötzlich, „Es hieß du seiest verunglückt und gestorben.“ Schweigend streichelte er weiter ihr Haar. „Was war nur los? Wo warst du die ganze Zeit?“, fragte sie und sah erneut zu ihm auf. „Ich war tot.“, sagte er leise, „Ich wollte aufhören. Ein halbwegs normales Leben führen.“ „Aber warum bist du wieder da?“ „Weil ihr mich braucht.“, sagte er grinsend und löste sich sachte von ihr. „Kannst du mich auf den neustens Stand bringen?“, fragte er vorsichtig. „Vor oder nach dem duschen?“, fragte sie und wirkte wieder normal. „Währenddessen.“, grinste er sie an. Ich bin wieder zu hause. Wieder und wieder wirbelten sie umher, getragen von der Musik und ihrer eigenen Euphorie. Doch langsam, ganz allmählich, schien sich die Gesellschaft zu beruhigen. Der Letzte Akt, dachte sie mit gemischten Gefühlen. Sie hoffte wirklich, dass alles gut gehen würde. „So sieht es im Moment aus.“, meinte Sukki und seufzte schwer. „Wirklich nicht gut.“, murmelte der Jäger und streifte sich das T-Shirt über. „Und so wie die Grünschnäbel verschwinden wird es auch nicht besser.“, ergänzte der Sukkubus resignierend. „Meist du, du kannst die anderen zurück holen?“, fragte Nero nebensächlich. „Wenn du offiziell wieder dabei bist garantiert.“, erwiderte sie grinsend. Dann sollte ich doch Garver mal einen Besuch abstatten. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und hatte schon die Klinke in der Hand. „Hast du nicht etwas vergessen?“, fragte Sukki wissend. Langsam sah er an sich herunter. Klamotten waren da und alles saß richtig. Verwirrt sah er zu ihr, nur um einen Wimpernschlag später einen neuen Mantel ins Gesicht zu bekommen. Nach einer Sekunde der Verwirrung schlüpfte er hinein. „Du bist echt die Beste.“, sagte Nero lächelnd. „Ich weiß.“, erwiderte sie. Mit einem breiten Lächeln verließ er die Duschräume im ersten Kellergeschoss und stieg die Treppe hinauf in das zweite Obergeschoss, wo Garver sein Büro hatte. Zögernd blieb er einen Moment stehen, die Hand zum anklopfen gehoben. Nicht mein Stil, dachte sich Nero und öffnete kurzerhand die Tür. Garver saß hinter seinen Schreibtisch, über einen Stapel Akten gebeugt. Links und rechts auf dem Tisch stand jeweils ein Laptop und warf ein schummrig blaues Licht auf ihn. „Ich habe gesagt, ich will nicht gestört werden.“, sagte er ernst mit einem drohenden Unterton. „Da ist man mal wieder im Land und dann so eine Begrüßung.“, entgegnete Nero prompt und trat grinsend ein. Garver sah langsam auf und auf seinem Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Überraschung und Verwirrung. „Was willst du hier?“, erkundigte sich der Rollstuhlfahrer und versuchte sachlich zu klingen. „Dir sagen, dass ich wieder dabei bin.“, erwiderte Nero ohne sein Grinsen zu verbergen. „Und warum so plötzlich?“, hakte der Mann nach. „Weil ich in meiner letzten Nacht alles verloren habe, was den Unterschied zwischen Mensch und Jäger ausgemacht hat.“ Der Mann nickte langsam, beinahe verständnisvoll, dann sah er Nero wieder an. „Dann willkommen zurück.“, sagte Garver und ein schwaches Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Stille schlich sich langsam zwischen die beiden Männer, die nicht unterschiedlicher sein konnten. „Was macht Tanja eigentlich?“, erkundigte sich Nero plötzlich. „Jagen.“, erwiderte Garver kurz. Und etwas wie er es gesagt hatte behagte Nero ganz und gar nicht. Er hatte diesen Mann in den letzten Jahren kennen gelernt und wusste, dass er ihm etwas verschwieg. „Wo ist sie Gerade?“, erkundigte Nero sich weiter. „Auf einem Jagdausflug.“, antwortete sein Chef knapp. „Wo?“, fragte der Jäger energischer, „Und was?“ Seufzend klappte Garver den Ordner, über den er gebeugt war zu, und fixierte Nero. „Sie soll die Auferstehung eines Verbotenen Gottes verhindern.“, sagte der Mann ohne eine Sekunde zu verlieren. Und mit einem Schlag schien die Temperatur im Büro sich nahe Null zu befinden. „Noch mal bitte.“, forderte Nero. „Du hast mich schon richtig verstanden.“, erwiderte Garver und legte die Hände auf den Schreibtisch, „In diesen drei Monaten hat sie enorme Fortschritte in allen Bereichen gemacht. Angefangen vom Grundwissen über Kampfpraktiken und Taktiken.“ „Das ist egal!“, schrie Nero, „Weist du was du getan hast?“ Doch Garver schwieg. „Du hast sie in den Tod geschickt!“, entfuhr es dem Jäger. „Sie hat gewusst worauf sie sich einlässt.“, versuchte Garver ihn zu beschwichtigen, „Sie hat die Mission selber ausgewählt.“ Irgendwie schafften es diese Worte Neros Wut ein wenig zu besänftigen. „Gib mir das Tachi.“, sagte der Jäger kalt. Ohne ein weiteres Wort fuhr der Mann zu einem Schrank. Ohne Hektik und eile öffnete er ihn und holte einen langen verhüllten Gegenstand heraus. „Du weist, dass es dann kein Zurück mehr gibt?“, fragte Garver und sah Nero forschend an. „Das weis ich.“, erwiderte er ruhig, „Und genau deswegen bin ich hier.“ Garver seufzte schwer, doch dann warf er ihm das Stoffbündel zu. Unsanft öffnete Nero die Kordel und nahm das Schwert heraus. „Ruf Thomas an und sag ihm wo er mich hinbringen soll.“, meinte Nero und seine Hand schloss sich fester um die Schwertscheide. Ohne eine Antwort abzuwarten stürmte der Jäger die Treppe hinunter und stieß sie fast aus den Angeln. Sukki hatte wieder ihren Posten hinter dem Tresen bezogen und sah ihn neugierig an. Nero jedoch stampfte Sofort weiter Richtung Ausgang. Er sah nicht die fragenden Blicke der vier Grünschnäbel, und auch nicht als die drei Männer aufstanden. Erst als sie ihm den Weg versperrten realisierte er sie. „Aus dem Weg.“, sagte Nero leise und kalt. „Hältst dich für einen ganz Großen, wie?“, fragte einer der Drei. Ohne Vorwarnung stieß Nero den Schwertgriff nach vorn. Noch bevor der Getroffene das geschehen realisieren konnte schlug Nero den Zweiten mit der Scheide nieder und lies den Griff mit der Schläfe des Dritten kollidieren. Ohne eine weitere Sekunde zu warten hastete er weiter und stieß die Tür auf. „Ich bitte um Ruhe.“, rief Jemand. Alle Blicke wandten sich zu dem Redner zu. Er war mager und hatte deutlich sichtbare Spuren von zu wenig Schlaf im Gesicht. Aber er strahlte eine unglaubliche Autorität aus. „Meine Damen, meine Herren, hiermit möchte ich sie zu diesem feierlichen Ereignis begrüßen!“, sagte er laut und deutlich verständlich, „Wir haben viel geopfert für diesen glorreichen Tag, an dem Unser Gott uns wieder beistehen wird.“ Die Menge jubelte. Doch als er die Hand hob schweigen sie. „Doch noch ist es nicht vollbracht. Wir müssen nur noch ein wenig Geduld haben, dann wird unser Gott uns freudig in seine Arme schließen.“, verkündete er und wieder jubelte die Menge. Nur noch so wenig Zeit, dachte Tanja ernüchternd. Sie war zwar in die Gesellschaft aufgenommen worden, doch niemand wollte ihr sagen, was genau passieren würde. Gespannt sah Nero aus dem Fenster. „Sicher?“, fragte der Jäger ruhig. „Absolut.“, erwiderte Thomas ruhig, „Hier ist es.“ „Dann heißt es nur noch hineinkommen.“, stellte Nero seufzend fest und stieg aus dem Wagen. „Wie abgemacht.“, grinste Thomas, „Auf dein Zeichen.“ Nero nickte und machte sich auf den Weg zum Tor. Wieder und wieder erwischte er sich dabei, mit der Hand über den Mantel zu streichen, dort wo das Tachi verborgen war. Unsicher bleib er vor dem Tor stehen und starrte auf das große Haus dahinter. Eine Einfahrt, mindestens einhundert Meter befand sich dazwischen. Aber er konnte keine Menschen sehen, noch nicht einmal etwas, was auf Höllenwesen hindeutete. Und so was war in der heutigen Zeit nahezu unmöglich. „Kann ich euch helfen?“, erklang plötzlich eine Männerstimme neben ihm. Langsam, sein Unbehagen nicht zeigend, drehte er den Kopf. „Ja, das kannst du.“, sagte er und spürte, wie sein Grinsen diabolische Züge an nahm. Stets den Schein der vollkommenen Ruhe wahrend lies Tanja sich ihre Aufregung nicht anmerken. Vor wenigen Minuten hatte sie eine Mädchen, oder eher eine junge Frau hereingebracht. Sie führten sie eine kleine Treppe hinauf, an dem Redner vorbei und hielten schließlich vor einem Steinquader. Rau und ungeschliffen, wie frisch aus einer Wand gebrochen. Behutsam legten die Männer sie darauf und waren kurz darauf wieder verschwunden. Viele Gedanken schossen durch ihren Kopf, zu viele um nur einen zu beenden. Plötzlich fasste jemand ihre Hand. Einen Moment musste sie sich zusammennehmen sonst hätte sie geschrien. Hastig sah sie die Person an. Doch sie starrte nur in eine Maske, eine Hälfte weiß und zweigte Freude, die andere schwarz und Trauer. Auf seinem Kopf trug er einen Zylinder und ein weiter Mantel verbarg den Rest von ihm. „Er hat euch als erwählt.“, rief der Sprecher begeistert, „Der Henker will, dass ihr ihm helft.“ Henker?! schoss es ihr durch den Kopf, aber sie konnte sich nicht wehren. Gemächlich schritten sie nebeneinander durch die geteilte Masse. Immer wieder blickte sie verstohlen zu dem Maskierten. Etwas an ihm war komisch. Seine Art zu Bewegen unterschied sich ein wenig von dem der anderen. Es war der sichere Gang eines Räubers, der der verletzten Beute Nachstellte. „Kommt, Kind, lasst den Gott nicht warten.“, sagte der Mann vom Treppenansatz und funkelte sie wütend an. Mit einer kurzen Bewegung brachte der Maskierte den Mann zu schweigen und hielt ihr seine Hand hin. Ungläubig griff Tanja danach und lies sich an dem Einzigen nicht maskierten vorbeiführen. Jetzt war es nur noch ein kurzes Stück bis zum Altar. Wo die Opferung stattfinden würde. „Da hast dich prächtig gemacht, nicht mehr das verängstigte Kind.“, sagte der Maskenträger plötzlich, „Ich bin stolz auf dich, Tanja.“ Ein kalter Schauer jagte über ihren Rücken. „Aber hab keine Angst, ich werde dir helfen.“, fuhr er fort, als sie nichts sagte. „Wer bist du?“, drangen die Worte leise aus ihrem Mund. „Drei Monate sind eine lange Zeit, nicht wahr?“, fragte er als wäre es Antwort genug. Noch einen Moment sah sie ihn an, dann wieder auf den Altar. „Ja, du hast recht.“, flüsterte sie, „Aber du bist wieder da, oder?“ „Für jetzt und immer.“, erwiderte der Maskierte. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten die beiden den Altar erreicht. Das Mädchen lag regungslos mit offenen, trüben Augen vor ihnen. Sie war vielleicht vierzehn, oder fünfzehn Jahre alt. Und diese Männer und Frauen da unten wollten ihren Tod. „Was machen wir?“, erkundigte sich Tanja im Flüsterton. „Ich mach den Weg frei und du versuchst mit dem Mädchen zu Thomas zu kommen.“, sagte Nero ruhig. Doch im Stillen hatte er sich schon damit abgefunden, dass er diese Nacht höchstwahrscheinlich nicht überleben würde. Auf der Galerie zu ihren Seiten befanden sich jeweils fünf Mann mit Schnellfeuerwaffen unterschiedlichen Kalibers. Und direkt vor ihnen noch einmal Zehn. „Die Chancen stehen verdammt schlecht, oder?“, fragte Tanja und strich dem Mädchen behutsam eine Strähne aus dem Gesicht. „Dann richten wir so viel Schaden an wie möglich.“, erwiderte Nero. „Würden sie bitte Anfangen.“, drang die Stimme des Veranstalters zu ihnen. Doch mit einer schnellen Handbewegung brachte der „Henker“ ihn zum schweigen. „Was glaubst du eigentlich, was wir hier tun?“, erkundigte sich Nero bissig, „Oder glaubst du, unseren Herren durch deine Ungeduld schneller hierher zu bringen.“ Nach einem Moment nahmen die beiden Jäger ihr Gespräch wieder auf. „Ich kann mich um die Galerie kümmern, sagte Nero gelassen und zog unter seinem Umhang einen Kris-Dolch hervor, „Dann hättest du nur noch die paar Angsthasen da unten.“ „Ich kümmere mich die Galerie, du um den Rest.“, sagte sie entschieden, „Und es bleibt dabei.“ Still sahen sie sich an, dann nickten sie. Ein Schrei gellte in der Halle und schon im nächsten Moment war die Hölle ausgebrochen. Die Anwesenden rannten scheinbar ziellos umher und sahen sich Ängstlich um. Ein schneller Blick genügte dem Jäger um die Ursache festzustellen. Ein pechschwarzer Wolf jagte über die Galerie und riss einen Mann nach dem anderen zu Boden, darauf bedacht, keinen ernsthaft zu verletzen. Mit einem Grinsen riss sich Nero den Zylinder und die Maske vom Gesicht und warf sie Achtlos zu Boden. Entgegen seiner Hoffnung stürmten zwei mit schweren Säbeln bewaffnete Männer durch die Masse. Doch Neros Schwert schien wie von selbst in deine Hand zu springen. Und nach einem kurzen Gerangel schickte er sie zu Boden. Hastig lies er seine Augen über die panische Meute wandern, doch niemand weiter schien Anstalten machen zu wollen sie aufzuhalten. Soll mir nur recht sein, dachte er müde und heftete sich wieder an Tanjas Fersen, die mit der Kleinen Richtung Ausgang rannte. Sie hatten die geschlossene Tür fast erreicht, als sie von außen aufgerissen wurde. „Los! Lauft weiter!“, rief der Mann und verschwand aus ihrem Sichtfeld. Dann hörte Nero die Schüsse. Scheinbar das ganze Grundstück schien unter dem Stakkato diverser Feuerwaffen zu zittern. „Hier Runter! Schnell!“, hörte der Jäger Thomas rufen. Dann donnerten erneut Schüsse, aber Nero kannte das Geräusch der vollautomatischen Schrotflinte. Kaum hatten sie das Portal hinter sich gelassen, stürzte das Mädchen. Doch bevor Tanja ihr Aufhelfen konnte, war eine weitere Person bei ihnen. „Ich bring sie runter.“, sagte sie fest. Nero staunte nicht schlecht, als er endlich die Stimmen zuordnen konnte. „Der Gott ist auf dem Weg, das Portal geöffnet!“, rief der Anführer der Meute plötzlich. Ein kalter Schauer nach dem anderen glitt Neros Rücken hinunter. Er konnte die Macht des verbotenen Gottes spüren. Hastig fuhr er herum und konnte den Mann sehen, Die Hände triumphal Richtung Himmel gestreckt. Und in einer hielt er ein blutiges Messer. Dann war da die Stille. Wie aus dem Nichts erschien an der Hinteren Wand ein Strudel aus Wasser, der sich scheinbar ins Freie zog. Das Portal ist offen, dachte Nero und spürte die Panik in ihm aufsteigen. Ein Bateezu mag eine Sache sein, ein Balor eine schlimmere, aber ein Gott, verboten oder nicht, überstieg seine Vorstellungskraft bei weitem. Plötzlich schoss etwas, ähnlich dem Fangarm eines Kraken, durch das Portal, schlang sich um den Mann und zerrte ihn hindurch. Augenblicke Später kamen gut ein Dutzend dieser Tentakel aus dem Portal und griffen sich scheinbar wahllos Menschen. Zum Schloss schob sich der Kopf dieses Wesen durch das Portal. Auf den ersten Blick wirkte er Menschlich, halb Durchsichtig, wie auch die Fangarme. „Nährt mich, meine Kinder.“, hallte es in Neros Gedanken und die Bewegungen die der Mund Machte passten nicht zu den Worten. Aber der Jäger zweifelte Stark daran, dass diese Öffnung dem Sprechen dienlich sein sollte, denn soweit er in den Schlund des Gottes sehen konnte, erkannte er nur Spitze Zähne. Die größten waren geschätzte ein Meter, die kleinsten immer noch gute dreißig Zentimeter. „Wir müssen Verschwinden!“, schrie er über die Schulter und hoffte, dass Tanja ihn gehört hatte. Sie konnten hier nichts mehr ausrichten. Außer vielleicht mit einer Atombombe. „Verschaff mir nur einen Moment Zeit!“, rief Tanja gehetzt zurück, „Und frag nicht warum, mach es einfach!“ Gerade wollte er sich umdrehen und ihr den Kopf zu Recht rücken, doch da kam schon der erste Fangarm auf ihn zu. Und verblüfft sah er zu dem Schwert, als es ohne Widerstand hindurch glitt. Zeit für einen Erfolg blieb nicht, denn Arm um Arm schlug nach ihm. Und Nero wusste, das er verloren war, wenn sie ihn zu fassen bekamen. Und so plötzlich wie der Angriff kam, war er auch wieder vorbei. Die Schreie in der Halle waren verstummt, die Panischen geflohen oder verschlungen. Nur Tanjas Stimme war noch da. „Ich rufe euch! Euch, die den Flammen entstiegen sind!“, rief sie in die Halle hinein und mit jedem Wort schien die Temperatur zu steigen, „Ich rufe euch, die ihr keinen Namen hattet. Ich rufe Euch, Meine Teufel!“ Ungläubig wandte sich Nero um. Drei riesige steinerne Portale hatten sich hinter Tanja gebildet, welche selbst kaum zwei Meter hinter ihm gestanden hatte. Dann öffnete sie sich schwungvoll und offenbarten den Blick auf drei Balor. Einer hielt eine zweihändige Axt, der andere ein Flammenschwert und der letzte einen gewaltigen Streitkolben. Plötzlich stand der mittlere vor ihm und teuflische Pranke schoss nach vorn. Doch sie galt nicht ihm. Nur leise hörte er den erstickten Aufschrei weit hinter sich und sah den Zappelnden Tentakel in der riesigen Pranke des Teufels. Plötzlich packte ihn eine Hand am Arm und zog ihn mit sich. Sein Blick traf die anderen beiden Teufel. Aber sie griffen nicht an. Sie verneigten sich höflich. „Was bei allen Höllen?“, fragte er verwirrt. „Erkläre ich die, wenn wir hier weg sind.“, meinte sie und ein schwaches Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht, „Es wird gleich ziemlich hässlich.“ Noch immer verwirrt, aber nicht mehr so perplex folgte Nero ihr und verschwand nur einen Wimpernschlag später in Thomas Limousine. Mit Quietschenden Reifen schoss der Wagen die geteerte Einfahrt entlang und bog auf die Straße ab. Im nächsten Moment verwandelte sich der Ort des Unheils in ein flammendes Inferno. „Sind alle Rechtzeitig verschwunden?“, fragte Nero leise. „Alle in Sicherheit.“, erwiderte der Fahrer gelassen. Halb entspannt, halb einen Herzinfarkt erleidend lehnte sich Nero an die Rückbank und sah zu Tanja. „Ich glaube, es gibt dringenden Klärungsbedarf.“, meinte er trocken. „Gerne.“, sagte Tanja lächelnd, aber ich will erstmal nach Hause.“ Kapitel 9: Wie in alten Zeiten ------------------------------ Gemächlich fuhr der Wagen durch die Straßen. Der Fahrer hatte das Radio eingeschaltet und lies leise die Musik durch den Wagen klingen. Nero konnte seinen Blick noch immer nicht von Tanja nehmen. Seit einer Viertelstunde starrte er sie ungeniert an. „Was war das?“, fragte er und brach endlich die Stille. „Drei Balor.“, erwiderte sie mit einem Schwachen Grinsen. „Das hab ich auch gesehen, aber woher hast du sie?“, erkundigte er sich noch immer fassungslos. Tanja sah zu Boden und wirkte verlegen. „Ich habe sie durch Zufall beschworen.“, erzählte sie, „Es ist fast einen Monat her, als eine Mission aus dem Ruder lief. Es waren zu viele, sodass Wolfi und ich keine Chance hatten. Da habe ich um Hilfe gerufen.“ „Und die drei sind dir erschienen?“, erkundigte sich Nero. „Ja. Und am Ende sagten sie, dass sie mir bis zum Ende ihrer Existenz dienen wollen.“, sagte sie weiter. Fragend sah Nero die junge Frau an. Wenn ein Teufel so etwas sagt, dann war es immer mit einem zu hohen Preis verbunden. „Warum?“, fragte er vorsichtig. „Sie hatten erzählt, dass sie im Höllenfeuer gefangen waren und nur langsam und Qualvoll starben, mehrere Hundert oder Tausend Jahre lang.“, erzählte die Blonde, „Und mein Hilferuf hat sie daraus befreit.“ „Ok, dann kann ich ihre Dankbarkeit und Dienstbereitschaft verstehen.“, sagte Nero und lehnte sich zurück, „Aber eine Frage habe ich noch.“ Verwundert sah Tanja den jungen Jäger an. „Hast du ihn wirklich auf den Namen Wolfi getauft?“ Wie lange er schon hier saß wusste er nicht. Und wann er das letzte Mal geschlafen hatte ebenso wenig. Es ging einfach nicht anders. Seit Tagen hatte sich weder die Polizei noch einer der privaten Ermittler gemeldet. Und mit jeder weiteren Minute wuchs seine Verzweiflung. „Du solltest schlafen gehen.“, hörte er die Stimme seiner Frau, „Wenn es etwas neues gibt, werden sie uns schon Benachrichtigen.“ „Es geht nicht, dass weist du.“, erwiderte er und sah seine Frau mit einem schwachen Lächeln an. Zu oft hatte er es versucht, jedoch vergebens. „Ich warte noch ein wenig.“, schloss er und sah wieder auf seine ringenden Hände. Wortlos ging seine Frau und die bedrückende Stille kehrte wieder ein. Das einzige, was ihm wirklich noch zeigte, dass die Zeit nicht still stand, war das penetrante Ticken der Uhr. Doch plötzlich drang etwas anderes an seine Ohren. Der Motor eines Autos. Eines Autos das anhielt. Schlagartig war er auf den Beinen und hastete zum Fenster. Alle Vorsicht über Bord geworfen riss er die Gardine auf und sah gerade noch einen Schwarzen Van losfahren. Sofort kehrte wieder die Verzweiflung ein. Langsam schleppte er sich wieder zu seinem Sessel. Genau in dem Moment, als er die Hand auf die Lehne legte, schellte die Türklingel. Ohne einen Gedanken zu verschwenden rannte er los. Während des kurzen Weges zur Tür stieß er sich mehrfach und stolperte mehr als einmal über seine Eigenen Füße. Aber er spürte keinen Schmerz mehr. Dafür war kein Platz mehr. Alles was noch blieb war die Hoffnung. Dann hatte er die Tür erreicht. Noch einmal holte er tief Luft, dann öffnete er sie langsam und seine Augen weiteten sich. Zum zweiten Mal in dieser Nacht rollte der Wagen auf den Stellplatz vor der Gemeinschaft. Zusammen hatten Nero und Tanja Thomas auf den neusten Stand der Dinge gebracht. Und dieser hatte auch einiges zu erzählen. Aufmerksam betrachtete Nero den Van, neben dem Thomas geparkt hatte. „Auch von uns?“, fragte er ohne von den getönten Scheiben weg zu sehen. „Gehört einem der Grünschnäbel.“, erwiderte er nebensächlich. Stumm nickte Nero. „Und was habt ihr noch vor?“, erkundigte sich der Fahrer bei den beiden Jägern. „Feierabend machen.“, erwiderte Tanja mit einem breiten Grinsen. „Und ich muss noch einmal mit Garver und Sukki reden.“, meinte Nero abwesend. Der Jäger konnte die neugierigen Blicke in seinem Rücken schon spüren. „Ich will wissen, wer von den Alten sich gemeldet hat.“, erklärte Nero und lenkte seine Schritte langsam in Richtung des Treffpunktes, „Sukki wollte sich für mich ein wenig um hören.“ Kommentarlos folgten ihm die anderen. „Und was erhoffst du dir?“, fragte Tanja. „Weniger Opfer.“, erklang die ernste Antwort. Wie immer öffnete Nero die Tür ohne Vorwarnung, seinem alten Stil treu. Noch immer war die Bar fast leer, bis die acht Anwesenden. Ein Flüchtiger Blick zu den drei jungen Männern zeigte, dass seine Aktion Wirkung gezeigt hatte. Stumm und reglos blieben sie auf ihren Plätzen und sahen verstohlen zu ihm. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Tresen, hinter dem es sich der Sukkubus bequem gemacht hatte. Ein schwaches Lächeln umspielte ihr Gesicht, als sie die Jäger erblickte. Erst jetzt fiel ihr auf, wie schlecht sie aussah. Dass die erfahrenen Jäger fehlten, machte also auch ihr zu schaffen. „Hast du jemanden erreicht?“, fragte Nero neugierig. „Sieben hab ich erreicht.“, erwiderte sie noch immer lächelnd, „Und die wollen schauen, ob sie die anderen erreichen können.“ Nero nickte bedächtig. „Haben sei auch gesagt, wann sie vorbei kommen wollen?“ Hastig warf sie einen Blick auf die Uhr. „Zwei Stunden noch.“, sagte sie schließlich. Erneut nickte Nero und sah sie an. „Sonst noch was?“, fragte sie vorsichtig. „Wann hast du das letzte mal gegessen?“, fragte er nebensächlich. „Vor fast zwei Wochen.“, antwortete sie leicht geknickt, „Und ich will nichts von dir.“ Er konnte das nur zu gut verstehen. Einmal hatte er sie genährt. Damals war noch das Wesen in sich. Und sie war fast daran gestorben. „Und warum fragst du nicht jemanden?“, erkundigte sich Nero offen. „Und wie soll ich das machen? Soll ich einfach hingehen und fragen ob ich ein wenig seiner Lebenskraft bekomme?“, Nero Antwort war ein breites Grinsen. Seufzend gab es Sukki auf mit ihm darüber zu streiten. Das plötzliche Klingeln des Telefons befreite Sukki schlussendlich von Neros Aufdringlichkeit. Damit war der erste Punkt auf seiner To-Do-Liste abgearbeitet. Blieben nur noch drei Punkte. Gemächlich schlenderte er zu den drei Männern. Wie ein Mann rutschten sie enger zusammen als er sich zu ihnen setzte. Der Reihe nach sah er sie mit einem freundlichen Gesicht an. „Was sollte das vorhin?“, fragte er offen, ohne etwas von seiner Freundlichkeit zu verlieren. „Es tut uns Leid.“, sagte schließlich einer bedrückt, „Wir wussten nicht, dass du einen Auftrag vor dir hattest.“ „Was wolltet ihr von mir?“, verdeutlichte Nero die Frage. Verlegen sahen die Männer zu Boden und schwiegen. „Nur raus damit.“, sagte Nero und lehnte sich ein wenig zu ihnen. „Was hast du mit Sukki gemacht?“, fragte plötzlich einer verlegen. Nero stutzte nicht schlecht über die Frage. Es dauerte nur Sekunden bis seine Überraschung in schallendes Gelächter überging. „Die Frage war ernst gemeint.“, sagte der Mann empört. „Geredet.“, erwiderte Nero nun mit breitem Grinsen, „Ich hatte eine ganze Zeit Urlaub und hatte keine Ahnung, wie es um die Gemeinschaft steht. Sie hat mich auf den neusten Stand gebracht.“ Der Jäger konnte die Erleichterung der Männer deutlich spüren. „Wir hatten schon sonst etwas gedacht.“, gab einer verlegen zu. „Ihr wisst aber, was sie ist, oder?“, erkundigte sich Nero sachlich. Geschlossen nickten die drei. „Ein Sukkubus.“, sagte schließlich der mittlere. „Und sie hat seit Wochen nicht mehr gespeist.“, ergänzte Nero, „Also fragt sie doch einmal danach.“ Mit dem Wunsch einer ruhigen Nacht verabschiedete er sich von den ihnen. Innerlich gratulierte er sich selbst. Nicht nur das er die Unstimmigkeiten aus dem Weg geräumt hatte, sondern er hatte auch noch Spender für Sukki gefunden. Damit waren schon mal drei Punkte seiner Liste fertig. Fehlte nur noch das klärende Gespräch mit den Grünschnäbeln. „Interessant.“, sagte das Wesen und zeigte die Zähne, „Und du willst das wirklich tun?“ „Ja, das will ich.“, erwiderte sein Gegenüber ernst. Die Blicke der beiden trafen sich und in beiden lag reine Entschlossenheit. „Du weist, was das heißt?“, fragte das Wesen neugierig. „Für das zu Kämpfen, was mir wichtig ist.“, erwiderte die Person entschlossen, „Und die zu schützen, die Schutz brauchen und das Gleichgewicht wiederherstellen.“ Ein tiefes Lachen, einem Grollen gleich, drang aus der Kehle des Wesens. „Dann ist es beschlossen.“, sagte es zufrieden. Langsam setzte sich Nero an den Tisch der Neulinge. Tanja und Thomas leisteten ihnen schon Gesellschaft. „Nero.“, sagte Alex ehrfürchtig und senkte den Kopf ein Stück. Doch der Jäger antwortete nicht sondern sah einen der Reihe nach an. Und wie sie vor ihm saßen schienen sie unter seinem Blick ein Stück zusammen zu schrumpfen. „Seid ihr Lebensmüde?“, fragte er unbekümmert in die Runde. „Natürlich.“, antwortete Katja prompt, „Ansonsten würden wir den Job gar nicht machen.“ Bei der Frechheit dieser Antwort blieb Nero nichts anderes übrig als zu Grinsen. Es war ihm ein Rätsel, wie sie so ruhig bleiben konnten. Aber so was brachte der Beruf halt mit sich. „Ich wollte mich nur bei euch Dummköpfen bedanken.“, sagte Nero schließlich, „Ohne eure Hilfe hätten wir es nicht Geschafft.“ Mit einem schwachen Lächeln sah er zu Tanja. Die anderen folgten seinem Blick. „Ihr habt denen echt Feuer unterm Hintern gemacht.“, lobte sie die Grünschnäbel, „Und ihr habt euch hervorragend geschlagen.“ Ungläubig sahen die vier sie an. Doch nachdem sie das Lob verdaut hatten, begannen sie zu Lächeln. „So schlimm war das doch gar nicht.“, sagte Alex und kratzte sich am Hinterkopf. „Wisst ihr überhaupt, was da heute passieren sollte?“, erkundigte sich Nero vorsichtig. „Nein.“, gab Bastian grinsend zu. Diese Naivität verschlug selbst ihm die Sprache. Und ein Blick zu Tanja verriet ihm, dass es ihr genauso ging. „Aber ihr könnt es uns doch verraten.“, schlug Roman neugierig vor. Garver saß in seinem Büro und brütete gerade über seinen Akten. Er musste sich dringend eine Sekretärin anschaffen, die ihm dabei half den Berg an Bürokratie ab zu tragen. Mit jedem Tag wurde es mehr Papier und er hatte manche Tage schon Sorge gehabt, dass sein Tisch es nicht mehr aushalten würde. Hinzu kam noch die Flut an E-Mails. Einige enthielten den üblichen Spam-Mist, andere wiederum suchten in der elektronischen Post die Hilfe der Jäger. Aber sein größtes Problem war die im Moment mehr als gute Auftragslage. Genauer gesagt das fehlende Personal. Die meisten Neulinge blieben nur eine Nacht, da es ihnen zu gefährlich war. Oder sie überlebten die Jagd nicht, was wahrscheinlicher war. Es fehlten einfach die Lehrer, die ihnen das Überleben bei brachten. Zum hundertsten Mal in dieser Nacht klingelte das Telefon. Mit einem schiefen Blick betrachtete er das Gerät und hoffte, dass man sich nur verwählt hatte. Aber das penetrante klingeln lies nicht nach. Seufzend Griff er zu Telefon und nahm den Anruf mit der Lautsprecherfunktion an. „Garver.“, meldete er sich kurz und blätterte weiter in den Akten. „Bin ich da bei der Gemeinschaft?“, erkundigte sich die Person auf der anderen Seite. „Da sind sie hier richtig.“, sagte das Oberhaupt der Jäger nebensächlich, „Wie kann ich ihnen helfen?“ „Ich wollte mich bei ihnen bedanken.“, sagte der Mann plötzlich, „Dank ihnen ist meine Tochter wieder da!“ „Wie meinen?“, fragte Garver nach, da er keinen Rettungseinsatz vorliegen hatte. „Sie sollte bei einem Ritual geopfert werden, wie sie es mir sagte. Und ihre Jäger sind gekommen und haben sie gerettet.“, erklärte der Vater hastig. „Dann war es nur unsere Pflicht, sie zu retten.“, erwiderte Garver und ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich hätte da nur noch eine Frage.“ Garver hoffte nur, dass es sich nicht um irgendwelche Zahlungen handelte. Er kam die letzten Zeit einfach zu gar nichts mehr. „Schießen sie los.“, meinte Garver und kramte ein Notizbuch sowie einen Kugelschreiber aus seinem Chaos. „Wäre es möglich, ein paar Jäger zum Schutz meiner Tochter abzustellen?“, fragte er langsam, „Ich habe Angst, dass sie sie noch einmal entführen, oder schlimmeres.“ „Ich gebe ihnen gleich eine Adresse. Kommen sie morgen vor Sonnenuntergang dorthin. Dann können wir alles weitere Besprechen.“, erwiderte Garver professionell. „Vielen Dank.“, sagte der Mann und die Erleichterung in seiner Stimme war nicht zu überhören. Höflich beendete Garver das Gespräch und schaltete den Lautsprecher aus. Danach schloss er für einige Augenblicke die Augen. Blind tastete er nach dem Griff der Schublade. Langsam, fast andächtig öffnete er sie. Es war sein Privatfach. Und die wenigen Sachen, die darin waren, blieben immer unverändert. Vorsichtig griff er unter die darin befindende Akte und spürte sofort den die Kühle. Blind holte er das Objekt heraus und öffnete vorsichtig die Augen. Sein Blick traf den, der auf dem Photo abgebildeten Personen. „Es war doch kein Fehler.“, flüsterte er leise und verstaute den Bilderrahmen wieder dort, wo er hingehörte. „Wir haben was?“, fragte Alex ungläubig. Nero konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er die entgleisten Gesichtszüge der Grünschnäbel sah. „Ja, genau das habt ihr.“, meinte Tanja sanft Lächelnd. „Sind wir dann nicht so was wie Helden?“, fragte Bastian vorsichtig in die Runde. „So hochtrabend würde ich es nicht ausdrücken, aber ja.“, sagte Nero und Lächelte sie an. Es tat wirklich wieder gut in der Gemeinschaft aktiv zu sein, stellte er zufrieden fest. Und wenn es nur dazu diente die Neuen aufzuziehen. „Aber mal Spaß beiseite.“, meinte Nero und versuchte wieder ernst zu werden, „Warum seid ihr mir überhaupt gefolgt?“ Verlegen wechselten die vier verstohlene Blicke. „Weil wir mitkommen wollten.“, gab Roman dann offen zu, „Wir dachten, wir könnten noch etwas lernen.“ „Dann hättet ihr einfach fragen können.“, erwiderte Nero nicht weniger überrascht. „Wie denn?“, fragte Katja neugierig, „Du bist doch gleich wieder weg. Wir hatten doch gar keine Zeit.“ „Ok, überzeugt.“, sagte er entschuldigend, „Aber ich bin froh darüber, wie es gekommen ist.