Weg zur Hölle - Zum Licht von Drako_Draconis ================================================================================ Kapitel 5: Verlieren, Verlust, Verloren --------------------------------------- Langsam schlich Nero mit dem Mädchen in Richtung Ausgang. Er wollte einfach nur noch das Schlachtfeld verlassen und irgendwo schlafen. Zuerst die ganze Nacht einem Schatten hinterher rennen, drei Graue ins Nirvana schicken, nein, er musste auch noch zwei Teufel abbekommen. Aber wenigstens waren damit die Finanzen für das kommende Jahr unter Dach und Fach. Gemächlich zog er das Telefon aus der Tasche. Erstaunt sah er auf die Anzeige. Trotz der ganzen Stürze und allem, was es heute mitmachen musste lief es einwandfrei, auch wenn die Schale mehr als einen Sprung hatte. In aller Ruhe suchte er die Nummer von Thomas, dem Fahrer aus der Anrufliste und betätigte zufrieden den grünen Hörer. „Nero?“, fragte der Mann vorsichtig durchs Telefon. „Nein.“, meinte Nero und musste leicht Grinsen, „Kannst schon mal den Motor anmachen, bin gleich da. Und benehme dich, ich hab ich habe eine Dame dabei.“ „Schon klar.“, erwiderte dieser und legte auf. Nero konnte nur mit dem Kopf schütteln und hoffen, dass er sich doch in Bewegung setzte. Denn langsam begannen die Schmerzen einzusetzen. Während des Kampfes brauchte er sich über sowas kaum Gedanken machen. Einerseits war da das Adrenalin, welches den Schmerz unterdrückte, zum anderen auch keine Chance, sich seiner Schmerzen bewusst zu werden. Doch jetzt kam die trügerische Ruhe, und alles kam mit einem mal zurück. „Ist alles in Ordnung?“, fragte das Mädchen plötzlich. Überrascht sah Nero sie an und versuchte sich ein Lächeln abzuringen. Aber sogar seine Gesichtsmuskeln brannten wie Feuer. „Ich hab es einfach übertrieben.“, meinte er ruhig, „Das ist nicht das erste Mal.“ Sie ließ den Kopf hängen und er konnte spüren, wie sie sich Vorwürfe machte. „Aber das Leben habe ich gewählt und ich steh dazu.“, meinte Nero in dem Versuch sie aufzumuntern. „Und ich habe dich fast umgebracht.“, sagte sie traurig, „Ich weiß, was der Ring macht. Er zieht diese Dinger an. Aber ich habe ihn schon so lange ich mich erinnern kann und kann ihn nicht abnehmen.“ „Dann lass mal meinen Chef einen Blick drauf werden und hör dir an, was er zu sagen hat.“, sagte er und legte vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. Sie wird es verkraften, meldete sich seine innere Stimme zu Wort. Ich hoffe es. Ich würde es nicht verkraften, wenn ihr noch einmal etwas Widerfahren würde, erwiderte er besorgt. Sie sind nicht dieselbe Person, das weißt du doch. Also hör auf dich in Selbstzweifel zu verlieren, schalt sie ihn. Stumm stimmte er zu. Vergangen ist vergangen und er sollte eher nach vorne sehen, der Zukunft entgegen. Doch das war gar nicht so einfach, wenn die Vergangenheit neben einem lief. „Du solltest mich am besten hier lassen.“, meinte sie plötzlich, „Wenn mich eines dieser Dinger findet haben so Viele weniger zu leiden.“ „Wenn du so etwas nochmal sagst knallt es.“, meinte Nero kalt. Und er würde es auch Wahr machen. „Aber es ist doch wahr!“, rief sie aufgebracht. Kaum hatte sie es gesagt fuhr Nero herum und packte ihren Arm. „Du weißt nicht was du sagst!“, brüllt er sie an, „Der Tod ist niemals eine Lösung!“ „Und woher willst du das wissen?“ „Weil ich schon mehr Tod in meinem Leben gesehen habe als du glauben würdest. Ich habe schon so viele Monster sterben sehen und auch viele Menschen. Was hat es Gebracht? Nichts?“, fuhr er sie wütend an, „In meinen Armen sind Freunde und Kollegen gestorben! Doch das einzige was passiert ist, ist das wir weiter machen. Die Leere ausfüllen wollen, die ihr Tod verursacht hat!“ Er atmete einmal tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Es war falsch sie anzuschreien. „Entschuldige.“, meinte sie plötzlich und Nero sah sie verwirrt an. „Die ganze Nacht hat mir nicht gut getan.“, sagte sie leise. „Ich muss mich entschuldige. Ich hätte dich nicht anschreien dürfen.“, erwiderte der Jäger reumütig. „Ich glaube, ein bisschen Schlaf würde uns beiden ganz gut tun.“, sprach sie seine Gedanken aus. Nero nickte und richtete seinen Blick wieder nach vorn. Langsam bogen ein paar Scheinwerfer um die Ecke. Das Taxi war endlich da. „Um auf das Thema zurück zu kommen.“, meinte er nebensächlich und sah sich schon in einem weichen Bett liegen, „Wenn du diese Dinger damit beschwören kannst, kannst du sie vielleicht auch Kontrollieren. Mein Chef hat mit sowas Ahnung und wird dir helfen, das weiß ich.“ Sie sah den jungen Mann an und begann zu Lächeln. Und er spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. Doch das war nur ein Augenblick. Pass auf!, schrie seine innere Stimme. Doch da war es schon zu spät. Etwas warf sich gegen ihn und riss ihn zu Boden. Der Versuch sich aufzurichten wurde im Keim erstickt, denn das Etwas packte ihn und warf ihn herum. Kaum war er auf dem Boden aufgekommen, rollte er sich herum, wollte seinen Angreifer sehen, doch da der schon über ihm. Glutrote Augen starrten ihn aus einem schwarzen Gesicht an. „Du hast meinen Bruder erschlagen.“, hauchte sie ihm mit stinkendem Atem entgegen, „Dafür töte ich dich.“ Im nächsten Moment spürte er schon zwei Hände an seinem Hals, und die waren nicht gerade zimperlich. Nero schlug um sich, traf auch mehrmals, aber es brachte nicht. Der Abend hatte ihn zu sehr mitgenommen, als das er noch zu ernsthafter Gegenwehr fähig wäre. Hastig versuchte er an sein Gewehr zu kommen, doch noch nicht einmal dafür reichte seine Kraft mehr. Hilf mir!, schrie er seine innere Stimme an, Gib mir Kraft! Das kann ich nicht, sonst stirbst du, erwiderte sie gedrückt. Aber eines wusste er gewiss: Egal wie, er würde heute Abend sterben. Ein plötzliches Knurren ließ ihn aufhorchen. Der Druck an seinem Hals wurde schwächer. Langsam kehrten seine Sinne zurück. Dann war das Knurren wieder da. Vorsichtig legte er den Kopf in den Nacken. Und die Zeit schien still zu stehen. Keinen halben Meter weit entfernt stand ein pechschwarzer Wolf. Nein, kein Wolf, ein Schatten, mit gefletschten Zähnen. Er hatte schon von Tierschatten gehört, auch wenn diese extrem selten waren, aber geglaubt hatte er es trotzdem nicht. Erneut klang das Knurren. Und in Gedanken fragte er sich, was wohl besser wäre: Von einem Schatten erwürgt, oder von einem anderen gefressen. Plötzlich schoss der Wolf nach vorn und riss sein Maul auf. Die Zähne waren bestimmt fünf Zentimeter lang und messerscharf. Und es waren verdammt viele. Doch nicht er war das Ziel, wie er Sekunden Später erkannte. Die Mächtigen Kiefer hatten sich in die Schulter und die Brust des Schattens gegraben, der sofort von dem Jäger ab lies. Dann waren es nur Sekunden, ein Anspannen der Muskeln, und der Schatten fiel leblos zu Boden. Der Wolf drehte seinen Kopf und eisblaue Augen sahen ihn an. Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus. Doch der Wolf drehte sich nicht um, sondern lief gerade aus und legte sich hin. Panik begann an Nero zu reißen. Er war direkt zu dem Mädchen gegangen. Und selbst liegend war er bestimmt einen Meter groß. „Pass auf!“, rief er Jäger und versuchte mit seinen fast tauben Gliedmaßen an das Gewehr zu kommen. „Es ist in Ordnung.“, erwiderte sie ruhig und legte der Schattenbestie die Hand auf den Kopf, „Ich habe ihn gerufen.“ Ungläubig sah Nero die junge Frau an. Sie hatte es geschafft ein Wesen zu beschwören, dessen Existenz nicht einmal bestätigt war und sie hatte es geschafft es unter ihre Kontrolle zu bringen. Der Tag wurde einfach immer verrückter. „Ich wollte dir helfen, aber ich wusste nicht wie.“, sagte sie kaum hörbar, „Ich kann nicht kämpfen und Waffen haben ich auch nicht. Ich hab um Hilfe gerufen. Und er ist dann aufgetaucht.“ Während sie das sagte, tätschelte sie weiter den Kopf des Wolfs. Das Schwanzwedeln zeigte, dass es ihm eindeutig gefiel. „Ich mach dir daraus keinen Vorwurf, es hat mich nur überrascht.“, erwiderte der Jäger und versuchte gelassen zu klingen, „Aber du solltest ihn wieder wegschicken. Nicht alle sind so aufmerksame, verständnisvolle Zuhörer wie ich.“ Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht und sie nickte. Vorsichtig drehte sie den Kopf des Wolfs, so dass er sie ansah. „Vielen Dank für deine Hilfe, aber du solltest wieder gehen.“ Einen Moment lang, sah er sie einfach an. Nur einen Wimpernschlag später schien er zu zerfließen, gab seine feste Form auf. Doch anstatt im Boden zu versickern, oder irgendwie anders zu verschwinden, bewegte sich die Masse um ihre Füße. Langsam begann sie in ihrem Schatten zu verschwinden. „Ich glaub der mag dich.“, sagte Nero mit einem schwachen Grinsen und stand auf, „Der lässt dich nicht mehr allein.