“ Plötzlich erschienen sechs Gläser vor ihnen. Überrascht sah Nero auf und sah in das lächelnde Gesicht von Sukki. Und er musste sagen, dass sie schon sehr viel Besser aussah. So schnell wie sie gekommen war, verschwand sie auch schon wieder und nahm erneut ihren Platz hinter dem Tresen ein. „Macht ihr dann Feierabend?“, erkundigte sich Alex. „Ich bleib noch, Ihr könnt schon mal los. Die Nacht war Anstrengend genug.“, meinte Nero und sah auf die Uhr, „Immer noch eine gute Stunde.“ „Bis was?“, fragte Tanja neugierig. „Bis ich sehe, wer wieder mit dabei ist.“, antwortete er grinsend. Trotz der Fragenden Blicke schwieg er. „Dann bleiben wir auch noch ein wenig.“, sagte Katja und ihre Freunde stimmten zu. „Wenn das so ist.“, begann Nero und Grinste, „Können wir ja noch ein wenig reden und lernen.“ Hastig sah sie sich um. Schon seit Wochen fühlte sie sich beobachtet. Es hatte mit einem Mal angefangen. Plötzlich wusste sie, dass sie jemand verfolgte. Anfangs versuchte sie, das Gefühl zu verdrängen, schob es auf eine Einbildung. Aber vor einer Woche hatte sie plötzlich einen Anruf bekommen. „Du siehst in dem Kleid sehr schön aus.“, hatte er gesagt. Und plötzlich begann ihr kalter Schweiß über den Rücken zu rinnen. Denn ihr Ankleidezimmer war ein fensterloser Raum. Und das war erst der Anfang. Nur zwei Tage später, als sie nachts nach Hause kam, fand sie eine Karte und einen Strauß Blumen auf ihrem Stubentisch. Sie hatte sofort die Polizei verständigt. Diese war auch umgehend angerückt. Doch sie konnte nur feststellen, dass es keine Einbruchsspuren gab. Aber ihr Ersatzschlüssel hing noch immer am selben Platz. Und für das Nachmachen brauchte man die Erlaubnis des Vermieters. Sie wusste, dass es einfach nicht normal war. Und das brachte sie letztendlich auch auf ihr jetziges Vorhaben. „Was wollt ihr wissen?“, erkundigte sich Nero bei den Neuen. „Wie es mit der Kleiderordnung aussieht.“, fragte Bastian unverzüglich. „Eine Festgeschriebene haben wir nicht.“, begann der Jäger, „die meisten Wählen die Mäntel wegen der Optik und der Möglichkeit ungesehen Waffen zu transportieren. Warum?“ „Weil ich ihn eher unpraktisch finde.“, grinste der Fragensteller, „Ich habe bisher nicht darin gekämpft.“ „Alles Gewöhnungssache.“, grinste Nero nun auch. „Ist unser Team zu groß?“, erkundigte sich Roman, worauf er einen fragenden Blick seine Freunde erhielt. „Es kommt auf die Personen, das Gelände und den Auftrag an.“, begann Nero. Noch einmal trank er einen Schluck und versuchte seine Gedanken zu Ordnen. „Wenn ihr die Rollen richtig verteilt, dann solltet ihr keine Probleme kriegen.“ „Rollen?“, erkundigte sich Alex. „Eure Aufgabenbereiche.“, erklärte Nero, „Roman zum Beispiel würde sich als Nahkämpfer in der ersten Reihe sehr gut machen.“ „Warum keiner von den anderen?“, mischte sich auch Thomas ein, der bisher nur schweigend zugehört hatte. „Dadurch, dass er ein Vampir ist, hat er eine größere Stärke und bessere Reaktionen. Außerdem ist er Widerstandsfähiger.“, erklärte Nero und setzte ein Lächeln auf, „Aber im Grunde ist es eure Sache, wie und mit was ihr arbeitet.“ „Keine Beschränkungen?“, fragte Katja. „Keine Massenvernichtungswaffen oder solche die ihr nicht Kontrollieren könnt.“, erwiderte er Grinsend. Fragend sahen ihn die vier Grünschnäbel an. „Keine ABC-Waffen oder Beschwörungen, die ihr nicht Kontrollieren könnt.“, erklärte Tanja nun, „Ich kenne einen Jäger, der mit Elementaren Arbeite. Und wenn da einer außer Kontrolle gerät, dann viel Spaß.“ So wie sie es sagte, blieb den vieren nichts anderen übrig als zu schwer schlucken. „So was hatten wir eh nicht geplant.“, lächelte die Neue. „Sag mal, ist der Koch noch da?“, fragte Nero und wandte sich an Tanja. „Soweit ich weis ja.“, sagte sie und schien Nachzudenken, „Aber ich habe ihn schon länger nicht mehr gesehen.“ „Koch?“, fragte Thomas verwirrt. „Ja.“, grinste Nero offen, „Auch ein Jäger, der bevorzugt Küchenutensilien eingesetzt hat. Also Messer und Beile und so etwas.“ Ungläubig betrachteten ihn die anderen. „Der ist doch verrückt.“, meinte Thomas schließlich. „Sind wir das nicht alle.“, erwiderte Nero und lächelte. „Nero.“, sagte Sukki plötzlich neben ihm, „Es ist gleich soweit.“ Langsam nickte er. Die Tür wurde langsam geöffnet. „Guten Abend.“, sagte Sukki freundlich, als sie die Person erkannte. Aber er Antwortete nicht, sondern nickte nur. Und ihm folgte Person um Person. Nach wenigen Minuten schien das Lokal aus allen Nähten zu platzen und eine unglaubliche Spannung lag in der Luft. Langsam öffnete sich die Hintertür. Alle Augen richteten sich auf den Neuankömmling. „Was soll das, Garver?“, fragte jemand, „Man hat uns jemand anderen genannt.“ „Beruhig dich.“, entgegnete der Rollstuhlfahrer ruhig. Langsam und unbeeindruckt von der Kampfkraft, die sich in dem Raum versammelt hatte, bewegte er sein Gefährt zum Tresen, wo Sukki ihm ein großes Glas Cola hinstellte. „Willst du uns verarschen?“, erkundigte sich ein anderer wütend. Doch der Anführer der Jäger schwieg. Und niemand sah das Grinsen auf seinem Gesicht. „Wenn das so ist.“, begann der erste und stand auf, „Dann geh ich.“ Und auf die Worte lies er Taten folgen und machte sich auf in Richtung Tür. Gerade hatte er die Hand auf die Klinke gelegt, als eine andere Stimme den Raum durchdrang. „Ich bin der Ungläubige. Ein Schatten in den Ebenen.“, sagte sie und seine Hand glitt von der Klinke. „Ein Flüstern nur.“ Wie in Zeitlupe drehte er sich um und seine Augen fixierten die Tür. „Ein Lied für dich.“ Ungläubig sahen auch alle andern in das schwarze Viereck und warteten gespannt. „Deine Seele, singt den Refrain für mich.“ „Das ist unmöglich.“, sagte er nun und torkelte zu seinem Platz zurück. Seine Vorstellung war beendet und er hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Jäger. Mit langsam aber großen Schritten trat er durch die Tür und verlies den unbeleuchteten Teil des Treppenhauses. Dort wo er gewartet hatte. Nero musste sich wirklich zusammenreißen um nicht los zu lachen. Er hatte den perfekten Blick auf seine ehemaligen Kollegen. Und als er mit seiner Vorstellung begonnen hatte waren nicht gerade wenigen die Gesichtszüge entglitten. Endlich hatte er den Lokalbereich betreten. Niemand sagte etwas. Sie starrten ihn nur an. Als wäre er ein Wesen aus einer anderen Welt. Wieder rang Nero mit sich und unterdrückte zwanghaft jeden Anflug eines Grinsens. Wenn niemand etwas sagte, würde er eben den Anfang machen müssen. „Morgen, ihr Luschen!“, rief er in den Raum. Kein Muskel bewegte sich. Es gab noch nicht einmal die Ahnung einer Bewegung. Doch plötzlich schien Bewegung in die Ersten zu kommen. Jedenfalls zwinkerten sie. Vorsichtig sahen diese zu ihren Bekannten und Kollegen. Doch plötzlich schienen sie ihre Überraschung überwunden zu haben, denn alle Augen richteten sich mit einem mal auf Nero. „Morgen, du Sack!“, riefen sie wie ein Mann. Nero konnte und wollte das Grinsen nicht mehr verbergen. „Wer ist wieder dabei?“, fragte er und reckte die Fast zum Himmel. Mit einem Schrei rissen die anderen die Arme hoch. Für einen Moment schloss Nero die Augen und lies die Euphorie wirken. Jetzt konnte jede Nacht kommen. „Ich glaube wir haben noch viel zu klären.“, sagte er und betrat den Raum vollends. Es war schon früher Morgen, als Nero das Lokal verlies, zusammen mit den letzten Jägern. Zufrieden stellte er fest, dass er den alten Haufen wieder komplett zusammen hatte. Nachdem sie sich verabschiedet hatten blickte Nero zum langsam heller werdenden Himmel. „Jetzt muss ich nur noch nach Hause.“, sagte er zu sich selbst. Langsam schlich sich die Erschöpfung ein. Die Nacht war wie seine damaligen Jagden. Viel zu anstrengend und lang. Langsam griff er in seinen Mantel und förderte eine Zigarettenschachtel zu Tage. Ohne Hast nahm er eine Zigarette und das darin befindliche Feuerzeug zur Hand. Es brauchte mehrere Versuche, bis das Feuerzeug die kleine Flamme hielt. Dann war es endlich geschafft und er nahm einen tiefen Zug. „Rauchen ist tödlich.“, hörte er Katja hinter sich sagen. Doch den Worten folgten dieselben Geräusche. „Rauchen kann tödlich sein.“, wiederholte er die Worte und grinste sie an. „Bei unserem Beruf ist das doch auch egal.“, sagte sie und blies den Rauch in die Luft. Stumm stimmte er ihr zu. Als Jäger erreichte man selten das Rentenalter. Ohne ein Wort zu sagen standen sie nebeneinander und genossen die Ruhe. „Soll ich euch nach Hause fahren?“, erkundigte sich Thomas, der gerade das Lokal verlies. Nero ging kurz die Wege durch, die er nehmen musste. Und seufzend kam er zu dem Ergebnis, dass seine Katze bis dahin wahrscheinlich verhungert war. „Gerne.“, sagte er ohne den Mann anzusehen. „Dann werdet mal fertig.“, meinte der Fahrer und das Grinsen war förmlich zu hören. Fast zwanzig Minuten später hielt der Wagen. Nero hatte darauf bestanden, dass Thomas erst Katja nach Hause fuhr. Zum einen, weil er dann wusste, wo er sich im Notfall hätte hinwenden können, zum anderen wollte er seine private Adresse ungern Preisgeben. Verwundert sah er auf das hohe Gebäude. „Hier wohnst du also?“, fragte Nero neugierig. „Meine Oma wohnt hier.“, erwiderte sie mit einem schwachen Lächeln, „Ich hab mir noch keine Wohnung gefunden, die man ohne Arbeitsnachweis beziehen kann.“ „Und das macht sich bei uns schlecht.“, grinste er und musste an seinen Vermieter denken. Langsam öffnete sie die Tür und stieg aus dem warmen Wagen in die doch recht kühle Nacht hinaus. Nach wenigen Augenblicken tat Nero es ihr gleich. „Ich lauf das letzte Stück.“, sagte er zu Thomas und schloss die Tür hinter sich. Der Fahrer grüßte uns zum Abschied und beschleunigte den Wagen, bevor er am anderen Ende der Straße abbog. Kaum war der schwarze Audi aus dem Sichtfeld verschwunden setzte sich Katja in Bewegung. Und mit einem breiten Grinsen folgte ihr der Jäger. Langsam drehte sich das Mädchen um und sah Nero fragend an. „Ist noch was?“, erkundigte sie sich. „Ich geh nach Hause.“, erwiderte er mit einem breiten Grinsen. Kaum hatten die beiden die Tür erreicht, griff er in seine Tasche und förderte den Türschlüssel zu Tage. Ihm entging der ungläubige Blick des Mädchens nicht. Ohne Widerstand glitt er in die Öffnung und nach einer halben Drehung schwang sie auf. „Ich glaub es ja nicht!“, rief sie. „Tue es einfach.“, erwiderte Nero gelassen, „In unserer Welt gibt es immer wieder Sachen, die man nicht glauben kann.“ „Wie zum Beispiel, dass ich in einem Haus mit einer Legende wohne.“, stellte sie fest. „Bild dir aber nichts drauf ein.“, meinte er Lächelnd. Schweigend stieg sie die Treppe hinauf. Plötzlich blieb Katja stehen. „So, dann mal eine Gute Nacht.“, meinte sie und wandte sich der Tür zu. „Oder auch nicht.“, sagte Nero und konnte es nicht glauben. „Was meinst du?“, erkundigte sie sich langsam und vorsichtig. Doch Nero antwortete nicht, sondern betätigte die Türklingel. Die Zeit schien still zu stehen. Sekunden schienen zu Minuten und dann zu Stunden zu werden. Doch dann öffnete sich die Tür. „Katja!“, rief die ältere Frau glücklich, „Endlich bist du da! Und dir fehlt auch nichts!“ „Abend.“, sagte Nero mit einem sanften Lächeln. Einen wirren Moment sah die Altere den jungen Mann an, bis sich ihr Gesicht aufhellte. „Danke.“, sagte sie lächelnd. „Schon OK.“, erwiderte Nero. „Ich habe deine Sachen zu dir gebracht.“, sagte sie mit ihrem Lächeln. Nero nickte kurz, bevor er sich umdrehte. Doch sein Weg führte ihn nur zwei Schritte weiter. Dann holte er den Wohnungsschlüssel aus der Tasche. „Das ist nicht dein ernst.“, sagte Katja fassungslos, „Dass kann einfach nicht dein ernst sein.“ Nero drehte sich halb um und sah sie an. „Das ist mein voller ernst.“, sagte er und öffnete die Tür. „Dann schlaft gut.“, sagte er noch, bevor er in seiner Wohnung verschwand. Zurück blieb eine Katja, die noch immer fassungslos auf die Tür starrte. Leise fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Und für einen Moment spielte Nero mit dem Gedanken einfach nur Laut zu lachen. Doch er beließ es bei einem Grinsen und beförderte den Mantel an die Garderobe. Die Waffen warf er samt Halterung in den freien Sessel. Nur das Tachi hing noch an seinem Platz. Aber auch nur noch wenige Augenblicke, bis er es sachte auf die Couch legte. „Zufälle gibt es.“, grinste er und sah Katjas Fassungsloses Gesicht wieder vor sich. Er hätte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass seine Nachbarin ihre Großmutter war. „Zufälle.“, meinte er leise. Plötzlich spürte er das penetrante Vibrieren seines Telefons. Noch immer mit einem Grinsen auf den Lippen kramte er es aus der Tasche. Doch als er die Nummer sah, war sein Grinsen wie weggewischt und eine emotionslose Maske legte sich auf ihn. „Zufälle gibt es.“, sagte er kalt. Wie zur Bestätigung vibrierte das Handy erneut. Kapitel 10: Beschützer ---------------------- „Wir haben einen neuen Auftrag!“, meinte Katja, als sie den Treffpunkt erreicht hatte. Es war kurz nach Mittag, als sie die Information erhielt. Und das war auch der Grund, warum sie sich bei Roman treffen wollten. Die Fenster seiner kleinen Wohnung waren mit Jalousien verdeckt und ließen das, für den Vampir tödliche Sonnenlicht, nicht herein. „Was genau haben wir?“, fragte der Eigentümer der Wohnung und nippte an seinem Glas. „Keine Ahnung.“, erwidert sie mit einem entwaffnenden Lächeln, „Ich hab selber noch nicht hineingesehen.“ „Dann wird es aber mal Zeit.“, meinte Alex und nahm kurzerhand den Umschlag an sich. Einen gezielten Scherenschnitt später holte er eine dünne Akte aus dem braunen, nichtssagenden Umschlag. Noch immer vibrierte das Telefon. Fünf oder sechs Mal hatte sich die Mailbox eingemischt, aber der Anrufer schien keine Nachricht hinterlassen zu wollen. Mit einer Mischung aus Wut und Verwirrung saß Nero in seinem Sessel, streichelte gedankenverloren seine Katze, und starrte das Gerät an. Dann kam erneut die Ansage. Doch schon nach wenigen Sekunden wurde wieder aufgelegt. Für einen kurzen Moment keimte die Hoffnung in ihm auf, dass sein Gegenüber es endlich aufgegeben hatte. Doch wie zum Schur begann es erneut damit über die Tischplatte zu wandern. Gemächlich beugte er sich zum Tisch hinüber und Griff das Gerät. Wieder studierten seine Augen die Nummer. Nein, geirrt hatte er sich auf keinen Fall. Diese Nummer konnte nur einer Person gehören. Auch wenn er nicht wusste, woher diese sie haben konnte. Mit einem tiefen Seufzer klappte er das Handy auf und führte es zu seinem Ohr. „Was gibt es?“, fragte er und versuchte unbeteiligt zu klingen. „Aber warum ausgerechnet wir?“, erkundigte sich Bastian, nachdem er die Akte niedergelegt hatte. „Vielleicht weil wir sie kennen.“, meinte Roman und gönnte sich schon das dritte Glas, „Oder einfach nur Zufall.“ „Ist doch auch egal!“, sagte Katja gespannt, „Es ist ein Auftrag für uns! Und diesmal werden wir ihn nicht so versauen wie den Letzten!“ „Wo nimmst du nur immer diese ganze gute Laune her?“, erkundigte sich Roman grinsend, „Das hält man ja nicht aus.“ Doch anstatt sich auf einen Streit mit dem Vampir einzulassen widmete sie sich wieder der Akte und dem beiliegenden Foto. Sie hatte das Mädchen sofort erkannt, während die anderen einen Moment brauchten. Sie hatte die ganze Zeit an ihr geklammert, seit dem Moment, als sie sie zu dem schwer gepanzerten Kleinbus von Roman gebracht hatte. „Träumst du schon wieder?“, fragte Alex breit grinsend. „Natürlich.“, erwiderte sie Abwesend. „Dann las mal hören, wann wir uns mit ihr treffen sollen.“ „Nero?“, erklang die vorsichtige Frage. „Ja.“, erwiderte er und schloss die Augen, „Was willst du?“ Die Frage erschien ihm abweisender als es beabsichtigt war. Aber er hatte auch wirklich keine Lust, dass seine alten Wunden wieder aufrissen. „Ich brauche deine Hilfe.“, flüsterte sie verlegen. Schwer seufzte der Jäger und wischte mit der freien Hand über sein Gesicht. „Beruflich?“, fragte er monoton. Sein Gesprächspartner schwieg einen Moment, bevor er mit einem unsicheren „ja“ antwortet. „Wenn das so ist, lass dir einen anderen Jäger zuteilen.“, meinte er kalt. „Ich möchte keinen anderen.“, erwiderte sein Gesprächspartner. „Und warum?“, fragte er und klang wirklich gereizt. „Weil ich dir jetzt glaube.“, klang die Stimme immer leiser durch die Ohrmuschel, „Und weil ich keinem anderen Vertraue.“ „Dann brauche ich noch Zeit und Treffpunkt.“, erwiderte Nero und bereute es sofort, „Und noch ein paar Stunden Schlaf.“ Garver hatte es im Laufe des Morgens endlich geschafft, des Papieres Herr zu werden, und sie wenigstens nach der Dringlichkeit zu ordnen. Nur Leider war das Fach mit der Aufschrift „Dringen!“ zum bersten gefüllt, wogegen die anderen Fächer fast leer waren. Ein plötzliches Klopfen an seiner Tür riss ihn aus seinen Gedanken. „Herein!“, sagte er und machte aus seiner Wut keinen Hehl. Er hasste es bei seiner Arbeit gestört zu werden. „Morgen!“, hörte er Sukkis melodische Stimme und die Tür, die sich hinter ihr schloss. „Was willst du?“, erkundigte er sich ohne aufzusehen. Schon damals, als sie sich kennen gelernt hatte, mochte er sie. Mehr als das unter Kollegen oder Angestellten der Fall seien sollte. „Ich bring dir ein wenig Nervennahrung.“, meinte sie und stellte das Tablett auf den Beistelltisch in der Zimmermitte. „Danke.“, sagte er und hoffte, dass sie ihn wieder mit seinem ewigen Feind allein lassen würde. Doch sie blieb. „Ist noch etwas?“, fragte er und sah vorsichtig auf. „Ja, da ist wirklich noch etwas.“, sagte sie und lenkte ihre Schritte in seine Richtung. Mit leicht gesenktem Kopf, als brütete er über dem Papier, folgte er ihrem Weg. Dieser führte sie direkt zu ihm. „Du solltest es nicht übertreiben.“, sagte sie sanft und er spürte, wie sich sein Rollstuhl nach hinten bewegte, „Wenn du auf dem Schreibtisch einschläfst bringt das niemanden etwas.“ Ohne Widerworte lies er sich zu dem Beistelltisch fahren und betrachtete die prall gefüllte Platte. „Ich übertreibe es schon nicht.“, erwiderte er beleidigt, „Wie kommst du denn auf so was?“ „Weil ich dich schon dreimal innerhalb einer Woche schlafend gefunden habe.“, sagte sie und lies keinen Platz für Widerrede. „Also stärke dich ein wenig und lass mich den Papierkram machen.“, sagte sie und tänzelte zu seinem Schreibtisch. Mit einem schwachen Lächeln machte er sich ans essen. „Ich habe kein gutes Gefühl dabei.“, sagte sie offen, „Wir wissen doch gar nichts über sie.“ Langsam, schritt sie die Küche auf und ab. So wie sie es immer tat, wenn sie nervös war. „Wir wissen, dass sie unsere Tochter zurückgebracht haben.“, erwiderte ihr Mann mit einem schwachen Lächeln. Es war ihm überhaupt nicht wohl dabei, heute mit seiner Tochter das Haus zu verlassen. Erst gestern Nacht kam sie nach Hause, und heute brachte er sie schon wieder in Gefahr. Und diese war nicht zu unterschätzen, wenn sie den Berichten ihrer Tochter glaubten. Aber die Gemeinschaft hatte dass Geschafft, was weder die Detektive noch die Polizei geschafft hatte. Allein das gab ihm den Mut und die Zuversicht für den Heutigen Abend. „Ich sage es ist Wahnsinn.“, meinte seine Frau leise. „Und was schlägst du vor?“, erwiderte er, „Sollen wir warten, bis diese Leute bei uns klingeln?“ „Das nicht, aber könnten wir nicht wegziehen?“, schlug sie vor. „Dass sie uns irgendwo anders finden, oder ein anderes Mädchen entführen?“, fragte er wütend. Sofort lies er den Kopf hängen. Er wusste, dass er mit so etwas bei seiner Frau falsch lag. Es war nur die Angst, ihre gemeinsame Tochter zu verlieren. Und dieses Mal vielleicht für immer. Plötzlich setzte sie sich an den Tisch und stützte den Kopf auf die Hände. „Und was sagt sie dazu?“, fragte seine Frau vorsichtig. „Ich sage, dass wir es machen.“, hörte er seine Tochter entschlossen. Langsam trat sie in den hell erleuchteten Raum. „Ich will nicht ständig in Vorsicht und Gefahr leben müssen.“, sagte sie fest, „Und sie könnten mich überall erwischen, wenn sie es darauf anlegen.“ „Aber musst du denn unbedingt der Lockvogel sein?“, fragte seine Frau ängstlich. „Mich kennen sie. Und vielleicht wollen sie mich auch wieder.“, sagte sie leise, „Ihr wisst, dass das weder die Polizei noch irgendwer anders mich da raus geholt hat. Ich vertraue den Jägern.“ Sechs Stunden Schlaf waren eindeutig zu wenig nach dieser Nacht. Aber er hatte keine Zeit zu verlieren. Mit Schwung stand er auf und setzte seinen Weg sofort in Richtung Dusche fort. Er wusste, wenn er jetzt langsamer würde, käme die Müdigkeit zurück. Aber der warme Wasserstrahl schaffte es endgültig den Schlaf zu verbannen. Wieder und wieder ging er die Feinde durch, gegen die er bis jetzt gekämpft hatte. Nicht nur, um sein Wissen wieder auf Vordermann zu bringen, sondern auch wegen seinem Auftrag heute. Aber er schaffte es nicht, einen möglichen Kandidaten herauszupicken. Es könnte alles Mögliche sein. Also würde er sich überraschen lassen müssen. Mit einem Ruck drehte er das Wasser zu und glitt in seinen Bademantel. Kaum hatte Nero die Tür passiert begann sein Magen zu knurren. „Wird auch mal wieder Zeit, was?“, fragte er sich selber und marschierte in die Küche. Sein Weg führte ihn durch das Wohnzimmer. Noch immer lagen dort seine Waffen und der Mantel, die er heute Morgen achtlos von sich geworfen hatte. Aber mehr als das interessierte ihn sein Mobiltelefon. Nach wenigen Schritten hatte er den Beistelltisch erreicht, wo es noch immer lag. Mit einer routinierten Bewegung nahm er es und klappte es auf. Der Bildschirm zeigte ihm keine Anrufe in Abwesenheit. Beruhigt seufzte er und wählte ihre Nummer. Doch er zögerte und sein Finger schwebte über dem grünen Hörer. So ungern er es sich selbst auch gestehen wollte. Er vermisste seine Freundin. Das Gefühl einfach nur jemanden bei sich zu haben. Jemanden der einem zuhört und unterstützt. „Der einsame Wolf steht mir gar nicht.“, flüsterte er und betätigte die Taste. Ein paar stunden hatten Katja und ihre Freunde noch. Aber die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Pläne wurden geschmiedet und wieder verworfen. Nebenbei wurden Waffen gereinigt und Kontrolliert. „Also was sagt ihr?“, meinte Alex zufrieden. „Mehr als Suboptimal.“, erwiderte Roman und fuhr erneut mit dem Schleifstein über seine Hellebarde, „Alles viel zu offen. Wir haben keine Ausweichmöglichkeiten und sitzen da, wie die Hühner auf der Stange.“ „Deiner war aber auch nicht besser.“, erwiderte Alex mit einem zufriedenen Grinsen. „Wie wäre es, wenn wir uns an den Grundplan halten.“, warf Bastian ein. „Wäre die Beste Option. Schön unauffällig und doch vorbereitet.“, gab Roman seine Meinung bekannt. „Da niemand einen besseren Vorschlag hat, machen wir es so.“, meinte Katja und legte die MP5 zur Seite, „Aber Roman fehlt darin.“ „Mach dir um mich keine Sorgen.“, sagte er und grinste, „Ich werde da sein.“ Langsam blickte Katja einen nach dem anderen an. „Dann steht der Plan?“, fragte sie noch einmal. Stumm nickten die anderen. „Dann lasst die Jagd beginnen.“ „Gibt es irgendetwas neues?“, fragte Nero über die Freisprechanlage. „Noch nicht.“, sagte sie ängstlich. In ihrer Stimme erkannte Nero eine unbestimmte Gewissheit. „Mach dich nicht Verrückt.“, erwiderte er beruhigend, „Ich bin wach und wir können uns treffen wann du willst, wo du willst.“ Und wieder spürte er den Zwiespalt in sich. Einerseits wollte er sie nicht wiedersehen, aber andererseits hatte er geschworen jeden Menschen zu schützen. „Kannst du dich noch an das Café erinnern, wo wir uns das erste mal getroffen haben?“, fragte sie unsicher. „Natürlich.“, erwiderte Nero leicht beleidigt. „Schaffst du es in einer Stunde?“, fragte sie weiter. „Ich werde da sein.“, erwiderte er ernst. Langsam und unmerklich hatte sein Jäger-Ego sich eingeschaltet. „Bis dann.“, sagte sie noch und legte auf. „Bis dann.“, erwiderte Nero leise und klappte das Telefon zu. Langsam schritt er wieder in die Stube. Wie in Zeitlupe glitten seine Augen zur Uhr auf dem Tisch. „Eine Stunde.“, sagte Nero noch einmal. Dann war sein Körper ganz erwacht. „Bist du fertig?“, rief er die Treppe hinauf. Die Zeit wurde knapp, wenn sie rechtzeitig am Treffpunkt sein sollten. „Bin gleich da.“, rief sie die Treppe herunter. Und nur wenige Sekunden später kam sie die Treppe herunter. Die Haare waren zum Zopf geflochten, und eine schwarze, schmale Brille verdeckte ihre Augen. Eine helle Bluse sowie eine Hose in derselben Farbe ließen sie ein paar Jahre älter wirken. „Glaubst du, das hilft?“, erkundigte er sich unsicher. „Vielleicht.“, erwiderte sie mit einem Schulterzucken, „Aber ich fühle mich besser.“ „Passt auf euch auf.“, sagte seine Frau und sah beide ängstlich an. „Keine Sorge, ich passe auf.“, erwiderte er und lächelte. Er wusste selber, dass es gelogen war. Er hatte noch nie eine Waffe in der Hand gehabt, geschweige denn eine besessen. Er war ein Typ Mensch, der sich lieber aus allem heraushielt, was Ärger versprach. „Und passe schön auf unseren Helden auf.“, sagte sie lächelnd zu ihrer Tochter. „Mach ich.“, erwiderte das Mädchen lächelnd. Zusammen traten sie aus dem Haus. Noch einmal sah er zu seiner Frau zurück und lächelte. Und er hoffte, dass es wenigstens sie überzeugen konnte. Nero war wieder einmal überpünktlich. Ein rascher Blick auf seine Uhr zeigte ihm, dass er noch etwas Zeit hatte. Gedankenverloren rührte er in seinem Kaffee und versuchte sich vorzustellen, wie ihre Begegnung aussehen würde. Wie er sich verhalten würde. Wie sie sich verhalten würde. Seufzend setzte er die Tasse an und trank einen Schluck. Alles grübeln würde ihn nicht weiterbringen, sondern nur von seinem Auftrag ablenken. Und wenn sie wieder Ruhe hätte, würden ihre Wege sich wieder trennen. „Kann ich ihnen noch etwas bringen?“, hörte er die Bedienung fragen. „Nein, danke.“, erwiderte er und sah lächelnd auf. Die junge Frau sah ihn mit einem charmanten Lächeln an und wirkte in keinster Weise abweisend, wie die meisten Menschen. „Darf ich etwas fragen?“, erkundigte sie sich freundlich. „Nur zu.“, erwiderte Nero und lehnte sich entspannt zurück. Ihre Frage schien ihr unangenehm. Jedenfalls schloss er aus ihrer nun doch nervösen Art daraus. „Warten sie auf ihre Freundin?“, fragte sie schließlich. Für einen Moment wusste der Jäger nicht, was er sagen sollte. Hatte Sie die Kellnerin etwa auf ihn angesetzt? „Wie kommen sie darauf?“, fragte Nero überrascht. „Eine junge Dame ist in den letzten drei Monaten fast täglich hierher gekommen.“, begann sie leise, „Sie fragte mich jedes mal, ob hier ein junger Mann mit Mantel gewesen wäre.“ Nun war Nero mehr als verwirrt. Mehrere Fragen schossen ihm sofort durch den Kopf, aber er wagte nicht auch nur eine zu stellen. Stattdessen bot er ihr den Platz gegenüber an. „Sie hatte anfangs erzählt, dass sie einen großen Fehler gemacht hätte.“, erzählte sie weiter, nachdem sie sich gesetzt hatte, „Sie hatte gehofft, dass er irgendwann wieder einmal hier gewesen wäre. Sie haben sich hier damals das erste Mal getroffen, wie sie mir erzählt hat.“ Ein schwaches Lächeln stahl sich auf Neros Gesicht, als er der Kellnerin zuhörte. „Aber in letzter Zeit ist sie anders gewesen.“, schloss die Frau. „Wie anders?“, erkundigte sich Nero vorsichtig. „Sie hat gesagt, dass etwas sie verfolgt.“, berichtete sie leise, „Dass sie aber auch nicht weis, was es sein könnte.“ „Wann war sie das letzte mal hier?“, fragte der Jäger. „Vor einer Woche.“, antwortete sie, „Und sie hat gesagt, dass sie wirklich Angst hat. Richtige Angst. Und dass sie diesem Mann jetzt glaubt.“ Nero lies die Information erst einmal sacken. Dann nickte er mechanisch. Wieder einmal breiteten sich die Folgen seiner Abwesenheit vor ihm aus. „Vielen dank, dass sie so offen waren.“, meinte er nun Lächelnd, „Und sie haben Recht, ich warte auf die Dame.“ Ein lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Dann hat sich das warten Gelohnt.“, sagte sie und stand auf. Für einen kleinen Moment war er verwirrt. Doch dann realisierte er die Geste der jungen Frau. Noch einmal atmete er tief durch, dann stand er auf und drehte sich um. „Hallo, Nero.“, sagte sie leise. Seit fast einer halben Stunde saß er mit seiner Tochter nun vor dem überfüllten Restaurant. Vielleicht sollten die Menschen irgendwelche Angriffe verhindern. Aber so ganz konnte er es nicht glauben. Wieder einmal sah er sich um. Aber er sah nicht auffälliges. Es wirkte so friedlich und ruhig wie immer. Hatten sich die Jäger verspätet? Oder hatte man den Auftrag gar nicht weitergeleitet. Erneut sah er sich um. Das einzige auffällige war der Obdachlose, der am nächsten Haus lehnte und zu schlafen schien. Vor ihm standen ein Becher und ein Schild. Auf diesem Stand „Einen Penny für den Fährmann.“ Noch niemand hatte etwas hinein geworfen. Doch dann sah er jemanden. Jemand der sich aus der Masse hervorhob. Eine junge Frau mit dunklen , kurzen Haaren. Ihre Augen waren von einer Sonnenbrille verdeckt. Doch wirkte sie in ihren Sachen keinesfalls wie ein Kämpfer. Ein Wollmantel lag auf ihren Schultern, darunter trug sie ein T-Shirt und, was ihn am meisten verwirrte, Hotpants. Es war schon recht kühl geworden, sodass so eine kurze Bekleidung nicht mehr oft zu sehen war. „Was ist?“, hörte er seine Tochter Fragen. „Nichts.“, erwiderte er und sah sie lächelnd an. Doch sein Blick glitt wieder zu ihr. Sie wirkte nicht wie die meisten jungen Frauen, die nur nach der nächsten Party suchten. Jede Bewegung verriet ihm, dass sie ein Ziel hatte und dieses auch erreichen würde. „Es kann sein, dass wir gleich gehen müssen.“, sagte er leise zu seiner Tochter. „Was ist passiert?“, erkundigte sie sich flüsternd. „Ich hab nur ein schlechtes Gefühl.“, offenbarte er ihr. Schon im nächsten Augenblick orderte er einen Kellner herbei und deutete ihm, dass sie Zahlen wollten. „Guten Abend.“, hörte er plötzlich eine Frauenstimme. Langsam, fast wie in Zeitlupe sah er zur Seite. Die junge Frau im Wollmantel stand neben ihm. „Ich bin so Frei.“, sagte sie mit einem schwachen Lächeln und setzte sich an ihrem Tisch. „Wie kann ich helfen?“, fragte er ängstlich. „Gar nicht.“, erwiderte sie kalt, doch dann umspielte ein schwaches Grinsen ihre Lippen, „Aber ich kann ihnen helfen.“ Dann wand sie sich an seine Tochter. „Ich hatte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen.“ Seite an Seite gingen sie schweigend die Straße entlang. Immer wieder schielte er verlegen zu ihr. Sie hatte sich in der Zwischenzeit kaum verändert. „Wohin gehen wir?“, fragte er vorsichtig. „Zu mir.“, erwiderte sie, „Ich dachte, dass er da am ehesten auftaucht.“ Nero nickte. Entweder hatte keine Angst mehr vor dem Wesen, oder sie vertraute ihm wirklich. „Aber vielleicht zeigt er sich auch gar nicht.“, meinte sie plötzlich, „Kann es nicht auch nur ein Geist sein?“ „Wenn dann eher ein Gespenst.“, sagte Nero nachdenklich, „Aber sie können keine Materie Bewegen.“ Fragend sah sie ihn an. „Geister existieren um zu töten. Gespenster haben noch eine Rechnung offen, das ist der Unterschied.“, erklärte er, „Aber es muss etwas körperliches sein, sonst hätte es dir die Blumen nicht hinlegen können.“ Sie nickte. Aber ob sie ihn wirklich verstand konnte er nicht beurteilen. „Ich dachte immer das sei dasselbe.“, sagte sie schließlich. „Viele Menschen glauben auch, dass alle Dämonen Böse sind.“, meinte er lächelnd, „Aber auch da irren sich die Menschen zu oft.“ „Zum Beispiel?“, fragte sie und klang wirklich interessiert. „Ein Feuerwehrmann, der in ein Brennendes Haus geht und Jemanden unverletzt rettet kann ein Mensch mit viel Glück sein.“, sagte Nero, „Oder aber ein Feuergeist, der Helfen möchte. Oftmals sieht man keinen Unterschied zwischen Menschen und Dämonen. Jedenfalls nicht, wenn man die Unterschiede nicht kennt.