“ Zum einen war er froh, dass sie jetzt einen Beschützer hatte, zum anderen hatte er Angst, dass diese Bestie alles zerfleischen würde, was sie als Bedrohung empfand. Und das konnte verdammt viel sein. „Dann pass ich auf, das er keinem etwas tut.“, sagte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Was war denn das für eine Freakshow!“, rief jemand neben Nero ungläubig. Erschrocken fuhr er herum. Neben ihm stand das Auto und Thomas hatte sich aus dem Fenster gelehnt. Er musste echt fertig sein, wenn er ein Auto nicht mitbekam. „Erzähl ich dir irgendwann mal.“, erwiderte Nero und winkte das Mädchen heran. Hastig öffnete er die hintere Tür und lies dem Mädchen den Vortritt. Erst als sie sicher saß gesellte er sich zu ihr. Langsam setzte der Wagen zurück. Ohne Schramme verließ er das alte Lagergelände. „Willst du mich nicht mal vorstellen?“, fragte Thomas neugierig. „Tanja.“, sagte sie und rang sich ein Lächeln ab. Kann das denn ein Zufall sein, fragte sich Nero. Hör endlich auf mich und lass Vergangenes vergangen sein, erwiderte seine innere Stimme ohne zögern. „Und wo soll es hingehen?“, erkundigte sich der Fahrer gewohnt freundlich. „Nach Hause.“, sagte Nero und versuchte es sich im Auto bequem zu machen. „Dann macht es euch mal gemütlich da hinten.“, sagte er und grinste sie über die Schulter an. Tanja saß schweigend neben ihm. Vorsichtig sah er zur Seite. Sie sah auf den Boden, die Augen halb geschlossen. Die Nacht war zu viel für sie. Aber für einen normalen Menschen war das eine normale Reaktion. Die ersten Nächte, in denen er auf die Jagd gegangen ist, ging es ihm ähnlich. Auch heute noch hatte er Nächte, die er mit dem Kopf auf dem Tisch verbrachte und erst bei den ersten Sonnenstrahlen wieder aufwachte. Und heute war so eine Nacht. Aber er hatte noch genug zu tun. Zwei wichtige Sachen musste er noch mit seinem Chef klären, erst dann konnte er sich eine Mütze voll Schlaf holen. „Nero?“, fragte Tanja leise. Neugierig sah er sie an. In ihren Augen lag ein Hauch von Angst. „Werden sie mich akzeptieren?“ „Sie werden dich nicht auf die Straße setzten, oder aus dem Lokal werfen.“, erwiderte der Jäger lächelnd, „Auch wenn einige von ihnen etwas raue Umgangsformen haben werden sie für dich sorgen.“ „Aber werden sie mich nicht verurteilen für das was ich kann?“ „Warum sollten sie?“, fragte Nero neugierig, „Unter den Jägern gibt es Leute mit ganz speziellen Fähigkeiten. Gedankenlesen, Telekinese und sogar den ein oder anderen Dämon.“ Als er die Dämonen erwähnt hatte, spürte er, wie sich alles in ihr verkrampfte. „Diese Dämonen sind friedlich. Sie Kämpfen gegen ihre Artgenossen und schlimmeres, weil sie diese Welt beschützen wollen.“, erklärte er und hoffte, dass es sie beruhigte. „Warum?“, fragte das Mädchen apathisch. „Weil sie es wollen.“, erwiderte Nero gelassen, „Weil ihnen diese Welt gefällt, weil sie sich in einen Menschen verliebt haben, oder weil es sich einfach richtig an fühlt. Dämonen sind in ihrem Charakter genauso vielfältig wie Menschen.“ Und mit dieser Antwort begann sie wieder auf ihre Füße zu sehen. „Sieh dir die Gemeinschaft erst einmal an, dann kannst du dich immer noch entscheiden.“ Und mit diesen Worten ließ er sich wieder in den Sitz sinken und schloss die Augen. Ein großer Fehler wie es sich Sekunden später herausstellen sollte. Als er die Augen öffnete befand er sich wieder in dem Schwarzen Raum. „Schläfst du während Autofahrten immer ein?“, fragte die schemenhafte Gestalt seiner inneren Stimme. „Man kann jede Pause gebrauchen.“, erwiderte Nero grinsend und lies sich an einer der schwarzen Wände hinab gleiten. „Das mag ja sein, aber musst du immer wieder hierher kommen?“, hakte die Gestalt nach. „Ich such mir das nicht aus.“, erwiderte er und sah den Schemen an, „Außerdem ist das mein Innerstes, da kann ich machen was ich will.“ „Und ich hab als Untermieter keine Rechte, oder was?“, kam die Frage zurück, „Aber mal im Ernst. Warum reißt du dieses kleine Zimmer nicht ein und gehst mal raus. Ach ja, ich weiß, deine Schuldgefühle treiben dich immer wieder hierher.“ Nero erwiderte nichts. Der Schemen hatte Recht. Für das was damals passiert ist konnte er nichts. Er war nicht schuld. Aber er konnte es auch nicht verhindern. Und genau das fraß an ihm. „Nero, du musst damit abschließen.“, stellte seine innere Stimme fest. „Glaubst du, dass ich das noch nicht versucht habe?“, fragte der Jäger, „Aber wie du sicherlich mitbekommen hast, ist das gar nicht so einfach.“ Im Moment hatte er wirklich keine Lust auf dieses Gespräch. Er war mit den Nerven am Ende. Sein Körper zitterte vor Erschöpfung und das einzige was er wollte war sein Bett. „Aber eine Sache beschäftigt mich noch.“, meldete sich der Schemen, „Was willst du ihr sagen?“ „Das es aus ist. Und ich hoffe sie wird es verstehen.“, erwiderte Nero vorsichtig. „Dann bete lieber, dass sie es verstehen wird. Du warst, seitdem wir uns begegnet sind, kaum noch bei ihr.“, legte seine innere Stimme den Fakt auf den Tisch. „Mir gefiel das auch nicht.“, meinte Nero kalt, „Aber es musste sein.“ „Weil du dir die Schuld gegeben hast.“ „Wäre ich nur ein paar Minuten früher da gewesen, hätte ich sie retten können!“, fuhr Nero den Schemen an, „Und lass mich damit jetzt endlich in Ruhe!“ Der Schemen zuckte zusammen, verbeugte sich dann jedoch, bevor er sich auflöste. Nero wusste, dass er ihn nicht hätte anschreien dürfen. Er machte sich nur Sorgen. Aber das musste er ja zum Glück nicht mehr lange. Träge stand Nero auf. Auch wenn in diesem Raum die Realität keine Bedeutung hatte, so spürte er doch jeden schmerzenden Zentimeter genau. Langsam schlich er zu der Kommode und betrachtete das Bild, die verwischten Gesichter seine Freunde. Er vermisste sie wirklich. Und er hasste sich dafür, dass er sie nicht retten konnte. Seine Hände verkrampften sich und er wünschte, dass er einfach weinen konnte. Aber für Trauer blieb noch genug Zeit. Erneut schloss er die Augen und spürte, wie er fiel, wie sein Geist wieder in seinen Körper fuhr. Langsam schlug er die Augen auf. „Wir sind da.“, sagte Thomas freudig und stellte den Motor ab. Von außen sah das Gebäude wie ein Mehrfamilienhaus aus. Drei Stockwerke und ein dazugehöriges Dachgeschoss, sowie einen riesigen Keller. „Komm, ich will dir mal mein zweites zu Hause zeigen.“, meinte Nero und rang sich zu einem Lächeln durch. Vorsichtig öffnete er die Tür, um nicht den Lack des nebenstehenden Autos zu beschädigen. Nachdem er sich halbwegs vorsichtig an den Autos vorbei geschoben hatte stand er nur noch wenige Schritte von seinem Feierabend entfernt. „Bleib einfach in meiner Nähe.“, sagte er Lächelnd zu Tanja. Erst als sie neben ihm stand, setzte er seinen Weg fort. „Man sieht sich.“, hörte er Thomas von hinten rufen. Zur Antwort hob er die Hand und öffnete mit dieser in der Nächsten Sekunde die Tür. Der Raum erinnerte eher an eine Bar. Ein langer Tresen befand sich an der hinteren Seite des Raumes und Tische standen perfekt angeordnet. Nur noch eine Handvoll Jäger waren da. „Da ist ja unser Held!“, rief einer plötzlich. „Und was hast du heute erledigt?“, kam es von der anderen Seite des Raumes. „Viel wichtiger ist doch, wer die Kleine ist!“, rief ein Dritter und die Versammelten begannen zu Lachen. „Ich bin kein Held, habe heute Genug erledigt und die Kleine spielt nicht in deiner Liga.“, beantwortete er die Fragen hastig und ging zum Tresen. Hinter ihm stand eine junge Frau und sah ihn neugierig an. „Was kann ich heute für dich tun?“, fragte sie mit einem lasziven Unterton. „Dasselbe wie immer, Sukki. Ich muss den Chef sprechen.“, antwortete Nero ohne auf den Unterton einzugehen. Für einen Moment setzt sie einen Schmollmund auf, doch im nächsten verschwand sie in ein Hinterzimmer. „Wer ist das?“, fragte Tanja verwirrt. „Sukki ist unsere Bardame.“, sagte Nero ruhig, „Und ein Sukkubus.“ „Was?“, fragte sie verwirrt. „Sukkuben sind die Prostituieren der Hölle. Aber anders als ihre irdischen Vertreter nehmen sie für ihre Dienste ein wenig Lebensenergie. Das ist alles was sie zum existieren brauchen.“, erklärte der Jäger. Von ihr kam nur ein knappes „Aha“. Für sie musste es sehr komisch sein, wenn jemand professionell über so ein Thema sprach. Aber was sollte er schon anderes tun? „Der Chef kommt gleich.“, meldete sich die Bardame aus dem angrenzenden Zimmer. Nickend wandte sich Nero an den nächsten Tisch. Noch immer ungläubig folgte Tanja ihm und nahm neben ihm Platz. Eingehend betrachtete Nero das Mädchen. Noch immer war es für ihn ein Rätsel, wie sie so aussehen konnte. Vielleicht war es wirklich nur ein Zufall. Oder eher Schicksal? Oder er war schlicht und ergreifend im Begriff verrückt zu werden. Sie sah genauso aus wie in seiner Erinnerung. Eine lebendige Erinnerung. „Zufall.“, meinte Nero schwach lächelnd. „Wie bitte?