“ „Und was wären solche Unterschiede?“, erkundigte sie sich. „Der Schatten hat zum Beispiel immer die Form des Wesens. So gesehen gehört er nicht zu ihrem wandelbaren Körper. Aber für jedes Wesen sind diese Unterschiede anders.“, erklärte er langsam. Aber warum erkläre ich ihr das überhaupt? „Nero.“, sagte sie leise, „Das was du mir damals erzählt hast, das von deinen Jagden und deinen Freunden, ist das alles wirklich passiert?“ „Du glaubst mir doch eh nicht.“, erwiderte er. Er spürte wie die alte Wunde wieder aufzubrechen drohte. Er spürte den Schmerz des Unverständnisses, das man glaubte, alles sei nur gelogen, erfunden um den Schmerz zu besiegen. „Doch ich glaube dir.“, sagte sie entschlossen. „Ja, es ist alles so gewesen, wie ich es dir erzählt hatte.“, erwiderte er und versuchte seine Enttäuschung zu verbergen. „Auch das ein Wesen in dir gelebt und mit dir gelebt hat?“ „Ja.“, erwiderte er nun etwas gereizter, „Aber warum willst du das denn wissen?“ „Nur so.“, erwiderte sie nicht überzeugend, „Und er hat alles miterlebt.“ Der Satz klang mehr wie eine Feststellung. Überrascht sah er sie an und merkte wie es hinter ihrer Stirn zu arbeitete. Plötzlich schoss ihr die röte ins Gesicht. Nero brauchte einen Moment, bevor er verstand. Doch dass Lachen konnte er sich nicht verkneifen. „Soviel Privatsphäre hat er mir gelassen.“, sagte er und versuchte dabei ernst zu Klingen, scheiterte jedoch kläglich. Sie sah ihn an, ernst, doch das schwache Lächeln blieb ihm nicht verborgen. „Wir sollten uns auf andere Sachen konzentrieren.“, sagte Nero schließlich. Schweigend saßen die drei eine ganz Zeit lang am Tisch. Der Mann und seine Tochter musterten Katja eingehend, doch sie lies es kommentarlos über sich ergehen. „Sind sie denn gut genug, um das alleine zu schaffen?“, fragte der Mann schließlich. „Wer sagt denn, dass ich alleine bin?“, erwiderte sie. Und wie aufs Stichwort hörten sie links und rechts von sich Stühle scharren. Hektisch sahen sich die beiden um. Aber Katja blieb ruhig. Der Plan war schließlich auf ihrem Mist gewachsen und bis jetzt auch aufgegangen. Aus den Augenwinkeln sah sie ihre Freunde an. Bastian kam mit einer Golftasche in der Hand zu ihnen und Alex hielt die Hände in den Jackentaschen versteckt. „Wir haben sie schon die ganze Zeit beobachtet.“, sagte Alex ruhig und zog sich einen Stuhl heran. „Wir wollten so wenig aufsehen wie möglich erregen, sie jedoch so kurz wie möglich unbeaufsichtigt lassen.“, sagte Bastian lächelnd. Ungläubig sahen die beiden zwischen den drei Jägern hin und her, die nicht Unterschiedlicher sein konnten. „Ich hätte nicht geglaubt, dass du hier bleibst.“, sagte Nero erstaunt, als sie ihre alte, gemeinsame Wohnung betraten. „Ich wollte das damals nicht.“, sagte sie plötzlich. „Du hast nicht so auf mich gewirkt.“, erwiderte er und strich sanft über die Kommode. „Wenn du mich jetzt hasst, kann ich das sogar verstehen.“, meinte sie und setzte in den Sessel. „Ich war mehr als wütend, obwohl ich dich irgendwo verstehen konnte.“, sagte er schließlich, „Aber ich kann nicht aufhören. Die Menschen brauchen mich.“ „Das verstehe ich jetzt auch.“, erwiderte sie, „Nur die Jäger können uns vor den Gefahren der Nacht schützen.“ Beeindruckt von ihrer Einstellung sah er sie an. „Von wem hast du das denn?“, erkundigte er sich. „Von einem Freund.“, sagte sie und sah zu Boden, „Ich habe dir damals so weh getan. Ich habe dich verleugnet und die so unrecht getan.“ Sie sah auf und ihre Blicke trafen sich. „Es tut mir so entsetzlich leid.“, flüsterte sie mit erstickter Stimme. „Passt schon.“, erwiderte Nero und versuchte gelassen zu wirken, „Ich hätte mir damals auch nicht geglaubt.“ Für Sekunden schlich sich die Stille ein. Doch gerade als sie etwas sagen wollte hob Nero die Hand. Alle seine Sinne spannten sich bis zum äußersten. Und er spürte, dass sich gerade etwas verändert hatte. „Wie ich sehe, hast du Besuch.“, sagte plötzlich jemand aus Richtung Flur. Neros Hand glitt zu seinem Kurzschwert und riss es aus der Scheide. Doch schon im nächsten Augenblick traf ihn etwas wie ein Dampfhammer und warf ihn Quer durch das Zimmer. „Sind wir wirklich sicher?“, fragte der Mann noch immer ängstlich. „Wir wissen es nicht.“, sagte Katja offen, „Wir wissen nicht, wie groß diese Vereinigung war. Leider auch nicht, ob alle bei dem Ritual waren.“ „Aber wenn noch welche da draußen sind?“, stellte er die Frage in den Raum. „Werden wir auf sie acht geben.“, sagte Alex zuversichtlich. Sie saßen so, dass sie die Straße und auch den Fußweg völlig einsehen konnten. Katja hatte bei ihrer Planung alles berücksichtigt. Das war auch der Grund, dass sie über eine Stunde früher am Treffpunkt waren. Es sollte alles so normal wie möglich wirken. „Aber ihr könnt doch nicht die ganze Zeit bei uns sein.“, sagte der Mann verwirrt. „Solange unser Chef uns nichts anderes sagt, sind wir an eurer Seite.“, bestätigte Bastian. „Aber das können wir uns nicht leisten.“, erklärte er und sah seine Tochter traurig an. „Es zählt noch als Folgeauftrag, also braucht ihr keinen Cent zu Bezahlen.“, erwiderte Katja Grinsend. Genau diese Worte hatte ihr Garver mit auf den Weg gegeben. Sie hätte nicht gedacht, sie so schnell einmal gebrauchen zu müssen. „Aber Tag und Nacht könnt ihr auch nicht wach bleiben.“, gab er zu bedenken. „Wir haben noch ein paar Kollegen, die die Nachtschicht übernehmen.“, sagte Katja grinsend. Schließlich wand sie sich der jungen Frau zu, die sie beschützen sollten. Doch ihr Blick war in die Ferne gerichtet, schweifte plötzlich zur Seite und kehrte langsam zurück. Katja folgte ihrem Blick. Sofort fiel ihm der Schwarze Van mit den Getönten Scheiben auf. Das Seltsamste war allerdings das fehlende Nummernschild. Und ein ungutes Gefühl breitete sich rasend in ihr aus. Plötzlich begann sie zu schreien, sprang auf und rannte los. Nur einen Augenblick später öffnete sich die seitliche Schiebetür und mehrere Waffen richteten sich auf sie. Sie versuchte vor ihrem Verfolger zu fliehen, was sich aber in der kleinen Wohnung als unmöglich erwies. Doch zumindest hatte sie es geschafft den Küchentisch zwischen sich und ihn zu bringen. „Was soll das?“, fragte das Wesen sanft, „Warum willst du einen anderen?“ „Weil ich dich nie wollte!“, sagte sie und spürte die Panik aufsteigen. Das Wesen hatte sich blitzschnell bewegt und Nero mit einem einzigen Schlag zu Boden geschickt. Und sie bezweifelte, dass sie ihm entkommen konnte, egal wo sie hin lief. „Warum ist er da?“, fragte das Wesen und umrundete langsam den Tisch. „Weil ich ihn an meiner Seite haben will.“, sagte sie entschlossen und versuchte die Furcht aus ihrer Stimme zu verbannen. Mit einem Schrei riss das Wesen die Arme hoch. Schon in der nächsten Sekunde befand sich der Tisch in der Luft. Mit einem Schrei sprintete sie los, vorbei an dem Wesen und entging der Hand nur um Haaresbreite. Doch dann war sie schon wieder in der Stube. Doch etwas war anders, etwas fehlte. Doch sie brauchte einen Moment um zu begreifen. „Willst du nicht weiter wegrennen?“, fragte das Wesen hinter ihr. Keuchend fuhr sie herum. Das Wesen stand keinen Meter weit entfernt. Entsetzt torkelte sie rückwärts. Zwei Schritte Später bewegte sich das Wesen und machte einen Schritt nach vorn. Ein plötzliches Klicken schien sie wieder in die Realität zu reißen. Erst jetzt erkannte sie Nero, wie er neben der Tür stand und den Arm gehoben hatte. In seiner Hand lag ein kurzes Gewehr, welches auf den Kopf des Wesens zielte. Es öffnete den Mund zu einem Schrei. Doch da zerriss ein Schuss die Luft und den Kopf des Wesens. Kaum hatten die Jäger die Waffen gesehen waren sie auch schon in Bewegung. Alex stieß mit einem gezielten Tritt den Tisch um und riss noch in derselben Bewegung den Mann zu Boden. Bastian riss seine Schrotflinte aus der Golftasche und hatte den ersten schoss schon aus der Hüfte abgegeben. Katja förderte ihre MP5 unter dem Wollmantel zu Tage und eröffnete ebenso das Feuer. Die Angreifer hatten kaum Gelegenheit zu reagieren. Einige verwirrt und schlecht gezielte Schüsse rauschten über sie hinweg und schlugen in die Glasscheiben oder die Fassade, verletzten aber keinen. Doch Katjas Aufmerksamkeit galt nicht den Schützen, sondern der rennenden jungen Frau. Es war mehr als ein Gefühl, dass sie loslaufen lies. Doch zu spät. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass die Scheibe der Beifahrertür sich senkte und ebenfalls den Lauf einer Waffe preisgab. „Runter!“, rief sie ihr nach. Sie blieb stehen und sah die Jägerin an. Nur um Sekunden später zu der Tür zu starren. Entsetzt weiteten sich ihre Augen. „Ist es vorbei?“, fragte sie ängstlich. Nero sah über die Schulter und betrachtete den sich auflösenden Körper. „Ich denke ja.“, erwiderte er und wandte sich wieder dem frischen Kaffee zu. Er hatte ihn kurz nach seiner Sauerei zubereitet. Sie beide brauchten etwas um sich abzulenken. „Danke, dass du da warst.“, sagte sie und nippte an ihrem Getränk. „Nichts zu danken.“, erwiderte er lächelnd. Er wollte noch mehr sagen, doch dann öffnete sich die Tür. „Bin wieder da!“, rief eine Männerstimme freudig. Sofort war Bewegung in Nero gekommen. Er war aufgesprungen und hatte die Schrotflinte gezogen. „Nein!“, rief sie, wobei der Jäger nicht wusste, wem es galt. „Was ist denn los?“, fragte der Mann und betrat die Stube. Perplex blieb er stehen und starrte in den Lauf der Waffe. „Nero.“, sagte sie sanft, „Nimm die Waffe runter, er ist Ok.“ Beinahe widerwillig folgte sein Körper der Bitte und verstaute die Western wieder in ihrem Hohlster. „Was hat dieser Irre hier zu suchen?“, fragte der Mann wütend in den Raum, „Kannst du mir das erklären?“ „Das muss sie nicht.“, sagte Nero kalt, „Der Irre ist schon weg.“ Schnellen Schrittes verließ Nero die Wohnung. Kaum das die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, stürmte er die Treppe herunter. Wie konnte ich nur so dumm sein? Wie konnte ich nur glauben, dass sich etwas geändert hatte? Unten angekommen stieß er die Tür mit voller Wucht auf und machte sich ohne Nachzudenken auf den Heimweg. Warum habe ich mich nur darauf eingelassen? Und wieder spürte er den Stechenden und reißenden Schmerz in seiner Brust. Dasselbe Gefühl wie vor drei Monaten, als er gegangen war. Das Gefühl, dass nur taube Leere hinterließ. Die Schüsse verhalten endlich, doch sie konnte nichts erkennen. Sie konnte nur sich nur noch daran erinnern, dass sie niedergeworfen wurde. Und sie hatte das Gefühl, getroffen wurden zu sein. War sie schon tot? Verletzt? Stand sie unter Schock? „Alles in Ordnung?“, hörte sie eine gepresste Stimme. Für einen Moment spürte sie die Versuchung einfach nur los zu schreien. Doch schon ihr nächster Gedanke sagte ihr, dass sie unverletzt war. „Was ist passiert?“, fragte sie verwirrt. „Du bist in Sicherheit.“, sagte die Stimme sanft. „Roman!“, hörte sie die Jägerin rufen, „Bist du in Ordnung?“ „Ein paar Kugeln im Rücken, aber sonst geht es.“, erwidert der Mann. Langsam spürte sie, wie das Gewicht von ihrem Körper schwand. Und dann konnte sie wieder frei sehen. „Bist du verletzt?“, fragte sie Roman ängstlich. Doch er antwortete nicht, sondern zeigte ein breites Grinsen. Sofort fielen ihr die Spitzen Eckzähne auf. „Mir geht es gut.“, meinte er schließlich und bewegte sich gänzlich von ihr herunter. Aus dem schnellen Schritt wurde ein langsamer, schlapper Gang. Seine Gedanken kreisten zwischen dem Heutigen Abend und dem der Nacht von vor drei Monaten hin und her. Die Szenen mischten sich unaufhörlich und gaben ihm ein ganz neues Gefühl von Schmerz. Er betäubte alle Sinne, lies ihn wie einen Schlafwandler durch die Straßen laufen. Er hatte vorgehabt nach Hause zu gehen. Aber er hatte die Orientierung verloren. Etwas, was ihm vorher nie passiert ist. „Nero!“, hörte sie ihre Stimme hinter sich. Einbildung. schleppend trottete er weiter. Doch dann hörte er ihre Stimme erneut. Langsam drehte er sich um. Sie lief ihm nach. Seine Füße schienen sich wie von alleine zu Bewegen und lenkten ihn in ihre Richtung. Doch dann war er wieder da. Die Watte, in den man ihn gepackt zu haben schien, war verschwunden. Und dann schien die Zeit unendlich langsam zu laufen. Ein Schatten erhob sich hinter ihr und sprang. Nein! Langsam stieg das Wesen, bis es seinen Höhepunkt erreicht hatte. Nein! Es breitete die Arme aus, die Klauen-ähnlichen Finger bereit zuzuschlagen. „NEIN!“, schrie Nero und streckte den Arm nach vorne. Ein verzweifelter Versuch die Distanz zu überwinden, wissend, dass es niemals reichen würde. Nur noch Zentimeter trennten Sie und den Schatten voneinander. Lass es nicht geschehen, flehte er in Gedanken. Plötzlich erschien ein flammender, aufrecht stehender Kreis vor beiden. Nur einen Lidschlag später schoss ein roter Arm aus den Flammen. Die mächtige Hand umschloss den Schatten und zog sich im selben Moment wieder zurück. „Was bei allen Höllen?“, fragte er sich fassungslos. Nicht schlecht, der Auftritt, oder?, hallte eine zu bekannte Stimme in seinem Kopf wieder. Die Stimme riss Nero aus seinem Schock. So schnell seine Beine ihn Tragen konnten rannte er zu ihr. Ohne ein Wort schloss er sie in die Arme. „Lass mich nicht allein.“, flehte sie leise. „Wenn du diesen Trottel abschießt.“, erwiderte er mit einem schwachen Lächeln. „Auch wenn er ein Trottel ist, kann ich ihn nicht abschießen.“, sagte sie, „Immerhin ist er mein Bruder.“ Kapitel 11: Alte und neue Freunde --------------------------------- „Habt ihr es gefunden?“, dröhnte die dunkle Stimme aus der Finsternis. „Noch nicht, Herr.“, flüsterte sein Gegenüber, „Aber es wird sicher nicht mehr lange dauern.“ „Nicht mehr lange?“, erwiderte die tiefe Stimme. Stille trat zwischen die beiden und nur ein Ticken war zu hören. „Wie lange suchst du schon?“, fragte die Stimme nun und machte aus ihrem Ärger keinen Hehl, „Wie lange hältst du mich schon hin?“ „Es tut mir leid, Herr, aber wir geben unser bestes.“, verteidigte sich sein Gesprächspartner leise. „Euer Bestes scheint nicht gut genug zu sein.“, meinte der Herr gelangweilt, „Ich werde eure Aufgabe an jemand anders übergeben.“ „Aber Herr!“, wollte der Dieser aufbegehren. Doch schon im nächsten Moment war in der Dunkelheit ein Funke zu sehen. „Warum bist du diesem Irren nachgerannt?“, fragte ihr Bruder wütend, „Und warum hast du ihn wieder mitgebracht?“ Nero hatte es sich wieder in seinem Sessel Bequem gemacht und folgte dem Wutausbruch mit einem Lächeln. „Ja, ich habe ihn wieder mitgebracht.“, erwiderte sie ruhig, „Und wenn es dir nicht passt kannst du gehen.“ Mit offenem Mund starrte er seine Schwester an. Nero konnte sehen, wie es hinter seiner Stirn zu arbeiten begann, wie er langsam die Worte verstand und deren Bedeutung entzifferte. „Das kannst du nicht.“, sagte er ungläubig. „Und wie ich kann.“, sagte sie wütend, „Das ist meine Wohnung und ich kann dich gerne hinauswerfen.“ „Eher gehe ich!“, sagte er wutentbrannt und stürmte zur Tür. Sie sagte kein Wort um ihn aufzuhalten. Und sie bewegte sich erst, als die Tür sich mit einem lauten Knall schloss. Geschafft lies sie sich in den freien Sessel fallen. „Entschuldige.“, sagte Nero nun und betrachtete sie. „Er wird sich schon wieder beruhigen.“, lächelte sie ihn an, „So ist es oft, wenn wir uns streiten.“ Neugierig betrachtete Nero sie. Wenn er ehrlich war, wusste er kaum etwas über sie. Was zum größten Teil seine Schuld war. „Und was machen wir jetzt?“, fragte sie neugierig. „Ich würde sagen, wir gehen einen Kaffee trinken und lernen uns wieder kennen.“, erwiderte er mit einem Lächeln. „Was meinst du damit?“ „Naja, ich wusste noch nicht einmal, dass du einen Bruder hast.“, erwiderte Nero und kratzte sich am Hinterkopf. „Ach so.“, sagte sie lächelnd, „Er hat bis vor einem Monat woanders gewohnt und ist nur zu mir gekommen, weil er pleite ist.“ Nervös tigerte sie auf und ab. Ihr Mann und ihre Tochter waren, für ihren Geschmack, schon viel zu lange weg. Das es inzwischen Dunkel geworden war machte es nicht besser. Und mit jeder quälend langsam verstreichenden Sekunde wuchs ihre Angst. Sie spielte andauernd mit dem Gedanken, ihre Liebsten anzurufen. Doch wenn sie nur die Mailbox erreichen würde, würde sie zusammenbrechen. Plötzlich zuckte sie zusammen. Die Haustür hatte sich geöffnet. Ohne Vorsicht rannte sie aus der Stube und auf die Haustür zu. Doch als sie den Korridor erreicht, schien ihr Herz stehen zu bleiben. Sie sah ihren Mann, wie er langsam, abwesend, die Jacke an die Garderobe hing. Dann sah er sie an. Er wirkte erschöpft und müde. „Wo ist sie?“, fragte sie ihren Mann, „Was ist passiert?“ Waren es nur Minuten oder waren schon Stunden vergangen. Nur einen Augenblick stellte sich Nero diese Frage. Doch die Antwort stand schon fest, bevor die Frage entstanden war. Es war ihm egal. Die ganze Zeit saßen sie nun hier in ihrem Kaffee und redeten. Sie lernten sich wieder kennen. Und zum ersten Mal stellte er sich die Frage, ob er sie wirklich gekannt hatte. Nun war sie nicht mehr die Freundin, die er früher gehabt hatte, sondern eine völlig neue Person, die er liebend gerne kennen lernen wollte. Und mit jedem Wort steigerte sich seine Neugierde, sein Wunsch, seine Freundin besser zu kennen. „Ich möchte mich noch mal entschuldigen.“, sagte sie zwischen zwei Schlücken, „Ich konnte dir damals einfach nicht glauben.“ „Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.“, lächelte Nero offen, „Das habe ich die schon einmal gesagt und ich werde es dir immer wieder sagen.“ Dann begann sie zu Lächeln, offen und ehrlich. „Das habe ich vermisst.“, grinste der Jäger nun. Ein schwacher, roter Schimmer legte sich auf ihre Wangen und ihr Blick wanderte hinunter zu ihrem Kaffee. Noch immer grinste Nero. Es schien doch Dinge zu geben, die sich niemals ändern würden. „Aber eine Frage habe ich noch.“, sagte sie und ihr Lächeln schwand langsam, „Warum sagst du nie meinen Namen? Und warum darf ich deinen nicht benutzen?“ Er konnte sich schon denken, dass diese Frage irgendwann kommen würde. Mit einem schweren Seufzer verschränkte er die Arme hinter dem Kopf und überlegte, wie er es am besten sagen sollte. Doch am Ende entschied er sich für seine Methode: Mit dem Kopf durch die Wand. „Weil Namen gefährlich sind.“, meinte er und sah sie forschend an. „Gefährlich?“, erwiderte sie zögerlich. „Ja, gefährlich. Wenn jemand meinen Namen erfahren würde, hätte ich jede Minute irgendeinen Killer am Hals. Unter meinem Synonym kann man mich nicht finden.“, erklärte er und legte seine Hände um die Tasse, „Aber es ging mir nie um mich.“ Er sah in ihr Gesicht und der Blick stellte Tausend fragen. „Wenn ich deinen Namen nennen würde, wüssten sie wer du bist. Sie würden dich verfolgen, beschatten, nur um herauszufinden, welche Bedeutung du für mich hast.“, offenbarte er ihr, „Sie könnten dich als Geisel nehmen oder schlimmeres.“ Mit jedem Wort wurde Nero leiser. Er wollte nicht, dass Worte an Ohren dringen, die sie nicht hören sollten. Auch wenn im Moment seine Welt aus rosaroten Brillen und Blumen bestand, war doch die Gefahr allgegenwärtig. Eine Gefahr, die er sie nicht aussetzen wollte. „Hattest du nie etwas von mir dabei? Kein Bild?“, fragte sie offen. „Dein Bild trug ich in meinem Kopf.“, sagte er leise und tippte sich gegen die Stirn, „Deine Telefonnummern habe ich auswendig gelernt. Ich wollte liebend gerne etwas bei mir tragen, was mich an dich erinnert.“ „Aber die Gefahr war zu groß.“, schloss sie seinen Satz. Langsam nickte Nero und hoffte nur, dass sie ihn verstehen konnte. „Bist du dir da sicher?“, fragte Garver. Bis auf das Ticken der Uhr und das leise Surren des Bildschirmes war es totenstill. „Ich bin mir sicher.“, erwiderte sie fest. Sie klang nicht so überzeugt, wie sie wollte. „Wenn das so ist.“, sagte der Mann und seine Stimme bekam einen düsteren Klang, „Heiße ich dich bei den Jägern willkommen.“ Sie nickten sich kurz zu, bevor Garver wieder in seinen Akten verschwand und sie das Büro verließ. Kaum das sie die Tür passiert hatte, schloss sie die Augen und holte tief Luft. „Und wie war 's?“, erkundigte sich Katja neugierig. Langsam öffnete sie die Augen und sah ihre neuen Kameraden und Freunde an. „Anstrengend.“, erwiderte sie seufzend, „Er hat etwas an sich, was ihn gefährlich wirken lässt.“ Schweigend sahen die andern sie an. „Wissen.“, sagte Roman leise, „Den Wissen ist Macht.“ Alle Blicke richteten sie auf den Vampir, der an der Wand lehnte und seinen Blick über die anderen schweifen lies. „Schlauberger.“, grinste Alex und klopfte dem Vampir auf die Schulter. „Und was machen wir nun?“, erkundigte sie sich vorsichtig. „Das wichtigste überhaupt nachholen.“, lächelte Katja die Neue an. Alle Blicke richteten sich erwartungsvoll auf sie. „Und was wäre das?“, erkundigte sie sich vorsichtig. Ein breites Grinsen tauchte auf den Gesichtern der anderen auf. „Wir stellen uns vor.“, grinste Katja unverhohlen. „Bist du sicher?“, fragte Sukki beunruhigt, „Sie hat keinerlei Kampferfahrung.“ „Ja, ich bin mir sicher.“, erwiderte Garver und sah von seinen Akten auf. Sukki saß auf der Couch und sah ihn durchdringend an. Sie konnte sich sein Verhalten mal wieder nicht erklären. Früher war es so oft passiert, dass er für sie undenkbare Entscheidungen getroffen hatte. Aber immer hatte er die Richtige Wahl getroffen. „Warum bist du dir so sicher?“, fragte sie erneut, „Was siehst du in ihr?“ Doch Garver antwortete nicht sofort, sondern lächelte sie sanft an. „Ich weis es einfach.“, sagte er entschuldigend. „Aber um ganz sicher zu gehen, solltest du sie durch den Parcours schicken.“, entgegnete Sukki ernst. Die Nacht brach gerade heran. Aber sie musste sich nicht fürchten. Ein Blick in das dunkle Schaufenster neben ihr zeigte ihr zwei rote Augen, die sie neugierig betrachteten. Doch sie lächelte sie nur an. „Ich weis, ich bin unvorsichtig, aber ich habe ja dich.“, flüsterte sie und berührte die Scheibe. Vorsichtig und langsam legte sie die Stirn an das kalte Glas und schloss die Augen. Nur Sekunden später glaube sie ihren Freund zu spüren, wie er wie sie an der anderen Seite lehnte. „Zusammen können wir alles schaffen, oder?“, flüsterte sie. Ein leises Knurren drang an ihr Ohr, nicht bedrohlich sondern zustimmend. Langsam öffnete sie ihre Augen und die anderen waren scheinbar nur Millimeter entfernt. Plötzlich fühlte sie ein Stechen an ihrem Hals. Sie wollte die Hand heben und den Quälgeist verjagen, aber ihr Körper reagierte nicht. Ihr Freund knurrte bedrohlich, doch bewegte er sich nicht. Bis ihr schließlich die Augen zufielen und sie scheinbar in der Dunkelheit schwebte. Das letzte was sie hörte war das Heulen eines Wolfs. Das Vorstellen ging zwar rasch über die Bühne, aber die Einweihungsfeier zog sich in die Länge. Katja grinste vor sich hin, als vor ihrem geistigen Auge die ihre Freunde auftauchten, ein jeder mit seinem Kater ringend. „Sie mussten es ja übertreiben.“, grinste Katja. Sie hatte sich zurückgehalten und dem Alkohol abgelehnt, den man ihr angeboten hatte. Langsam lies sie ihren Blick die Fassade des Hauses hinauf wandern. Wie gewohnt brannte bei ihrer Oma noch Licht. Es war ein Leuchtfeuer des Sicheren Zuhauses, was sie immer erwarten würde. Und wie sie nebenbei bemerkte brannte auch bei Nero noch Licht. Hastig brachte sie die letzten Meter hinter sich und stürmte die Treppe hinauf. Sie brannte darauf, Nero von ihren Erlebnissen heute zu erzählen. Doch ihr Finger verharrte über der Klingel. Würde er sich freuen mich zu sehen? , schoss es durch ihren Kopf, Oder will er seine Ruhe? Langsam senkte sich ihr Arm, aber ihre Augen verharrten auf der Tür. Plötzlich öffnete sich diese. „Du kannst ruhig klingeln.“, meinte Nero lächelnd und trat in die Wohnung. „Ich wollte nicht stören.“, erwiderte Katja und folgte ihm. Sie ging hinter ihm durch den Flur in die Wohnstube. Allerdings hatte sie eher das typische Single-Chaos erwartet, doch hier war alles aufgeräumt. „Du störst nicht.“, sagte Nero und griff in einen Schrank, „Ich wollte nur schnell duschen.“ Langsam lies Katja ihren Blick durch die Wohnung wandern. Alle Zimmertüren waren offen. Bis auf eine. Sofort war ihre Neugierde geweckt. „Wenn du willst kannst du mitkommen.“, meinte Nero plötzlich. Perplex drehte sich Katja um und starrte den grinsenden Jäger an. „Oder mach es dir bequem, ich brauch nicht lange.“, meinte er und verschwand in Richtung des Badezimmers. Doch bevor er die Tür hinter sich schloss, sah er sie noch einmal eindringlich an. „Du kannst dir die ganze Wohnung ansehen, bis auf dieses Zimmer, verstanden?“, fragte er. „Verstanden.“, meinte sie und nahm auf dem Sofa platz. Nero nickte noch einmal, dann schloss er die Tür hinter sich. Wie auf ein Zeichen war Katja auf den Beinen. Neugierig ging sie die Wohnstube ab und sah sich genau um. Alle Gegenstände wurden unter die Lupe genommen, aber die Schubladen und Schranktüren lies sie verschlossen. Alles wirkt so normal, stellte sie ernüchtert fest. Sie wusste selbst nicht, was sie erwartet hatte. Trotz der Tatsache, dass er eine lebende Legende unter den Jägern war, war alles so normal. Flüchtig warf sie einen Blick ins Schlafzimmer. Doch bis auf die Katze, die auf der Decke lag und sie gelangweilt ansah, war auch hier keine Spur von Besonderheiten zu sehen. Eine saubere, einfache Wohnung. Doch sie konnte nicht anders, als zu der geschlossenen Tür sehen. Im Stillen fragte sie sich, was sich darin befand. Trophäen seiner Jagden? Oder bewahrte er darin seine Waffen auf? Tausend Gedanken schossen durch ihren Kopf, während ihre Füße sie langsam zur Tür trugen. Es ist falsch, sagte sie sich in Gedanken. Aber am Ende war ihre Neugierde stärker. Langsam und vorsichtig öffnete sie die Tür. Das Licht der Stube vertrieb die Dunkelheit, die in dem Raum herrschte und gab den Blick auf einen großen, ovalen Spiegel preis. Vorsichtig und leise betrat sie das Zimmer. Doch auch nachdem sie ihr Handy hervorgeholt und das Display als Lichtquelle nutzte, stellte sie fest, dass es in dem Zimmer wirklich nur diesen Spiegel gab. Rasch warf sie einen Blick über die Schulter und spitzte die Ohren. Noch immer hörte sie die Dusche. Leise ging sie auf den Spiegel zu und betrachtete ihn. Aber es gab keine Besonderheiten. Es war einfach nur ein Spiegel. Irritiert drehte sie sich um und wollte das Zimmer verlassen. Doch plötzlich schlug die Tür vor ihr zu. Einem Reflex gleich machte sie einen Satz nach vorn und griff nach der Klinke. Aber egal wie sehr sie daran rüttelte, die Tür bewegte sich keinen Millimeter. Was soll das? Hätte sie Angst im Dunkeln oder Platzangst, so würde sie hier drinnen sicherlich sterben. Aber zum Glück hatte sie keines von beiden. „Muss ich warten bis er fertig ist und mich entschuldigen.“, sagte sie leise und betrachtete weiterhin die Tür. „Hallo, Katja.“, dröhnte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Wie vom Blitz getroffen fuhr sie herum und blickte in zwei Brennende Augen. „Bin wieder da!“, rief sie, als die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war. Beinahe sofort war ihre Mutter bei ihr und schlang die Arme um sie. Sie wollte sich nicht vorstellen, was ihre Mutter durchgemacht haben musste. Nicht zu wissen, was mit dem eigenen Kind war. Aber sie hoffte, dass ihr Vater es geschafft hatte, sie zu beruhigen. „Warum hast du das gemacht?“, fragte ihre Mutter vorwurfsvoll, „Und warum hast du dich nicht gemeldet?“ „Es tut mir leid.“, flüsterte sie und erwiderte die Geste ihrer Mutter, „Aber jetzt kann ich anfangen, mich halbwegs sicher zu fühlen.“ Verwirrt sah ihre Mutter sie an. Doch dann wusste sie, was ihre Tochter gemeint hatte. „Du hast dich den Jägern angeschlossen?“, fragte sie mit einer Mischung aus Wut und Trauer, „Du weist, was das heißt?“ „Ja, ich weis es.“, erwiderte sie fester, „Genau deswegen habe ich es getan.“ Katja konnte nicht sagen, ob es nur Sekunden waren, oder Tage, die sie sich schon anstarrten. Sie konnte nicht sprechen, sich nicht bewegen. Auch wenn sie es wollte, so verweigerte ihr Körper jeden gehorsam. Das Letzte, was sie bewusst getan hatte, war sich in die Ecke neben der Tür zu pressen. Sie betete dafür, dass der Teufel den Spiegel nicht als Portal nutzen konnte. „Hast du Angst vor mir?“, fragte das Wesen plötzlich. „Nein.“, erwiderte die Jägerin krächzend. Auch wenn sie es versucht hätte, sie hätte ihre Angst nicht verbergen können. „Du brauchst doch keine Angst vor mir zu haben.“, säuselte der Teufel. Zu ihrem Entsetzen hob der Teufel seinen Arm und bewegte ihn in Richtung des Spiegels. Und der Spiegel dehnte sich. Die Pranke verformte den Spiegel und kam beständig näher. Katja presste sich noch fester an die Wand, in der Hoffnung, dass sie nachgeben würde. Ein plötzliches Klicken neben ihr lies die Szenerie einfrieren. Fast in Zeitlupe sah sie zur Seite. Die Tür stand einen Spalt offen. Fast panisch machte sie einen Satz zur Seite, doch da war schon das nächste Hindernis. Ungebremst stieß sie mit Nero zusammen, der sie verwirrt ansah. „Da ist ein Teufel!“, schrie sie nun. Ihre Stimme war schrill und machte ihr selbst Angst. Nero jedoch sah sie nur verwirrt an und sah dann an ihr Vorbei auf den Spiegel. Langsam schüttelte er den Kopf, bevor er Katja sachte in das Zimmer schob und die Tür hinter sich schloss. „Was soll das?“, fragte sie leise. Doch Nero beachtete sie nicht, sondern ging auf den Teufel zu. Nur ein Schritt trennte ihn und die Pranke noch voneinander. „Musste das sein?“, fragte Nero den Teufel und stemmte die Hände in die Hüfte, „Sie wäre vor Angst fast gestorben.“ „Sorry, ich meinte es doch nicht so.“, erwiderte der Teufel und bleckte die Zähne, „Aber ich konnte es mir einfach nicht verkneifen.“ „Was geht hier ab?“, fragte Katja verwirrt und betrachtete die beiden abwechselnd. Nero wandte sich nun endlich Katja zu und Grinste sie an. „Er ist ein alter Freund von mir, ohne den ich hier nicht stehen würde.“, sagte er offen. „Dann mal ganz langsam und von vorn.“, meinte sie und lehnte sich gegen die Wand. Und sie war sich sicher, dass niemand ihr das Glauben würde. Etliche Erklärungen und Erzählungen entspannte sich Katja allmählich. „Und als letztes hatte ich dir gesagt, dass das Zimmer für dich Tabu ist.“, lächelte Nero und reichte ihr ein Glas Wasser. Er konnte sich zwar denken, dass ihre Neugierde größer ist, als die Vernunft. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sein alter Partner sich ihr zeigen würde. „Und er ist wirklich keine Gefahr?“, fragte sie noch einmal und sah den Teufel an. „Jedenfalls nicht für uns.“, erwiderte Nero ruhig und setzte sich auf sein Sofa. Kurz nachdem die Aufklärung begonnen hatte, verabschiedete sich der Teufel und sie waren zurück in sein Wohnzimmer gegangen. „Und ich möchte dich bitten, dass es unter uns bleibt.“, sagte er eindringlich. „Weis sonst noch jemand von ihm?“, erkundigte sich Katja vorsichtig. „Ein paar Auserwählte.“, meinte Nero Schulterzuckend, „Sukki und Garver, sowie meine Freundin.“ „Du hast eine Freundin?“, erkundigte sich Katja erstaunt. Verwirrt betrachtete Nero seine Kollegin. Plötzlich begann Katjas Handy zu klingeln. Hastig kramte sie es aus ihrer Tasche und betrachtete erstaunt das Display. „Garver.“, sagte sie verwirrt. „Gib ihn mir dann mal.“, erwiderte Nero und lehnte sich zurück. So konnte er sich wenigstens einen Anruf sparen. Gespannt nahm sie ab und meldete sich. Die nächste Halbe Minute schwieg sie. „Ok, ich sag es weiter.