“, fragte Tanja plötzlich. „Ich hab nur Laut gedacht.“, erwiderte er noch immer lächelnd. Obwohl es ihn innerlich eher zerriss. Wenn er Glück hatte, würde das heute Abend aber enden. „Ihr wolltet mich sprechen?“, fragte eine sich nähernde Männerstimme. „Abend Chef.“, meinte Nero und drehte sich zu dem Mann. Der Jäger hatte ihn schon vorher wahrgenommen. Das leise laufen des elektrischen Motors hatte ihn verraten. „Wie lief der Abend?“, fragte er forschend. „Rentabel. Ein Schatten, drei Graue, ein Bateezu und ein Balor.“, meinte er gelassen, „Und die junge Dame hier hat einen Schatten erledigt.“ Beeindruckt betrachtete sein Chef sie. Aber sie tat das gleiche. „Damit hast du nicht gerechnet, oder?“, fragte der Mann lächelnd. „Ich wusste nicht, dass sie im Rollstuhl sitzen.“, antwortete sie leise. „Arbeitsunfall.“, erwiderte er gelassen, „Aber wie hast du den Schatten erledigte?“ „Sie hat unwissend einen Tierschatten beschworen und an sich gebunden.“, sagte Nero ruhig und nippte an seinem Glas, „Und du solltest dir mal ihren Ring ansehen.“ Ungläubig sah sein Chef zwischen ihr und Nero hin und her. Nach gut einer Minute ging er dann zur Betrachtung des Ringes über und nahm ihre Hand. Er drehte und wendete ihre Hand im Bereich des möglich, nahm den Ring aus jedem Winkel in Augenschein. „Sehr interessant.“, sagte er, nachdem er die Untersuchen abgeschlossen hatte, „Loswerden und damit umgehen?“ „Ich kann ihn loswerden?“, fragte sie verblüfft. „Ja, auf zwei Möglichkeiten.“, begann sein Chef, „Entweder wir versuchen die Magie zu brechen, was die Hölle auf Erden beschwören kann, oder wir amputieren den Finger.“ Hastig verbarg sie die Hand in ihrer anderen. „Dann also damit umgehen.“, erwiderte der Mann grinsend. Unsicher sah sie zu Nero. „Er ist manchmal Komisch, aber daran gewöhnt man sich.“, meinte er entspannt, „Ich glaube, dass ist der Arbeitskoller in dem Beruf.“ „Dann zu dir.“, meinte der Mann plötzlich und wandte sich an den Jäger, „Warum willst du mit mir sprechen?“ Mit einem letzten Zug leerte Nero das Glas, erst dann wandte er sich an seinen Arbeitgeber. „Ich bin fertig.“, sagte er knapp. Schon im nächsten Moment war Sukki neben dem Tisch und nahm das Glas mit. „Schon?“, fragte der Mann. „Garver, ich müsste doch am besten wissen, wann ich fertig bin, oder?“, fragte Nero mit eindringlich. „Wann willst du anfangen?“ „Jetzt.“, erwiderte der Jäger fest entschlossen. Garver saß ruhig in seinem Rollstuhl und schien in Gedanken versunken zu sein. Dann nickte er schwach. „Was du willst, sollst du kriegen.“, sagte er genauso entschlossen wie Nero. „Was geht hier vor?“, fragte Tanja verwirrt. „Erklärt er dir irgendwann mal.“, sagte Nero und stand auf. Gerade wollte Tanja es ihm gleichtun, doch da legte er seine Hand auf ihre Schulter. Ihr fragender Blick traf sie, doch er schüttelte nur mit dem Kopf. Dann sah er die Bardame an. „Sukki, sie braucht eine Unterkunft und Verpflegung.“ „Sofort, Nero.“, erwiderte sie freundlich. Dann glitt sein Blick wieder zu seinem Chef. „Gehen wir, Garver.“ Gefühlte Stunden später hatten sie den geräumigen Keller erreicht. Drei Etagen waren sie in die Tiefe gegangen. Aber endlich waren sie am Ziel. „Mussten wir soweit runter?“, fragte Nero missmutig. „Sicher ist sicher.“, erwiderte Garver ruhig. Sein Rollstuhl glitt fast Lautlos an dem Jäger vorbei und hielt auf einem kleinen Kreis, gerade groß genug, dass sein Gefährt hineinpasste. „Und du bist dir ganz sicher.“, fragte er erneut. Nein, Nero war sich ganz und gar nicht sicher. Aber es war der erste Schritt zu einem halbwegs normalen Leben. Es wäre eine drastische Veränderung, aber das war es nicht zum ersten Mal. „Ja, ich bin mir sicher.“ Lügner, erwiderte seine innere Stimme amüsiert. Du weißt, was das hier bedeutet, oder?, fragte Nero zurück. Seine Stimme schwieg. Sie wusste, was jetzt passieren würde. Ja, sagte sie schließlich, Aber es ist Zeit. Ja, das war es. Vier Jahre waren sie jetzt zusammen durch dick und dünn gegangen. Sie war wie sein Gewissen geworden, wie ein Freund. „Dann lass uns anfangen.“, meinte der Mann nach einer gefühlten Ewigkeit. Andächtig schritt Nero vor. Ein weiterer Kreis befand sich im Raum und füllte diesen fast vollständig aus. Nachdem er die Mitte erreicht hatte, drehte er sich wieder zu seinem Chef um. „Fangen wir an.“, sagte Garver ernst und hob seine Hände zur Decke. Leise begann er Worte zu sprechen. Worte in einer fremden, melodisch klingenden Sprache, die nur er kannte. Und mit jeder Sekunde wurde er schneller und lauter. Langsam erschienen Linien in den Kreisen, gefolgt von Symbolen, die in den Augen schmerzten. Nero drehte sich einmal um sich selbst, versuchte das ganze Gebilde zu erfassen, aber es war zu fein gearbeitet. Mit jedem verstreichenden Augenblick schienen neue Linien und Symbole zu erscheinen. „Die Vorbereitungen sind abgeschlossen.“, sagte Garver mit düsterer Stimme, „Also fangen wir an.“ Er faltete die Hände und begann erneut zu singen. Jedoch war dieses Lied von Disharmonien und schrecklichen Tönen bestimmt. Eine wahre Tortur für die Ohren. Minute um Minute verstrich und der Mann schrie beinahe. Doch dann spürte Nero es. Ein Ziehen und Zerren in seinem Innersten. Im ersten Moment wollte er sich wehren, doch dann realisierte er, dass genau das passieren sollte. Nero versuchte sich abzulenken und sah zu seinem Chef. Er saß unverändert vor ihm und hatte die Augen geschlossen, war in vollkommener Konzentration versunken. Plötzlich hatte Nero das Gefühl, als würde er auseinander gerissen. Er schrie vor Schmerz. Eine Qualvolle Ewigkeit dauerte der Schmerz. Doch dann endete er genauso plötzlich wie er begonnen hatte. Mit einem Keuchen fiel der Jäger auf die Knie. „Es ist Vollbracht.“, sagte eine tiefe Stimme hinter ihm, „Der Pakt ist erfüllt.“ „Dann bist du wieder frei.“, erwiderte Nero ohne seinen Gesprächspartner anzusehen. „Ja, und das verdanke ich dir.“, meinte der andere, „Und deswegen möchte ich auch, dass du mich siehst.“ Ohne Nachzudenken stand Nero auf und drehte sich langsam um. Vor ihm stand ein Wesen, das fast die Decke berührte. Ein Wesen unvorstellbarer Macht. Im Großen und Ganzen glich er einem Bateezu, doch war es größer, stärker. Sie Ledernen schwingen standen in Flammen. Und statt der Facettenaugen waren dort zwei leere Augenhöhlen, in denen Feuer brannte. Eine Mischung aus einem Bateezu und einem Balor. „Was denkst du jetzt, da du mich siehst?“, fragte das Wesen neugierig. „Wie du in mich rein gepasst hast.“, erwiderte Nero und setzt ein schiefes Grinsen auf. Das Mischwesen begann zu Lachen. Aber es waren keine schiefen, schmerzhaften Töne, sondern vollkommene, volle. „Dank dir habe ich meine Rache erhalten.“, sagte das Wesen, als es sich beruhigt hatte, „Und dank dir kann ich zurück in Hölle.“ „Was hast du vor?“, erkundigte sich Nero. „Ich habe noch die eine oder andere Rechnung zu begleichen. Nichts was die Menschheit betrifft.“, erklärte er. Und auf dem Gesicht seines Gegenübers schien sich ein Grinsen zu zeigen. „Ich werde dich vermissen, kleiner Mensch.“ Mit diesen Worten begann das Mischwesen sich aufzulösen. Das Grinsen war bis zum Schluss, bis es gänzlich verblasste, zu sehen. „Vergiss mich nicht.“, hallten seine letzten Worte im Raum nach. „Nein, das werde ich nicht.“, sagte Nero leise und wusste, dass er einen Teil von sich selbst aufgegeben hatte. Allmählich verstummte der Gesang und die Symbole auf dem Boden verblassten, hinterließen nur einen makellosen Boden. Erschöpft wand sich Nero zu seinem Chef. Dieser öffnete gerade die Augen und Atmete tief durch. „Danke.“, sagte Nero und ging auf ihn zu. „Ich würde ja sagen, dass es mir eine Freude war, aber das wäre gelogen.“, erwiderte dieser mit einem matten Lächeln, „Was hast du jetzt vor?“ „Nach Hause gehen.“, sagte Nero und verließ schweigend den Keller. Leise öffnete Nero die Tür. In der Wohnung brannte kein Licht und er hoffte den Bewohner nicht geweckt zu haben. Vorsichtig schlich er weiter. Unzählige Sätze spukten in seinem Kopf herum, während seine Hand sich fester um den Gegenstand schloss. Er wollte ihr so viel sagen, ihr alles Erklären. Warum er es getan hat. Seine Aufmerksamkeit wurde aber plötzlich abgelenkt. Hinter einer Tür hörte er eine Bewegung. Hatte er sie doch geweckt? Geräuschlos ging er zu der Tür. Wieder ein Geräusch. Vorsichtig ließ er seine Hand zur Türklinke wandern und öffnete diese. Dann brach seine Welt zusammen. Wie in Trance schloss er die Tür wieder und betrat die Küche. Seine Hand wanderte über die Oberseite des Schranks und fand das Objekt der Begierde. Still öffnete er die angrenzende Balkontür und trat hinaus in die Nacht. Gemächlich öffnete er den Gegenstand und im nächsten Moment wehte ein dünner Streifen blauen Rauchs vor seinem Gesicht. In seinem Kopf waren tausende