“, sagte sie schließlich, „Nero möchte noch mit ihnen sprechen.“ Die Verwirrung stand ihr ins Gesicht geschrieben und auch die eine oder andere Frage. „Abend, Chef.“, meinte Nero als er das Handy in Empfang genommen hatte. „Was gibt es?“, erkundigte sich Garver hastig. „Ich brauch morgen den Keller.“, sagte der Jäger gelassen. „Musst dir nur den Schlüssel bei mir holen.“, erwiderte sein Chef und legte auf. „Scheint ganz schön unter Stress zu stehen.“, meinte Nero als er das Handy zurück gab, „Und was wollte er von dir?“ „Ich soll morgen mit den anderen durch den Parcours.“, meinte sie und verstaute das Mobiltelefon. „Dann viel Spaß.“, grinste Nero offen. „Wir sollen was?“, fragte Alex verwirrt. „Von hier bis zum Ende gehen.“, lächelte Sukki. „Mehr nicht?“, erkundigte sich Bastian genauso verwirrt wie sein Kollege. „Es wird garantiert nicht so einfach, wie es sich anhört, oder?“, fragte Katja die Bardame. Sukki lächelte sie an und nickte. „Natürlich werden eure Fähigkeiten geprüft, „Ihr könnt verletzt werden, wenn ihr unachtsam seid. Aber bis jetzt ist nur einmal etwas Ernstes passiert.“ „Und was?“, wollte Roman wissen. „Einer der Läufer hat eine Stufe übersehen und sich das Bein gebrochen.“, lächelte ihre Einweiserin freundlich. Schweigend sahen sich die fünf Gefährten an. „Was gibt es sonst noch zu wissen?“, erkundigte sich Katja spontan. „Es sind mehrere Bereiche. Am Ende eines jeden Bereiches gibt es zwei Knöpfe. Ein Grüner, mit dem ihr die Tür zur nächsten Stufe öffnen könnt, sowie einen Roten, mit dem ihr aufgeben könnt.“, erklärte sie geduldig, „Des weiteren sind in jedem Bereich mehrere Buzzer zu finden. Das Betätigen dieser Führt ebenfalls zur Aufgabe.“ Unsicher sah Katja ihr Begleiter an. Die Einweisung von Sukki hatte gereicht, um ihr klar zu machen, dass es dieser Parcours in sich hatte. „Wollt ihr es versuchen?“, fragte Sukki neugierig. „Warum nicht?“, erwiderte Roman Schulterzuckend, „Mehr als Lernen können wir nicht, oder?“ Katja wusste, dass sie mit dem letzten Satz gemeint war. „Ich bin auch dafür.“, meldete sich der Neuzugang zu Wort, „Danach weis ich, ob ich mich richtig entschieden habe.“ Seufzend gab Katja nach. Wenn selbst die Neue es sich zutraute, würden Basti und Alex nicht davor zurückschrecken. „Wir machen es.“, stimmte Katja zu. Sukki lächelte sie zuversichtlich an und winkte ihnen, ihr zu folgen. „Bist du soweit?“, fragte Nero seine Begleiterin. Neugierig und mit einem Funken Unsicherheit betrachtete sie die Fassade des Gebäudes. Sie wirkte gepflegt und erweckte den Eindruck eines normalen Hauses. Wären da nicht die getönten und blickundurchlässigen Fensterscheiben. „Ja, ich bin soweit.“, sagte sie und versuchte zuversichtlich zu Lächeln. Nero erwiderte die Geste und reichte ihr die Hand. Sofort griff sie danach und Nero lächelte noch breiter. „Dann wollen wir.“, sagte er und richtete seinen Blick auf die Tür, „Du brauchst keine Angst zu haben, auch wenn einige recht unfreundlich Aussehen.“ Sie nickte knapp, dann gingen sie los. Es waren nur ein paar Meter, aber Nero spürte deutlich, wie sie sich mit jedem Schritt mehr verkrampfte. „Ich bin bei dir.“, flüsterte Nero ihr zu. Dann hatten sie die Tür erreicht. „Sicher?“, fragte Nero noch einmal. „Sicher.“, erwiderte sie und versuchte normal zu klingen. Langsam öffnete Nero die Tür und betrat vor ihr das Gebäude. Sofort richteten sich etliche Augenpaare auf sie. Das Gemeinschaftshaus war an diesem Abend gut gefüllt. Etliche bekannte Gesichter und ein paar Neue sahen sie an. Ohne auf die Blicke zu achten suchte er sich einen der Ecktische aus und führte sie dorthin. Auch nachdem sie sich gesetzt hatte wirkte sie noch angespannt. Hektisch glitten ihre Augen durch den gut beleuchteten Raum und musterten die Anwesenden. Neros Blick hingegen wanderte zu der Bardame, die Sukki abgelöst hatte. Knapp nickte er ihr zu und langsam kam sie zu ihnen. „Kann ich euch etwas zu trinken bringen?“, fragte sie höflich und lächelte offen. „Zwei Wasser.“, erwiderte Nero ruhig. Ein knappes Nicken später war die junge Frau schon wieder auf dem Weg. „Nero?“, fragte seine Freundin leise. Neugierig sah er sie an. „Warum starren die uns so an?“, fragte sie leise. Erst jetzt merkte er, dass wirklich alle Anwesenden sie anstarrten. Sanft lächelte er ihr zu, bevor er aufstand. „Was glotzt ihr denn so?“, fragte er Laut in die Runde, „Noch nie eine junge Dame gesehen?“ „Doch.“, erwiderte einer der Anwesenden, „Aber noch keine, mit der du Hand in Hand gelaufen bist.“ Jetzt war er baff. War das wirklich so ungewöhnlich? „Ich habe eine Freundin, na und?“, wollte Nero wissen. „Wir haben uns nur gefragt, warum solche Versager immer solche hübschen Mädels abkriegen.“, grinste ein Weiterer. „Damit sie jemanden zu bemuttern und verhätscheln haben.“, erwiderte Nero grinsend. Der ganze Raum begann zu Lachen. Nero sah zu seiner Freundin und bemerkte erleichtert ihr schwaches Lächeln. Zufrieden setzte sich Nero und lies prüfend seinen Blick wandern. Aber alle Anwesenden hatten sich ihren Angelegenheiten zugewandt. „Hier bist du sicher, komme was wolle.“, lächelte Nero, „Also wenn ich mal nicht zu erreichen sein sollte, hast du einen sicheren Unterschlupf.“ „Werde ich mir merken.“, sagte sie erleichtert. Wieder glitt ihr Blick durch den Raum und sie betrachtete die Anwesenden nun genauer. „Auch wenn sie böse aussehen.“, begann Nero leise, „Sind sie doch herzensgut.“ Ein Geräusch lies Nero aufhorchen. Es glich einem Zischen, war aber viel zu tief. Plötzlich öffnete sich ein Spalt mitten ihm Raum. Und aus dem schmalen riss quetschte sich ein Wesen. „Diese Welt wird nun Mein sein!“, schrie es und riss die Arme triumphierend nach oben, „Kein Mensch kann mich jetzt noch aufhalten!“ Siegessicher und mit einem Hauch Wahnsinn begann das Wesen zu Lachen. Doch die Anwesenden waren eher perplex als verängstigt. Sogar die Neue Bardame schien keine Angst zu haben. Furchtlos trat sie vor das Wesen und fragte freundlich: „Kann ich ihnen etwas zu trinken bringen?“ Verwirrt starrte das Wesen die junge Frau an. „Ich will nichts zu trinken!“, fuhr das Wesen plötzlich auf, „Diese ganze Welt wird mir bald gehören!“ „Oder auch nicht.“, sagte Nero leise und konnte sein Grinsen nicht verbergen. In den Augen seiner Freundin aber konnte er die Angst erkennen. „Keine Sorge, dir wird nichts passieren.“, lächelte Nero ihr zu und strich sanft über ihre Hand. „Wer bist du schon, dass du sie beschützen kannst?“, schrie das Wesen und funkelte ihn böse an. „Nero.“, sagte er und Grinste den Dämon an. Mit einem Schlag war die Selbstsicherheit des Wesens verschwunden und er schien seine Umgebung zum ersten Mal wirklich zu sehen. „Möchten sie wirklich nichts zu Trinken?“, fragte die Bardame erneut, ohne ihre Freundlichkeit zu vergessen. „Irgendetwas Starkes, bitte.“, meinte das Wesen nun und trottete geschlagen an die Bar. Kapitel 12: Parcours und der Teufel ----------------------------------- "Habt ihr alles?", erkundigte sich Sukki. Katja sah über ihre Schulter und zu ihren Kameraden. Einstimmig nickten sie. "Wir sind fertig.", antwortete Katja. Sie versuchte sicher zu klingen und ihre eigene Unsicherheit zu verbergen. Noch immer fühlte sie sich unwohl, bei dem Gedanken an den Parcours. „Dann mal los.“, sagte Sukki und wandte sich zur Tür. Stumm folgten die Jäger ihr aus der Waffenkammer. „Wie viele Keller hat das Gebäude?“, fragte sie Nero neugierig. „Meines Wissens nach vier.“, erwiderte Nero und lächelte über die Schulter. „Wofür braucht ihr so viele Keller?“, erkundigte sie sich weiter. „Das Erste Kellergeschoss ist für das Nahkampftraining.“, erwiderte Nero im Plauderton, „Die Zweite Etage ist für das Schusswaffentraining und die Waffenkammer reserviert.“ Gespannt hörte sie zu, was Nero Lächeln lies. Nie hätte er geglaubt, dass sie sich für seine Arbeit interessieren würde. Aber ihre Begegnung mit dem dämonischen Stalker hatte ihre Sicht auf die Dinge verändert. So etwas ging an niemandem spurlos vorbei. „Wofür sind die letzten beiden?“, fragte sie weiter. „Der dritte ist unser Ziel.“, erwiderte Nero und sah sie an, „Der Beschwörungskeller.“ „Wird er oft benutzt?“ „Ich habe ihn einmal benutzt, mehr weis ich auch nicht.“, erwiderte Nero offen. Plötzlich öffnete sich auf dem Flur vor ihnen eine Tür. Ein Grinsen machte sich auf dem Gesicht des Jägers breit. Wie sie es drehte und wendete, sie konnte sich das Unbehagen nicht erklären. Vielleicht lag es an der unbekannten Herausforderung. Aber das war das normalste in ihren Beruf. Keine Nacht, keine Jagd, glich der vorherigen. Mit einem schweren Seufzer brachte sie die Tür hinter sich und folgte Sukki. „Wen haben wir denn da?“, erklang plötzlich Neros Stimme hinter ihr. Auf der Stelle fuhr sie herum und sah den Jäger lächelnd näher kommen. Aber er war nicht allein. „Und seid ihr bereit?“, erkundigte er sich. „So bereit wie man nur sein kann.“, meinte Alex locker. Nero sah sie skeptisch an. Und irgendwas an seinem Gesichtsausdruck verwirrte sie. „Waffen?“, fragte er schließlich. „Check.“, erwiderte Katja aus Reflex. „Munition?“ „Check.“, grinste Basti. „Taschenlampen?“ „Check.“, meinte Alex ruhig. „Verbandssachen?“ „Check.“, sagte Roman ruhig. „Und die Ausrüstung für euren Neuzugang?“, fragte er und grinste Wissend. Katja sah ihn erstaunt an. Langsam, wie in Zeitlupe drehte sie sich zu ihrer neuen Kameradin um. Sie hatte nichts. Mit der flachen Hand schlug sich Katja gegen die Stirn. „Ich wusste wir haben etwas vergessen!“, fluchte sie laut. „Warum hast du nichts gesagt?“, erkundigte sich Alex gespannt. Verwirrt sah das Mädchen einen nach dem anderen an. „Ich habe noch nie geschossen und auch sonst nie gekämpft.“, erwiderte sie leise. Nero hingegen begann zu Lachen. „Tja, das ist auch eine der Tücken in unserem Beruf.“, sagte er lächelnd. „Kann sie noch mal rein?“, erkundigte sich Katja und deutete zur Waffenkammer. „Leider nein.“, erwiderte Sukki ruhig, „Es ist gegen die Regeln.“ „Komm mal her.“, meinte Nero plötzlich und deutete auf die Neue. Fast widerwillig folgte sie seiner Aufforderung. Es war ihr sichtlich unangenehm. „Ja?“, fragte sie vorsichtig. Doch Neros freundlicher Gesichtsausdruck wich nicht. Wieder war Katja erstaunt. Sie hatte ihn kämpfen sehen, wie einen Berserker. Sie hatte so viel von seinem Kämpfen gehört und was für ein Monster er sein sollte. Der erste Jäger, der es alleine mit Teufeln aufnahm und alleine mehrere von ihnen getötet haben soll. Einige behaupten es seinen acht oder neun, andere sprechen von dutzenden. Aber er war so anders, als in den Beschreibungen. Immer freundlich und aufmerksam, hilfsbereit. Die Geschichten wurden ihm nicht gerecht. Langsam lies Nero seinen Mantel von den Schultern rutschen. Mit schnellen und geschickten Handgriffen löste er seine Pistole und den Gürtel mit dem Kurzschwert. „Das sollte erst einmal helfen.“, grinste er die Neue an und reichte ihr beide Sachen. „Und was ist mit dir?“, fragte sie perplex. Doch Nero zuckte nur mit den Schultern, bevor er sich Sukki zu wand. „Kannst du für mich eine M92F raus suchen?“, fragte er sie lächelnd, „Ich glaube ich hab meine verloren.“ „Kein Problem.“, erwiderte sie und lächelte wissend, „Aber zuerst muss ich sie zum Parcours bringen.“ „Hat keine Eile.“, grinste er nun breit, „Vielleicht finde ich sie ja wieder.“ „Danke.“, sagte die Neue verwirrt und ging zu den anderen zurück. „Noch ein letzter Tipp für uns?“, fragte Roman kalt. „Ja.“, erwiderte Nero und sein Lächeln verschwand, „Erschießt euch nicht gegenseitig.“ „Wie lange wird es dauern?“ „Ich weis es nicht. Aber ihr Haustier wird ihn schon für uns holen.“ „Oder auch noch viele andere.“ „Da soll uns nicht stören. Wir sind vorbereitet.“ „Das ist also der Beschwörungskeller.“, flüsterte sie und betrachtete die enormen Ausmaße des Raumes, „Und hier ist es sicher?“ „Für uns schon.“, meinte Nero lächelnd, „Ich rufe ja keinen Unbekannten herauf.“ Wieder trat sie einen Schritt näher an ihn heran. Ihre Hand zitterte, als sie nach seiner Griff. Sanft und vorsichtig umschloss er sie und drückte sie sanft. „Er wird uns nichts tun, versprochen.“, lächelte Nero sie an. Er spürte, wie sie ruhiger wurde, ihre Hände aufhörten zu zittern und der gehetzte Ausdruck ihrer Augen verschwand. Bist du sicher, dass sie das überlebt?, fragte eine Stimme Neros Kopf. Wenn du es nicht übertreibst, ja,, meinte er in Gedanken. Ich doch nicht. „Noch habt ihr die Möglichkeit abzubrechen.“, sagte Sukki mit Nachdruck. „Jetzt stehen wir hier und ziehen das durch.“, erwiderte Katja entschlossen. Sukki sah sie der Reihe nach an, bevor sie zu der Schweren Tür griff. „Viel Erfolg.“, sagte sie noch und verschloss das Schott hinter ihnen. Wir können es brauchen, fügte Katja in Gedanken hinzu. Gemächlich drehte sie sich um und starrte den dunklen Korridor entlang. Das Licht schien von der Dunkelheit verschluckt zu werden. „Und wie machen wir es?“, erkundigte sich Alex und zog seine Beiden Pistolen, „Frontal?“ „Sicher, sauber und unverletzt.“, erwiderte Katja. Ihre Freunde sahen sie der Reihe nach an. Und wieder fragte sie sich, wann sie zur Anführerin ernannt wurde. „Basti wird mit der Schrot unseren Rücken freihalten, Alex unterstützt ihn dabei.“, bestimmte sie und beide nickten ihr zu. „In der Mitte wird unser Neuzugang sein und die Augen offen halten, Roman und ich bilden die Spitze.“, fuhr sie fort und wieder nickten die angesprochenen. Noch einmal sah sie ihre Freunde an. Keiner schien ihre Zweifel zu teilen. „Hat noch einer was zu sagen?“, Fragte sie vorsichtig, doch sie schwiegen. „Dann passt auf, wo ihr hin schießt.“, meinte sie noch, entsicherte ihre MP5 und nahm sie in den Anschlag. „Bringen wir es hinter uns.“ Mit diesen Worten schalteten sie die Taschenlampen an und begannen sich voran zu tasten. Er hetzte von Schatten zu Schatten. Seine Gedanken waren durcheinander. Er sollte sie Beschützen. Aber er hatte versagt. Sie hatten sie mitgenommen. Er war ihnen gefolgt, doch er konnte die Tür nicht passieren. Ihm wurde bewusst, dass er es alleine nicht schaffen würde. „Wie sieht es bei euch aus?“, erkundigte sich Katja. „Alles Ruhig hier hinter.“, sagte Bastian ruhig. „Bist du sicher, dass hier etwas ist?“, erkundigte sich Alex frustriert. Katja konnte ihn verstehen. Zwar hatten sie ein paar Steine im Weg, aber noch nichts, was wirklich eine Gefahr darstellte. Es war ein Gefühl, eine Ahnung, die Ihr sagte, dass es nicht so bleiben würde. „Haltet die Augen offen.“, mahnte sie die Nachhut, „Irgendetwas stimmt hier nicht.“ Wieder schwenkte sie den Lauf, mit der Montierten Lampe, und suchte den Gang vor ihnen ab. Linke Wand, rechte Wand, Boden und Decke, aber es gab nichts Auffälliges. „Roman, was sagst du?“, erkundigte sie sich beidem Vampir. „Ich sehe und rieche nichts.“, erwiderte er ruhig, „Aber ich teile dein Gefühl.“ Erleichtert atmete Katja aus und umfasste ihre Maschinenpistole fester. Sie war nicht alleine mit ihrer Paranoia. Plötzlich lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Im selben Moment schrie die Neue und etwas krallte sich in ihre Haare. Sie hatte gerade die Zeit zu Keuchen, als sie zur Seite gerissen wurde. Einen einzigen Wimpernschlag später raste einen Schemen an ihr vorbei und der Griff verschwand. Katja stolperte einen Schritt nach vorn und fuhr in derselben Bewegung herum. An der Wand lehnte ein Wesen, Regungslos. Sie hob den Lauf ein Stück, gerade soviel um zu erkennen, dass Romans Faust den Kopf des Wesens zertrümmert hatte. „Alles in Ordnung?“, hörte sie Alex fragen. Katja sah zur Seite und erkannte, dass Basti und Alex sie anstarrten. „Nach hinten sichern!“, schrie sie die Beiden an. Geschockt sahen beide sie an, drehten sich dann aber um. „Danke.“, sagte Katja und versuchte ruhig zu klingen. Der Vampir nickte nur. „Und auch an dich.“, lächelte sie die Neue an. Nach einem kurzen Nicken nahm Katja ihre Position wieder ein. Erneut schnitt der Lichtstrahl durch die Dunkelheit. Nero stand im Beschwörungsraum und grinste. Er wusste nicht, was der Teufel vorhatte. Aber es würde unvergesslich sein. „Wird er überhaupt kommen?“, fragte sie leise. „Ja, das wird er.“, bestätigte Nero. Wie zur Bestätigung erfüllte ein tiefes Brummen den Raum. Flammen loderten aus dem Boden und füllten die ganze Breite des Raumes aus. Doch das Feuer versprühte keinerlei Wärme. Mit einem Mal schossen die Flammen bis an die Decke und waren Sekunden später verschwunden. Doch sie hinterließen ein Steinernes Tor in denselben Ausmaßen. Sie sagte nichts, aber Nero spürte, wie sich ihre Hände in seinen Mantel krallten. Das Portal öffnete sich langsam, fast in Zeitlupe. Doch auch schon der Millimeter, den es offen stand, reichte um den Raum mit einer unnatürlichen Hitze zu fluchen. Dazu kam noch der Lärm, der den Raum flutete. Geräusche von brechendem Stein und Geysiren, gepaart mit einem lauten Brodeln. „Ist das Normal?“, fragte sie unsicher. „Keine Ahnung.“, lächelte er. „Sehr beruhigend.“, erwiderte sie und starrte weiterhin auf das Portal. Unsicher standen sie vor der dicken Tür. Neben ihr ragten ein grüner und ein roter Knopf aus der Wand. Also hatten sie das erste Gebiet geschafft. Mehr schlecht als Recht, wenn sie an ihre Begegnung dachte. „Wir sollten weiter.“, meinte Roman kühl und Alex sowie Basti stimmten zu. Vorsichtig sah sie zu der Neuen. Auch sie nickte. Seufzend gab Katja nach. „Aber zuerst müssen wir noch was klären.“, sagte sie und wandte sich an den Neuzugang. Der Geruch von Schwefel hing in der Luft und wurde intensiver, je weiter sich das Portal öffnete. Nun war es auch soweit geöffnet, dass man die Landschaft betrachten konnte. Und irgendwie erinnerte sie Nero an die unwirkliche Zeit, als der Planet entstand. Überall waren Vulkane und Stein. Es gab keinen Hinweis darauf, dass dort etwas Leben würde. Dann ertönte erneut das Zischen eines Geysirs. Doch statt Wassers spuckte die Erdöffnung ebenfalls flüssiges Gestein in die Luft. Plötzlich nahm Nero etwas war, nur ein paar Meter hinter dem Portal. Ein Schemen, der sich langsam erhob, scheinbar aus einem Spalt oder einer Schlucht. „Nero?“, fragte sie unsicher, als sie das Wesen sah. „Keine Sorge.“, erwiderte Nero sicher. Obwohl er sich bewusst war, dass er unbewaffnet war. Nur einen Sekundenbruchteil später schoss hinter dem Schatten eine Klaue empor, nur um das Wesen unter sich zu zerquetschen. „Nero?“, sagte sie erneut und ein Anflug von Panik schwang in ihrer Stimme mit. Und allmählich schob sich auch der Rest über die Kante. „Wie sieht es aus?“, erkundigte sich Katja. „Alles Ruhig.“, meinte Basti, aber die Neue konnte deutlich die Anspannung hören. Seit sie das neue Areal betreten hatten waren sie in zwei kleine Geplänkel geraten. Allerdings reichten ein paar Schuss, um die Situation zu klären. „Das gefällt mir ganz und gar nicht.“, meinte Katja halblaut, „Es ist so, als wollen sie uns prüfen.“ Langsam und vorsichtig gingen sie weiter. Und mit jedem Schritt schien die Dunkelheit dichter zu werden. Das Wesen hatte sich nun vollends über die Kante gehoben. Und Nero musste sich gestehen, dass es immer wieder ein imposanter Anblick war. Mit schweren, langsam Schritten bewegte sich der Teufel nun auf das Portal zu. Flüchtig sah Nero über die Schulter. Seine Freundin stand da und starrte das näher kommende Wesen mit offenem Mund an. Entweder war sie so geschockt oder überwältigt, dass sie nicht reagieren konnte. Oder ein wenig von beidem. Dann hatte das Wesen das Portal erreicht. Vorsichtig und langsam hob es seine Hand und bewegte sie langsam in Richtung des steinernen Tores. Ohne Widerstand glitt die Pranke hindurch. Jetzt bewegte sich der Teufel weiter und schritt gänzlich durch das Portal. „Kontakt!“, rief Basti plötzlich. Nur eine Sekunde später hallte das Donnern seines Gewehres durch den Gang, gepaart mit den kleinen Explosionen, die Alex Pistolen verursachten. Hastig fuhr sie herum. Und trotz des Mündungsfeuers konnte sie im Schein der Lampen mehrere schattenähnliche Wesen erkennen. Auch wenn sie im Kugelhagel fielen, rückten weitere nach. „Kontakt!“, rief nun auch Katja. Sofort hatte sie ihre Pistole gezogen und blickte nach vorn. Die Schatten kämpften sich durch die Lichtkegel der Taschenlampen auf sie zu. Dann begann Katja das Feuer zu eröffnen. Doch nach ein paar Schuss schwieg ihre Waffe. Die Neue sah sie an und konnte nur Verwirrung erkennen. „Waffe Klemmt!“, rief sie plötzlich und begann an ihrer Waffe zu hantieren. Hastig richtete sie ihre Aufmerksamkeit nach vorn und im Schein der Taschenlampe kamen die Wesen beständig näher. Sie hob ihre Pistole, zielte Sorgfältig und schoss. Der Rückstoß war zu unerwartet, als das sie sich ganz fangen konnte. Doch da war Roman schon und hielt sie fest. „Bericht!“, schrie Katja und versuchte das donnern der Waffen zu übertönen. „Ich komm schon klar!“, rief Bastian zwischen zwei Schüssen zurück. Wieder richtete sie die Lampe nach vorn. Im selben Augenblick sah Katja auf und erkannte die Wesen, wie sie schon die Hälfte der Strecke überwunden hatten. „Alles Runter!“, reif Katja plötzlich, „Alex! Sperrfeuer!“ Die Pistolen schwiegen. Und irritiert bemerkte sie, wie sich alle möglichst Klein an die Wände pressten. „Köpfe runter!“, rief Alex nun, „Sperrfeuer!“ Gehetzt sah sie zu dem Pistolenschützen und erkannte überrascht, dass er zwei andere Waffen in den Händen hatte. Und dann röhrten die vollautomatischen Waffen los. Es waren nur Sekunden, die die Waffen brauchten, um ihre Magazine zu leeren. Und den Gang fast komplett zu säubern. Noch einmal erfüllte das Donnern von Bastians Gewehr den Gang und auch Katja schoss wieder. Nur ein paar gezielte Kugeln. Dann waren sei wieder allein in der Dunkelheit. Stille machte sich breit, als sie in die Gänge späten. Und nach einer Bewegung, einem Lebenszeichen Ausschau hielten. „Geschafft.“, seufzte Katja nach einer gefühlten Ewigkeit. Langsam stand sie auf und die Neue folgte ihrem Beispiel. „Alles noch dran?“, fragte sie die anderen. Roman und Bastian nickte nur. „Es geht doch nichts über ein kleines Ingram-Feuerwerk, oder?“, fragte Alex grinsend und lud seine Waffen nach. „Nero.“, sagte die dunkle Stimme leise. Doch in seinen Ohren konnte er noch das übernatürliche Echo hören, was langsam aber stetig verstummte. Mit zwei Schritten hatte es die Distanz halbiert und war nun auf Armlänge heran. Der Teufel versuchte sich zu voller Größe aufzubäumen, doch der Raum war zu Klein dafür. Du bist Gewachsen, dachte Nero mit einem flüchtigen Grinsen. Nicht nur ich, erwiderte das Wesen und bleckte die Zähne. Es wirkte auf Nero wie ein Lächeln. Aber auf seine Freundin dürfte es eher wie die Ruhe vor dem Sturm wirken. Langsam ging das Wesen in die Knie und die offene Pranke kam, wie in Zeitlupe, auf sie zu. „Sie sieht so lecker aus.“, lechzte es, „Und ich bin so hungrig.“ Das waren die ersten Worte, die sie wahrnahm. „Du kannst sie haben, wenn alles vorbei ist.“, sagte ein anderer, „Sie ist der Köder, und dann erst das Sahnehäubchen.“ „Wird er überhaupt kommen?“, mischte sich ein anderer ein. Stille schlich sich in die Dunkelheit. Nichts zu sehen, war eine Sache. Aber dann auch keinen Ton zu hören eine andere. Sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug und sich ihre Sinne anspannten. „Ja, das wird er.“, hauchte er plötzlich neben ihr. Nero ging grinsend einen schritt auf den Teufel und dessen Pranke zu. Neugierig sah er in dessen Gesicht und glaubte in den flammenden Augen ein funkeln zu sehen. Ohne Vorwarnung schlug er mit der flachen Hand in die des Teufels. „Es tut gut, dich wiederzusehen, kleiner Mensch.“, sagte das Wesen mit sanfter Stimme. „Gleichfalls, mein Freund.“, erwiderte Nero freudig. Langsam hob der Teufel seinen Kopf und sah über Nero hinweg. Und sein Gesicht zeigte den Anflug eines Lächelns. „Und da haben wir ja auch deine Herzdame.“, sagte er langsam. Und dann bemerkte Nero, dass das Wesen an Größe verlor, bis es seine Größe erreicht hatte. „Damit sie sich nicht mehr so fürchtet.“, meinte er und schritt langsam an ihm vorbei, „Dann will ich mich einmal vorstellen.“ Ein paar Schritte vor ihr blieb der Teufel stehen und verbeugte sich. Noch in derselben Bewegung spreizte er die ledernen Flügel nach oben. „Ich bin ein Teufel.“, sagte er belustigt. Nero musste sich zusammenreißen, als er das geschockte Gesicht seiner Freundin sah. Langsam ging er an dem Teufel vorbei und legte seine Hand auf dessen Schulter. „Gib ihr ein wenig Zeit alles zu verarbeiten.“, sagte Nero freudig und stellte sich neben seine Freundin. Gemächlich erhob sich der Teufel. „Dann soll sie ihre Zeit bekommen.“, lächelte der Teufel und mit einer einfachen Bewegung erhoben sich zwei steinerne Bänke aus dem Boden. Stumm starrte Katja auf die Zwei Knöpfe, die sich neben dem schweren Schott befanden. Noch hatten sie die Möglichkeit einfach aufzugeben. Einfach auf den Knopf drücken und nach Hause gehen. Doch die anderen würden es ihr sicherlich Übel nehmen. Sie sah einen nach dem anderen an. In ihren Gesichtern konnte sie Entschlossenheit erkennen. Schwer seufzte sie. „Prüft eure Ausrüstung.“, sagte sie leise, „Wir gehen weiter.“ Deutlich vernahm sie mehrfaches Klacken, als die anderen ihre Waffen prüften oder nachluden. „Willst du überhaupt weiter?“, fragte Roman nebensächlich. Katja sah ihn überrascht an, setzte aber eine Sekunde später ein Lächeln auf. „Nein.“, sagte sie und betätigte den grünen Knopf. „Und du warst die ganze Zeit bei ihm?“, fragte sie neugierig. „So ziemlich die ganze, ja.“, erwiderte der Teufel und nippte an seinem Weinglas, „Natürlich habe ich ihm entsprechen Privatsphäre gelassen.“ Ein schwaches Grinsen umspielte den Mund des Höllenwesens. Nero hingegen schüttelte nur den Kopf. Nachdem sie sich gefangen hatte, bombardierte sie ihn regelrecht mit Fragen. Aber er war die Ruhe und Geduld in Person. Die Fragen wurden sachgemäß beantwortet und egal wie oft er etwas erklären musste, verlor er nie den Faden. „Aber warum er?“, fragte sie schließlich. Irritiert sah er sie an. Aber dem Teufel ging es auch nicht anders. „Ich meine, dass kann doch kein Zufall gewesen sein, oder?“, hakte sie nach. Dann begann der Teufel zu lachen, voll und Wohltuend. „Du wirst jetzt sicherlich Lachen.“, sagte er schließlich, „Aber es gibt keinen Masterplan. Das ganze Leben ist eine Aneinanderreihung von mehr oder weniger glücklichen Zufällen.“ „Auch unser Tod?“, erkundigte sie sich weiter. „Jeder Mensch hat eine Gewisse spanne Zeit zum Leben. Ist diese Aufgebraucht, entscheidet der Sensenmann, wie er sich diesen Menschen holt.“, erklärte der Teufel ruhig. „Aber wie war das bei ihm.“, fragte sie und lächelte Nero entschuldigend an. „Wir haben den Tod ein Schnippchen geschlagen. Er war Tod und ich habe ihn wiederbelebt.“, erklärte er gelassen, „Somit läuft seine Uhr ganz normal weiter.“ „Verdammt!“, fluchte Katja. Deprimiert betrachtete sie den abgebrochenen Dietrich. Den dritten inzwischen. Sie hatte all ihr Wissen aufgebracht, doch das Schloss wollte nicht nachgeben. Sogar der elektrische Dietrich hatte es nicht geschafft und hatte sich mit einem kurzen knacken verabschiedet. „Und was machen wir jetzt?“, fragte sie verwirrt. „Darf ich?“, fragte die Neue plötzlich. Katja trat einen Schritt zur Seite und nickte. Die Neue trat näher an die Tür heran und betrachtete sie eingehend. „Was glaubst du zu finden?“, fragte Roman neugierig. „Einen Anfang.“, erwiderte sie in Gedanken und suchte scheinbar jeden Zentimeter ab. „Den Anfang von was?“, fragte Alex verwirrt. „Dem Bann.“, erwiderte sie ruhig. Langsam legte sie den Finger auf die Tür und fuhr in wirren Linien darüber. Verwirrt folgte Katja ihrem Finger. Bis das Schloss der Tür sich plötzlich öffnete und die Tür ein Stück aufschwang. „Wie hast du das gemacht?“, erkundigte sich Bastian neugierig. „Seitdem ich mich erinnern kann, sehe ich Bänne und löse sie.“, meinte sie schüchtern. „Es wird Zeit.“, sagte der Teufel und stand langsam auf. „Schon?“, erkundigte sich Nero. „Leider ja.“, erwiderte der Teufel, „Aber wir werden in Kontakt bleiben.“ „Das hoffe ich doch.“, grinste Nero offen. „Und die Dame?“, erkundigte sich der Teufel. „Warum nicht.“, lächelte sie offen. „Dann wünsche ich euch einen angenehmen Abend.“, sagte der Teufel und verbeugte sich kurz. „Eins noch.“, warf Nero hektisch ein. Mit einer Mischung aus Neugierde und Verwirrung sah der Teufel ihn an. „Danke, dass du die ganzen Jahre bei mir warst und mich unterstützt hast.“, begann Nero langsam, „Und danke, dass du mir in dem Rohbau geholfen hast.“ Einen Moment schien der Teufel zu überlegen. „Bei dem Fleischgolem.“, stellte er fest, „Das war mir eine Freude.“ „Und danke, dass du sie gerettet hast.“, sagte Nero noch und sah zu seiner Freundin. Diese sah verwirrt von einem zum anderen. Doch in der Nächsten Sekunde wusste sie warum. „Der Feuerkreis und der Arm.“, meinte sie und sah den Teufel an, „Das warst du?“ Seine Antwort war ein schlichtes Nicken. „Danke, dass du mich gerettet hast.“, lächelte sie ihn an, „Und dass du auf ihn aufgepasst hast.“ Scheinbar verlegen kratzt das Höllenwesen sich am Kopf. „Dafür sind Freunde doch da, oder?“ „War doch gar nicht so schwer.“, meinte Alex und hob die Flasche alkoholfreies Bier. „Ich hab mir den Parcours auch schlimmer vorgestellt.“, meinte Basti und Prostete den anderen zu. „Es hätte weitaus schlimmer kommen können.“, stimmte Roman zu und suckelte an seinem Blutbeutel. „Für euch scheint das ja ganz normal zu sein.“, erwiderte die Neue. „Man gewöhnt sich schnell dran.“, sagte Alex und bot ihr ebenfalls eine Flasche an. Doch sie lehnte ab und hob ihre Flasche mit Limonade. Katja hingegen war gar nicht nach Feiern zumute. Es war so ziemlich alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte. Sie hatte das erste Monster einfach übersehen, ihre Waffe hatte mehrere Fehlfunktionen und sie war auch bei dem letzten Hindernis keine Hilfe. „Was denn los?“, erkundigte sich Alex freudig. Doch Katja schüttelte nur den Kopf. „Es tut mir leid.“, sagte sie plötzlich. Verwirrt sahen die anderen sie an. „Ich war euch keine große Hilfe.“, meinte sie niedergeschlagen, „Ich habe so viele Anfängerfehler gemacht. Das hätte nicht passieren dürfen.“ Plötzlich spürte sie den sanften Druck einer Hand auf ihrer Schulter. Sie sah auf und sah in Romans kaltes Gesicht. Dieser ging langsam um sie herum, zu der Couch auf der die anderen es sich bequem gemacht hatten. „Ohne dich, wären wir nicht hier.“, sagte er schließlich, als er hinter der Sitzgelegenheit stand. „Und ohne mich wäre das Heute sicherlich besser gelaufen.“, erwiderte sie. „Du hast Alex und mir gezeigt, dass wir nicht alleine sind.“, sagte Bastian und deutet mit der Flasche in die Richtung des anderen. „Ohne dich wären wir alleine losgezogen und gestorben.“, bekräftigte Alex. „Was sollte ich denn auch sonst tun?“, fragte sie verwirrt, „Euch in euren Tod rennen lassen?“ „Du hast mir dein Blut gegeben.“, sagte Roman sanft, „Einem völlig Fremden, der dich hätte töten können.“ „Stimmt schon.“, erwiderte Katja geknickt. Sie hasste es, von ihm immer wieder darauf aufmerksam gemacht zu werden. „Ohne dich, wäre keiner von uns hier.“, sagte der Vampir erneut, „Auch sie nicht.“ Mit diesen Worten legte er beide Hände sanft auf die schultern der Neuen. „Es war deine Idee, dass wir Nero folgen.“, meinte Alex aufmunternd. „Deine Vorschläge, wie wir uns verhalten.“, bestätigte Bastian. „Und auch dein Plan, als wir sie beschützen sollten.“, erinnerte sie Roman. „Ihr habt Recht.“, sagte sie leise. „Und Fehler machen wir alle.“, meinte die Neue lächelnd, „Dafür haben wir doch Freunde.“ Auf Katjas Lippen stahl sich ein Lächeln. „Ist ja gut, ich hab es verstanden.“, meinte sie gespielt beleidigt, „Und wo verdammt bleibt mein Alkoholfreies?“ Lachend warf ihr Alex eine Flasche zu. Gekonnt öffnete sie es mit ihrem Feuerzeug und Prostete in die Runde. Bis ihr auffiel, was sie schon die ganze Zeit beschäftigte. Langsam lehnte sie sich vor und betrachtete den Neuzugang ihrer Gruppe. „Eine Frage hab ich noch.“, sagte sie langsam, „Wie heißt du überhaupt?“ Verwirrt sahen die anderen Katja an. Keiner hatte sie bis jetzt nach ihrem Namen gefragt. Dass war bis jetzt auch nicht notwendig. „Yasmin.“, sagte sie verwirrt, „Oder Yassie.“ Die frische und kalte Nachtluft schlug Nero ins Gesicht, als er das Gemeindehaus verließ. Er fühlte sich nicht mehr allein. Nun hatte er seine Freundin, die ihn verstand und auch einen alten Freund wieder an seiner Seite. Er fühlte sich nicht mehr wie Atlas, der alleine das Gewicht der Welt tragen musste, sondern wie jemand, der Bäume herausreißen konnte. „Er ist ganz nett.“, hörte er seine Freundin neben sich. Lächelnd sah er sie an. Ihm war es wichtig, dass sie diesen Teil seines Lebens auch kannte. Aber noch wichtiger war, dass sie ihn akzeptierte. „Im ersten Augenblick denkt man, er ist ein blutrünstiges Monster.“, meinte Nero fröhlich. „Stimmt.“, lächelte sie, „Aber er hat wirklich gute Manieren.“ Sie kam auf ihn zu, blieb aber einen Schritt vor ihm stehen. Ihr Blick schien in die Ferne zu schweifen. „Was ist das?“, fragte sie neugierig und zeigte hinter ihn. Ohne Hektik drehte sich der Jäger um und lies seinen Blick durch die Dunkelheit schweifen. Dann sah er das Wesen, was mit hängendem Kopf langsam näher kam. „Wolfi?“, fragte er verwirrt. Kapitel 13: Ohne dich --------------------- Langsam lehnte sich Katja zurück und betrachtete ihre Gruppe. Ihre Freunde. "Ohne dich wären wir nicht hier.", hallten Romans Worte in ihrem Kopf nach. Gemächlich schloss sie ihre Augen und spürte langsam, wie die Anstrengung des Parcours-Laufes sie einholte. Ihre Gedanken glitten in die Vergangenheit. Zurück zu dem Punkt, der alles entschieden hatte. „Warum warst du denn heute nicht da?“, fragte sie und setzte sich in den gemütlichen Sessel. Ihr Klassenkamerad saß ihr Gegenüber. Er war schon immer schmächtig, fast unterernährt, zurückhaltend und ruhig. „Weil ich euch nicht in Gefahr bringen wollte.“, sagte er, obwohl es fast ein Flüstern war. „Was meinst du?“, hakte sie neugierig nach, „Hast du es dir mit jemandem verscherzt?“ Leise lachte ihr Gegenüber. „So ähnlich.“, sagte er schließlich, „Du würdest es aber nicht verstehen.“ „Was würde ich nicht verstehen?“, fragte sie nach. „Das ich anders bin.“, erwiderte er. Verwirrt betrachtete sie den Jungen. Er lehnte sich in den Sessel zurück und schien fast darin zu versinken. „Warum anders?“, erkundigte sie sich neugierig. „Du willst unbedingt den Schock deines Lebens bekommen, oder?“ Doch sie schwieg und nickte entschlossen. Plötzlich begann er zu Lachen. Am Anfang klang es Kehlig, beinahe Rau, doch es wurde mit jedem Ton dünner. Aber nicht nur seine Stimme veränderte sich. Seine Ganze Haut wurde dunkler, bis sie gänzlich Schwarz war. Seine Augen verloren jede Kontur und Tiefe, bis sie gänzlich weiß waren, ohne die Spur einer Pupille oder Iris. „So anders.“, hauchte er schließlich. Katja sah ihn an und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hätte mit einem Outting gerechnet, mit der Tatsache, dass er sich an ein vergebenes Mädchen herangemacht hatte. Aber keinesfalls damit, dass er so anders war. „Was bist du?“, hauchte sie verwirrt. „Kein Mensch.“, erwiderte das Wesen sanft, „Friedlich, sehr zum Leidwesen anderer.“ „Und diese anderen sind jetzt hinter dir her?“ „Ja.“, seufzte er und seine Weißen Augen starrten sie an, „Und sie haben keine Skrupel.“ Schwer schluckte das Mädchen. Von einem Augenblick auf den anderen war die Sicherheit ihrer Welt nicht mehr als ein Märchen. „Und deswegen war ich nicht da.“, begann das Wesen, „Ich will nicht, dass jemand wegen mir verletzt wird.“ „Aber wie kannst du so sicher sein, dass sie hinter dir her sind?“, erkundigte sich Katja vorsichtig. „Weil du ihre Spuren nicht sehen kannst, so wie ich.“, erklärte er, „Sie wollen mich im Ungewissen lassen, wollen sich an meinem Leiden laben.“ Die Ruhe mit der er das gesagt hatte, lies sie Schaudern. „Ich will, dass du gehst.“, sagte es schließlich, „Geh, und komm nicht zurück.“ Gerade wollte sie widersprechen, als das Wesen die Hand hob. „Wenn du nicht gehst, wirst du sterben. Und das könnte ich mir nicht verzeihen. Also gestatte einem Todgeweihten seinen Letzten Wunsch.“ Sie fühlte sich wie eine Marionette, als sie Aufstand. Ihr ganzer Körper schien ihr nicht mehr zu gehorchen. Sie wollte sich zwingen stehen zu bleiben, ihn anzusehen, aber nichts klappte. Sie hatte die Tür erreicht und die Hand auf die Klinke gelegt, als sie zwei kalte Hände auf ihren Schultern spürte. „Trauer nicht um mich und bewahre die Erinnerung.“, hörte sie die dünne Stimme. Sie spürte, wie eine Träne ihre Wange herunter lief, als sie die Tür öffnete und einen Schritt heraus trat. Leise fast unmerklich schloss sich die Tür hinter ihr. Und als das Schloss einrastete, fielen auch die Fäden von ihr ab. Langsam drehte sie sich um und sah auf die steril wirkende Tür, bevor sie mit wackligen Schritten den Flur entlang ging. Tag für Tag nahm sie sich vor, ihn zu besuchen, Ihren Abschied nicht so stehen zu lassen und ihm beizustehen. Doch jedes Mal, wenn sie die vor dem Haus stand, schien jemand anders ihre Bewegungen zu lenken. Wie gerne wollte sie die Hand heben, und die Tür öffnen. Doch immer wieder drehte sie sich um und ging zurück. Aber sie wollte einfach nicht aufgeben. Es dauerte fast eine Woche, bis sie es endlich schaffte, die Tür zu berühren. Kaum das sie die Klinke umfasst hatte, überkam sie eine Mischung aus Freude und Trauer. Hektisch öffnete sie die Tür und stürmte die Treppen hinauf. Aber als sie seine Wohnungstür erreicht hatte, stockte ihr der Atem. Sie stand einen Spalt offen. Normalerweise schloss er jede Tür hinter sich. Vorsichtig öffnete sie die Tür und blickte auf ein Schlachtfeld. Möbel waren umgeworfen oder zertrümmert worden. Spuren, wie von Krallen, zogen sich über die Wand. Und über allem lag ein beißender Geruch. Vorsichtig tastete sie sich vor. Alle Sinne waren zum Zerreißen gespannt und ihr ganzer Körper Schrie nach Flucht. Hektisch sah sie in jede Ecke und öfter als gewollt über ihre Schulter. Plötzlich hörte sie ein Keuchen. Noch im selben Augenblick sprang sie zur Seite. Aber anders als geplant blieb sie mit dem Fuß hängen und schlug der Länge nach auf. Panisch sah sie zurück, nur um erleichtert festzustellen, dass sie am Rest des Schreibtisches Hängen geblieben war. Auf einmal war da wieder das Keuchen. Und ihr stockte der Atem. „Oh mein Gott.“, flüsterte sie, als sie sich wieder aufrappelte und langsam vorwärts kroch. „Du solltest doch nicht herkommen.“, hörte sie ihn plötzlich flüstern. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als sie ihn sah. Über seinen ganzen Körper zogen sich tiefe Spuren. Vorsichtig berührte sie das schwarze Gesicht. „Keine Angst?“, fragte er und sah sie langsam an. „Doch.“, flüsterte sie, „Aber um dich.“ Rau begann er zu Lachen, aber es waren nur Sekunden. „Dummes Mädchen. Aber du hast Glück.“, begann er, „Sie sind eben weg.“ Zitternd hob er den Arm und deutete auf ein zerbrochenes Fenster. „Du darfst dich nicht bewegen.“, mahnte sie ihn sanft und nahm seinen Arm. Er war Eiskalt. „Dafür ist es zu spät.“, flüsterte er, „Aber ich werde dich immer bei dir sein.“ „Kann ich gar nichts tun?“, fragte Katja mit erstickter Stimme. „Mich in guten Erinnerungen behalten.“, flüsterte das Wesen und entspannte sich. Sie spürte, wusste, dass er keines ihrer Worte mehr hören würde, dass er niemals mehr antworten würde. Und langsam schlich sich eine ungekannte, kalte Leere in ihr Herz. Langsam sah sie das Wesen an. Und vor ihren Augen nahm er wieder seine menschliche Gestalt an. Aber die Wunden blieben. Dann sah sie seine Hand, die noch immer etwas umklammerte. Vorsichtig nahm sie es an sich. „Ich werde dich nicht vergessen.“, flüsterte sie erstickt und verließ die Wohnung. Auch wenn sie wollte, konnte sie nicht mehr denken. Es war, als würde erneut etwas Fremdes sie lenken. Und wieder fielen die Stricke erst von ihr ab, als sie die Haustür hinter sich gelassen hat. Und die Trauer brach aus ihr heraus. Es dauerte Wochen, bis ihr Leben wieder einigermaßen normal verlief. Auch wenn ihre Eltern ihr alle Hilfe anboten, so konnten sie doch nichts tun. Egal wie oft sie mit Beratern und Betreuern sprach, keiner wollte ihr glauben. Glauben, dass ihr Freund kein Mensch war und dass er nicht von Menschen getötet wurde. Wieder und wieder musste sie zu diesen Gesprächen. Also entschloss sie sich mitzuspielen. Nach und nach wurden es immer weniger Termine, bis diese nervenaufreibenden Gespräche vorbei waren. Offiziell galt sie als geheilt. Aber der Schmerz und der Verlust würden immer bleiben. Und das Wissen um das, was sie gesehen hatte. Ein Stilles, düsteres Geheimnis. Bis zu jenem Abend. Es war schon dunkel, als Katja auf dem Heimweg. Sie hatte sich mit Freunden getroffen und die Zeit vergessen. Auch wenn sie den Weg kannte und die Straßen hell erleuchtet waren, so spürte sie doch, dass heute etwas anders war. Mit jedem Meter wurde das mulmige Gefühl bedrängender und sie sah sich öfter als gewollt um. Aber die Straße war leer, bis auf einen Mann, der auf sie zu torkelte. Nichts ungewöhnliches, da es Wochenende war und der nächste Feiertag vor der Tür stand. Doch als sie nur noch ein paar Schritte voneinander entfernt waren, blieb er plötzlich stehen und sah sie an. Sofort fiel ihr auf, dass seine Augen leer wirkten. „Du riechst gut.“, zischte er plötzlich. Nur einen Wimpernschlag später war er in Bewegung, wenn es auch nur Zentimeter waren. Plötzlich dröhnten Schüsse durch die Straße. Vor Schreck taumelte sie einen Schritt zurück, der allerdings unsanft auf dem Hosenboden endete. Aber auch die Waffe schwieg. Und plötzlich trat jemand mit einer Maschinenpistole im Anschlag in ihr Sichtfeld. Aber er beachtete das Mädchen gar nicht, sondern trat langsam zu dem Toten am Boden. „Endlich hab ich dich.“, meinte er zufrieden, bevor er die Waffe senkte und sich Katja zu wand. „Keine Sorge, ich tu dir nichts.“, sagte er sofort und hob die Hände. Doch sie konnte ihn nur verständnislos ansehen. Er hatte auf offener Straße einen Menschen in ein Sieb verwandelt. „Du hast ihn getötet.“, flüsterte sie unschlüssig. „Und dir vor diesem Monster das Leben gerettet.“, entgegnete er Lächelnd und bot seine Hand an. „Monster?“, fragte sie verwirrt. „Ein Hautwanderer.“, entgegnete der Mann nickend, „Normalerweise sind sie harmlos. Ihnen reichen Haare oder Hautreste, um die Gestalt anderer anzunehmen, aber der hier war einfach nur ein Monster.“ „Warum?“, fragte sie ungläubig. „Er hat seinen Opfern die Haut abgezogen, den Rest gefressen und trug den Rest.“ So kalt wie er es gesagt hatte, schlug es ihr auf den Magen. Sie hatte mit vielem Gerechnet, aber nicht damit. Doch plötzlich bewegte sich etwas hinter dem Mann. Schon im Nächsten Moment ging er zu Boden, und das Monster stand hinter ihm. „Das tat weh. Aber um dich kümmere ich mich später.“, sagte er mit schriller Stimme, „Zuerst wird gegessen.“ Mit einem Satz stürzte sich das Wesen auf Katja und drückte sie zu Boden. Blitzschnell hatten Seine Hände ihre Kehle umklammert und drückten sanft zu. Schlagartig wurde ihr Bewusst, dass diese Wesen sich mit ihr Zeit lassen würde. „Du wirst mir gut stehen.“, drangen die geflüsterten Worte an ihr Ohr. Allmählich spürte sie, wie die Kraft aus ihr wich, wie ihre Lungen nach Luft schrien und ihr ganzer Körper immer schwerer wurde. „Gibst du so einfach auf?“, hörte sie plötzlich eine Bekannte Stimme in ihrem Kopf, „Hab ich dir so wenig beigebracht?“ Und mit einmal war ihre ganze Kraft wieder da. „Willst du nicht einfach aufgeben?“, fragte das Wesen über ihr neugierig. Doch ohne ein Wort ballte sie die Faust und schlug zu. Der Angriff brachte das Wesen aus dem Konzept und so lockerte es seinen Griff. Katja nutzte ihre Chance, zog das Wesen näher zu sich und rollte herum, so das es unter ihr lag. „Ja, du wirst mir schmecken.“, hauchte es. „Dann lass dir das schmecken!“, sagte sie Hart und griff nach ihrem Erinnerungsstück. Sie riss es hoch, umfasste es mit beiden Händen und rammte es dem Monster mitten in die Brust. Ein Ruck ging durch das Wesen hindurch, bevor es sich verkrampfte und schlussendlich ruhig liegen blieb. Erschöpft und geschafft stand sie auf. Ihre Beine Zitterten, als sie einen Schritt zurück tat, weg von dem leblosen Körper des Wesens. „Erinnern mich bitte dran, dich niemals sauer zu machen.“, sagte der Mann sanft neben ihr. Langsam sah sie ihn an. Eine dünne Spur Blut war an seiner Seite und auch an seinem Mundwinkel zu sehen. „Hab schon schlimmeres durch.“, lächelte er und trat auf das Wesen zu. „Ist es tot?“, fragte sie ängstlich. Langsam kniete sich der Mann neben den reglosen Körper. „Jetzt ja.“, sagte er nach einer gefühlten Ewigkeit. Mit einem Ruck befreite er ihr Erinnerungsstück aus dem Leib und stand auf. „Nett.“, sagte er, und betrachtete das Objekt, „Wo hast du das her?“ Vorsichtig reichte er ihr es. „Es ist von einem Freund.“, sagte sie leise. Schweigend sah er sie an und nickte leicht. „Verstehe.“, meinte er schließlich, „Wenn du mal was brauchst, sag Bescheid.“ Mit einem breiten Lächeln gab er ihr eine kleine Karte. Neugierig sah sie sich in dem Laden um. Ein Antiquitätenhändler, wie der Mann ihr gesagt hat. Jemand, der ihr vielleicht helfen könnte. „Guten Abend, meine Dame.“, tönte die volle, wohlige Stimme zu ihr. Festen Schrittes ging sie auf ihn zu, und erinnerte sich an die Worte, des Jägers. „Ein Sturm zieht auf.“, sagte sie entschlossen. Das freundliche Gesicht des Mannes verschwand fast Augenblicklich. „Um was geht es?“, fragte er ernst. „Er schickt mich.“, sagte sie ruhig und holte ihr Erinnerungsstück hervor, „Sie sollen sich das einmal ansehen.“ Wortlos nahm er es an sich. „Es kann ein wenig dauern, du kannst es dir bequem machen.“, sagte er und ging langsam ins Hinterzimmer ohne den Blick von dem Objekt zu nehmen. Sie sah ihm nach, bis die Tür hinter ihm zufiel. Erst dann nahm sie ihre Erkundungstour wieder auf. Aber die Preisschilder auf den einzelnen Stücken beendete ihre Tour schnell. Alles was sie her sah war unbezahlbar. Jedenfalls für sie. Mit einem schweren Seufzen lies sie sich auf die Couch nieder. Aber in ihr wollte sich keine Ruhe einstellen. Das Ticken der großen Wanduhr machte es bei weitem nicht besser. So entschied sie sich, noch ein wenig im Laden herum zu stöbern. Aber ihre Aufmerksamkeit wurde von etwas außerhalb des Ladens geweckt. Aufmerksam sah sie in die Gasse, gegenüber dem Laden. Schemenhaft glaubte sie Schatten zu sehen, die sich in der Dunkelheit bewegten. Und instinktiv wanderte ihre Hand zu der Pistole, die sie mitgenommen hatte. Dann schienen die Gestalten sich aus der Gasse heraus zu bewegen. Bis sie endlich ins Licht der nahen Straße kamen. Zwei Personen Kämpften dort. Eine komplett in schwarz gehüllt und einem großen Schwert. Die andere sah Normal aus, bis auf die Hellebarde die sie trug. Aber beide hatten eines Gemein: Eine übermenschliche Eleganz und Beweglichkeit. Unbewusste war Katja zur Ladentür gegangen und war herausgetreten. Erst hier hörte sie die Waffen, wie sie bei jedem Angriff aufeinander trafen. Plötzlich riss die schwarze Gestalt sein Schwert nach oben, und brach durch die Verteidigung des anderen. Noch in derselben Bewegung glitt die Waffe nach unten. Der Angriff teilte die Hellebarde in zwei und verletzte auch den anderen. Es war der Instinkt, der Katja dazu bewegte ihre Waffe zu ziehen und auf die schwarze Gestalt zu zielen. Aber es blieb nicht unbemerkt. Mit einem Ruck sah das Wesen sie an und blutrote Augen starrten sie an. Ein Ruck ging durch ihren Körper, als sie den Abzug betätigte. Und ungläubig betrachtete sie das Wesen, was ungerührt auf sie zu kam. Sie hatte getroffen, dass wusste sie. Ihr Vater hatte oft genug mit zum Training genommen und ihr beigebracht, wie man eine Waffe bediente, zielte und schoss. Doch weit kam der Schwarze nicht. Binnen eines Wimpernschlages hatte sich der andere erhoben. Der Stiel der Hellebarde krachte plötzlich in die Seite des schwarzen Wesens. Es taumelte und ging in die Knie. Doch schon im nächsten Augenblick sauste die Klinge der Hellebarde herab und biss tief in die Schulter. Das Schwert fiel dem Schwarzen aus der Hand, bevor der andere mit einem Ruck seine Waffe befreite. Leblos sackte der Schwarze zusammen, bevor es sich langsam aufzulösen schien. Dann ertönte erneut ein klirren. Katjas Augen richteten sich auf den Anderen. Seine Waffen lagen am Boden, während er sich an die Wand lehnte. Erst jetzt realisierte sie die Schnittwunde, die sich quer über den Oberkörper zog. Nach einem schnellen Blick nach rechts und links rannte sie über die Straße, auf den Fremden zu. „Und ich soll dich wirklich nicht ins Krankenhaus bringen?“, fragte sie erneut, während sie ihn stützte. „Nein.“, keuchte er, „Es wird schon werden.“ Unsicher sah sie über ihre Schulter und in das bleiche Gesicht des Mannes. Was ihr am meisten Auffiel, waren seine Augen. Ein dunkles rot umspielte seine Iris. „Interessant?“, fragte er matt. Ärgerlich richtete sie ihren Blick wieder auf die Straße. „Wo müssen wir hin?“ „Wir sind gleich da.“, antwortete er schwächer werdend. Vorsichtig sah sie ihn noch einmal an. Aber anstatt in das Gesicht eines Halb Toten zu sehen, sah sie wache Augen und ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen. „Mach das nicht noch mal.“, meinte Katja verärgert. „Ich hätte es schon geschafft.“, sagte er wieder. Sie hatte sich wirklich aufgedrängt. Anfangs wollte sie einen Krankenwagen rufen, oder den Notarzt. Aber er hatte darauf bestanden, dass es halb so schlimm war, dass er einfach nur nach Hause wollte. Auch wenn Katja nicht wusste warum, sie wollte ihm helfen. „Wir sind da.“, sagte er schließlich. Langsam führte Katja ihn die Treppen hinauf. „Welche Etage?“, erkundigte sie sich. „Keller.“, erwiderte er ruhig. Vorsichtig bugsierte sie ihn die Treppen hinunter. Mit sicheren, ruhigen Händen holt er seinen Schlüssel hervor und öffnete die Tür. „Lass mich zur Couch.“, sagte er und löste sich vorsichtig aus dem Griff. Seine Schritte waren sicher, obwohl eine schmale Blutspur seinem Weg folgte. „Kann ich dir noch helfen?“, erkundigte sich Katja nervös. Auch wenn die Wunde nicht schlimm aussah, so konnte das Wesen doch Gift oder etwas anderes benutzt haben, oder sie entzündete sich. „Schau mal im Kühlschrank.“, meinte er mit einem Grinsen und deutete ins Nebenzimmer. Fragend sah sie ihn an, doch das Grinsen blieb. Unsicher machte sie sich auf den Weg ins Nebenzimmer. Erstaunt stellte sie fest, dass das Zimmer fast leer war. Ein Kühlschrank, sowie eine Mikrowelle und zwei flache Schränke waren dort. Fragend ging sie auf das Monstrum von Gefrierschrank zu. „Was willst du denn haben?“, rief sie zurück. „Ist nicht viel Auswahl.“, rief er zurück. Die ganze Zeit über hatte sie das Gefühl, dass er nicht normal war. Und die ganze Zeit über wurde das Gefühl stärker. Dennoch spürte sie keine Angst oder Sorge, ins einer Nähe, sondern eher Sicherheit. Mit einem sanften Ruck öffnete sie den Kühlschrank. Und starrte in gähnende Leere. „Willst du dich über mich lustig machen?“, fragte sie und schlug den Kühlschrank zu. „Warum?“, fragte er verwirrt. „Weil nichts drin ist.“, entgegnete sie ebenso verwirrt. Sekunde herrschte Stille. „Verschwinde!“, schrie er plötzlich. Doch da war es schon zu spät. Es kam Katja wie ein Hammerschlag vor, der sie im Rücken traf und in die Stube schleuderte. Unsanft schlug sie der Länge nach hin, der Kopf nur Zentimeter von dem Tischbein entfernt. „Sie mal einer an.“, hörte sie plötzlich eine Frauenstimme, „Hat er doch mal Beute gemacht.“ „Lasst sie in Ruhe.“, hörte sie den Wohnungseigentümer ruhig sagen. „Roman, mein Kleiner.“, säuselte eine andere Frauenstimme, „Du weist was sie will. Nimm ihr Geschenk doch an.“ Langsam drehte sich Katja um, und versuchte sich von der neuen Lage ein Bild zu machen. Zwei Frauen, beide schwarzhaarig und von derselben Blässe wie Roman standen im Zimmer. Aus der Küche kommend konnte sie einen Schrank von Mann kommen sehen. Entweder hatte er lange dafür trainiert, oder seine Ernährung auf Steroide umgestellt. „Ich werde es nicht tun, eher blute ich aus.“, erwiderte Roman entschlossen. „So mutig bist du nicht.“, entgegnete die Erste. „Sicher?“ Im nächsten Moment hatte er sein Handgelenk zum Mund geführt und das deutliche Reißen von Fleisch war zu hören. „Idiot!“, schrie die Zweite fast panisch und machte einen Satz auf ihn zu, „Los, schließ die Wunde!“ „Ich denke nicht dran.“, grinste er und sein Arm kam auf der Couchlehne zum liegen. Katja schluckte schwer. Sie hatte schon schlimmes gesehen, meist aus dem Fernsehen, aber das hier toppte alles. Er hatte sich mit den Zähnen das Handgelenk aufgerissen. „Lass ihn, wenn er sterben will.“, sagte der Mann gelangweilt, „Sie wird sich schon einen anderen aussuchen.“ Wütend starrten die beiden Frauen den Mann an, bevor sich die erste wieder Roman zu wand. „Du bist ein Narr!“, fuhr sie ihn an, „Du hättest alles haben können, was du wolltest.“ „Bis auf meine Freiheit.“, erwiderte er und versuchte zu Lächeln. Dann drehte sie sich zu Katja. „Viel Spaß mit diesem Blutleeren Sack.“ Und im nächsten Moment waren sie verschwunden, als wären sie nie dagewesen. Es dauerte nur Sekunden, bis Katja auf den Beinen und bei Roman war. Hektisch riss sie die Decke vom Tisch und drückte sie auf das Handgelenk. „Nimm den Fetzen da weg.“, sagte er bestimmend. Verwirrt sah sie ihn an. Sein Blick war fest und entschlossen. Vorsichtig entfernte sie das Tuch. Mit fahrigen Bewegungen führte er sein Handgelenk zum Mund. Sachte und sanft glitt die Zunge über die aufgerissene Stelle. Ungläubig betrachtete sie, wie die für einen Menschen tödliche Wunde sich schloss. „Was sollte das denn?“, fragte sie verwirrt. „Das mit dem Handgelenk?“, fragte er matt. „Das und die beiden Dominas.“ Verdutzt sah Roman sie an, bevor er leise Lachte. „Sie sind die Laufburschen, die mich jetzt nicht mehr behelligen werden.“, erwiderte er und lies den Kopf in den Nacken fallen, „Auch wenn die Wunde geheilt ist, ist es zu spät.“ „Was brauchst du?“, fragte sie entschlossen. „Blut.“, erwiderte er und lächelte sie an, offen und ehrlich, „Und nein, ich werde dich nicht beißen.“ Kurz arbeitete es in ihrem Kopf, bevor sie aufsprang und in die Küche hetzte. Es dauerte nur wenige Sekunden, um den Großteil der Schränke in dem Raum zu verteilen. Doch letztendlich fand sie, was sie gesucht hatte. „Warum willst du mich nicht beißen?“, fragte sie, als sie langsam zurückkam. „Habe ich mir selbst geschworen.“, entgegnete er mit geschlossenen Augen, „Niemals jemanden zu beißen.“ „Und wenn sie es dir Freiwillig geben?“, hakte sie nach. „Dann ja, aber warum fragst du?“ „Dann mach den Mund auf.“ „Ich dachte nicht, dass es so weh tut.“, sagte sie leise und rieb sich über ihr Handgelenk. Nur eine kleine, blasse Narbe war von dem Schnitt übrig. „Das hättest du nicht tun müssen.“, meinte Roman müde. Mit einem Grinsen betrachtete sie ihn, wie er ausgestreckt auf der Couch lag, mit einem Eisbeutel auf der Stirn. „Hat es gereicht?“, fragte sie neugierig. „Wenn ich nein sage, schneidest du dir dann auch die andere Pulsader auf?“, erwiderte vorsichtig. „Nein.“, erwiderte Katja lachend. Langsam lies sie den Kopf in den Nacken gleiten. Übel war ihr nicht mehr und auch der Schwindel hatte nachgelassen. Aber sie würde so etwas nie wieder machen. Jedenfalls vorerst. „Warum hast du das gemacht?“, fragte er plötzlich. „Eine Hand wäscht die andere.“, erwiderte sie ruhig, „Vor dem schwarzen Typen hast du mich gerettet, und ich jetzt dich.“ Mit einem Brummen nahm er es zur Kenntnis. „Warum hast du gegen das Ding gekämpft?“ „Weil es ein Monster war, ich das Richtige getan habe und das Geld gebraucht hab um die Blutbank zu bestechen.“, entgegnete er als würde er die Frage Jeden Tag beantworten. „Machst du das immer alleine?“, hakte sie nach. „Immer.“ „Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“, erkundige sich Katja. „Ja, bin ich.“, erwiderte Roman gelassen. Fast eine halbe Stunde waren sie schon durch die Hügel geirrt. Und dass Katjas Taschenlampe den Geist aufgegeben hatte, machte es für sie nicht einfacher. Aber sie konnte sich auf Roman verlassen. Er hatte solche Hilfsmittel zum Glück nicht nötig. „Hörst du das?“, fragte er und wurde langsamer. Katja spitzte die Ohren. Aber da waren nur die normales Nachtgeräusche. Hier ein Vogel, da mal eine Grille oder ein Kauz. Gerade als sie ihn fragen wollte, hörte sie das Donnern. „Was ist das?“, fragte sie erwartungsvoll. „Unser Job.“, erwiderte Roman. Mit schnellen Schritten erklommen sie die Spitze des Hügels. „Da unten.“, meinte Roman. Entgegen Katjas Erwartungen hätte sie keine Lampe oder Nachtsicht gebraucht. In der Senke vor ihnen brannten mehrere Leuchtfackeln, angeordnet in einem Oval. Und in der Mitte stand ihr jemand, eine langläufige Schrotflinte im Anschlag. Hastig drehte er sich, versuchte alles im Blick zu behalten. Plötzlich erschien ein Skelett im Licht der Fackeln. Aber es dauerte nur Sekunden, bis dessen Einzelteile von einer Ladung Schrot wieder ins Dunkel befördert wurde. „Ich kann die ganze Nacht so Weitermachen!“, rief die Person vor ihnen in die Nacht. „Ich auch.“, kam die Antwort aus der Dunkelheit. „Da hinten.“, sagte Roman und deutete in die Ferne. Wie auf Befehl schien der Mond durch eine Lücke in der Wolkendecke. Zwei Hügelspitzen entfernt stand eine hagere Gestalt und gestikulierte. „Der Nekromant.“, stellte Roman zufrieden fest. „Haben wir gleich.“, meinte Katja und schwang ihr Jagdgewehr von der Schulter. Mit ruhiger Hand legte sie an und zielte, nahm das Gewehr aber plötzlich wieder in den Anschlag. „Zu weit weg?“, erkundigte sich der Vampir. „Bei dem Wind kriege ich auf die Distanz keinen sauberen Schuss hin.“, meinte sie enttäuscht, „Ich bräuchte eine Auflage.“ Doch schon im nächsten Moment machte sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht breit. „Roman?“, fragte sie grinsend, „Machst du mir die Stütze?“ Mit einem Seufzer ging der Vampir in Position, das eine Knie auf dem Boden, das andere Angewinkelt und den Oberkörper aufrecht haltend. Sachte legte sie das Gewehr auf seine Schulter und begann zu zielen. „So wird das nichts.“, meinte Katja frustriert, „Dreh sich mal um.“ Kaum hatte sie das Gewehr von deiner Schulter genommen, drehte er sich um hundertachtzig Grad. Binnen eines Wimpernschlages. Erneut legte sie das Gewehr auf seine Schulter und stützte ein Bein auf seinen Oberschenkel. Doch in regelmäßigen Abständen spürte sie seinen Atem an ihrem Hals. „Nicht Atmen.“, befahl sie ruhig. Sofort stellte der Vampir die Atmung ein und wirkte wie eine Statue. Nach einer, für Katja viel zu langen Zeit, brach erneut der Mond durch die Wolkendecke und beleuchtete ihr Ziel. Wortlos zog sie den Abzug durch. Der Schuss, war verglichen mit dem Schrotgewehr unter ihnen, leise. Und durch ihr Zielfernrohr konnte sie den Nekromanten fallen sehen. „Sauberer Blattschuss.“, lächelte sie und sah an ihrem Visier zum Unten liegenden Platz. Etliche Skelette lagen verstreut im Licht der Fackeln. Aber dem Kämpfer unter ihnen schien nichts passiert zu sein. „Ist das nicht unbequem?“, richtete Katja die Frage an Roman. „Bei der Aussicht nein.“, erwiderte er und sie konnte das Grinsen fast hören. Verdutzt sah sie an ihrem Gewehr vorbei, in das Gesicht des Vampirs. Und es dauerte eine Gefühlte Ewigkeit, bis sie verstand was er meinte. „Dann zieh ich nächstes Mal einen Rollkragenpullover an.“, meinte sie und nahm ihren Fuß von seinem Bein. „Mich stört das doch nicht.“, erwiderte er Schulterzuckend, „Ich bin doch eh tot.“ Ungläubig betrachtete sie das Ausdruckslose Gesicht des Vampirs, bevor sie sich Kopfschüttelnd auf den Weg den Hügel herab machte. Während sie den Hügel herab gingen, warf sie immer wieder verstohlene Blick zu Roman, ob er sich vielleicht doch etwas anmerken lies. Aber wenn er eines perfekt konnte, war es über Tage hinweg keinen Gesichtsmuskel zu bewegen. „Guten Abend.“, rief Roman plötzlich und hob die Hand. Noch ein letztes Mal sah Katja über ihre Schulter. Doch wie immer zeigte sich in seinem Gesicht keine Regung. Erst jetzt richtete sie ihre Aufmerksamkeit nach vorn. „Abend.“, rief sie nun auch und folgte Romans Geste. „Wohl eher morgen.“, grinste sie der Gewehrträger sie an. Hastig sah Roman auf seine Uhr, bevor er erleichtert seufzte. „Lichtscheu, was?“, fragte der Mann grinsend. „Vampir halt.“, erwiderte Roman ruhig. Verdutzt sah er Roman an, dann Katja und wieder zurück zu Roman, bevor er mit den Schultern zuckte. „Dein Schuss?“, fragte er Katja und deutete auf den Hügel. „Ja.“, erwiderte sie mit einem schwachen Lächeln, „Hab gedacht, ich greif die ein bisschen unter die Arme.“ „Immer wieder gern.“, lächelte er offen, „Bastian der Name.“ „Ich glaube, ich brauch einen größeren Keller.“, meinte Roman und warf eine Jacke in die Ecke. „Hab dich nicht so.“, erwiderte Katja und bot Basti einen Sitzplatz an, „Je mehr desto lustiger.“ Wortlos ging der Vampir in die sporadisch eingerichtete Küche. „Und ihr seid nur zu zweit?“, fragte Basti neugierig. „Bis heute Abend ja.“, lächelte Katja und lies sich auf die Couch fallen. „Sucht ihr noch Leute?“, hakte Basti weiter nach. „Warum?“ „Ich kann da noch jemanden.“, meinte Basti ruhig. „Aber er muss sich seinen Stuhl selber mitbringen.“, murrte Roman, während er mit einem Blutbeutel samt Strohhalm ins Wohnzimmer kam, „Ihren musste ich auch schon bezahlen.“ „Hey, Boss!“, hörte Katja Alex au einem Rufen. Hektisch riss sie die Augen auf. Verwirrt sah sie sich um und stellte fest, dass sie wieder im Gemeindehaus war. „Na schön geträumt?“, grinste Basti. „Ging so.“, erwiderte sie und rieb sich den steifen Nacken. Plötzlich hörte sie ein tiefes Brummen. Verwirrt sah sie sich im Zimmer um. „Bist wichtig.“, meinte Roman und deutete auf den Tisch. Langsam aber sicher bewegte sich ihr Handy auf die Tischkante zu. Hastig griff sie danach und nahm den Anruf an. „Nero?“, fragte sie verwirrt, „Was ist denn los?“ Ihre Augen weiteten sich, als sie Neros Stimme hörte. „Sind auf dem Weg.“, sagte sie hastig und beendete den Anruf. Mit einem Mal war Bewegung in sie gekommen und sie sprang von der Couch auf. „Was ist denn los?“, fragte Alex verwirrt. „Tanja wurde entführt.“, sagte sie ruhig. „Was machen wir jetzt?“, fragte Roman neugierig. Sie sah den Vampir an, wie er die leere Blutkonserve in den Mülleimer warf und sie breit angrinste. Ein Blick in die Gesichter der anderen zeigte ihr genau das gleiche Bild. Bis Auf Yassie, die sich verwirrt umsah. „Ausrüsten und Abmarsch.“, grinste Katja. Kapitel 14: Zwischen Wolf und Hund ---------------------------------- Mit einer Mischung aus Verwirrung und Neugierde betrachtete Nero den Schattenwolf. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in seiner Brust breit. "Wolfi, was ist los?", fragte Nero und auf das Wesen zu. Der Wolf sah ihn an, als schien er zu überlegen. Doch schon im nächsten Moment sprang er nach vorn und riss Nero zu Boden. Für einen Moment wusste der Jäger nicht wo er war, aber dann erschien die massiv wirkende Gestalt des Schattenwolfes über ihm. Doch er fletschte nicht die Zähne oder bedrohte ihn anders. Der Wolf sah Nero nur traurig an. Langsam senkte sich der Kopf des Wolfes, bis dessen Schnauze Neros Stirn berührte. Und im selben Moment umgab ihn nur Dunkelheit. Zeit- und Raumlos schien er dahin zu treiben. Doch dann hörte er Tanjas Stimme. Leise und scheinbar weit entfernt. Und plötzlich war da Raum um ihn herum. Viel zu Vertraut waren die Hallen und die dreckige Weg auf der er sich liegen sah. Eine der weniger schönen Erinnerungen an sein Jägerleben. Am Boden liegend, ein Schatten auf ihm und die schwarzen Hände, die um seinen Hals lagen. „Bitte, hilf mir.“, hörte Nero Tanjas Flüstern. Die Distanz schwand von einem Augenblick zum anderen und sein Gesicht befand sich direkt vor dem des Schattens. Dann verschwamm das Bild vor seinen Augen. Es begann sich zu drehen, ging auf und ab. Und es dauerte mehrere Augenblicke, bis er realisierte, dass er flog. Den Aufprall spürte er kaum. Viel eher hatte er das Gefühl, dass sein Körper sich auflöste und nur einen Moment später wieder zusammenfügte. Dann sah er seinen Gegner und wusste, warum der Wolf solche Probleme gehabt hatte. Ein Bateezu war doch etwas zu viel für den Tierschatten. „Zurück!“, hörte er auf einmal Tanjas Stimme. Und er gehorchte. Mit einem Satz sprang er zurück und baute sich vor ihr auf. Er konnte Tanja hören, auch wenn er ihre Worte nicht verstand. Aber sie klangen seltsam Vertraut in seinen Ohren. Dann erhoben sich drei steinerne Portale. Erneut verschwamm das Bild und warf ihn mitten in einen kurzen Sprint. Männer standen vor ihm, bewaffnet mit Sturmgewehren. Er wusste, ihre Waffen würden ihm nichts anhaben. Einen nach dem anderen riss er zu Boden, ohne sie ernsthaft zu verletzen. Die Bilder plötzlich wie zäher Honig zu fliesen, nur um Sekunden später wieder Klar und deutlich zu sein. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von Tanjas entfernt. Plötzlich zuckte sie kurz zusammen und war im nächsten Moment verschwunden. Fast gleichzeitig hörte er, wie sich eine Autotür öffnete und sah zwei Männer nahen. Ihre Hände schienen ins Nichts vor der Scheibe zu wandern, ein paar Worte wurden gemurmelt, dann gingen sie, diesmal langsamer zurück zum Auto. Dann waren die Sterne über ihm. „Nero?“, hörte er plötzlich die Stimme seiner Freundin. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis er realisierte, dass er wieder in seinem Körper war. Langsam drehte er den Kopf und sah sie an. „Alles in Ordnung?“, fragte sie leise. Mit einem Ruck waren seine Gedanken wieder in der richtigen Reihenfolge. „Scheiße!“, rief er laut und sprang auf. Aus dem Augenwinkel bekam er mit, wie seine Freundin zusammen gezuckt war. Hastig kramte Nero in seinen Hosentaschen nach seinem Handy. Und unter andauernden Fluchen wählte er die Nummer. Es fühlte sich für ihn wie eine Ewigkeit an, bis endlich abgenommen wurde. „Nero?“, hörte er Katjas verwirrte Stimme, „Was ist denn los?“ „Ich brauche euch hier oben.“, sagte er hektisch, „Tanja wurde entführt.“ „Sind schon auf dem Weg.“, sagte sie hastig und unterbrach die Verbindung. Fast automatisch wanderte seine Hand zur Manteltasche. Schon im nächsten Moment war die Zigarette an. „Nero?“, hörte er seine Freundin vorsichtig fragen. Irritiert drehte er sich um und sah sie an. „Sorry, wegen der Qualmerei.“, meinte er mit einem gequälten Lächeln. „Die ist mir egal.“, entgegnete sie energisch, „Was ist los?“ Er zog noch einmal an dem Glimmstängel. „Eine Freundin ist entführt worden.“, meinte Nero und begann langsam auf und ab zu tigerten. Perplex sah sie ihn an. „Sollten wir da nicht die Polizei rufen?“, fragte sie verwirrt. Nero hingegen sah sie fragend an und blickte dann zu dem Schattenwolf. Noch immer saß er mit gesenktem Haupt auf dem Gehweg. „Ok, hat sich erledigt.“, meinte sie, „Aber wird er sie finden?“ Wie auf ein Kommando sah Wolfi auf und sie an. „Das wird er.“, meinte Nero sicher. Die Zeit verging für Nero viel zu langsam. Sekunde für Sekunde verwandelte sich für ihn in Stunden. Er versuchte an irgendetwas anderes zu denken. Aber es viel ihm verdammt schwer. Immer wieder glitten seine Gedanken zu Tanja. „Da sind wir.“, hörte er Katjas Stimme. Mit einem Ruck sah er auf und erkannte die fünf Grünschnäbel, die gerade das Gemeindehaus verließen. Nein. Sie waren keine Grünschnäbel mehr. Sie hatten sich bewiesen, das wusste Nero. Sie hatten ihm beigestanden, als der verbotene Gott aufgetaucht war, sie hatten Yassie beschützt und zusammen den Parcours überstanden. „Wohin geht es?“, fragte Katja ohne Umschweife. „Erstmal brauchen wir nen fahrbaren Untersatz.“, erwiderte Nero und lies seinen Blick über den Parkplatz schweifen. „Wir können meinen Transporter nehmen.“, sagte Roman und zückte seinen Schlüssel. Der Vampir hatte schnell reagiert, aber die Idee gefiel Nero nicht. Wenn irgendetwas mit dem Auto passieren sollte, dann würden sie festsitzen. Erneut lies er seinen Blick über den Parkplatz wandern. „Wer kann Motorrad fahren?“, fragte Nero spontan. Fragend richteten sich alle Augen auf ihn, dann sahen sie zu den vier schweren Rennmaschinen. „Also?“, fragte Nero erneut. Fast Augenblicklich hob Roman die Hand, zögerlich folgte Yassie. Und auch Neros Freundin hob sie. Unsicher sah er sie an. „Ich habe dich so lange im Stich gelassen.“, sagte sie und sah einen Moment zu Boden, „Das werde ich nie wieder tun.“ Seufzend gab Nero auf und ging Richtung des Lokals. Erst jetzt bemerkte er den Dämon, der einer Statue gleich vor dem Lokal stand. „Noch da?“, fragte er das schwarze Wesen. „Solange ich mich gut anstelle pusten sie mich nicht weg.“, erwiderte er und deutete über seine Schulter, „Und ich sterbe nur ungern.“ „Gut, denn du kannst was für mich holen.“, meinte Nero. Kurz beschrieb er dem Wesen, wo es hin musste und was er wollte. Schon im nächsten Augenblick verschwand es. Mit einem gezielten Stoß öffnete Nero die Tür, deren Angel unter der plötzlichen Wucht zu ächzen begannen. Sofort waren alle Augen auf ihn gerichtet. „Ich brauch die Motorräder vor der Tür.“, sagte er und sparte sie die freundlichen Floskeln. „Und warum?“, hörte er die Frage von einem der hinteren Tische. Nero fixierte den Sprecher. Mit dem Anflug eines Lächelns erkannte er einen Freund aus den Alten Tagen. Rico und seine Kollegen, allesamt leidenschaftliche Motorradfahrer. Schnellen Schrittes kämpfte sich Nero zu dem Tisch. „Tanja wurde entführt.“, sagte Nero leise und vornübergebeugt zu den Männern. Sofort war die Feierabendstimmung der Männer verschwunden. „Sollen wir mitkommen?“, erkundigte sich Neros alter Freund. „Ich hab schon genug Leute.“, erwiderte er matt lächelnd, „Mir fehlt nur der passende Untersatz.“ Es dauerte nur Sekunden, bis sie ihre Schlüssel gezogen hatten und ihm hinhielten. „Jeder Schlüssel passt bei jedem Motorrad.“, sagte Rico, als Nero die Schlüssel nahm, „Und nimm' die hier mit.“ Mit diesen Worten reichte er ihm vier Headsets. „Danke.“, meinte Nero noch, als er aus dem Gebäude stürmte. Außen Angekommen stieß er fast mit dem Schatten zusammen. Wortlos reichte diesem ihm sein Tachi. Nero nahm sein Schwert entgegen und nickte kurz, dann wand er sich den anderen zu. „Ich fahre alleine.“, sagte er als er die Schlüssel verteilte. „Gut.“, sagte Katja und sah Neros Freundin an, „Wie gut kannst du fahren?“ „Ein bisschen eingerostet, aber ansonsten gut.“, erwiderte diese mit einem Schulterzucken. Nachdenklich betrachtete sie die anderen. „Yassie, du wirst mit Basti fahren, Ich mit Roman.“, sagte sie entschlossen und betrachtete Neros Freundin, „Und du mit Alex.“ Alle nickten einstimmig. Hastig begaben sich alle zu den Motorrädern. „Moment!“, reif Yassie plötzlich. Wie eine Person drehten sie sich um und sahen sie an. „Deine Pistole und dein Schwert.“, sagte Yassie und reichte beides Nero. „Du hast was?“, erkundigte er sich. Mit einem Lächeln klopfte sie an ihren Oberschenkel und das dort befindliche Halfter. Verwirrt betrachtete Nero die große Pistole. „Wenn du meinst.“, erwiderte Nero und befestigte das Pistolenhalfter. Das Kurzschwert reichte er Wortlos seiner Freundin. Sie nickte knapp und befestigte es an ihrer Hüfte. Noch einmal sah Nero sie der Reihe nach an und nickte. „Lasst die Jagd beginnen.“, flüsterte Nero, als er die Maschine startete. Sein Blick glitt über die Stadt. Etwas stimmte nicht, das wusste er sofort. Aber was konnte er beim besten willen nicht sagen. Er schloss die Augen und wandte sich vom Fenster ab. „Lord Samuel?“, hörte er einen seinen Mitstreiter fragen. Langsam öffnete er die Augen und sah den jungen Mann an, kaum älter als zwanzig, „Alles in Ordnung?“, fragte er vorsichtig. Doch Samuel begann zu Lächeln. „Alles in Ordnung.“, meinte er offen, „Ich hab nur das Gefühl, dass heute Abend etwas großes passieren wird.“ „Ich weis, was ihr meint.“, sagte der Junge offen, „Uns anderen geht es nicht anders.“ Neugierig betrachtete er die restlichen zehn. Alle sahen ihn an und nickten. „Dann macht euch bereit, die Nacht wartet!“, rief Samuel und griff nach seinem Schwert. Mit einem Schrei stürzten sie sich der Reihe nach aus dem Turm und breiteten ihre Schwingen aus. Trotz der leistungsfähigen Maschinen hatten sie Probleme mit dem Schattenwolf mitzuhalten. Wieder und wieder ermahnte Nero Wolfi, doch dieser schien ihn gar nicht wahrzunehmen. Erneut bogen sie ab.Und Nero nutzte die kurze Gelegenheit um einen Blick auf die anderen zu werfen. Sie folgten ihm in einer Reihe und keiner schien Probleme zu haben mitzuhalten. Aber dann sah er etwas anderes hinter ihnen. „Bluthunde.“, meinte er ruhig und sah, wie die anderen sich ebenfalls umdrehten und zu ihren Verfolgern sahen. „Ignoriert sie.“, befahl Nero leise. Sein Blick richtete sich wieder auf den Wolf. Nero beschleunigte erneut um den Abstand zwischen ihm und den Wolf zu verringern. Ohne Vorwarnung bog der Wolf erneut ab. Nero riss die Maschine herum, spürte aber zugleich, wie die Räder langsam aber sicher den Boden verloren. „Leg dich in die Kurve und gib Gas.“, hörte er plötzlich die Stimme seiner Freundin. Ohne Widerrede folgte er ihrer Anweisung. Und zu seinem erstaunen fing die Maschine sich wieder. „Danke.“, flüsterte er und sah erneut über seine Schulter. Seine Freunde hatten die Kurve besser bewältigt als er. Und dann kamen die Jagdhunde um die Kurve. Mehr als einmal hatte er diese Dinger verflucht. Sie wirkten wie ein Hund , waren jedoch nur Haut und Knochen. Sie waren schnell und wendig, dafür aber schwach und beinahe zerbrechlich wie Gas. Für diese Wesen zählte die Menge an Angreifer, die sie aufbringen konnte. Und heute waren es zu viele für Neros Geschmack. „Sie holen auf.“, meldete Yassie über ihr Headset, „Sollen wir uns nicht um sie kümmern?“ „Negativ.“, erwiderte Nero, „Wir versuchen den Kampf so lange wie möglich hinauszuzögern.“ Neros Blick suchte erneut den Schattenwolf. Er lief auf dem Mittelstreifen und schien sich nicht von seinem Weg abbringen zu lassen. Plötzlich kamen aus einer Seitenstraße weiter vorne zwei schwarze Kombis. Einer hielt erst, als er die Gegenüberliegende Straße fast erreicht hatte, der zweite als er die Seitenstraße verlassen hatte. Sofort flogen die Türen auf. Aus jedem stiegen fünf Männer aus. Und die Gewehre, die sie im Anschlag hatten wirkten nicht sehr freundlich. „Wir kümmern uns um sie.“, hörte Nero plötzlich Thomas Stimme, „Fahrt einfach weiter.“ „Ihr habt den Mann gehört.“, sagte Nero und gab noch einmal Gas. Die Meldung hatte er vor kaum zehn Minuten erhalten. Sofort hatte Thomas einen Kollegen angerufen und Bescheid gesagt. Und wie der Zufall es wollte waren sie beide auf dem Rückweg von einem Auftrag. Und beide hatten sie schwere Jungs im Auto sitzen. Thomas gab ihm die nächstbeste Möglichkeit durch, wo sie eingreifen konnten. Und fast zeitgleich erreichten sie die Seitenstraße. „Wird Zeit.“, meldete sich Thomas Kollege Knapp und gab Gas. Seinen Wagen brachte er kurz nach der Seitenstraße zum Halten. Kaum das er die Handbremse gezogen hatte, rissen seine vier Mitfahrer die Türen auf, griffen nach ihren Gewehren und brachten sich hinter dem Kombi in Position. Auch Thomas und sein Kollege waren mit dabei. Und während sein Kollege ebenfalls ein MG hervorholte zückte Thomas seine automatische Schrot. „Wir kümmern uns darum.“, sprach Thomas in sein Headset, „Fahrt einfach durch.“ Und dann kamen sie heran gerauscht. Zuerst schoss der Schattenwolf durch die Straßensperre hindurch, kurz gefolgt von vier Motorrädern. Als Nero auf seinen Motorrad betrachtete, glaubte er den Jägern kurz Lächeln zu sehen. „An alle!“, reif Thomas in sein Headset, als das letzte Zweirad sie passiert hatte, „Wirkungsfeuer!“ Mit einem Mal begannen alle das Feuer zu eröffnen. Neun MGs und seine Schrotflinte schickten ihre tödlichen Ladungen auf den Weg. Und für einen Moment sah es so aus, als würden sie die Flut an Gegnern aufhalten können. Doch plötzlich schossen Jagdhunde an der Barriere vorbei. Einer seiner Mitfahrer Riss sein MG herum und legte an. Doch nur einen Moment später hatte Thomas seine Hand auf den Lauf gelegt und presste diesen nach unten. „Im Besten Fall erwischt du einen von uns.“, sagte er ruhig zu dem Mann. „Ein gutes Dutzend ist durch.“, meldete Thomas durch sein Headset. Mit einer Mischung aus Erleichterung und Besorgnis vernahm Nero Thomas Meldung. Aber im Endeffekt hatten sie nur noch ein gutes Dutzend und nicht mehr fast hundert Jagdhunde hinter sich. „Nero?“, erkundigte sich Katja neugierig. Er sah über seine Schultern und betrachtete seine Freunde. Entschlossenheit stand in ihren Gesichtern. Und wenn er in den Augen seiner Freundin den Anflug von Angst sah, so konnte er doch auch ihre Entschlossenheit erkennen. „Schalten wir sie aus.“, gab Nero zurück. Einstimmig hörte er die Bestätigung seiner Freunde über das Headset. Schlagartig drosselten sie ihre Maschinen und ließen die Jagdhunde heran kommen. Katja sah nach hinten. Thomas und die anderen hatten wirklich gute Arbeit geleistet. Nur noch zwölf dieser Biester waren hinter ihnen. „Bereit?“, fragte Roman kühl. „Bin Bereit.“, erwiderte Katja. Sie legte den Waffenarm um Romans Hals und umklammerte die MP5 fester. „Du wirst nur ein paar Sekunden haben.“, schloss Roman. Ohne Vorwarnung beschleunigte er die Maschine und schoss an Nero vorbei. Mit einem Ruck stellte er das Motorrad quer und rammte seinen Fuß auf den Boden. Ungläubig betrachtete Katja das Motorrad, welches scheinbar in der Luft stand, nur von der Kraft des Vampirs an der Stelle gehalten. Fast Automatisch glitt Katjas freie Hand zum Vordergriff und schloss sich fest um diesen. Ihr Blick glitt über Romans Schulter und über den Lauf. Dann zog sie den Abzug durch. Kugel um Kugel jagte sie ihren Verfolgern entgegen. Und zufrieden betrachtete sie, vier der Jagdhunde getroffen stürzten. Gerade hatte Yassie gesehen, wie Roman seinem Motorrad die Sporen gab. „Wollen wir?“, fragte sie über ihren Rücken. „Warum nicht?“, erklang Bastis Frage. „Dann mal los.“, meinte sie Grinsend. Mit einem Ruck riss sie ihr Gefährt um einhundertachtzig Grad herum. Flüchtig sah sie herab auf das Gefährt und registrierte zufrieden die leuchtenden Linien. Jedes andere Motorrad hätte höchstwahrscheinlich gebockt oder hätte die Drehung gar nicht mitgemacht. Aber durch den Bann, den das Mädchen darauf gelegt hatte, machte die Maschine keinen Zuck. Noch bevor ihre Hand die neue Waffe berührt hatte, donnerte die Schrotflinte über ihr. Die Jagdhunde sprangen auseinander. Nun hatte auch Yassie ihre Waffe im Anschlag. Das holographische Visier auf der Waffe machte das zielen zu einem Kinderspiel. Fünf Schuss schickte jeder auf den Weg, bevor Bastis Gewehr leer war und Yassie ihr Motorrad erneut herumriss. Fasziniert betrachtete Nero die Maschinen seiner Begleiter. Roman und Katja, die scheinbar in der Zeit stehen geblieben zu sein für einige Sekunden, sowie Yassie, die mit ihrem Motorrad rückwärts fuhr. Allein aus Sicht der Technik ein Ding der Unmöglichkeit. „Vier am Boden.“, meldete Katja. „Weitere vier erledigt.“, meldete auch Yassie fast zeitgleich. Erst jetzt hörte er das andauernde Stakkato von Alex Pistolen. Unbemerkt hatte sich einer der Jagdhunde sich vor sie gesetzt. Nur Alex und seine Freundin schienen ihn bemerkt zu haben. „Ich treffe das Vieh nicht!“, beschwerte sich Alex laut. Nero betrachtete noch einen Moment den Jagdhund. „Schaffst du das?“, fragte er unsicher und sah seine Freundin an. Ihr Blick schnellte zu ihm. Und in ihren Augen konnte er Angst erkennen. „Du darfst keine Schwäche zeigen.“, ermahnte Nero sie, „Diese Bestien jagen die Schwachen und Kranken.“ Perplex sah sie ihn an, dann richtete sie ihr Augenmerk wieder auf den Jagdhund. Und ihre Augen wurden kalt wie Eis. „Alex.“, hörte er ihre Stimme auch ohne das Funkgerät, „Halt dich fest.“ Noch bevor irgendjemand reagieren konnte beschleunigte sie ihr Motorrad und nahm die Verfolgung auf. Diese Bestien jagen die Schwachen und Kranken. hallte Neros Stimme in ihrem Kopf wieder. Und automatisch glitten ihre Gedanken an einen anderen Ort. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ein Bett, darin eine schmächtige Gestalt. „Bist du das?“, hörte sie die Person mit kindlicher Stimme fragen. Langsam trat sie an das Bett heran und setzte sich auf dessen Rand. „Ich bin es, keine Sorge.“, sagte sie und brachte sich zu einem schwachen Lächeln. „Ich hab keine Angst, er passt auf mich auf.“, erwiderte die Person fröhlich und kramte ein Stofftier heraus. Einen kleinen Plüschhasen. „Dann bin ich ja beruhigt.“, erwiderte sie und streichelte ihr über den Kopf. Sie schloss die Augen und plötzlich hörte sie wieder das Motorrad unter sich. Sie spürte die Vibration und die unebene Straße in ihrem ganzen Körper. „Alex.“, sagte sie laut genug, dass er sie einfach hören musste, „Halt dich fest.“ Ein leises „Was?“, war alles was er zustande brachte. Hart beschleunigte sie, sodass Alex seine Waffen fallen lies und irgendwo halt suchte. Mit einem Ruck riss sie das Vorderrad nach oben, beschleunigte erneut und legte sich mit allem Gewicht nach vorn. Dennoch schaffte der Jagdhund es, mit einem Satz zur Seite, auszuweichen. Doch sie würde nicht aufgeben. Sie lies das Hinterrad kontrolliert ausbrechen und versuchte das Wesen damit zu erwischen. Ein Sprung nach vorn brachte es jedoch wieder in Sicherheit. „Du entkommst mit nicht!“, schrie sie nun. Noch einmal beschleunigte sie, holte alles aus dem Motor heraus. Doch zu spät richtete sie ihren Blick wieder auf die Straße. Vor ihr war ein kleiner Hügel, auf den sie gerade zuschoss. Es dauerte nur Sekunden, bis in ihrem Kopf ein Aberwitziger Plan entstand. Zu Verrückt, als das es jemand probieren würde. Und sie konnte nur hoffen, dass alles Funktionierte. Sie manövrierte sich hinter den Jagdhund Und kurz bevor sie die Spitze erreicht hatte riss sie das Vorderrad erneut hoch. Sie hatte das Gefühl, als würde auf einer unsichtbaren Straße fahren, als die Reifen den Bodenkontakt verloren. Sie verlagerte ihr Gewicht nach hinten und betete, dass die Federung den Aufprall aushalten würde. Dann kam die Welt auch schon näher. Und das Monster war direkt unter ihr. Nur Zentimeter, bevor das Hinterrad das Wesen erwischte, machte es einen Satz nach vorn. Nur eine Sekunde später beugte sie sich nach vorn, verlagerte ihr Gewicht auf den vorderen Teil des Motorrades und das Vorderrad saute hinab Richtung Asphalt. Sie sah nur noch, wie das Wesen den Kopf drehte und sie ansah. Und dann traf das Vorderrad mit allem Gewicht auf. Sie hörte nur das Laute knacken, wie wenn man eine Nuss mit einem Hammer öffnete. Das Motorrad machte einen Satz, doch sie konnte es abfangen. Hastig zog sie die Bremse, lehnte sich zur Seite und riss das Motorrad herum. Mit einem letzten Ruck blieb die Maschine stehen. Reflexartig streckte sie ihr Bein aus und verhinderte so, dass sie einfach zur Seite umfiel. Mit einer Mischung aus Freude und Entsetzen, sah sie die Überreste des Wesen. Es sah so aus, als wäre ein mehrere Tonnen schweres Fahrzeug drüber gerollt und kein Motorrad. „Ist es vorbei?“, hörte sie plötzlich die ängstliche Stimme hinter sich und spürte den Druck auf ihrem Körper. Nero konnte nur ungläubig hinter seiner Freundin hinter hersehen. Er wusste zwar, dass sie Kampfgeist hatte, aber dass sie ein Motorrad als Waffe gegen einen Bluthund benutzte, würde ihm keiner glauben. Aber er würde noch einmal ein ernstes Wörtchen mit Alex reden müssen. Nicht nur das er seine Pistolen verloren hatte, welche jetzt in Katjas und Bastis Besitz waren, sondern auch wegen dem Geschreie. Er hatte die Luft angehalten, als sie den Bluthund mit dem Vorderrad erwischen wollte und nur entsetzte gekeucht, als sie es mit dem Hinterrad versucht hatte. Aber das Schlimmste war der Sprung. Sie war zu Weit voraus gefahren, als das Nero auch nur Ahnen konnte, was hinter dem Hügel passiert war. Und er spürte, wie sich die Angst in seinen Körper schlich. Doch ein plötzliches Fauchen brachte ihn zurück ins Hier und jetzt. Neben ihm befand sich ein weiterer Bluthund. Drei sind noch übrig., erinnerte sich Nero schlagartig. Wieder fauchte das Biest und setzte sich vor ihn. Es forderte ihn heraus. Binnen einer Sekunde hatte Nero seine Pistole gezogen und gezielt. Doch als er den Abzug durchziehen wollte huschte plötzlich ein Schemen an ihm vorbei und er spürte, dass seine Pistole fehlte. Rasch sah er neben sich. Dort rannte einer der Bluthunde und seine Waffe befand sich zwischen den Kiefern. Es sah fast so aus, als würde dieses Ding lachen. Ohne ein Wort oder eine Regung zog Nero die Winchester, zielte und drückte ab. Das Geschoss durchschlug den Körper ohne Widerstand. Erst nach mehreren Überschläger blieb der Körper liegen. Kurz sah er nach hinten. Roman hatte sich hinter ihn gesetzt und seine Waffe im vorbeifahren aufgelesen. Drei sind noch übrig, hallte es plötzlich in Neros Kopf nach. Mit einem Lauten Fluch wand er sich wieder nach vorn. Gerade noch rechtzeitig um die zwei Bluthunde im Flug zu sehen. Wie sie auf ihn zuflogen. Sie rissen ihre Kiefer auf, die eher an einen Piranha erinnerten, mit langen spitzen Zähnen. Aber er wusste, dass hinter diesen Kiefern keine Kraft steckte, so wie bei den Klauen. Aber das schlimmste stand ihm noch bevor. Ein verdammt unschöner Sturz. Diese Dinger wogen zwar kaum etwas, aber sie konnten ihn aus der Balance bringen, oder im Lenker verheddern. Es gab einfach zu viel was passieren konnte. Und dann sah er, wie zwei Blitze in die Höllenwesen einschlugen und an den Straßenrand schleuderten. Ungläubig sah Nero den beiden qualmenden Kadavern hinterher. „Gerade rechtzeitig.“, hörte er eine bekannte Stimme neben sich. Ruckartig sah er den Sprecher an. Und staunte nicht schlecht, als er Samuel sah, der neben ihm her glitt. „Würde ich auch sagen.“, meinte Nero lächelnd, bevor er einen Finger auf sein Headset legte, „Alle Sammeln.“ Kaum hatte er es ausgesprochen kam ihm von Vorne seine Freundin entgegen. Und hinter sich konnte er die anderen beiden Motorräder Hören. „Wo wollt ihr hin?“, erkundigte sich Samuel neugierig. Nero musterte den Gardisten neugierig. Dann nickte er knapp. „Erinnerst du dich an das Mädchen mit dem Ring?“, fragte Nero ruhig und richtete seinen Blick auf die Straße, hielt nach Wolfi aus schau. Der Schattenwolf hatte sich nicht beirren lassen, hatte sich aber nicht zu weit entfernt. „Du meinst den Abend mit den beiden Teufeln?“, fragte Samuel unsicher, „Dann erinnere ich mich an sie.“ „Sie ist eine von uns geworden.“, schloss Nero und folgte dem Schattenwolf erneut um eine Kurve. „Braucht sie Hilfe?“, erkundigte sich der Gardist nun ungeduldig. Nero sah Samuel an, musterte ihn und seine Augen. In ihnen brannte ein Feuer, dass er nur zu gut kannte. Der Wunsch und der Wille zu kämpfen. „Sie wurde entführt.“, sagte Nero kalt. Samuel schwieg, blieb aber ans einer Seite. Wieder und wieder, scheinbar ziellos bog der Wolf ab. Er hatte sie durch die halbe Stadt geführt und schien noch lange nicht am ende des Weges zu sein. „Wir begleiten euch.“, hörte er Samuel plötzlich entschlossen sagen. „Wir?“, fragte Nero verwirrt. Bis er in den Himmel sah. Elf weitere Gardisten zählte Nero, die sich über ihnen formiert hatten. „Sie kommen.“, drang eine Stimme in sie ein. Mit einem Ruck hob sie den Kopf und war wieder bei Sinnen. „Sie kommen um sie zu holen.“, wiederholte die Stimme freudig erregt, „Aber sie werden nur den Tod finden.“ Langsam ließen die Jäger ihre Maschinen weiter rollen. Wolfi war inzwischen in einen langsamen Trab verfallen und seine Nase glitt über den Boden. Nero zweifelte daran, dass das Wesen die Spur verloren haben könnte. Er hatte sie schließlich vom Gemeindehaus bis hierhin geführt. In eine der abgelegensten und verlassensten Ecken der Stadt. „Das Stinkt nach einer Falle.“, hörte er Katja plötzlich sagen. Stumm nickte Nero. Seine Augen wanderten von einem der Betonbauten zum nächsten, suchten die Wände und Fenster, die Dächer und die Lücken ab. Aber nirgendwo konnte er auch nur einen Anhaltspunkt für eine Falle erkennen. Entweder es gab keine, oder sie war verdammt gut versteckt. „Wir sind da.“, hörte er plötzlich die Stimme Samuels. Rasch sah Nero sich um. Wolfi stand vor einer massiven Stahltür und winselte. Sie machten sich nicht die Mühe die Motorräder zu verstecken. Wenn jemand hier war, so wusste er von ihnen. Nicht nur durch die Motoren, sondern auch durch die Gardisten, die alles von Oben überwachten. „Und wie machen wir es?“, erkundigte sich Alex neugierig. „Ich geh vor.“, meinte Nero ruhig. „Mir Wäre wohler, wenn du hierbleiben würdest.“, sagte er leise zu seiner Freundin. „Vergiss es.“, erwiderte sie hartnäckig. Mit einer anderen Antwort hatte er auch gar nicht gerechnet. Er zog die Pistole und ging auf die Stahltür zu. Vorsichtig legte er die Hand darauf und versuchte sie aufzudrücken. Aber als sie einen Millimeter nachgegeben hatte, hielt er inne. „Findest du sie, wenn wir drin sind?“, fragte er Wolfi. Einen Moment sah der Tierschatten ihn verwirrt an, nickte dann aber. Nero erwiderte die Geste. „Mit dem Kopf durch die Wand.“, sagte Nero, als er die fragenden Blicke in seinem Rücken spürte. Noch bevor ein Wort gesagt wurde trat Nero mit aller Kraft vor die Tür. Mit einem lauten schlag bogen sich die Scharniere bis zum Anschlag durch. „Soviel zum Überraschungsmoment.“, meinte Samuel, während er sein Schwert zog. Vor ihnen herrschte pure Dunkelheit. Hastig schloss Nero die Augen und versuchte es wie damals im Rohbau. Er erwartete nicht, dass er ein zweites mal diese Glück hatte. Doch als er die Augen öffnete, war die Welt in Grau getaucht. Wortlos betrat er den Korridor vor ihm. Es war ein einzelner Gang, keine Abzweigung, Lampen oder Ähnliches. Nur eine Tür mehrere Meter vor ihnen. „Nur saubere Schüsse.“, hörte er Katja sagen. Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. „Sollte noch einer behaupten, ihr wärt Grünschnäbel.“, begann Nero, „Tretet ihm in seinen Arsch.“ Doch er wartete keine Antwort ab, sondern öffnete die Tür und trat ein. In der Mitte des Raumes sah er Tanja. Sie saß auf einem Stuhl, höchstwahrscheinlich gefesselt, mit einem Knebel im Mund. „Mutig.“, hörte Nero plötzlich die Stimme eines Mannes. Er trat hinter einem Stapel Kisten hervor und war sofort hinter Tanja. Damit war ein einfacher Blattschuss ausgeschlossen. „Oder Lebensmüde.“, sprach der Mann weiter. Und plötzlich war überall in der Halle Bewegung. „Könnt ihr euch vorstellen, wie gern ich sie Probieren würde?“, erkundigte sich der Mann und blieb nur eine Armlänge hinter ihrer Kameradin stehen, „Sie ist sicherlich lecker.“ Langsam hob er den Arm. Aber da war es schon zu spät. Wie eine Fleischfressende Pflanze schlug die Dunkelheit zu seinen Füßen zu. Binnen Sekunden hatte sie ihn komplett eingehüllt und war wieder mit dem Boden verschmolzen. Dann erklang das Heulen eines Wolfes. Damit brach das Chaos aus. Nur wenige Augenblicke später war es schon wieder vorbei. Keiner der Dämonen war mehr da. Nur Tanjas Schattenwolf, der ungeduldig neben ihrem Stuhl stand und ihre Hand an stupste. Hastig verstaute Nero seine Pistole und rannte zu der Gefesselten. Hinter sich konnte er die Schritte seine Freunde hören. Das war viel zu einfach. Hektisch sah er sich den ganzen weg um, suchte nach weiteren Zeichen für eine Falle. Aber es deutete nichts darauf hin, dass hier noch mehr war. Endlich bei ihr angekommen kümmerte sich Katja um die Fesseln, während Nero ihr die Augenbinde abnahm. Gehetzt sah sie sich um, die Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben. Letztendlich löste er ihren Knebel. „Ihr müsst verschwinden!“, schrie sie sofort, „Das ist eine Falle!“ Nero wollte Grinsen, wollte ihr sagen, dass alles in Ordnung war, da hatte ihn aber schon etwas gepackt und zu Boden gedrückt. Den anderen ging es nicht anders, nur das sie noch einen kurzen Freiflug dazugewonnen hatten. Dann spürte er die mächtige Präsenz und hörte die donnernde Stimme. „Ich bin Hunger.“ Kapitel 15: Leben und Leben lassen ---------------------------------- Fluchend lag Nero am Boden. Seine Körper reagierte nicht auf seine Befehle und rührte sich nicht. Er brauchte einen Moment um die Linien zu erkennen, die über seinen ganzen Körper liefen. Ein Bann, drängte es sich in seinen Geist. Er versuchte sich zu Bewegen, wenigstens einen Finger zu rühren. Aber es tat sich nichts. „Ein netter Happen.“, drang die Stimme wieder durch die Halle. Wieder schwappte eine Welle der Macht über ihn hinweg. Sie presste ihm die Luft aus den Lungen und lies ihn keuchen. Vorsichtig versuchte er seinen Kopf zu drehen. Zu seiner Überraschung funktionierte es. Aber was er sah gefiel ihm ganz und gar nicht. Vor ihm Stand ein Wesen, was scheinbar keine fest Form hatte, und vor Macht geradezu pulsierte. Ich bin Hunger, klang es in Neros Kopf nach. Er schluckte schwer und wusste, warum es keinen weiteren Fallen oder Überfälle gegeben hatte. Denn wenn dieses Ding nicht log war es Hunger, einer der vier Reiter. Sogar ein Balor war ein Witz dagegen. „Yassie!“, rief Nero über seine Schulter. Er hoffte Inständig, dass seine Freunde durch ihren Flug keine ernsthaften Verletzungen davon getragen hatten. „Bin da“, hörte er sie nach einer gefühlten Ewigkeit antworten. „Kannst du den Bann lösen?“, fragte er hastig. „Nicht alle auf einmal.“, erwiderte sie ängstlich. Wieder fluchte Nero. Plötzlich flog etwas Glänzendes über ihn hinweg, direkt auf Hunger zu. Romans Hellebarde, erkannte Nero, als das Objekt Hunger traf. Doch die Hellebarde prallte wirkungslos an dem Körper ab. „Wie Lästig.“, donnerte Hungers Stimme, „Ich hatte ganz Vergessen, dass du schon tot bist.“ Dann lachte das Wesen. „Ich brauche also einen anderen Fluch.“ Der Schrei, den Roman aussieht, lies Nero das Blut in den Adern gefrieren. „Wie fühlt es sich an, wenn einem das Blut in den Adern brennt.“, lachte Hunger noch lauter. Dann hörte er Katja, wie sie Romans Namen schrie. Und noch einmal wünschte er sich, er könne sich bewegen. Dann spürte er das Wesen genau vor sich. „Du bist also der Schlächter, den alle fürchten.