Fragen die beantwortet werden wollten, aber er schaffte es nicht auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Nebensächlich zog er an der Zigarette, bevor er sie betrachtete. Er war so froh gewesen, endlich damit aufgehört zu haben. Aber aus einem Impuls heraus hatte er die letzte, zusammen mit einem Feuerzeug, auf dem Schrank deponiert. Vielleicht war es Schicksal. Im Endeffekt war es egal. Wieder nahm er einen tiefen Zug und realisierte, dass er heute alles verloren hatte. Gott verdammt alles, wofür er seit dieser schrecklichen Nacht gekämpft hatte. Nachdem er schon die Hälfte geschafft hatte, warf er sie von der Brüstung in das tiefe Schwarz der Nacht und verglich sich einen Moment mit dem Glimmstängel. Sie hatten doch so viel gemeinsam. Geräuschlos betrat er erneut die Wohnung. Seine Schritte führten ihn ins Wohnzimmer. Den Lichtschalter ignorierte er gekonnt. Diesen Ort kannte er wie seine Westentasche, auch wenn er kaum hier war. Dann wartete er. Fünf Minuten. Zehn Minuten. Eine Ewigkeit gefangen zwischen quälenden Fragen und zerstörenden Erkenntnissen. Er saß in der Dunkelheit und hoffte, dass alles nur ein schlechter Traum war. Das die letzten vier qualvollen Jahre einfach verpuffen würden und er einfach aufwachte. Dann hörte er die Tür, wie sie sich öffnete. Schwere Schritte, auf dem Flur, die sich entfernten, gefolgt von leichteren, die in seine Richtung kamen. Er sah die Person nicht, die das Zimmer betrat, er spürte sie. Plötzlich flammten die Glühbirnen auf, gefolgt von einem entsetzten Schrei. „Seit wann bist du hier?“, fragte sie verwirrt. „Lange genug um nur eine Frage zu haben.“, erwiderte Nero und sah sie an, „Warum?“ „Warum wohl?“, erwiderte sie die Frage, „Weil mein, ach so geliebter Freund, niemals für mich da ist. Ich habe auch Bedürfnisse, aber du warst ja nie da.“ „Ich weiß, dass ich selten da war, aber warum hast du nichts gesagt?“, fragte er aufgelöst. „Weil du mir doch eh nicht zugehört hast! Immer nur Jagen hier, verlorene Freunde da! Du warst doch nie für mich da!“ „Ich wollte das nicht schon wieder erleben!“, erwiderte Nero wütend, „Du hast nicht gesehen, was ich gesehen habe!“ „Sie sind Tod! Und du kannst nicht loslassen!“, schrie sie nun. „Könntest du es vergessen?“, fragte Nero nüchtern, „Könntest du die Bilder vergessen, wenn deine besten Freunde vor deinen Augen in Stücke gerissen werden und DU nichts, absolut NICHTS, tun könntest?“ „Nein, das kann ich nicht.“, sagte sie kalt, „Und darüber will ich mir auch keine Gedanken machen.“ Nero kochte vor Wut. Er wollte am liebsten etwas zerstören. Am liebsten die Person, die vor ihm Stand. „Du hast mich nie verstanden! Du warst Nie für mich da!“, schrie er nun, „Wenn ich nachts weinend und schreiend aufgewacht bin, warst du nicht da! Wenn ich Weinkrämpfe hatte, saßt du neben mir und hast mich ignoriert! Wenn ich einen Wunsch hatte, hast du ihn einfach Ignoriert! Und da beschwerst du dich?“ „Warum warst du nur immer auf der Jagd?“ „Weil ich nicht wollte, dass dir etwas passiert!“, erwiderte er erschöpft, „Aber das muss ich ja nicht mehr.“ Ohne ein weiteres Wort stand er auf und schickte sich an, die Wohnung zu verlassen. „Ja! Geh nur! Folge deiner „Inneren Stimme“ und geh zurück zu deinen Jägern!“, schrie sie ihm nach. „Das ist vorbei.“, sagte er gebrochen und sah sie an, „Der Pakt ist beendet und für die Jäger bin ich gestorben.“ Ihre Augen weiteten sich vor Schrecken, aber sie sagte nichts. Sie stand einfach nur da. Letztendlich verließ Nero die Wohnung und verschwand in der Nacht. Sie rannten. Er wusste, dass sie verfolgt wurden. Finsterste Schatten und unheimliche Gestalten hetzten sie durch die Nacht. Dann sahen sie die offene Tür und ohne Umschweife verschwanden sie in dem alten Bau. Aber sie rannten noch immer. Hinter sich konnten sie den Putz von der Wand bröckeln hören, aber da war noch ein anderes Geräusch, wie Krallen, die über nackten Stein zogen. Hastig sah er zurück, konnte aber nichts erkennen, als undurchdringliche Dunkelheit. Plötzlich gab der Boden unter seinen Füßen nach. Er fiel. Wie tief konnte er nicht sagen, nur dass es eine Ewigkeit dauerte. Finsternis umfing ihn und nahm ihm jede Orientierung, jedes Zeitgefühl. Seine Gedanken rasten und kreisten um seine Freunde. Hatten sie sein Verschwinden bemerkt? Waren sie umgekehrt, um nach ihm zu sehen? Waren sie überhaupt noch am Leben? Endlich erreichte er den Boden. Er spürte jeden Knochen in seinem Leib, spürte, wie sie nachgaben und brachen. Dann ist es also aus, dachte er schmerzvoll. Erinnerungen zogen an seinem geistigen Auge vorbei, während sich sein Geist dem Licht am Ende des Tunnels zu wand. Er sah sich und seine Freunde, sah sie lachen, sich freuen, trauern, leiden und doch alles gemeinsam überstehen. Er spürte die Tränen seine Wange hinunter laufen. Es war aus. „Willst du leben?