“, sagte das Wesen resignierend, „Dabei bist du doch gar keine Gefahr.“ Wie Recht er hat., dachte Nero niedergeschlagen. „Ihr werdet mir schmecken, bevor ich diese Welt verschlinge.“, reif das Wesen laut. Nero spürte, wie es sich entfernte, langsam, Schritt für Schritt. „Mit wem fange ich an?“, fragte sich das Wesen laut. Wieder drehte Nero seinen Kopf und es im Blickfeld zu behalten. Bis es plötzlich stehen blieb. „Ich weis, mit wem ich beginne.“, sagte es und lachte. Nero betete inständig dafür, das er es war. Das er nicht mehr mit ansehen musste, wie es seine Freunde holte. Sie noch einmal zu verlieren würde er nicht überstehen. Dann hörte er hinter sich einen Schrei. Sofort rann ihm kalter Schweiß den Rücken herab. Diese Ding hatte seine Freundin ausgesucht. Sekunden später war es wieder Still. Er zwang seinen Körper sich zu drehen, sich zu Bewegen um sehen zu können, was passiert war. Aber wieder reagierte dieser nicht auf den kleinsten Impuls. Im stiegen die Tränen in die Augen. Alles fühlte sich so an wie damals. Doch da hatte er noch einen Verbündeten in sich, der ihm die Kraft gegeben hatte. Hier fühlte er sich alleine, wie auf dem Präsentierteller. Durch den Tränenschleier konnte er plötzlich etwas helles sehen. Er kämpfte die Tränen nieder und blinzelte seine Augen frei. Über ihm schwebte eine kleine, leuchtende Sphäre auf Hunger zu. „Ihre Seele sieht lecker aus.“, gluckste das Wesen. Nein!, schrie es in Neros Kopf. Immer und immer wieder hallte dieses Wort durch seinen Kopf. Und dann legte der Reiter seine Hand um die Seele. Angestrengt sah Yassie auf die Linien, die auf ihr und dem Boden waren. Krampfhaft versuchte sie den Anfang des Banns zu finden, der sie am Boden hielt. Und wenn sie erst einmal den Anfang gefunden hätte, wäre der Rest ein Kinderspiel. Dann hörte sie den Schrei. Hektisch sah sie neben sich und sah Neros Freundin, wie sie auf dem Rücken lag. Die Augen weit aufgerissen und den Brustkorb in die Höhe gereckt. Bis plötzlich eine leuchtende Kugel herausglitt und der Körper erschlaffte. Mit einer Mischung aus Faszination und Panik betrachtete sie die Szene. Sie folgte mit ihrem Blick der Lichtgebilde. „Ihre Seele sieht lecker aus.“, hörte sie das Wesen, was sich Hunger nannte. Rasch sah sie zu Nero. Sie konnte sein Gesicht nicht sehen und der Bann verhinderte, dass er sich Bewegen konnte. Sie konnte und wollte sich nicht vorstellen, wie er sich fühlen musste. Die Seele schwebte über ihn hinweg, direkt auf das Wesen zu, was langsam und genüsslich seine Hand darum legte. Langsam drehte Hunger seinen Körper und führte seine Hand von oben zu seinem Maul. Anders konnte sie den Schlund nicht nennen. Er schien mehrere Reihen von Zähnen zu haben und war groß genug sie mit einem Bissen verschwinden zu lassen. Plötzlich spürte sie, wie der Bann sich straffte, schwächer wurde, als würde jemand daran ziehen. Dann sah sie Nero. Trotz der Allmacht des Bannes, hatte er es geschafft, seinen Oberkörper aufzurichten, stütze ihn mit den Armen und Händen ab. Langsam zog er ein Knie an, bis der Fuß sicher auf dem Boden stand. Danach folgte der andere. Während der ganzen Zeit hörte sie immer wieder ein Wort, leise, wie einen Lufthauch: Nein. Mit einem Schrei richtete sich der Jäger vollends auf und zerriss den Bann, der ihn am Boden gehalten hatte. Yassie konnte nicht glauben, was sie da sah. Sie hatte schon viele male einen Bann gelegt, um sich zu schützen, falsche Spuren zu legen, oder einfach nur jemanden einen Streich zu spielen. Aber noch nie hatte sie gesehen, dass jemand einen Bann einfach so gebrochen hatte. Nero taumelte eine Sekunde, bevor er los sprintete, direkt auf den Reiter zu. Die Macht der Verzweiflung hätte Garver garantiert gesagt, wenn er Nero gesehen hätte. Woher auf einmal die Kraft kam, konnte er nicht sagen. Und im Moment war es ihm egal. Er wollte nur eines. Die Seele seiner Liebsten vor dem Schlund dieses Monsters zu retten. Ohne Nachzudenken sprintete er los, direkt auf Hunger zu. Die Pranke des Wesens war nur noch ein kleines Stück von dem mächtigen Maul entfernt. Nero hatte die Hälfte des Weges hinter sich gelassen, als es auf einmal die Hand öffnete. Der Schlund wurde aufgerissen und die Seele segelte, wie ein Blatt im Wind, in das gewaltige Maul. Erneut hört Nero sich schreien. Doch der Maul schloss sich so schnell wie es sich geöffnet hatte. Der Reiter drehte seinen Kopf und sah Nero scheinbar grinsend an. Noch ist es nicht zu spät, sagte er sich in Gedanken, Noch kann ich sie retten. Dann erreichte er endlich das Wesen. Regungslos stand es vor ihm und sah ihn belustigt an. Doch Nero registrierte es gar nicht und setzte zum Sprung an. Er erreichte gerade so das Handgelenk , stemmte seine Beine gegen die Oberschenkel des Wesens und schob sich Höher. Hungers Augen folgten ihm. Die ganze Körpersprache des Wesens zeigte Nero, wie Chancenlos es war, was auch immer er versuchte. Aber er würde erst aufgeben, wenn er wusste, dass sie in Sicherheit war. Dann hatte er endlich den Kopf erreicht. Du weist, was du zu tun hast, hörte er auf einmal die Stimme seines teuflischen Freundes. Neros Augen verengten sich. Ja, er wusste, was zu tun war. Er holte mit der Linken aus, und lies sie auf den mächtigen Schlund zurasen. Im ersten Moment grinsten ihn die monströsen Zähne noch an. Im nächsten sahen Hungers Augen ihn irritiert an. Und dann spürte Nero die Kraft in sich aufsteigen. Mit einem Ruck drang sein Arm durch die mächtigen Beißer und er öffnete die Hand.. Die Schmerzen in seinem Arm bemerkte Nero nur am Rande. Er brauchte nicht lange in dem Maul herum zu wühlen. Sofort spürte er die sanfte Wärme, in seiner Handfläche. Vorsichtig schloss er die Hand darum und stieß sich mit aller Kraft von der Brust des Reiters ab. Die Landung würde ein einziger unkontrollierter Sturz werden, aber das nahm er gerne in Kauf. Noch in der Luft rollte er sich so gut zusammen wie es ging, die Hand mit der Seele schützend in der Mitte. Den Aufprall realisierte er kaum. Er war sofort wieder auf den Beinen und rannte zu seiner Freundin. Schlitternd kam er neben ihr zum stehen und kniete sich hin. „Nero, dein Arm.“, hörte er Alex verblüfft sagen. Aus den Augenwinkel sah Nero seine Extremität an. Sie hatte sich wieder verändert, wie damals vor drei Monaten. Aber dafür blieb später auch noch Zeit. Vorsichtig legte er die Seele auf die Brust ihrer Besitzerin. Er wusste nicht, was geschehen würde. Er konnte nur hoffen, das etwas Geschah. Aber nichts passierte. Wieder spürte Nero die Tränen in sich aufsteigen. Das Gefühl versagt zu haben, sie im Stich gelassen zu haben, schlich sich in sein Herz. Bewegungslos lag die Seele auf ihr. Leise flüsterte er ihren Namen. Wieder und immer wieder. Dann schwieg er, sein Körper zuckte während die Tränen seine Wange entlangliefen. Ein letztes Mal rief er ihren Namen, schrie ihn in die Nacht hinaus. Doch sie reagierte nicht. „Das ist der Bann!“, rief Yassie plötzlich, „Aber ich kann ihn nicht lösen.“ Nero sah sie fragend an. „Der Bann ist mit ihm Verbunden.“, erklärte sie Hektisch, „Solange er lebt, wird der Bann bestehen.“ Langsam richtete sich sein Blick wieder auf seine Freundin. Zögernd beugte er sich vor und seine Lippen berührten ihre Stirn. „Es wird nicht lange dauern.“, flüsterte er und stand auf. Yassie hörte Nero schreien. Hastig sah sie auf. Nero kniete neben seine Freundin. Ihre Seele lag auf ihrer Brust, aber etwas verhinderte, dass sie sich verbanden. Dann erkannte sie den Bann, der ihren Körper am Boden hallten sollte. Das Muster strahlte intensiv. „Das ist der Bann!“, rief sie Nero zu, „Aber ich kann ihn nicht lösen.“ Neros Kopf drehte sich langsam. Mit tränenverschleierten Augen sah er sie an. „Der Bann ist mit ihm Verbunden.“, erklärte sie hastig, „Solange er lebt, wird der Bann bestehen.“ Langsam sah Nero wieder zu seiner Freundin. Langsam beugte er sich zu ihr und seine Lippen berührten ihre Stirn. Yassie spürte, wie ihr die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Nur einen Wimpernschlag später fühlte sie sich, als sei das Gewicht der Welt von ihren Schultern genommen worden. Sie holte tief Luft, und wollte sich gerade wieder dem Bann widmen. Doch da war nichts mehr. „Verdammter Narr!“, schrie der Teufel wütend, „Du kannst nicht gewinnen!“ „Dann lasst mich gehen, Herr.“, erwiderte sein Untergebener tapfer, „Ihr wisst, dass ich ihn besiegen kann.“ Mit einem Ruck sah der Teufel den anderen an. „Ich weis, dass du siegen würdest.“, erwiderte der Teufel ruhig, „Aber du bist zu Wichtig, als dass ich es riskieren würde.“ Kaum dass der Bann verschwunden war, sprang sie auf. Noch immer kniete Roman regungslos auf der Stelle, der Blick apathisch auf den Boden gerichtet. Wie fühlt es sich an, wenn einem das Blut in den Adern brennt. Sofort kniete sich Katja neben ihren Kameraden. „Roman!“, schrie sie ihn an, „Sag was verdammt!“ Doch nur ein Krächzen kam über seine Lippen. Vorsichtig schob sie ihm die Oberlippe hoch und sah sofort die verlängerten Fangzähne. Ein deutliches Zeichen dafür, dass er Blut brauchte. Sie fluchte leise vor sich hin, als sie sich hinter ihn kniete und seinen Oberkörper nach hinten zog. Hastig griff sie nach ihrem Dolch, der an ihrer Hüfte hing. „Ich hasse das.“, flüsterte sie leise. Mit der Spitze der Klinge fuhr sie ein kleines Stück über ihren Unterarm. Sofort begann die Wunde zu bluten und der Schmerz setzte ein. „Dafür hab ich was gut.“, flüsterte sie und presste die Wunde an den Mund des Vampirs, „Und jetzt trink endlich.“ Kaum dass sie seine Lippen an ihrem Handgelenk spürte, lies sie ihren Blick durch die Halle schweifen. Zu ihrer Linken richteten sich Bastian und Alex wieder auf, die Hände noch immer an den Waffen. Unmerklich wanderte Katjas freie Hand zu ihrer Seite. Mit einem erleichterten Seufzen registrierte sie die MP5, die dort noch immer hing. Obwohl sie bezweifelte, dass sie hier helfen würde. Ihr Blick wanderte Weiter, sah weiter vor sich Yassie, wie sie neben Neros Freundin kniete, ihre schwere, neue Waffe in der Hand. Rechts, ein Stück hinter ihr erkannte sie Samuel, Tanja und ihren Schattenwolf, der sich Schützend vor ihr aufgebaut hatte. Tanja sah zu ihr. Unsicherheit und Angst in ihrem Blick, dann nickte sie und ihr Blick glitt wieder an ihr vorbei. Katja folgte ihrem Blick. Und spürte, wie ihr Unterkiefer herunter klappte, als sie Nero sah. Weist du, er war wie ein Berserker, ein Monster um Kampf. Wer? Nero, der Teufelsschlächter. Auch wenn Yassie die Waffe in ihrer Hand spürte, so fühlte sie sich wehrlos. Hunger hatte sie binnen Sekunden mit einem Bann belegt, der sie alle auf dem Boden festnagelte. Roman setzte er mit einem anderen Fluch außer Gefecht. Automatisch sah sie zu dem Vampir. Er lehnte mit dem Rücken an Katja und ihr Arm war an seinen Mund. Sie wusste, was da gerade passierte und fühlte sich seltsam dabei.Wie ein ungebetener Zuschauer. Rasch sah sie sich um, versuchte sich einen Überblick der Lage zu verschaffen. Sie alle waren bereit im Notfall zuzuschlagen. Auch wenn sie sicher waren, dass es nichts bringen würde. Wieder richtete sich ihr Blick auf Neros Freundin, die neben ihr lag. Die leuchtende Sphäre hatte weiter an Substanz verloren, war nur noch ein Schemen. Nicht mehr lange, dann würde sie verschwinden. Etwas in Yassies innerem Verkrampfte sich, und sie brauchte jeden Funken Willenskraft um die Tränen zu unterdrücken. Dann sah sie zu Nero. Er kämpfte wie ein Besessener gegen den Reiter. Aber er schaffte es nicht wirklich ihm ernsthaften Schaden zuzufügen. Ein paar kleine Schnitte waren zu sehen, aber nicht genug um den Bann zu brechen, der auf seiner Freundin lag. Nero wirbelte herum, setzte Hunger nach. Die Fähigkeiten des Wesens waren unglaublich, blitzschnell und stark. Er hatte es zwar geschafft, vereinzelte Treffer zu landen, aber sie schienen keine Wirkung zu haben. Diejenigen, die Nero einstecken musste umso mehr. Er spürte seinen geschundenen Körper bei jeder Bewegung. Wenn er Glück hatte, und es schaffte Hunger zu besiegen, würde er einige Blaue Flecke vorzuweisen haben. Vielleicht auch den ein oder anderen gebrochenen Knochen, den er unter seinem Adrenalinrausch nicht bemerkte. Neros Schwert schnellte parallel zu Boden, wusste das Hunger ausweichen würde, aber darauf wartete er. Mit einem Satz nach hinten brachte das Wesen sich in Sicherheit, schien fast zu grinsen. Doch zu spät bemerkte es Nero, der ihm mit einem Sprung nachgesetzt hatte. Einem Sprung, den er Selbst nicht glauben konnte. Fast zwei Meter in die Luft und ebenso weit nach vorn. Und dabei hatte er erst den Zenit erreicht. Er nahm alle Kraft zusammen, riss das Schwert über den Kopf und betrachtete Hungers ungläubigen Blick. Dann hatte die Schwerkraft Nero wieder im Bann, zog ihn zurück auf die Erde. Und dann riss er das Schwert herunter. Die Klinge schnitt tief in die Schulter, bevor Hunger sich aus der Reichweite des Schwertes entfernen konnte. Nero kam auf, vollführte eine Rolle und blieb kniend vor Hunger in Position. Verwirrt betrachtete Hunger die Wunde. Er bewegte den Arm, lies ihn Kreisen. Die Verletzung schien ihm nichts auszumachen. Was hast du auch erwartet?, hörte er die Stimme des Teufels, Schließlich ist er einer der Reiter. Komme was wolle, ich werde ihn vernichten, entgegnete Nero entschlossen, Ich darf nicht wieder versagen. Ich weis, aber wenn du so weiterkämpfst, wirst du vor Erschöpfung sterben und nicht weil er dich erledigt hat. Nero schwieg einen Moment, Hunger nicht aus den Augen lassend. Früher habe ich schon einmal verloren, was mich am Leben gehalten hat. Dasselbe wird mir nicht noch einmal passieren. So sei es., drang die Stimme des Seinen Kopf. Katja begriff nicht, wo Nero diese Kraft hernahm. Vielleicht war es von seinem Pakt damals. Aber sie glaubte nicht, dass es das allein war. Plötzlich spürte sie etwas feuchtes an ihrem Handgelenk. Ein flüchtiger Blick zeigte ihr, dass Roman über die Wunde leckte, sie verschloss. Mit einem wohligen Seufzen lies er den Kopf gegen ihre Schulter sinken. Mit einem matten Lächeln sah sie auf. Wieder fiel ihr Blick auf Nero. Er schien in der Luft stehen geblieben zu sein, Hunger wich zurück, aber nicht weit genug. Nero schaffte es ihn zu verletzen. „Sie mal einer an.“, hörte sie plötzlich eine Stimme. Wie ein Hauch, dünn und nicht menschlich. „Er sollte vorsichtiger sein.“, erwiderte eine zweite Gestalt, „Ansonsten hätte sich der Meister nicht diese Arbeit machen brauchen.“ Zwei Schatten standen da, pechschwarz und hoben sich nur leicht aus der Ecke ab, in der sie standen. Plötzlich drehte einer seinen Kopf, sah sie an und legte den Kopf schief. Dann traten beide aus der Dunkelheit. „Das ist sie, nicht wahr?“ „Du hast recht.“, ein Kichern, „Wir hätten sie damals auch holen sollen.“ Irritiert sah Katja von einem der Schatten zu anderen. Es dauerte einige Sekunden, bevor sie begriff was sie meinten. Und im selben Moment spürte sie die Wut in sich aufsteigen. „Sie wird sich wehren, oder?“ „Sicherlich. Aber es wird ihr nicht nützen.“ Plötzlich schoss der erste Schatten los. Doch er schaffte nur wenige Meter. Deutlich konnte sie Bastians Schrotflinte hören und Alex Pistolen. Aber es war noch ein anderes Geräusch darunter. Dann sah sie es. Yassie Schoss ebenfalls. Dumpfe laute Schläge. Das Stakkato schien nicht aufhören zu wollen. Doch plötzlich wurde es still. Binnen Sekunden hatten ihre Freunde den Schatten in ein Sieb verwandelt. Das Wesen stürzte. Aber noch wollte es nicht aufgeben. Langsam, kraftlos wollte es sich voran ziehen. Doch es schaffte keinen Meter mehr, bevor es zusammenbrach. Mit einer Spur Erleichterung sah sie, wie der Schatten an Essenz verlor und sich einfach auflöste. „Wie dumm.“, hörte sie den anderen Schatten. Dann war schon Bewegung in ihn gekommen. Sofort donnerten die Schüsse. Aber es war wie verflucht. Der Schatten schaffte es allem Auszuweichen, was ihre Freunde für ihn parat hatten. Zwischenzeitlich hatte Alex sogar auf seine Ingrams gewechselt. Erfolglos. Plötzlich schoss ein heller Schemen an ihr vorbei. Einen Wimpernschlag später realisierte sie, dass es Samuel war. Seine Klinge war blitzschnell. Aber auch sie verfehlte. Es waren nur noch ein paar Meter, die das Wesen zu überwinden hatte. Im Bruchteil einer Sekunde hatte Roman sich bewegt. Er war aufgesprungen und bewegte sich auf den Schatten zu. Seine Bewegungen waren Atemberaubend schnell. Doch nur einen Wimpernschlag später segelte er an ihr vorbei. Dann war der Schatten schon vor ihr. „Wir hätten dich damals suchen sollen, weist du?“, sagte er und seine glühend weißen Augen waren aufgerissen, „Aber wir dachten, du würdest auf ihn hören.“ „Wage es nicht seinen Namen zu sagen.“, drohte Katja leise, die Stimme nur ein Flüstern. „Und warum nicht?“, kicherte das Wesen. Das Wesen beugte sich ein Stück vor, sein Kopf neben dem von Katja. „Du weist, wie er hieß, nicht wahr?“, zischte der Schatten, „Bis wir ihn getötet haben.“ Es war ein Stich in Katjas Herz. Sie hatte es vermutet, aber jetzt die Gewissheit zu haben schien ihr alle Kraft zu rauben. Diese Monster hatten ihren Freund ermordet. Ihr kam es vor wie Jahre, als sie den geschundenen Körper in der zerstörten Wohnung fand. Wie er in ihren Armen starb. Eine Träne lief über ihre Wange, als sie daran zurück dachte. „Aber keine Sorge, du wirst ihn gleich wiedersehen.“ Einem Impuls folgend hob sie ihre MP5, doch da hatte sich der Schatten schon auf sie gestürzt. Von allen Seiten schien sie ihren Namen zu hören. Er kniete auf ihr, eine Hand presste sie auf den Boden, die andere erhoben. So darf es nicht zu Ende gehen., dachte sie traurig. Das wird es auch nicht, schlich sich eine andere Stimme in ihren Kopf. Plötzlich war da noch eine andere Gestalt, nur ein Schemen. Ein letztes Mal. Blitzschnell hatte die Gestalt den erhobenen Arm des Schattens gepackt. Wie von alleine wanderte ihre Hand zu ihrem Dolch. Dann erkannte sie die Gestalt. Tränen rannen ihre Wangen hinab und verschleierten ihre Sicht. „Du bist tot!“, hörte sie den Schatten panisch schreien. Ein leises Lachen drang an Katjas Ohr. „Solange sich noch eine einzige Seele an mich erinnert, so werde ich ewig sein.“ Unsicher zog sie den Dolch aus der Scheide. „Und solange Menschen an mich denken, werde ich sie beschützen.“ Zögernd hielt sie die Waffe in der Hand. „Du weist, was du zu tun hast.“ Ja, das weis ich. Mit einem Ruck trieb sie die Klinge in die Brust des Schattens. Ein leises, bitteres Lachen. „Durch die Waffe eines Toten sterben.“, keuchte der Schatten, „Jämmerlich.“ Doch schon im nächsten Moment löste er sich auf. Zusammen mit dem Schemen ihres alten Freundes. „Alles in Ordnung?“, hörte sie plötzlich Tanjas Stimme, „Bist du verletzt?“ Mit einer hastigen Bewegung wischte sich Katja die Tränen aus den Augen. „Alles klar.“, zwang sich Katja zu Lächeln. Einen kurzen Moment lächelten sie. Dann hörten sie den Schrei. Nero parierte Hungers Angriff mit dem Schwert, wehrte den Folgeangriff mit seinem veränderten Arm ab und setzte zum Gegenangriff an. Schnell und präzise präzise bohrte sich Neros Schwert in den Leib Hungers. Zum ersten mal schrie das Wesen und Nero wurde bewusst, dass er Hunger wirklich verletzen konnte. Ein Gefühl der Euphorie durchströme ihn, dass er es doch schaffen könnte, dass all seine Bemühungen doch nicht umsonst waren. „Du wirst fallen, Hunger.“, sagte Nero düster. Erneut griff er an. Doch dann hörte er Yassie schreien. Sofort blieb er stehen. Ein kalter Schauer kroch seinen Rücken hinauf. Und Nero hatte das Gefühl, als würde er auf Höhe seines Herzen aufhören. „Bitte nicht.“, flüsterte er. Hastig fuhr er herum, sah zu seiner Freundin und zu Yassie, die neben ihr kniete. Nero fühlte sich wie gelähmt. Ihre Seele war verschwunden. Dann verlor er den Boden unter den Füßen, spürte, dass er flog. Er spürte, wie sein Schwert aus der Hand glitt. Hart und unsanft landete, aber das war alles Nebensache. Sein Körper fühlte sich schwer wie Blei an, als er aufstand und auf die beiden zuging. Seine Sicht verschwamm und plötzlich fühlten sich seine Wangen nass an. Er sank neben seiner Freundin auf die Knie, wischte sich hastig über das Gesicht. Doch er spürte, wie sich neue Tränen anbahnten. Er sah ihr ins Gesicht, auf die sanften Züge. Die Augen, die ihn so oft freudig angesehen hatte, die Nase, die sie gerümpft hatte, wenn er nach einer anstrengend Jagd zurück gekommen war. Ihre Lippen, sanft und weich, warm. Und ihre Stimme, die ihn so oft vor dem Wahnsinnig werden gerettet hatte. All das war weg. Nie wieder. Nie wieder ihre strahlenden Augen sehen, ihr Lachen hören, ihre Umarmung, ihre Wärme spüren. Sanft fuhr er mit seiner normalen Hand über ihre Wange. Nie wieder. „Nero!“, sagte Yassie hart und nahm sein Gesicht in ihre Hände, zwang ihn, sie anzusehen. „Es hat viel zu lange gedauert.“, meinte Hunger zu sich selbst, „Und ich leide.“ Seine Züge wurden hart. Jetzt konnte er Essen. Nero war gebrochen, aber die Seele des Mädchens hatte sich leider verflüchtigt. Zu Schade. Sie hat richtig süß geschmeckt. Aber hier waren noch genug Seelen um ihn zu nähren. Und dann würde er die Welt verschlingen. Einen Schritt machte er auf die Menschen zu, dann noch einen. Die Wunden, die Nero und sein verfluchtes Schwert ihm zugefügt hatten Schmerzten, würden ihn aber nicht aufhalten können. Noch ein Schritt. Plötzlich erschien vor ihm ein Ring aus Feuer. Mit einem Schrei stürzte sich der Teufel auf Hunger, in seiner Hand ein flammendes Schwert. Der Angriff war schnell, brachial. Doch er war nicht mehr so mächtig wie vorher, also konnte er nicht darauf Hoffen, Hunger einfach besiegen zu können. Die Zeit verging in Zeitlupe, als die Flammen sich dem Reiter näherten. Und er konnte nur Hoffen, dass er ihn verletzen konnte. Das Flammenschwert traf und löste sich sofort auf. „Verräter haben keine Macht.“, klang Hungers Stimme leise und drohend, „Und kein Recht zu Leben.“ Es war ein gerader Schlag mit der Faust. Und erst jetzt realisierte der Teufel, wie schlecht seine Chancen wirklich standen. Hungers Angriff riss ihn von den Füßen, lies ihn taumeln, stürzen. „Ich werde dir nicht erlauben, ihnen etwas anzutun.“, sagte der Teufel und richtete sich schwerfällig auf. „Wie willst du das verhindern?“,fragte Hunger neugierig. Noch während er das sagte, hob er die Arme und richtete seine Handflächen auf den Teufel. Ohne Vorwarnung schossen Flammen aus seinen Handflächen hervor, tiefrotes Feuer. Direkt aus der Hölle. Er machte sich so breit wie möglich, kreuzte die Arme vor seinem Kopf und versuchte sich so gut wie möglich zu schützen. Dann waren die Flammen bei ihm. Aber er spürte keine Hitze, keine Schmerzen. Dann war das Feuer verschwunden. Langsam senkte der Teufel seine Arme und konnte in Hungers Gesicht ein zufriedenes Grinsen sehen. Jetzt erst betrachtete er seine Arme. Die Außenseite war pechschwarz. Jetzt wurde ihm Bewusst, warum er nichts gespürt hatte. Die Flammen hatte seine Arme bis auf die Knochen hin verbrannt. Aber er spürte schon lange keinen Schmerz mehr, nicht wenn er es nicht wollte. Und diesen Luxus dürfte er sich jetzt nicht erlauben. Er sah über die Schulter, sah Nero, neben seiner Gefährtin kniend. Yassie hatte ihm die Hände aufs Gesicht gelegt und sprach mit ihm. Weiter hinten sah er Katja und den Vampir, wie sie sich beide gegenseitig versuchten zu schützen. Die beiden jungen Männer, die mit Katja unterwegs waren hatten sich ein wenig verteilt, die Waffen fest in der Hand und in ihren Augen war kein Platz für Angst. Weiter hinten sah er den Gardisten, Samuel, sowie Tanja und ihren Wolf. Beide sahen ihn mit einer Mischung aus Angst und Ehrfurcht an. Ich darf nicht sterben. Ich darf sie nicht schutzlos lassen. Mit einem Ruck sah er Hunger wieder an. „Bereit oder nicht.“, grinste der Reiter, „Du wirst jetzt verbrennen, zusammen mit diesen Menschen.“ Erneut schossen Flammen aus den Händen des Reiters. Dunkler, intensiver als zuvor. Mit aller Macht, die er aufzubieten hatte, bereitete sich der Teufel auf den Aufschlag vor. Aber es passierte nichts. Vorsichtig lies er die geschundenen Arme sinken. Die Flammen spaltete sich vor ihm, schossen links und rechts an ihm vorbei. Er rief sich noch einmal die Position der anderen in den Kopf und stellte zufrieden fest, dass keiner Verletzt werden würde. Einem Impuls folgend sah er nach unten. Und es passierte das erste mal in seiner ganzen Existenz: Es verschlug ihn die Sprache. Vor ihm stand Nero. Das Tachi in der menschlichen Hand, die andere hatte er auf die Flammen gerichtet. Hellrot strömte Energie aus dem Arm, sammelte sich weiter vorn und teilte die Flammen. „Unmöglich.“, flüsterte der Teufel, „Woher nimmst du diese Kraft.“ „Sie hat mir gesagt, dass ich ihn fertig machen soll.“, erwiderte Nero und der Teufel konnte sein Grinsen fast spüren, „Und einer Lady schlägt man keine Bitte ab.“ Mit einem Ruck fuhr der Teufel herum. Neros Gefährtin lehnte an Yassie. Sie wirkte schwach, ausgelaugt, aber ihre Augen waren offen und sahen zu ihm herüber. „Unmöglich.“, hauchte er. „Nichts ist unmöglich.“, erwiderte Nero. Mit diesen Worten hob er das Schwert. Die Klinge strömte die selbe Energie aus, wie sein Arm. Nun sammelte sie sich und färbte die Klinge komplett rot. Mit einem Ruck riss er es nach unten. Die Energie schien sich von der Klinge zu lösen und verband sich mit der Kraft, die das Feuer aufgehalten hatte. Unaufhaltsam spaltete sie das Inferno und traf den vollkommen überraschten Hunger. Das Inferno, was Hunger ihnen entgegen schleuderte verebbte. Und erst jetzt konnte der Teufel sehen, dass Nero sogar den Reiter erwischt hatte. Eine dünne Spur zog sich vom Scheitel bis zum Schritt. Ungläubig betrachtete er Nero. „Wer bist du?“, fragte er zitternd. „Ich bin Nero, der Teufelsschlächter.“, erwiderte Nero dunkel, „Ich bin der Ungläubige, ein Schatten in den Ebenen. Ein Flüstern nur, ein Lied für dich. Deine Seele singt den Refrain für mich.“ Nun begann Hunger zu Zittern. „Das ist unmöglich.“ Ein Lächeln stahl sich auf das Gesicht des Teufels. Nichts ist unmöglich. Nero war wie gelähmt vor Trauer und Schmerz gewesen. Er sah seine Freundin, ihre Seele war verschwunden und er war in ein tiefes Loch gefallen. Erst als Yassie ihn zwang sie anzusehen hörte er auch wieder ihre Stimme. „Sie lebt.“, hatte sie eindringlich gesagt, „Ihre Seele ist wieder mit ihr verschmolzen.“ Sanft befreite er sein Gesicht aus ihren Händen, schüttelte den Kopf. Doch plötzlich spürte er eine weitere Hand an seiner Wange. Wie in Zeitlupe sah er zu seiner Freundin herunter. Sie hatte die Augen halb geöffnet und lächelte schwach. „Mach ihn fertig.“, flüsterte sie, bevor sie den arm langsam sinken lies. Er wollte sie in seine Arme schließen, einfach nur festhalten. Aber er wusste genauso gut, dass er Hunger besiegen musste. Er nickte knapp und sah in die Richtung seines Feindes. Ein Flammenstrahl verebbte gerade, als er seinen ehemaligen Paktpartner dort stehen sah. Nun stand er hier. Die Flammen waren erloschen und Hunger sah ihn an, als wäre er nur ein Geist. Seine Hand legte sich fester um sein Schwert. Es war kein Platz mehr für Zweifel. „Ich werde deine Hilfe brauchen.“, meinte Nero halblaut. „Immer, mein Freund.“, erwiderte der Teufel und ein tiefes Grollen war zu hören. Mit einem Grinsen auf den Lippen stürmte er los. Die Spitze der Klinge schliff über den Boden und verursachte ein mehr als unangenehmes Geräusch in seinen Ohren. Doch darauf konnte er jetzt weder Zeit noch Energie verschwenden. Hunger regte sich nicht. Er schien einfach erstarrt zu sein. „Nero!“, hörte er den Teufel auf einmal rufen. Er sah hastig über seien Schulter. Sein alter Partner stand hinter ihm ,die Arme leicht von Körper abgespreizt und in seinen Klauen brannte tiefrotes Feuer. „Wirf!“, erwiderte der Jäger und richtete seine Aufmerksamkeit wider auf den Reiter. Er konnte das Feuer nicht sehen, aber spüren. Nicht nur die Hitze die es ausstrahlte, sondern das Feuer selbst, wo im Raum es sich befand, wohin es gehen würde. Erklären konnte er es sich nicht, was ihm aber auch egal war. Er wartete einige Sekunden, dann sprang er. Die Flammen waren nun Genau vor ihm. Zwei Feuerbälle, tiefrot und alles verschlingend. Instinktiv holte er aus und warf sein Schwert. Kreisend berührte es einen der Feuerbälle, der sich sofort um die Klinge legte. Nach dem zweiten Griff er. Das ist vollkommen irre, sagte sein gesunder Menschenverstand. Du kannst es schaffen, erwiderte die Hoffnung in ihm. Dann berührte er die Flammen. Aber sie sprangen nicht über, wie er befürchtet hatte. Als er wieder zu Hunger sah, konnte er gerade noch sehen, wie sich sein Schwert in dessen Schulter bohrte. Der Reiter schrie wie von Sinnen. Verständlich, dachte Nero, wenn sich das Feuer durch den Körper frisst. Aber der Schmerz schien Hunger aufgeweckt zu haben. Erst jetzt realisierte er Nero und breitete die Arme aus. Sofort erschienen in seinen Händen ebenfalls Flammen. „Leuchtendes Schwert des Himmels!“, donnerte Samuels Stimme durch die Halle, „Strecke meine Feinde nieder!“ Mit einem lauten Knall gab ein Stück des Daches nach. Innerhalb eines Wimpernschlages zerschnitt ein Blitz die Dunkelheit und schlug in den Körper des Reiters ein, besser gesagt, in Neros Schwert. Dieser wurde zu Boden gedrückt. Dann war Nero auch schon bei ihm. Mit einem Satz sprang er auf die massive Brust des Wesens. „Du kannst mich nicht töten.“, keuchte es. Nero konnte seinen ganzen Hass auflodern fühlen. Den ganzen Hass von so vielen Jahren. „Möge dein Herr deiner Seele gnädig sein.“, sagte er kalt, „Oder vielmehr dem, was das Feuer übrig lässt.“ Mit einer Ruck stieß er die Hand mit dem Feuer in Hungers Schlund und öffnete sie. Mit der anderen Hand riss er sein Schwert aus dem Leib und sprang zurück. Er wusste nicht, wozu dieses Feuer im Stande war und wollte es nicht am eigenen Leib herausfinden. Noch immer betrachtete er Hunger. Regungslos lag der Reiter am Boden, Flammen drangen aus jeder Wunde und Jeder Körperöffnung und verwandelten den Körper langsam in Asche. Er machte zwei Schritte zurück, doch dann gaben seine Beine nach. Langsam fiel er nach hinten und rechnete jeden Moment damit, dass er mit dem Kopf aufschlagen würde. Doch da war jemand und hatte ihn aufgefangen. „Du bist ein selten dämlicher Idiot.“, sagte der Teufel gepresst. „Ich weis.“, erwiderte Nero müde, „aber sehe es von der positiven Seite.“ „Die gibt es?“, fragte der Teufel und trug Nero langsam zurück zu den anderen. „Klar.“, erwiderte Nero grinsend, „Wir leben noch.“ Kapitel 16: Krallen und Blut ---------------------------- Genüsslich zog Nero an der Zigarette. Er hatte sich vorgenommen, nicht vor seiner Freundin zu rauchen. Aber sie hatte gemeint, dass es sie nicht stören würde. Aber nicht nur er frönte dem blauem Dunst. Auch Katja und Yassie hatten sich einen Glimmstängel genehmigt. „Raucher sterben früher.“, meinte er zu sich selbst. Als er in die Gesichter seiner Freunde sah, konnte er sie Lächeln sehen. Katja und ihre Freunde, Tanja, sogar Samuel lächelte, obwohl sein Blick öfter an Nero vorbeiglitt. Nur seine Freundin sah in mit einer Mischung aus Erstaunen und Trauer sehen. Sofort legte sich seine gute Laune ein Stück. „Sieh aber zu, dass du nicht zu früh stirbst.“, meinte sie nun mit einem schwachen Lächeln, „Ich will ja noch was von dir haben.“ „Dann sollte er so etwas wie heute so schnell nicht wiederholen.“, meinte der Teufel hinter ihm. „Hatte ich auch nicht vor.“, erwiderte Nero und sah ihn grinsend an. Langsam schlich sich eine angenehme Ruhe ein. Sie gab ihnen die Zeit das eben Geschehene weiter zu verarbeiten. „Geht es wieder?“, erkundigte sich der Teufel ruhig. „Versuch macht klug.“, erwiderte Nero schulterzuckend. Langsam nahm der Teufel seine Pranken von Neros Schultern. Vorsichtig begann er aufzustehen. Doch kaum dass er gerade Stand, begann die Welt um ihn herum sich wieder zu drehen. Sofort waren ein Dutzend Hände da, die ihn stützen und ihm halfen sich wieder auf die Kiste zu setzen. „Dummer Versuch.“, meinte Nero und kämpfte gegen die Übelkeit. Beinahe sofort spürte er die Hände des Teufels auf seinen Schultern und spürte die Energie, die er in seinen Körper leitete. „Nero?“, meldete sich Samuel plötzlich. Die ganze Zeit hatte er nur geschwiegen und abwechselnd zu dem Jäger und dem Teufel gesehen. „Woher kennt ihr euch?“, fragte er vorsichtig. „Lange Geschichte, schnell erzählt.“, meinte der Teufel, „Ich habe ihn gerettet, war sein Paktpartner, bis der Pakt erfüllt war, ich frei war und seitdem ab und an mal ein Auge auf ihn geworfen hab.“ „Das war es im Groben.“, meinte Nero schulterzuckend. Langsam nickte Samuel. Doch an seinem Gesichtsausdruck erkannte Nero, dass er noch ein wenig brauchte, bis er es endgültig verdaut hatte. „War es wirklich einer der Reiter?“, erkundigte sich Alex vorsichtig. „Ja.“, meinte der Teufel ruhig, „Aber er wird nie wieder irgendetwas tun können.“ „Warum?“, erkundigte sich Tanja. „Weil das Feuer, das Höllenfeuer, seine Seele, seine Essenz verbrannt hat.“, erklärte der Teufel gelassen, „Somit wird eine Wiedergeburt unmöglich.“ Plötzlich stand Neros Freundin auf. Langsam trat sie neben ihn. „Aber da wäre noch etwas zu klären.“, meinte sie mürrisch. Verwirrt betrachtete Nero sie. „Du hast mich bei meinem Namen genannt.“, sagte sie und lächelte, „Und ich denke, gleiches Recht für alle, oder Lysander?“ Er konnte sie nur anstarren, schien unfähig zu reden oder gar zu atmen. Langsam lies er seinen Kopf hängen. Erst jetzt viel es ihm wieder ein. Ab jetzt wäre sie in Gefahr. „Mach halblang.“, mischte sich sein unmenschlicher Freund ein, „Dieser Raum war komplett abgeschottet. Niemand hat etwas gehört, und solange ich da bin wird auch niemand etwas hören.“ Mit einem Ruck sah Nero ihn an. Auf dem Gesicht des Teufels zeichnete sich ein Grinsen ab. Erleichtert seufzte er. „Des weiteren wird dich so schnell niemand mehr reizen wollen.“, sagte er nebensächlich, „Du hast einen der vier Reiter erschlagen, das schafft Respekt.“ „Aber ich war es nicht alleine.“, widersprach Nero und sah seine Freunde an, „Ohne euch hätte ich es nicht geschafft.“ Die Reaktionen könnten nicht unterschiedlicher sein. Alex kratzte sich verlegen am Kopf, Basti und Katja grinsten nur, während Yassie förmlich strahlte. Samuel nickte anerkennend, Tanja lächelte schwach und Roman wirkte emotionslos wie eine Statue. Plötzlich klopfte der Teufel Nero auf die Schulter. „Das sollte jetzt wirklich reichen.“, meinte er zufrieden, „Ihr solltet euch langsam auf den Weg machen.“ Traurig nickte Nero. Einerseits genoss er die Ruhe und das Sitzen. Zum anderen wollte er seinen Freund nicht schon wieder gehen lassen. „Samuel.“, wandte sich der Teufel nun an den Gardisten, „Gönne ihnen einen Tag ruhe, sie haben es sich verdient.“ Noch ehe der Gardist etwas erwidern konnte war der Teufel verschwunden. Verwirrung machte sich auf Samuels Gesicht breit. Doch schon im nächsten Moment machte sie dem entsetzen Platz. Mit einem Ruck sprang Samuel auf und rannte zur Tür. Sofort waren auch Nero und die anderen auf den Beinen und folgten ihm. Für einen Moment fürchtete der Jäger, dass seine Beine wieder nachgeben würden. Aber sie trugen ihn ohne Probleme. Noch im Laufen riss Samuel sein Schwert von der Hüfte. Dann hatte er auch schon die Tür erreicht und warf sich gegen sie. Der Schwung schien die Tür aus den Angeln reisen zu wollen. Nach einem strauchelnden Schritt hatte er sich wieder gefangen, dass Schwert über den Kopf gehoben und den Griff mit beiden Händen umfasst. Langsam lies er es wieder sinken und sah sich um. Auf dem Weg hatte Nero sein Kurzschwert und seine Pistole gezogen. Doch draußen angekommen sah er, dass es nicht nötig war. Langsam lies der Jäger seinen Blick über den Platz gleiten. Überall lagen die Überreste von Dämonen. Er konnte ausschließlich Schnittwunden erkennen. „Lord Samuel!“, hörten Nero plötzlich eine Stimme über sich. Schon im nächsten Moment landeten Samuels Gardisten vor ihnen. „Geht es euch gut?“, fragte dieser hastig, „Seid ihr verletzt?“ „Nein, mein Lord, wir sind unverletzt.“, erwiderte der Gardist ruhig. Erleichtert seufzte Samuel und legte dem Gardisten die Hand auf die Schulter. „Was ist passiert?“, fragte er langsam. „Kaum dass sich die Tür hinter euch geschlossen hatte, sind die ersten Dämonen aufgetaucht.“, berichtete er, „Wir zählten fünfunddreißig Feinde, die wir niederstreckten.“ Langsam nickte Samuel. „Dann lasst uns gehen.“, meinte er langsam und drehte sich zu Nero und den anderen herum, „Und euch wünsche ich eine ruhige Nacht.“ „Gleichfalls.“, erwiderte Nero lächelnd. Die Rückfahrt zum Gemeindehaus verlief Ereignislos. Zum Glück, wie Nero empfand. Die Nacht war für sie schon anstrengend genug gewesen. Langsam rollten die Motorräder auf den Parkplatz. „Ich würde sagen, ihr macht Feierabend.“, meinte Nero zu Katja und den anderen, „Ich geh noch schnell zu Garver und erstatte Bericht.“ Hastig hatte er die Schlüssel und Funkgeräte eingesammelt. Wenn Rico und die anderen nicht mehr da wären, könnte er sie immer noch bei Garver oder Sukki abgeben. „Dann noch nen schönen Abend.“, meinte Roman, bevor er seinen Van zurücksetzte und auf die Straße fuhr. „Sie sind wirklich gut geworden.“, meinte Tanja neben ihm. „Wenn ich bedenke, wie sie vor ein paar Tagen noch waren.“, erwiderte Nero lächelnd. Stumm sahen die drei dem Wagen hinterher, bis die Rücklichter hinter der nächsten Kurve verschwunden waren. Erst dann wandten sie sich dem Gemeindehaus zu. „Er wird uns nicht glauben, oder?“, erkundigte Neros Freundin sich ruhig. „Vielleicht.“, meinte Nero schulterzuckend, „Zur Not haben wir ja Wolfi.“ Dann betraten sie das Gebäude. Auf den ersten Blick sah Nero, dass es keinen freien Platz mehr gab. Aber er war eh nicht zum Plaudern hier. So lotste er sie um die Tische herum, vorbei von Ricos, wo er mit einem kurzen „Danke“ die Schlüssel und Funkgeräte ablegte. Das war seine Art, wenn er von einer Jagd wiederkam. Schweigend, erst einmal alles verdauend. Und genauso ging er durch die Tür zum Treppenhaus. In Gedanken ging Nero die verschiedenen Gesprächsabläufe mit Garver durch. Aber alles lief darauf hinaus, dass er ihnen nicht glauben würde. Dann hatten sie Garvers Büro schon erreicht. Wie immer öffnete er die Tür ohne Vorwarnung. „Wir sind wieder da.“, rief er fröhlich in den Raum. Hastig sah er zu seiner Freundin und musste fast Lachen. So einen ungläubigen Blick hatte er noch nie bei ihr gesehen. „Tanja!“, rief er freudig, „Ist alles in Ordnung bei dir?“ Hastig bewegten sich die Arme des Mannes und ließen den Rollstuhl hinter dem Tisch hervor rollen. „Alles in Ordnung, dank Nero und den anderen.“, meinte sie mit einem beruhigenden Lächeln, „Ach ja, wir haben einen Reiter erledigt.“ Ungläubig betrachtete Garver die beiden Jäger. „Einen Geisterreiter?“, harkte Garver nach. „Nicht ganz.“, erwiderte Tanja, wobei sie Nero ansah. „Einen Apokalyptischen.“, erwiderte Nero ruhig, „Hunger um genau zu sein.“ Nun weiteten sich Garvers Augen. Für einen Moment sah er die drei ungläubig an, dann begann er zu Lachen. „Woher wusste ich, dass es so laufen würde?“, fragte Nero in den Raum, „Wolfi, dein Part.“ Wie aus dem nichts erschien der Schattenwolf. In einer flüssigen Bewegung richtete er sich auf, stellte die Vorderbeine auf die Armlehnen des Rollstuhles und berührte mit seiner Stirn Garvers. So verharrte er einige Sekunden, bevor der Wolf sich wieder löste und auflöste. Doch Garver verharrte noch einen Moment in seiner Position, bevor er blinzelte. Langsam, fast unmerklich schüttelte er den Kopf, während er seinen Rollstuhl wieder hinter seinen Schreibtisch manövrierte. Erst als er sich wieder hinter seinem Schreibtisch befand sah er die drei an. „Nero.“, sagte er langsam, „Was willst du als nächsten umbringen? Den Teufel höchst persönlich?“ Einen Moment war Nero über die Frage verdutzt, grinste dann aber nur. „Wenn er es drauf anlegt?“ „Bis Morgen.“, meinte Katja mit einem Lächeln, „Und Vergiss mich nicht, hörst du?“ Sofort schüttelte Yassie mit dem Kopf. „Ich vergesse dich schon nicht.“, erwiderte sie grinsend. „Bis dann.“, sagte Roman, bevor er seinen Transporter wieder auf die Straße manövrierte. Wortlos setzte er den Blinker und fuhr sanft die Straße entlang. Beeilen brauchte er sich nicht, da es noch ein paar Stunden bis Sonnenaufgang waren. „Soll ich dich zuhause absetzen?“, erkundigte sich Roman. „Bloß nicht!“, rief diese entsetzt. Mit einer Mischung aus Verwirrung und Überraschung sah der Vampir seine junge Beifahrerin an. „Wenn Nero nach hause kommt, hab ich sonst keine ruhige Nacht.“ Jetzt wuchs die Verwirrung des Vampirs noch mehr. „Einmal für Untote, bitte.“, meinte er und sah Katja neugierig an. Doch anstatt zu Antworten, begann sie zu Lachen. Und Roman fragte sich, warum ausgerechnet sie es schaffte, ihn immer wieder zu verwirren. „Nero und ich wohnen Tür an Tür, wenn man so will.“, meinte sie schließlich, „Aus der Wohnungstür raus, zwei Schritte und einmal beim Teufelsschlächter klingeln.“ „Interessant.“, erwiderte Roman nur. Wieder richtete sich sein Blick auf die Straße. Er kannte seinen Weg in und auswendig. Zu Oft wahr er durch diese Straßen gehetzt, von seinen Häschern gejagt. Aber zum Glück war diese Zeit vorbei. „Was glaubst du, wann sie es heraus finden?“, fragte er plötzlich. Er sah Katjas Schulterzucken nicht, fühlte es viel eher. „Keine Ahnung.“, erwiderte sie sorglos, „Höchstens Yassie könnte heute etwas bemerkt haben.“ „Als du mich genährt hast?“ Katja nickte stumm auf die Frage. „Und wenn schon.“, sagte Katja endgültig. Roman wusste, dass dieses Thema damit beendet war. Aber er war auch froh darüber, auch wenn er damit angefangen hatte. „Wo willst du hin?“, erkundigte sich der Vampir beiläufig. Wieder zuckte sie mit den Schultern. „Hierhin und dahin und überall.“, meinte Katja grinsend. „Hier wohnst du also?“, meinte sie und sah sich neugierig um. „Besser als nichts.“, erwiderte Nero schulterzuckend und schloss hinter sich die Tür. Mit prüfenden Blick ging seine Freundin weiter durch den Flur. Seinen Mantel hing er schnell an die Garderobe, genauso wie seine Waffen. „Nur zur Warnung, ich wohne hier nicht alleine.“, reif er ihr hinterher. „Muss ich jetzt Angst haben einem nackten Kerl zu Begegnen?“, erwiderte sie kokett. „Nicht ganz.“, erwiderte Nero mit einem breiten Grinsen. Abrupt blieb sie stehen und sah ihn verwirrt an. „Nackte Frau?“, fragte sie ungläubig. Kopfschüttelnd ging Nero auf sie zu, nahm sie sacht beim Ellenbogen und führte sie ins Wohnzimmer. Sanft dirigiert er sie zur Couch. „Schön sitzen bleiben.“, sagte er sanft Lächelnd, als er sie auf diese drückte, „Bin gleich wieder da.“ Fragend sah sie ihn an, aber er lächelte nur und ging schnurstracks ins Schlafzimmer. Vorsichtig ging er zum Bett und nahm behutsam den Kringel auf, der dort lag. Mit langsamen und vorsichtigen Schritten ging er zurück zu seiner Freundin. Behutsam setzte er sich neben sie. Sofort richtete sich ihr Blick auf den Kringel, den Nero im Arm hielt. „Eine Katze?“, fragte sie überrascht. Verschlafen hob die Katze den Kopf und sah sie an. „Ja, mein Mitbewohner.“, lächelte der Jäger, „Oder eher mein Findelkind.“ Langsam erhob sich das Tier, streckte sich und wedelte mit dem Schwanz. Er schien ganz und gar nicht damit einverstanden zu sein, dass er von seinem Schlafplatz gerissen wurde. Langsam ging die Katze ein paar Schritte, bis er auf dem Schoss einer Freundin stand. Dort drehte er den Kopf und sah sie an. „Findelkind?“, fragte sie, während sie begann das Tier zu streicheln. „Hab ihn auf der Straße gefunden.“, meinte Nero und betrachtete die beiden, „Ziemlich abgemagert und krank.“ Seine Hand wanderte nun auch zu dem Pelzträger und begann sie ebenfalls zu streicheln. Sofort begann die Katze zu schnurren. Plötzlich wurde sie still. Beide stellten fast synchron ihre Bewegungen ein. Mit einem Ruck sah die Katze seine Freundin an. Nur um im nächsten Moment, mit ihren Vorderbeinen auf ihrem Brustkorb zu stehen und ihren Kopf gegen ihr Kinn zu schlagen. Reflexartig zog seine Freundin ihren Kopf zurück, doch sie war nicht schnell genug. Mit einem lauten Knall traf Knochen auf Knochen. „Au.“, meinte sie überrascht, „Was für ein Dickschädel.“ Ihr Blick wanderte wieder zu der Katze, die es sich nun der Länge lang auf ihr bequem gemacht hatte. „Zeigt nur, dass er dich mag.“, erwiderte Nero lächelnd, „Geht mir zu oft ähnlich.“ Langsam und vorsichtig hob sie die Hand, bewegte sie langsam in Richtung des Katzenkopfes. Und als ihre Hand das Fell berührte, drängte sich das Tier gegen ihre Handfläche. „Schon niedlich.“, meinte sie mit einer Spur Unsicherheit. Langsam und vorsichtig betrat Roman seine Kellerwohnung. Binnen weniger Lidschläge hatten sich seien Augen an die hier herrschende Dunkelheit gewöhnt. Einer der wenigen Vorzüge seines Fluchs. Behutsam schritt er durch das Wohnzimmer, ohne etwas zu berühren oder nur das kleinste Geräusch zu machen. Normalerweise würde er seine Anlage an machen und die Nachbarn noch ein wenig nerven, aber heute sah das ein wenig anders aus. Lautlos betrat er das Schlafzimmer und ging in Richtung seines Betts. Es war unnötig, aber er wollte sich doch ein klein wenig Luxus und Menschsein bewahren. Dort angekommen legte er die Schlafende Katja vorsichtig ab. Sie war mitten in der Fahrt einfach eingeschlafen. Aber er brachte es auch nicht über sich ihre Ruhe zu stören. Vorsichtig ging er zum Dimmer neben der Tür und drehte ihn nur ein paar Millimeter. Es war bei weitem nicht genug Licht um etwas zu sehen, aber genug um sich noch ein Stück menschlicher zu fühlen. Erst dann drehte er sich wieder zu Katja. Er brauchte nur Bruchteile von Sekunden, bevor er wieder neben ihr stand. Vorsichtig und langsam setzte er sich auf die Bettkante. Seine Augen wanderten scheinbar ziellos über ihr Gesicht. Plötzlich dreht sie sich ein Stück und ihr fiel eine Strähne ins Gesicht. Er berührte sie kaum, als er die Strähne wieder an ihren Platz schob. „Ich habe Angst.“, begann er zu flüstern, „Seit so vielen Jahren habe ich wieder Angst.“ Langsam glitt sein Blick wieder zu Katjas schlafendem Gesicht. „Ich habe Angst, dir irgendwann einmal nicht mehr zu reichen.“, sprach er vorsichtig weiter, „Wenn du dich irgendwann nach einem normalen Leben sehnst, mit jemandem, mit dem du die Tage und nicht nur die Nächte verbringen kannst.“ Er konnte sie einfach nicht mehr ansehen, mit diesen Gedanken, die ihm fast die Tränen in die Augen trieben. Er wusste, dass irgendwann dieser Tag kommen würde. Dennoch hoffte er, dass er noch lange auf sich warten lassen würde. Plötzlich spürte er eine Bewegung und noch im selben Moment sah er hinter sich. Braune Augen sahen sie fragend an. „Glaubst du das wirklich?“, fragte sie neugierig. Der Werkzeugkasten in seiner Hand klapperte und seine Beine ächten bei jeder Stufe. Wiedereinmal schwor er sich einen Hausmeister einzustellen. Doch im selben Moment verwarf er es wieder. Es würde nur Kosten verursachen. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als sich selbst um kleinere Reparaturen zu kümmern. Das Schlimmste war allerdings, dass dieses Haus keinen Aufzug hatte. So blieben immer wieder die quälenden Wege über die Treppen. Schon die ganze Zeit war sein Blick auf seine Füße gerichtete. Und so bemerkte er nicht, dass jemand vor ihm stand. Als er aufsah, schien es ihm die Kehle zuzuschnüren. Nero und seine Freundin saßen noch immer auf der Couch und verwöhnten die Katze. „Aber warum eine Katze?“,fragte sie nach einer halben Ewigkeit. „Weil Katzen auch alleine zurecht kommen.“, erwiderte Nero wie aus der Pistole, „Außerdem sagt man ihnen übernatürliche Fähigkeiten nach.“ Fragend sah sie ihn an. „Hunde und andere Tiere, die sich dominieren lassen, übernehmen die Denkweise ihrer Herren.“, sagte er langsam, suchte die passenden Worte, „Hunde zum Beispiel könnten Gefahren ignorieren, weil sie ja wissen, dass es so etwas wie Monster nicht gibt.“ Langsam nickt sie. „Wenn der Herr des Hundes allerdings bei jedem Horrorfilm anfängt zu schreien wie ein Mädchen, wird das Tier auch Übernatürliches als Bedrohung ansehen.“, erklärte er weiter, „Also alles reine Erziehungssache.“ Nachdenklich betrachtete sie die schnurrende Katze. Doch plötzlich riss das Tier die Augen auf und drehte Ruckartig den Kopf. Noch bevor einer der Beiden reagieren konnte sprang sie von ihrem Schoß und schoss in Richtung Wohnungstür. „Was hast sie auf einmal?“, fragte Neros Freundin vorsichtig. „Keine Ahnung.“, erwiderte Nero verwirrt. So ein Verhalten hatte das Tier noch nie an den Tag gelegt. Unsicher stand er auf und folgte dem Vierbeiner. Er hockte vor seiner Katzenklappe, das Fell gesträubt und den Schweif aufgeplustert. „Was ist denn los, Dicker?“, erkundigte sich Nero vorsichtig. Die Katze sah ihn an, die Pupillen füllten fast das ganze Auge aus. Das ganze Verhalten der Katze schrie nach Jagd und Kampf. Gerade als er nach der Türklinke greifen wollte, hallte ein Schrei durch das Treppenhaus. Sofort stürmte das Tier durch die Klappe, während Neros Hand zur Garderobe schnellte und sich um die Pistole legte. „Nero? Was ist los?“, hörte er seine Freundin fragen. Ruckartig drehte er seinen Kopf zu ihr. „Bleib hier.“, sagte er in einem ruhigen, eindringlichen Tonfall. Dann hatte er die Tür aufgerissen. Ein erneuter Schrei wies ihm den Weg, die Treppen hinunter. Er hastete die Stufen hinunter. Es konnten nur ein paar Stockwerke sein. Zwei hatte er schon hinter sich gebracht, als erneut ein Schrei durch das Treppenhaus hallte. Aber es war kein menschlicher. Nach einer weiter Etage war er endlich am Ort des Geschehens. Und er traute seinen Augen nicht. Eine halbe Etage unter sich kauerte sein Vermieter in der Ecke. Der Werkzeugkasten nur eine Handbreit von ihm entfernt. Und vor ihm stand ein Guhl, wild um sich schlagend. Nero brauchte einen Moment, doch dann sah er seine Katze. Sie hatte die Klauen in den Rücken des Untoten geschlagen und hielt sich dort eisern fest. Gerade als das Wesen nach dem Tier greifen wollte, bewegte sich dessen Kopf. Erneut schrie der Guhl und Nero wusste, dass die Katze zugebissen hatte. Doch dieser Schrei hatte ihn selbst auch wieder aufgeweckt. Hastig hob er die Pistole. „Weg!“, rief er hinunter. Sofort hatte Die Katze von dem Untoten abgelassen, welcher sich Sofort in die Richtung des Jägers drehte. Kaum hatte die Katze den Boden berührt zog er den Abzug durch. Doch in den Guhl war ebenfalls Bewegung gekommen. So traf die Kugel nicht dessen Herz sondern nur die Schulter. Doch der Treffer reichte aus, um den Untoten aus der Balance zu bringen. Sein Fuß trat ins Leere und der Sturz die Treppe hinunter war nicht mehr abzuwenden. Kaum dass Nero den Abzug betätigt hatte, hetzt er die Treppe hinunter. Als er die Hälfte erreicht hatte, fuhr er herum und legte erneut auf den Guhl an. Der Untote lag am Fuß der Treppe und auch ein ungeschultes Auge konnte erkennen, dass mehrere Knochen gebrochen waren. Aber die wenigstens wussten, dass ein gebrochenes Genick einen Guhl nicht tötete. Ohne zu zögern legte er noch einmal an, zielte auf den Kopf des Untoten und betätigte den Abzug. Einen angenehmen Schlaf hatte Roman nicht. Den halben Tag war er wach und wälzte sich in dem Bett. Zu seinem Leidwesen alleine. Katja hatte ihn kurz nach Sonnenaufgang verlassen. Einige dringende Termine, wie sie gesagt hatte, sowie eine Einkaufstour, die sie mit Yassie machen wollte. Er wäre zu gern dabei gewesen. Aber voll vermummt in der Stadt herumzulaufen war zu auffällig. Und er wollte ihr nicht den Tag damit verderben. So blieb ihm einfach nur hier zu liegen und auf die Nacht zu warten. Ein Blick auf die Uhr und auf den kleinen Monitor auf dem Nachtschränkchen zeigten ihm, dass die Sonne fast untergegangen war. Also nur noch ein paar Minuten, dann könnte er auch endlich wieder hinaus. Er schälte sich aus seiner Decke, ging zum Schrank und war gerade dabei sich einen Satz frischer Kleidung heraus zu kramen, als er sein Handy summen hörte. Binnen eines Wimpernschlages hatte er den Raum durchquert und das Gerät in der Hand. Inständig hatte er gehofft Katjas Nummer zu lesen. Aber das Display meldete nur einen unbekannten Anrufer. Gemächlich nahm er ab. „Ja?“, meinte er träge. „Roman!“, schrie Yassie ihn durch das Gerät an, „Katja wurde entführt.“ Schlagartig sank die Raumtemperatur um mehrere Grad in den Minusbereich. „Was ist passiert?“, fragte er hastig. „Wir hatten uns gerade getroffen, als ein Van neben ihr hielt, sie jemand packte und zu sich ins Auto zerrte. Kein Nummernschild oder irgendwelche Auffälligkeiten.“, berichtete sie aufgelöst. Roman fluchte herzhaft, als er im Zimmer auf und ab tigerte. Katja war noch neu bei den Jägern und kaum bekannt. Also konnte es nicht daran liegen. „Doch da war etwas komisches.“, meinte Yassie plötzlich. Der Vampir war ganz Ohr und hörte gespannt zu. „Sie rochen nach Erde.“ Nero lächelte seinem Vermieter vorsichtig zu, als dieser ihn wieder ansah. Der Mann saß ihm und seiner Freundin gegenüber, in eine Decke eingewickelt und die dritte Tasse heißen Kaffees in der Hand. So saßen sie seit fast zwei Stunden. Nero wusste einfach nicht, wo er das Gespräch beginnen sollte. Auch nicht, ob der Mann überhaupt die Aussprache suchte. Erneut setzte er die Lippen an die Tasse, pustete vorsichtig hinein und nahm einen Schluck. „Danke.“, sagte er plötzlich, halb in die Tasse hinein. „Nichts zu danken.“, erwiderte Nero und lächelte den Mann offen an, „Dafür bin ich da.“ Wieder schien der Mann ins Schweigen zu verfallen. „Wie haben sie das geschafft?“, erkundigte sich der Mann schließlich, „Ich war vor Angst wie gelähmt.“ „Das bringt der Beruf mit sich.“, erwiderte Nero ruhig, „Ich kann mir keine Horrorfilme mehr ansehen ohne zu lachen.“ Sein Vermieter lächelte schwach. Dass er mit den Nerven am ende war wunderte Nero nicht im geringsten. Dieser Mensch stempelte alles, was er nicht verstehen konnte als Humbug ab. Die Augen des Mannes fixierten Nero und seine Lippen formten ein schwaches Lächeln. „Danke für die Rettung, Herr Magnus.“, sagte dieser förmlich. „Lysander reicht vollkommen.“, erwiderte der Jäger. Er wusste, dass sein Vermieter nicht so schnell darüber hinweg kommen würde. Aber er schien zu erahnen, womit der Jäger sein Geld verdiente. „Herrin.“, sagte der Mann leise und kniete sich vor dem steinernen Thron, „Wie ist eure Entscheidung?“ „Die selbe wie immer.“, erwiderte sie mit kalter Stimme, „Nein und immer wieder nein.“ „Herrin.“, meinte der Mann erneut ruhiger. „Geh.“, unterbrach ihn die junge Frau harsch und scheuchte ihn mit einer Geste weg. Mit einem schweren Seufzer lehnte sie sich zurück. Den harten Stein im Rücken spürte sie kaum noch, genauso wenig wie ihre Beine. Wann sie das letzte mal auch nur einen Meter gelaufen war wusste sie schon gar nicht mehr. Die ganze Zeit nur Anhörungen und Beschwerden, Bitten und Drohungen. Aber sie dachte nicht daran sich irgendjemandem zu unterwerfen. Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen. Ein junger Mann in Rüstung stolperte in den Raum. „Wir werden angegriffen!“, rief er panisch. Sofort war der ganze Raum in Bewegung. Mehrere Männer stürmten auf die Tür zu, schlossen die riesigen Flügel und legten mehrere massive Riegel davor. Andere kamen zu ihr gerannt, redeten wild auf sie ein und wollten sie Bewegen zu fliehen. „Wenn sie meinen Kopf wollen, sollen sie ihn holen kommen.“, meinte sie entschlossen und strafte ihren Körper. Ihre Finger bohrten sich in die massiven Armlehnen, verhinderten sofort jeden versuch, sie mit Gewalt zu bewegen. Plötzlich waren Schreie auf der anderen Seite der Seite der Tür zu hören. Es waren nur Sekunden, bis es wieder still wurde. Und wieder verstrichen nur einige Sekunden, bevor die Tür unter mächtigen Schlägen erbebte. Sofort waren Wachen an den Flügeln und stützten diese. Doch sie bebten bei jedem Schlag ebenso wie die Tür. „Sie wird nicht halten!“, schrie einer der Männer am Tor panisch. „Er wird durchbrechen!“, reif der junge Soldat. Er?, dachte sie verwirrt, doch in ihrem Inneren wusste, wer gemeint war. Mit einem letzten Schlag gab die Tür nach. Die Riegel brachen und Splitter segelten durch den Raum, gefolgt von den Wachen, die sich gegen die Tür gestemmt hatten. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich, als sie ihn sah. Wie er wie eine Statue in der Tür Stand, und sich sein Brustkorb langsam, unmerklich hob und senkte, den Kopf leicht gesenkt. „Wo ist sie?“, fragte er leise. Doch diese kleinen Worte brachten ihren ganzen Körper zum Beben. „Wer?“, erkundigte sie sich und versuchte fest zu klingen. Mit einem Ruck sah er sie an. Eiskalte Schauer jagten über ihren Rücken, als sie die Wut in seinem Blick sah. „Du weist, wen ich meine.“, sagte er düster und betrat langsam den Raum, „Ihr habt sie schließlich entführt.“ „Wir haben niemanden entführt.“, sagte sie nun mit fester Stimme, „Ich befahl ihnen, euch in Ruhe zu lassen.“ Doch er antwortet nicht, sondern setzte unbeirrt seinen Weg fort. Sie brauchte alle Kraft, um ihre Finger aus dem massiven Stein zu ziehen. Langsam stand sie auf und sah sich im Raum um. „Habe ich euch befohlen, ihn und seine Gefährten nicht länger zu belästigen?“, fragte sie laut in den Raum, „Habe ich euch befohlen, euch ihnen nie wieder zu Zeigen?“ Sofort bejahten alle Anwesenden. „Frag sie.“, sagte er kalt und ruhig, doch es klang mehr nach einem Befehl. „Wer von euch hat meinen Befehl missachtet?“, fragte sie unsicher. „Beruhige dich.“, sagte Basti mit sanfter Stimme, „Ihr wird nichts passieren.“ „Und wenn doch?“, erkundigte Yassie sich wütend, „Ich konnte überhaupt nichts machen!“ „Und was wolltest du tun?“, meinte Alex schulterzuckend, „Deine Waffe überall hin mitnehmen?“ Yassies Kopf ruckte Herum und starrte Alex an. Doch sie wusste auch, dass er Recht hatte. Sie brauchte ja eine eigene Tasche für ihre Waffe. Und spätestens diese würde auffallen. Wieder vergrub sie ihr Gesicht in ihren Händen, spürte eine neue Welle der Trauer und der Hilflosigkeit über sich hin weg rollen. „Sollten wir nicht die anderen informieren?“, fragte sie durch ihre Finger. Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. „Roman wird sie finden.“, meinte Basti mit einem aufmunternden Lächeln. „Wie kannst du dir da so sicher sein?“, hakte Yassie nach. „Weil die beiden mehr sind, als Kollegen.“, antwortete Alex grinsend. Mit einem gewaltigen Satz erreicht er die Spitze des alten Schornsteins. Durch die hohe Position hatte er einen guten Blick auf den alten Bahnhof. Langsam lies er seinen Blick über das Gelände schweifen. Über ein Dutzend Personen konnte er ausmachen. Einige standen an Übersichtspunkten, andere liefen immer und immer wieder um das alte Hauptgebäude. Langsam schloss er die Augen und lies seinen Geist auf Erkundung gehen. Raum für Raum durchstreifte er, Treppe auf und ab, jede Ecke und jede Nische. Dann hatte er sie gefunden. Mit einem schweren Seufzen öffnete er die Augen. Er ging in die Knie und spannte seine Muskeln. Seine Augen fixierten sein Ziel. Langsam spürte er die Kraft, die sich zu seinen Füßen sammelte. Dann verschwand auch schon der Boden und er flog förmlich durch die Luft. Sicher kam er auf dem alten Dach des Hauptgebäudes auf. Lautlos bewegte er sich zum Treppenaufgang. Blitzschnell hatte er das Gebäude betreten und hastete, ohne ein Geräusch zu verursachen, durch die Räume und Gänge. Dann hatte er sie schon erreicht. Sie lag auf einer alten Matratze und schien zu schlafen. Allerdings wusste er, dass sie wach war. Ihr Herzschlag verriet es ihm. Es dauerte nur einen Wimpernschlag, bis er bei ihr war und die Fesseln gelöst hatte. Überrascht riss sie die Augen auf, blieb aber still. „Roman.“, flüsterte sie schließlich und schlang ihre Arme um seinen Hals. „Jetzt wird alles gut.“, flüsterte er Katja sanft zu. In einer flüssigen Bewegung nahm er sie auf seine Arme. Sein Weg führte ihn wieder auf das Dach. „Bereit?“, fragte er vorsichtig. Sie nickte und klammerte sich fester an ihn. Betreten saß sie in ihrem steinernen Thron. Vor ihr, in Ketten gelegt, kniete noch immer der Vampir, der ihren Befehl missachtet hatte. Würde Romans Gefährtin etwas passiert sein, würde er sterben. Wenn nicht, würde ihm die Verbannung drohen. Plötzlich spürte sie ihn. Mit einem Ruck sah sie auf. Genau in diesem Moment öffnete sich die Tür. Mit langen, schnellen Schritten betrat Roman den Raum. Er hielt sich nicht an Formalitäten auf, als er vor dem angeketteten Vampir stand. „Sie ist unversehrt.“, sagte er emotionslos. Langsam nickte sie. Sie würde ihn Verbannen müssen. Er würde zu Freiwild werden, gejagt von jedem anderen Vampir. „Erlöst ihn von den Ketten.“, meinte Roman und richtete seinen Blick auf sie, „Und haltet ihn bei euch.“ Verwirrt sah sie ihn an, wollte gerade etwas sagen, aber mit einer schnellen Bewegung brachte er sie zum schweigen. „Er tat es, um euch zu dienen.“, mit diesen Worten sah er wieder den jungen Vampir an, „Er ist ein Welpe, also gebt ihm noch eine zweite Chance.“ Ihr fiel eine Stein vom Herzen, als sie seine Worte hörte. Eine Geste reichte aus, die Ketten zu lösen, eine Zweite, dass sie allein Gelassen wurden. „Es tut mir leid, Roman.“, sagte sie offen, „Für damals und für heute.“ Der Vampir sah sie emotionslos an. Ihr kam es vor, als würde er sie mustern. Langsam stand sie auf, ging auf ihn zu. Instinktiv richtete er sich auf eine Flucht ein. Doch ein Stück vor ihm blieb sie stehen. „Ich habe etwas für dich.“, sagte sie leise und förderte ein Amulett zu Tage. „Was willst du dafür?“, fragte er kalt. „Nichts.“, erwiderte sie leicht verletzt, „Sieh es als eine Art Versöhnungsgeschenk.“ Kommentar los nahm Roman das Amulett an sich und verbeugte sich höflich. „Wenn ihr entschuldigt, die Nacht ist nicht mehr jung.“, meinte der Vampir höflich. „Ich habe dich immer um deine Freiheit beneidet.“, gestand sie plötzlich, „Ich bin nur ein Vogel in einem goldenen Käfig.“ Kopfschüttelnd und seufzend drehte er sich um. Bedächtig ging er in Richtung Ausgang. Doch kurz bevor seine Hand den Türflügel berührte hielt er inne. „Ein dummer Vogel.“, hörte sie ihn flüstern, „Sitzt in seinem Käfig und sieht nicht, dass die Tür offen steht.“ Mit diesen Worten lies er sie allein. „Alles in Ordnung bei dir?“, erkundigte sich Katja, die wie auf glühenden Kohlen gesessen hatte. „Ja, die Fronten dürften ein für alle mal geklärt sein.“, erwiderte er und seufzte schwer. Mit einer flüssigen Bewegung schnallte er sich an und startete den Van. „Zu dir.“, sagte Katja sofort. „Hast du dich schon gemeldet?“, erkundigte er sich, während er das Auto auf die Straße brachte. „Hab ich.“, erwiderte sie und klang müde, „Aber ich brauch erst einmal Ruhe.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)