“, hörte er eine Stimme aus der Dunkelheit, „Willst du deine ärmliche Existenz weiterführen? Weiter leiden?“ Er versuchte zu antworten, aber sein Körper reagierte auf keinen Befehl mehr. Ja, dachte er entschlossen. „Warum?“, fragte die Stimme ernst. Ich will sie beschützen. Die die mein Leben geworden sind. „Dann könnten wir uns einig werden.“, klang die Stimme belustigt. Ich tue alles, was nötig ist. „Gut.“, erwiderte die Stimme. Plötzlich spürte er ein brennen. Ein Inferno, das in seinem Körper tobte. Er wollte schreien. Doch dann reagierte sein Körper wieder. Schwach, unkoordiniert, aber er reagierte. Und jetzt geh!, befahl die Stimme in seinem Kopf. Sein Körper schmerzte. Aber er schaffte es aufzustehen. Sofort setzte der Schwindel ein, aber er dürfte ihn nicht aufhalten. So kämpfte er sich weiter und erreichte eine Tür. Inzwischen war sein Körper wieder einigermaßen unter seiner Kontrolle. „Wo können sie nur sein?“, fragte er sich leise und sah sich um. Alles um ihn herum lag in Dunkelheit. Entfernungen wuchsen und schrumpften im Sekundentakt. Lass mich dich führen. Ohne zu wissen warum folgte er den Anweisungen der Stimme. Stolperte durch die Dunkelheit und stürzte auch das ein oder andere Mal, kämpfte sich doch immer wieder auf die Beine. Er hatte sein Ziel klar vor Augen. Und endlich erreichte er sein Ziel. Es war ein einziger, riesiger Raum. Der einzige, der beleuchtet war. Langsam betrat er den Raum. Nur einen Meter vom Rand entfernt begann eine Grube, mehrere Meter tief. Dann setzte sein Herz aus. Dort unten waren seine Freunde, oder zumindest das, was davon übrig war. Monster hingen an ihren Körper, zerrten und rissen an ihnen, bis er nachgab. Er hatte das Gefühl, dass sein Kopf in Watte gepackt war. Alles klang so fern und undeutlich. Einem Gefühl nach sah er auf. Und in der hinteren Ecke konnte er blonde Haare erkennen. Der dazugehörige Körper wehrte sich noch immer, aber diese Monster liesen nicht locker. Er schrie, sprang in die Tiefe. Als seine Füße den Boden berührt hatten sprintete er los. Die Watte war verschwunden und trug die Schreie an sein Ohr. Plötzlich erhob sich der Körper in die Luft. Eines dieser Monster hatte ihn am Kopf gepackt und hoch gehoben. Wimmern und Schluchzen lösten die Schreie ab. Er konnte seine Augen nicht abwenden. Und im nächsten Moment schoss die andere Hand nach vorne, bohrte sich in den Leib. Schmerzhafte Schreie entrannen der Kehle. Der Leib zuckte und wand sich vor Schmerzen. Und ein entsetzliches Grinsen zog sich über das Gesicht des Monsters. Ein Ruck ging durch beide Leiber. Und dann hielt das Monster das Herz in der Hand. Achtlos warf sie den Körper beiseite und schon stürzten sich Monster auf den Leib, während es sich an dem Herzen labte. Dann endlich hatte er sie erreicht. Er packte die Monster, eines nach dem anderen, und riss sie weg von dem Körper. Vor ihm lag ein blutüberströmter Körper, das Blond hatte sich rot gefärbt und die Augen waren vor Schreck aufgerissen. Apathisch kniete er sich hin, fuhr mir den Fingern das Gesicht nach, bevor er sanft die Augen schloss. „Es tut mir leid.“, flüsterte er. Dann spürte er die Krallen und Klauen, wie sie sich in seinen Leib bohrten. Doch er spürte keinen Schmerz. Das einzige was er fühlte war pechschwarzer Hass und eine alles verschlingende Wut. „Der Mensch war lecker.“, zischte das Monster vor ihm, „Bist du auch so schmackhaft?“ „Es tut mir leid.“, sagte er erneut und spürte die das Rot, wie es ihn umfing. „Es tut mir so leid, Tanja.“ Schweißgebadet wachte er auf. Hektisch raste sein Blick durch das Wohn- und Schlafzimmer. Seit Jahren hatte er es geschafft, dieses Ereignis zu verdrängen. Und nun war es wieder soweit. Ausgerechnet jetzt, wo er alleine war. „Da hast du dir ja einen schönen Zeitpunkt für ein neues Leben ausgesucht, Nero.“, sagte er leise und lies sich wieder ins Bett fallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)